Freitag, 17.7.2014. Eifel. Hatte gestern an langes Gespräch mit einer Verlegerin – auch über meine Weigerung, zu sehr nach Reichtum zu streben. Meine Antwort ist ganz einfach: Reichtum tötet den Philosophen, lähmt den wachen Geist. Dort, wo man sich alle Arbeiten und Probleme wegkaufen kann, verschwinden alle Kompetenzen für Problemlösungen schnell im Nichts. Darüber hinaus kann der Philosoph seinen Job nur dann gut machen, wenn er ganz weit aus der Welt herausgeht – was in der Eifel recht leicht möglich ist. In den dichten, lauten Städten ist so ein Überblick über die menschliche Kultur schwer möglich, weil man JEDE SEKUNDE mit unnützen Informationen zugeschüttet wird – Verkehr und Werbung wirken da perfekt ineinander. Stille zieht die Gedanken an – weshalb ich die Existenz von Kirchen in Städten schätze: die Stille dort hilft oft sehr, das freie Denken wiederzubeleben, das gerade vom Stadtlärm betäubt wurde. Besser ist natürlich Natur und Wald – unsere eigentliche Heimat, die in großem Maße ausstirbt.
Welche Gedanken man draußen im Wald empfangen kann, welchen Job man dort leisten kann?
Nun – Dinge zu hinterfragen, die alle für selbstverständlich halten. Krieg, Mord, Leid, Eifersucht, Hass, Missgunst … oder einfach mal „Banken“.
Nun – Sie wissen, was eine Bank ist, oder? Diese Häuser kontrollieren den gesamten Geldfluss des Landes, ihre Rettung hat gerade erst mehrere hundert Milliarden Euro gekostet, weitere Rettungen stehen bevor. Die Bank stellt sich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zwischen Kunde und Geschäft, zwischen Staat und Bürger und kontrolliert so alle finanziellen Bewegungen eines Landes. Politisch unbedenklich, wenn die Bank völlig in der Hand der Bürger wäre, gefährlich, wenn die Regierung allein die Kontrolle hat – unerträglich, wenn es private Geschäftemacher sind, die diese Arbeit erledigen. Mein Großvater kam zum Beispiel noch ganz ohne Bank aus: der Arbeitgeber zahlte das Geld direkt in einer „Lohntüte“ Bar auf die Hand. Damit konnte man gut einkaufen gehen – oder es der Bank leihen, damit diese daraus Kredite machen konnte, die wieder neue Arbeitsplätze schaffen konnten. Man bekam selbst für dieses Geld dann eine Mietgebühr, Zinsen genannt.
Eine Zeit lang ging dieses einfache Geschäft auch gut – heute jedoch erleben wir, dass ganze Großbanken vernichtet werden …. und nebenbei auch Billionen von Vermögensgeldern.
Trotz der enormen Kosten, der unkontrollierten Geldschöpfung, der gigantischen Risiken für den gesamten Finanzmarkt hinterfragt jedoch keiner die Existenz von „Bank“ selbst – weil alle an einer Bank hängen wie der Sozialhilfeempfänger am Staat.
Lassen Sie uns einen kurzen Moment auf einem Felsen im Wald eine Pause einlegen und überlegen, wie es zu diesen „Banken“ kam – ich erzähle Ihnen hier mal eine Geschichte, die sich von der in Wikipedia unterscheidet.
Meine Geschichte geht zurück auf den Orden der Tempelritter, jener zur Armut und Keuschheit verpflichteten Kriegerkaste, die berühmt war für ihren Mut und ihre Tapferkeit. Ihre militärische Macht, ihr verzweigtes Netz von Festungen und Höfen machten Sie zu idealen Partner der Händler, die ein kleines Problem hatten: jederzeit konnte jedermann aus den Büschen springen und einem den Geldbeutel abschneiden – schon war das Ergebnis jahrelanger Arbeit dahin, der Hungertod drohte.
Die Tempelritter hatten jedoch eine Idee. Da sie über ein weit verzweigtes Netz von Niederlassungen verfügten, boten sie den Händlern an, das Geld bei ihnen zu hinterlegen: kein Räuber würde es wagen, die Elite der europäischen Ritterschaft anzugreifen. Als Gegenleistung für dieses Geld bekam er einen Wechsel auf seinen Namen ausgestellt, ein Schreiben, dass andere Templer im ganzen Land anwies, die entsprechende Summe auszuzahlen: das Bankwesen hatte eine Form gefunden. Mag sein, dass die Templer diese Idee – wie viele andere Ideen auch – aus dem damals kulturell weit überlegenen islamischen Raum mitgebracht haben, aber so hatte es im Mittelalter seinen Weg nach Europa gefunden.
