Volker Bräutigam

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US-Faustrecht geht vor Völkerrecht

 

Das Geschwätz von einer „regelbasierten internationalen Ordnung“ unterstützt Washingtons Verstöße gegen die UN-Charta / Kanonenbootsfahrt der „Bayern“ (mehr …)

Noch gibt es Richter in Deutschland

Zum Versuch, die DKP platt zu machen

 

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

 

Mit üblen Tricks haben Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und Bundeswahlleiter Georg Thiel versucht, die Deutsche Kommunistische Partei, DKP, von der Bundestagswahl im September auszuschließen und sie als Partei zu exekutieren. Erst das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe stoppte das Intrigenspiel. (1) ARD-aktuell befand erwartungsgemäß, an der Affäre sei nichts Besonderes. In ihren Fernsehnachrichten brachte sie kein Wort darüber. In ihrer Internet-Nische tagesschau.de bot die Redaktion neben den Kurzmeldungen „DKP wird nicht zur Bundestagswahl zugelassen(2) und, zwei Wochen später, „DKP darf doch bei der Bundestagswahl antreten(3) nur jeweils eine kurze Zusatznachricht (4). Alle Berichte wie üblich im billigen, oberflächlichen Stil, mit dem unsere unter- und desinformierte Gesellschaft mittlerweile abgespeist wird.

Zugegeben: Die DKP ist eine kleine Partei, gut organisiert, aber relativ einflusslos. Trotzdem wollten die von Schäuble dirigierte Bundestagsverwaltung und der von Thiel präsidierte Bundeswahlausschuss ihr den Status als politische Partei aberkennen, sie damit von der nächsten Bundestagswahl ausschließen und von der Bildfläche verschwinden lassen. Vorgeschobene Begründung: Die Partei habe in den letzten sechs Jahren keine gesetzlich vorgeschriebenen Rechenschaftsberichte vorgelegt. Eine Falschbehauptung, wie sich vor Gericht herausstellen sollte.

Kommunisten sind Traditions- und Dauerobjekt deutscher innenpolitischer Feindbildpflege. Schäuble und Thiel leisteten einen weiteren Beitrag dazu, und der öffentlich-rechtliche Rundfunk, voran die Tagesschau, gewährte Beihilfe, wie man es anders nicht mehr kennt.

Der Versuch, eine politische Partei zu zerschlagen, berührt den Zentralnerv eines demokratischen Staates.

Dass unsere Spitzenjournalisten das verheimlichten (oder nicht einmal begreifen?) und als Vertreter der „Vierten Gewalt“ kaum reagierten, beweist, welch großen Schaden die politische Kultur unseres Gemeinwesens bereits erlitten hat.

Kleiner Rückblick auf deutsche Antikommunismus-Tradition: Seit ihrer Gründung im Januar 1919 erwies sich die Partei der Kommunisten als kampfbereiter Interessenvertreter der Arbeiter und Benachteiligten und damit als erbitterte Gegner des faschistischen und des reaktionären Ungeistes. Für ihren Mut im Widerstand gegen die Nazis vor und während des Dritten Reiches zahlten die Kommunisten zu Abertausenden mit ihrem Leben, ganz im Gegensatz zu den opportunistischen Vorfahren von CDU und FDP. Bereits unmittelbar nach Hitlers Machtübernahme wurden mehr als 60.000 Kommunisten verhaftet. (5) Nirgends ist genau dokumentiert, wie viele insgesamt von den Nazis hingerichtet oder in den Konzentrationslagern umgebracht wurden (6), doch sind sich die Historiker einig, dass es Zehntausende waren.

Nach dem Krieg ging die Kommunistenverfolgung in Deutschland nach nur wenigen Jahren Unterbrechung weiter, fast so, als sei nichts gewesen. Die Regierung Adenauer setzte schließlich im August 1956 beim Bundesverfassungsgericht das Verbot der Partei durch. (7) Sie wurde aufgelöst, ihr Vermögen eingezogen, es gab zahllose Verhaftungen. (8) Abermals sahen sich zehntausende Kommunisten ins Exil gezwungen, die meisten flüchteten in die DDR. Das KPD-Verbot gilt heutzutage als rechtswidrig, als juristischer Gewaltakt. (9) Rückgängig gemacht wurde es trotzdem nicht.

Erst 12 Jahre später, 1968, gründeten die Kommunisten ihre Partei in der Bundesrepublik neu, jetzt mit dem Namen DKP – unter argwöhnischer Beobachtung seitens der etablierten politischen Kaste. (10) Und kaum ein Jahr danach, Willy Brandt und seine Sozialdemokraten waren soeben an die Regierung gelangt, lebte die Kommunistenverfolgung in subtiler Form wieder auf.

Die Zeit der Berufsverbote

Es begann das Jahrzehnt der Berufsverbote. Opfer waren nun Beamte und Angestellte des Öffentlichen Dienstes sowie ungezählte junge Menschen, die in staatlichen bzw. kommunalen Aufgabenfeldern eine berufliche Zukunft suchten. Grundlage für diesen erneuten Verfassungsbruch –

Niemand darf wegen seiner … politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“ (11)

– war der sogenannte Radikalen-Erlass, den Brandt später bereute. (12)

Generell gilt: Kommunistenhass und Geschichtsklitterung gehören zur DNA der deutschen Nachkriegs-Geschichtsschreibung. Sie sind Substanzen unserer politischen Giftköche und journalistischen Hetzer. Das offizielle Deutschland reklamiert heute für sich eine entschieden antinazistische Einstellung. Glaubwürdig ist das nicht die Spur, wie schon ein Blick auf unsere Außenpolitik und die schamlose Berliner Unterstützung der Ukro-Nazis in Kiew zeigt. Innenpolitisch spricht der Umgang mit den Kommunisten seine eigene undemokratische Sprache. Sie werden trotz ihrer historischen und aktuellen Verdienste im Widerstand gegen Faschismus und Krieg aus dem öffentlichen Bewusstsein herausgehalten und vom Verfassungsschutz ausspioniert. Die Erinnerung an die beispielhaften Erfolge der frühen DDR, die unmittelbar nach ihrer Gründung systematisch Nazi-Verbrechen aufklärte und verfolgte, wurde vollends aus dem kollektiven Gedächtnis getilgt. (13)

Vor diesem Hintergrund mutet es wie ein Treppenwitz der Weltgeschichte an, dass nun politisches Spitzenpersonal, ausgerechnet zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion, der DKP den Rest geben wollte. Bürokratische Tricks und verwaltungsrechtliche Mätzchen sollten zum Ziel führen.

Austragungsort der Intrige war die Sitzung des Bundeswahlausschusses am 8. und 9. Juli in Berlin. (14) Dem erlauchten 11er-Rat gehören acht Beisitzer an, die der Vorsitzende – zugleich Präsident des Statistischen Bundesamtes – auf Vorschlag der im Bundestag etablierten Parteien beruft. (15) Zwei weitere Mitglieder sind Richter am Bundesverwaltungsgericht.

Rechtsstaatlichkeit zweifelhaft

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, hat bereits im Jahr 2009 erhebliche Zweifel an der rechtsstaatlich gebotenen Unabhängigkeit dieses Gremiums angemeldet. (16) Der Ausschuss entscheide weder nach gesetzlich definierten Kriterien noch seien Interessenkonflikte ausgeschlossen, weil seine Mitglieder aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit über die Zulassung ihrer Konkurrenten befinden dürfen. Durchschlagende Konsequenzen zogen unsere deutschen Vorleute daraus nicht.

Auf tagesschau.de hieß es nun, formal wohl zutreffend, aber an der Realität vorbei:

Der Ausschuss prüft nur, ob die Bewerber für die Wahl die vorgeschriebenen Formalien einhalten. Eine inhaltliche Bewertung insbesondere der Programmatik der Parteien darf er nicht vornehmen.“ (Anm.3)

Eine typische ARD-Plattitüde, ohne Unterscheidung von Soll und Ist. Unsere Qualitätsjournalisten verdrängen, wie oft das Bundesverfassungsgericht schon mit seinen Entscheidungen rechtswidrige Akte der Politeliten hat blockieren oder korrigieren müssen. ARD-aktuell verlor kein kritisches Wort über den politischen Skandal, dass der Bundestagspräsident und der Bundeswahlleiter aufgrund willkürlich interpretierter Formvorschriften des Parteiengesetzes versuchten, eine seit Jahrzehnten aktive Partei im kalten Handstreich „platt“ zu machen.

In der Beratung am 8. Juli behauptete Bundeswahlleiter Thiel, die DKP habe keinen Anspruch, sich an der Bundestagswahl zu beteiligen. Sie habe entgegen dem Parteiengesetz die vorgeschriebenen Rechenschaftsberichte verspätet eingereicht. Laut Bundestagsverwaltung habe sie deshalb ihre Eigenschaft als Partei verloren. Auf den warnenden Einwand des Bundesverwaltungsrichters Langner, auch verspätet eingereichte Berichte seien doch Berichte, reagierte Thiel, indem er den Ball an den in der Sitzung anwesenden Vertreter Schäubles weiterspielte. Der behauptete daraufhin mit breiter Brust, die Vorschriften des Parteiengesetzes ließen keinen Raum, die DKP noch als politische Partei anzuerkennen: Verspätet eingereichte Berichte seien wie nicht eingereichte Berichte zu behandeln. (17)

Ein stärkeres Indiz, dass es sich dabei um ein abgekartetes Spiel zwischen Thiel und Schäubles Verwaltungsapparat handelte, ist schwerlich vorstellbar.

Als „kaltes Parteiverbot“ kritisierte denn auch der Verein demokratischer Juristen, VdJ, den Vorgang. Der Gesetzgeber habe eine solche Regelung – verspätete Rechenschaftsberichte führen zum Verlust der Parteistellung – „gar nicht erlassen können, da sie verfassungswidrig wäre”. (18) Schäuble, als Opfer eines Revolverattentats vor 31 Jahren auf den Rollstuhl angewiesen und zutiefst verbittert, erwies sich einmal mehr als Kommunistenfresser, der jetzt die Gelegenheit gekommen sah, an der DKP sein Mütchen zu kühlen. Er selbst kandidiert übrigens trotz seiner 79 Jahre im Herbst erneut für den Bundestag … (19)

Tricks und Intrigen

Belege dafür, dass er und Thiel die DKP in voller Absicht hatten auflaufen lassen wollen, gibt es zuhauf. Der DKP-Vorstand hatte am 5. September vorigen Jahres beim Bundeswahlleiter ausdrücklich nachgefragt, ob man die Anforderungen gemäß §23 Parteiengesetz zur Rechenschaftslegung erfülle. Am 8. September ließ Thiel wissen, er könne diese Frage nicht beantworten, das sei Aufgabe des Präsidenten des Deutschen Bundestags (W. Schäuble). Noch gleichentags schrieb der DKP-Vorstand daraufhin die Bundestagsverwaltung mit gleicher Fragestellung an. Eine Auskunft erhielt er jedoch auch hier nicht. (20) 

Tatsächlich hatte Thiel vor der Wahlausschuss-Sitzung bei Schäuble nachgefragt, ob Rechenschaftsberichte der DKP vorlägen und die Mitteilung bekommen, dass es zwar Berichte gebe, die seien aber sämtlich verspätet eingegangen. Daraus bastelten die Schäuble-Bürokraten für den Wahlleiter den Vorschlag, der DKP die Parteieneigenschaft abzusprechen. Gegenüber dem Bundesverfassungsgericht behauptete Thiel, er sei ja nicht verpflichtet gewesen, die DKP hierüber in Kenntnis zu setzen. (21)

Die Schlussfolgerung drängt sich auf, dass Schäuble und Thiel eine fiese Intrige zwecks Ausschaltung der DKP spannen. Dem DKP-Vorstand kann man andererseits den Vorwurf nicht ersparen, dass er seinen politischen Feinden mit bemerkenswerter Blauäugigkeit auf den Leim ging, indem er annahm, sein Wahlzulassungs-Antrag werde sachgerecht behandelt.

Dass die Beisitzer dem Bundeswahlleiter Thiel während der Ausschusssitzung weitgehend das Feld überließen und nahezu alles einstimmig abnickten, was er ihnen auftischte, lässt tief in die antidemokratischen Abgründe der Berliner Politik blicken. Dass nur ein einziges Mitglied gegen den Ausschluss der DKP und gegen die Aberkennung ihrer Parteieigenschaft votierte  ausgerechnet ein Grüner (!) – zeigt, wie weit die Entmündigung des parlamentarischen Fußvolks bereits fortgeschritten ist. Die Linkspartei wird im September von vielen Wählern die Quittung dafür bekommen, dass ihre Vertreterin im Bundeswahlausschuss ebenfalls gegen die DKP stimmte. Der billige Versuch der PdL-Führung, „unglückliches Fehlverhalten einer Ersatzdelegierten“ vorzuschützen, beeindruckt keineswegs. (22)

Der Bock als Gärtner

Da wir nun schon mal bei den Personalien sind, lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit der beiden Haupttäter. Sofort fällt er dann auch auf die Schwarzgeldaffäre der CDU. Ihretwegen verlor der damalige Partei- und Fraktionsvorsitzende Schäuble vor 21 Jahren seine Posten und sein Renommee als seriöser Politiker. Er konnte/wollte den Verbleib einer Parteispende von 100 000 DM nicht erklären, die ihm ein bekannter Waffenschieber im CDU-Hauptquartier bar in die Hand gedrückt hatte. (23) Dass ausgerechnet dieser Schäuble Finanzminister und schließlich sogar Bundestagspräsident werden konnte, ist ein besonderes „Qualitätsmerkmal“ des Berliner Politikbetriebes. Dass er sich nun auch noch zum Tugend-Scharfrichter über die DKP aufschwang und die Kommunistenpartei wegen einer vergleichsweise läppischen Verfehlung kaputtmachen wollte, ist nicht mal mehr Realsatire, sondern bloß noch ein schlechter Witz.

Mittäter Georg Thiel kann ebenso wenig mit blütenreiner Weste punkten. Bundesweit bekannt wurde er als Vorgesetzter mit hässlichen Führungseigenschaften. Ein THW-Mitarbeiter hat sich vor mehreren Jahren in seiner Münchner Dienststelle erhängt. Im Abschiedsbrief gab er seinem Chef die Schuld. Thiel habe ein „menschenverachtendes Arbeitsklima gezielt gefördert“, hieß es damals in Zeitungsberichten.

Wolfgang Schäuble, seinerzeit Innenminister und Thiels politischer Dienstherr, nahm seinen Mann jedoch in Schutz:

Der tragische Freitod eines Mitarbeiters im THW-Landesverband Bayern am 12. März hat uns alle tief bestürzt. … Die Sachverhaltsaufklärung durch das Innenministerium hat ergeben, dass Herr Dr. Thiel keine Verantwortung für den Freitod trägt und Vorwürfe in diesem Zusammenhang haltlos sind.“ (24)

Der somit Freigesprochene wurde allerdings wegbefördert, „auf eigenen Wunsch“. Schäuble ließ verlauten, er habe der Bitte um Versetzung entsprochen, um weiteren Schaden vom THW abzuwenden. Vom THW-Chef über eine Zwischenstation zum Präsidenten des Statistischen Bundesamtes (25): So sehen politische Reinwaschgänge aus.

Muster-Bürokrat

Der Vorwurf, Thiel lasse es an Führungsqualitäten mangeln, blieb dennoch an ihm haften und fand neue Bestätigung. Zeit Online zitiert Klagen der Mitarbeiterschaft: Thiel führe das Bundesamt für Statistik mit einem System aus Angst und Druck. (26) Es kam knüppeldicke: menschenverachtender Führungsstil, Steuerverschwendung, Vetternwirtschaft. (27) Wundert sich nun noch jemand darüber, dass dieser Muster-Bürokrat Beihilfe zur versuchten Zerstörung der DKP leistete?

Der Machtmissbrauch an der Spitze unserer Republik verlässt sich auf das Schweigen bzw. Versagen der ARD-aktuell als kontrollierender Wächter der Demokratie. Der Verzicht auf kritische Distanz und purer Verlautbarungsjournalismus im Sinne der Regierenden fördern die unverschämten Auftritte der Politdarsteller und ihrer Ministerialbürokratie. Wäre da nicht die Justiz – die Dritte Macht im Staat neben Parlament und Regierung – sähe es hierzulande noch weit finsterer aus.

Im vorliegenden Fall verhinderte sie den Exitus der DKP. Noch gibt es Richter in Deutschland! (28)

Mit seiner Presseerklärung, es sei den ungezählten nationalen und internationalen Solidaritätsbekundungen zu danken, dass das Bundesverfassungsgericht der Parteibeschwerde stattgab (29), tut der DKP-Vorstand sich selbst und seiner Partei keinen Gefallen. Er unterstellt damit, wenn auch nur indirekt und vermutlich ungewollt, der Beschluss sei nach sachfremden und opportunen Erwägungen erfolgt. Dessen Wert besteht aber gerade darin, dass die Verfassungsrichter eben nicht Beifall heischend und populistisch entschieden. Sie begründen vielmehr juristisch einwandfrei, warum auch die DKP gemäß Grundgesetz Anspruch auf Wahlteilnahme hat und ihr Status als Partei zu respektieren ist.

Ein Offenbarungseid

ARD-aktuell hätte zumindest auf ihren diskreten Internetseiten ausreichend Platz gehabt, Schäubles und Thiels Anschlag auf die DKP als dreiste Verletzung demokratischer Prinzipien darzustellen und über diesen Skandal umfassend zu informieren. Eine Kurzmeldung in der 20-Uhr-Tagesschau mit Verweis auf ausführliche Berichte im Internet wäre das Mindeste gewesen. Dazu hätte es allerdings größerer analytischer Fähigkeiten, eines breiteren politischen Bewusstseins und eines stärkeren journalistischen Rückgrats bedurft, als die Hauptabteilung ARD-aktuell wieder mal demonstriert.

Die Redaktion sonnt sich eben lieber im Wohlwollen der Berliner Machthaber. Sie gibt deshalb deren Verschwörungstheorien über russische Fake News und angeblich drohende Cyber-Attacken auf die Bundestagswahl vorbehaltlos als Nachrichten weiter und denkt nicht mal im Traum daran, den böswilligen Schmarren infrage zu stellen. (30) Die bedingungslose journalistische Anpasserei schützt vor internem Ärger. Christine Strobl, Schäubles Tochter und Ehefrau des baden-württembergischen Innenministers Thomas Strobl, wurde kürzlich zur ARD-Programmdirektorin ernannt (31). Seitdem ist der informelle Weg vom Bundestagspräsidenten zur Tagesschau-Redaktion noch erheblich kürzer geworden.

 

Quellen und Anmerkungen:

  1. http://www.bverfg.de/e/cs20210722_2bvc000821.html
  2. https://www.tagesschau.de/inland/btw21/dkp-bundestagswahl-101.html
  3. https://www.tagesschau.de/inland/btw21/dkp-109.html
  4. https://www.tagesschau.de/suche2.html?query=DKP&sort_by=date
  5. http://widerstandsausstellung.m-o-p.de/ausstellung/kpd.htm
  6. https://encyclopedia.ushmm.org/content/de/article/documenting-numbers-of-victims-of-the-holocaust-and-nazi-persecution
  7. https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-bundesverfassungsgericht-verbot-kpd-100.html
  8. https://www.deutschlandfunkkultur.de/das-kpd-verbot.984.de.html?dram:article_id=153331
  9. https://www.deutschlandfunk.de/kpd-verbot-ueber-ein-verfassungswidriges-verfahren.1310.de.html?dram:article_id=406087
  10. https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-deutsche-kommunistische-partei-dkp-100.html
  11. https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_3.html
  12. https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Radikalenerlass
  13. https://www.gedenkstaettenforum.de/nc/publikationen/publikation/news/die_verfolgung_der_nazi_verbrechen_in_ost_und_west/
  14. https://bundeswahlleiter.de/info/presse/mitteilungen/bundestagswahl-2021/13_21_1bwa-uebertragung.html
  15. https://www.bundeswahlleiter.de/service/glossar/b/bundeswahlausschuss.html
  16. https://www.osce.org/de/odihr/elections/germany/40879
  17. https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7531731#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk/dmlkZW9pZD03NTMxNzI5Jm1vZD1tb2Q1MzY2Njg=&mod=mediathek (ab Minute 22)
  18. https://www.vdj.de/mitteilungen/nachrichten/nachricht/kaltes-parteiverbot-vdj-kritisiert-nichtzulassung-der-dkp-zur-btw-als-verfassungswidrig-und-undemokratisch/
  19. https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-09/bundestagswahl-2021-wolfgang-schaeuble-kandidat-cdu-offenburg-bundestagspraesident
  20. Beschwerdebegründung des DKP-Anwalts H.-E. Schultz, Berlin, v. 12.07. 21 vor dem Bundesverfassungsgericht (liegt den Autoren vor)
  21. Beschwerde-Erwiderung des Bundeswahlleiters vom 16.07. 21 (liegt den Autoren vor)
  22. https://www.jungewelt.de/artikel/406408.zukunft-der-dkp-bedroht-mittlerweile-bedauern-das-alle.html?sstr=Bundeswahlausschuss
  23. https://www.deutschlandfunk.de/cdu-spendenaffaere-vor-20-jahren-wolfgang-schaeubles.871.de.html?dram:article_id=470343
  24. https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-05/georg-thiel-statistisches-bundesamt-vorwuerfe-mitarbeiter-fuehrungsstil-bundeswahlleiter
  25. https://www.thw.de/SharedDocs/Meldungen/DE/Pressemitteilungen/national/2006/03/meldung_004.html?noMobile=1
  26. https://www.destatis.de/DE/Ueber-uns/Geschichte/praesident-thiel.html
  27. https://www.spiegel.de/panorama/statistisches-bundesamt-mitarbeiter-erheben-vorwuerfe-gegen-bundeswahlleiter-georg-thiel-a-e201dde7-6e41-419c-b1a6-cba31258a7af#ref=rss
  28. Anspielung auf den legendären Protestsatz, den der „Potsdamer Müller“ dem Preußenkönig Friedrich II. zurief: „Noch gibt es Richter in Berlin!“
  29. https://www.unsere-zeit.de/sieg-der-solidaritaet-158455/
  30. https://www.tagesschau.de/inland/btw21/sicherheit-bundestagswahl-101.html
  31. https://www.deutschlandfunk.de/neue-ard-programmdirektorin-interessenkonflikte-bei.2907.de.html?dram:article_id=484866

Das Autoren-Team: 

Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.

Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Moskau: „Der nächste Eindringling wird versenkt“

Briten, Niederländer und Deutsche provozieren – nicht nur im Schwarzen Meer

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

 

Achtung Realsatire, die Tagesschau macht Handstand auf der Zunge:

Militärische Auseinandersetzungen sind für Russland seit Jahren ein bewährtes Mittel, sich Geltung und Mitsprache zu verschaffen” (1),

behauptet sie frech, obwohl die Politik mit Bomben und Granaten doch das Markenzeichen der USA ist. Die Spitzenjournalisten der ARD-aktuell fühlen sich halt über alle Fakten erhaben. Sogar darüber, dass Propaganda besonders dann wirkt, wenn sie die Wahrheit bloß verbiegt und nicht komplett ignoriert. Im vorliegenden Fall wirft ihr Stuss zudem die Frage auf, seit wann es denn den USA und ihren NATO-Kriegskameraden zusteht, anderen Völkern Mitsprache und Geltung zu gewähren oder zu versagen. Nicht „der Russe“, sondern die „Westliche Wertegemeinschaft“ versucht, alle unbotmäßigen Länder unter ihre Fuchtel zu zwingen, mit erpresserischen Sanktionen oder – falls sie sich militärisch überlegen fühlt – mit mörderischem Angriffskrieg.

