Ein Spiel, das von Wissenschaftlern schon seit Jahrzehnten nicht mehr gespielt wird, ist das Spiel: „Wie nennt man wohl in Zukunft unsere Zeit?“
Früher grenzte man so das Atomzeitalter gegen die Steinzeit ab. Oder auch kleinere Zeitalter: die Klassik, die Renaissance, das Industruiezeitalter.
Nun – Auto und Fernsehen haben unsere Kultur mehr verändert als die Atomkraft, von der uns die Vernunft sagt, das wir Abstand davon halten sollten, aber die Rendite fordert, das wir viel mehr davon bauen. Darum wäre Fensehzeitalter oder Autozeitalter vor einiger Zeit mein Favorit gewesen.
Computer und Handys kamen hinterher und haben den Rest gewachsener zwischenmenschlicher Strukturen zerstört, so das die westlichen Zivilisationen zu bindungslosen (sprich: flexiblen) Egozentrikern („sprich: Leistungsträgern“) wurden, die versuchen, die verlorene Menschlichkeit durch technische Spielereien zu ersetzen, die menschliche Nähe vorgaukeln.
Das erledigt ja zum Beispiel das Fernsehen ganz gut. Man hat ja das Gefühl, die Kanzlerin sitzt ganz persönlich im Wohnzimmer und spricht auch persönlich mit einem, so nahe sitzt die bei ihren Ansprachen vor dem Bildschrim. Alles Lüge, aber das Gefühl kennt keinen Unterschied. Es hat an den Verstand den Anspruch, nicht Situationen ausgesetzt zu werden, in denen Lug und Trug herrscht – dafür hat man ja immerhin so einen Verstand. Ergo … fühlen sie viele Deutsche als Mitglieder des Bundeskabinetts. Kein Wunder, das die alles mitmachen und grenzenlos geduldig sind.
Mit Ansprüchen sind wie ja auch gerade in der Finanzwelt konfrontiert. Die Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks lassen sich wie Fürsten bezahlen, meldet die WELT:
Peter Boudgoust, Intendant des Südwestrundfunks (SWR) und amtierender ARD-Vorsitzender, bekommt ein jährliches Bruttogehalt von 273.000 Euro, wie ein SWR-Sprecher in Stuttgart sagte.
Für alle anderen Anstalten gibt es keine solche gesetzliche Pflicht, dennoch zog der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) nach: Intendantin Dagmar Reim bekommt jährlich 220.000 Euro.
Ihr NDR-Kollege Lutz Marmor habe im Geschäftsjahr 2009 einschließlich einer Aufwandspauschale ein Jahresgehalt von 286.000 Euro bekommen, bestätigte der Norddeutsche Rundfunk dann einen Bericht der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Kleine Rundfunkhanseln mit Ansprüchen wie ein Bundespräsident. Der Staat als Selbstbedienungsladen. Aber für Kinder Hartz_IV-abhängiger Eltern Chipkarten anschaffen, die dafür sorgen sollen, das das Geld nicht verplempert wird. Wer zahlt eigentlich die Millionen von Kartenlesegeräten, die dazu nötig sind, damit das System funktioniert?
Oder der Aufschwung. Auch so eine Anspruchsgeschichte – zum Beispiel im Manager-Magazin, das ja heute in einem Artikel den XL-Aufschwungjubel des Brüderle schon deutlich skeptischer sieht:
München – Die Allianz hat ihren Gewinn in Deutschland im ersten Halbjahr 2010 deutlich gesteigert. Dank eines um mehr als ein Drittel verbesserten Kapitalanlagegeschäfts legte der Überschuss auf 650 (Vorjahr 521) Millionen Euro zu, wie der Versicherer am Freitag in München mitteilte.
Da sehen wir, wo der Aufschwung herkommt: aus Ansprüchen aus dem Kapitalmarktgeschäft. Ansprüche aus Wetten und Ansprüche an Firmen … durch Aktienkauf. Alles ein enorm wackeliges Geschäft, diese Ansprüche. Darum gibt es ja auch regelmäßig diese Krisen, weil einige nachschauen, wie es wirklich aussieht und man dann feststellt, das viele ihre Ansprüche schon wie Gold handeln und durch mehr Ansprüche zu noch mehr Ansprüchen kommen wollen … was zwangsläufig dazu führt, das das Kartenhaus irgendwann zusammenstürzt, weil gar keine echten Werte mehr hinter den Ansprüchen stehen.
Oder … der deutsche Alltag. Auch hier alles voller Ansprüche. Da haben wir zum Beispiel den Anspruch, als kranker, behinderter oder alter Mensch nicht mehr so viel arbeiten zu müssen wie die Jungen. Da haben wir allerdings die Rechnung ohne den Schröder gemacht, wie uns die WELT zeigt:
Die Rente mit 67 war im Jahre 2006 von der großen Koalition ohne die Beteiligung Schröders eingeführt worden. Schröder hatte zuvor grundlegende Reformen in der Renten- und Arbeitsmarktpolitik durchgesetzt.