Nun gut, sollen sich die Historiker darum streiten, wie es sich wirklich entwickelt hat – ich bin mir sicher wir finden bei sieben Historikern siebzehn Meinungen dazu. Bleiben wir bei Entwicklung des Bankwesens stehen und wenden wir uns dem Wilden Westen zu. Die Templer waren ausgerottet worden, die Händler und Banditen aber nicht. Wieder das alte Problem mit dem Geldsäckel, das Arbeits- und Handelsleistungen in leichter Form transportabel machte.
Was also fanden wir in jeder Stadt? Eine Firma, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die alten Templerfestungen zu ersetzen. Sie kauften sich einen riesigen Tresor, in dem man – gegen eine kleine Gebühr – sein Geld sicher lagern konnte. Auch Gold und Silber wurden gerne genommen, oft auch angekauft mit Gewinn weiter verschebelt. Nun – das Ganze war noch nicht ganz so sicher, weil … die Bankangestellten an militärischer Schlagkraft dem Templerorden nicht das Wasser reichten konnten. Im Gegenteil.
„Bankraub“ wurde zur neuen Geschäftsidee schlagkräftiger Banden – war auch betriebswirtschaftlich wesentlich sinnvoller als den Händlern alle persönlich aufzulauern und die Beiträge für den eigenen Lebensunterhalt dort zu erwirtschaften.
Das Problem zog sich hin bis weit ins zwanzigste Jahrhundert … bis eine neue Technik ganz andere Möglichkeiten bot. Der alte Wechsel der Templer – ein Großvater des Geldscheins – taucht in neuer Form wieder auf: als elektronischer Impuls. Auf einmal konnte man mit einer kleinen, wertlosen Plastikkarte in jedem Geschäft einkaufen, während Wechsel, Geldscheine, Gold und Silber tief unter der Erde Diebstahlsicher verwahrt werden konnten. Der Handel – wichtiger Bestandteil für den Wohlstand eines jeden Landes – konnte aufatmen.
Und jetzt kommt der Moment, wo wir innehalten und uns eine Frage stellen.
Wozu brauchen wir eigentlich in einer Welt des bargeldlosen Zahlungsverkehrs noch eine Bank?
Ich zitiere hier mal Wallstreet-online:
Ein Trend scheint ohnehin kaum mehr aufzuhalten sein: Mobile Geräte ersetzen den klassischen Geldbeutel. Oder wie Gorman sagt: „Bargeld als physische Bezahlform wird nahezu von der Bildfläche verschwinden, Münzen und Scheckbücher werden in Museen ausgestellt werden.“ Eine Aufgabe bleibt den Banken aber definitiv, heißt es. Und sie klingt so simpel wie sie alt ist: „Die Mobilisierung des Geldes von denen, die es haben, zu denen, die es benötigen, sowie die Abwicklung von Zahlungen für Güter und Dienstleistungen.“
Wer ist Gorman? Nun – James Gorman ist der Chef von Morgan Stanley, einer der größten Banken der Welt. Und wissen Sie, was der noch sieht? Die Sinnlosigkeit von Tresorräumen, in denen Bargeld gebunkert wird … die klassische Aufgabe von Banken seit dem Mittelalter. Nur deshalb rechtfertigt er schonmal die Fortexistenz dieser überalteten und von der Zeit überholten Verwaltungsstruktur. Nur – genauso wie das Telegrafenamt aus unserem Alltag verschwunden ist, wird auch das Verschwinden der Banken nicht aufzuhalten sein.
Das Verschwinden der Banken?
Überdenken wir nochmal die Aufgabe der Banken, die James Gorman für die Zukunft der Dienstleistungen sieht.
1. Mobilisierung des Geldes von denen, die es haben, zu denen, die es benötigen.
Brauche ich dafür wirklich eine Bank? Crowdfunding wird immer üblicher – man leiht sich das Geld von den Zuschauern, lange, bevor der Film gedreht wird. Wäre es undenkbar, dass ich mit meiner Geschäftsidee (für etwas Anderes geben Banken sowieso kein Geld aus – oder denken Sie etwa, die finanzieren Gehälter und Sozialhilfe?) und meinem Handy einfach zu einer gerade erfolgreichen Firma gehe, die ihr Kapital sonst auf dem riskanten Aktienmarkt anlegen müßte. Vielleicht gibt es das sogar zinslos – wenn mein Geschäft eine sinnvolle Dienstleistung für das Unternehmen erbringen kann, einen zusätzlichen Gewinn bedeutet? Was wäre, wenn ich das Geld – unter Umgehung von Banken – von Versicherungen bekommen kann? Oder – noch größer gedacht – von einer Bürgergenossenschaft, in der Firmen und Bürger sich organisieren, um sich die Kosten für Banken zu ersparen.
Kosten von Banken?
