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Die totale Verarmung der USA – und die praktische Weltherrschaft der grausamen Kultur der Massenarmut

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Montag, 19.1.2015. Eifel. Man sollte diesem Herrn Snowden wohl doch mal einen Friedensnobelpreis geben: was der nicht alles bewegt hat – in Richtung Frieden, Völkerverständigung und vertrauensbildenden Maßnahmen, ist schon beeindruckend. Es war sicher kein leichter Schritt, einer Nation die Stirn zu bieten, die sich die Freiheit herausnimmt, weltweit durch ferngesteuerte Kampfroboter willkürliche Hinrichtungen ohne jeden Prozess auszuführen, geschützt durch einen Raketenschirm, den man nun noch weiter ausbauen will, um auch Zugriff zu den letzten drohnensicheren Gebieten erzwingen zu können. Sicher war es für einen Menschen mit Gewissen (und nur ein solcher Mensch kann so eine Tat begehen) nicht leicht, gegen den eigenen Dienstherrren vorzugehen: was müssen für Gewalten in dieser Seele getobt haben, während er sich dazu durchrang, die ganze Menschheit über eine Gefahr aufzuklären, die aus den US-Netzwerken von Industrie, Militär und Kapital entspringt (siehe Spiegel):

„Sie planen Schlachten im Internet, um Computernetzwerke lahmlegen zu können – und damit potenziell alles, was die steuern: Strom- und Wasserversorgung, Fabriken, Flughäfen oder Zahlungsverkehr“.

Es ist ein umfangreicher Artikel aus dem Online-Magazin, dass uns aktuell über die Absichten unserer Verbündeten aufklärt und uns als Europäern klar macht, das wir Natopartner zweiter Klasse – wenn nicht sogar ausgemachte Feinde – sind:

„Die Praxis, andere Dienste spionieren zu lassen und sich deren Erkenntnisse anzueignen, wird „Fourth Party Collection“ genannt. Alle Länder, die nicht zur Fünf-Augen-Allianz gehören, gelten als potenzielle Ziele für diese „nicht traditionelle“ Methode – also auch Deutschland.“

Ich denke, diese Informationen sollte man im Gedächtnis behalten, wenn man die politischen Entwicklungen und Entscheidungen der Gegenwart beurteilt – eine Perspektive die nur selten angewendet wird. Aus guten Grund, will ich meinen:

„Die NSA vermag inzwischen auch die Verteidigung in einen Angriff zu verwandeln: „Umnutzen und nachbauen“ heißt diese Methode. Dabei geht es um sogenannte Botnetze, die mitunter aus Millionen Rechnern von Privatpersonen bestehen, auf denen eine Software eingeschmuggelt wurde. So lassen sie sich als Teil einer „Zombie-Armee“ fernsteuern, um etwa Firmen lahmzulegen und zu erpressen.“

Merken Sie, welch´ungeheure Macht sich dort zusammenballt … jenseits der Kontrolle durch Parlamente und Öffentlichkeit? Merken Sie, dass intern keinerlei Kontrolle mehr über die Arbeit der Datenkrieger herrscht? Wie auch – die arbeiten … ab jetzt … ganz offen mit finstersten Verschwörungen.

„Dabei wird die Beute nicht direkt an die Internetadresse des ROC geleitet, sondern an einen sogenannten Sündenbock-Empfänger (Scapegoat). Geklaute Informationen können so auf den Servern von Gegnern landen, womit diese dann am Pranger stehen.“

Darf man dabei an Kinderpornos auf Politikerrechnern denken? Oder bei Kirchenfürsten? Vielleicht auch einfach mal so aus Spaß – weil man´s kann? Nun – Verschwörungen müssen wir erdulden, weil man uns verboten hat, Theorien über sie zu formulieren, die ihrer Entdeckung und Entlarvung voraus gehen müssen. Aber denken darf man ja noch, oder?

