Utopien

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Die Zukunft der Menschheit – und die Träume der Menschen

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Freitag, 6.5.2016. Eifel. Kennen Sie Günter Fröhlich? Wahrscheinlich nicht. Er serviert Kaffee. Wer kennt schon seinen Kellner mit Namen? Günter Fröhlich jedoch sollten Sie kennen: er ist Philosoph, Professor gar. Eigentlich – im Prinzip – ein wichtiger Mensch, gerade in Zeiten, wo wir mit „fragmentierter Information“ überschüttet werden und gut Menschen gebrauchen könnten, die diese Informationen wieder defragmentieren – also ein geschlossenes Bild von der Welt entwerfen, auf grund dessen man gut informiert seine eigenen Entscheidungen treffen kann, anstatt in einem bunten Potpourie von Bröckchen zu ertrinken. Professor Fröhlich ist Privatdozent an der Uni Regensburg – nur bekommt er keinen Cent dafür, weshalb er jetzt den Staat Bayern wegen „Sklaverei“ verklagt (siehe Spiegel). Den Kaffee serviert er, um nicht zu verhungern – oder ins Hartz-Gettho zu kommen, wo nach einem Jahr jede berufliche Qualifikation auf „Hilfsarbeiter“ gesetzt wird. Er trifft dort auch mal seine Studenten – scheint lustig zu sein.

Nun – ich will kein Loblied über die akademische Philosophie singen – ich war schockiert, als ich vor zehn Jahren meine alte Universität besucht habe, um – wie ganz ursprünglich mal vereinbart – meinen Doktor zu machen: das Vorlesungsverzeichnis sah aus wie bei Betriebswirtschaftlern: Philosophie war zum Büttel der Pfeffersäcke verkommen. Ich war erschrocken: woher sollte denn die kritische Selbstreflexion der Menschheit kommen, wenn nicht gerade aus diesen Reihen? Alle anderen Wissenschaften waren doch schon der „Todesmaschinerie“ des Westens untergeordnet, die weltweit Leid und Vernichtung sät – inzwischen sogar mit Waffengewalt und nicht nur indirekt  mit raffinierten Verträgen und Finanzmacht.

Gehen wir weg vom Elend der Philosophie, die sich schon im letzten Jahrhundert weit von ihrer Bestimmung entfernt hat, die auch Opfer der Fragmentierung von Wissen wurde: alle Wissenschaften stammen aus ihr, weshalb es sinnvoll wäre, dort alle Wissenschaften wieder zu bündeln, als immer nur mehr aus der Philosophie herauszuschneiden, bis dass nur noch Philosophiegeschichte (also: die narzistische Selbstbetrachtung der Philosophie) übrig blieb – und alle anderen Wissenschaften ziel- und planlos munter vor sich forschen und so nebenbei Atombomben, unaufhaltsame Krankheiten oder besonders effektive Gift entwerfen und als völlig verrückte „Transhumanisten“ sogar an der konkreten küsntlichen Erschaffung des körperlich überlegenen Herrenmenschen arbeiten – ohne sich Gedanken über das Schicksal der dann massenhaft vorhandenen Untermenschen zu machen. Hitlers Träume sollen wahr werden – doch diesmal sind nicht wir Deutschen Heimat des Wahns … könnten aber aus unserer Geschichte heraus wertvolle Informationen über das Ende jener Unternehmung liefern. Wir jedoch: vergessen und verdrängen diese Geschichte lieber, anstatt sie produktiv umzusetzen und die Erfahrungen ernst zu nehmen.

Die USA testen in diesem Zusammenhang gerade das größte unbemannte Kriegsschiff der Welt (siehe Spiegel). Der Traum wird wahr: die gesamte Schifffahrt der Welt wird automatisiert. Nach den Drohnen und den Kampfrobotern werden auch alle Kriegsschiffe automatisiert: vorbei die Zeit, wo die Mannschaften von Kriegsschiffen mit großer Kampfkraft meutern können (wie in Russland oder Deutschland) und diese nicht leicht zu bezwingenen Waffen in den Dienst der Gerechtigkeit stellen (um es mal provokant zu formulieren) – in Zukunft werden ganze Armeen von Donald Trump (oder Nachfolgern ähnlichen Kalibers) persönlich und völlig allein kommandiert werden können. Jeder Despot dieser Welt träumt davon. Zudem werden alle Matrosen der Handelsschifffahrt arbeitslos und konkurrieren mit unserem Philosophieprofessor um die letzten Bullshitjobs – wobei: ein Philosoph passt ganz wunderbar in ein Café – aber auch dort wird der Ausschank zunehmen automatisiert.

Ein Philosoph eignete sich auch gut als Briefträger, mit dem man ein erbauliches Gespräch an der Tür führen könnte – würde er nicht unter unerträglichen Termindruck leiden wie die Postboten der Moderne. Es war übrigens auch Hitler, der den Produktionsdruck für alle enorm erhöhte, in dem der massenhaft kleine – meist jüdische – Betriebe schloss – doch davon muss später mal die Rede sein. Deshalb arbeiten wir ja auch an dem automatischen Auto und LKW (siehe Stern) – und rationalisieren nebenbei alle Postbankmitarbeiter weg, ersetzen sie durch Automaten (siehe Spiegel). Wo bleibt der Platz für Menschen in diesem Zukunftstraum? Nun: Hitler hatte ja schon alles mal vorexerziert: Minderleister und unnütze Esser könnten dann noch als Rohstoffe herhalten. Wir sind jedoch weiter als er, haben gelernt, wie teuer Gas und Lagerhaltung sind: einfach das Essen streichen – der Mensch stirbt von ganz allein. Praktizieren wir gerade in ersten Probeläufen als „Sanktionen“ im Rahmen der Hartz-IV-Gesetzgebung.

Ja – nun glauben Sie mal nicht, „wir“ würden ohne Pläne in die Zukunft starten. Der Krieg „reich“ gegen „arm“ hat in naher Zukunft konkrete Folgen für Sie alle – schon in wenigen Jahren werden 50 Prozent aller Arbeitsplätze in Deutschland wegfallen – und bei den bestehenden wird „Burn out“ mit 35 zur fest einprogrammierten Sollbruchstelle wegen chronischer Überarbeitung in völlig sinnlosen, unnatürlichen Tätigkeiten – jedenfalls für die wenigen, die überhaut noch einen festen, unbefristeten Arbeitsvertrag bekommen (Voraussetzung dafür wird sein: 1. die Beziehungen der Eltern, 2. Abitur an einer teuren Privatschule. 3. Studium an mehreren teuren, internationalen Universitäten).

Alternativlos, diese Zukunft, oder? Wir leisten uns tausende von fürstlich bezahlten Politikern, die nicht einen – nicht einen einzigen – Schritt zur Lösung dieser Probleme liefern. Sind sie etwa unlösbar? Keineswegs. Gerne erwähne ich mal die Initiative einer Berliner Genossenschaft, die ein perfekt durchdachtes System entworfen hat, mit dem man schrittweise – und ganz friedlich – den Wirtschaftsraum „Welt“ umbauen könnte – zum Nutzen aller (siehe Treeec World Project). Kann sofort gestartet werden – es fehlen nur noch Menschen. Mehr Menschen. Viel mehr Menschen.

Andererseits – gibt es jenseits der Sphären der bezahlten Politik auch ganz normale Menschen, die bescheiden auf kleinstem Raum leben und sich gelegentlich ein paar Gedanken machen. Folgende Gedanken stammen von Christine Schröter, sie hinterließ sie auf meinem Autorenprofil – ich habe die Erlaubnis, sie mal komplett zu zitieren:


Die Welt liegt in den Händen derer,
die den Mut haben zu träumen
und es wagen, ihre Träume zu leben.
Wer nie jagte und nie liebte, nie den Duft der Blumen suchte und nie beim Klang der Musik erbebte, ist kein Mensch, sondern ein Esel. (aus Arabien)


– Vermögensabgabe für Vermögen ab/über 2 Millionen Euro in Höhe von 10 bis 30 % gestaffelt nach Höhe des Vermögens – leistbar binnen 12 Monaten

