Wir haben uns mit Sahra Wagenknecht (ehemalige Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag) getroffen und über die aktuelle Krise gesprochen. Im Gespräch hat sie erläutert, warum die aktuelle Antwort der Regierung auf die Krise falsch ist und wie eine solidarische Lösung aussehen würde.
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich habe gerade den Aufruf “Vermögensteuer jetzt!” unterschrieben, der von Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach SJ (Nell Breuning Institut), Prof. Dr. Rudolf Hickel (Memorandum-Gruppe Alternative Wirtschaftspolitik), Detlev von Larcher (Attac), Wolfgang Lieb (nachdenkseiten.de), Nicola Liebert (Tax Justice Network), Wolfgang Pieper (ver.di, Leiter Grundsatz und Vorstandssekretär) und Ernst Prost (Geschäftsführer Liqui Moly GmbH) initiiert wurde. Der Aufruf fordert die Wiedereinführung der Vermögensteuer auf große Vermögen.
Ich kann Ihnen diesen Aufruf nur empfehlen und würde mich freuen, wenn Sie ihn auch unterzeichnen würden.
Hier der Link:
http://www.vermoegensteuerjetzt.de
Vielen Dank und viele Grüße
André Tautenhahn (adtstar)
…wurde und wird immer wieder, je nach politischer, ideologischer, ökonomischer Sicht oder aus sonstigen Nützlichkeitserwägungen heraus versucht zu definieren.
Nun steht es völlig außer Frage, das insbesondere ein so schwammiger Begriff wie Gerechtigkeit sehr unterschiedlich interpretiert werden kann.
Die Witwe wird es als ungerecht empfinden, wenn der Mörder ihres Mannes nach trotz „lebenslänglich“ nach durchschnittlich 15 Jahren wieder entlassen wird; der Mörder wird es als ungerecht empfinden, so lange auf eine zweite Chance im Leben warten zu müssen und vielleicht empfindet es der Richter als ungerecht, das er nicht die Todesstrafe verhängen konnte.
Das kleine Kind wird es als ungerecht empfinden, wenn es im Gegensatz zur großen Schwester nur eine Kugel Eis bekommt, während die Mutter es als ungerecht empfinden mag, das sie selbst aus Kostengründen zum Wohle der Kinder auf ein eigenes Eis ganz verzichten muß.
Der Arbeitgeber wird es als gerecht empfinden, wenn er für eine tatsächliche Halbtagsstelle nur noch 400,- Euro zahlen muß, während der Arbeitnehmer den Umstand für genau diese 400,- Euro das Doppelte des zuvor erlaubten Arbeitsdienstes erbringen zu müssen als äußerst ungerecht empfinden mag.
Der Niedriglöhner wird Hartz IV als ungerecht empfindne, solange ihm niemand sagt, das er i.d.R. auch Anspruch darauf hat und damit mit Arbeit immer mehr hat als ein vergleichbarer Arbeitssuchender. Und nie mehr, als jemand der angeblich „sein Geld für sich arbeiten läßt„.
Der wirklich Gutverdienende – 1,2 Millionen im Jahr – wird die tatsächliche Steuerlast von um die 20 % als ungerecht empfinden; der Steuerfahnder, der feststellen muß das ebenjener Einkommensmillionär und Wenigsteuerprozentsatzzahler einen Teil seines Geldes unversteuert ins Ausland transferiert hat, wird es als ungerecht empfinden, wenn dieser Betrüger davon kommt, weil entweder die Beweise als nicht zulässig erklärt werden oder der Steuerbetrüger einen Tip bekommen hat und sich als scheinbar reuiger Sünder darstellt, der eben nachzahlt.
Die Gesellschaft an sich wird es als ungerecht empfinden, das es wenige gibt, denen es deutlich besser geht, als dem Rest und viele, denen es deutlich shclechter geht, zugleich werden die Teile der Gesellschaft, denen es weder zu gut noch zu schlecht geht zumindest froh sein, nicht zu den ärmsten der Armen zu gehören.
Neid spielt hier natürlich eine gewisse Rolle, aber dieser Neid ist auch eine Triebfeder der Menschen, spornt an. Z. B. zum Mord, um einem anderen etwas wegzunehmen, das man für sich selbst haben will.
Nun ist es mit dem Neid so, wie mit eigentlich allem anderen: die Dosierung macht es.
Salz bspw. ist gesund – in Maßen. Zuviel davon kann tödlich sein.
„Bitte, könntest Du mir etwas leihen..?“ erweist sich objektiv als effizienter, als einfach mit der Keule Schädel einzuschlagen und dann mit der behindernden Beute im Arm vor den rachsüchtigen Verwandten fliehen zu müssen. Damit hat man Eitelkeit & Scham zugunsten des Neides überwunden, aber gefahrlos bekommen, was man begehrt.
Aber ehe wir uns scheinbar zu weit entfernen, zurück zur sozialen Gerechtigkeit.
