Versammlungsfreiheit

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Parlamentarische Anfrage von Hans-Christian Ströbele zu Polizeiübergriffen am 01. Juni in Frankfurt

Mal wieder bestätigt es sich, daß Herr Ströbele, auch wenn er bei den Grünen ist, einer der wenigen übergebliebenen Demokraten im Bundestag ist. Auch wenn ich davor abrate, die Grünen überhaupt zu wählen, als Direktkandidat ist er unbezahlbar.

Hier der Text der Mail. Das PDF mit der parlamentarischen Anfrage kann hier heruntergeladen werden.

 

An den berichteten Polizeiübergriffen gegen die Frankfurter Blockupy-Demonstration letzten Samstag soll sich auch die eingesetzte Bundespolizei massiv beteiligt haben.

Daher hat Hans-Christian Ströbele hierzu nun eine parlamentarische Anfrage an die Bundesregierung eingereicht.

Darin fordert er von der Bundesregierung auch Auskunft, was diese initiativ zur Aufklärung der Vorwürfe unternimmt.

 

Ströbele:

„Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ist elementar für unsere Demokratie. Es gilt auch vor Banken, wie mehrere Gerichte zur Blockupy-Demo bestätigten. Dieses Bürgerrecht darf nicht durch Innenminister und pflichtvergessene Rambo-Polizisten ausgehöhlt und niedergeknüppelt werden, um damit unliebsame Gerichtssprüche zu unterlaufen. Der Schaden solcher Praktiken für das Gemeinwesen geht weit über Frankfurt und den Anlass hinaus: das lehren Stuttgart 21 und aktuell die Türkei.“

Mit freundlichen Grüßen

 

Christian Busold

Büro

MdB Hans-Christian Ströbele

 

 

Notiz zum Widerstandsrecht gemäß Art. 20 Abs. 4 GG

Autor: Ingmar Wengel (Bundessprecher Grundrechtepartei)

Artikel 20 Abs. 4 GG (Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.) ist als Widerstandsrecht und Widerstandsmittel untauglich, da seine Erfüllung die Erlaubnis der öffentlichen Gewalt bzw. nachträgliche Legitimation durch die Rechtsprechung bedingt. Im Falle, dass es die öffentliche Gewalt selbst ist, welche es unternimmt, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen, wird das Dilemma offensichtlich.

Im Grunde ist Art. 20 Abs. 4 GG, als vermeintlich neues Grundrecht für den Bürger im Zuge der Notandsgesetze im Jahre 1968 in das Grundgesetz aufgenommen, ein unzulässiges Grundrecht der öffentlichen Gewalt für den Fall, dass der Protest der Bürger nicht mehr beherrschbar ist, da nur die öffentliche Gewalt entscheidet, ob ihr rechtswidriger Widerstand gegen die Bürger (schein-)legitim ist oder nicht. Das war vor 1945 und ist weiterhin so.

Wirklich effektiver und gleichzeitig legitimer Widerstand ist die Ausübung der Grundrechte durch den Bürger als Grundrechtsträger. Die wenigsten wissen, dass die Grundrechte eigentlich Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat und seine Institutionen sind, weil sie gemäß Art. 1 Abs. 3 GG als unmittelbar geltendes, also erlaubnisfreies Recht die öffentliche Gewalt in ihren Handlungen an die Grundrechte binden.

Es ist also ein Unterschied, ob z.B. Demonstranten ihr Grundrecht der Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 GG mit der (unnötigen) Erlaubnis der Behörden als von der öffentlichen Gewalt gewährtes Gnadenrecht ausüben (dürfen) oder ob sie sich im Sinne des Art. 1 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 8 GG zum Zwecke der Abwehr der öffentlichen Gewalt friedlich und ohne Waffen versammeln. Versammlungsfreiheit als friedliches Abwehr-Grundrecht gegenüber der rechtswidrigen Anwendung öffentlicher Gewalt. Friedliche bürgerliche gegen rechtswidrige öffentliche Gewalt sozusagen.

Alles das, was Art. 20 Abs. 4 GG zu versprechen scheint.

Und wenn mit diesem Wissen erkannt wird, dass sich die öffentliche Gewalt nicht an die Grundrechte und damit auch nicht an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden fühlt, dann kann die verfassunggebende Kraft, die über jedes gesetzte Recht erhabene »pouvoir constitutant«, des Volkes im Sinne des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG wirken, wonach alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Auch dazu bedarf es des Art. 20 Abs. 4 GG nicht, denn dann kann der Zustand eintreten, den man als (friedliche aber bestimmte) Revolution bezeichnet.

Mit dem Missbrauch der Grundrechte als Gnadenrecht und persönlicher Bereicherungsanspruch funktioniert das jedoch nicht.

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Erlaubnis des Autors.

Link zum Original: http://grundrechteforum.de/notiz-zum-widerstandsrecht/1769/

Mit freundlicher Genehmigung von Ingmar Wengel (Bundessprecher Grundrechtepartei)

Mythos Demokratie

Eine Woche #alex11 als Weckruf für eine schlafende Gesellschaft

Ein Kommentar von Florian Hauschild

Seit dem 20. August 2011 wird nun der Alexanderplatz in Berlin „besetzt“. Zu mindest war dies die Idee, die wohl auch gefruchtet hätte, wenn eifrige deutsche Beamte nicht alles daran setzen würden, dieses Demokratieexperiment zu unterbinden.

In anderen Ländern überall auf dem Globus machen sie uns längst vor wie Demokratie geht: Auf die Straße gehen, beginnen wieder richtig miteinander zu sprechen und erkennen, dass wir zu mehr fähig sind als zu dem was man uns als „normal“ oder „alternativlos“ verkaufen will.