-Genossenschaften für Verkehr, Wasserversorgung, Energieversorgung, Gesundheitswesen (alle Sparten die für das Gemeinwohl unabdingbar sind) mit Überwachung der Preisgestaltung und Versorgung durch unabhängige Gremien
– Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenzen in der Krankenversicherung – Ausweitung der Versicherungspflicht auf alle Einkommen – alle Einkommen müssen (gedeckelt) in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen … nur noch Bonusleistungen über private Krankenversicherer (z.B. Chefarzt, Hotelkonfort im Krankenhaus usw)
– Abschaffung von geringfügiger, nicht sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung = Jeder Arbeitsplatz unterliegt der Sozialversicherungspflicht unabhängig davon ob 200 Euro oder 10.000 Euro monatlich „verdient“ werden.
-Einführung einer „Sozialabgabe“ für Betriebe die mit „Maschinen“ Arbeitskräfte freisetzen und keine Abschreibungsmöglichkeit… abgabefrei und abschreibbar sind Maschinen die Arbeit erleichtern zum Wohl des Menschen.
– Einführung Mindestlohn in Höhe von mindestens 10 Euro – mit laufender Anpassung an die Inflation – gemessen an einem „Warenkorb“, der tatsächliche Bedarfe/Bedürfnisse wiederspiegelt
– Abschaffung Kündigungsschutz (ohnehin Makulatur) im Gegenzug tragen die Arbeitgeber/Unternehmen – gestaffelt natürlich – bei Stundenlöhnen unterhalb von 12 Euro anteilig höhere Sozialversicherungsabgaben als die Arbeitnehmer – befreiende Wirkung davon ist möglich bei: betrieblichen Fort- und Weiterbildungen sowie anderen Vergünstigungen für die Arbeitnehmer (geldwerte Vorteile, Entlastung von Arbeitskosten, Kinderbetreuungskosten, betriebliche Gesundheitsfürsorge, gesonderte Altersicherung etc.). Die Arbeitslosenversicherung leisten die Unternehmen ohne die Beteiligung der Arbeitnehmer.
– Sozialleistungen erfolgen unter einheitlicher Bezeichnung durch eine Behörde in einheitlicher Höhe (Messlatte ist ein noch anzupassendes Existenzminimum auf der Grundlage Miete/Kultur/Lebenshaltung/Energie – Warenkorb
– stufenweise Arbeitszeitverkürzung (bei annähernd vollen Lohnausgleich) für alle (!) Beschäftigungsverhältnisse auf zunächst 6 Std. später 4 Std., Unternehmen, die mehr als den Mindestlohn leisten und eine Anzahl Mitarbeiter X (gemessen an Betriebsgröße und Gewinn) einstellen (und halten), werden anteilig von steuerlichen Verpflichtungen befreit (Bekämpfung der Arbeitslosigkeit)
-Kürzung Verteidigungshaushalt
-Aufstockung Bildungshaushalt
-Verbesserung der Pflege durch gesetzliche Pflegebeiträge für alle Einkommen
– Flexibilisierung der Arbeitsleistung – verteilt über den Tag, Förderung von Tätigkeiten, die nicht an das Unternehmen gebunden sind (Homeoffice etc.) – realisierbar über Arbeitszeitkonten, die von den Unternehmen abgesichert sein müssen für den Fall der Insolvenz.
– Ehrenamtliches Engagement, Tätigkeiten für Umwelt- und Tierschutz nach der regulären Arbeitszeit wird mit einer Erhöhung des Existenzminimums belohnt – ggf. darstellbar über eine negative Steuer
– Unternehmen – insbesondere Klein-, Kleinstbetriebe werden von hemmenden Auflagen befreit (Meisterzwang etc. ) – sie leisten in den ersten 5 Jahren geringere Abgaben/Steuern… Zwangsmitgliedschaften entfallen für die ersten 5 Jahre nach Existenzgründung
– Die Umsatz/Mehrwertsteuer wird einheitlich auf 15% festgesetzt – Einkommen unter 1500 Euro monatlich leisten keine Einkommensteuer/Lohnsteuer – nach oben hin erfolgt eine Staffelung nach Leistungsfähigkeit/Höhe des Gehaltes. Steuererleichterungen nur für soziales Engagement je nach Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen
-Einführung der Vermögenssteuer
-Spitzensteuersatz von 49%
– Abschaffung von Riester, Rürupp etc. pp – ein einheitliches Rentenkonto für alle – private Absicherung erfolgt über Ersparnisse, die nicht auf ggf. notwendige Grundsicherung im Alter angerechnet werden (!) Es wird eine Mindestrente in Höhe des jeweils geltenden Existenzminimums eingeführt und geleistet – ohne Wenn und Aber… ohne gesonderte Anträge.
– Erziehungsarbeit wird in Höhe des Existenzminimums gewürdigt – stufenweise Wiedereingliederung in den Beruf erfolgt nach Einschulung des Kindes, Zwischenlösungen über Heimarbeit etc. werden gesondert gefördert. Ab dem 3. Lebensjahr besteht ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für 4 Std.
– auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen greift während der Schwangerschaft der Frau Kündigungsschutz – Frauen erhalten eine feste Wiedereinstellungsoption in das alte Arbeitsverhältnis. Die Rahmenfristen für das Arbeitslosengeld werden entsprechend angepasst. Elterngeld entfällt – hierfür gibt es eine Sicherung in Höhe des Existenzminimums.
– Pflegeleistungen innerhalb der Familie werden unterstützt – das Arbeitsverhältnis bleibt erhalten, die Stundenzahl wird reduziert, es erfolgt eine Sicherung in Höhe des Existenzminimums.
– Hauptschulen werden komplett abgeschafft – jedes Kind wird insoweit gefördert, dass es seinen Realschulabschluss mit mindestens befriedigender Benotung – und somit eine angemessene Bildungsgrundlage erhält – das Bildungswesen wird nach bundeseinheitlichen Kriterien vereinheitlicht. Lehrer müssen sich zwingend weiterbilden und regelmäßige Tests absolvieren/bestehen.
– Förderung des öffentlichen Personennah- und Fernverkehrs , Anbindungen werden ausgebaut – Familien, die sich mit anderen ein KfZ teilen, werden steuerlich entlastet. Fahrradwege werden umfassend ausgebaut
– Landwirtschaftliche Kleinbetriebe werden gefördert – ebenso Wochenmärkte, Tante-Emma-Läden eine Art Landwirtschaftsumsatz und Mehrwertsteuer von 7% damit nicht auf Sonderangebote der Discounter zurückgegriffen werden muss – Massenhaltung von Tieren zur Fleisch- und Lebensmittelerzeugung wird mit 25% besteuert. EU-weite Transporte von Tieren werden verboten – Schlachtungen finden standortnah statt.
– Keine Subventionen für Raps und andere pflanzliche „Energiegewinner“ – Beschränkung der dafür ausgewiesenen Flächen inkl. Verpflichtung zur Wiederaufforstung – alternativ Anbau von Obst- und Gemüse.
– Einführung einer Transaktionssteuer
– Warentermingeschäfte werden unter Strafe gestellt
– keine üppigen Pensionen der Staat ist der einzige Arbeitgeber der „aus den Vollen“ des Steuersäckels schöpft selbst keinerlei Vorsorge trifft
– Abschaffung der „Selbstbedienung im Bundestag“ das Volk entscheidet über Diätenerhöhungen (könnte gleichzeitig mit Wahlen erfolgen und gilt für eine Legislaturperiode …

erträumt von Christine Schröter … in vielen schlaflosen, nachdenklichen Nächten

Unser Innenminister holt sich Berater für Beträge ins Haus, die seinem ganzen Personalbudget entsprechen (siehe FAZ), das Ergebnis der Beratungen? Vermögen des Bürgers wird an Menschen verteilt, die „Arbeit nur spielen“. Ja – eine Beobachtung, die ich leider selbst im Berufsalltag machen musste: wer einen coolen Job mit viel Geld hat, arbeitet quasi gar nicht mehr, man verbringt seine Zeit in „Meetings“, die so überflüssig wie ein Kropf sind (siehe Süddeutsche), das weiß auch jeder, der in so einem „Bullshitjob“ sitzt: aber ein sechsstelliges Jahresgehalt ist Geld genug, um zu schweigen (und beständig über die hohe Arbeitsbelastung zu klagen).

Vermeiden Sie bei der Betrachtung von Christines Träumen bitte den antrainierten Reflex, zu schauen, ob man die formulierten Positionen einer politischen Partei zuordnen kann. Konzentrieren Sie sich bitte nur darauf, ob diese Positionen geeignet sind, der Menschheit Zukunft zu bringen. Sie werden überrascht sein, wieviel Utopie in den wenigen Worten steckt, die viele viele Probleme heute lösen, die uns morgen erschlagen – und vernichten werden. Fragen Sie sich lieber, warum solche Ideen nicht aus den parteiunabhängigen (und teuren) Expertengremien des Bundestages kommen, die ohne zu zögern hinnehmen, dass wir mit irrsinnigen Summen Banken retten – anstatt Menschen (siehe Spiegel) – jene Banken, die die private steuerbegünstigte Forschung an der Wegautomatisierung menschlichen Lebens mit Krediten ausstatten, die sich auf Kosten der Griechen eingefahren haben.

Stellen Sie sich einfach mal vor, wie das Leben wäre, wenn wir einfach mal alle „Träume“ von Christine in die Tat umsetzen würden – einfach aus dem Grund, weil der bisherige Kurs uns nur direkt in die unaufhaltsame Apokalypse führt – wovon wir in Deutschland noch am Wenigsten mitbekommen, weil wir hier sozusagen behütet an des Kaisers Hof verweilen und durchgefüttert werden, bis man unserer überdrüssig wird. In Afrika, Asien und Mittelamerika jedoch sind die Folgen dieser Lebensweise schon heute zu erkennen – dort verhungern die Menschen (allein 30000 Kinder – jeden Tag), während wir uns 20 Millionen fleischfressende Haustiere halten (siehe statista) … gleichzeitig aber die Triumphe unserer „veganen“ Lebensweise feiern – und aus Mangelernährung ein politisches Programm machen (hierzu – vor allem auch zu den Geldgebern dieser Bewegung – später mehr).

Wir jedoch leben eine politische Herrenmenschenphilosohie, in der „die da oben“ die große Ahnung haben (allerdings völlig ohne konkrete problemlösende Ergebnisse), während „die da unten“ zu blöd für eine politische Beteiligung in Form einer Volksabstimmung sind – jedenfalls nach Meinung des Bundespräsidenten (siehe z.B. Welt).

Mir jedoch kommt es so vor, als wenn die problemlösende Kompetenz bei Normalbürgern (die einfach viel näher an den Probleme leben als fürstlich bezahlte Politiker, die reflexartig die Quellen ihrer Fürstenhonorare decken) deutlich höher ist als bei „Fachleuten“, die den Elfenbeinturm für selbstverständliche Norm halten. Hieraus kann man auch eine weitere, ergänzende politische Forderung ableiten: mehr Normalverdiener als Kontrollgremium in den Bundestag – in Form von „Geschworenen“, die Gesetze letztlich absegnen müssen. Außerdem: die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens (in Form einer Negativsteuer – um ein Beispiel zu nennen), um dem Souverän des Landes unabhängig von den Kommandostrukturen der „Wirtschaft“ zu machen … und ihm Zeit die geben, die intensiv fragmentierten Informationen wieder zusammen zu fügen: dann kann er auch souverän bei Volksabstimmungen mitentscheiden.

Man stelle sich vor, was ein Volk voller „Christines“ bewirken könnte … wenn man sie nur lassen würde, wie es in einer Demokratie Norm sein sollte.