Ja. Nehmen wir uns mal die Deutsche Bank vor, deren Aktie die letzten Monate zurecht sich eher Richtung Boden orientiert. Der Spiegel hat dazu eine interessante Nachricht gebracht:
Die Geschäftszahlen sind schlecht, doch die Boni bleiben hoch: Insgesamt 3,2 Milliarden Euro schüttet die Deutsche Bank für das Jahr 2013 an ihre Mitarbeiter aus, den Großteil davon an die Investmentbanker. Mit aller Macht will man im internationalen Wettbewerb um Top-Kräfte mithalten.
Hier jagen sich Banken gegenseitg die „Top-Kräfte“ ab – für irrsinnige Gehälter. Die „Topkräfte“ schaukeln sich durch Firmenwechsel (oder die Androhung von Firmenwechsel) gegenseitig in immer höhere Gehälterhimmel … ohne das auch nur noch ein einziger Mensch nach ihrer realen Leistung für die Volkswirtschaft fragt. All diese Gehälter müssen finanziert werden, die Boni zudem auch. Wie sah eigentlich der Gewinn der Deutschen Bank aus?
Für die Deutsche Bank war 2013 ein verheerendes Jahr: Ein Skandal jagte den nächsten, das Image litt, und am Ende stand für das sonst so erfolgsverwöhnte Geldhaus ein Mini-Gewinn von gerade mal noch 681 Millionen Euro – rund 400 Millionen Euro weniger als noch vor wenigen Wochen vermeldet.
681 Millionen Euro Gewinn …. aber 3,2 Milliarden Euro als Boni? Versteht man wohl nur, wenn man ganz tief in diesem System drinsteckt. Draußen auf dem Fels im Wald ist da schon Kopfschütteln angesagt – erst recht, wenn man bedenkt, welche „Leistung“ dort unter anderem erbracht werden.
Kennen Sie noch den Libor-Skandal? Die Gewinnmaximierung durch Manipulation der Zinssätze? Ja – das ist so eine Art modernes Banditentum – nur sitzen die Räuber heute HINTER den Schaltern. Vier Banker der Deutschen Bank waren deshalb entlassen worden, sie hatten vor dem Arbeitsgericht gegen ihre Entlassung geklagt. Dazu gibt es jetzt ein Information bei Börse.de:
Im Streit um die Entlassung von vier Händlern im Zusammenhang mit dem Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze strebt die Deutsche Bank nun doch eine gütliche Einigung ein.
Gütliche Einigung? Normalerweise heist das: nochmehr Geld an die entlassenen Mitarbeiter, die dafür die Klappe halten. Gut, dass Boerse.de nochmal daran erinnert, worum es in dem Verfahren prinzipiell geht:
Im Kern geht es darum, ob die Händler gegen Regeln verstoßen haben oder ob die Bank die Tricksereien überhaupt erst ermöglicht hat.
Also: in erster Linie geht es hier um die Mobilisierung des Geldes von denen, die es haben, zu denen, die hinter dem Banktresen stehen … mit allen möglichen Mitteln und Tricksereien. Schön, dass die Bank dies als ihr Zukunftsgeschäft begreift – die Gesellschaft der Bürger und Händler sieht das möglicherweise anders. Waren doch schöne Zeiten, als Ritter das Geld verwalteten, die zu ewiger Armut verpflichtet waren, oder?
2. Abwicklung von Zahlungen für Güter und Dienstleistungen
Hier wird es völlig weltfremd. Wenn ich mit meinem Handy das Benzin an der Tankstelle bezahle, die Blumen beim Floristen, die Wurst im Restaurant … wozu brauche ich noch eine Bank dazwischen? Es reicht ein Rechner in der örtlichen Polizeikaserne (wo auch Leute wohnen, die sich zu ewiger Armut verpflichtet haben – sie wissen es nur noch nicht) könnte reichen, oder der Arbeitgeber (und auch der Staat) bucht von seinem Rechner das Geld direkt auf mein Handy, meinen Computer – die Leute, die sich dazwischengeschaltet haben, um die Geldscheine sicher zu verwahren, brauchen wir nicht mehr – die Gewinne durch verzögerte Weiterleitungen von Zahlungen könnten wir selbst kassieren.
Der Vorteil für uns wäre: die Traumgehälter der Irrsinnsbanker fallen weg. Da können wir enorm sparen. Das Risiko für Bankenrettungen geht gegen Null, Tricksereien wären Schnee von gestern … genauso wie Banküberfälle durch maskierte Banditen mit Staubtüchern im Gesicht.
Wäre das nicht mal die Überlegung wert – rein aus volkswirtschaftlicher Sicht – sich die Frage zu stellen: Wozu eigentlich noch „Bank“?
Sollten wir uns dieses alte Übel nicht einfach ersparen?
Letztlich … verbrennen die da nur UNSER Geld. Ich könnte mit meinem was Besseres anfangen, als Traumboni zu finanzieren.