Ich stelle mir einfach mal einen deutschen Politiker vor (Partei ist egal) der in führender Position sitzt und diese Zeilen liest (gilt auch für jeden anderen „Entscheidungsträger“): er weiß sofort, dass jenseits des Atlantiks – fernab jeglicher parlamentarischer oder öffentlicher Kontrolle – ein Machtapparat existiert, der von heute auf morgen für großen Ärger im Atomkraftwerk sorgen kann – oder auf der eigenen Festplatte. Auf einmal hat man geklaute Informationen aus der albanischen Botschaft (oder Kinderpornos) auf dem Rechner und ist der Abschaum der Republik, ohne dass man auch nur die geringste Chance hat, auf die unsichtbaren Angreifer hin zu weisen: das Gefühl muss fürchterlich sein – erklärt aber hinreichend (auch ohne fremde Schlapphüte im eigenen Dienstzimmer) die seltsame Gleichschaltung von Poltik und Medien: ich schätze mal, jeder weiß heutzutage, welche Risiken er da eingeht.

Es ist ungeheuerlich, welche Auswüchse wir hier zu erdulden haben – erst Recht angesichts der Tatsache, dass hier eine zutiefst kranke, sterbende Wirtschaftsordnung zu beobachten ist, die letztlich mit allen Mitteln ums Überleben kämpfen wird, da der Wohlstand ihrer Entscheidungsträger (also auch der einzelnen Agenten an den NSA-Rechnern) direkt davon abhängig ist: nur ein Knopfdruck und der Euro ist Geschichte – oder das Internet in Europa fällt komplett aus – samt jedem PC .

Eine kranke, sterbende Wirtschaftsordnung?

2010 berichtete die Süddeutsche Zeitung über das Land der unbegrenzten Möglichkeiten (siehe Süddeutsche):

„Die Rezession hat die Armut in den Vereinigten Staaten auf den höchsten Stand seit 1994 getrieben. Wie das US-Zensusbüro mitteilte, lebten im vergangenen Jahr 43,6 Millionen Amerikaner, oder 14,3 Prozent der Bevölkerung, unter der Armutsgrenze. 2008 waren es noch 13,2 Prozent gewesen. Besonders betroffen sind die Jüngsten: Über ein Fünftel aller Kinder lebt danach in Armut“.

Man nannte es beschönigend ein „verlorenes Jahrzehnt“ (was auch auf Arbeitnehmer in Deutschland zutrifft) – dabei war es viel mehr: es ging um die verlorene Zukunft.

2012 konnte man in der „Zeit“ unglaubliche Wahrheiten über die USA lesen – veröffentlicht von führenden superreichen US-Amerikanern (siehe Zeit):

„Es ist kein Zufall, dass nur ein paar Kilometer weiter, in Boca Raton, Mitt Romney vor einem erlauchten Kreis von Gönnern jene unklugen Bemerkungen machte, die ihn vielleicht um das Präsidentenamt bringen könnten. 47 Prozent der Amerikaner hingen am Tropf des Staates und hielten sich für Opfer der Umstände, sagte der Kandidat, der aus reichem Hause stammt und ein Vermögen mit Geschäften an der Wall Street gemacht hat: »Sie glauben, dass der Staat für sie verantwortlich ist, dass sie einen Anspruch auf Gesundheitsversorgung, Essen, Obdach und was auch immer haben.«“

47 % der Amerikaner – vom Kapitalismus entsorgt – und von superreichen Plutokraten zum Abschuss freigegeben. Was ist das für eine Wirtschaft, die 47 % der Bevölkerung nicht versorgen und via Arbeitsplatz am Vermögen teilhaben lassen kann – und wie denken Menschen, die sowas klasse finden?

Noch schlimmer die Zahlen, die 2013 in der „Welt“ veröffentlicht wurden – nicht unter den Rubriken „Politik“ oder „Wirtschaft“, sondern unter „Panorama“, wo man nur liest, wenn man sich für das „Dschungelcamp“, kuriose Autounfälle  oder das Privatleben halbtoter Königshäuser interessiert. Lesen Sie selbst (siehe Welt):

„Für immer mehr US-Bürger ist der „amerikanische Traum“ nur Legende: Vier von fünf Amerikanern fallen vor Erreichen ihres 60. Lebensjahres zeitweise in Arbeitslosigkeit, sinken an die Armutsgrenze, benötigen staatliche Hilfe. Rezession, globalisierte Wirtschaft, das Sterben von Jobs für Arbeiter ohne Collegeabschluss haben zu einem extremen Auseinanderklaffen der Einkommen geführt. Und eine steigende Zahl ist weiß.“

80 Prozent der US-Amerikaner leben in prekären Verhältnissen – was für eine Schlagzeile. Im Schnitt leben 47% der Bürger der USA nur noch, weil der Staat sie unterstützt – und nur noch 20% bleiben von Arbeitslosigkeit verschont – wie die Datenkrieger der NSA, die mit den Reichen in einem Boot sitzen. Wie muss man denken, um angesichts dieser Zahlen nicht in Panik zu verfallen? Oder in grenzenloser Hilfsbereitschaft für eine Wirtschaft, die Dritte-Welt-Niveau erreicht hat?