Stattdessen … arbeiten wir lieber mit der faschistischen Weltsicht von „Herrenmenschen“ und „Untermenschen“. Gibt es da noch irgendwen, der glaubt, dass dieses „Experiment“ – nun weltweit durchgezogen – anders enden wird als der erste Feldtest in Deutschland? „Bevölkerungsreduktion“ ist für den Herrenmenschen halt lebenswichtig. Überlebenswichtig.

(Vielen Dank an Christine Schröter für die Leihgabe ihrer „Träume“)

Träumer fordern Krieg gegen das Auto: Aufstand gegen Rom

Träumer fordern Krieg gegen das Auto: Aufstand gegen Rom

Sonntag, 17.11.213. Eifel. Schon gehört? Entgegen ihrer anderslautenden Beteuerungen setzen die USA doch Drohnen über Deutschland ein. Ich verzichte mal auf den Link – Selbstverständlichkeiten sind es nicht wert, besonders belegt zu werden. Außerdem ist heute Sonntag, seit alters her der Tag für Dinge, die jenseits des Alltags liegen. Solche Tage gibt es weltweit, die religiöse, spirituelle, geistige Anbindung an Existenzen, Dimensionen, Anschauungsformen, die in krassem Gegensatz zum genormten Wirklichkeitsbild des Imperators stehen, findet man in allen menschlichen Kulturen … außer in der des weißen Mannes, der sich eine Kirche hält, um diesen Zustand der menschlichen Existenz zu kanalisieren und unter Kontrolle zu halten. Ein anderes leises Echo finden wir im Feiern von Karneval – eigentlich jener Tag, an dem jene Anderweltkräfte die Herrschaft über die Alltagswirklichkeit erlangen. Aus früheren Zeiten – wo das Narrenschiff noch durch die Aachener Lande gezogen wurde – liegen Berichte über ekstatische Orgien vor, die das Volk an die Grenzen der Raserei brachte aber außerordentlich glücklich machte. Ja, sicher, wir haben heute auch Sex – überall und an jeder Ecke – doch auch hier hinkt der Vergleich gewaltig. Wir gleichen Menschen, die einem fünf-Sterne-Koch entgegnen, man würde auch essen, weil man sich jeden Tag eine Hand voll in Mehl getauchten Reis gönnt – was auch Essen genannt werden kann. Schnell hat man vergessen, wie wenig Essenz vorhanden ist, wenn die Seele nicht daran beteiligt wird.

Aber wir haben ja keine Seele mehr, wir gelten als aufgeklärt, jede Form von Religion gilt uns als Krankheit des Geistes, die geheilt werden sollte, eine starke Front wohlhabender Aktivisten will auch jedes Denken über „Gott“ (eine von der Kirche vorgegebene Form des Redens über Transzendenz) verbieten, gerade bei „Linken“ hat man manchmal den Eindruck, dass die Auslöschung der Kirche der höchste Triumph sozialer Bewegungen ist – völlig verdrängend, dass der soziale Gedanke erst duch Jesus Christus in unser Bewusstsein gedrungen ist. In meinen Augen wäre die Entfernung dieses letzten moralischen Impulses aus der westlichen Welt ein gewagtes Experiment, dessen Ende ich schon voraussehen kann. Das ist nicht schwer: einfach mal ins alte Rom schauen, der Mutter unserer imperialen, westlichen Kultur, die heute noch von vielen verehrt wird, weshalb sie auf die tote lateinische Sprache nicht verzichten wollen – gerade Naturwissenschaftler und Ärzte sind völlig begeistert vom Lateinischen und verneigen sich tagtäglich durch ihren Gebrauch vor dem Geist des alten Imperiums.

Wir wollen jetzt nicht die linke Kritik an Imperium generell wiederholen, sondern heute einfach mal beim Alltag bleiben – einem Alltag, der durch massiven Einsatz aus den Räumen des „Jenseits“ (oder der keltischen „Anderswelt“) aufgehalten wurde.

Der römische Alltag ist ein Spiegel unseres modernen Alltags, die Großstadt mit Mietskasernen ist eine Erfindung Roms – ebenso die Autobahnen (auf denen früher nur Legionen marschierten). Wichtiger Bestandteil dieses Alltages war, Menschen zu tödlichen Kämpfen in die Arena zu schicken, Menschen massenhaft zu versklaven (sonst ließe sich ja auch gar kein Reichtum produzieren), sie mit Öl anzustreichen und öffentlich als menschliche Fackeln zu präsentieren. Gerne hat man sie auch an wilde Tiere verfüttert – zur Unterhaltung des Pöbels, der in Massen in die Arena strömte.

Wie gut, dass die Goten kamen und dem Treiben ein Ende bereiteten.

Streichen wir Jesus Christus aus der Genese der moralischen Vorstellungen der Menschheit, dann sind wir sofort wieder im alten Rom … man schaue nur, wie zunehmend entwürdigend Menschen in der aktuellen Milliardärspresse vorgeführt werden, dann hat man schnell eine Ahnung davon, wo das enden würde, wenn man hier die natürliche Entwicklung nicht stoppen würde. Je leerer die Kirchen, umso niedriger die Hemmschwelle zu Gewalt und Kriminalität – könnte man jedenfalls aufgrund der Erfahrungen der letzten hundert Jahre meinen, in denen zivilisierte Staaten Gewalt in einem Ausmaß anwendeten, das jedem Goten die Sprache verschlagen hätte.

Nun möchte ich keine Werbung für Kirchen machen: Christus selber hätte sie nicht gewollt. Man sollte ja leise zu hause beten: das bringt´s, nicht das laute Getöse der Kleriker.

So leise sind auch die Schamanen, denen John Perkins begegnet ist. Sie kennen ihn hoffentlich? Er ist ein „Economic Hit Man“. Hat das neue Imperium ein Problem mit Ihnen, kommt erst der EHM, redet freundlich mit Ihnen, bietet Geld. So hat man in Deutschland die Grünen umgedreht – doch das ist eine andere Geschichte. Nehmen Sie das Geld nicht, hat man schon mal schnell einen Unfall mit Auto oder Fallschirm, auch die Suizidneigung in schweizer Badewannen nimmt zu. Ist auch das erfolglos, kommt das Militär – wobei wir wieder bei den US-Drohnen in Deutschland sind, die heute kein Thema sein sollen.

Perkins hatte Begegnungen mit Schamanen in Ecuador, organisiert Reisen und Vorträge zu ihnen, um ihre Botschaft in die Welt zu tragen. Er hat die Botschaft der noch lebenden Propheten des Jenseits verstanden und akzeptiert, dass  sie die einzige Möglichkeit sind, die völlige Vernichtung der Menschheit auf diesem Planeten zu verhindern. Die Menschen, die am Rande der Transzendenz leben, führen ein äußerst diszipliniertes, folgerichtiges und konsequentes Leben, was jene Europäer deutlich erfuhren, die den Regenwald durch Einnahmen aus Pornofilmen retten wollten: was waren die Gesichter lang, als die eingeborenen Regenwaldbewohner das solcherart gewonnene Geld nicht wollten. Wir wollen auch gar nicht weiterdenken, merkt doch gerade Alice Schwarzer, welche Hemmungen in diesem Lande alle fallen, wenn man unsere tatsächlich gelebte römische Dekadenz anprangert: es öffnen sich Abgründe menschlicher Abartigkeit, wenn man mit Menschen für Geld nicht alles tun kann, was man will – da tritt der alte römische Geist wieder an die Öffentlichkeit, der seinen Anspruch auf die Benutzung von Sklavenmenschen in Gefahr sieht.

Überraschend ist die Botschaft des Schamanen für die westliche Welt: sie handeln von Träumen. Träume werden von unserer Kultur der perfektionierten römischen Dekadenz, die in der Tat dem Wahn verfallen ist, man könne eine Volkswirtschaft erfolgreich betreiben, in dem man „sein Geld für sich arbeiten läßt“, als „nicht real“ definiert, schlichtweg als bedeutungslos. Das einige der erfolgreichsten Erfindungen und tiefgreifendsten Erkenntnisse durch Träume vermittelt wurden, ignorieren wir im Rahmen der vorgegebenen Definition, dass jeder Erfindung, jeder Expedition, jeder gesellschaftlichen Utopie (oder – wie im Falle des Nationalsozialismus – gelebten Dystopie) ein Tagtraum zugrunde liegt, wissen wir zwar, wir verdrängen es aber.

Dass unsere gesamte Kultur nur die Verwirklichung der Träume mächtiger oder wirkmächtiger Menschen darstellt, ist eine Wahrheit, die unsere mittelmäßige Elite schon gar nicht hören will – es stört den schönen Traum der auf ewig perfekt verwalteten Welt, die das Höchstmaß ihrer Phantasie darstellt.

Es sind Entscheidungen, genau diese Träume zu verwirklichen. Das unterscheidet unsere Kultur von anderen. China kannte das Schwarzpulver schon zuvor, hat sich aber dagegen entschieden, es zu Vernichtungszwecken zu perfektionieren. China war mal absolut überlegene Weltmacht … hat sich aber dagegen entschieden, weltweil Kolonien zu gründen. Sie hatten andere Träume – Träume, die die ´68er sehr inspirierten und motivierten.

Es gab aber auch eine ganz konkrete Botschaft der Schamanen: den ersten Dämon, den wir zu besiegen haben, ist das Auto.

Welch´ ungeheurer Frevel!

Nicht der Geist des römischen Imperium, nicht die Pervertierung der christlichen Botschaft durch Kirchenpolitiker, nicht der unmenschliche Kapitalismus mit seinen vernichtenden Nebenwirkungen für Mensch, Tier und Natur sind der Feind, sondern … das Auto.

Andererseits auch schön: der Kampf gegen große, böse Geister gelingt nur selten gut, aber ihre Tentakel, die sich zerstörend in unseren Alltag schieben: denen können wir begegnen.