Man muss das Offensichtliche ja nicht immer wieder aufzeigen und nachweisen. Belassen wir es also bei dem Einwurf, dass nicht nur der Irak, Syrien und Libyen Zeugnis ablegen für die Rechtlosigkeit, Infamie und Unmenschlichkeit des Weltherrschers USA und seiner Vasallen. Die zahllosen Kriege der „Westlichen Wertegemeinschaft“ und deren vernichtende Sanktionspolitik haben noch weniger mit demokratischen und humanitären Idealen zu tun als die mittelalterlichen Kreuzzüge mit Glaubensstärke und christlicher Nächstenliebe.

Der Wertewesten, wir Guten, wir fälschen die Geschichte lieber, statt ihre Lehren zu beherzigen; aufs gleiche Recht für alle und auf die Vorzüge der friedlichen Koexistenz pfeifen wir jederzeit, wenn es im Interesse der USA liegt. Denen dient die deutsche Bundesregierung nämlich besonders gerne. Kanzlerin Merkel findet dafür die immer passende Rechtfertigung: Die transatlantischen Beziehungen seien ein zentraler Pfeiler in der Außen- und Sicherheitspolitik, der im ureigenen Interesse erhalten werden müsse. Wörtlich

Wir sollten nie vergessen, dass Europa nicht neutral ist, Europa ist Teil des politischen Westens.“ (2)

Tja, Pech gehabt, Freunde, wir sind nicht neutral und friedlich. Übrigens: Geografisch gehört auch Russland zu Europa, aber damit berühren wir schon eine Wurzel des Unfriedens: Russland will sich nicht von der NATO-EU vereinnahmen und als Teil dieses „politischen Westens“ (Merkel) von US-Kapitalisten ausbeuten lassen. Deshalb gilt Russland, wie die Volksrepublik China, wie der Iran und etliche andere „Böse“, als Feind. Und darum bleibt Merkel bei ihrer transatlantisch verdrehten Logik: Wenn sich „Europa“ in der Welt behaupten wolle, müsse es

sein Schicksal stärker in die eigene Hand nehmen und gleichzeitig als verlässlicher Partner der westlichen Werte- und Interessengemeinschaft agieren.“ (ebd.)

Es wäre zum Lachen, wenn diese Ignoranz gegenüber der Geschichte (die Sowjetunion und China waren Opfer, nicht Täter!) nicht zum Heulen wäre.

Zu viel auf dem Kerbholz

An der gegenwärtig wieder verstärkt feindseligen Ausrichtung Deutschlands gegen Russland und China beteiligt sich selbstredend auch ARD-aktuell, indem die Redaktion die aggressive Politik des Westens verschleiert. Sie wirkt daran mit, den neuen/alten „Feinden“ all das Übel anzudichten, mit dem sich der Westen selbst hervortut. Der mörderische Putsch in Kiew, obwohl von den USA, der NATO und der EU organisiert, wurde zur „Maidan-Demokratiebewegung“ umgelogen. Die Volksentscheide der mehrheitlich russischen Krimbewohner, ihre Halbinsel wieder mit Russland zu vereinen, zu dem die Krim seit Katharina der Großen gehört, werden mit der Keule „Annexion der Krim“ aus dem Gedächtnis getilgt, ohne Rücksicht auf die Fakten und auf russisches Geschichtsbewusstsein und Kulturtradition. Der Krieg der Ukro-Nazis gegen die Donbass-Republiken wird als Verteidigung gegen russische Okkupationsabsichten ausgegeben. Der Konsens des Abkommens von Minsk (2015) ist längst vergessen.

Kein Wort verlor die Tagesschau bisher darüber, dass die USA und ihr ergebenster Kriegsknecht, die Bundesrepublik Deutschland, weiterhin Truppen im Irak stationieren, unter Bruch des Völkerrechts und entgegen dem Willen des Parlaments und der Regierung in Bagdad. (3) Sie schweigt beharrlich über den deutschen Anteil am Völkerrechtsbruch bei der Besetzung und Bombardierung Nordsyriens. (4) Erst recht darüber, dass die Bundesluftwaffe sich an Kriegsverbrechen beteiligte, z.B. in Der-Es-Zur (5), indem ihre Tornado-Aufklärer der US-Air-Force die Zieldaten für das sorgfältig geplante Massaker beschafften.

Die Auflistung fundamentaler journalistischer Regelverstöße der Tagesschau ließe sich beliebig fortsetzen. Stichworte: Venezuelas Hampelmann-„Präsident“ Guaidó, Israels Landraub in Palästina, die Psy-Ops um die Skripals, um Nawalny und den Berliner Tiergarten-Mord, die Einmischung des Westens in Belarus, die Krawallstories über die Uiguren in China, die angeblich russischen Cyber-Angriffe auf den Bundestag, undsoweiter, undsoweiter… 

Lückenhafte Nachrichten

Am 28. Juni begann das zweiwöchige Manöver „Sea Breeze“ (Seebrise) der USA-geführten Werte-Allianz im Schwarzen Meer. Mit 32 beteiligten Ländern aus allen Kontinenten, 5000 Soldaten, 32 Kriegsschiffen, 40 Kampfflugzeugen sowie 18 Spezialtrupps und Taucherteams ist es die bisher größte derartige Übung direkt vor der russischen Küste. ARD-aktuell berichtete darüber, erklärte jedoch mit keinem Wort den Manöver-Gegenstand, die angenommene Lage, das sogenannte „Szenario“. Und: Sie ließ unerwähnt, dass neben den USA ausgerechnet die Ukraine eine Führungsfunktion im Manöver hat.

Die Ukraine ist (noch) kein Mitglied der NATO. Geübt wird auch nicht Selbstverteidigung gemäß NATO-Statut. Deshalb machte die US-Botschaft in Kiew auf harmlos: Man wolle ja nur „die Kompatibilität der Streitkräfte verbessern, die Sicherheit auf See erhöhen und für Frieden in der Region sorgen.“ (7)

Weniger heuchlerisch gibt die Zeitung „Star and Stripes“ der US-Streitkräfte zu, dass eine Machtdemonstration beabsichtigt ist:

… die USA und ihre Verbündeten haben die Vorbereitungen für Sea Breeze fortgesetzt, deren Ziel es ist, Moskau eine klare Botschaft zu senden, dass sie sich nicht einschüchtern lassen. … Wenn Moskau glaubt, dass wir in Kriegszeiten zusammenstehen und über genügend militärische Macht verfügen … wird Russland abgeschreckt … gleichzeitig werden unsere Verbündeten, Partner und Freunde Mut fassen und sich selbstbewusst genug fühlen, um sich den russischen Forderungen zu widersetzen.“ (8)

Die Tagesschau und ihre Korrespondenten in Moskau und in Washington fragen aber nicht: Von welchen russischen Forderungen sehen sich denn „die Verbündeten, Partner und Freunde der USA“ gefährdet? Ist nicht vielmehr „Sea Breeze“ selbst eine aggressive Herausforderung, ein äußerst brisanter, abenteuerlich dummer Versuch, Russlands Hoheitsrechte mit einem möglichst großen Heloten-Heer „einzudämmen“, wie auf dem NATO-Gipfel anno 2016 als politische Zielvorgabe ganz offiziell beschlossen? (9, 10, 11) 

Nieten am Regierungsruder

Eine Glanznummer in ebenso riskanter wie stupider militärischer Provokation boten zum Auftakt die Briten, indem sie ihren Zerstörer HMS „Defender“ in russische Hoheitsgewässer vor der Krim eindringen ließen. Und wieder vermied die Tagesschau sorgfältig und NATO-hörig, uns mitzuteilen, was daran falsch war. (12) Das britische Kriegsschiff verstieß gegen internationales Recht und konnte von russischer Marine und Luftwaffe nur mit Warnschüssen und Bombenabwürfen zur Kursänderung gezwungen werden.

Von „jüngster Kraftprobe“ statt von Rechtsbruch und Friedensgefährdung war daraufhin die Rede, nicht nur auf tagesschau.de. Und obwohl es sich unbestreitbar um einen britischen Übergriff handelte, war wieder der Russe schuld:

Es ist nicht das erste Mal, dass Russland gegen das … Manöver ‚Sea Breeze‘ Sturm läuft“. (ebd.)

Gerade so, als wäre Moskau verpflichtet, sich das aggressive Verhalten der Briten widerspruchslos gefallen zu lassen.

Sea Breeze“ ist kein Manöver im üblichen Sinne. Es findet unter Berufung auf Verabredungen Washingtons mit Kiew im Jahr 1993 statt, zu einer Zeit, als in Moskau der versoffene Boris Jelzin den USA zu Willen war. Allerdings war damals noch überhaupt keine Rede von enger Koordination der Ukraine mit der NATO. „Sea Breeze“ verfolgt indessen ausdrücklich das Ziel,

die Kompatibilität der ukrainischen Streitkräfte mit denen der NATO-Verbündeten zu erhöhen.“ (13)

Der britische Zerstörer HMS „Defender“ war nicht die einzige dreiste Provokation im „Sea Breeze“-Rahmen. Die niederländische Fregatte HNLMS „Evertsen“ nahm kurz darauf, ebenfalls ohne Russlands Erlaubnis, Kurs auf die „Straße von Kertsch“, eine Meerenge östlich der Krim. (14) Erst russische SU-30-Jagdflugzeuge und SU-24-Bomber überzeugten den Fregatten-Kapitän schließlich, dass ein Richtungswechsel ratsam war.

ARD-aktuell vermeldete auch diese Begebenheit wie üblich einseitig, von Hintergründen und Kontext bereinigt. Ausführlich gab sie das scheinheilige Gejammer der holländischen Regierung wieder, die russischen Kampfjets hätten die „Evertsen“ bedrängt und „Schein-Attacken“ geflogen. Sie hätten auf der Fregatte „unverantwortliche Störungen der Elektronik“ bewirkt. Die russische Sichtweise wurde hingegen nur mit einem Satz bedacht. (15)

Die Tagesschau ließ unerwähnt, dass die Niederländer ja gewarnt sein mussten. Was ihnen widerfuhr, hatten die USA bereits vor sieben Jahren erlebt. Damals überflog ein russischer SU-24-Bomber die USS „Donald Cook“ im Schwarzen Meer und ruinierte das hochmoderne elektronische Kampfsystem „Aegis“ (16) des mit Raketen bestückten Zerstörers gründlich. (17) Die „Donald Cook“ hatte alle russischen Mahnungen ignoriert und gar zu frech Kurs auf die russischen Küstengewässer genommen. Als wehrloser Kahn mit vollkommen desillusionierter Besatzung musste sie in einen rumänischen Hafen flüchten.

Der hintergründige Zweck der beiden jüngsten hochriskanten Provokationen blieb unseren Qualitätsjournalisten natürlich verborgen: Briten und Niederländer durchkreuzten damit den Plan des französischen Präsidenten Macron und der deutschen Kanzlerin Merkel, nach dem (unergiebigen) Biden-Putin-Treffen in Genf ein sinnvolleres EU-Gipfeltreffen mit dem russischen Präsidenten zu veranstalten. Ihr Vorschlag stieß nicht nur auf den vorhersehbaren Widerstand Polens und der drei baltischen Staaten. Auch das EU-Mitglied Niederlande hielt dagegen. Das nicht-mehr-EU-Mitglied Großbritannien stänkerte vom Rande her. (18) Meldung nach Washington: EU-Gipfelpläne gekippt, Mission erfüllt.

Die Tagesschau ist zwar laut Rundfunkstaatsvertrag verpflichtet, über das Weltgeschehen umfassend und vollständig zu unterrichten. (19) Wie aber sollte die ARD-aktuell-Redaktion über etwas unterrichten, das sie sich selbst nicht zu kapieren gestattet?

Zurechtgebogene Wahrheit

Statt pflichtgemäßer Information spielte die Tagesschau also auch diesmal nur wieder die Platte mit der völkerrechtlichen Fehlinterpretation ab, Russland habe die Krim annektiert; die Briten hätten daher keine russischen Hoheitsrechte verletzt, ihr Kriegsschiff „Defender“ habe nur ukrainisches Seegebiet vor der Krim durchfahren: 

Für den überwiegenden Teil der Weltgemeinschaft aber war und ist die Krim gemäß dem Völkerrecht weiter Bestandteil der Ukraine. Weshalb auch die Briten darauf verweisen, dass sich ihr Schiff in ukrainischen und nicht in russischen Gewässern aufgehalten habe.“ (Anm. 13) 

Erstens: „Weltgemeinschaft“ ist ein transatlantischer Kampfbegriff. Er verschleiert, dass nur eine knappe Mehrheit, nämlich 100 von 194 Staaten, die Krim im Jahr 2014 als weiterhin ukrainisch erklärte; mehr als 50 Zwergstaaten hatten zu dieser Mehrheit beigetragen (u.a.Monaco, Tuvalu, Andorra, Liechtenstein, Malta, Nauru, San Marino, Palau, Marshallinseln). Der anspruchsvoll „überwiegende Teil der Weltgemeinschaft“ repräsentiert nicht mal ein Drittel der Weltbevölkerung. Zweitens: Anders, als ARD-aktuell zu suggerieren versucht, blieb das See-Recht von alldem unberührt. Die Russische Föderation wurde per UN-Resolution am 19. Dezember 2017 sogar ausdrücklich aufgefordert,

allen ihr als Besatzungsmacht aus dem anwendbaren Völkerrecht erwachsenden Verpflichtungen nachzukommen.“ (20)

Dazu gehört auch, dass Russland als „Besatzungsmacht“ den Verkehr in den Hoheitsgewässern rund um die Krim regulieren darf. Selbst deutsche Rechtsexperten erkennen diese Zuständigkeit an. Es spielt völkerrechtlich und (im hier diskutierten Fall) auch politisch überhaupt keine Rolle, ob die Krim annektiert wurde oder ob sie sich frei und aus eigenen Stücken zum Wechsel nach Russland entschloss. Das Eindringen fremder Kriegsschiffe in die Gewässer rund um die Krim ist in jedem Falle illegal. (21)

Es ist allerdings für ARD-aktuell typisch, dass sie ihrem Publikum solche korrekt einordnenden Informationen vorenthält und der plumpen britischen Provokation den Anschein von Legitimität verleiht. Russlands Außenpolitik soll, wo immer sich dazu Möglichkeiten bieten, als Gefahr für die Sicherheit Westeuropas dargestellt und diskreditiert werden. Das zeigt sich auch in einer anderen Bemerkung der Tagesschau: 

Gleichzeitig lässt das Land (Russland) bei einer Übung im östlichen Mittelmeer selbst die Muskeln spielen: schließlich unterhält Russland in Syrien eine Marine- und Luftwaffenbasis. Bei der Militärübung kommen auch Kampfflugzeuge zum Einsatz, die Überschallraketen befördern können.“ (Anm.12) 

Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. USA und NATO veranstalten weitab von ihren Zentralen, jedoch in nächster Nähe zu Russland, provokante Militärmanöver in ohnehin schon gespannter Atmosphäre. Russland reagiert, aber nur nahe der eigenen Grenze bzw. im Hoheitsbereich Syriens, seines Verbündeten. Es handelt legitim, weil es Verteidigungsbereitschaft demonstriert und keine aggressive „Eindämmung“ probt.

Die Schwadroneure haben das Wort

Die Propagandatröten der ARD-aktuell nehmen sich heraus, dies anzuzweifeln und von (bedrohlichen) russischen „Muskelspielen“ zu schwadronieren. Für Ignoranz und transatlantischen Konformismus der ARD-aktuell garantiert Sylvia Stöber, mit Sonderstatus in der ARD-aktuell-Unterabteilung „Faktenfinder“ ausgestattet:

Innenpolitisch sind die Berichte vom Schwarzen Meer dazu geeignet, von der Corona-Lage in Russland und den Einschränkungen nicht kremltreuer Politiker und Bürgerengagements vor der Duma-Wahl im September abzulenken: Putin präsentiert sich stattdessen als Verteidiger Russlands.“ (22)

Fakten, die die Aggressivität des „Wertewestens“, seine Feindbildmalerei und Kriegstreiberei belegen, fallen bei ARD-aktuell gerne untern Tisch. Die Tagesschau meldete folglich nicht, dass hinter einer Londoner Bushaltestelle Geheimpapiere gefunden und im Internet veröffentlicht worden waren, die beweisen, dass Premier Boris Johnson seinen Zerstörer HMS „Defender“ zu einer absichtlichen Provokation in die russischen Hoheitsgewässer geschickt hatte. (23, 24) Der Vorfall war kein Versehen, sondern Beweis für Johnsons unsägliche Arroganz und chaotische Bedenkenlosigkeit. (Anm.18)  

Keine Silbe verliert ARD-aktuell natürlich darüber, dass auch unsere intellektuell nur bescheiden ausgestattete Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer gut für jedwede Friedensgefährdung im Schwarzen Meer ist. Zeitgleich mit der „Defender“-Provokation ließ sie zwei Eurofighter des Taktischen Luftwaffengeschwaders 71 „Richthofen“ vom ostfriesischen Heimatstandort Wittmund ans Schwarze Meer verlegen: nach Rumänien, auf den militärischen Teil des Flughafens Constanța. (25) Sie sind dort in eine Alarmrotte der Royal Air Force integriert und sollen „im Ernstfall an der Seite der britischen Einheit schnellstmöglich handlungsbereit“ sein. (Anm.23) 

Faktisch ist das eine deutsche Beteiligung an der „Sea Breeze“-Provokation: Das Manöver endet am 10. Juli, die Eurofighter der Bundesluftwaffe sollen am 9. Juli nach Wittmund heimkehren. (Anm.25)

ARD aktuell wäre gut beraten, über die Warnung der russischen Generalität zu berichten: „Der nächste Eindringling in unsere Hoheitsgewässer wird versenkt.“ (Anm.18) Bisher fühlte sich die Tagesschau darüber erhaben. Sie hätschelt lieber den freidrehenden Außenminister Maas, verharmlost beflissen die Baerböcke der Woche und gibt Mutti Merkel als friedliebende Lichtgestalt aus, Kramp hin, Karrenbauer her. So lenkt sie das zahlende Publikum davon ab, dass wir nur um Haaresbreite um einen weiteren echten Krieg herumgekommen sind. 

Quellen und Anmerkungen:

  1. https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ostukraine-frieden-verhandlungen-101.html
  2. https://www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/aussen-und-sicherheitspolitik-1755910
  3. https://www.dw.com/de/kein-truppenabzug-warum-der-irak-für-die-usa-so-wichtig-ist/a-51923206
  4. https://www.bundestag.de/resource/blob/568586/e979e0a7348409ce22153522087b3813/wd-2-130-18-pdf-data.pdf
  5. https://blog.fdik.org/2018-12/s1546018588
  6. https://www.tagesschau.de/faktenfinder/podcast/was-sind-fake-news-101.html (bei Minute 5)
  7. https://www.nachdenkseiten.de/?p=73643#h11https://www.stripes.com/branches/navy/2021-06-25/russia-us-navy-ukraine-sea-breeze-sixth-fleet-1802136.html
  8. https://de.southfront.org/westliche-strategische-propaganda-zur-eindammung-russlands/
  9. https://crp-infotec.de/nato-gipfel-warschau-2016/
  10. https://www.heise.de/tp/features/Nato-Russland-China-Die-wilden-Zwanziger-der-Aufruestung-6071930.html
  11. https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-881165.html
  12. https://www.tagesschau.de/ausland/europa/sea-breeze-101.html
  13. https://www.unian.info/politics/sea-breeze-2021-ukraine-29-nato-allies-to-conduct-joint-exercise-11421937.html
  14. https://www.derstandard.de/consent/tcf/story/2000127831611/muskelspiele-um-die-krim-im-schwarzen-meer
  15. https://www.tagesschau.de/ausland/russland-schwarzes-meer-101.html
  16. https://www.lockheedmartin.com/en-us/products/aegis-combat-system.html
  17. https://www.voltairenet.org/article185380.html
  18. http://thesaker.is/will-the-russians-sink-a-british-ship-the-next-time-around/
  19. https://www.ard.de/download/538848/Staatsvertrag_fuer_Rundfunk_und_Telemedien_in_der_Fassung_des_20__Aenderungsstaatsvertrags__vom_8__bis_16__12__2016.pdf/ (II. Abschnitt, §11 (1) Auftrag)
  20. https://www.un.org/depts/german/gv-72/band1/ar72190.pdf
  21. https://uncutnews.ch/laut-experten-war-das-eindringen-der-britischen-hms-defender-in-gewaesser-nahe-der-krim-offen-illegal/
  22. https://www.tagesschau.de/ausland/schwarzes-meer-krim-russland-101.html
  23. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8641/
  24. https://www.contra-magazin.com/2021/06/hms-defender-gegen-das-russische-militaer-die-gefahr-der-eigenen-propaganda-glauben-zu-schenken/
  25. https://www.bundeswehr.de/de/organisation/luftwaffe/aktuelles/eaps-deutsche-eurofighter-ueber-rumaenien-5099416

Das Autoren-Team: 

Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.

Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Menschenrecht nach Tagesschau-Maß

Würde und Ansprüche des georgischen Spargelstechers zählen weniger als der Schmutz an seinen Arbeitsstiefeln

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

 

In Wahlkampfzeiten wie diesen fällt sie besonders ins Auge: unsere gnadenlose deutsche Rechthaberei, gekleidet in hehren Anspruch gegenüber anderen Staaten und deren Regierungen. Menschenrechte! Ihre Beachtung müsse besonders von Russland und China gefordert und mit transatlantischer Sanktions-Gewalt durchgesetzt werden, belehren uns die herrschenden Parteien, voran die NATO-oliv-Grünen, während westliches Militär beide Länder einkreist. Die Tagesschau vermeldet es brav (1) und vermeidet jegliche Einordnung. „Wir“ sind schließlich immer die Guten, vor unserer eigenen Tür ist allemal bestens gekehrt.

Vergessen die Warnung des Philosophen und Aufklärers Jean-Jacques Rousseau:

Nehmt euch vor diesen Kosmopoliten in Acht, die in ihren Schriften aus weiter Ferne Pflichten herholen, deren Erfüllung sie in Bezug auf ihre eigene Umgebung verächtlich zurückweisen. Ein solcher Philosoph liebt die Tataren, um dessen überhoben zu sein, seine Nachbarn zu lieben.“ (2)

Wir haben uns längst an die Besessenheit gewöhnt, mit der die Berliner Politdarsteller und ihre Durchlauferhitzer in den Mainstreammedien lautstark die Wahrung der Menschenrechte fordern, mit Blick nach Moskau oder Beijing. Geradezu klassisch die Tagesschau-Berichterstattung über das Treffen der NATO-Spitzen unter ihrem US-Anführer Joe Biden. (3) Von NATO-Plänen für eine offensive „Neuausrichtung“ auf China und Russland war da die Kraftmeierei; die militanten und aggressiven Vertreter des Wertewestens versuchten dem friedenswilligen Rest der Welt einmal mehr weiszumachen, dass Drohungen, Bezichtigungen, Hochrüstung und aggressive Propaganda Ausdruck erfolgversprechender Diplomatie seien – weil dahinter eine gute Sache stehe.

Unsere „Verfassung im Kleinen“, der Grundgesetz-Artikel 20, definiert Deutschland als föderale Demokratie, als Rechtsstaat und Sozialstaat. (4) Auch die Präambel sowie die Artikel 1, 9 und 25 verpflichten uns zum Frieden und zum Respekt vor den Menschenrechten weltweit. (5) Wie wenig das Grundgesetz noch die Realität unseres Gemeinwesens formt, könnte uns allerdings bereits ein Blick auf unsere 2,6 Millionen in Armut lebenden Kinder lehren. Weiterhelfen könnten auch eine gründliche Befassung mit den menschenfeindlichen Umtrieben unserer Geheimdienste oder das Nachdenken über die völkerrechtswidrigen, nicht von den UN gedeckten Bundeswehr-Auslandseinsätze. Ganz zu schweigen von deutscher Mitwisserschaft und direkter Mittäterschaft bei den zahllosen extralegalen Hinrichtungen und Massakern der USA (per Drohnen zum Beispiel).