Geht man davon aus, das auch der Mensch letztlich nur ein Tier ist, hat man zwei Optionen: das Tier Mensch kann handeln wie ein Tier – oder eben menschlich.
Menschlichkeit gilt in nahezu allen ernstzunehmenden Religionen – jenen Theorien, die uns als Individuum und Gemeinschaft die Zeit zwischen nach der Geburt und vor dem Tod erträglicher machen sollen – als ersterbenswertes Ziel, weil es den friedvollen und vernünftigen Umgang miteinander deutlich erleichtert.
Deshalb lehrt man uns in den Urformen von Juden- und Christentum, im Islam und den „asiatischen“ Religionen solide, leicht verständliche Umgangsformen, die ein gemeinsames Zusammenleben ermöglichen.
Und für die Agnostiker & Atheisten unter uns gibt es noch den Humanismus als quasi wissenschaftliche Religion.
Aus diesen abseits von Instinkten, vielmehr aus pragmatischen Überlegungen und Beobachtungen hergeleiteten Regeln wiederum ergibt sich – die Moral, also das, was man tut und was man nicht tut.
Aus dieser Moral heraus ergeben sich dann die Gesetze, die deutlich komplizierter, als bspw. die 10 Gebote der Bibel, regeln, was man tun darf und was nicht.
Dies alles zusammen ergibt dann einen Teil der Welt, in der wir uns bewegen, in der wir existieren und sind. Und unsere Kinder sein werden.
Jetzt gestehen uns Theologen wie Wissenschaftler einen mehr oder weniger freien Willen zu, also liegt es an uns selbst, ob wir uns der Gesellschaft anpassen – nach den Regeln spielen – oder ob wir eine Außenseiterrolle annehmen, mit anderen Worten: die Regeln biegen, brechen oder (grundlegend) verändern.
Finden sich genügend Außenseiter, ändern sich die Regeln für alle.
Schlimmstes Beispiel dürfte hier der Nationalsozialismus sein…
Also: die Werte nach denen wir leben und handeln, ändern sich. Und mit ihnen die Gesetze.
Wobei – und damit sind wir wieder beim freien Willen, der in der Masse schonmal nur ein rein theoretisches Konstrukt sein mag – man sich immer aus den falschen Gründen für das richtige und aus den richtigen Gründen für das falsche entscheiden kann; Lebensrisiko.
Verknüpft man nun also Moral und Gerechtigkeit (denn das Gerechtigkeitsempfinden ist eine grundlegende Frage der Moral, ebenso der Religion wie auch des Rechtes) – kommt man der Frage nach sozialer Gerechtigkeit langsam näher.
Kann es sozial gerecht sein, das es in einer modernen Industrienation Menschen gbt, die arm sein müssen..?
Kann es sozial gerecht sein, das es in unserem Land einige wenige Menschen gibt, die mehr Geld haben, als sie oder ihre Urenkel jemals ausgeben können, während es gleichzeitig vielzuviele gibt, die von ihrem Lohn allein nicht mehr leben können..?
Kann es sozial gerecht sein, das diejenigen, die gerade so das Einstiegsgehalt des Spitzensteuersatzes erreichen, diesen in voller Höhe begleichen müssen, während diejenigen, die mehr als das zehn- und zwanzigfache verdienen bekommen, gerade mal rund die Hälfte dieses Spitzensteuersatzes begleichen müssen..?
Kann es sozial gerecht sien, das weite Teile des Lebensweges einzig und allein von der sozialen Herkunft bestimmt sind..?
Kann es sozial gerecht sein, das ein Unternehmer bzw. ein Unternehmen, dessen Erfolg maßgeblich auf unserem solidarischen Gesellschaftssystem beruht, dieser Gesellschaft immer unsolidarischer entgegentritt..?
Kann es sozial gerecht sein, das immer häufiger solide Kaufmannskunst – der mittel- bis langfristige solide Gewinn hinterlegt mit realen (Sach)Werten – der wilden, ungestümen und gnadenlosen Hatz nach rein virtuellem Geld geopfert wird und damit immer wieder die Gesellschaft durch die unausweichlich kommenden Mißerfolge und Katastrophen in Mitleidenschaft gezogen wird..?
Kann es sozial gerecht sein, die im Ursprung persönlichkeitsbildende Bildung zugunsten schnöden Wirtschaftsprofites aufzugeben..?
Kann es sozial gerecht sein, eine bis vor ziemlich genau 20 Jahren funktionierende solide Gesellschafts- und Wirtschaftsform wie die soziale Marktwirtschaft bewußt gegen einen reinen, weitgehend ungezügelten Kapitalismus auszutauschen, von dem man weiß, das er zum scheitern verurteilt ist, weil er lediglich die niedrigsten – also unmoralischten, unmenschlichsten – Instinkte weckt und bedient..?
Mit anderen Worten ist es sozial oder besser noch überhaupt in irgendeiner Form gerecht, wenn aus dem Menschen wieder ein (Raub)Tier wird..?