Wie sehr sind wir eigentlich dem Auto schon hörig? Fällt nur ein Wolf ein Kind an, rufen wir sofort nach der Polizei, den Jägern und den Hubschraubern der Bundeswehr zur Jagd – vernichten aber Autos tausende von Leben und zehntausende von Existenzen im Jahr, bemühen wir uns zwar, den Schaden zu verringern – aber mit 4000 Toten im Jahr können wir gut leben. Schon längst dienen wir dem Auto, dessen Garage in der Regel mehr Platz verbraucht als wir Kindern in ihren Zimmern gönnen. Nahezu unsere gesamtes natürliches Umfeld wurde durch Autos vernichtet, in Landbereichen ist ein Leben ohne Gefährt nahezu undenkbar.

Wie einfach wäre es, alle Autos aus dem Alltag zu verbannen: man könnte sofort jährlich mehr Menschenleben retten, als die Anschläge vom 11.9.2001 vernichtet haben. Was wäre das für ein kultureller Impuls: unsere Lebensstruktur würde automatisch wieder regionaler werden, die Menschen würden wieder Nahversorungsstrukturen aufbauen müssen und könnten die Zeit, die sie für Autopflege aufwenden, für ihre Kinder verwenden: die würden dankbar sein. Vielleicht hätten wir auch wieder mehr Kinder: wir müßten nicht mehr für das Auto und seinen Unterhalt leben.

Was wäre das für ein Aufstand gegen Rom! Wir würden tausende von kleinen unbeugsamen gallischen Dörfern gestalten, jedes für sich einzigartig und völlig individuell. Deutschland würde sehr schön werden – überall. Nein?

Doch. Ich habe einen seltenen Reisebildband von 1926 bei mir stehen: keine einzige Autobahn zerschneidet dort Landschaften. Deutschland war mal wunderschön – und was wäre das für ein mächtiger Traum, wenn wir für uns diese Schönheit zurückerobern würden.

Leider …. haben wir zu wenig Träumer unter uns.

Die großen Erfinder, Gestalter, Abenteuerer und Entdecker von einst gelten unserem perfektioniertem Mittelmaß als unerwünschte Konkurrenz, wir bekämpfen sie schon in der Schule, sortieren sie in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft gründlich aus um die Arbeit an der Neueinführung des römischen Systems nicht gefährden.

Na, es ist Sonntag. An einem solchen Tag sollten wilde Gedanken erlaubt sein, dafür ist er seit hunderttausenden von  Jahren da – in verschiedener Form. Natürlich weiß ich, dass alle Träume vom Kampf gegen das wiederkehrende römische Imperium albern und vergebens sind – ebenso der Kampf gegen das Auto als gefährlichstes Raubtier der Neuzeit: nichts ist uns so heilig wie unsere mörderische Blechkuh.

Aber am Sonntag sollten solche Gedanken doch wenigstens mal gedacht werden dürfen – oder?

Zumal sie in Wirklichkeit zutiefst politische Gedanken sind …. Gedanken darüber, welchen Sinn wir unserem kurzem  Leben auf diesem Planeten eigentlich geben wollen.

PS: die Geschichte von John Perkins in den Schamanen findet man in seinen Buch „Und der Traum wird Welt“. Ich habe es vor ein paar Monaten in einem meiner Bücherregale gefunden, deutsche Erstausgabe von 1995 von Integral. Mit absoluter Sicherheit kann ich sagen: diese Buch habe ich nie gekauft. Ich weiß nicht, wie das in meine Sammlung gelangt ist – aber es kam gerade richtig. Aber: auf genau solche Art sollen sie ja wirken, die guten Geister der Welt, die dem Menschen so wohlgesonnen sind … sagen jedenfalls die Schamanen.

 

Deutschland 2024: Slum … oder Mutterland des „Brighter Planet“? Die alternativlose Utopie des Gunter Dueck.

Donnerstag, 24. Januar 2013. Eifel - und der wichtigste Artikel, den ich bislang geschrieben habe. Meiner Meinung nach können wir einpacken: soweit bin ich inzwischen. Warum? Einfach mal meine letzten 735 Artikel lesen: es gibt viele Gründe dazu. Nehmen wir zum Beispiel mal die Politik. Wir hören jedes Jahr erneut, das wir kaum noch Arbeitslose haben, die Gehaltserhöhungen und Leistungsprämien bei der Bundesagentur für Arbeitslosenzahlenpräsentation fließen in Strömen, die Politiker leeren triumphierend eine Flasche Schampus nach der anderen - und was macht NRW? Stellt erst mal über 200 neue Mitarbeiter ein, um Arbeitslose in  Arbeit zu bringen - jene Arbeitslosen, die in Rheinland-Pfalz schon ihre Arbeit gratis versteigern lassen. Hatte NRW nicht so ein kleines Verschuldungsproblem? Und für "keine Arbeitslosen" stellt man jetzt zweihundert neue Berater ein? Die sicherlich jetzt dafür sorgen werden, dass die dann leider doch noch vorhandenen Arbeitslosen ganz viele Bewerbungen schreiben, die den ums Überleben kämpfenden Firmen die Posteingänge verstopfen. In der Wirtschaft ist dieses Prinzip schon lange bekannt - und wahrscheinlich hat man in jedem Unternehmen schon mal Kopien jener Weisheiten gesehen, die einem zeigen, wie man ein totes Pferd reitet.<a href="http://www.roland-schaefer.de/totespferd.htm"> Roland Schäfer</a>, Bürgermeister von Bergkamen, hat da eine spannende Sammlung auf seiner Seite.

Donnerstag, 24. Januar 2013. Eifel – und der wichtigste Artikel, den ich bislang geschrieben habe. Meiner Meinung nach können wir einpacken: soweit bin ich inzwischen. Warum? Einfach mal meine letzten 735 Artikel lesen: es gibt viele Gründe dazu. Nehmen wir zum Beispiel mal die Politik. Wir hören jedes Jahr erneut, das wir kaum noch Arbeitslose haben, die Gehaltserhöhungen und Leistungsprämien bei der Bundesagentur für Arbeitslosenzahlenpräsentation fließen in Strömen, die Politiker leeren triumphierend eine Flasche Schampus nach der anderen – und was macht NRW? Stellt erst mal über 200 neue Mitarbeiter ein, um Arbeitslose in  Arbeit zu bringen – jene Arbeitslosen, die in Rheinland-Pfalz schon ihre Arbeit gratis versteigern lassen. Hatte NRW nicht so ein kleines Verschuldungsproblem? Und für „keine Arbeitslosen“ stellt man jetzt zweihundert neue Berater ein? Die sicherlich jetzt dafür sorgen werden, dass die dann leider doch noch vorhandenen Arbeitslosen ganz viele Bewerbungen schreiben, die den ums Überleben kämpfenden Firmen die Posteingänge verstopfen. In der Wirtschaft ist dieses Prinzip schon lange bekannt – und wahrscheinlich hat man in jedem Unternehmen schon mal Kopien jener Weisheiten gesehen, die einem zeigen, wie man ein totes Pferd reitet. Roland Schäfer, Bürgermeister von Bergkamen, hat da eine spannende Sammlung auf seiner Seite.

Während die Sioux einfach raten, abzusteigen, wenn man merkt, das man ein totes Pferd reitet, gibt die deutsche Verwaltung noch lange nicht auf: sie wechselt das Futter, schickt das Pferd oder den Reiter zu Motivationseminaren, wechselt den Reiter, versteigert das tote Pferd, setzt Leistungsanreize oder vereinbart Ziele für tote Pferde oder ihre Reiter – die Anzahl der Maßnahmen ist schier unbegrenzt. Am Besten haben mir die Maßnahmen von Helmut Kohl und Gerhard Schröder gefallen: der eine wartet 16 Jahre darauf, ob der Gaul nicht doch wieder aufsteht, der andere kauft leichtere Sättel.

Es sind über fünfzig Maßnahmen, die Herr Schäfer dort gesammelt hat – und ich denke, jedes Arbeitsamt und jeder Arbeitslose kennt alle von ihnen. „Wenn der Brunnen leer ist, stellen wir zweihundert Antreiber ein, die dafür sorgen, das die Leute doppelt so oft hingehen“ – das wird gerade in NRW praktiziert. Auch nur durchschnittlich gebildete Bürger schütteln den Kopf angesichts der vollendeten Idiotie, die ihre gewählten Politiker und mit Steuergeldern reich ausgestatteten Verwaltungsangestellten dort demonstrieren … und es schleicht sich ein wenig Angst ein. Nicht umsonst sitzt der Deutsche immer länger vor dem Fernsehen und wird immer depressiver: die Wirklichkeit mutiert immer mehr zur irrealen Muppetshow, vor der man sich in Sicherheit bringen muss.

Die Inkompetenz und Unfähigkeit der Politik hat aber noch weitere Folgen – wie eine Studie zeigt, die die  Welt jetzt veröffentlicht hat:

Die Wirtschaftselite hat Angst vor dem neuen Mob. Fernab vom Rest der Welt diskutieren die Mächtigen in Davos. Doch eine Umfrage unter Hunderten Konzernlenkern weltweit zeigt: Sie fürchten, dass die jahrelange Krise sich bald ein Ventil sucht. 

75 % der Wirtschaftslenker denken so. Man fürchtet, das die Menschen, die das komplette Programm der „Wie-reitet-man-ein-totes-Pferd“-Maßnahmen über sich ergehen lassen mußten, mit Gewalt wieder etwas Vernunft in das menschliche Miteinander bringen: das Mittel der allerletzten Wahl wird auf einmal wieder gesellschaftsfähig. Wir müssen uns auch etwas davor fürchten, was in Davos geschieht – denn dort wird das praktiziert, was es laut deutschen Medien überhaupt nicht geben darf: Verschwörungen am Fließband, siehe Spiegel:

Die richtig wichtigen Dinge werden normalerweise in kleineren Runden besprochen. In Davos gibt es dafür die sogenannten IGWELS („Informal Gathering of World Economic Leaders“). Sie bestehen meist aus rund 20 Politikern und Top-Managern, die zu „völlig privaten“ Treffen zusammenkommen. Die IGWELS tauchen im offiziellen Programm nicht auf, doch sie finden auch in diesem Jahr wieder statt. Themen sind etwa die Zukunft der Energieversorgung oder die geopolitischen Auswirkungen des Arabischen Frühlings.