Heuchelei ist deutsche Staatsräson

Auf der Suche nach dem Verbleib der Menschenrechte im NATO-Einflussbereich wäre zudem ein Blick ins Schatzkästlein der USA angeraten: Todesstrafe und grausame Hinrichtungsmethoden, vollkommene Rechtlosigkeit im Foltergefängnis Guantanamo, rassistische Übergriffe der US-Polizei gegen die eigenen Bürger, anarchische Wahlverfahren, unzählige Kriegsverbrechen in allen Ländern, die von der US-Soldateska heimgesucht wurden (6) … Davon, dass ARD-aktuell die Erinnerung an all diesen Schrecken in uns wachhielte, kann keine Rede sein. Schon gar nicht, wenn wieder mal Kanzlerin Merkel oder Außenminister Maas die deutsche Bündnistreue zum „Partner“ USA beschwören. Erst recht erweisen Tagesschau-Sendungen sich nicht als informativ bezüglich der systematischen Menschenrechtsverletzungen in „befreundeten“ Ländern wie Kolumbien, Saudi-Arabien oder Israel. (7)

Mit dem deutschen Menschenrechtsverständnis ist es wahrlich nicht weit her. Das lässt sich am „Lieferkettengesetz“ aufzeigen, das kürzlich vom Bundestag beschlossen wurde. (8) Es ist ein Musterbeispiel für die bei uns übliche „Werte“- Heuchelei. Politiker und Journalisten der tonangebenden Medien hatten die Schamlosigkeit, dieses Gesetz als ersten Schritt zu humanen Produktionsverhältnissen, zur Bekämpfung der Kinderarbeit und der an Sklaverei grenzenden Unterdrückungsstrukturen in aller Welt auszugeben. (9) Es ist jedoch kaum mehr als eine Beruhigungspille für engagierte Gutmenschen. Es tastet die vom Westen geschaffenen Ausbeutungsverhältnisse nicht an. Dem kapitalistischen Profitstreben setzt es keine Grenzen. Es erstrahlt jedoch im typischen Berliner Glamour „so tun, als ob.“ Exakt nach Lehrbuch „1984“, präziser noch nach Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“. (10)

Ungewöhnliches Eingeständnis

Der Tagesschau ist zugute zu halten: Im Fall „Lieferkettengesetz“ hat sie sich manchmal als bedingt kritischer Begleiter des Gesetzgebungsverfahrens erwiesen. Manchmal.

Im Handel und der Produktion verletzen Unternehmen im Zuge der weltweiten Wertschöpfungs- und Lieferketten immer wieder grundlegende Menschenrechte. Dazu zählen Kinderarbeit, Ausbeutung, Diskriminierung und fehlende Arbeitsrechte. …“ (11)

Die Redaktion lässt mit dieser Formulierung immerhin den Rückschluss zu, dass auch deutsche Unternehmen sich der Menschenrechtsverletzung schuldig machen. Leider konkretisiert sie das nicht weiter, Namen nennt sie nicht. Dass Konzerne wie Siemens, Bayer, BASF und Daimler zwecks Verhinderung möglicher Menschenrechtsverletzungen einem konkreten Regelwerk unterzogen und ihre ausländischen Produktionsstätten und Zulieferer stärker überwacht werden müssten, wird nicht thematisiert. (12) Soviel Mut vor Fürstenthronen und Geldsäcken war denn doch wieder nicht bei ARD-aktuell.  

Die Anonymität der deutschen Menschenrechtsverletzer in Industrie und Handel bleibt gewahrt. Der Wahlbürger soll keine konkrete Vorstellung davon erhalten, dass und wie unsere Begüterten ihre Sklavenhaltung gestalten. Schon Karl Marx wusste:

Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn …, für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert …“ (13)

Namen sind Nachrichten. Deshalb führt ARD-aktuell in ihren Beiträgen nur solche Firmen auf, die sich mit den Regelungen des Lieferkettengesetzes aus unterschiedlichen Gründen einverstanden erklärt haben: Tchibo, Ritter Sport, Nestlé Deutschland und Hapag Lloyd. Die können das nun werbend für sich nutzen.

Die hohe Kunst der Manipulation

Dass das Lieferkettengesetz auch diesen „Edlen“ nicht allzu viel Menschenfreundlichkeit abverlangt, haben Lobbyisten, Kanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Altmaier sichergestellt. Es mag ja sein, dass Arbeits- und Sozialminister Heil und Entwicklungshilfeminister Müller ursprünglich Besseres und echte Veränderungen erreichen wollten. Unbeirrbarkeit und Standfestigkeit bewiesen beide aber nicht. Konsequenz: Wenn deutsche Firmen die Rechte der im Ausland Ausgebeuteten verletzen, wenn sie Leben und Gesundheit dieser Ärmsten gefährden oder ihre natürlichen Lebensgrundlagen zerstören, dann brauchen sie auch weiterhin keinen Schadenersatz zu leisten.

Hinsichtlich ihrer ausländischen Kooperationspartner in der Lieferkette haben unsere Unternehmer ohnehin keine gravierende Sorgfalts- und Überwachungspflicht zu erfüllen. Staatliche Kontrollinstanzen sind zwar vorgesehen, doch ob sie effizient arbeiten können und werden, steht in den Sternen. Das Lieferkettengesetz gilt eh nur für einen kleinen Kreis von im Ausland aktiven Unternehmen, für Betriebe mit mehr als 3000 Beschäftigten. Und es soll erst ab 2023 wirken. (14)

Dass der Schutz der Schwächsten unseren Parlamentsparteien mehrheitlich vollkommen gleichgültig ist, zeigte die Fraktion Bündnis90/Die Grünen in den Debatten über dieses Lieferkettengesetz. Lange unterstützten ihre Abgeordneten das ursprünglich sehr zielorientierte Vorhaben und rissen dabei die Klappe mächtig weit auf. Doch mit der vagen Aussicht aufs Kanzleramt und damit auf die Pflicht, ein strammes Gesetz selber an deutschen Unternehmern vollstrecken zu müssen, stimmten sie doch lieber seiner kastrierten Variante zu, wie von der Wirtschaftslobby gewünscht.

Auch in der Politik gilt: Zuviel Rückgrat stört. Also: Freie Fahrt für deutsche Menschenrechtsverächter in Fernost, in Südamerika oder in Afrika. (15) Die Rote Karte wird nur gegen Russland und China gezückt, vor allem, weil es Washington in den aggressiven Kram passt, beide als „Feindstaaten“ zu definieren. (16) Das wiederum nützt dem militärisch-industriellen Komplex der USA.

Wo bleibt das Positive? Ausnahmsweise hatte ARD-aktuell etwas zu bieten, wenn auch nur in Form eines Kommentars, der bekanntlich nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder gar der ARD insgesamt widerspiegelt: „Gezogene Zähne, geschliffene Krallen“. (17) Donnerwetter, das klang für die Verhältnisse der ARD-aktuell ja schon fast revolutionär …

Werte-basiert

So weit, die Kungelei der Kanzlerin mit der deutschen Finanz- und Wirtschaftselite als einen systemischen und sich oft wiederholenden Rechtsbruch zu charakterisieren, als Verletzung der Prinzipien unserer Verfassung, so weit geht der ARD-Qualitätsjournalismus aber denn doch nicht. Zuzugeben, dass unsere Regierung nur Funktionspersonal des Geldadels ist, kommt nicht infrage. Dieses Privileg überlassen Tagesschau-Redakteure lieber den Satirikern und Kabarettisten. Der große Dieter Hildebrandt:

Politik ist nur der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt. (18)

Oder Frank Zappa:

Politik ist die Unterhaltungsabteilung der Wirtschaft.“ (19)

Menschenrechtsverletzung ist nicht aufs Ausland beschränkt. Sie findet auch innerhalb unserer Grenzen statt. In subtiler Form und längst einem Gewöhnungsprozess unterzogen, so dass wir sie nicht mehr bewusst wahrnehmen. Die Kanzlerin tut dazu ein Übriges, indem sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Platte von unserer „regelbasierten Werte-Ordnung“ abnudelt.

Der Sozialstaat, die grundgesetzlich verankerte Sozialbindung des Eigentums und der Schutz der Schwachen vor den Starken gehören zum Kanon unserer „Werte“. Jedenfalls theoretisch. Praktisch sind sie längst ausgehöhlt und verlieren fortwährend weiter an Bedeutung. Wachsende Armut, das erbarmungslose Hartz-IV-Regime, Entrechtung am Arbeitsplatz, Rückbau von Gesundheitsvorsorge und Alterssicherung werden entweder kaum diskutiert oder als quasi gottgegebene Entwicklung dargestellt. (20) Die längst zur Notwendigkeit gewordenen Tafeln sind der Ausdruck dafür, dass heutzutage nur noch Gnadenerweis ist, was einst sowohl in der Alt-BRD als auch in der DDR ein Rechtsanspruch auf würdige Existenzsicherung war.

Obwohl das Thema „soziale Rechte“ für Millionen von Menschen zentrale Bedeutung hat, wird es von den Mainstream-Medien – auch von ARD-aktuell – allenfalls stiefmütterlich behandelt. Selbst die pandemiebedingte Verschärfung der Situation hat nichts daran geändert. In der Rubrik „Thema“ auf Tagesschau.de zählt man seit August 2020 ganze acht Beiträge über Hartz IV – weniger als einen pro Monat. Diese paar Artikel wirken überdies hingerotzt und empathielos. (21)

Jeder sechste Bürger in Deutschland ist armutsgefährdet. Das bedeutet, er oder sie muss mit weniger als 1.176 Euro pro Monat auskommen. Covid-19 hat die Tafel-Versorgung erschwert, örtlich und vorübergehend sogar gänzlich unterbrochen. Der „Lockdown“ hat andererseits kräftige Preissteigerungen für Lebensmittel verursacht. Wie schwer, ja fast unmöglich es für viele der Armen ist, mit ihrer Lebenslage zurechtzukommen, erfährt man von ARD-aktuell jedoch nicht. Fünf Millionen Menschen vegetieren auf der Schattenseite unserer Wohlstandsgesellschaft. Aber die Tagesschau nimmt sie nicht wahr und verschweigt, dass und wie stark die Zahl der Tafelnutzer vor allem bei den Kurzarbeitern und Rentnern angestiegen ist. (22)

Der regierungsfromme ARD-Journalist

Angemessene, unumwundene Berichterstattung über die Armut in Deutschland hieße, der regierungsamtlichen Heuchelei und Selbstgefälligkeit die Luft abzulassen. Dafür fühlt sich die Tagesschau natürlich nicht zuständig. Sie interpretiert ihren Programmauftrag als Verpflichtung zum regierungsfrommen Verkündungsjournalismus. Dem Rechtsmissbrauch, dem bei uns Jahr für Jahr abertausende Tagelöhner und Unterschicht-Arbeiter zum Opfer fallen, versagt sie die gebotene kritische Aufmerksamkeit.

Der menschenunwürdige Umgang mit ausländischen Saisonarbeitern in der Landwirtschaft ist sowieso kein Nachrichtenthema für ARD-aktuell. Es betrifft 300 000 Ausgebeutete, die alle Jahre wieder den brutalen Gesetzen der Profitsucht unterworfen werden, ohne dass irgendjemand versucht, auch für sie wenigstens Merkels minimal „wertebasierte Ordnung“ zu reklamieren. 

Im Frühjahr 2021 berichtete Tagesschau.de über den Einsatz der Saisonarbeiter auf deutschen Spargelfeldern. Erwartungsgemäß aus der Sicht der Unternehmer. Dass die Agrarier ihre Ware zu „marktgerechten“ Preisen anbieten müssen, darf man ihnen glauben, ihr Gejammer über hohe Lohnkosten hingegen nicht. Wie die unsäglich miese Bezahlung für den Erntearbeiter konkret aussieht, kann sich der Tagesschau-Kunde schon deshalb nicht vorstellen, weil aus der Perspektive des Ausgebeuteten einfach nicht berichtet wird.

Wichtig erschien ARD-aktuell nur, dass deutscher Spargel trotz Pandemie wieder zu günstigen Preisen auf den Tisch kommen konnte:

Die Deutschen können ihr liebstes Saisongemüse auch in Zukunft zu ähnlichen Preisen wie in den vergangenen Jahren einkaufen …“ (23) 

Wohl bekomm‘s.

Arbeiter aus Polen und Rumänen werden in dem Beitrag quasi als unbescheiden dargestellt, weil nicht mehr bereit, für 9,50 Euro pro Stunde zu malochen (zu den sonstigen Konditionen der schweren Feldarbeit kommen wir gleich). Deshalb müsse der Spargelbauer jetzt auf georgische Arbeiter zurückgreifen, die seien „anspruchsloser“.

Betrogene Landarbeiter

Anspruchslos“ steht hier für: „…die können leichter ausgebeutet werden, weil sie noch ärmere Schlucker sind als die Polen und Rumänen“. Ein ARD-Journalist, der so gefühllos über das Geschäft mit den Saisonarbeitern schreibt, verdiente sich eigentlich eine Spargelkiste „anspruchsvoller“ Maulschellen.

Wie ein blutiger Anfänger lässt sich der ARD-Berichterstatter vor den Karren eines lamentierenden Spargelbauern spannen. Der habe im Vorjahr für das Einfliegen von 200 rumänischen Erntehelfern 120 000 Euro bezahlt, pro Person 600 Euro. Eine gründliche Recherche ergibt pro Person allerdings nur Flugkosten von 200 Euro, die obendrein als Betriebskosten von der Steuer abgesetzt oder gleich dem Erntearbeiter vom Lohn abgezogen werden. Er muss sie und die oft unverschämt hohen Kosten für miese Massenunterkunft und -verpflegung sowie reichlich begrenzte Hygieneangebote abarbeiten. Häufig werden auch noch Sachkosten (für Arbeitskleidung, Werkzeug) vom Lohn einbehalten und Arbeitszeiten unsauber abgerechnet. (24)

Früher war die Sozialversicherungspflicht auch für Saisonarbeit selbstverständlich. Sie wurde jetzt im harmonischen Zusammenspiel der Bundestagsfraktionen von Union, SPD und AfD weichgespült. (25) Konkret: Im Schatten der Covid-19-Pandemie wurde die sozialversicherungsfreie Beschäftigung pro Jahr von 70 auf 102 Arbeitstage erhöht. Für Saisonarbeiter in der Agrarindustrie mit ihrer üblicherweise auf weniger als vier Monate befristeten Beschäftigung heißt das: Die Sozialversicherungspflicht wurde abgeschafft.

Moderne Form der Sklaverei

Keine Sozialversicherung, keine Krankenversicherung. Saison-Feldarbeiter sind recht- und schutzlos der Ausbeutung ausgeliefert: schwere Arbeit im Freien, auf Knien oder gebückt, bis zu 14 Stunden am Tag Spargel stechen oder Erdbeeren pflücken. Trotz Pandemie ohne Krankenversicherungsschutz schuften und in Massenunterkünften untergebracht sein. Im Falle einer Infektion sollten diese Beschäftigten mitunter sogar die Kosten für ihre medizinische Behandlung selber bezahlen. (26)

Nicht nur die (zumeist osteuropäischen) 300 000 Saisonarbeiter sind dieser Sklaverei unterworfen. Die „Befreiung von der Sozialversicherungspflicht“, ein Ausdruck der Unmenschlichkeit, betrifft darüber hinaus auch rund 800 000 deutsche Beschäftigte. Sie bilden den Bodensatz einer an sich reichen und leistungsfähigen Gesellschaft, die den Abbau sozialer Rechte auf ihre „Agenda“ gesetzt hat.

Dass wir es hier mit einer besonderen Art von Menschenrechtsverletzung zu tun haben, die sich im Übrigen auch in der Arbeitslosigkeit manifestiert, darf nicht in unser Bewusstsein dringen. Dazu bräuchte es kritische, sachgerecht und fair informierende Journalisten. Die finden sich nur nicht mehr in der Tagesschau-Elite.

Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-877217.html

(2) http://www.zeno.org/Philosophie/M/Rousseau,+Jean-Jacques/Emil+oder+Ueber+die+Erziehung/Erster+Band/Erstes+Buch

(3) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-877517.html

(4) https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_20.html

(5) https://www.friedenskooperative.de/friedensforum/artikel/das-friedensgebot-des-grundgesetzes-und-der-un

(6) https://theintercept.com/2021/03/20/joe-biden-special-operations-forces/

(7) https://publikumskonferenz.de/blog/2019/04/14/ard-aktuell-bei-kolumbien-gucken-wir-weg/

(8) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/ts24/wirtschaft/video-876533.html

(9) https://www.oxfam.de/ueber-uns/aktuelles/mehr-menschenrechte-wirtschaft-bundestag-beschliesst-lieferkettengesetz

(10) https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/ID38721101.html

(11) https://www.tagesschau.de/wirtschaft/lieferkettengesetz-faq-101.html

(12) https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/themen/menschenrechtsverletzungen-fuer-profite

(13) https://www.xn--gedichteundzitatefralle-tpc.de/2013/07/karl-marx-in-das-kapital-zitate-6.html

(14) https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/themen/lieferkettengesetz#schwachstellen

(15) https://www.deutschlandfunk.de/deutsche-wirtschaft-in-afrika-chance-oder-ausbeutung.769.de.html?dram:article_id=426140

(16) https://www.labournet.de/politik/wipo/weltoekonomie/initiative-lieferkettengesetz/

(17) https://www.tagesschau.de/kommentar/kommentar-lieferketten-bundestag-101.html

(18) https://gutezitate.com/autor/dieter-hildebrandt/

(19) https://gutezitate.com/zitat/244632

(20) https://www.heise.de/tp/features/ZDF-Doku-Am-Ende-sind-die-Zuschauer-arm-dran-6071067.html

(21) https://www.tagesschau.de/thema/hartz_4/

(22) https://www.tafel.de/presse/zahlen-fakten/

(23) Spargelsaison in Deutschland: Erntehilfe kommt diesmal aus Georgien | tagesschau.de

(24) https://www.faire-mobilitaet.de/faelle/++co++242a1146-ce00-11e9-8d8b-52540088cada

(25) https://www.bundestag.de/services/suche?suchbegriff=22.april+2021, s. Seite 166 ff

(26) https://www.dgb.de/++co++cb7aca88-7da1-11eb-8bc4-001a4a160123

Das Autoren-Team: 

Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.

Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Die Tagesschau ist den „Diensten“ zu Diensten

Kritischer Journalismus hat in der ARD-aktuell abgedankt / Wasserträger der Regierung und ihrer Geheimdienste bestimmen den Nachrichtengehalt

 

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

 

Nach Informationen des Rechercheverbundes von NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung …“ Jeder Tagesschau-Konsument kennt die Floskel. In Entsprechung dazu gibt ARD-aktuell den Bundesinnenminister als Apostel der unbefleckten politischen Erkenntnis aus, denn es geht der Redaktion ja nur um die Wahrheit, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Gleichgültig, ob unverschämte Preisvorstellungen eines Impfstoff-Entwicklers „enthüllt“ (1), regierungskritische Zeitungen bzw. Internet-Magazine des linken bzw. rechten Extremismus‘ bezichtigt (2, 3, 4) oder Parteien mit dem Brandmal „verfassungsfeindlich“ stigmatisiert und geheimdienstlich „beobachtet“ werden (5): Anklage, Urteil und Vollstreckung gehen da in eins. Der generelle Verlust verfassungsgewollter Normen wird kaum noch wahrgenommen. Schon gar nicht von der Tagesschau.

Die „Dienste“ entziehen sich seit Jahrzehnten der parlamentarischen Kontrolle und bilden einen Staat im Staate (6, 7). Gerade eben erst wird das wieder sichtbar, im Untersuchungsausschuss zur „Aufarbeitung“ des Anschlags auf dem Breitscheid-Platz in Berlin. (8) Da tanzen die Zeugen des Verfassungsschutzes den Abgeordneten auf der Nase. Mit Recherchen nach Ursachen und Schuldigen des Staatsversagens tut sich der „Rechercheverbund von NDR, WDR und SZ“ hier allerdings nicht hervor.

Auf Journalist machen darf jeder

Wer sich ohne entsprechende Voraussetzungen als Arzt ausgibt oder als Gerichtsvollzieher, landet früher oder später vorm Kadi. Wer als Journalist auftritt, braucht derlei Unbill nicht zu fürchten, die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt. Deshalb soll uns hier nicht interessieren, auf welchen Wegen der ausgebildete Notargehilfe (9) Georg Mascolo zum Chefredakteur des SPIEGEL avancierte. Bemerken aber wollen wir: Er ist ein transatlantischer Hardliner, Mitglied sowohl des die USA verherrlichenden, Vitamin B-angereicherten Vereins „Atlantikbrücke“ als auch der „Core Group“ der Münchner „Sicherheitskonferenz“. Beim ehemaligen Nachrichtenmagazin konnte er sich trotzdem nicht halten, er flog dort raus. (10)

Eine solche Vorgeschichte qualifiziert immerhin für eine Karriere im öffentlich-rechtlichen Rundfunk unserer Tage. Besonders, wenn man die richtigen Freunderln hat, Kumpels, die auf gleicher Wellenlänge senden und sich ebenfalls auf der „Atlantikbrücke“ sauwohl fühlen: WDR-Intendant Tom Buhrow beispielsweise, oder Stefan Kornelius, der militante Rechtsausleger und leitende Politredaktionär der „Süddeutschen“. In diesen Kreisen wird Mascolo als „einer der herausragenden Rechercheure des Landes“ beweihräuchert. Er melkt halt seine Kontaktleute in den Diensten – oder die Kontaktleute der Dienste füttern ihren Mascolo. Eine unappetitliche Symbiose, egal von welcher Seite betrachtet.

Es stinkt zum Himmel

Mascolo verdient für seine „Leistungen“ im „Rechercheverbund von NDR, WDR und SZ“ bereits in der Königsklasse (11), kriegt damit aber den Hals nicht voll. Er vermarktet seine „Erkenntnisse“ außerhalb der Tagesschau, bei kommerziellen Medien. Über sein zusammen mit Ehefrau Katja Gloger verfasstes Buch über die Covid-Pandemie interviewt ihn dann wieder der NDR und macht damit kostenlos Werbung für ihn und den Verlag (12) – und keinen Verantwortlichen im Sender stören das eklige Gemauschel und Mascolos Raffke-Mentalität.

Katja Gloger ist Vorstandsmitglied der „Reporter ohne Grenzen“, und Göttergatte Georg gehört dem Kuratorium dieses Vereins an. (13) Der firmiert gerne als Nicht-Regierungs-Organisation, NGO, und wird daher von der Tagesschau häufig zitiert. Er finanziert sich allerdings zu 41 Prozent aus staatlichen Mitteln (14), ah ja, aller Segen kommt von oben … Dass Katja Gloger auch Mitglied der „Atlantikbrücke“ ist, fördert vermutlich die eheliche Harmonie. Wir wollen da nur schnell noch ergänzen: Die „Atlantikbrücke“ ist eine Ausgründung der CIA. (15)

Die Frage, ob sich das Ehepaar Mascolo-Gloger auf der Bettkante oder am Küchentisch über seine Geheimdienstquellen und dortigen Schutzpatrone austauscht, kann uns kalt lassen. Wir merken hier nur an, dass sich Mascolo als „Leiter der NDR/WDR/SZ-Recherchekooperation“ nicht mit aufregenden Erkenntnissen über die Wirtschaftskriminalität hervortut, nicht mit Enthüllungen über organisierten Kindesmissbrauch, die Drogenmafia oder Waffenhändler glänzt, sondern hauptsächlich mit Informationen aus Geheimdienstkreisen hausiert. Damit macht er seine Punkte und sichert zugleich die Schmutzarbeit der „Dienste“ publizistisch ab.

