Dienstag, 22.5.2012. Eifel – und froh darüber, wie alle Deutschen. Nein, was können wir uns glücklich schätzen, das wir jetzt einen neuen Rettungsschirm bekommen – diesmal aus Raketen. Ich bin ja so froh, das ich endlich in Ruhe und Frieden leben kann, belasteten mich doch die beständigen Raketeneinschläge sehr. Leider hat man mir nicht genau mitgeteilt, wer dann da andauernd Raketen auf mich abschießt oder warum der das tut – ich hätte ja fragen können, ob man das nicht auch auf anderem Wege hätte regeln können. Früher hatte man ja mal die Idee, anstatt ständig neue Raketen zu installieren, die viel Geld kosten und saugefährlich sind einfach mal den Krieg zu beenden und Frieden zu schaffen. Heute sind wir schon so weit degeneriert, das uns überhaupt nicht in den Sinn kommt, das es viele schöne Alternativen zu neuen Raketen gibt – erst recht in einer Zeit, wo Russen und Amerikaner zusammen üben. Irgendwo scheint es mächtige Interessengruppen zu geben, die den Kriegsgedanken nicht aufgegeben … und gewonnen haben. Das da jemand gewonnen hat, sieht man ja an Griechenland.
Schon mal wieder genauer hingesehen, wie es denen jetzt geht? Ich meine – die sind ja aktuell von unseren alten Rettungsschirmen gerettet worden. Das soll für uns ziemlich teuer geworden sein, obwohl wir ja angeblich sogar daran verdient haben, weil die Griechen enorme Zinsen zahlen für Geld, das wir einfach aus dem Nichts schufen. Der Erfolg der Schirme ist beachtlich. Die Bautätigkeit in Griechenland ist um knapp ACHTZIG PROZENT gesunken, analog dazu stieg die Zahl der Arbeitslosen um 44,1 % , das Volk versucht verzweifelt, seine Kinder in SOS Kinderdörfern unterzubringen (die ja in der Tat ursprünglich wirklich für die Unterbringung von Kriegswaisen gedacht waren und somit in Griechenland ihren Zweck wieder erfüllen) – Zahlen wie aus einem Krieg.
Meldungen über Tote liegen noch nicht vor. Dabei sollten die Griechen noch froh sein. Zwar sind ihre Gehälter im Schnitt um 25 % gesunken, liegen aber noch deutlich über denen von Bulgarien, das mit 231 Euro Monatslohn das Schlusslicht der EU und das Vorbildland für den Bundesverband deutscher Unternehmer darstellt.
Darum können deutsche EU-Parlamentarier auch davor warnen, das den Griechen „das Grauen“ droht, wenn sie bei der nächsten Wahl einen Fehler machen während die Journalisten deutscher Tageszeitungen offen und unverhohlen das Selbstbestimmungsrecht Griechenlands in Frage stellen: Also bestimmt Griechenland, und die anderen Länder müssen die Folgen ausbaden?
Stimmen, die den Einsatz der Bundeswehr in Griechenland zum Zwecke der Geldeintreibung für Banken fordern (was man offiziell aber anders nennen wird … immerhin haben wir eine Demokratieillusion aufrecht zu erhalten) , habe ich noch nicht gefunden … bin mir aber sicher, das sie schon im Geheimen tuscheln.
Es ist auch nicht nur Griechenland, das hier gebeutelt wird. Schauen wir einfach mal nach Großbritannien – die haben keinen Euro … aber 85 % aller Briten müssten ihre alltägliche Lebensweise ändern, wenn die Spritpreise weiter steigen. Es gibt inzwischen schon Städte in Großbritannien, in denen 62% der Kinder in Armut leben. Das passt ganz gut zu den Daten der EU, die aktuell eine nie dagewesene Rekordarbeitslosigkeit bei Jugendlichen von 22,1 5 erreicht.
Nun … wir in Deutschland merken davon nichts. Wir merken ja auch nichts von den knapp 2 Millionen Menschen, die der „Krieg gegen den Terror“ bislang das Leben gekostet hat – ein Genozid der besonderen Art, dessen Fortführung durch keinen Rettungsschirm gebremst wird.
Es ist wie bei einer Exekution: da werden einem erstmal die Augen verbunden, damit man nicht sieht, was auf einen zukommt.
Dabei ist der Terror in Deutschland schon angekommen: die 50-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich ist inzwischen für viele Alltag geworden – eine direkte Folge der Hartz IV-Gesetzgebung. Wo Arbeit Selbstzweck wird, braucht mein kein Gehalt und muss dankbar sein, wenn man 50 Stunden in der Woche damit verbringen darf.
Arbeit adelt, das wusste schon Hitler.
Uns beruhigt man mit Studien, die zeigen, das Geld auch nicht glücklich macht, unterschlägt aber dabei, das Armut nicht nur krank macht, sondern das Leben sogar um 20 Jahre verkürzt. Wieviele Lebensjahre Gerhard Schröder durch Hartz IV vernichtet hat, wird hoffentlich auch mal untersucht werden.
Doch nicht nur den Griechen wird gedroht. „Die Geldgeber ziehen sich zurück„, das Euroland gefällt ihnen nicht mehr, weshalb man dort schon mal drastisch die Mehrwertsteuer erhöht, um noch mehr Armut zu produzieren und noch mehr Armen das Leben zu verkürzen.