In der Diskussion um die Rente mit 67 hat Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) seine Partei vor einer Abkehr vom Reformkurs gewarnt. „Wir haben das ja mit vorbereitet, was jetzt wieder zur Diskussion gestellt wird. Und wenn ich gedacht hätte, dass ich falsch liege, hätte ich es nicht gemacht“, sagte der 66-jährige Schröder der „Welt am Sonntag“
Darum hat er ja auch die ARGE geschaffen, die dafür sorgt, das alle jene Arbeit kriegen, die nicht mehr da ist und bestraft werden, wenn sie die nicht vorhandene Arbeit nicht annehmen. Aber wir zahlen ja gerne 50 000 Millionen im Jahr dafür, das in Deutschland Arbeitgeber billige Arbeitskräfte wie in China einstellen können…ein Anspruch dieser Anzugträger, den allerdings unser Sozialstaat nicht lange erfüllen kann. Aber in Form von Spareinlagen mit einerm Renditeanspruch von 25 % kann man mit dem so durch Verwendung von Sozialgeldern als Lohnersatz mißbrauchten Werten die Taschen manch eines Lumpen füllen, der gerne – wie die Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender – auf Kosten anderer ohne Arbeit reich wird.
Insofern ist es vielleicht sinnvoll, dieses Zeitalter das Anspruchszeitalter zu nennen, wobei noch nicht berücksichtigt worden ist, das diese Ansprüche nur auf dem Papier bestehen und sich manchmal über Nacht in Luft auflösen.
Ansprüche sind – auch wenn man noch so schön gegen das britische Pfund gewettet hat – keine Werte. Und an Werten scheint es überall zu mangeln, wie man an dem Linken-Chef Klaus Ernst sieht:
Viele Parteigenossen halten Ernst eher für einen Champagner-Linken, der den Hals nicht voll bekommt.
Sie weisen genüsslich darauf hin, dass Ernsts Auto ein Porsche 911 und sein Hof ein Anwesen in den österreichischen Alpen ist, nahe Kitzbühel, mit Blick auf den Wilden Kaiser. Dass er von der Partei monatlich 3500 Euro bekommt, zusätzlich zu seiner Abgeordnetendiät. Und dass er es offenbar trotzdem nötig hat, auf Kosten des Bundestags zu Gewerkschaftstreffen zu fliegen – die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue und Betrugs gegen ihn.
Quelle: Süddeutsche
Klaus hat wohl auch einige Ansprüche an das Leben. Ich kenne auch so Leute, die sagen: ich will niemals einen Gebrauchtwagen fahren. Aber gegen Kinderarmut wettern.
Diese Kultur der Ansprüche ist nicht unsere, das weiß ich von Menschen, die noch den letzten Krieg als Kinder miterlebt haben. Sie hatten noch ganz wenige Ansprüche … zum Beispiel das Papa endlich aus dem Krieg heimkehrt und die Angriffe der Jagdflieger auf Zivilisten endlich aufhören. Dann aber kam die Werbewirtschaft und brachte uns bei, das wir grenzenlose Ansprüche an des Leben stellen sollten – sie würde uns helfen, diese Ansprüche alle umzusetzen.
Doch die Kultur der Ansprüche ist es, die jede ernsthafte Veränderung in diesem Land verhindern wird … jedenfalls jede positive Veränderung, denn die Ansprüche, die wir ans Leben haben, lassen sich nicht ewig halten:
Heute nutzt die Menschheit Ressourcen von 1,4 Planeten. Das bedeutet, dass die Erde über ein Jahr und vier Monate braucht, um den Verbrauch der Menschheit eines Jahres zu decken.
Wenn wir moderate UN-Szenarien der verschiedenen UN-Organisationen zusammenzählen – Bevölkerungs- und Konsumtrends sowie eine weitere Steigerung der Ernteerträge – dann zeigt es sich, dass wir im Jahr 2050 einen Ressourcenverbrauch hätten, der dem Doppelten Regenerationsvermögen unseres Planeten entspräche. Doch leider haben wir nur einen Planeten. Es scheint unwahrscheinlich, dass sich soviel Overshoot so lange aufhäufen lässt.
Wir verwandeln Ressourcen schneller in Abfälle, als dass Abfälle wieder in Ressourcen umgewandelt werden können.
Quelle: Footprintnetwork
Das wissen viele Menschen in Entscheidungspositionen, weshalb sie die Taschen nicht voll genug kriegen, in der Hoffnung, das sie ein sicheres Plätzchen gefunden haben, wenn der große Knall kommt. Vielleicht haben sie sich ja auch verrechnet. Hier in der Eifel schmeißen wir immer noch viel Obst weg … und etwas weniger Wasser wäre auch nett. Hier kann man jetzt neuerdings schon Sandsäcke gegen Überflutung kaufen … im Mittelgebirge.