Wer ist der Meinungsmacher?

Bezeugt wird das von der Fachjournalistin Anette Brückner, einer anerkannten Expertin für polizeiliche Informationssysteme. (16) Der Innenausschuss des Deutschen Bundestages hörte sie deshalb als Sachverständige zur Einrichtung des „Nationalen Cyber-Abwehrzentrums“ an. (17)  Zum sogenannten „investigativen Journalismus“ a la Mascolo merkte sie an:

Wenn der Terrorexperte Georg Mascolo … für die Tagesschau einen Beitrag produziert und ein BKA-Dokument in die Kamera gehalten wird mit der deutlichen Kennzeichnung „Vertraulich – nur für den Dienstgebrauch“: Ist das dann Angeberei oder Self-Marketing über die exklusiven Kanäle … in höchste Kreise der Sicherheitsbehörden? Ist es Meinungsmache [- und wenn ja, in wessen Interesse -] oder einfach nur ein bedenkliches Zeichen dafür, dass Gleichere, wie Mascolo … mit geheimhaltungsbedürftigen Dokumenten gefüttert werden und Behörden(mitarbeiter) auf diese Weise ‚Meinung‘ machen.“? (18)

Sich mit Informationen aus Geheimdienstquellen ausstaffieren lassen und damit die Öffentlichkeit manipulieren hat in Deutschland Journalistentradition. Die Liste ist lang: Sie beginnt nicht erst mit dem schäbigen Wirken der Zeit-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff in den 50ern des vorigen Jahrhunderts und reicht über den Adenauer-Kumpan und vormaligen ZDF-Intendanten Karl Holzamer, den BILD-Chef Peter Bönisch sowie den einstigen ARD-Panorama-Chef Joachim Wagner bis hin zu Georg Mascolo in unsere Gegenwart hinein: Den “Diensten” zu Diensten sein war und ist ihr Metier.

Wir sollten allen Informationen aus Verfassungsschutzämtern prinzipiell den Glauben verweigern“ (19)

empfahl vor vielen Jahren Eckart Spoo (20), der langjährige Vorsitzende der Deutschen Journalisten-Union, Vorbild und Ausnahmeerscheinung im deutschen Journalismus. Er hielt es für indiskutabel, dass sich einige seiner Berufskollegen zu willigen Transporteuren von Informationen aus den Geheimdiensten prostituieren ließen.

Treppenwitz der Zeitgeschichte: Mascolo doziert über seriösen Journalismus, als ob er etwas davon verstünde

Nur eine Regel kann gelten: erst recherchieren, verstehen und dann an den Leser ausliefern mit unserem Gütesiegel, mit dem Gütesiegel unseres Handwerks überprüft. Recherchiert, verstanden und dann geht er ans Publikum.“ (21)

Das muss man sich auf dem Trommelfell zergehen lassen und hernach mit gütegesiegelten Mascolo-Machwerken abgleichen. Er und sein Co-Autor Flade berichteten beispielsweise am 19. Juni vorigen Jahres über die Internet-Aktivitäten des Verfassungsschutzes auf tagesschau.de (22), der Inlandsgeheimdienst werde nach dem Konzept „Operative Nutzung des Internets (ONI)“ die Überwachung der sozialen Netzwerke und Chatplattformen verstärken. (23)

Agents provocateurs

Vorgeblich geht es den Schnüfflern darum, Rechtsextremismus zu bekämpfen. Ihr Projekt: Sogenannte Hassprediger aufspüren, sich mittels V-Leuten ihr Vertrauen erschleichen, sie zu Straftaten verleiten und sie im Erfolgsfall samt Mittätern hochgehen lassen. Anstifter zu Straftaten sind selbst Kriminelle, es gibt auch im Geheimdienst Lumpen mit Beamtenstatus. Doch das greift der Investigativjournalist Mascolo nicht kritisch auf.

Der faule ONI-Zauber erinnert an die blamable und dilettantische Rolle dieses „Verfassungsschutzes“ im Verbotsverfahren gegen die NPD. Es scheiterte vor dem Gericht in Karlsruhe bekanntlich daran, dass es in den Führungsstrukturen der NPD mehr V-Männer als NPD-Funktionäre gab. (24)

Beim islamistischen Terrorismus habe diese Methode (ONI) bereits einige Erfolge gebracht”, (s. Anm. 22)

zitiert Mascolo, Lordsiegelbewahrer des investigativen und güteprüfenden Journalismus, ohne Quellenangabe eine Behauptung, die bestenfalls maßlos übertrieben ist. Gerade mal zwei Terroristen wurden nämlich per ONI-Methodik gefasst. Beide Fälle liegen Jahre zurück. Einer der beiden Täter war Beamter des Verfassungsschutzes. (Anm. 21) Oh Jammer, oh Jauche.

Den Diensten mag die aufgebauschte Erfolgsdarstellung beim Nachweis der eigenen Existenzberechtigung helfen. Mascolo jedenfalls nutzt sie in diesem Sinne.

Einige größere Landesbehörden setzen schon seit Jahren darauf (ONI). Deren Mitarbeiter dringen mit eigens dafür angelegten Profilen und Accounts tief in die virtuellen Netzwerke der extremistischen Szenen ein…“ (Anm. 22)

Blind auf dem rechten Auge

Seit einigen Jahren fliegen immer mal wieder rechtsextreme Netzwerke auf, insbesondere in Polizei und Bundeswehr. Von entschiedener, schmerzhafter Strafverfolgung in diesen Kreisen hört man jedoch kaum etwas. Es nimmt also nicht wunder, dass die Zahl der „Reichsbürger“ und der Mitglieder ähnlich rechter Gruppierungen in der Bundeswehr im Jahr 2020 um fast 30 Prozent gestiegen ist.

Milde und einfühlsam heißt es zu der Problematik nur:

Es braucht Aufklärung, Sanktion und Prävention“. (25)

Mascolo, der Investigative, ignoriert das Offensichtliche: Die Öffentlichkeit soll nicht unbedingt mitkriegen, dass es den Auftraggebern der Dienste zurzeit vorrangig darum geht, der AfD den Mitglieder- und Wählerzulauf aus den Unionsparteien wieder abzugraben. Die tatsächliche Bedrohung durch rechtsextreme Gewalt gibt jedenfalls keine Gründe dafür her, die Zuständigkeit der Kriminalpolizei zu übergehen und derart extensive Geheimdienstarbeit zu veranlassen. Bleibt anzumerken: Kriminalpolizeiliche Ermittlungen werden in öffentlichen Gerichtsprozessen verhandelt. Das ist ein rechtsstaatliches Verfahren. Die geheimdienstliche Bezichtigungspraxis ist es nicht.

Schaumschläger Seehofer

Bei der Vorstellung der Kriminalstatistik 2020 behauptete der Innenminister eine Steigerung der politisch bedingten Gesetzesverstöße auf fast 45 000 Fälle. Die politisch motivierten Straftaten hätten im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent (sic!) zugenommen. (26) Keiner fragte ihn nach dem Quell seiner Erkenntnisse und nach welchen Kriterien und von wem Extremismus eigentlich zu definieren ist.

Seehofer dröhnte von „Verrohungstendenzen in unserem Land“ (ebd.) und belegt das unter anderem mit einer wachsenden Zahl antisemitischer Gewalttaten. Dass im Jahr 2019 lediglich 13 Prozent aller rechtsextremistischen Straftaten vor Gericht mit einer Verurteilung endeten und dass Staatsanwälte und Richter die Hälfte aller Verfahren einstellten (u.a. wegen Geringfügigkeit) (27), erwähnte der feine Herr Minister nicht. So entsetzlich der Mordfall Walter Lübcke oder der blutige Anschlag in Hanau sind, so wenig erlauben sie es, von einer Staatsgefährdung durch Rechtsextremisten zu reden. Das hieße, Leid und Klage über die Mordopfer politisch zu instrumentalisieren.

Ein anderes Thema ließ Seehofer ebenfalls außen vor: Der Anteil der Kindesmisshandlungen ist abermals gestiegen. 152 getötete Kinder bedeuten eine Steigerung um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. (28) Mit diesen Zahlen kann das fiese Netzwerk von Politik, Geheimdiensten und Medien die Aufblähung des „Verfassungsschutzes“ und seiner Kompetenzen allerdings nicht begründen. Da wäre eher eine bessere Ausstattung der Kripo gefragt. Mit publikumswirksamer Phrasendrescherei über die „Verrohungstendenzen in unserem Land“ ist es jedenfalls nicht getan.

Unterm Scheinheiligenschein

Aufgabe der ARD-aktuell als wichtigster deutscher Nachrichtenredaktion wäre es, die Erosion rechtsstaatlicher Normen und die gefährliche Entwicklung zum Überwachungsstaat für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Keinesfalls lässt sich rechtfertigen, dass sie geheimdienstlicher Schnüffelpraxis den Anschein der Legitimität verleiht.

Der Verfassungsschutz will künftig nicht nur die großen, weitestgehend offenen Plattformen der Szene beobachten, sondern verstärkt auch die kleineren, abgeschotteten Chatgruppen infiltrieren und ein „Zielpersonen-Monitoring“ betreiben. Dabei sollen systematisch Hinweise für eine Radikalisierung von Einzelpersonen zusammengetragen werden.“ (s. Anm. 22)

Der Verfassungsschutz hat im Raum des privaten Meinungsaustauschs grundsätzlich nichts, absolut nichts verloren. Sein Eindringen missachtet mehr als nur Verfassungsprinzipien der Unverletzlichkeit der Würde des Menschen, der Meinungsäußerungsfreiheit und der Verhältnismäßigkeit.

Den Gütesiegel-Mascolo interessiert das nicht. Der macht sich bloß Gedanken über die Effektivität bestimmter Verfassungsschutzmaßnahmen:

Die Masse könnte dabei zu einem echten Problem werden … Denn im Netz sei die Zahl der rassistischen und antisemitischen Hetzer inzwischen unüberschaubar groß. Es sei eine gewaltige Herausforderung, unter diesen Personen die tatsächlich gefährlichen, anschlagswilligen Extremisten zu identifizieren.” (Anm. 22)

Den Rechtsstaat kann man nicht mit rechtswidrigen Übergriffen verteidigen. Der Zweck heiligt die Mittel nicht. Einem Mascolo, der sich von seinem publizistischen „Erfolg“ und zahlreichen Auszeichnungen bestätigt sieht, kann man das aber nicht mehr beibringen. Er ist eben kein investigativer, die gesamte Geheimdienst-Szene aufmischender und honoriger Journalist vom Range eines Erich Schmidt-Eenbohm (29).

Fernab jeglicher Verfassungsgrundlagen

Die fortschreitende Auszehrung und Missachtung verfassungsgewollter Normen wird auch im §19 des neuen Medien-Staatsvertrags sichtbar. In diesem Paragraphen wird den Landesmedienanstalten die Macht zuerkannt, Textteile oder sogar komplette Angebote „missliebiger“ Medien zu sperren. (30) An partei- und verbandspolitischen Erwägungen orientierte Anstaltsgremien, besetzt mit Interessenvertretern und sachfremder Semi-Prominenz, entscheiden über die Zulässigkeit journalistischer Inhalte – als hätte es den Artikel 5 des Grundgesetzes nie gegeben.

Das bewegt zu einem weiteren kurzen Rückblick. 1969 kündigte Bundeskanzler Willy Brandt in seiner ersten Regierungsklärung an: „Wir wollen mehr Demokratie wagen“. (31) Vier Jahre später wagte er das Gegenteil: Zusammen mit den Ministerpräsidenten der Länder fasste er am 28. Januar 1972 den „Extremistenbeschluss“, auch bekannt als „Radikalenerlass.“ Der Verfassungsschutz entschied fortan, wer „Radikaler“, „Extremist“ und „Verfassungsfeind“ war: Hauptsächlich die Kommunisten, wie schon zu finstersten Adenauer-Zeiten.

Offiziell aufgehoben wurde der Radikalenerlass bis heute nicht, und die abertausend Betroffenen wurden nie rehabilitiert oder gar entschädigt. (32) Ganz im Gegenteil, die staatlichen Übergriffe von damals sollen wieder auffrischen: Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) und die SPD-Vorsitzende Saskia Esken wollen neuerlich Berufsverbote, diesmal für AfD-affine Beamte und Angestellte des Öffentlichen Dienstes. (33) Zum Glück kriegen sie ordentlich Gegenwind, auch von linken Protagonisten, Gewerkschaftern und Parteivertretern, die sich heute wieder in Foren gegen Berufsverbote organisieren

Die Demokratie wurde nachhaltig beschädigt, ein Klima der Einschüchterung, der Angst und des Duckmäusertums erzeugt. Diese Erfahrung verpflichtet dazu, dass jeder neue Versuch unterbleibt.“ (Anm.32)

Überzeugen statt verbieten

Mit Denkverboten werden, welch eine Binsenweisheit, Extremisten nur bestätigt und wesentlichste demokratische Standards angegriffen. Wer zum staatlichen Zwangsmittel greift, weil er mit Argumenten nicht überzeugen kann, erweist sich als wahrer Verfassungsfeind. Das müsste die ARD-aktuell ihrem Publikum verklickern, statt einen Mascolo den geheimdienstaffinen Treppenterrier spielen zu lassen.

Quellen und Anmerkungen:

  1. https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/corona-impfstoff-biontech-105.html
  2. https://www.jungewelt.de/artikel/402261.verfassungsfeind-die-behörde-ist-ein-relikt-aus-dem-kalten-krieg.html
  3. https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/verfassungschutz-kenfm-101.html
  4. https://www.glonaabot.de/etikette/F.+Flade-G.+Mascolo
  5. https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/verschwoerungsmythologen-verfassungsschutz-101.html
  6. https://www.spiegel.de/politik/schmaler-grat-a-932a3037-0002-0001-0000-000019594662
  7. https://www.welt.de/politik/deutschland/article127424097/Verfassungsschutz-Chef-haelt-Snowden-fuer-Verraeter.html
  8. https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/amri-untersuchungsausschuss-verfassungsschutz-101.html
  9. https://de.linkfang.org/wiki/Georg_Mascolo#cite_note-14
  10. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/spiegel-chefs-auf-abruf-erst-das-geruecht-dann-der-vollzug-12141802-p2.html
  11. https://kress.de/news/detail/beitrag/144370-wer-bezahlt-eigentlich-georg-mascolo.html
  12. https://www.ndr.de/nachrichten/info/Ein-Jahr-Corona-Pandemie-Was-lernen-wir-fuer-die-Zukunft,audio849506.html
  13. https://www.reporter-ohne-grenzen.de/ueber-uns/kuratorium/georg-mascolo/
  14. https://www.anti-spiegel.ru/2021/reporter-ohne-grenzen-wie-der-westen-sich-selbst-ein-gutes-zeugnis-ausstellt/
  15. https://www.heise.de/tp/features/Jan-Fleischhauer-die-Atlantik-Bruecke-und-die-CIA-3838580.html
  16. https://police-it.net/annette-brueckner-fachjournalistin-polizei-informationssysteme
  17. https://www.heise.de/tp/features/Im-Kampf-gegen-das-Boese-aus-dem-Cyberspace-sollen-alle-Kraefte-gebuendelt-werden-3390175.html
  18. https://police-it.net/category/polizeiliche-informationssysteme-betreffen-sie-und-ihr-leben/innere-sicherheit-und-meinungsmache
  19. https://www.sueddeutsche.de/medien/geheimdienste-und-journalisten-totaler-vertrauensverlust-1.1775427-2
  20. https://de.wikipedia.org/wiki/Eckart_Spoo
  21. https://www.wwwagner.tv/?p=26057
  22. https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/internet-verfassungsschutz-101.html
  23. https://www.s-f-n.org/blogs/hinweise/der-verfassungsschutz-baut-mehr-und-mehr-auf-virtuelle-agenten/
  24. https://www.dw.com/de/das-npd-verbot-ist-gescheitert/a-37154843
  25. https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/militaer-verteidigung/id_89528126/rechtsextreme-in-der-bundeswehr-deutlich-mehr-ermittlungen.html
  26. https://www.rnd.de/politik/seehofer-zu-extremistischen-straftaten-es-gibt-klare-verrohungstendenzen-in-unserem-land-CQLMTJ6ISL5LCS7WXUTNL7EH6M.html
  27. https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buergerdienste/Justizstatistik/Straftaten/Straftaten_node.html;jsessionid=1F4CAEF0B8B69E6F5BC145500BDCE0E4.2_cid501
  28. https://rp-online.de/politik/deutschland/missbrauch-und-gewalt-an-kindern-nimmt-deutlich-zu_aid-58484675
  29. http://www.schattenblick.de/infopool/buch/sachbuch/busar229.html
  30. https://apokalypsnu.nl/2021/05/28/wenn-landesmedienanstalten-medien-offentlich-an-den-pranger-stellen/
  31. https://willy-brandt.de/willy-brandt/publikationen/wir-wollen-mehr-demokratie-wagen/
  32. https://www.gew-nrw.de/meldungen/detail-meldungen/news/berufsverbote-offiziell-beenden-betroffene-rehabilitieren.html
  33. https://amp2.handelsblatt.com/politik/deutschland/rechtsextremismus-druck-auf-beamte-in-der-afd-waechst/25649962.html

Das Autoren-Team: 

Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.

Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

 

Die Macht um Acht (78) „Tagesschau sitzt im Merkel-Knast“

Das Ideologie-Gefängnis – Tagesschau sitzt im Merkel-Knast!

Nicht wenige Tagesschau-Redakteure sitzen freiwillig im ideologischen Gefängnis des Systems. Da gilt die Regel: Die Regierung (die Konzerne, die Herrschaft) hat immer Recht. Die Freiwilligkeit stellt das System mit einem guten Gehalt, prima Renten und hohem gesellschaftlichem Ansehen her. Und die Damen und Herren der Redaktion sollen unbedingt ihre Zuschauer auch in dieses Gefängnis bringen.

Die Quandt-Sippe zahlt und lässt die Bezahlten tanzen

Unter der Überschrift „Eine Impfung ist auch für Covid-19-Genesene sinnvoll“ wird, selbst nach der Corona-Regime-Logik, kompletter Unsinn verbreitet. Denn der Genesene hat genau jene Antikörper gebildet, die von der Impfung ausgelöst werden soll. Und wenn die Antikörper auf Antikörper treffen, dann fährt der Körper des Geimpft-Genesenen ein ungesundes Karussel. Macht nix, sagen die Impf-Ideologen, Hauptsache impfen! Trotzdem verbreitet die Tagesschau diesen gefährlichen Unsinn einer gewissenlosen Virologin: Sandra Ciesek bekam schon mal von der Quandt-Stiftung 250.000 Euro für ihre Arbeit. Die Quandt-Familie wurde mit den Nazis reich und weiß bis heute, wie Herrschaft funktioniert: Die Sippe zahlt und lässt die Bezahlten tanzen. Und die Tagesschau tanzt mit.

Russland und China sind der Feind

Der Ideologie-Gefangene weiß natürlich: Und Feinde müssen immer böse sein. Die nächste Stufe ist der „bösartige“ Feind. Deshalb titelt die Tagesschau: „G7 werfen Moskau ‚bösartige Aktivitäten’ vor“. Wer bösartig ist, der ist gefährlich. Wer gefährlich ist, gegen den muss man sich bewaffnen, diese propagandistische Kriegsvorbereitung gibt die Tagesschau weiter, ohne sich um das Friedensgebot des Grundgesetzes zu kümmern. Denn dort steht, dass sich „das Deutsche Volk zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“ bekennen soll. Grundgesetz? Kennt der Ideologie-Häftling nicht. Und seine Konsumenten sollen es erst gar nicht kennen lernen.

Welche Rolle spielte der V-Mann Murat?

Der Redakteur Florian Flade vom WDR wusste noch am 24.09.2020 in der Tagesschau, dass der Anschlag am Breitscheidplatz vor dem Untersuchungs-Ausschuss mehr offenen Fragen als echte Antworten kenne. Damals stellte er noch die Frage „Welche Rolle spielte der V-Mann Murat?“ Denn Murat war ein Spitzel, den die Behörden in die Nähe das Attentäters platziert hatten. So nahe, dass man vermuten musste, dass Murat in das Attentat verwickelt war, wenn er nicht sogar den Anstifter gemacht hat. Heute kann der Redakteur Florian Flade zwar monieren, dass der Verfassungsschutz dem Amri-Ausschuss die notwendigen Akten nicht liefert, aber einen Zusammenhang will der Insasse des Ideologie-Gefängnis nicht herstellen.

Freiheit? Auf keinen Fall! Lieber Pension!

Doch der absolute Höhepunkt der ideologischen Einmauerung ist das totale Schweigen über den Angriff der Medienanstalt Berlin-Brandenburg auf alternative Medien wie KenFM: Sie sollen mit fadenscheinigen Vorwürfen liquidiert werden. Es geht um Presse- und Meinungsfreiheit. Das sind Themen, von denen die Insassen der öffentlich-rechtlichen Anstalten nichts wissen wollen. Sie müssten sich ja gegen ihre Gefängniswärter wenden. Freiheit? Auf keinen Fall! Lieber Pension!

Auch diese Ausgabe der MACHT-UM-ACHT stützt sich auf eine Vielzahl von Zuschauer-Zuschriften, die an diese Adresse gesandt wurden: DIE-MACHT-UM-ACHT@KENFM.DE. Dafür bedankt sich die Redaktion ganz herzlich.

Der Journalist und Filmemacher Uli Gellermann beschäftigt sich seit Jahren mit der Dauermanipulation der Tagesschau. Gemeinsam mit den Co-Autoren, Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer, schrieb er das Buch „Die Macht um Acht: der Faktor Tagesschau“. Eine herausragende Lektüre über die tägliche Nachrichtensendung der ARD.

 

Das Buch ist hier erhältlich. https://reading-matters.de/die-macht-um-acht

 

 

In Treue fest: NATO-Mitglied Tagesschau

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Die USA ziehen in Afghanistan den Schwanz ein, aber ARD-aktuell vermeidet den Begriff „verdiente Niederlage“

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Die Tagesschau übertrug seine Lüge im O-Ton: Um zu verdeutlichen, worum es wirklich geht, habe ich davon gesprochen, dass unsere Sicherheit auch am Hindukusch verteidigt wird. Deutschland ist sicherer, wenn wir zusammen mit Verbündeten und Partnern den internationalen Terrorismus dort bekämpfen, wo er zu Hause ist, auch mit militärischen Mitteln“, behauptete der damalige Verteidigungsminister Peter Struck, SPD, am 20. Dezember 2002 im Bundestag. (1) Jetzt verkündet seine fünfte Nachfolgerin im Amt, Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU: Wir haben immer gesagt, wir gehen gemeinsam rein, wir gehen gemeinsam raus“. (2) Na fein. Beide Zitate sind in jeder Hinsicht epochal: In ihrer mörderischen Dreistigkeit ebenso wie in ihrer niederträchtigen Verlogenheit. Von der Dummheit soll hier erst später die Rede sein.

Aufgabe der ARD-aktuell wäre es gewesen, entsprechend einzuordnen, worauf die zitierten Äußerungen Bezug nahmen. Die Redaktion wählte jedoch den bequemeren Weg und betete lediglich nach, was regierungsoffiziell verkündet wurde. Wie immer. Zu der Nachricht „Der Westen gibt seinen Krieg in Afghanistan nach 20 Jahren endlich verloren“ kann sie sich einfach nicht durchringen. Soviel journalistischer Charakter ist nicht. 