Die Linken sagen es schon lange – und melden sich 2014 deutlich zu Wort (siehe Rote Fahne):

„Das US-Wirtschaftsministerium meldete kürzlich in seinem Dreimonatsbericht, dass das Bruttoinlandsprodukt der USA im fünften Quartal hintereinander wächst – im ersten Quartal 2014 betrug sein Anstieg 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Trotz dieser deutlichen Anzeichen für ein Ende der Weltwirtschafts- und Finanzkrise nehmen Armut und Not unter der Bevölkerung der größten Wirtschaftsmacht der Welt weiter zu. Nach einem Bericht der Federal Reserve (FED), der amerikanischen Notenbank, geht es heute mehr als einem Drittel der Amerikaner erheblich schlechter als im Jahr 2008 und einem weiteren Drittel genauso schlecht wie damals.“

Die „Wirtschaft“ – völlig entkoppelt vom Leben der Menschen. Wozu braucht man so was noch?

Nun – „brauchen“ tun das die oberen zwanzig Prozent, die für das obere eine Prozent arbeiten, dass richtig, richtig dicke abräumt. Das ist die Welt, die durch TTIP, TISA und wie die Geheimabkommen noch alle heißen hier Fuß fassen soll. Denken sie immer noch an die Macht der Geheimdienste, wenn Sie glauben, dass unsere Politiker uns davor schützen werden – ein Knopfdruck, und die Karriere ist vorbei. Machen die vielleicht auch zwischendurch einfach mal nur so zum Spaß: man wirbt ja nicht umsonst gerne Charaktere an, die Spaß daran haben, Dinge kaputt zu machen. Mit denen legt man sich besser nicht an – noch steht man ihnen gern im Weg herum … oder macht in irgeneiner für die unangenehmen Art und Weise auf sich aufmerksam.

Schlimmer wird es, wenn man historisch denkt. Schauen wir uns mal an, was die Regierung der USA im Jahre 1969 für Probleme hatte (siehe Food and Nutriation Service):

2,8 Millionen US-Bürger mussten die Hilfe dieser Lebensrettungsagentur in Anspruch nehmen, die aus 6,63 Dollar im Monat bestand. Überschaubare Kosten. 1972 waren es schon 11 Millionen Bürger.

1990 – die Sowjetunion brach gerade auseinander, man hatte den Feind „totgerüstet“ und somit die Überlegenheit der eigenen Wirtschaftsordnung bewiesen, waren es schon 20 Millionen Bürger, die nur dank staatlicher Hilfe vom Verhungern bewahrt werden konnten: die „Hochleistungswirtschaft“ warf für sie nicht mehr genug ab.

2013 waren es 47, 636 Millionen Menschen (2014 46, 5 Millionen), die im reichsten Land der Welt verhungert wären, gäbe man ihnen nicht ein monatliche Unterstützung von 133 Dollar, verglichen damit sind die Hartz IV-Regelsätze von 391 Euro (aktuell 449 Dollar – nach dem letzten Eurotief) schon paradiesisch zu nennen – aber daran wird ja auch gearbeitet … dank TTIP und TISA gehören diese Regelsätze wegen Verzerrung des Marktes bald der Vergangenheit an und wir dürfen uns auf US-Sätze freuen.