1990 sprachen dort Helmut Kohl und Hans Modrow über die Zukunft Deutschlands. 23 Jahre später wissen wir immer noch nicht, was die besprochen haben – aber wir zahlen immer noch für das Ergebnis.

Und das ist nur der politische Rahmen, der zum Volksaufstand reizt – in der Wirtschaft sieht es noch desaströser aus: aber hierüber wird seit dem 8.Oktober 2008 auf Wunsch der Kanzlerin nur noch sehr beschönigend berichtet, damit der Deutsche nicht aus dem Fernsehsessel fällt.

Wir wissen aber, wie es unserer Wirtschaft geht: unsere Städte zerfallen, unsere Straßen werden nicht mehr repariert, die Schulen sehen aus wie nach dem Krieg – wer wissen will, wie moderne Städte aussehen, fährt nach Dhubai und nicht nach Hamburg, München oder Berlin. Aber auch diese Vergleiche stellen wir nicht an: man will das Volk nicht weiter demotivieren, die sollen ihren Hartz-IV-Antrag ausfüllen und Dschungelcamp gucken, damit sie deutlich vor Augen haben, was man noch alles mit ihnen anstellen könnte, wenn sie nicht bald einen Job finden.

Währenddessen …. droht die nächste Flut von Arbeitslosen: die Dienstleistungsgesellschaft löst sich auf. Auch das ist sicher ein Thema in Davos. Die Technik frisst zum dritten Mal Jobs: erst war es die Industrialisierung der Landwirtschaft, dann die Einführung der Roboter in der Industrieproduktion, die Massen an Arbeitskräften freigesetzt haben – und jetzt ist es die IT-Technik, die die Dienstleistungsjobs frisst. Eine neue Welle von toten Pferden wird in die Arbeitsagenturen geschwemmt, die über fünfzig Maßnahmen parat haben, mit dem Problem umzugehen … und es so der Politik ersparen, sich mit dem Problem effektiv auseinandersetzen zu müssen.

Es ist nun nicht meine Idee, das diese neue Flut von Arbeitslosen kommen wird – ich kann sie aber bestätigen. Seit zehn Jahren habe ich keinen Versicherungsvertreter mehr gesehen – geht alles online. Letztes Jahr habe ich zum ersten Mal seit 2005 wieder mit einem Bankberater gesprochen – unser Verein brauchte ein neues Konto – nur zwei Beispiele aus meinem Alltag. Das Internet selbst – wird mehr und mehr zum Betriebssystem der Gesellschaft – so Professor Gunter Dueck in einer Rede von re:publica 2011, einer Rede, die man sich mal in Ruhe anhören sollte:

Ein Großteil aller heutigen Dienstleistungsjobs wird verschwinden – übrig bleiben die Friseure und die Nagelstudios: auch heute schon beliebte Jobersatzstücke, die gerne genommen werden, um Hartz IV zu entkommen … dabei haben wir erst 2003 das Jahr gehabt, wo die Angestellten in Deutschland die Arbeiterschaft an Zahl überholt haben (siehe Wikipedia) – ein herber Schlag für die Anhänger der proletarischen Weltrevolution, die  ihre Kämpfer in Zukunft aus den Reihen der arbeitslosen Anlageberater, Pharmareferenten und IT-Architekten rekrutieren müssen.

Das eine Gesellschaft, die sich nur gegenseitig die Haare schneidet und die Nägel stylt, keine Chance hat, auf dem Weltmarkt zu bestehen, ist schon seit Ronald Reagan bekannt – und manch´ fiese Gesellen vermuten ja, dass man deshalb die Raubkriege der Nato losgetreten hat, um überhaupt noch Kasse machen zu können: 150 Milliarden brachte allein der Krieg gegen Ghaddafi (siehe Politeia) als Reingewinn für die City of London, wo die Milliarden der anderen Diktatoren geblieben sind, ist momentan noch nicht ganz sicher.

Ich schätze mal: auch solche Themen werden gerade in Davos diskutiert … weshalb man sich zurecht vor einer Wiederholung der Geschichte fürchtet: die Weberaufstände kommen zurück … und das, obwohl wir als Steuerzahler so viel Geld für Straßenkosmetik ausgeben, damit wenigstens auf den Autobahnen alles so aussieht, als wäre die Welt noch in Ordnung, siehe Handelsblatt:

Mehr als 70 Prozent aller neu zugelassenen Porsche sind Dienstwagen. Diese werden vom Staat jährlich mit mehreren Milliarden Euro subventioniert.

Währenddessen müssen Arbeitslose sich von 4,70 Euro pro Tag ernähren – das reicht für ein Kindermenü bei McDonalds … oder einen einzigen Hamburger. Sogar das verpönte „amerikanisch essen gehen“ wird für viele zum unerschwinglichen Luxus. Aus gleicher Quelle erfahren wir, wie der Staat als Dank für den subventionierten Porsche auf Einnahmen in großem Stil verzichtet:

Um 50 Prozent sanken die Unternehmenssteuern seit 1990. Die Vermögenssteuer wurde 1996 abgeschafft, die Gewerbekapitalsteuer folgte 1998, der Spitzensteuersatz bei der Einkommenssteuer wurde 2005 von 53 auf 42 Prozent gesenkt, zu guter Letzt wurde 2008 auch noch die Körperschaftssteuer von 25 auf 12 Prozent abgesenkt. Die Unternehmenssteuerbelastung von Kapitalgesellschaften sank so seit 1990 auf weniger als die Hälfte.

Zusätzlich erfahren wir dort, das wir jedes Jahr 100 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung verlieren – die Ratten verlassen das sinkende Schiff.

Schon 2009 hatte Professor Gunter Dueck die Situation in seinem Buch „Aufbruch“ beschrieben – hier zitiert auf seiner Website Omnisophie/Sinnraum

Geschäftsabläufe werden immer stärker automatisiert. Die Kenntnisse der wenigen Taxifahrer, die jede Straße in Berlin kennen, sind gegen ein normales TomTom nichts. Taxifahrer werden nur noch als Fahrer, nicht mehr als Ortskundige gebraucht. In dieser Weise werden viele Berufe auf den noch dem Computer unzugänglichen Bereich des rein Physischen reduziert und damit ganz oft in den Niedriglohnsektor abgedrängt. Ein Leben im Prekariat droht nun einer großen Menge von Menschen.

Hinter all den vielen kleinen Automatisierungsphänomenen in unserem Alltag steht eine große Bewegung, nämlich die der vollen Industrialisierung aller Arbeit, nicht nur der in der Produktion. Wir werden zunehmend in allen Berufen von Computern verdrängt. Diese Industrialisierung zieht Arbeitslosigkeit und Jobverlustangst mit sich. Wir fühlen den Niedergang. 
Wissen Sie noch, dass zur Zeit meiner Geburt etwa die Hälfte der Leute in der Landwirtschaft tätig war? Heute schaffen knapp zwei Prozent dieselbe Arbeit und klagen noch immer über den Druck des Marktes. Über die Jahrzehnte hinweg mussten die Land-, dann die Berg-, schließlich die Industriearbeiter neue Jobs suchen. Dieser Prozess steht nun den Dienstleistungsberufen bevor. Und wie in all den anderen Fällen müssen wir fragen:

„Was geschieht mit all diesen Menschen?“ Deutschland muss sich neu erfinden und als Ganzes einen neuen Job suchen.

Was geschieht mit all diesen Menschen? Sie werden lernen, welche Möglichkeiten dem weißen Mann eingefallen sind, ein totes Pferd zu reiten. Fragen Sie einfach Arbeitslose in Ihrer Stadt, welche geballte Inkompetenz und Hilflosigkeit sie erleben, wenn sie ihrem „Fallmanager“ gegenübersitzen.

Oder aber … Sie schließen sich Professor Dueck an und sorgen dafür, das sich Deutschland insgesamt einen neuen Job sucht – und zwar am Besten schon vorgestern.

Wie das gehen soll? Nun, der Wunschkandidat der Piratenpartei für den Job des Bundespräsidenten und ehemalige Top-Manager von IBM hat da ein paar Vorschläge.

Deutschland muss ein Land der Nano-, Umwelt-, Medizin-, Computer-, Gen- oder Biotechnologie werden. Da liegt unsere Zukunft. Wo sonst, bitte?
Und was muss geschehen, damit wir dort hinkommen? Auch klar: Das Volk der Dichter und Denker besinnt sich auf seinen Kern und wird zum Hochbildungsland.

„Jeder muss und kann studieren!“ Ich meine – jeder! In Worten: Jeder! Wenn Sie das nicht mitmachen wollen oder nicht akzeptieren, enden wir in einer Kultur, die sich in Elite & Slum spaltet – in Reiche und Niedriglohnjobber. Diese Entwicklung zur Spaltung und zur Inhomogenität hat ja schon begonnen. Überall öffnen sich unsoziale Scheren zwischen ein paar auf dem allerhöchsten Gipfel und vielen, denen der Hartz ausreichen muss. Unsere Politiker päppeln ein paar Eliteuniversitäten heran und ärgern sich über die überbordenden Sozialausgaben an „Arbeitsscheue“, wie ein elitärer Minister dieser Tage sagt. Deutschland war immer geschätzt wegen seiner bürgerlichen Gleichmäßigkeit und des sozialen Friedens, wissen Sie noch?

2013 haben wir diese Kultur schon: die einen fahren den staatlich subventionierten Porsche – die anderen müssen ein paar Tage hungern, bis sie ihre Kinder einmal zum Happy Meal nach McDonalds einladen können. Banken machen Milliardengewinne dank unvorstellbar gigantischer staatlicher Rettungsoperationen, während im Landkreis Mayen die Arbeitskraft von Arbeitslosen gratis versteigert wird: deutlicher kann man die Wertlosigkeit von Arbeitskraft im Jahre 2013 kaum noch demonstrieren – man wird sie nur noch als Geschenk los.