Ich selbst bin bei #alex11/#aCAMPadabln Beobachter und Beteiligter zugleich. Wie wir alle. Wir alle erleben nun zum ersten Mal was Demokratie eigentlich heißt, wie schwierig es ist in einer offenen Gesellschaft Lösungen zu finden, wie sicher es aber auch ist, dass es dabei Stück für Stück immer ein wenig voran geht.

Ich sehe obdachlose Straßenkinder und ehemalige Heimkinder, die 11 Jahre mit Ritalin vollgestopft wurden und die plötzlich fähig sind Verantwortung zu übernehmen und sich ohne jeden Konflikt ins Kollektiv einbringen – einfach weil man sie so sein lässt wie sie sind.

Ich sehe eine bunte Mischung wacher Menschen, die begriffen haben, dass es an erster Linie auch an ihnen selbst liegt, dass wir uns dermaßen in die Scheiße geritten haben in der wir nun stecken.

Und ich sehe eine skandalös agierende „Versammlungsbehörde“, die gewillt scheint, dieses Demokratieexperiment mit den

Maßnahmen zu unterbinden. Die einzelnen Fälle von Schikane und regelrechter Sabotage sollten jedem bekannt sein und führen nicht selten zu gereizter Stimmung aller Beteiligten.

Ich sehe auch Polizeibeamte, die stumpf ihren Auftrag ausführen, Mitbürger in Uniform, denen offensichtlich längst jeder Funken gesunder Menschenverstand ausgetrieben wurde. Dienstvorschriften werden bei diesen Beamten längst höher bewertet als die fundamentalen Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Die „Versammlungsbehörde“ schreibt den Demonstranten vor, welche Form des politischen  Protestes „ordnungsgemäß“ sei und sogar welche und wieviel Materialien sie für ihren Protest einsetzen dürfen. Polizeibeamte vor Ort sorgen murrend  für die Einhaltung dieser Vorgaben. „Wegen euch kann ich jetzt nicht im Büro sitzen und meinen Papierkram erledigen“, war eine der Aussagen der Beamten. Eine Grundstimmung, die zu ständigen Gängeleien, Sckikanen und schließlich auch zu einem Gewaltausbruch seitens eines Polizisten führte.

Deutschland scheint in der Vorstellung einiger Menschen in diesem Land dermaßen demokratisch zu sein, dass, wer für seine Rechte auf die Straße gehen will, entweder  völlig fehlgeleitet oder gar undemokratisch sein muss. Oder eben auch sowieso unfähig, wenn bei durchgeführtem Protest Kurzzeitbesuchern nicht die Instant-Demokratie zum Mitnehmen präsentiert werden kann. Fertig mit Schleifchen drumherum.

Ein diensthöherer Beamter befand sich so tatsächlich in dem Glauben das wertvolle Versammlungsrecht in Deutschland zu schützen, indem seine Behörde sicherstellt, dass dieses Recht nicht von „irgendwelchen Demonstranten“ „missbraucht“ wird. Ein Einspruch bei Gericht gegen dieses Vorgehen mündete nun in einer Ablehnung mit einer Zahlungsaufforderung von 235 Euro – Kosten für die abgelehnte Forderung des Demonstrationsverantwortlichen selbt über die Art des Protestes entscheiden zu dürfen.Vorgänge über die sich deutsche Konzernmedien regelmäßig echauffieren – sofern sie im Ausland zu beobachten sind.

Man kann es nicht anders sagen: Was seit dem 20. August 2011 zu beobachten ist, ist der endgültige Sargnagel eines gescheiterten Gesellschaftssystems, kurz bevor es entgültig zu Grabe getragen wird. Eine Gesellschaft, die länger gewillt ist in dieser Art von „Ordnung“ zu leben oder sich im Konflikt darüber zu verlieren wer die Schuld an diesem ganzen Mist haben soll, unterschreibt unweigerlich das Urteil für den eigenen Untergang.

Korrupte, selbsternannte Eliten, ein menschenfeindliches Wirtschaftsystem, ein kollabierendes Finanzsystem und eine weitestgehend zerstörte Umwelt sind Fakten aus der Vergangenheit. Aktuell erleben wir, dass in Deutschland die Meinungs- und Versammlungsfreiheit stirbt. Wir sehen ein Häuflein Menschen, die sich dagegen auflehnen und viele Tausende die glauben es würde ausreichen „gefällt mir“ bei facebook zu klicken.

Virtuelle Unterstützung für echten Protest auf der Straße ist schön, aber die Zeiten in denen dies ausreicht sind nun endgültig vorbei. Dies sollte jedem klar sein. Die Konsequenzen dessen auch.

Am Freitag dem 26. August 2011 um 12 Uhr früh soll das Camp am Alexanderplatz geräumt werden. Nach allen Beschneidungen der Versammlungsfreiheit ist das Camp zu einem kleinen aber wichtigen Symbol für die Protestbewegung der Empörten geworden. Jeder der auch empört ist, sollte es als seine Pflicht begreifen dieses Camp durch seine Anwesenheit friedlich zu verteidigen. Wer keine Zeit hat, soll sich diese Zeit nehmen und wer sonst schon so viel tut, tut diesmal eben etwas mehr.

Um 17 Uhr des gleichen Tages findet außerdem ein Zeltmarsch vom Brandenburger Tor zum Alexanderplatz statt. The Zeltmarsch will not be televisted!

Mit Dank an Florian Hauschild, le bohémien

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