Der halbwegs und nicht nur von Tagesschau-Berichten her informierte Mitmensch weiß: In Afghanistan ist der Terrorismus erst zuhause, seit die USA dort im vorigen Jahrhundert sogenannte „Volksmudschaheddin“ mobilisierten, finanzierten, bewaffneten und in den Guerillakrieg gegen die mit Moskau verbündete kommunistische Revolutionsregierung in Kabul hetzten. (3) Später, als die sowjetischen Truppen abgezogen waren, aber der Bürgerkrieg zwischen den afghanischen Warlords weiterging, mutierten die Mudschaheddin zu „Taliban“; vorübergehend betitelte auch die Tagesschau sie ebenso falsch wie betulich als „Religionsschüler“. Sie haben jetzt ihren wahren Feind besiegt: die USA und deren NATO-Verbündete.

Die westlichen Invasoren waren nicht „zusammen hineingegangen“, sondern die USA hatten am 20. September 2001 ihren „Krieg gegen den Terror“ ausgerufen (4) und am 7. Oktober 2001 auf eigene Faust mit völkerrechtswidrigen Luftangriffen auf Afghanistan begonnen. Ihre NATO-Vasallen, Deutschland mit Bundestagsbeschluss am 22. Dezember 2001, schlossen sich dem neuen Kolonialkrieg erst Monate später an. (5)

… „zusammen rausgehen“ oder rausgeprügelt werden

Ob „wir“ nun auch „zusammen rausgehen“ (Kramp-Karrenbauer, Hirn abgeschaltet) oder von den Taliban hinausgeprügelt werden, wird sich erst noch zeigen. Bis zum 11. September ist es noch lange hin. An diesem von US-Präsident Biden gewählten Stichtag ereignete sich vor 20 Jahren der Anschlag auf die Zwillingstürme in New York. Nicht Afghanen, sondern Araber waren dafür verantwortlich. Die US-typische Geschmacklosigkeit der Terminwahl für den Abzug soll hier nicht weiter beredet werden.

Es ist und bleibt faszinierend, mit welch primitiven Mitteln der imperiale “Wertewesten” gegen Länder und Regierungen Propaganda macht, die sich nicht unterordnen wollen. Seine angemaßte Deutungshoheit wird vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk unterstützt. Der desinformiert sein Millionenpublikum permanent, nicht nur über den 20-jährigen Krieg gegen Afghanistan. Vom „Genozid an den Uiguren“ in China über den „sein eigenes Volk ermordenden syrischen Machthaber“ Assad bis hin zum unmittelbar bevorstehenden „Herztod“ des Nowitschok-Überlebenskünstlers Nawalny versprüht er willig und ungeprüft in seinen Nachrichtenprogrammen, was immer die westlichen Geheimdienste an propagandistischen Kampfgiften liefern.

Im „Krieg gegen den Terror“ sind USA und NATO für weit mehr als 150 000 Tote mitverantwortlich (6). Mehr als eine halbe Million Menschen wurden verstümmelt. Die Kosten dieses globalen Verbrechens, soweit in Zahlen fassbar, liegen im Bereich mehrerer Billionen (!) Euro. (7) Über den deutschen Anteil daran sind keine eindeutigen und unstrittigen Angaben bekannt. Die Tagesschau meldet schwammig jährliche Ausgaben „in Milliardenhöhe“ (8), das ZDF behauptete bar jeder Nachvollziehbarkeit „insgesamt 45 Milliarden Euro“ (9). Die Zahlenakrobatik der Sender hilft, die unmenschliche Monstrosität des Überfallkrieges zu verschleiern.

Bei vielen Älteren unvergessen: die Neujahrspredigt „Nichts ist gut in Afghanistan“ (10) der EKD-Bischöfin Margot Käßmann. Sie blieb eine einsame Ruferin in der Informationswüste. Tagesschau & Co. sorgten dafür, dass sich auch bei uns kein nennenswerter Widerstand gegen den verbrecherischen Überfall der US-geführten Allianz (NATO-Staaten plus ein weiteres Dutzend „Willige“) auf ein kleines rückständiges Land entwickelte, dem der Westen die Vorzüge von Demokratie und Menschenrechten mit Bomben und Granaten beibrachte.

Dummschwätzer im Reichstag

Das ekelhaft scheinheilige Gerede über Absichten und Erfolge in diesem auf Eroberung und Vernichtung Afghanistans und – übergeordnetes geostrategisches Ziel – auf Umzingelung Russlands angelegten Krieg erreichte im Reichstag Gipfelrekorde. Dort wurde am 4. und am 25. März über die Verlängerung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr debattiert. Kai Küstner, ausgewiesener ARD-aktuell-Hofberichterstatter für alle Zwecke, berichtete unter Verwendung ausgewählter Abgeordneten-Zitate:

Man dürfe nun weder US-Präsident Joe Biden mit einem deutschen Alleingang vor den Kopf stoßen noch die afghanischen Sicherheitskräfte oder die Frauen im Land im Stich lassen, die Jahre brutaler Taliban-Herrschaft erlebt haben:

Wir dürfen sie nicht alleine lassen: Die afghanischen Sicherheitskräfte, die Bevölkerung – sie setzen auf uns‘ (Siemtje Möller, verteidigungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion)

Die beste Chance seit langem, durch Gespräche der afghanischen Regierung mit den Extremisten zu einer Friedenslösung zu gelangen, dürfe jetzt nicht verspielt werden“ (Johann Wadephul, CDU). 

… ein Abzug der Bundeswehr darf weder kopflos noch im Alleingang vollzogen werden.‘ (FDP-Fraktion)

Die über Afghanistan uneinige Fraktion der Bündnis90/Die Grünen lässt Küstner so zu Wort kommen:

Wie immer es mit dem Bundeswehreinsatz dort weitergeht, wir stehen solidarisch an der Seite der Menschen in Afghanistan“. (Omid Nouripour, „Verteidigungs“experte) (Anm. d. Verf.: Nouripour zählt selbst zu den Befürwortern des Afghanistan-Einsatzes)

Küstner zitiert auch Sprecher der Linkspartei und der AfD – beide Parteien lehnten den Bundeswehreinsatz in Afghanistan generell bzw. dessen Verlängerung ab –, bedachte sie aber, wie im Umgang mit der Opposition nicht anders zu erwarten, mit nur wenigen Worten.

Die Lektüre der Bundestagsprotokolle treibt dem distanzierten Leser die Schamröte darüber ins Gesicht, wie hemmungslos und hörig unsere Volksvertreter politischen Schleim absondern, wie leichtfertig sie den US- und den NATO-Kriegern Legalität fürs Morden und Erpressen zusprechen und wie devot sie Ergebenheitsadressen an den US-Präsidenten formulieren. (12, 13, 14). Als US-Präsident Biden am 14. April den Rückzug aus Afghanistan ankündigte (15), reichten die drei Wochen zwischen deutscher Mandatsverlängerung und nunmehr nötiger Kehrtwende nicht mehr, um zu verschleiern, war hier vonstatten ging: Das Imperium hat in Afghanistan kapituliert.

Massakrieren, vergewaltigen, plündern

Deshalb muss nun die Tagesschau Nachsorge und perfekte Meinungsmache betreiben. Ziel: Im Bewusstsein der Zuschauer verankern, dass die Bundeswehr in Afghanistan nur das Gute wollte: Straßen bauen, Brunnen bohren, Mädchen den Schulbesuch ermöglichen, rechtsstaatliche und demokratische Strukturen herstellen. Das deutsche Publikum soll erkennen, dass die dumm-bösen Taliban unsere helfende Hand ausschlugen und unsere Mission deshalb leider, leider nicht fortgeführt werden kann…

Nur ganz am Rande erinnerte die Tagesschau daran, dass 59 deutsche und fast 4000 Soldaten der westlichen Alliierten ihr Leben in Afghanistan ließen. (16) Hingegen verlor sie jetzt kein Wort über die Kriegsverbrechen „der Unseren“. Sie erwähnte die Bomben auf Krankenhäuser, Schulen und Moscheen nicht und nicht den fortgesetzten Drohnenbeschuss auf Teilnehmer von Hochzeitsgesellschaften und Beerdigungen. Sie schwieg über die willkürliche Erschießung von Gefangenen (17), über Plünderung, Raub und Vergewaltigungen.

Die CIA-Foltergefängnisse in Kandahar und Bagram blieben unerwähnt, obwohl dort auch ein deutscher Staatsbürger, der Ulmer Geschäftsmann al-Masri, unmenschlich geschunden worden war. Seine Häscher waren einer Namensverwechslung aufgesessen. (18) Die USA foltern ihre Kriegsgefangenen in großem Stil, unsere Regierung weiß davon und bleibt trotzdem „Partner in Leadership.“ Sage mir, mit wem du gehst….

Die ARD-aktuell unternahm keinen Versuch, aufzulisten, wie viele unbewaffnete Zivilisten, darunter in der Mehrzahl Frauen und Kinder, von deutschen Wachposten und Patrouillen „versehentlich erschossen“ wurden (19, 20, 21, 22). Dass der deutsche Oberst Georg Klein anno 2009 bei Kundus mehr als 120 Zivilisten massakrieren ließ, dass ein Jahr später sowohl die Generalbundesanwaltschaft als auch der Wehrdisziplinaranwalt ihre Ermittlungen gegen ihn einstellten und Klein drei Jahre nach seinem mörderischen Befehl statt auf die Anklagebank zum General befördert wurde (23), war der Tagesschau kein Nebensätzchen wert.

Auf deutsche Kappe

Für ARD-aktuell typisch: Sie berichtete zwar über australische Soldaten, die in Nazi-Manier bei Aufnahmeritualen für Neulinge in ihre Einheit 39 afghanische Zivilisten umbrachten (24), doch stellte die Redaktion das voller Entrüstung als üblen Einzelfall dar, als Exzess einer fremden Truppe. Sie begriff es nicht als Normalität eines Besatzerkrieges, der ohne solche Verbrechen gar nicht denkbar ist und in dem sich Deutschland als Teilnehmer mitschuldig macht.

Konsequenterweise blieb in der Tagesschau auch jetzt und trotz gegebenem Anlass das mörderische Treiben des Bundeswehr-„Kommandos Spezialkräfte“, KSK, in Afghanistan unerwähnt. Seine Aktivitäten dort unterliegen bis heute strikter Geheimhaltung. Nicht einmal die Mitglieder des Verteidigungsausschusses des Bundestages konnten jemals etwas Konkretes darüber in Erfahrung bringen. (25) Dass allein letztes Jahr 1 500 Afghanen, 424 humanitäre Helfer und 67 Journalisten in Afghanistan gewaltsam ums Leben kamen, kann man per Internet-Recherche ermitteln, wird uns aber von der Tagesschau vorenthalten.

Noch ein paar Fakten zur Abrundung? Im Tagesschnitt begehen fast 20 US-Veteranen Selbstmord aufgrund ihrer Traumatisierung beim Kriegseinsatz. (26) Der Opiumanbau in Afghanistan, während der Talibanherrschaft bis 2001 bei Todesstrafe verboten, wurde danach und mit Duldung der NATO um das 40fache erhöht. (27) Der Weltmarkt-Anteil des afghanischen Opiums beträgt inzwischen gut 90 Prozent.

267 000 Afghanen wurden nach Deutschland vertrieben und werden wohl demnächst zurückgeschickt, trotz der Ungewissheit und der Gefahren, die ihnen in ihrer Heimat drohen. (28)

Maulschelle aus Washington

Mit ihrer höchst selektiven Berichterstattung über Gewalt in Afghanistan vernebelt die Tagesschau Ursache und Wirkung. Wenn überhaupt Kriegsverbrechen genannt werden, dann zumeist mit den Taliban als Mördern. (29) Minister Heiko Maas hatte noch Anfang März behauptet, der Militäreinsatz in Afghanistan habe sich gelohnt, weil

erhebliche Fortschritte bei Bildung, Gesundheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie und nicht zuletzt bei den Minderheitenrechten, den Menschenrechten und ganz besonders den Rechten von Frauen und Kindern”

erzielt worden seien. Das Land drohe in Chaos und Bürgerkrieg zu versinken, wenn die Truppen verfrüht abzögen. (30) Jetzt, ein paar Wochen danach und von dem senilen US-Präsidenten Biden bloßgestellt, sehen „uns´ Heiko“ und seine Vorgesetzte Merkel reichlich belämmert aus. Die Maulschelle aus Washington hat gesessen. Biden hatte den US-Rückzug aus Afghanistan gar zu offensichtlich ohne jegliche Absprache mit seinen NATO-Vasallen beschlossen.

Die wurden kalt erwischt, kuschten aber erwartungsgemäß und versuchen jetzt, ihren Salto rückwärts als friedenspolitisches Kunstturnen darzustellen. Während Russen, Chinesen, Iraner, Kubaner, Venezolaner oder eben die Taliban den unverschämten Herrschaften in Washington was husten, machen unsere Regierenden Kotau und lassen sich vom US-Großmeister in den Hintern treten. Sie können drauf vertrauen, dass die Tagesschau das nicht zum Thema macht.

Aus ihrer schmählichen, verlustreichen Niederlage in Afghanistan ziehen unsere Politgrößen deshalb auch keine Konsequenzen. Im Gegenteil: Sie beteiligen sich jetzt voller Großmannssucht am Aufbau einer neuen US-Drohkulisse in Fernost. (31) Dümmer geht´s nimmer: Kriegsministerin Kramp-Karrenbauer sucht dort das nächste militärische Abenteuer. Sie erwägt nicht nur („zusammen rein“, mit den Amis und Japan), der Volksrepublik China eine ständige Militärmission vor die Nase zu setzen. (32, 33) Darüber hinaus soll die mit Spionage-Elektronik hochgerüstete Fregatte „Bayern“ Im August zu Manövern im Südchinesischen Meer auslaufen. Unsere Blauen Jungs von der Bundesmarine sollen den Rotchinesen wohl zeigen, wie man einen richtig modernen Seekrieg führt (34), damit denen endlich die Lust auf BMW, Benz und VW vergeht. Mehr als die Hälfte der deutschen Autoproduktion geht heutzutage nach China, das soll wohl nicht so bleiben.

Kann ein deutsches Regierungsmitglied den Amis noch tiefer von hinten entgegenkommen? Offensichtlich kapiert diese Ministerin nicht, dass sie China, Deutschlands wichtigsten Handelspartner (35), dazu einlädt, ihr und ihren Kabinettskollegen ein ähnlich grobes Ding zu verpassen wie es kürzlich der chinesische Außenminister Wang Yi seinem US-Counterpart Antony Blinken beim Zusammentreffen in Alaska vor den Latz knallte. (36)

Deutsch, treu, doof

Blinde und vorauseilende Bündnistreue ist kein Zechen von Charakter, sondern von politischer Dummheit. Diese Einsicht übersteigt offenbar den Horizont unserer Regierenden. Die Tagesschau kriegt es erst recht nicht auf den Schirm, obwohl doch alle Erfahrung lehrt: Unsere vergötterte Führernation, die Vereinigten Staaten von Amerika, lassen jeden Verbündeten im Stich, wenn es ihren Interessen dient. Die Werte des „Wertewesten“ sind Schimäre.

Politiker stehen in Diensten skrupelloser Eliten. Das ist im Umgang mit der Ukraine ebenso zu erkennen wie dem mit Syrien, Libyen, Irak, Jemen, Iran, oder den lateinamerikanischen Staaten. Viele wurden mit Krieg oder mit Bürgerkrieg heimgesucht und ruiniert, obwohl ihnen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und wirtschaftliches Wohlergehen versprochen wurde.  

Egon Bahr, zwar Sozialdemokrat, aber trotzdem ein hochgeachteter und verdienter Friedens- und Entspannungspolitiker, merkte im Jahr 2013 vor Schülern in Heidelberg an: 

In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“ (37)

Er hätte Sinngemäßes auch der ARD-aktuell ins Stammbuch schreiben können, dort aber sicher weniger Eindruck gemacht. Mangelndes journalistisches Gespür, fehlende Aufrichtigkeit, Privilegien und regierungsfrommer Konformismus durchziehen ja nicht erst seit 2013 die Berichterstattung der ARD-aktuell-Redakteure. Dürfen die nicht anders? Dann sind sie zu feige, sich auf ihre grundgesetzlichen, staatsvertraglichen und sozialen Rechte zu berufen. Können sie nicht anders? Dann sind sie ungeeignet für ihren Job. Wollen sie nicht anders? Dann sind sie entweder zu faul oder menschlich desensibilisiert. Möglicherweise treffen sämtliche Gründe gleichermaßen zu.

In jedem Fall sind sie passgenaue, unentbehrliche Garanten des „Wertewesten“, des „Guten an sich“. Als Kontrast brauchen sie „das Böse“, was immer das auch sei. Hauptsache es spricht Russisch oder Chinesisch oder verfügt über wichtige Rohstoffe.

 

Quellen und Anmerkungen:

  1. https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/rede-des-bundesministers-der-verteidigung-dr-peter-struck–784328
  2. https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/kramp-karrenbauer-truppenabzug-afghanistan-101.html
  3. https://de.wikipedia.org/wiki/Krieg_in_Afghanistan
  4. https://de.wikipedia.org/wiki/Krieg_gegen_den_Terror
  5. https://de.wikipedia.org/wiki/Krieg_gegen_den_Terror
  6. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/75326/umfrage/getoetete-zivilisten-in-afghanistan-seit-2007/
  7. https://www.mitwelt.org/kosten-opfer-afghanistan-krieg
  8. https://www.tagesschau.de/ausland/europa/afghanistan-nato-truppenabzug-kommentar-101.html
  9. https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/der-preis-des-krieges–afghanistan-100.html
  10. https://www.ekd.de/100101_kaessmann_neujahrspredigt.htm
  11. https://www.tagesschau.de/inland/bundestag-verlaengert-afghanistan-mandat-101.html
  12. https://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19215.pdf#P.27120
  13. https://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19153.pdf#P.19056
  14. https://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19218.pdf#P.27564
  15. https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-849653.html
  16. https://www.tagesschau.de/ausland/europa/afghanistan-nato-truppenabzug-kommentar-101.html
  17. https://www.tagesspiegel.de/politik/soldaten-toeteten-zivilisten-und-gefangene-australiens-armee-raeumt-kriegsverbrechen-in-afghanistan-ein/26641998.html
  18. https://web.de/magazine/politik/lager-schreckens-usa-gefoltert-30272872
  19. https://rp-online.de/panorama/ausland/bundeswehrsoldaten-erschiessen-jugendlichen_aid-12194305
  20. https://www.zeit.de/online/2008/36/afghanistan-soldaten
  21. https://www.derwesten.de/politik/bundeswehrsoldaten-erschiessen-motorradfahrer-in-afghanistan-id12349509.html
  22. https://www.abendblatt.de/politik/ausland/article108518209/Deutsche-Soldaten-erschiessen-Zivilisten.html
  23. https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Klein_(General)
  24. https://www.independent.co.uk/news/uk/home-news/sas-special-air-service-war-crimes-civilians-cover-up-ministry-of-defence-operation-northmoor-royal-military-police-murder-execution-helmand-province-a7819006.html
  25. https://www.tagesspiegel.de/politik/die-bundeswehr-in-afghanistan-geheime-kommandosache/1290672.html
  26. https://www.nzz.ch/gesellschaft/die-gebrochenen-helden-ld.1326621
  27. https://www.anti-spiegel.ru/2019/die-cia-deckt-heroinproduktion-in-afghanistan-wie-arte-die-zuschauer-fuer-dumm-verkauft/
  28. https://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19215.pdf#P.27120
  29. https://www.actvism.org/latest/tagesschau-kriegsverbrechen-zain-raza/
  30. https://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19215.pdf#P.27120
  31. https://www.liberationnews.org/on-the-road-to-catastrophe-biden-administration-seeks-united-front-for-showdown-with-china/
  32. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8574/
  33. https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/deutschland-und-japan-wollen-militaerisch-zusammenarbeiten-li.153167?pid=true
  34. https://www.merkur.de/politik/bundeswehr-einsatz-china-kramp-karrenbauer-bayern-macht-xi-jinping-90239570.html
  35. https://de.statista.com/infografik/15064/deutschlands-wichtigste-handelspartner-nach-importen-und-exporten/
  36. https://www.unsere-zeit.de/zeitenwende-2-144108/
  37. https://www.sueddeutsche.de/politik/egon-bahr-verstand-ohne-gefuehl-ist-unmenschlich-1.2614596

Das Autoren-Team: 

Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.

Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Foto:

Werner Menne

Joe Biden im Tagesschau-Weichzeichner (Update)

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Der US-Präsident und die „westliche Wertegemeinschaft“ sind für die Kriegsgefahr in der Ukraine und das Elend der Bevölkerung verantwortlich

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Tagesschau-Meldung ohne gedankliche Vorleistung: Der Konflikt um die Ostukraine heizt die Spannungen zwischen den USA und Russland an.“ (1) Hoppla. Kleine Analyse: Wer (Subjekt)? Der Konflikt. Satzaussage? Heizt an. Wen oder was (Objekt)? Die Spannungen. Ach so. Der Konflikt, dieser Kotzbrocken! Damit wir trotz solch erbärmlicher Sprache ins gewünschte Bild gesetzt werden, kloppt Tagesschau-Expertin Silvia Stöber mit ihrem nächsten Satz den Rahmen drumherum fest: „Berichten über umfangreiche Truppenbewegungen russischer Streitkräfte an die Grenze der Ukraine folgten Warnungen und Drohgebärden.“ (ebd.) Und schon liegen wir wieder richtig: Der Russe ist schuld. Der provoziert ja andauernd. (2) Von wem eigentlich die „Berichte“ stammen, inwieweit sie zutreffen und welch tatsächlichem Zweck all das letztlich dient, klärt die Tagesschau nicht. Im Kontext wird deutlich: Die Guten (der Westen, also wir) „warnen“, die Bösen („der Russe“ natürlich) „drohen“. Mit solchem Stumpfsinn will die Tagesschau den Zuschauererwartungen entsprechen.

Man muss einfach ein bisschen mehr Geduld mit der ARD-aktuell haben und verstehen: Sie hat doch das Thema „Bürgerkrieg in der Ukraine“ nach mehr als einem halben Jahr Pause gerade erst fürs Russland-Abwatschen wiederbelebt. Obwohl die halbwegs neutrale Beobachtermission der OSZE schon seit Februar über ungewöhnlich häufige Verletzungen des seit Juli 2020 geltenden Waffenstillstandsabkommens auf beiden Seiten der Sperrzone berichtet. (3) Also fand ARD-aktuell, ihrem Namen alle Ehre machend, am 5. April berichtenswert:

Die EU hat der Ukraine im Konflikt mit prorussischen Separatisten im Osten des Landes Unterstützung zugesagt. Man verfolge mit großer Sorge russische Militäraktivitäten in Grenznähe, so der EU-Außenbeauftragte Borell nach einem Telefonat mit dem ukrainischen Außenminister Kuleba … Kiew wirft Moskau vor, tausende Militärangehörige an den Grenzen zusammenzuziehen. Zudem beschuldigen sich die Ukraine und die Separatisten gegenseitig, den seit Juli geltenden Waffenstillstand zu verletzten.“ (4)

Selbstredend fühlte sich auch Heiko Maas, der bedeutendste deutsche Außenminister aller Zeiten, zu einer Demonstration seiner Wichtigkeit und Besorgnis (in dieser Reihenfolge) aufgerufen:

Die Lage an der russisch-ukrainischen Grenze und die jüngsten russischen Truppenbewegungen haben wir genau im Blick und sind dazu auch in den letzten Tagen in ständigem Kontakt mit den Partnern …“ Entscheidend sei, dass die Waffenruhe im Donbass jetzt nicht gefährdet werde. „Diese Erwartung haben wir auch gegenüber Russland deutlich gemacht“. (5)

Die Wurzel des Übels

Dass die Waffenruhe in der Ukraine nicht nur seit, sondern aufgrund der Wahl des US-Präsidenten Biden gefährdet ist, überging die ARD-aktuell in großzügiger Auslegung ihrer umfassenden Informationspflicht gemäß Rundfunkstaatsvertrag. Sorgfältig vermieden die Spitzenjournalisten jede Erinnerung daran, dass Vater Josef und Sohn Hunter Biden vor Zeiten knietief im ukrainischen Korruptionsmorast standen (6, 7, 8) und ihr Treiben ein herausragendes Thema des US-Präsidentschaftswahlkampfs im vorigen Jahr war. Welche Spätfolgen sich aus Bidens schmutziger Vergangenheit für heute ergeben, ist in dem Artikel „Ukraine zwischen Biden und Borke“ recht umfassend dargestellt. (9)

Es geht auch auf Präsident Bidens Kappe, dass die russlandfeindliche und großenteils von Neo-Nazis gesteuerte Mehrheit des Parlaments in Kiew am 29. März die ukrainischen Verpflichtungen gemäß dem Befriedungsabkommen Minsk-2 (10) praktisch außer Kraft setzte. (11)

Nichts von alldem fand in der Tagesschau einen Niederschlag. Sie zitiert den EU-Außenbeauftragten Borell und Außenminister Maas mit ihren Unterstützungsversprechen an die Ukraine. Das Regime in Kiew, seit dem Maidan-Putsch mit uns „Guten“ liiert, hat längst mit demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen gebrochen, wie nun gerade erst und ausgerechnet das US-Außenministerium feststellte (12).