Nun ist es mit dem freiwilligen Verzicht auf Ansprüchen schon eine schwere Sache, wenn man weiß, das jede Lockerung der eigenen Ansprüche nur dazu führen wird, das sich eine Elite von Lumpen die Taschen noch schneller füllen wird. Andererseits … gibt es auch Magengeschwüre, die beständigen Ansprüche vor sich herzuschieben … und je jünger die Menschen in diesem Lande sind, umso weniger können sie sich die Ansprüche noch leisten. Schade für sie, das die Ansprüche dann noch deutlich höher sind als die aller anderen Generationen zuvor:
junge Menschen geben jedes Jahr mehr Geld für ihr Outfit aus. Dazu zählen Bekleidung jeglicher Art, Schuhe und unzählige Accessoires. Das persönliche Aussehen ist für die Jugend besonders wichtig, gerade in der pubertären Phase ist die Konsumlust bei jungen Menschen am größten.
So werden immer mehr neue Modelabels aus der Taufe gehoben, die den jungen Menschen die spezielle Mode für sie suggerieren. Auf den Fashion Weeks in London, Paris, Mailand, New York oder Berlin wird der Jugend gezeigt, wie sie sich kleiden soll, um von der Gesellschaft anerkannt zu werden. Es werden spezielle Fashion Stores in den großen Metropolen eröffnet, die als Zielgruppe die Jugend haben. Auch im Internet gibt es die speziellen Versandhäuser Herrenmode und Damenmode, die insbesondere die junge Klientel ansprechen wollen. Die Jugend von heute ist in einer hochgradig medialisierten und ästhetisierten Gesellschaft gefordert. Aufgrund des gezielten Warenkonsums sollen sie sich mit den jeweiligen Modestilen identifizieren, obwohl sie sich noch in der Selbstfindungsphase befinden. Sie lernen gerade in der Pubertät erst, mit ihrem Körper umzugehen und ihn zu entdecken.
Mit dieser Jugend macht man keine Revolution mehr, da könnte ja die Kutte verschmutzen. Die machen auch lieber „Love-Parade“ … eine andere Form der Revolution gegen die Sinnlosigkeit moderner Existenz.
Die Jugendkultur ist eine körperbezogeneästhetische Kultur.Der Körper = das Reale, das gegen dieÜberflutung mit medialisierten Second-Hand-Erfahrungen in Stellung gebracht werden kann.Der Körper als Aufmerksamkeitsgenerator. „Thebody is the message.“Wer etwas erreichen will, muss seinen Körpereinsetzen – Körper als Kapital.Die Möglichkeit der Gestaltung des eigenenKörpers vermittelt die Illusion von Kontrolle überdas eigene Leben.Körper ist der Garant für unsere Individualität -der rettende Anker im Meer der Kontingenz
Quelle: Trendagentur
Sie merken nach wie vor, das etwas nicht stimmt. Und reagieren so, wie die Industrie es ihnen vorschreibt, weil die Trendscouts der Industrie viel schneller sind als der Trend selber.
Die Jagdfliegerangriffe auf kleine Kinder haben aufgehört, Papa ist nicht mehr im Kriege – dafür immer länger auf der Arbeit. Aber irgendwie … haben sich die Werte geändert. Die Botschaft, das die Ansprüche der Umwelt nur Schall und Rauch sind, scheint bei jüngeren Mitbürgern schon angekommen zu sein – wie die Nachkriegsgeneration ziehen sie sich auf das einzige zurück, das noch geblieben ist: ihren Körper.
Oft verpönt, aber eigentlich ein ganz wichtiger Schritt….denn mit den Versorgungsansprüchen unserer Generation läßt sich kein Staat mehr machen, noch einer verändern.
Mehr Rente oder mehr Geld haben zu wollen, ist kein Wert. Nur ein weiterer Anspruch.
Ansprüche … gibt es aber schon genug auf der Welt.
Und Werte?
Weiß doch kaum noch einer, was das ist.
Arbeitskraft, Intelligenz, Mitmenschlichkeit … sind drei zentrale Werte. Ohne Arbeitskraft kein Acker, ohne Intelligenz kein Pflug und ohne Mitmenschlichkeit keine Zukunft. Wir haben nichts mehr von alledem – was einen aber nicht stören braucht, denn wir können all das wieder neu schaffen….und dann ganz ohne Intendanten und ihre Ansprüche leben.
Das wäre dann das Zeitalter, das nach dem Anspruchszeitalter kommt. Noch ist Zeit, dafür zu sorgen, das es nicht wieder … Steinzeit wird. Oder das das nächste Zeitalter das der Zeitalter der globalen Prostitution wird, weil man nichts mehr hat als seinen Körper, den man verkaufen kann. Wären dann harte Zeiten für Rentner….aber mal ehrlich: mehr haben wir doch auch gesamtgesellschaftlich an Produkten kaum noch zu bieten. Nicht mehr lange, dann bauen andere die Autos, Maschinen und Flugzeuge besser und billiger weil die Asozialpolitik der SPD die letzten kreativen Köpfe aus dem Land verjagt hat … wie schon einmal eine Partei.
Ohne die NSDAP wäre Hollywood heute in Berlin. Sollte man nie vergessen, denn es wiederholt sich gerade – wirtschaftlich gesehen. So ein kleines Revival für Untermenschenbashing gegen Hartz-IV-Abhängige, die ganz deutlich merken, das sie nur noch ihren Körper haben – allerdings ist noch nicht mal für dessen Erhalt genug Geld vorhanden.