Während wir aber noch im Kleinen herumwurschteln und Griechenland für einen kleinen Unfall halten, verlieren wir ganz die Dimensionen aus den Augen, die die augenblickliche Entwicklung insgesamt hat: wir bauen an einer Gesellschaft, in der der Mensch selbst keinen Platz mehr hat, siehe Zeitgeist-online:
Der Mensch von heute muss sich kulturtechnischen und weltwirtschaftlich bedingten Umweltfaktoren gegenüber anpassen, für die er nicht angepasst ist. So etwa ist er nicht disponiert, unter permanentem repressiven Druck zu stehen. Dauernder Konkurrenzkampf im Betrieb, anhaltender Druck von oben und stete Angst vor dem Wegfall des Arbeitsplatzes sind uns Menschen stammesgeschichtlich fremd. Angst, in jeder Form, reduziert sich bei genauer Betrachtung auf eine Furcht vor Verlust von Kontrolle, und es ist nicht zu leugnen, dass sich Existenzangst nachteilig auf das Individuum und die Gesellschaft auswirkt.
Der Umbau der ganzen Welt in ein urbanisiertes Arbeitslager führt dazu, das für uns Menschen als solche kein Platz mehr auf dem Planeten ist, weil wir den neuen Umweltbedingungen nicht lange stand halten. Auch unsere bisherigen Organisationsformen halten dem aktuellen Druck nicht mehr stand:
Seit dem Ende der 1980er-Jahre erweisen sich Nationalstaaten als eine Behinderung der globalen Beschleunigung, so Rosa. Sie seien hoffnungslos überfordert, die Ströme aus Geld, Handelswaren und Informationen zu synchronisieren. Für ihn gehe das Projekt der Moderne insgesamt zu Ende.
Darum wird der Nationalstaat genauso abgebaut wie der Mensch – was zu dem politischen Paradoxon führt, das die Menschenrechtler von gestern die Nationalisten von Morgen werden müssen, um Staaten als anachronistische Biotope für überforderte Neandertaler zu erhalten.
Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass unsere Politiker als Kurzzeitstrategen oder Wirtschaftsunternehmen das schon „irgendwie in den Griff“ bekommen. Kein Politiker kann intelligent genug sein, alle kommunalen wie globalen Probleme zeitgleich lösen zu wollen. In einer immer komplexeren und damit komplizierteren Welt verliert der Mensch von heute zunehmend die Übersicht und Kontrolle über seine Lebensbereiche.
Und damit wir das nicht sehen, hat die Politik die Talk-show erfunden, die uns das Gefühl gibt, wir wären direkt bei der Lösung der aktuell drängenden Probleme dabei, vor Ort an einem Tisch mit den wirklich wichtigen Menschen dieser Welt, die alle Probleme dank Kompetenz und Engagement sofort in den Griff bekommen – wie der Ackermann, der in seiner Amtszeit erstmal den Wert der Deutschen Bank halbierte.
Dabei werden uns eigentlich nur die Augen verbunden, damit wir nicht sehen, das die Eurokrise nur ein laues Lüftchen ist im Vergleich zu dem Orkan, der uns Menschen von der Erde fegen will, einem Orkan, der den Planeten in ein Arbeitslager verwandeln wird, in dem der größte Teil der Menschheit in urbanen Slums rechtlos dahinvegetiert und einen frühen Tod stirbt.
Wer will das schon wirklich sehen? Kein Raketenschirm wird uns davor schützen können – so wie kein Rettungsschirm uns vor der umfassenden Macht der Märkte schützen kann.
Dabei gäbe es ganz andere Perspektiven, mit deren Hilfe wir die Welt schnell in ein Paradies verwandeln können, das Glück, Wohlstand, Freiheit, Frieden und Geborgenheit für alle bringt:
Wenn wir kleine Kinder beobachten, wie sie ganz versunken sind in dem, was sie gerade tun,
oder wenn sie uns anschauen mit diesem Blick, mit dem nur kleine Kinder schauen können,
dann leuchtet vielleicht kurz die Vision auf, die in jedem von uns angelegt ist.
Die Vision einer Welt glücklicher Menschen, die kraftvoll und einfühlsam durchs Leben
gehen, die im Kontakt sind mit sich selbst und mit ihren Gefühlen, und die gemeinsam mit
Gleichgesinnten die Träume ihres Lebens verwirklichen.
Aber … bevor wir Geld in ein Projekt wie das Land Visiana stecken, investieren wir lieber eine zehntausendfache Menge des zur Realisierung benötigten Kapitals in Raketenschirme, Rettungsschirme und nicht-lethale Waffensysteme zur Kontrolle der recht- und wertlos umherirrenden Menschenmassen.
Dabei – nur mal kurz angedacht – wie würden zehntausend „Visianas“ eigentlich unser Kultur verändern? Bräuchten wir dann vielleicht gar keine Schirme mehr … und hätten vielleicht sogar die Hoffnung auf eine Welt, in der für ganz einfache Menschen mit ihren ganz einfachen (und im Übrigen sehr preiswerten) Bedürfnissen noch Platz ist?
Wie gut, das wir über so etwas gar nicht erst nachdenken.
Für uns heißt es warten – die Armutsoffensive läuft, Griechenland wird aktuell erschossen, uns hat man schon mal die Augen verbunden, damit wir nicht sehen, was auf uns zukommt, siehe Süddeutsche:
„Sie werden in den nächsten zehn Jahren von Herrn Draghi enteignet werden“