Verbrecherbande an der Macht

Hier die schlimmsten Vorwürfe des „Blinken-Report“ (benannt nach dem neuen US-Außenminister Antony Blinken):

Ungesetzliche oder willkürliche Tötung; Folter von Gefangenen durch Vollzugsbeamte; willkürliche Verhaftung und Misshandlung von Zivilisten; schwerwiegende Einschränkungen der Meinungsfreiheit, der Presse und des Internets, einschließlich Gewalt gegen oder ungerechtfertigte Verhaftungen von Journalisten; schwerwiegende Korruption; fehlende Untersuchung und Strafverfolgung von Gewalt gegen Frauen; antisemitisch motivierte Gewalt; Gewaltverbrechen gegen Menschen mit Behinderungen, Angehörige ethnischer Minderheiten; schlimmste Formen der Kinderarbeit.

Das sind keine Anklagen aus Moskau, sondern aus Washington! Sie beweisen unwiderleglich, welch ein monströses Verbrechen der USA, der EU und der NATO es war, die einst wohlgeordnete Ukraine mithilfe von Putschisten und Söldnern ins Chaos zu stürzen. Brachte die Tagesschau deshalb kein Wort über den „Blinken-Report“? Sie berichtet eben lieber über die US-Mainstream-Medien und deren Liebedienerei vor der Hohen Pforte in Washington – anscheinend ohne zu bemerken, dass sie damit zugleich die eigene Regierungsfrömmigkeit beschreibt:

Noch freuen sich viele US-Medien … über die neue, alte Normalität, loben den zivilen Umgang und die große Ernsthaftigkeit, würdigen die interessanten Biografien der neuen Führungskräfte, zählen mit, wie viele Verfügungen Biden denn nun unterzeichnet hat und kommentieren jede einzelne Initiative, die Bidens Team für die großen gesellschaftlichen Veränderungen formuliert.“ (13)

Die glänzende Biden-Medaille hat natürlich eine Kehrseite. Ist die nicht mehr zu verstecken, wird die Tagesschau allerdings wortkarg und lässt gebotene Sachlichkeit missen. Ein Beispiel dafür war ihr schändlicher Bericht über einen massiven US-„Luftschlag“ am 26. Februar in Syrien. (14) Mindestens 22 Menschen waren dabei umgebracht und zahlreiche weitere schwer verletzt worden. Pentagon-Sprecher Kirby rechtfertigte das Massaker hingegen als „verhältnismäßige militärische Antwort“ und bezog sich dabei auf den Tod eines einzigen US-Bürgers, der bei einem Anschlag umgekommen war, nicht in Syrien, sondern im Irak. Die Tagesschau-Leute gaben trotzdem kommentarlos Kirbys zynisch-verlogene Behauptung weiter, das „Vorgehen“ der USA habe

darauf abgezielt, die Gesamtsituation im östlichen Syrien und im Irak zu deeskalieren“ (ebd.)

Die Dullis der ARD-aktuell

Auf dass der Tagesschau-Konsument sich nur ja nicht von der deutschen Staatsreligion befreie, die USA seien das „Gute“ an sich, musste er lernen und jederzeit aus dem Stegreif aufsagen können: Völkerrechtswidrig handeln immer nur Russland und / oder die Volksrepublik China. 

Deshalb verschweigt die Tagesschau auch sorgfältig, dass die USA inzwischen dazu übergegangen sind, die syrischen Ölvorkommen zu plündern und ihre Beute im Stil der Mafia zu vermarkten (15), während sie zugleich die hungernde syrische Bevölkerung zu Tode sanktioniert. ARD-aktuell nimmt demgemäß auch keinen Anstoß daran, dass unsere liebe gute Bundesregierung beim Völkerrechtsbruch in Syrien mitmacht (16) und die EU noch eins draufsetzen lässt. (17)

ARD-aktuell lässt ihre Redaktions-„Dullis“ (18, 19) seit Monaten fast die Hälfte der Tagesschau-Sendezeit mit strukturloser und enervierender Corona-Berichterstattung verplempern. Das führt zwangsläufig dazu, dass die weltfriedensgefährdende Politik der USA und der NATO kaum noch Beachtung findet. Im Jahr 2020 gab dieses Bündnis insgesamt rund 1,1 Billionen US-Dollar (rund 930 Milliarden Euro) für Rüstung aus, trotz massiver Steuerausfälle infolge der Corona-Pandemie. Mit 738 Milliarden US-Dollar waren die Militärausgaben der USA fast vier Mal höher als die der Volksrepublik China (193,3 Milliarden Dollar) und gut zwölf Mal höher als die der Russischen Föderation (60,6 Milliarden Dollar). (20)

Deutschland gibt heuer 46,93 Milliarden Euro aus (umgerechnet 54.74 Milliarden Dollar). Gegenüber dem Vorjahr sind das 1,3 Milliarden Euro mehr (21). In den vergangenen drei Jahren wurde der Verteidigungshaushalt um mehr als 10 Prozent aufgebläht. Deutschland ist Aufrüstungsweltmeister. (s. Anm. 20) Trotzdem gewinnt man nicht den Eindruck, als müssten Russland oder China jetzt beben vor Furcht. Öffentlich-rechtliche Spitzenjournalisten stellen jedoch nicht die naheliegende Frage, welch größeres Wissen die Bundesregierung und ihre Parlamentsmehrheit bewog, diese gigantische Summe fürs Militär zu verpulvern, schon gar angesichts der immensen Kosten für die Pandemiebekämpfung. Regierungsfromme Schreiber begnügen sich mit der Wiedergabe dessen, was NATO-Funktionäre ihnen vorgekaut haben. Es gehe darum,

„… unsere wertebasierte Ordnung zu schützen, die untergraben wird von Ländern wie Russland und China, die unsere Werte nicht teilen“. (22) 

Was Stoltenberg unter „unsere wertebasierte Ordnung“ versteht, ob sein hehrer Anspruch mit unserer Realität übereinstimmt und inwiefern Russland und China die untergraben, das fragt ein Tagesschau-Redakteur nicht.

Nur bloß nicht kritisch nachfragen …

Erst recht – und damit sind wir wieder bei der aktuellen Tagesschau-Desinformation über die Vorgänge in der Ukraine – weist die Redaktion nicht darauf hin, dass sich US-Präsident Biden bei seiner beweislosen Bezichtigung der Regierung in Moskau auf primitivste CIA-Propaganda stützt: Die USA würden „Russlands aggressiven Aktionen“ nicht mehr tatenlos zusehen, der „Einmischung in Wahlen, Cyberattacken, oder der Vergiftung seiner Bürger“. Diese alte Drehorgelwalze wird nun mal nicht ausgewechselt, ihr Ohrwurm nervt so schön …

Die Misstöne erfüllen, so falsch und schrill sie auch klingen (23, 24), doch ihren Zweck, wider alle Vernunft und Humanität: Sie sind die Begleitmusik bei der Rechtfertigung der Steigerung der Militärausgaben um viele Milliarden Dollar.

Dass unsere Bundesregierung an dieser friedensfeindlichen Politik mitwirkt, ist der Tagesschau keine Nachricht wert. Sie verbreitet lieber weiterhin und beflissen die bis heute nicht bewiesene, aus CIA-, MIV- und BND-Quellen stammende Behauptung, Vater und Tochter Skripal sowie der „führende russische Oppositionspolitiker“ Nawalny seien vom russischen Geheimdienst mit Nowitschok vergiftet worden (neuestes Tagesschau-Gruselmärchen: Nawalny wird in der Haft gefoltert. [25]) Der Popanz dient der antirussischen Feindbildpflege.

Seit Joe Bidens Amtsantritt im Weißen Haus – der Mann war ja schon als US-Vizepräsident ein Antreiber beim Maidan-Putsch vor sieben Jahren – wird das Gedöns immer lauter. Der neue US-Präsident ist im Gegensatz zu dem von der Tagesschau vermittelten Bild kein zurückhaltender politischer Feingeist, dessen demokratische und humanitäre Gesinnung gegenüber der pöbelnden und polternden Verlogenheit seines Amtsvorgängers Trump einen humanitären Quantensprung darstellt. Mit Blick auf die Vorgeschichte des neuen Herrn im Weißen Haus hätte ARD-aktuell in Erinnerung rufen können, dass Biden sich schon während seiner Zeit als US-Senator als „knallharter Law and Order-Faschist“ (26) erwies. Zum Beispiel verfasste er 1994 ein Gesetz, das für 60 zusätzliche Vergehen die Todesstrafe vorsieht und Straftäter nach einem dritten Vergehen, sei es auch noch so geringfügig, automatisch lebenslang hinter Gitter bringt. (27) Dieses abgefeimt unmenschliche Gesetz trägt passenderweise die Namen Clinton Crime Bill und Biden Crime Law. (ebd.) Ehre, wem sie gebührt.

Saboteure des Waffenstillstands

Eben dieser Biden, ob mittlerweile erst leicht dement oder schon schwer senil, sichert nun seinem Kiewer Amtsbruder „unerschütterliche Unterstützung“ zu und lässt einen anschwellenden Strom von Waffenlieferungen in die Ukraine fließen. (28, 29) Nachvollziehbare Begründungen für diese Eskalationspolitik hat das Pentagon nicht, nur wilde Beschuldigungen gegen die Ostukrainer und gegen Russland. (30)

Trotzdem spielt das Berliner Außenministerium mit Unschuldsmiene auf Seiten der Hetzer mit:

Es ist legitim, dass die Ukraine ihre territoriale Integrität und nationale Sicherheit schützt und sich angesichts des Ausmaßes von Desinformationskampagnen im Land gegen manipulierte Informationen wehrt.” (31)

Da können in Russland lebende Experten wie der Schriftsteller Thomas Röper zur Zurückhaltung und Vorsicht mahnen, soviel sie wollen. (32)

Was US-Außenminister Blinken generell bestätigt: In Kiew wurden die Opposition eliminiert, die Justiz gleichgeschaltet und die letzten verbliebenen regierungskritischen TV-Sender abgewürgt. (s. Anm. 13) Röper führt auf seiner Internet-Seite antispiegel.ru im Detail aus, mit welchen rechtswidrigen und fiesen Methoden der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zum Beispiel gegen journalistische Kritiker vorgeht. (33)

Kiew hätte gemäß dem Abkommen Minsk-2 schon Ende 2015 eine Verfassungsreform verabschieden müssen, die den Donbass-Provinzen einen autonomen Sonderstatus zuerkennt und hätte zum gleichen Termin gesamt-ukrainische Wahlen durchführen müssen. (s. Anm. 10) Nichts dergleichen wurde jemals ernsthaft angegangen. Auch Selenskyj lehnt, wie alle seine Vorgänger, direkte Gespräche mit den „Abtrünnigen“ ab.

Frankreich und Deutschland, zusammen mit Russland die „Paten“ des Abkommens, unternehmen seit Jahr und Tag nichts, absolut nichts, um Kiew zur Vertragserfüllung anzuhalten, obwohl sie über alle finanziellen, wirtschaftlichen und politischen Druckmittel verfügen, um die ukrainische Führung dazu zu zwingen. Bei verlogener Verlautbarungsrhetorik tun sie sich allerdings keinen Zwang an:

Als Vermittler im Normandie-Format bemühen sich Deutschland und Frankreich um die vollständige Umsetzung der Minsker Vereinbarungen. Mit diesem Ziel finden weiterhin regelmäßig Verhandlungen statt.“ (34)

Das ist schon dreist, eine gezielte Täuschung der deutschen Öffentlichkeit. Vor wenigen Wochen erst haben Maas, sein französischer Kollege Le Drian und die (transatlantisch orientierte) Mehrheit der OSZE-Außenminister einen Resolutionsantrag Russlands auf Erfüllung des Minsker Abkommens abgelehnt. (35) Und Selenskyj hatte, ohne Bidens Zustimmung undenkbar, am 24. März per Präsidentendekret verfügt, die „vorübergehend okkupierte Republik Krim und die Stadt Sewastopol“ zu befreien. Er ließ den Präsidialerlass, das korrespondiert mit seinem zeitgleichen de-facto-Abschied vom Minsk-2-Abkommen (Anm. 11), am 29. März vom Parlament absegnen. Das Dokument, nur in russischer, nicht in englischer Version auf der Amtsseite der Regierung im Internet veröffentlicht, (36) „kommt einer Kriegserklärung an Russland zumindest nahe“, heißt es im Forex Report. (37) Es handelt sich, soweit wir das überblicken, um die einzige deutschsprachige Publikation, die den Vorgang aufgriff. Der rechtfertigt fraglos die russischen „Truppenbewegungen“.

Wahre Sprachkünstler am Werk

Von all dem kein Sterbenswort in der Tagesschau. Statt vollständiger und sachgerechter Information lieferte sie wieder nur unverfälschte Einseitigkeit:

Der Ton zwischen der Ukraine und Russland hat sich angesichts der russischen Truppenbewegungen nahe der Grenze zur Ukraine und auf der annektierten Halbinsel Krim weiter verschärft.“ (38)   

Der Ton „verschärft sich“. Die Lage „spitzt sich zu.“ Es herrscht „gespannte Ruhe“. „Stand heute“ weiß man: Bald klappt das „Zeitfenster“ zu. Und an allem ist natürlich der Russe schuld.

Der Ukrainer Leonid Krawtschuk, Kiews Vertreter bei den Verhandlungen im „Normandie-Format“ (Minsk-2), schwelgt schon in feuchten Träumen von einem großen Krieg, „wenn Moskau seinen Appetit nicht zügelt“:  

Ich bin davon überzeugt, dass sich die USA an dieser Frage beteiligen sollten, da der Konflikt im Donbass nicht nur eine ukrainische und europäische Frage ist, sondern eine Frage eines möglichen groß angelegten Konflikts.“ (39)

Kein Licht in diesem Tunnel. Huhu, Heiko! Wo bleibt er denn, unser berühmter Vorkämpfer für „Freiheit und Democracy“? Nicht zu fassen: Angesichts der konkreten, von Biden hervorgerufenen Kriegsgefahr hält uns` Heiko doch tatsächlich die Klappe. Ausnahmsweise mal vorsichtig statt vorlaut! Ach so, na dann … dann kann ja die Tagesschau auch nichts nachplappern.

Quellen und Anmerkungen:

  1. https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ukraine-russland-usa-101.html
  2. https://www.youtube.com/watch?v=z-CqGO9A9X4
  3. https://www.jungewelt.de/artikel/398251.krieg-in-der-ukraine-ultimatum-vorbereitet.html
  4. https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-42271.html
  5. https://www.sueddeutsche.de/politik/maas-russland-ukraine-1.5255704
  6. https://eu.usatoday.com/story/news/factcheck/2020/10/21/fact-check-joe-biden-leveraged-ukraine-aid-oust-corrupt-prosecutor/5991434002/
  7. https://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-affaere-was-ueber-die-rolle-von-joe-und-hunter-biden-bekannt-ist-a-1288906.html
  8. https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-05/ukraine-joe-biden-telefon-mitschnitte-petro-poroschenko
  9. https://de.southfront.org/ukraine-zwischen-biden-und-borke/
  10. https://de.wikipedia.org/wiki/Minsk_II
  11. https://southfront.org/kiev-builds-up-legal-conditions-to-justify-its-upcoming-aggression-in-donbass/
  12. https://southfront.org/u-s-state-department-lists-ukraines-plentiful-human-rights-abuses-in-2020/
  13. https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/biden-usa-regierung-101.html 
  14. https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/biden-luftschlag-usa-syrien-101.html  
  15. https://www.heise.de/tp/features/USA-Wir-behalten-das-syrische-Oel-4574371.html 
  16. https://www.bundestag.de/resource/blob/535224/1d02987d6e377256e6624c53fd78b704/WD-2-098-17-pdf-data.pdf
  17. https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2020/05/28/syria-sanctions-against-the-regime-extended-by-one-year/
  18. https://www.netzwelt.de/abkuerzung/171535-dulli.html
  19. https://www.youtube.com/watch?v=o3ksvjoTsgY 
  20. https://www.mitwelt.org/aufruestung.html 
  21. https://augengeradeaus.net/2020/11/verteidigungshaushalt-2021-120-mio-mehr-jetzt-4693-milliarden-euro/
  22. https://www.tagesschau.de/ausland/nato-reform-103.html 
  23. https://www.politifact.com/article/2017/dec/12/2017-lie-year-russian-election-interference-made-s/
  24. https://time.com/5565991/russia-influence-2016-election/
  25. https://www.tagesschau.de/ausland/europa/nawalny-hungerstreik-101.html
  26. https://blog.fefe.de/?ts=a16aecee
  27. https://en.wikipedia.org/wiki/Violent_Crime_Control_and_Law_Enforcement_Act
  28. https://de.euronews.com/2021/03/02/usa-bewaffnen-ukraine-gegen-russische-aggressionen 
  29. https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-04/usa-joe-biden-ukraine-grenze-russland-truppenbewegung?utm_referrer=https%3A%2F%2Fduckduckgo.com%2F 
  30. https://southfront.org/washington-sends-military-transport-aircraft-to-ukraine-but-cannot-explain-why/
  31. https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/regierungspressekonferenz/2440116#content_3
  32. https://linkezeitung.de/2021/03/29/zuendfunke-ukraine-was-fuer-einen-krieg-die-usa-gegen-russland-vorbereiten/ 
  33. https://www.anti-spiegel.ru/2021/pressefreiheit-in-der-ukraine-selensky-entzieht-zwei-kritischen-tv-sendern-die-sendelizenz/?doing_wp_cron=1616975099.2922170162200927734375
  34. https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/-/2452296 
  35. https://www.anti-spiegel.ru/2021/steht-das-ende-des-minsker-abkommens-bevor-deutschland-stimmt-gegen-initiative-zur-umsetzung-des-abkommens/
  36. https://www.president.gov.ua/documents/1172021-37533
  37. https://solvecon-invest.de/wp-content/uploads/2021/04/Forex-Report-2021-0406.pdf
  38. https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ostukraine-193.html
  39. https://tass.ru/mezhdunarodnaya-panorama/10898233 

 

Das Autoren-Team: 

Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.

Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Foto:

Werner Menne

 

Der Podcast auf RT

 

Für die Tagesschau fungiert der neue US-Präsident Joe Biden als Superheld schlechthin. Etwaige Korruptionsvorwürfe wie beim Thema Ukraine, die Unterstützung von Neonazis auf dem Maidan oder der massive US-„Luftschlag“ in Syrien im Februar werden dabei unter dem Teppich gekehrt.

 

Sleepy Joe macht den Hampelmann – und die Tagesschau applaudiert

Sleepy Joe macht den Hampelmann

Der US-Präsident gibt den Flegel, unbekannte Hinterleute missbrauchen seine Senilität, und die Tagesschau beschweigt das Ganze. Ist US-Präsident Joseph Biden bereits dement? Mehr als die Hälfte der US-Bürger fürchten, ihr Staatsoberhaupt sei möglicherweise amtsunfähig.

Hier der Original Artikel:

Ist US-Präsident Joseph Biden bereits dement? Nicht erst, seit der 78-jährige – Spitzname: „Sleepy Joe“ (schläfriger Joe) – in einem Fernseh-Interview des US-Senders abc bestätigte, er halte Russlands Präsidenten Putin für einen seelenlosen Mörder (1, 2), meinen mehr als die Hälfte der US-Bürger (3) und alle großen Tageszeitungen in den USA (4, 5), ihr Staatsoberhaupt sei möglicherweise amtsunfähig. Eilmeldungen über seine abgeschmackten Sprüche und seine Drohung, Putin werde „den Preis zahlen“ müssen, rauschten rund um den Globus. Nur die transatlantisch abgerichtete ARD-aktuell-Redaktion hielt an diesem 17. März mit dem Biden-Kracher stundenlang hinterm Berg. (6) In der Hauptausgabe der Tagesschau um 20 Uhr kam kein Wort davon vor. Blindheit gehört halt zu den deutlichsten Symptomen, die der AgitProp-Virus bei infizierten Qualitätsjournalisten hervorruft.

https://www.nachrichtenspiegel.de/2021/03/23/biden-ins-offene-messer-laufen-lassen/

Mutti ohne Mitgefühl: Merkels Dickfelligkeit

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Die Kanzlerin und ihre Kungelrunde wählen lieber den Lockdown als eine konsequente Impfstoff-Versorgung – Staatsversager nutzen die Tagesschau als Kosmetik-Salon

 

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

 

Lehrer Bömmel (in der klassischen Filmkomödie „Die Feuerzangenbowle“): „Jetzt stelle mer ons ämol janz domm.“ Die Tagesschau-Redaktion macht das andauernd, sogar janz ohne Bömmel. Im Aufmacher ihrer 20 Uhr-Ausgabe am 4. März berichtet sie beispielsweise:

Nach zweieinhalb Monaten Lockdown haben Bund und Länder den Weg zu Lockerungen geebnet. Dafür verständigten sie sich vergangene Nacht auf einen Stufenplan, der in verschiedenen Bereichen Schritt für Schritt den Alltag zurückbringen soll.“ (1)

Tatsächlich hatten Kanzlerin Merkel und ihr Versagerclub aber nur einen neuerlichen Beweis ihrer Unfähigkeit bei der Bewältigung der Pandemiefolgen erbracht. Und wie gewohnt hatte die Tagesschau darauf verzichtet, den Stufenplan als das zu benennen, was er ist: eine weitere Absurdität in der langen Reihe aberwitziger Fehlentscheidungen.

Ihr willkürliches, durchgehend widersprüchliches Lock-down-Regime mit allen seinen üblen Folgen fällt inzwischen voll auf sie zurück. Auch das Versagen ihres Gesundheitsministers Spahn geht letztlich auf ihre Kappe. Der einstige Kanzler-Aspirant ist längst Watschenmann für Kabarettisten, hier für Großmeister Christian Ehring:

Erst hat er zu wenige Masken bestellt, dann zu viele, dann die Corona-App groß angekündigt und dann etwas rausgebracht, was gegen die Pandemie leider nicht viel besser wirkt als Candy Crush. Dann hat er zu wenig Impfstoff bestellt, dann den Impfpass vermasselt und dann noch für den 1. März Schnelltests angekündigt. Das wurde von der Kanzlerin blockiert, weil es in der Zeit nicht durchgesetzt werden konnte …“ (2)

Es ist ein Merkmal des journalistischen Versagens der Tagesschau, dass sie es anderen Medien und schließlich den Kabarettisten überlässt, unappetitliche Geschichten über Spahn auszupacken. Es zeige sich, so Ehring in seiner Sendung „extra3“:

„…, dass Spahn auch in der Politik für absolute Hygiene sorgt: Eine Hand wäscht die andere.“ (ebd.)