Und doch geben diese Zahlen nicht das ganze Elend der USA wieder – wie sonst könnte der Wall-Street-Millionär Mitt Romney 2010 von 47 Prozent reden, die nur noch dank staatlicher Fürsorge überleben können. Wie hat er eigentlich sein Geld gemacht, dieser „moderate“ Konservative aus „gutem“ Hause? Die Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Würtemberg klärt uns darüber auf (siehe LBW):

„Allerdings verdiente er seine Millionen mit Bain Capital, einer Private-Equity-Gesellschaft, die Firmen aufkauft, auf Rendite trimmt und dann wieder verkauft.“

„Auf Rendite trimmen“ … das heißt: Massenentlassungen, Gewerkschaftsabbau, Niedriglöhne, kennen wir in Deutschland auch. Da wollte einer der Hauptverantwortlichen für die Prekarisierung der USA Präsident werden – und hätte es dank „Wahlmännersystem“ fast geschafft. Sein Programm bestand natürlich aus „Sozialkürzungen“: 148 Millionen US-Bürger sind inzwischen „über“, man braucht sie nicht mehr, sie liegen dem Staat nur auf der Tasche – und dank miserabler Aufstiegschancen (siehe hierzu „Armut als Schicksal“, Telepolis, Heise) wird das auch so bleiben.

„Private-Equtiy-Gesellschaften“ erweisen sich so als Krebsgeschwüre, die sich durch die gesunde Volkswirtschaft fressen, um immer mehr Menschen ins soziale Abseits zu stellen: nach neoliberaler Propaganda (die auch in Deutschland mit Hartz IV einen Riesenerfolg gefeiert hat) ist nämlich per Gesetzbeschluss auf einmal der Arbeitnehmer selbst für die Folgen der Arbeit der „Heuschrecken“ verantwortlich: das schwächste Glied in der Kette soll aus eigener Kraft den Kapitalismus retten: so blöd war schon lange keine politische Propaganda mehr. Tut er das nicht, giert man danach, ihn verhungern zu lassen … also: „Sozialausgaben zu kürzen“, das Lieblingsthema aller Konservativen (neben „Steuervergünstigungen“ … also dem ungehemten eigenen Griff in die Staatskasse). Hört sich auch so schöner an, als wenn man direkt über Massenmord an „unnützem“ Menschenmaterial reden würde. Und verhungern … tun die von ganz alleine.

Diese Gesellschaft, dieses Netzwerk aus Geheimdiensten, Industrie und Kapital hat nun einen neuen Rekord eingefahren: laut Washington Post sind inzwischen die Mehrheit der US-Schüler als „arm“ zu bezeichnen. Waren es 2010 noch ein Fünftel aller Kinder, so sind es jetzt über 50 Prozent (siehe Southern Education Foundation). Fast könnte man meinen: nach dem der „militärisch-industrielle Komplex“ der USA die Sowjetunion totgerüstet  hat, haben sie jetzt ihr eigenes Land totgerüstet – schon Grund genug, sich neue Kriege zu wünschen, um vom eigenen Versagen abzulenken … vielleicht auch Grund genug, Anschläge im eigenen Land nach zu inszenieren (also nicht nur auf fremden Rechnern), um weiter „im Geschäft“ zu bleiben.

Einzelne Daten?

Kalifornien – allein schon einer der größten Wirtschaften der Welt, ganz ohne den Rest der USA – hat 55 % Schüler, die an öffentlichen Schulspeisungen teilnehmen. Texas kommt auf 60 %, New York auf 49 %, Mississipi auf 71 Prozent, gerettet wird der Durschnitt von New Hampshire an der Ostküste, wo nur 27 Prozent der Schüler als arm gelten … bei einer Gesamtbevölkerung von 1, 3 Millionen Einwohnern. Insgesamt sind es inzwischen 51 % der Kinder, die von Armut betroffen sind, d.h. von Hunger, mangelnder Hygiene, mangelhafter Kleidung.

Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten … und der unbegrenzten Macht … demonstriert in eigenen Reihen die Zukunft der Menschheit, die Zukunft der „westlichen Wertegemeinschaft“, die sich so über den ganzen Planeten ausbreiten soll: ständig von Abschaffung bedrohte staatliche Ernährungshilfe auf der einen Seite gegen Apartments mit Pool für die 20 Prozent sichere Funktionselite (siehe Spiegel-Fotostrecke „Wohnungen mit Privatpool: Wenn Millionäre planschen gehen“) auf der anderen Seite: diese Kultur verbreitet sich im 21. Jahrhundert weltweit – mit militärischer Macht.