Aber noch … kann man was ändern. Wie es einst Berufe und dann Städte gab, die sich im Rahmen der Arbeitsteilung differenzierten, können sich heute Staaten differenzieren – wenn sie es wollen. Unglaublich, das meine Kinder heutzutage in Schulen gehen, wo der Putz von der Wand abbröckelt und GANZE TAGE wegen Lehrermangel ausfallen … andererseits aber Milliarden in den Porsche als Dienstwagen gesteckt werden, um den schönen Schein auf Deutschlands Straßen zu wahren, die Umsätze im Premiumbereich (die real stark fallen) künstlich hoch zu halten und das in einem Land, wo alle sich freuen, das die Staatsverschuldung nun langsamer wächst als zuvor.

Wenn ich als Privatmann merke, das ich diesen Monat weniger zuviel ausgegeben habe als im Monat zuvor, kriege ich Panik … und führe keine Freudentänze auf – nur mal nebenbei bemerkt.

Erschrickt die Forderung nach dem Studium für alle?

Als Arbeiterkind weiß ich aus persönlicher Erfahrung, das man sich an der Uni fehl am Platze fühlen kann. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, welche Hochachtung Menschen einem „Studierten“ entgegenbringen, wenn sie selbst noch nie eine Universität von innen gesehen haben … und als Pächter einer Studentenkneipe habe ich erleben dürfen, wie „normal“ selbst „Halbgötter in weiß“  sind. Mein Eindruck ist: es muss nicht nur jeder studieren – es kann auch jeder studieren. Wirklich: Studium ist leichter als Schule. Es macht mehr Spaß, macht mehr Sinn – und bringt der Volkswirtschaft ungeahnte Gewinne.

Vor allem: dieser Weg ist DER EINZIGE, der uns bleibt. Wir haben keine Rohstoffe, nicht unendlich viel Land – und wir können nicht ewig viele Despoten stürzen, um an deren eingefrorenes Kapital zu kommen. Ein paar Forderungen von Professor Dueck aus seinem Buch:

– energischer Eintritt Deutschlands in die quartäre Wissenskultur  (jener Kultur, die die Dienstleistungsgesellschaft ersetzt)

– Pflicht des Staates, Zukunftsstrukturen aufzubauen

Einstellung der Dauersubventionen für Sterbendes 

– Anstreben einer Exzellenzkultur durch Ausbau des Bildungssystems, das multikompetente junge Menschen hervorbringt und entwickelt

– ethische Werte der Zukunftskultur in das Grundgesetz

– Einrichtung eines „Oberhauses“ für Zukunft und Ethik als Ersatz für die zu einflusslose christliche Kultur

– Steuerung der Wirtschaft als Einrichtung, die Prosperität des Landes sich sichern, in dem sie auf Strategien vertraut, die einen breiten    Mittelstand erhalten

– Deutschlands Ausbau zu einem Land der Spezialmaschinentechnologien, der Medizin-, Gen-, Bio-,  Umwelt- und Nanotechnologien

– Deutschland zum Mutterland der „Culture Technologies“ entwickeln, als Keimzelle des „Brighter Planet“.

Bevor man sich jetzt aufregt: die Alternative zu diesem einzigartigen kulturellen Umbruch ist – Hartz IV als Hauptbeschäftigung für alle (ausgenommen ein paar „Leistungsträger“ in Politik und Wirtschaft) – und Deutschland als Land, dessen Niedriglohnsektor für Thailand Hemden näht.

Anstatt nur hilflos den Gezeiten der technischen Entwicklung ausgesetzt zu sein und ständig zu jammern, dass es immer hin- und hergeht, könnte man mal die Entwicklung als Chance nutzen. Wenn man will, das Bürger bis 67 arbeiten, sollte man auch sicherstellen, dass es Arbeit gibt, die sie tun können – und vielleicht sogar Arbeit, bei der sie richtig dicke Gewinne einfahren und nicht nur irgendwie „beschäftigt“ sind.

Sicher – wir können uns auch daran ergötzen, wie gut man von 40 Euro im Monat leben kann, wenn man in Abfällen wühlt (siehe Welt) – ich sehe hier schon wieder neue Regelsatzdiskussionen am Horizont erscheinen – und Diskussionen über die Höhe der Mindestrente.

Wir haben über fünfzig Möglichkeiten entwickelt, ein totes Pferd zu reiten – oder Arbeitslose zu beschäftigen.

Wir haben auch über fünfzig Möglichkeiten entwickelt, die Tatsache zu verdrängen, das unsere Titanic untergeht – und empfehlen als Lösung, immer schneller zu rennen, um möglichst weit nach oben zu kommen, in jene Räume, wo wohlhabende Menschen noch trockenen Fußes sitzen und so tun, als wären sie auf festem Land.

Davos zeigt uns, das 75 % von ihnen aber verstanden haben, das das Schiff insgesamt untergeht und es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis auch ihnen das Wasser bis zum Halse steht – weil niemand mehr da ist, der den Porsche subventioniert. Natürlich können wir weiterhin Rettungswesten fordern („Grundeinkommen für alle!“), die für sich genommen auch sinnvoller sind als der Versuch, tote Pferde zu reiten – aber den Untergang des Schiffes hält man so nicht auf. Hören wir nochmal Professor Dueck aus seinem Sinnraum:

Abstrakt gesprochen: Der Staat und die Gemeinschaft haben die Aufgabe, die Strukturen der Zukunft zu errichten und sie zur Erzielung allgemeiner Prosperität der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Der Staat hat nicht die Aufgabe, sterbende Zweige wie die Landwirtschaft oder jetzt den Servicebereich über lange Zeit am Leben zu erhalten, nur weil sich die Volkswirte seit Jahrzehnten einbilden, dass sich früher oder später alles wieder in einem Gleichgewicht einrenke. Nichts kommt wieder! Das Leben verändert sich bei jedem Strukturwandel radikal. Wir müssen dem Alten mit aller gebotenen Fürsorge und Achtung mit Bestimmtheit ade sagen und mit Zuversicht das Neue erbauen – infrasoziale Marktwirtschaft! Ich will, dass wir Älteren, die wir das Steuer in der Hand halten, eine Zukunft für unsere Kinder aufbauen, die auch wirklich eine Zukunft ist, die sie – die Kinder – für sich selbst wünschen. Wir müssen eine Zukunft der Digital Natives schaffen, nicht eine für ein kommendes Rentnerland. 
Diesen Blick in die Zukunft leisten die Wirtschaftstheoretiker nicht! Der Staat ist nicht zum Ausgleich von Vergangenheitssünden da, nicht zum Retten nach Managementfehlern oder bei mangelnder Unternehmerfortune. Der Staat baut die Zukunft. Und da ich noch keine Zweidrittelmehrheit zusammen habe, kann ich zum Schluss des Buches natürlich ganz unbekümmert Vorschläge zu einer Grundgesetzänderung aufreihen: Bildung als Bürgerpflicht etc. Das ist leicht gesagt, aber Sie werden im Buch an dieser Stelle sicher sein, dass ich das wirklich ernst meine. Muss ich jetzt dafür fast eine neue Partei gründen? Ich? Kurz vor der Pensionsgrenze eine Partei für die Jungen? An welche Wand soll ich Thesen nageln? Wer bricht mit mir auf?

Muss man jetzt eine neue Partei gründen?

Bis man sich gegen die Altparteien durchgesetzt hat, dürfte Ostdeutschland schon von Ölscheichs aufgekauft worden sein – oder von internationalen Hedgefonds, die Landgrabbing betreiben, um ihre eigene Zukunft zu sichern. Die Mehrheit in den DAX-Konzernen (unserer alten Weltelite) haben sie schon – siehe Welt vom 1.5.2012.

Aber eine Bewegung – die muss her. Eine Bewegung aller Menschen, die in diesem Wirtschaftsraum überleben müssen. Wir retten die Titanic nicht, in dem wir alle nach oben rennen – aber wir haben noch die Kraft, das Schiff umzubauen, das es uns auch weiterhin trägt. Wir können es sogar besser bauen als je zuvor, weil unsere Mittel (noch!) ganz andere sind als früher.

An welche Wand soll Professor Dueck nun seine Thesen nageln?

An alle, die er findet. Und wir alle sollten dabei helfen – bis seine Thesen in jedem Briefkasten jedes Abgeordneten jeder Partei liegen, in jedem Kino, jedem Theater, jeder Schule, jeder Tankstelle, jeder Arztpraxis, jedem Supermarkt, jeder Gaststätte und Bahnhofskneipe an den Wänden hängen, bis jedes Schulkind sie als Forderung an die Politik auswendig aufsagen kann und jedes Jobcenter in Deutschland sie mit maximaler Kraft unterstützt … anstatt noch weitere Methoden zu suchen, tote Pferde zu reiten (auch wenn das den sammelfreudigen Bürgermeister von Bergkamen sehr freuen würde).

Und wer mit ihm aufbricht?

Nun – ich auf jeden Fall.

Und ihr?

PS: ich danke Herrn Professor Dueck für den äußerst freundlichen E-Mail-Verkehr und die handsignierte Ausgabe seines Buches – auch im Namen meiner Kinder, die vielleicht doch noch Hoffnung auf etwas Zukunft haben. Sogar auf eine glorreiche Zukunft. 

PSS: wer nicht aufbrechen will: Lidl verkauft gerade eine „Exklusiv-Schneider-Boutique“ für knapp fünf Euro. Damit ist man bestens gerüstet … wenn die Thailänder mit ihren Hemden kommen und man selbst von ihnen als Näher ersteigert wurde. Nur mal so als Tipp … 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Deutschland – Traum oder Albtraum?

Deutschland - Traum oder Albtraum?