Merkel hätte diesen Mann längst feuern müssen. Auch er ist zu dickfellig, um unaufgefordert den Hut zu nehmen. Für politischen Anstand hat er kein Gespür, da entspricht er dem Zeitgeist.

Organisiertes Staatsversagen

Unter Merkels Raute erhalten mächtige Konzerne Unterstützung in Milliardenhöhe, während Mittel- und Kleinbetriebe absaufen, weite Teile der ärmeren Bevölkerungsschicht unverantwortlich vernachlässigt werden und kulturelle Einrichtungen aufgeben müssen. Vollmundig behauptete Kanzlerin Merkel im November 2020:

Wir haben ein großes Stück des Weges zurückgelegt … Impfstoffe werden nicht am Sankt-Nimmerleins-Tag zur Verfügung stehen.“ (3)

Jetzt, im März 2021, sind weltweit bereits mehr als ein halbes Dutzend hochwirksamer Impfstoffe verfügbar und werden in schnell wachsenden Mengen produziert. Doch Merkel ist noch immer meilenweit von der Erfüllung ihres Heilsversprechens entfernt. Ein Vierteljahr nach dessen Verkündung sind kaum 5 Prozent der Bevölkerung mit erster und zweiter Impfung versorgt. Die Kanzlerin aber sucht die Schuld dafür bei anderen anstatt bei sich selbst:

Wenn ich mal auspacke, was hier in dieser Runde für Fehler gelaufen sind, wenn ich das mal öffentlich machen würde …“ (4)

soll sie hinter verschlossenen Türen drohend angemerkt haben, als ob sie nicht die Richtlinienkompetenz und letztlich die Verantwortung für das Desaster hätte. Spahns Fehlverhalten kann ihr nicht als Entlastung dienen, so drastisch es auch ist: Er nahm sich trotz aller drängenden Amtspflichten die Zeit, den Einkauf einer Millionärsvilla zu arrangieren und weitere Immobiliengeschäfte zu tätigen. (5) Als einige Journalisten Details recherchieren wollten, hetzte Spahn ihnen seine Anwälte auf den Hals. (6) Auch dies überging die Tagesschau.

Ein einziges Desaster

Nochmals: Die gesamtpolitische Verantwortung trägt Kanzlerin Merkel, daran ist auch angesichts folgender Ungeheuerlichkeit zu erinnern: Im Pandemiejahr 2020 wurden laut „Bündnis Klinikrettung“ 20 Krankenhäuser geschlossen, doppelt so viele wie im Schnitt der vorhergehenden Jahre, und 7309 Intensivbetten fielen weg. (7) Was machten die Tagesschau-Leute daraus? Obwohl grundgesetzlich in ihrer Freiheit abgesicherte Journalisten und nicht Kammerdiener und -zofen: Sie sprangen sie der Regierung mit verbalem Allzweckreiniger und Duftspray bei, als sei alles in bester Ordnung. (8)

Anfang Februar stiftete die Kanzlerin abermals Unfrieden: Umfassende Lockerungen könne es erst bei einem Inzidenzwert von 35 geben, wegen der gefährlichen neuen Virus-Mutanten. Rolle vorwärts und Rolle zurück: Der Lockdown wurde dann bis zum 28. März verlängert, als Voraussetzung für mehr Öffnung gilt aber statt 35 nun doch wieder der Inzidenzwert 50. Theater, Kinos, Opernhäuser oder der Außengastronomie können unter Umständen auch schon bei Inzidenzwerten zwischen 50 und 100 den Betrieb aufnehmen. Was gestern richtig war, ist heute falsch, denn eben noch hatte die Kanzlerin geklagt:

Wir sind in der dritten Welle.“ (10)

Alarmistische Aufgeregtheit statt beruhigender Sachlichkeit. (11) Es hört sich an wie SPD-Lauterbach, der von hinten schon wieder hereingekommen ist, noch ehe man ihn vorne hinausgeworfen hat.

Ähnlich das Gezerre um den Schnelltest. Mitte Februar hatte Ankündigungsminister Spahn für den 1. März die kostenlose Abgabe von Schnelltests versprochen. (12) Kanzlerin Merkel pfiff ihn zurück: Die Tests müsse man „sorgfältig einphasen“, erforderlich sei eine „monatelange Teststrategie.“ (13) Da blieb Tante Trudi und Onkel Theobald nur der Seufzer: Lasst euch ruhig Zeit, ihr Lieben, es gehen ja täglich nur ein paar hundert Covid-19-Patienten drauf …

Wie stellte sich ARD-aktuell als wichtigste deutsche Nachrichtenredaktion zu all dem? Sie bot sülzige Hofberichterstattung, auch über das jüngste Treffen der Kanzlerin-Länderchefs-Corona am 3. März.

Ein langer Tag, ein zähes Ringen, eine müde Kanzlerin, die versucht, Zuversicht auszustrahlen … “ (14)

Emphatische Substanzlosigkeit, keine nennenswerte Kritik, keine journalistische Distanz. Den Politikern das Mikrofon unter die Nase halten, viel mehr hat ARD-aktuell nicht zu bieten. Keine Überprüfung von Behauptungen, keine Analysen, die den Diskurs in rationale Bahnen lenken könnten. Nur selten wirklich kritische Kommentare (die Tagesschau kennzeichnet die neuerdings als „Meinung“):

Die neue Lockerungsstrategie der Bund-Länder-Konferenz heißt Zuckerbrot und Peitsche. Doch so wirklich steigt niemand mehr durch, wann was wie erlaubt ist. Doch eines ist noch schlimmer. Es schwirrt der Kopf: 35 – 50 – 100.“ (15)

Qualitätsjournalistische Selbstkastration

Ansonsten herrscht in der ARD-aktuell Redaktion strikte Selbstzensur, der Bericht eines anonymen Insiders bestätigt das Offensichtliche. (16) Unter anderem, dass Ereignisse höchstens als Nebensächlichkeit unter „ferner liefen“ erwähnt werden, wenn sie nicht ins transatlantische Weltbild passen, das die Tagesschau zu malen hat. Das ist eine besonders wirksame Form der Desinformation. Am 4. März beispielsweise setzte die Redaktion folgende hochwichtige Nachricht ans Ende einer mehr als zehn Minuten langen, das Zuschauerinteresse narkotisierenden Corona-Berichterstattung:

Unterdessen hat die Europäische Arzneimittelagentur ein Prüfverfahren zur möglichen Zulassung des russischen Impfstoffs Sputnik V gestartet. Hintergrund seien Ergebnisse von Laborversuchen und klinischen Studien bei Erwachsenen, teilte die EMA mit. Die EU-Kommission stellte klar, dass sie derzeit nicht mit den Sputnik-Herstellern über einen Liefervertrag verhandele. Ungarn und die Slowakei setzen das Vakzin bereits ein.“ (s. Anm. 1)

Unverfroren: Eine Information von solcher Tragweite wird als Kurzmeldung von gerade mal 25 Sekunden Dauer im Schlussdrittel der Sendung versteckt. „Die EU-Kommission stellte klar, dass sie nicht mit den Sputnik-Herstellern verhandele“. Ja ist es noch zu fassen? In der EU mangelt es an Impfstoff, aber Merkels Uschi lässt die Russen wissen: „Danke, kein Interesse!“ Und Kanzlerin Merkel widerspricht nicht, lässt absichtlich eine erstklassige Versorgungschance aus und wird trotzdem nicht vom ARD-Hauptstadtstudio um Erklärung und Begründung gebeten?

Dem Großen Geld zu Diensten

Die Politiker bedienen die Profitinteressen der westlichen Pharmakonzerne (z. B. wird die Patentfreigabe für eine weltweite, massenhafte und preiswerte Impfstoffproduktion und -versorgung blockiert [17]) und die Tagesschau sendet als Nachrichten verpackte Werbebotschaften darüber (typisches Argument: Arbeitsplätze sichern). Fundamentale Fragen im Interesse ihrer Zuschauer stellt die Redaktion nicht. Die Impfstoffe der westlichen Konzerne BionNTech, Moderna und AstraZeneca wurden sofort nach Antragstellung geprüft, binnen 17 Tagen von der Arzneimittelbehörde EMA zugelassen und eine Woche später auch in Deutschland eingesetzt; warum beginnt die EMA dagegen erst jetzt, volle sechs Wochen nach Antragseingang, den russischen Impfstoff Sputnik V zu prüfen? Wer stand da auf der Bremse?

Warum zeigt Berlin nicht das geringste Interesse an den hochwirksamen und inzwischen weltweit, millionenfach und problemfrei eingesetzten Impfstoffen aus Russland und China?

Kann es sein, dass Kanzlerin Merkel und ihr Gefolge das Versorgungsinteresse der Bundesbürger dem Profitinteresse der westlichen Pharmakonzerne unterordnen und sich sogar auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge dem geopolitischen Interesse der USA beugen?

Kann die deutsche Selbstverpflichtung, die Feindseligkeit der Amis gegen Russland und China nachzuahmen, wirklich so weit gehen, dass wir uns selbst ins Knie schießen? Es passt allerdings dazu, dass sich die Bundesrepublik ohnehin als Schlachtfeld für einen Krieg mit Russland anbietet.

Nein, die Tagesschau fragt sowas dringend Gebotenes nicht.

Wie gänzlich anders als unsere US-Statthalterin verhält sich das kleine Nicht-EU-Mitglied Serbien: Auf die Frage, warum seine Regierung auch chinesische und russische Impfstoffe zulasse, antwortete die Ministerpräsidentin Ana Brnabic schlicht:

Es geht um Leben, nicht um Geopolitik.“ (18)

In der glorreichen EU herrscht weiterhin Impfstoffmangel. Er geht auf Merkels Konto und auf das ihrer Freundin von der Leyen. (19) Die Kampflächlerin ist bekanntlich Ärztin. Ihren Doktortitel erwarb sie mit einer nur 62 Seiten umfassenden Dissertation, die sie obendrein noch gegen starken Plagiats-Verdacht verteidigen musste. (20) Unser deutsches Damen-Duo strebt dennoch an, die europäische Immunisierung ausschließlich westlichen Pharma-Konzernen zu überantworten, und das, versteht sich, zu gigantisch hohen Preisen. Andere, wesentlich günstigere und qualitativ mindestens gleichwertige Produkte aus Indien, China und Russland sind nicht erwünscht. Bei BioNTech, Moderna und AstraZeneca wurden für die 447 Millionen EU-Bürger insgesamt 1,15 Milliarden Impfdosen bestellt. Die östliche Konkurrenz wird außen vor gehalten.

Miesmacherei

Dass es in Deutschland keinen russischen oder chinesischen Impfstoff geben sollte, zeigten bereits die Kampagnen im Sommer vorigen Jahres. „Hochriskantes Experiment“ titelte ARD-aktuell in ihrem Bericht über die Entwicklung des „Sputnik V“. (21) Der Ärzte-Funktionär Klaus Reinhardt, obwohl bereits durch anderen Corona-Unfug aufgefallen, wurde als Zeuge bemüht:

Es drängt sich der Eindruck auf, dass es sich um eine populistische Maßnahme eines autoritär regierten Staates handelt, der der Weltgemeinschaft seine wissenschaftliche Leistungsfähigkeit demonstrieren möchte.“ (22)  

ARD-aktuell ignorierte einfach, dass es sich beim seinerzeitigen Verfahren nicht um den Start einer allgemeinen Impfaktion handelte, sondern um die in Russland übliche „Registrierung“ eines Impfstoffes, mit dessen Erprobung erst danach gemäß weltweit üblichem Verfahren begonnen werden sollte. (23)

Als einige Monate später in der ältesten und renommiertesten medizinischen Fachzeitschrift der Welt, The Lancet, Sputnik V als ein hochwirksamer und problemfreier Impfstoff qualifiziert wurde (24), nahm sich ARD-aktuell etwas zurück, wollte aber – weil ja integraler Bestandteil ihrer feindseligen Berichterstattung über Russland – auf Falschinformation immer noch nicht verzichten:

Die Freigabe in Russland erfolgte vor gut einem halben Jahr. Damals gab es international Kritik, weil die Erlaubnis für eine breite Anwendung in der Bevölkerung vorlag“. (25)

Die Tagesschau unterdrückt mit Fleiß jede Nachricht darüber, dass deutsche und EU-Instanzen nach wie vor die Zulassung des Sputnik V-Impfstoffs auszubremsen versuchen. Die Russen hatten nach eigenen Angaben ihren Antrag am 22. Dezember eingereicht (in bisher 42 Ländern mit einer Gesamtbevölkerung von 1,1 Milliarden Menschen ist Sputnik V inzwischen registriert und in Gebrauch). Die EMA aber stellte sich wochenlang dumm und bestritt, überhaupt einen Zulassungsantrag erhalten zu haben. Erst als einzelne EU-Staaten wegen der Impfstoff-Engpässe in Eigenregie Sputnik V direkt in Russland einkauften und ihren Bürgern verabreichen ließen – Ungarn, Slowakei, (in Vorbereitung: Tschechien, Österreich, Niederlande) – fand sich die EMA am 4. März bereit, die formelle Zulassung in der EU zu prüfen.

Gegendruck aus allen Richtungen

Da hatten auch deutsche Politiker – genervt vom ungereimten, dilettantischen Lockdown-Regime der Kanzlerin – bereits Druck gemacht. Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Dietmar Bartsch:

Das Schlüsselthema ist zügiges Impfen.“ (26) 

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff:

Man sollte über mögliche Impfstoff-Lieferungen mit Russland reden … Ich bin als Kind schon mit einem russischen Präparat erfolgreich gegen Kinderlähmung geimpft worden … Ich würde mich jederzeit mit Sputnik V impfen lassen.“ (27)

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder:

Ich höre sogar, Sputnik soll besser sein als mancher Impfstoff, der bei uns schon geimpft wird.“ (28)

Russland hat sich längst bereit erklärt, der EU 100 Millionen Dosen Sputnik V zur Verfügung zu stellen. (29) Es wird jedoch mindestens bis Juni dauern, ehe deutsche Interessenten (von denen es einige Millionen gibt) sich damit versorgen lassen können – wenn überhaupt. Denn transatlantisch lackierte Politiker wie Kanzlerin Merkel und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen blockieren nach Kräften. Und die Tagesschau übergeht diesen Skandal, den man angesichts der Corona-bedingten Übersterblichkeit nur noch als transatlantisches Politgangstertum bezeichnen kann.

Glattweg unterschlug ARD-aktuell am 4. März auch diese wesentliche Nachricht:

Der Bundestag hat mit der Mehrheit der Regierungsparteien die Fortdauer einer ‚epidemische Lage von nationaler Tragweite‘ festgestellt.“ (30)

Unser aller Parlament sicherte damit die Rechtsgrundlage für fortgesetzte Lockdown-Restriktionen. Die Volksvertreter verzichteten für weitere drei Monate auf ihr Beteiligungs- und Entscheidungsrecht und lassen unserer regierenden Versagertruppe freie Hand beim Weiterwursteln. Was Wunder, wenn sich der noch immer bedeutendste TV-Nachrichtenanbieter, die ARD-Tagesschau, nicht als Vierte Gewalt versteht, als kritisches Kontrollorgan der Öffentlichkeit. Die Redakteure der ARD-aktuell sind allerdings nicht die einzigen Journalisten mit Gummischlauch statt Rückgrat.

Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-41787.html

(2) https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/extra_3/rueckschau/extra-3-vom-04032021,extradreisendung332.html (ab ca. 10‘30“)

(3) https://www.welt.de/politik/deutschland/article221277222/Angela-Merkel-spricht-Buergern-in-Corona-Pandemie-Mut-zu.html

(4) https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/hauptstadtgeflüster-impf-krieg-zwischen-merkel-und-spahn/ar-BB1cwhzm

(5) https://www.stern.de/politik/deutschland/jens-spahn-hat-mehr-immobilien-als-bisher-bekannt-9542138.html

(6) https://www.welt.de/politik/deutschland/article226986455/Immobiliengeschaefte-Jens-Spahn-forscht-offenbar-Journalisten-hinterher.html

(7) https://www.aerzteblatt.de/archiv/212788/Krankenhausschliessungen-Spahn-wuenscht-sich-mehr-Mut-bei-Debatte

(8) https://www.freitag.de/autoren/elisvoss/tagesschau-relativiert-klinikschliessungen

(9) https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__28a.html

(10) https://www.spiegel.de/consent-a-?targetUrl=https%3A%2F%2Fwww.spiegel.de%2Fpolitik%2Fausland%2Fcoronavirus-angela-merkel-sieht-deutschland-in-dritter-welle-a-2e8dc0f6-88db-44aa-8432-1cc8c687dbfa

(11) https://www.br.de/nachrichten/wissen/dritte-corona-welle-ein-wahrscheinliches-szenario,SPGnQe6

(12) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-824721.html

(13) https://rp-online.de/politik/deutschland/corona-mpk-angela-merkel-kuendigt-staerker-regionalisierte-oeffnungsstrategie-an_aid-56564545

(14) https://www.tagesschau.de/inland/lockdown-verlaengerung-105.html

(15) https://www.tagesschau.de/kommentar/bund-laender-beschluesse-107.html

(16) https://multipolar-magazin.de/artikel/die-mainstream-blase

(17) https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8544/

(18) https://www.focus.de/politik/ausland/ministerpraesidentin-ana-brnabic-im-exklusiv-interview-mit-putin-impfstoff-ueberholt-serbien-eu-es-geht-um-leben-nicht-geopolitik_id_12935921.html

(19) https://lostineu.eu/warum-das-impfdebakel-ohne-folgen-bleibt/

(20) https://www.bild.de/ratgeber/wissenschaft/doktor/kuerzeste-doktorarbeit-drei-seiten-medizin-42753172.bild.html

(21) https://www.tagesschau.de/ausland/russland-impfstoff-103.html

(22) https://www1.wdr.de/nachrichten/bundesaerztekammer-praesident-reinhardt-masken-100.html

(23) https://www.anti-spiegel.ru/2020/aufregung-um-russischen-corona-impfstoff-die-fake-news-der-deutschen-qualitaetsmedien/

(24) https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(21)00191-4/fulltext

(25) https://www.tagesschau.de/ausland/asien/impfstoff-russland-sputnik-wirksamkeit-101.html

(26) https://www.welt.de/politik/deutschland/article227574777/Corona-Lockerungen-Regierung-schadet-Ansehen-Deutschlands-in-der-Welt-massiv.html

(27) https://www.onvista.de/news/haseloff-wirbt-fuer-einsatz-von-russischem-corona-impfstoff-sputnik-v-438362337

(28) https://www.zdf.de/politik/maybrit-illner/tschentscher-und-soeder-zu-sputnik-v-4-februar-2021-100.html

(29) https://www.rnd.de/gesundheit/sputnik-v-russland-stellt-eu-100-millionen-dosen-corona-impfstoff-in-aussicht-APZHXC2FJR4BAUWBY462XLCIJI.html

(30) https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/510139/Bundestag-verlaengert-juristische-Grundlage-fuer-Sonderrechte-und-Corona-Restriktionen

Das Autoren-Team: 

Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.

Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Julia Klöckners Lug und Trug

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Die Tagesschau dient der Ministerin für Verbrauchertäuschung und Tierquälerei willfährig als Bühne

 

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

 

Männlichen Ferkeln ohne Betäubung die Eier abzuschneiden ist seit dem 1. Januar verboten. Endlich. Eigentlich sollte das schon seit 1.1. 2019 gelten, so war es anno 2014 mit Bauernverbänden und Fleischwirtschaft ausgemacht worden. Doch die saßen den Termin einfach aus. (1) Julia Klöckner, CDU, Bundesministerin für Landwirtschaft und Ernährung, belohnte sie dafür mit einer „Übergangsfrist“ von zwei weiteren Jahren der grausamen Praxis. Ob das Gesetz wenigstens jetzt überall beachtet wird, ist offen, denn ein flächendeckendes Überwachungssystem gibt es nicht. Mit der fiesen Operation muss noch immer kein Tierarzt beauftragt werden, die Bauern dürfen das selber machen. Von einem Ende der vielfältigen Tierquälerei in der Fleisch- und Eierproduktion kann ohnehin keine Rede sein.

Klöckner, ein weiterer Aktivposten im Berliner Witzfiguren-Kabinett (Spahn, Scheuer, Maas, Kramp-Karrenbauer, ff.) bereicherte unsere Alltagskultur immerhin um die Einführung eines „Tierwohl-Labels.“ (2, 3) In Schaumschlägerei und Etikettenschwindel auf der Bühne der Tagesschau ist sie Expertin. (4)

In der Wirtschaft gilt Etikettenschwindel als Verbrechen und wird mit Geldstrafe oder sogar Freiheitsentzug geahndet. Nicht nur die Supermarkt-Kette ALDI kann ein Lied von den üblen Folgen singen, wenn auf einer Verpackung mehr draufsteht als der Inhalt hergibt. (5) Von der Auto-Industrie erst gar nicht zu reden. (6) In der Politik hingegen ist der Etikettenschwindel die Norm.

Klöckners unsägliches „Tierwohl-Label“ täuscht dem Verbraucher vor, er könne mit seinem Kaufverhalten etwas gegen die ekelhaften und abscheulich brutalen Verhältnisse in der Massentierhaltung tun. Das unter dem lieben Label angebotene Fleisch ist jedoch weit vom Standard für Bio-Fleisch entfernt. Fast genauso weit, wie Ministerin Klöckner von der Eignung zur Verbraucher- und Tierschützerin. Wäre es nach Klöckners Wünschen und denen der Produzenten und des Handels gegangen, dann gäbe es die Warenkennzeichnung mit dem Label sogar nur auf Basis der Freiwilligkeit, sie wäre kaum mehr als ein Reklame-Gag. (7)

In Selbstbeweihräucherung, verlogener Phrasendrescherei und beim Schmücken mit fremden Federn ist diese Julia allerdings spitze. Jüngste Meisterleistung, von der Tagesschau kritiklos propagiert: Vom nächsten Jahr an dürfen die Geflügelzüchter Millionen männliche Küken, weil deren Aufzucht „sich nicht rechnet“, nicht mehr einfach schreddern oder in der Gastonne ersticken. Stattdessen sollen schon die befruchteten Eier mit moderner Lichttechnik nach Geschlecht der werdenden Küken selektiert werden. Klöckner, vor der Tagesschau-Kamera ein Großbild von niedlichen Küken schwenkend:

Was wir erreicht haben, ist, durch viel Forschung und Förderung eine Technik zu entwickeln, dass frühzeitig im Ei das Geschlecht erkannt wird nach wenigen Tagen und Eier dann nicht ausgebrütet werden.“ (8)

„Wir“? Pluralis majestatis? Klöckner hatte bei diesem technischen Fortschritt keine bedeutende Rolle gespielt. Sie ist schließlich erst seit März 2018 im Amt. Entwickelt wurde das Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im befruchteten Ei aber schon seit 2013, in einem Gemeinschaftsprojekt der Technischen Universität Dresden und der Universität Leipzig. Auftraggeber dafür war nicht der Bund, sondern das Land Niedersachsen. (9) Die Regierung des damals neuen SPD-Ministerpräsidenten Stefan Weil hatte die Forschungsgelder dafür bereitgestellt.