Nun – vielleicht zerstört einer der Cyberkrieger jetzt auch meinen Rechner – aus Absicht, weil ich „unkorrekte“ Meinungen vertretete oder einfach, weil es ihm Spaß macht – aber wenigstens sollte man Anfang 2015 noch mal schnell lesen können, dass der Kapitalismus die Kultur der Massenarmut ist.

Und das wollen wir wirklich jetzt in Europa etablieren … und auch weltweit als Leitkultur (besser: „Leidkultur“) einführen?

Nun – angesichts der Allmacht der NSA-Krieger im Internet bleibt uns gar nichts anderes über – aber das erklärt, warum alle so devot sind, wenn neue Kommandos aus den USA kommen – z.B. wenn „Putin“ auf einmal „böse“ zu sein hat. Ich denke: in den Zentralen der Macht in Europa (und auch in den Redaktionsstuben) ist man sich ganz genau bewusst welche Macht sich in den USA gerade entfaltet – einer Macht, der man lieber devot dient, bevor sie unwirsch wird.

Also … ich habe da keine weiteren Fragen.

 

 

 

 

Macht macht wahnsinnig: Worte zur Piraterie und den Ringgeistern der Moderne

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Freitag, 2.1.2015. Eifel. Nun – alle gut angekommen im neuen Jahr? Voll getankt? Der Euro fällt derzeit auf den tiefsten Stand seit Jahren – das wird die Ölpreise wieder ansteigen lassen. Öl bezahlt man in Dollar, Dollar muss man mit Euro kaufen – ist der Euro nichts wert, wird das teuer. Aber: unseren Konzernen wird es dadurch gut gehen. In Europa bezahlt man in Euro, kann man den mit Yen, Dollar oder Südseemuscheln günstig erwerben, wird der Mercedes deutlich billiger. So einfach ist „Außenhandel“.

Die Konzerne bekommen dadurch einen gigantischen Umsatz, der mit „Marktwirtschaft“ gar nichts mehr zu tun hat. Wir können auch sagen: sie bekommen Macht. Wozu sie diese ausnutzen? Nun – zum Verbrennen von Steuergeldern, zum Beispiel. Was in bunten Broschüren und glänzenden Artikeln als Motor der Wirtschaft gepriesen wird, ist in Wirklichkeit nur eine Sonderform von Krebs – ich als Rentner zahle oft mehr Steuern als manche dieser Konzerne. Wodurch bekommen sie diese Macht? Nun – sie können Menschen bezahlen, die ihre Interessen vertreten (früher nannte man das schäbig: Vertreter. Heute: Lobbyisten. Klingt besser). Die gehen dann zu den Parteien und Regierungen, bestechen die – mit Geld, Komplimenten, Jobs, Geselligkeit, Menschlichkeit … was gerade so fehlt im Leben des Angesprochenen … um Gesetze zu bekommen, die ihnen noch mehr Geld einbringen, mit dem sie noch mehr Macht innerhalb der Gesellschaft bekommen.

Vielleicht sogar mal eine eigene Zeitung? Einen eigenen Fernsehsender? Alles schon vorgekommen – im Mutterland unserer Kultur, den USA.

Bleiben wir kurz bei den großen Konzernen – und bleiben wir auch ruhig in Deutschland, jenem Land, dem es so wunderbar geht. Das sehen wir ja jeden Tag: tolle Nobelwagen rauschen an uns vorbei und demonstrieren uns, dass es uns unglaublich gut geht – und zeigen gleichzeitig anderen Verkehrsteilnehmern, dass sie üble Looser sind, wenn die mit ihren Miniautos versuchen, den Tag zu überstehen. Ölknappheit, Umweltprobleme, Verkehrsinfarkt? Kein Problem für Halbgötter auf vier Rädern!

Wer bezahlt die Aufführung dieses Dramas? Sie. Nicht die Konzerne. Schauen wir uns mal an, wer genau die Masse der Limousinen eigentlich fährt.

87,7 % der 5er BMW´s sind Firmenwagen, Audi A6 (86,3 %) und Mercedes der E-Klasse (68,6%) werden ebenfalls gern genommen (siehe Spiegel). Kann man super von der Steuer absetzen – und so bezahlen die Steuerzahler ihre verstopften Straßen selber. Firmenwagenfahrer brauchen auch nicht so auf den Spritverbrach achten.