Wir wohnen in einem schönen Land, ein einem tollen Land – in einem Land mit für die Welt beispielgebender Kultur und Zivilisation. Ja – jetzt mal nicht meckern, das ist doch so. Hier läuft alles, wie es laufen soll. Da wir Bürger den ganzen Tag mit Erwerbsarbeit, Kindererziehung, Häusle bauen, Vereinsaktivitäten undDorfverschönerung oder Straßenfesten beschäftigt sind, haben wir ein paar Vertreter gewählt, die für uns in unserem Auftrag unsere Interessen im Bundestag vertreten. Dort ist der Ort, wo kontroverse Themen so lange diskutiert werden, bis sich eine für den Bürger optimale Lösung findet. Das ist zuweilen sehr anstrengend, aber dafür haben wir unsere Vertreter ja auch von der Erwerbsarbeit befreit und sie zudem noch finanziell auf das höchste Podest gestellt, das wir uns leisten können. Dafür haben unsere Volksvertreter den ganzen Tag nichts anderes im Sinn, als unsere Lebensqualität zu verbessern, unsere Interessen im Kanon der Vereinten Nationen durchzusetzen und für Frieden, Wohlstand und Sicherheit jedes einzelnen kleinen Bürgers zu sorgen.

Das ist eine wichtige Arbeit.

Krankheit, Scheidung, der Tod eines Lebenspartners … all das kann einen einfachen Bürger trotz allen Fleißes aus dem normalen Lebensweg werfen, manche zerbrechen an Gewalterfahrung oder den Folgen von psychischen Problemen der Eltern. Solche Menschen wurden dereinst von der Dorfgemeinschaft aufgenommen, weil man da noch wußte, das jeder – wirklich JEDER – eine besondere Qualität in sich trägt, die man für alle nutzbar machen kann. Wer überhaupt nichts konnte, durfte Briefträger werden und bekam von jedem Kunden erstmal ein Gläschen Schnaps.

So konnte sich jeder sicher sein, das man auch ihn auffangen würde, wenn er mal scheiterte … und das führte zu großen Erfolgen, denn mit dieser Sicherheit im Rücken konnten Einzelne auf einmal enorme Leistungen erbringen. So haben wir „Zivilisation“ aufgebaut, „Fortschritt“ und „Wohlstand“ erfunden und fanden das auch ganz toll.

Was uns verloren ging – aus organisatorischen Gründen – war das Dorf. Mitlerweile ist sogar die „Familie“ eine ausssterbende Art. Wir haben das zugelassen, weil es für das Individuum Vorteile gab – es konnte endlich seinen eigenen Lebensweg außerhalb der Pläne seiner Familie finden – und wir hatten ja noch unsere Volksvertreter, die Weise auf den Ausfall von Dorf, Stamm und Familie reagierten, in dem sie die Aufgaben dieser sozialen Strukturen übernahmen: der Sozialstaat war geboren und aus der Sicherheit des Sozialstaates heraus konnten noch größere Risiken eingegangen, noch größere Erfolge erzielt werden, die letztlich wieder allen zugute kamen.

Es ist einfach ideal, was wir dort geschaffen hatten, Deutschland, das planetare Dorf ersetzte Deutschland, das Menschenfresserparadies, wir sind Vorbild für die ganze Welt, man liebt uns überall. Wir können voller Optimismus in eine Zukunft schauen, in der jeder Bürger sich gut aufgehoben weiß, in der die gesamte Wirtschaft nur das eine Ziel hat: den Lebensstandard langfristig für alle deutlich zu erhöhen, sorgsam und behutsam mit unseren Ressourcen umzugehen und die tödlichen Nebenwirkungen von Technik drastisch zu reduzieren, die Medien über Wirtschaft und Politik wachen und äußerst wachsam sind, das sich keine gemeinschaftsfeindlichen Elemente in Entscheidungspositionen festsetzen und die Regierung in unser aller Auftrag darüber wacht, das niemand auf dieser Reise verlorengeht – hier gilt vor allem den Armen, Kranken und Schwachen ihr Augenmerk, den die Reichen, Gesunden und Starken kommen auch ohne ihre Hilfe Prima durchs Leben.

Wäre schön, wenn man so etwas schreiben könnte, oder? Wäre doch schön, wenn Schulen wieder lehren würden, wie schädlich „Statussymbole“ sind, anstatt das Kinder wie Reklametafeln für Konzernwerbung herumlaufen, ohne daran zu denken, das andere Kinder wegen dem Markenzeichen Gesundheit und Leben verloren haben.

Wäre schön, wenn man morgens in die Nachrichtenwelt schauen kann und gleich drei Ereignisse präsentiert bekommt, wie Wirtschaft, Politik und Medien unser Leben wieder einmal besser gemacht haben, wie Wohlstand, Sicherheit und Fortschritt wieder einmal drei kleine Schritte weitergekommen sind und die Regierung erneut weitere Menschenrechtsmängel im Alltagsleben ausgemerzt hat – was die Begeisterung des ganzen deutschen Volkes hervorruft.

Stattdessen … wollen die wirtschaftsnahen Medien dem Bundespräsidenten einen Maulkorb verpassen und fordern unverblümt eine Expertendiktatur, wie heute im Spiegel:

Erst fordert Arbeitsministerin von der Leyen für die Euro-Zone das Prinzip „Geld nur gegen Gold“ – nun kritisiert Bundespräsident Wulff barsch die Retter der Währungsunion. Es ist höchste Zeit, dass endlich wieder Euro-Experten die Debatte bestimmen.

Medien brauchen heutzutage Werbepartner. Werbepartner werden deshalb von den Medien überwiegend freundlich behandelt, ihre „Euroexperten“ ebenfalls. Wo wir da als Bürger noch Berücksichtigung finden?

Zahl- und Wahlvieh.

Wirtschaftsexperten freuen sich auf die Inflation, die unsere mühsam erarbeiteten Spargroschen vernichten wird, während anderswo der staatliche Immobilienbesitz enteignet werden soll:

Die Euro-Finanzminister denken offenbar darüber nach, Finanzhilfen für Pleiteländer mit Sachwerten zu sichern. Auch staatlicher Grundbesitz ist dabei eine Option.

Man hat kaum Zeit, sich über die Entwicklung zu erschrecken, die wie ein Blitzkrieg abläuft. Die „Offensive Europa“ rollt unaufhaltsam – mit guten Argumenten. Immerhin ist die Reisefreizügigkeit in Europa vorbildlich zu nennen, auch wenn Deutschland da mal wieder unangenehm auffällt – mit Ressentiments gegen Schwule erinnern wir an ganz alte, dunkle Zeiten. Die Forderung, das Deutschland deshalb noch mehr in Europa mitmischen sollte, kann deshalb bei manchen Nachbarn Besorgnis auslösen, erst recht bei jenen, die sich schon längst vor einem Vierten Reich fürchten – einem Reich, das jetzt real anfängt, Grundbesitz in Nachbarländern zu okkupieren, während in Italien die Senatoren Luxusessen zu Mensapreisen genießen – letztlich wird das wohl mal bezahlt von den Erlösen versteigerter griechischer Grundstücke oder den gestrichenen Arbeitslosenbezüge deutscher Behinderter.

Wir befinden uns in einer Situation, in der erfolgreiche Unternehmer dieses Landes das Bundesverfassungsgericht vor den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen,

Der Hintergrund dieser Aktion? Nichts weiter als der Verdacht einer Verschwörung, eines „Staatsstreiches“ von Merkel und Sarkozy, der die Vermögen des deutschen Bürgers vernichten wird.

„Das Verfassungsgericht setzt sich dem Verdacht aus, den politischen und zeitlichen Erwartungen der Bundesregierung zu entsprechen“, heißt es da, und die Beschwerdeführer gehen noch einen großen Schritt weiter.

Es strebe offensichtlich ein politisches Urteil im Sinne der Regierung an. Auf diese Weise werde es zu einer Art Mittäter von selbsternannten Eurorettern, die dabei seien, das Recht zugunsten der Macht zu verdrängen, einer Macht, die im Übrigen nicht von Berlin, sondern allein von Paris aus gesteuert werde.

Das können die doch wohl nicht ernst meinen, denkt man sich. Da sind wir doch in den finstersten Abgründen paranoider Verschwörungsfanatiker zu Gast … und sind ganz weit weg von unserem schönen Traum einer Gesellschaft, in der Medien für Aufklärung, Regierung und Gerichte für Gerechtigkeit und Sicherheit und Wirtschaft für Wohlstand sorgen.

Stattdessen haben wir Medien, die nur noch Propaganda betreiben, eine Regierung, die beständig rund um die Uhr überfordert ist, eine Wirtschaft, die nur noch durch Rechentricks und Ausbeutung Erfolge vorweisen kann und den bösen Verdacht, das hinter all dem auch noch eine Absicht steckt: eine finstere Verschwörung zur Aneignung des Vermögens der deutschen – und europäischen – Bürger.

Ein Alptraum.

Doch der Traum wird noch schlimmer. Mehr und mehr verdichten sich die Hinweise, das Uwe Barschel ermordet wurde. Das so etwas in einem demokratischen, aufgeklärten Rechtsstaat überhaupt denkbar sein sollte, ist schon ungeheuerlich. Noch ungeheuerlicher ist allerdings, wie mit dem Verdacht umgegangen wird: anstatt absolute Klarheit zu schaffen, wird … verdunkelt. Dabei ist das keine Kleinigkeit. Sollte es möglich sein, das ein Uwe Barschel ermordet werden konnte, dann sind wir europäischen Bürger in unserem eigenen Land unseres Lebens nicht mehr sicher, sollten die Ermittlungen auch nur in geringstem Maße eingeschränkt worden sein, dann haben wir es mit einer Gewalt zu tun, die sich den Staat untertan gemacht hat – hier würde ich als Bürger erwarten, das hundert Beamte zehn Jahre lang uneingeschränkt ermitteln dürfen, um absolut sicher zu stellen, das so etwas nicht möglich ist.