Minister lassen für sich denken

Der Politikerberuf ist übel beleumundet. Größtes Ansehen genießen Feuerwehrleute, Ärzte und Polizisten; die Politiker stehen am unteren Ende der Wertschätzungs-Skala (sogar wir Journalisten rangieren noch etwas höher). (10) Einer der Gründe für die miese Bewertung: Politiker wollen (wieder-)gewählt werden. Viel mehr mit Worten als mit Taten hecheln sie nach Aufmerksamkeit, steigern ihren Bekanntheitsgrad und sichern sich Wahlchancen und ihre privilegierte Existenzgrundlage. Derweil überlassen sie einen großen Teil ihrer pflichtgemäßen legislativen bzw. exekutiven Arbeit außerparlamentarischen Beratern, zumeist Anwälten und Managern privatwirtschaftlicher Unternehmen. Der Ministerklüngel geht dabei mit schlechtem Beispiel voran. Die Kosten für seine Entlastung vom Selberdenken lagen allein in des ersten drei Quartalen des Vorjahres bei 344 Millionen Euro (11), Tendenz steigend. 

Unter den teuren Berliner Selbstdarstellern ist Julia Klöckner, Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft, ein besonders aufdringliches Exemplar. Sie gehört zu jener Politikerkaste, die fast ohne anderweitige berufliche Leistungsnachweise und Erfahrungen in die Karriere eines Berufspolitikers eingestiegen sind (vgl. Anthor, Maas, Kühnert, Göring-Eckardt, Beck etc). Nur vorübergehend war sie in einem Fachzeitschriftenverlag für Wein und andere Getränke tätig. Ihr hauptsächliches Engagement galt ihrer Karriere in der CDU. Sie wurde mit einem sicheren Listenplatz bei der Bundestagswahl 2002 belohnt, wenig später mit dem Posten einer parlamentarischen Staatssekretärin. Trotzdem fand sie Zeit, das Young Leader Program des American Council on Germany zu absolvieren, ein Partnerprojekt der „Atlantik-Brücke“ für aufstrebende politische und wirtschaftliche Führungskräfte. (12) 

Zweimal, 2011 und 2016, wollte sie gar Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz werden, fiel aber beide Male durch. Solche Pleiten gehören jedoch zum Qualifikationsnachweis für einen Platz im Kabinett Merkel, wie wir nicht nur am Aufstieg ihres Ministerkollegen Maas sehen können.

Klöckner als Reklametafel

Beim Lafer-Skandal – ihr Auftritt in einer Kochsendung – machte sie sich des Sponsorings für einen Kaufkonzern und etlicher anderer Geschmacklosigkeiten schuldig. (13) Rotzfrech behauptete sie aber, ihre fiese Schleichwerbung sei ihr nicht bewusst gewesen. Soweit ihr Ehrbegriff vom Ministeramt. An Politikern wie Gustav Heinemann, Lothar Späth, Jürgen Möllemann oder Björn Engholm, die nach unterschiedlichem Fehlverhalten konsequent zurücktraten, nimmt sie sich kein Beispiel. Anstand ist ja nicht karrieredienlich.

Längst steht die Ministerin im Verdacht, weit mehr als Wirtschaftslobbyistin denn als Volksvertreterin zu agieren. Die Verbraucherorganisation foodwatch beantragte unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz (14) im März 2020 die Offenlegung der Lobbytermine der Bundesernährungsministerin. Der Antrag wurde abgelehnt. Die unverschämte Begründung: Es gebe

eine solche Vielzahl von Lobby-Kontakten, dass „jede Auskunft“ geeignet wäre, „sich dem Vorwurf mangelnder Vollständigkeit auszusetzen“. Zum anderen könne man „aus Sicherheitsgründen“ keine Auskunft geben. (15)

Mit anderen Worten: Klöckner kungelt derart oft und regelmäßig mit Wirtschaftsleuten, dass sich ein schon gefährliches Bewegungsprofil entwickeln ließe, nämlich wann und wo sie beim Antichambrieren zu erwischen wäre. Die foodwatch-Leute reagierten mit einer Klage vor dem Kölner Verwaltungsgericht (16):

Welche Lobbyisten nehmen Einfluss auf die Gesetze und Initiativen der Bundesregierung? Wie oft trifft Ministerin Klöckner Vertreter von Nestlé, Coca-Cola oder Bayer? Über welche Themen wird gesprochen? Die Öffentlichkeit hat ein Recht, das zu erfahren“. (Anm.15)

Nestlé? War da nicht auch was mit einem klebrigen Klöckner-Werbe-Video, Grund für eine Watsche in der ZDF-heute-Show? Es war. (17)

Von all den Skandalen und der penetranten Angeberei erfährt man von der Tagesschau nichts, wie unsere umfangreiche Suche ergab. Die Redaktion ARD-aktuell fühlt sich für Lack am Regierungspersonal zuständig, für Schmutz und Beulen höchstens dann, wenn wegen öffentlichen Rummels unumgänglich.(18)

Der Hund muss pipi

und jedes zehnte Schwein

lebendig in die Kochbrühe

In Deutschland werden 34 Millionen Haustiere gehalten, darunter allein 10,1 Millionen Hunde. (19) Was lag also näher, als dass Ministerin Klöckner sich als Hundeliebhaberin inszenierte (21), zwecks Ablenkung von der maßlosen Tierquälerei, die sie als Landwirtschaftspolitikerin zu verantworten hat?

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will Hunden ausreichend Auslauf und Betreuung garantieren sowie strengere Regeln für Tiertransporte und Hundezüchter erlassen,“ (20)

hieß die Tagesschau-Botschaft. Im Internet sind fast 8000 Berichte über das Thema zu finden, davon 300 mit identischem Wortlaut – eine eindrucksvolle Dokumentation der längst eingerissenen Gleichschaltung. ARD-aktuell gab noch ein Extra, indem sie Klöckner im O-Ton verkünden ließ:

Haustiere sind keine Kuscheltiere – ihre Bedürfnisse müssen berücksichtigt werden.“ (ebd.)  

Keiner der hochmögenden Gesinnungsjournalisten bohrte nach, weshalb das mindestens zweimalige tägliche „Gassi gehen“ gesetzlich neu geregelt werden müsse und wie die Erfüllung dieser Pflicht eigentlich zu überwachen wäre. Nur der Redakteur einer Lokalzeitung in Frankenberg bemerkte, welch eine grandiose Luftnummer die Ministerin da abzog. (21) Die Tierschutzverordnung, § 2, regelt nämlich längst:

Einem Hund ist ausreichend Auslauf im Freien außerhalb eines Zwingers oder einer Anbindehaltung sowie ausreichend Umgang mit der Person, die den Hund hält, betreut oder zu betreuen hat (Betreuungsperson), zu gewähren.“ (22)  

Durchgreifender Tierschutz findet in Deutschland trotz des schönen gesetzlichen Anspruchs nicht statt. Unsere politischen Repräsentanten, Kanzlerin und Landwirtschaftsministerin voran, dulden unsägliche Tierquälerei in der Massentierhaltung, auf Tiertransporten und in den Schlachtfabriken. Dort zum Beispiel landet nach wie vor jedes zehnte Schwein noch lebend in der Kochbrühe, weil es nicht ordentlich abgestochen wurde. Zeit ist Geld; das respektieren unsere Spitzenpolitiker.

Tierquälerei ist auch der Kriegsministerin Kramp-Karrenbauer vorzuwerfen. Ihre Bundeswehr führt jährlich sogenannte „Live Tissue Trainings“ (LTT) durch, englische Verbrämung für qualvolle Übungen an lebenden Tieren. Die Soldaten sollen lernen, mit kriegstypischen Verletzungen umzugehen. Zu diesem Zweck werden Schweine angeschossen und verstümmelt. Am Ende lässt man die gequälte Kreatur sterben. Dabei stünden für diese Übungen künstliche Modelle zur Verfügung, in Armeen anderer Länder sind sie denn auch üblich. (23, 24) Übrigens: Auch an Berichten über grausam misshandelte Hunde fehlt es nicht. (25)

Null Empathie fürs „arme Schwein“

Dass ARD-aktuell nicht über die Tierquälerei bei der Bundeswehr berichtet, sondern lieber Geschichten über gesetzlich geregelten Hundeauslauf erzählt, gehört zu ihrem obrigkeitshörigen Gesinnungsjournalismus. Kritiklos nachplappern, was Ministerin Klöckner verkündet, lautet die Devise. Die Verbraucherorganisation foodwatch hat in einer Expertise die Seriosität der Veröffentlichungen des „Klöckner-Ministeriums“ untersuchen lassen und festgestellt, dass auf dessen Webseiten die

Darstellung der Tierhaltung zuweilen eher einer Marketing-Initiative ähnelt, denn einer objektiven Aufklärung. Die Perspektive der Tiere – und ihr erwiesen vielfaches Leid – wird weitgehend ausgeklammert …” (26)

Der Tagesschau fällt so etwas natürlich nicht auf, und folgerichtig unterließ sie es, über die foodwatch-Expertise zu berichten.

Die breite Öffentlichkeit erfährt deshalb trotz eindringlichster Zahlen nicht, dass in der Massentierhaltung Ethik und das beschworene Tierwohl nichts gelten: Jedes fünfte Mastschwein wird nicht geschlachtet, sondern verreckt vor Ende der Mastzeit an Haltungsfolgen, Knochenbrüchen, Infektionen oder schwärenden Wunden. Jährlich landen rund 13 Millionen dieser Ferkel in der Tierkörperbeseitigungsanstalt. 90 Prozent der in Deutschland gehaltenen Schweine entwickeln Klauenkrankheiten. Der gesetzliche Mindestraum pro Tier im konventionellen Schweinestall beträgt nur 0,75 Quadratmeter. Gemäß Stufe 1 des „Tierwohl-Labels“ sollen es jetzt 0,9 Quadratmeter sein. 15 Zentimeter mehr Seitenspiel bei einem Meter Länge: Welch atemberaubender Fortschritt!   

Aus wissenschaftlicher Sicht bieten herkömmliche Schweineställe „nicht genug Platz pro Schwein“ und lassen dem Spieltrieb der intelligenten Tiere (sie lernen vielfach schneller und besser als Hunde) keinerlei Raum. Aus mangelnder Bewegungsfreiheit beißen die Ferkel sich gegenseitig die Schwänze ab. Um dem vorzubeugen kupiert der moderne Schweinezüchter seine Ferkel. Ohne Betäubung, versteht sich, obwohl der Zentralnerv des Rückgrats erst in der Schwanzspitze endet. Einfach mit der Gartenschere durchschneiden, das ist am billigsten… Seit einem Vierteljahrhundert ist das nach EU-Recht zwar verboten, es verstößt auch gegen geltendes Tierschutzrecht, aber in Deutschland wird – unter Klöckners Augen – flächendeckend dagegen verstoßen. (27) Die gellenden Schmerzensschreie der gequälten Tierchen hört der Schnitzelkäufer ja nicht.

Seit Generationen werden trächtige und säugende Zuchtsauen bei zweimaligem Wurf pro Jahr für jeweils mehrere Monate im „Kastenstand“ gehalten, einem engen Käfig, in dem das gepeinigte Vieh sich nicht umdrehen und die Gliedmaßen nicht ausstrecken kann. Ein Normenkontrollantrag des Berliner Senats beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (28) sowie die Dauerproteste der Tierschutzorganisationen gegen die Qualzucht erzeugten schließlich soviel Druck, dass der Bundesrat im vorigen Sommer die Vergrößerung der Kastenmaße um ein paar Zentimeter und ein völliges Verbot des Kastenstands nach einer „Übergangszeit“ von acht (!) Jahren beschloss. (29) Wäre es nach der verantwortlichen Tierliebhaberin Klöckner gegangen, so wären sogar 15 (!) Jahre „Übergangszeit“ festgelegt worden. (30).

Die Redaktion ARD-aktuell lässt das alles kalt. Sie gab der Quasselstrippe eine weitere Gelegenheit, das Tagesschau-Publikum zu nasführen:

Sie (Klöckner) hob auf Twitter hervor, dass den Bauern für den Stallumbau Gelder zur Verfügung gestellt würden – dies bedeute ‚Planbarkeit für Landwirte, mehr Tierwohl für die Sauen‘.“ (31)

Selbstgerechter Schönheitsschlaf

Jedes fünfte Rind in Deutschland lebt in Anbindehaltung, sein Hals ist in einer Rohrgabel fixiert. Die erzwungene weitgehende Bewegungslosigkeit hat erhebliche physische und psychischen Folgen, beispielsweise schmerzhafte Klauen- und Eutererkrankungen. (32) Die betäubungslose „Enthornung“ der im Laufstall gehaltenen Jungrinder bis zum 6. Lebenswoche bleibt ebenfalls erlaubt. (33) Rinderschlachtung: Jedes zehnte Rind ist nach Abgabe des (ersten) Bolzenschusses noch wahrnehmungs- und empfindungsfähig. (34) Beim Töten im Akkord geht eben regelmäßig etwas schief.

Legehennen könnten acht bis zehn Jahre leben. In Deutschland werden sie nicht älter als zwei Jahre. Dazwischen liegt eine Mauser, die mit einwöchigem Hungern „induziert“ wird. Spätestens am Ende der zweiten Legeperiode werden jährlich Millionen Tiere getötet und landen häufig in der Biogasanlage. Das Suppenhuhn, einst eine Delikatesse, steht im reichen Deutschland nur noch selten auf dem Speiseplan. (35)

Eine Julia Klöckner bringt das so wenig um ihren Schönheitsschlaf wie Tagesschau-Redakteure um ihre mittägliche haute cuisine.

Nicht nur mit Klöckners realitätsleugnender Phrasendrescherei über das Tierwohl ließen sich Bände füllen. Auch bei der jahrelangen Verhinderung einer verbraucherfreundlichen „Lebensmittel-Ampel“ (u.a. in Frankreich längst eingeführt) erwarb sie sich den Respekt ihrer Lobbykumpel in der Nahrungsmittelindustrie. (36) Dass sie ein Verbot des mutmaßlich krebserregenden Pflanzengifts „Glyphosat“ auf europäischer Ebene nachhaltig verzögerte (37), trug ihr die Wertschätzung des BAYER-Konzerns und der Agrarindustrie ein. Die Zahl qualvoller Tierversuche stieg mit Klöckners Segen im Jahr 2019 auf mehr als 2,2 Millionen; an mehr als 50 000 dieser armen Viecher wurden sogar mehrmals grausige Experimente vorgenommen. (38) Nicht nur zum Nutzen der Wissenschaft, sondern auch zur Profitsicherung der Pharma- und der Kosmetikindustrie. Selbstredend kein Thema für die Redaktion ARD-aktuell.

Laut Artikel 20a unseres Grundgesetzes ist der Tierschutz ein Staatsziel:

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ (39)

Ein bedeutsamer Informationsgegenstand der Tagesschau ist er allerdings nicht.

Quellen und Anmerkungen:

  1. https://www.stern.de/politik/deutschland/ferkel-kastration–zack–hoden-ab–das-sagt-ministerin-julia-kloeckner-im-stern-dazu-8342004.html
  2. https://www.peta.de/neuigkeiten/tierwohl-label-bmel/
  3. https://www.test.de/Tierwohl-Label-Diese-Siegel-sollen-beim-Kauf-von-Fleisch-helfen-5306979-0/
  4. https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-502621.html
  5. https://www.bo.de/lokales/ortenau/aldi-verliert-vor-gericht-wegen-falsch-ausgezeichnetem-apfel
  6. https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/vertraege-reklamation/kundenrechte/abgasskandal-was-sie-als-betroffener-vwkunde-jetzt-noch-tun-koennen-13658
  7. https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/ringen-um-den-tierschutz-julia-kloeckner-muss-um-ihr-staatliches-tierwohllabel-bangen/24521882.html
  8. https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-41091.html
  9. https://tu-dresden.de/med/mf/ksm/die-arbeitsgruppe/news/wie-licht-die-geschlechterbestimmung-im-huehnerei-ermoeglicht-und-damit-das-millionenfache-kuekensterben-beendet-werden-kann
  10. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/feuerwehrleute-sind-beliebter-als-manager-15166538.html?xing_share=news#aufmacherBildJumpTarget 
  11. https://www.tah.de/afpnewssingle/bericht-bundesregierung-gibt-344-millionen-euro-f%C3%BCr-berater-aus 
  12. https://www.atlantik-bruecke.org/wp-content/uploads/jb-0910-final.pdf – Seite 10 
  13. https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/skandale-um-julia-kloeckner-und-co-wenn-minister-werbung-machen/25807704.html 
  14. https://www.bmi.bund.de/DE/themen/moderne-verwaltung/open-government/informationsfreiheitsgesetz/informationsfreiheitsgesetz-node.html
  15. https://verbandsbuero.de/presse/foodwatch-streit-um-geheime-lobbytreffen-von-julia-kloeckner/
  16. https://www.foodwatch.org/de/aktuelle-nachrichten/2021/geheime-lobbytreffen-von-julia-kloeckner-foodwatch-klagt/ 
  17. https://www.youtube.com/watch?v=iKkQmlm174k
  18. https://www.tagesschau.de/inland/tierexporte-kloeckner-101.html
  19. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/156836/umfrage/anzahl-der-haushalte-mit-haustieren-in-deutschland-2010/ 
  20. https://www.tagesschau.de/inland/kloeckner-hundeverordnung-101.html
  21. https://www.hna.de/lokales/frankenberg/korbach-ort55370/hund-gesetz-gassi-pflicht-korbach-90038512.html#idAnchComments 
  22. https://www.gesetze-im-internet.de/tierschhuv/BJNR083800001.html 
  23. https://www.peta.de/themen/schweine-schafe-op-kurse/ 
  24. https://www.peta.de/themen/bundeswehr-op-kurse-petition/ 
  25. https://boostyourcity.de/vorwurf-der-tierquaelerei-auf-bundewehrgelaende-wachhunde-mit-stromstoessen-gequaelt
  26. https://www.foodwatch.org/fileadmin/-DE/Themen/Tierhaltung/Dokumente/2021-01-20_Tierwohl-BMEL-Report.pdf
  27. https://www.lgl.bayern.de/tiergesundheit/tierschutz/tierhaltung_nutztiere/schweine/schwanzkupieren_schweine.htm
  28. https://www.berlin.de/sen/justva/presse/pressemitteilungen/2019/pressemitteilung.772703.php 
  29. https://www.wochenblatt-dlv.de/politik/kastenstand-bundesrat-stimmt-fuer-verbot-561888
  30. https://www.fleischwirtschaft.de/politik/nachrichten/Tierhaltung-Kastenstand-wird-neu-geregelt-39466
  31. https://www.tagesschau.de/inland/bundesrat-schweinehaltung-kastenstand-101.html
  32. https://www.foodwatch.org/de/pressemitteilungen/2021/schoenfaerberei-statt-fakten-foodwatch-wirft-bundeslandwirtschaftsministerium-tendenzioese-information-ueber-nutztierhaltung-vor/
  33. https://www.nahgenuss.at/blog/enthornung-rinder-meinungen/
  34. https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/julia-kloeckner-so-gut-geht-es-tieren-in-deutschland-sagt-die-ministerin-a-982fbb3e-4c1e-449c-8702-0b77847442c8
  35. https://www.tagblatt.ch/wirtschaft/biogasanlage-statt-kochtopf-ld.1137559
  36. https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bundesernaehrungsministerin-kloeckner-gegen-ampelkennzeichnung-fuer-lebensmittel/21115824.html?ticket=ST-252533-enJefcdb1B2zybGk5iSF-ap1
  37. https://www.sueddeutsche.de/politik/glyphosat-streit-landwirtschaftsministerium-umweltministerium-1.5126458
  38. https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/tierschutz/versuchstierzahlen2019.html
  39. https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_20a.html

Das Autoren-Team: 

Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.

Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

 

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Werner Menne

Die Macht um Acht (70) „Nach Nachrichten tauchen“

Diesmal muss der Moderator der Macht-um-Acht seine Taucher-Brille anlegen: Denn nur unterhalb der ARD-Nachrichtenfläche finden sich die Informationen, die man eigentlich von der Tagesschau erwarten dürfte: Echte Fakten, Zusammenhänge, Hintergründe.

Schon mit der Überschrift „Urlaubsreisen wohl erst ab Pfingsten“ schwimmt die „Tagesschau“ ganz weit oben. Denn der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung soll gesagt haben: „Ich glaube, dass Reisen etwas ist, dass die nächsten zwei, drei Monate noch sehr schwer vorstellbar ist“. Jetzt wäre der Job eines echten Nachrichten-Redakteurs zu fragen und aufzuklären: Was macht ein Tourismusbeauftragter eigentlich? Reist er durch die Gegend? Schläft er in fremden Betten zur Probe? Woher weiß der Mann den Pfingst-Termin? Alles Fragen, die von der Tagesschau nicht gestellt werden und weil sie nicht gestellt werden, werden sie auch nicht beantwortet.

Mit der Überschrift „Deutschland im Blindflug“ meint die Tagesschau nicht die eigene Redaktion. Immerhin stellt sie mal Fragen: „Selbst nach vier Wochen ist unklar, welchen Einfluss der Lockdown auf das Infektionsgeschehen hat.“ Jetzt wäre die Frage nach dem WARUM fällig. Kommt nicht. Statt dessen der nächste Panik-Hammer: „Noch völlig unklar ist auch, wie stark die wohl deutlich ansteckenderen Coronavirus-Varianten, die in den vergangenen Wochen in Großbritannien und Südafrika entdeckt wurden, in Deutschland schon verbreitet sind.“

Völlig unklar ist, ob der Mutant so gefährlich ist, wie behauptet. Unter der Oberfläche liegt die erste Antwort: Es ist völlig normal, dass Viren mutieren. Das machen sie ständig, und das ist meist völlig ungefährlich. Aber für diese schlichte Information müsste die Tagesschau unter die Oberfläche der Regierungs-Panik-Meldungen tauchen.

Und dann kommt Steinmeier, die präsidiale Fehlbesetzung des Jahrzehnts, und ruft zum Homeoffice auf: „Gehen Sie nicht ins Büro!“ ruft der Bundespräsident und jetzt sollten eigentlich die Fragen der Tagesschau kommen: Nicht mehr in die Büros der Krankenhäuser, der Polizei und der Feuerwehr gehen? Nicht in die Büros des Transportwesens, der Straßenbaubetriebe, des Wohnungsbaus oder die Büros der Energie- und Wasserwirtschaft? Von alldem nichts! Und woher nimmt Steinmeier seine Infos für die Büro-Forderung? Die Tagesschau schweigt, also schweigt Steinmeier auch, man bleibt an der Oberfläche, plätschert so vor sich hin und lutscht am Daumen. Keine Rede von Nachrichten, die Redaktion bleibt im Panikmodus, erst im Tauchgang der Macht-Um-Acht wird deutlich, worum es geht: Steinmeier sollte zu Hause bleiben, vor Kameras und Mikros quasselt er nur Unsinn.

Auch diese Ausgabe der MACHT-UM-ACHT stützt sich auf eine Vielzahl von Zuschauer-Zuschriften, die an diese Adresse gesandt wurden: DIE-MACHT-UM-ACHT@KENFM.DE. Dafür bedankt sich die Redaktion ganz herzlich.

Der Journalist und Filmemacher Uli Gellermann beschäftigt sich seit Jahren mit der Dauermanipulation der Tagesschau. Gemeinsam mit den Co-Autoren, Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer, schrieb er das Buch „Die Macht um Acht: der Faktor Tagesschau“. Eine herausragende Lektüre über die tägliche Nachrichtensendung der ARD.

Bei KenFM nimmt er mit dem gleichnamigen Format die subtile Gehirnwäsche der Tagesschau alle zwei Wochen unter die Lupe.

https://www.wiki-tube.de/videos/watch/4ea7564c-533f-46f1-8170-59f61ede99c2

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