Sie sollten wissen, dass der Wohlstand, der auf unseren Straßen demonstriert wird, eine Lüge ist, die dem Steuerzahler viel Geld kostet. Auch die gar nicht mehr so erfolgreiche Automobilindustrie profitiert vom billigen Euro und der sozialen Gesetzgebung diesen Landes. Ja – letztlich gehört die steuerliche Absetzbarkeit des Firmenwagens zum sozialen Grundgedanken dieser Republik: das ist Hartz IV für Geschäftsfahrzeuge. Einen Mann mit 5´er BMW deshalb als „Sozialschmarotzer“ zu bezeichnen – nun, das kommt nur den Wenigsten in den Sinn – obwohl es aus der Sicht der Kritiker der „Sozialromantik“ durchaus korrekt wäre.

Nun – Umsatz ist ein Grund, weshalb die Konzernwirtschaft sich untereinander mit Luxuskarrossen ausstattet, sie sind für Unternehmen ein Gewinn (siehe Welt). Der andere Grund ist die schlichte Erkenntnis, dass Macht Bewusstsein verändert und man durch ein einfaches Maschinchen einen Menschen von Grund auf korrumpieren kann. Ja – was meinen Sie denn, warum Menschen selbst Unsummen dafür ausgeben, um mit so einer Maschine auf der Autobahn zu beweisen, wie schnell SIE sind. Dabei sind sie gar nicht schnell, ihre Maschine ist schnell – aber die Wirtschaft ist nicht so kleinlich, hierüber aufzuklären oder zu differenzieren. Die Maschine wird – zumindest geistig – zum Teil des Menschen, ihre Kraft wird seine Kraft, ihre Macht wird seine Macht, je schneller man fährt, umso unbesiegbarer fühlt man sich – mit tödlichen Folgen für die Umwelt.

Für dieses Halbgottgefühl braucht man allerdings den Firmenwagen – und so wird man gefügig. Wer den Kick billiger haben will, der muss halt Motorrad fahren.

Ja – es geht beim Straßenverkehr inzwischen weniger um Transport (den könnte man anders billiger haben als durch unvernünftige Förderung des „Individualverkehrs“), sondern mehr um Machtdemonstration. Deshalb ist ja „überhöhte Geschwindigkeit“ der Hauptunfallgrund. Nachdem Schnelligkeit an ihre natürlichen Grenzen gestoßen ist, setzt man eben auf Größe, Masse, Blechgewalt: der SUV folgt dem Trend logisch fort. Der Satiriker Henning Fenske hatte schon erstaunlich recht mit der Erkenntnis, dass die deutschen Autobahnen die größte offene Psychiatrie der Welt darstellen – und ich denke, die Mehrheit der Autofahrer wird ihm Recht geben … obwohl auch sie sich der Korruption durch die Macht der Maschine nicht entziehen können.

Seltsam – oder?

Ein ganzes, sehr gut verbreitetes episches Buch kümmert sich um die bewusstseinsveränderne Gewalt der Macht, ein halbes Dutzend elend langer Spielfilme setzte sie in Bild: „Der Herr der Ringe“ konzentriert „Macht“ auf einen kleinen Ring, der unsichtbar machen kann. Wer ihn besitzt, hat alle Macht der Welt – darum meiden ihn die Weisen und geistig mächtigen Wesen Mittelerdes. Macht – so ist ihnen bewusst – würde ihr Sein von Grund auf verändern. Auch der Kampf um die Macht verändert das Wesen – darum verlassen die Weisen Mittelerde am Ende des Epos.

Würden unsere Politiker doch auch nur halb so viel Weisheit besitzen, so viel Verantwortungsbewusstsein – oder soviel Konsequenz.

Wenn aber schon so ein wenig Macht wie ein Moped Bewusstsein verändert … um wie viel verändert dann wohl wirtschaftliche oder politische Macht das Bewusstsein? Darf man überhaupt unter solchen Umständen irgendeinem Menschen Macht übergeben?