In seinem Vorwort nennt der Journalist Stefan Aust, ein Anhänger der Mordtheorie, Willes Buch „das Protokoll einer Mordermittlung im Irrgarten einer politischen Affäre zwischen östlichen und westlichen Geheimdiensten, Waffenhändlern und Hochstaplern.“

Wer sich das Leben des Stefan Aust anschaut, kann zurecht vermuten, das man es hier nicht mit einem paranoiden Verschwörungstheoretiker zu tun hat, sondern mit jemandem der oft genug hinter die Kulissen geschaut hat.

Und so scheint sich der Traum von einer gerechten, sicheren Heimat langsam aber sicher in einen Alptraum zu verwandeln, in dem Politik, Wirtschaft, Gerichte und Medien zum Spielball von Akteuren geworden sind, die soweit hinter den Kulissen arbeiten, das man noch nicht mal ihre Namen kennt.

Aber ihre Meinung, ihren Willen, ihre Absichten erfahren und erleben wir Tag für Tag,  manchmal mit tödlichen Folgen.

 

 

 

 

 

 

 

Die Angst des weißen Mannes … vor Hartz IV und Napoleon

Mit seinem neuen Buch „Die Angst des weißen Mannes“ ruft Peter Scholl-Latour derzeit viel Widerspruch auf den Plan. Viele weiße Männer empören sich und wissen nicht, wovor sie Angst haben sollten … weiße Männer kennen weder Schmerz noch Angst.  Scholl-Latour bleibt da nüchtern, wie hier im Tagesspiegel:

„Hier sind wir nicht nur in der ,Neuen Welt’ angekommen, hier begegnen wir einer neuen Menschheit, und die Vermutung stellt sich ein, dieses könnte die Menschheit der Zukunft sein. Mit seiner vielfältigen Harmonie der Rassen nimmt Brasilien eine ethnische Vermengung vorweg, die für den ganzen Globus Gültigkeit gewinnen könnte.“

Mit solchen Visionen vom Ende der herrschenden Kultur dieser Welt steht der weit gereiste Scholl-Latour nicht allein da. Schon vor ein paar Jahren wurde nüchtern der Untergang des weißen Mannes skizziert, hierzu was aus dem Deutschlandradio über den Autor Manfred Pohl:

Es sind ernüchternde Szenarien, die er beschreibt, etwa, wenn die heute geborenen Kinder in der Mitte ihres Lebens wesentliche Rohstoffe der Gegenwart nicht mehr zur Verfügung haben werden: Öl, Gas, Kupfer oder Uran. In 200 Jahren würden die weißen Deutschen lediglich eine ethnische Minderheit in ihrem Heimatland sein, als Fremdenführer für Touristen, die die Denkmäler der deutschen Hochkultur besichtigen.

Pohls Verdienst ist der Verweis auf Entwicklungen, die uns heute in ihrer Größe noch gar nicht bewusst sind: etwa, dass europäische und amerikanische Unternehmen den Wettbewerb mit asiatischen Konzernen verlieren werden. Die Übernahme des größten europäischen Stahlunternehmens Arcelor durch die indische Mittal Steel Company ist demnach erst der Anfang.

Pohl geht noch etwas weiter als Scholl-Latour, er sieht nicht nur das Verschwinden des weißen Mannes sondern auch eine besondere Gefahr für ihn:

Gleichzeitig verweist der Autor auf eine noch kaum beleuchtete Gefahr für den Weißen Mann: die seit den Zeiten der Sklaverei ihm aus bisher benachteiligten Regionen der Erde entgegengebrachte Distanz bis Antipathie. Pohl erwartet, dass die über Jahrhunderte ausgebeuteten Völker sich gegen ihn erheben werden.

Mitlerweile machen auch wir ehedem geliebten Deutschen uns wieder unbeliebt, zum Beispiel in Afghanistan oder auch mit der Aussicht, das ein Generalfeldmarschall Guttenberg mit seinen dann sechzigjährigen Soldaten deutsche Wirtschaftsinteressen im Ausland verteidigt.

Es ist eine Kultur, die ihre Zukunft in den letzten Jahren auf Fernreisen verheizt hat und nun noch droht, gewalttätig zu werden. Dabei hat der Rückzug der Sowjetarmee aus Afghanistan gezeigt, das unsere technische Überlegenheit gar nicht so viel wert ist, wie Hollywood uns immer beibringen will.  Der Mythos vom Cowboy, der mit seinem überlegenen Repetiergewehr Indianer mit Pfeil und Bogen reihenweise vom Pferd holt, ist ein Mythos von Gestern und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat man konkrete Vorstellungen und Vergleichsmöglichkeiten über eine Welt, in der Europa und die USA ebenfalls den Weg überschuldeter Konsumnationen gehen, die in einer globalisierten Welt keine Chance mehr haben, ihre Kultur zu leben.

Allerdings hat der weiße Mann – sofern ich den Medien wenigstens in dieser Hinsicht Vertrauen kann – noch gar keine Ahnung von seinem Ende, mal abgesehen davon, das ihm die Konjunktur in den USA relativ egal geworden ist und er genauestens auf die kleinsten Zuckungen aus China achtet. Möglicherweise wird auch deshalb soviel in seine Verblödung investiert, damit er nicht sieht, warum es keine tragfähigen Utopien mehr für die Zukunft Europas gibt: ganz einfach deshalb, weil die momentanen Parameter überhaupt nicht die Vorstellung erlauben, dieser kleine rohstofflose Räuberkontinent hätte überhaupt noch eine Zukunft.

So ist man überrascht, wenn man nach Uganda schaut und dort politische Utopien vernimmt, die für uns völlig fremd sind, angesichts der herrschenden Oligarchie der Parteien aber möglicherweise sehr erfrischend wären, hätte man sie bei uns entwickelt und gebe es ein Klima, das die Veränderung der Gesellschaft überhaupt als notwendig erachtet: so lehnt der ugandische Präsident Museveni Parteien ab, weil alle Parteien uni-ideologisch sind, er will aber multi-ideologische Parteien. Nun, als Autokrat darf er das fordern … aber es würde auch unseren Parteien nicht schlecht zu Gesicht stehen, sich von dem ideologischen Erbe des 19. und 20. Jahrhunderts zu verabschieden, da wir mehr und mehr vor einem Scherbenhaufen stehen, der nur nicht auffällt, weil die Aufschwungpropagande so laut tönt – und alles übertönt, was unter anderem aus  Brüssel, Washington, Peking und Kabul an schrägen Zwischentönen zu vernehmen wäre.

Solche Forderungen nach multi-ideologischen Parteien würden im Land der Dichter und Denker (eher wohl: Richter und Henker) mitlerweile das Volk überfordern. Darf ich der aktuellen Ausgabe des Sterns glauben,  sind es allerdings wirklich eher die gebildeten, etablierten Mittelschichtler, die in Gorleben auf die Barrikaden gegangen sind – und das in voller Absicht als Protest gegen das System verstanden sehen wollten. Sie sehen, das ihr Wohlstand möglicherweise in einer Hartz IV-Rente endet, die einzige Utopie, die wir als Gesellschaft noch zustande bringen: Hartz IV für alle.

Darum ist es jetzt wohl ein kleiner Schock für viele, das die ersten Prominenten bei Hartz IV landen: Ingrid Steeger hat es laut Welt aktuell erwischt:

Fremde Männer wollen für Ingrid Steeger sorgen

Männer hätten sie in den finanziellen Ruin getrieben, sagte Ingrid Steeger über ihre Hartz-IV-Not. Andere Männer wollen ihr nun helfen.

Da stürzen Welten ein. Unsere Promis auf dem Haufen der asozialen Schmarotzer … das geht ja gar nicht, da sind die Hilfsangebote groß, da werden die Fans von Fußball, Porno und Alkohol (die tragenden Grundsäulen unserer Powerspaßkultur) auf einmal aktiv … und bekommen ein wenig Angst:

„Wenn es  unsere  Promis schon erwischt … wann bin ich dann dran?“

Schon Arthur Schopenhauer sah in der Vermischung der Rassen eine große Chance, das all die einzelnen Qualitäten sich zu mehr als der Summe der einzelnen Fähigkeiten erheben und die Geschichte der USA deutet darauf hin, das er damit nicht ganz falsch lag.

Vielleicht liegt Peter Scholl-Latour falsch mit seiner Vorstellung einer neuen Menschheit, andererseits … käme eine andere Menschheit ganz gelegen. Die momentane scheint die Grenzen ihrer Schaffenskraft erreicht zu haben und an die Grenzen ihrer Möglichkeiten zu stoßen.  Es wird eine spannende Zukunft, wenn endlich mal nicht mehr weiße Männer wie Luther, Kant, Marx, Freud (huch, alles Deutsche …) die geistige Welt des Planeten dominieren, sondern Menschen, die ganz anders zu denken gelernt haben und Wege finden, an die wir – mangels Kategorien – gar nicht denken konnten. Kant zumindest hätte das im Prinzip verstanden – aber auch erstmal keine Lösung gewußt.

Und  – mal ehrlich: brasilianischer Karneval ist doch was ganz anderes als das Kölner Besäufnis am Rosenmontag, das seine Wurzeln im Kampf gegen die französische Besetzung des Rheinlandes durch die republikanischen Armeen hat. Die haben doch bis heute nicht verstanden, das Napoleon sich nicht mehr über die Verballhornung französischer Militärkultur aufregen wird.

Vielleicht ist es aber auch die Angst des weißen Mannes vor der Tatsache, das er … zum Vermischen nicht gewählt werden würde und nicht mehr Teil der neuen Menschheit wird. Jenen Aspekt der Integrationsdebatte beleuchten wir selten … was denn an uns so integrationsbegeisternd sein soll.  Das wir eine Kultur haben, die nach den Alten, den Kranken und den Kindern nun auch die Arbeitslosen ausgesondert hat? Oder das wir uns besaufen können, bis uns schlecht wird? Komasaufen soll ja bald olympische Disziplin werden, damit wir wieder Medallienchancen haben.

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