Die Antwort, die sich die Menschheit nach 3000 Jahren erbärmlicher Politik gegeben hat, war einfach: nein, darf man nicht. Darum wurde „Gewaltenteilung“ beschlossen: Gesetzgebung, Rechtsprechung und Ausführung wurden getrennt. Einer wurde ernannt, der die Gesetze ersinnt. Ein anderer aber wurde dazu aufgerufen, zu schauen, ob sich die Leute auch daran halten. Dritte wiederum üben einfach nur die Waffengewalt aus – nach Vorgaben von Recht und Gesetz. Kommt einem irgendwie bekannt vor, oder?

Ja – deshalb – das wusste man früher – ist es auch brandgefährlich, wenn andere diese getrennten Mächte wieder zusammen bringen … und sei es nur zu so harmlosen Treffen wie der Geburtstagsfeier Chefs der Deutschen Bank Josef Ackermann im Kanzleramt. Früher – nach dem Krieg – hätte es sicher Stimmen gegeben, die für die sofortige Verhaftung aller Beteiligten plädiert hätten (natürlich hätten die sich nicht durchgesetzt, denn die Wirtschaftsmächte, die die NS-Zeit möglich gemacht  haben, hatten sich schadlos in die Demokratie herüberretten können – dank ihrer Freunde jenseits des Atlantiks. Gleich und gleich gesellt sich halt gern – und eine Krähe sticht der anderen kein Auge aus) – immerhin handelt es sich hier um einen Versuch, die getrennten Mächte hinter den Kulissen wieder zusammen zu fügen … nach dem der Kapitalismus schon die „Vierte Macht“, die Medien, in die Knie gezwugen hatte.

Huch – jetzt sind wir doch von der Autobahn über den Herrn der Ringe ins Kanzleramt gekommen, dem Zentrum der Macht … und bei einer tödlichen Verschwörung gegen das Volk gelandet.

Tödliche Verschwörung?

Ja – heute, wo die Welt voller Verschwörungen ist, ist dieses Wort selbstverständlich tabu und verboten: nichts fürchten Verschwörer mehr als Ermittler, die ihnen mit Hilfe von wissenschaftlich fundierter Theorienbildung auf die Schliche kommen, deshalb es ist sinnvoll, die Ermittlungen schon im Keim zu ersticken, in dem man implizit unterstellt, es gäbe nirgends auch nur irgendeine Verschwörung und die Welt ist ein bunter Ponyhof.

Wissen Sie, was Bismark dazu gesagt hat? (siehe Zitate.net)

Wenn irgendwo zwischen zwei Mächten ein noch so harmlos aussehender Pakt geschlossen wird, muss man sich sofort fragen, wer hier umgebracht werden soll.

Heute würde ihn die gesamte Presse für diese Aussage durch den Dreck ziehen, dabei wäre es doch mal ganz aufschlussreich, zu überlegen, wer für TTIP, CETA oder TISA sein Leben lassen muss – und zwar, bevor die ersten Menschen sterben.

Aber – meinte Bismark mit „Mächten“ nicht etwas ganz anderes als wir heute?

Im Prinzip nicht – wir dürfen nicht vergessen, dass er in einem Zeitalter lebte, wo der Staat noch stark war und schnell zur Enteignung griff, wenn Räuberbarone frech wurden. Dort repräsentierte der Staat noch die Macht, heute sehen die Mächte der Welt anders aus. Darf ich ihnen eine vorstellen, eine, die ganze Staaten vernichten kann – und vernichtet, wie man am Beispiel Griechenlands deutlich erkennen kann?

Blackrock heist sie, gebietet über 4600 Milliarden Dollar Kapital und ist kaum einem Deutschen bekannt, weshalb er auch nicht gegen sie demonstrieren kann. Blackrock ist ein Fond, der sammelt Geld, um mehr Geld daraus zu machen. Nach genau dem gleichen Muster wurden früher Piratenzüge organisiert: man sammelte Geld, rüstete ein Schiff aus (der damalige Dienstwagen), heuerte eine Mannschaft an (die Vertreter der Geldgeber) und schickte es hinaus, um durch Entern eine Prise zu erbeuten – Enterprise – ein bekannter Begriff bei Seeräubern, viele Unternehmen und Kriegsschiffe tragen es stolz in ihrem Namen. Die Prise wurde dann zusätzlich noch geteilt (Bonuszahlungen), damit die Motivation höher war … und das Eigeninvestment geringer.

Und wenn diese Piraten mit der politischen Macht geheim an einem Tisch sitzen, dann sollte man fragen: wer muss dafür sein Leben lassen? Bei Gegenfragen bitte auf Bismark verweisen, der hatte für langjährigen Frieden gesorgt, den längsten, den der Kontinent seither kannte.

Was uns heute fehlt – außer Bismark?

Piratenjäger. Uns mangelt es sogar an Steuerfahndern, obwohl jeder aktive Fahnder sein Geld sofort wieder einfährt – aber dieser Mangel wundert uns nicht, wenn wir schauen, wie gut vernetzt die Piraterie mit der politischen Macht ist und bei diversen Anläßen – sei es nun der Bundespresseball, die Treffen der Atlantikbrücke, der Rotarier oder privaterer „Netzwerke“ – die Gewaltenteilung praktisch wieder aufhebt, in dem sie die menschlichen Träger der Gewalt an einen Tisch bringt, wo sie sich gut verstehen, weil ihre Charaktere alle unter dem Einfluss des „einen Ringes“ stehen … bzw. von der Macht deformiert wurden, weil das Ego sich im Rausche dieser Macht gerne unendlich baden würde.

Da treffen sich Krähen und bilden die Krähenallianz. Was sie eint? Die Droge „Macht“ – egal, ob im Gericht, bei den Medien, der Polizei oder im Parlament. Oder – anders gesprochen: der Dienst am „einen Ring“.

Wissen Sie, warum uns die Piratenjäger fehlen – die Schiffe des Königs, die nur einen Auftrag hatten: die Pest der mordenden, raubenden, vergewaltigenden, brandschatzenden Piraterie auszurotten? Ja – Piraten hatten auch eine sehr dunkle Seite. Sie waren zwar sozialer, demokratischer und multikultureller als die damaligen Staaten – doch es war die Not, die sie zu solchem Verhalten gezwungen hatte, nicht die Ethik. Betriebswirtschaftliche Not, sozusagen, man musste seinen Angestellten einen gewissen Risikoausgleich zugestehen, da viele für die Prise ihr Leben lassen mussten.

Moderne Piratenjäger müssten Machtballungen zerschlagen, die sich in der Gesellschaft bilden, in dem Geldgeber Funktionsträger unterschiedlicher Art an einen Tisch bringen und so die gewollte Gewaltenteilung umgehen. Ja – der Nachteil aller Ämter ist, dass sie von Menschen ausgeübt werden müssen – und Menschen erliegen leicht dem „einen Ring“. Er macht Ringgeister aus ihnen und wer die Ringgeister aus unterschiedlichen Funktionen zusammenführt, schafft genau die Macht im Staate, die wir nie mehr haben wollten, weil sie im KZ endet: dem logischen Ende jeder Piraterie, jedem ungehemmten betriebswirtschaftlichem Denkens, jedem Streben nach Macht.

Ja – Konzentrationslager sind nicht die Erfindung Hitlers oder des Nationalsozialismus oder der Deutschen – sie sind die Konsequenz einer strikt nach Nutzen orientierten Raubkultur. Sogar das Volk der Dichter und Denker konnte sich hier der Macht des Ringes nicht entziehen und musste erleben, was mit einem Land geschieht, wenn die Ringgeister wieder alle Macht vereinen … und Sauron den einen Ring zurück bekommt.

Darum ist es so gefährlich, wenn wir die NS-Zeit als kleinen, unbedeutenden Ausrutscher der sowieso irgendwie blöden Deutschen in die äußerste Ecke der Wahrnehmung verbannen: Hitlers Schreckensreich war nur das Vorspiel, der Feldtest einer Gesellschaftsordnung, die der Betriebswirtschaft konsequent Rechnung trägt.

Seit der Einführung von Hartz IV in Deutschland merken immer mehr Menschen, dass der gleiche Geist wieder aktiv ist. Er wirkt nicht auf den Straßen bei „Pegida“ (was möglicherweise nur eine etwas außer Kontrolle geratene Aufführung des Verfassungsschutzes und der Bild-Zeitung ist, von TTIP, CETA und TISA abzulenken), sondern in Treffen, die nicht für die Öffentlichkeit geeignet sind. Haben Sie sich noch nie gewundert, warum demokratische Regierungen „Geheimverhandlungen“ über „Wirtschaftsabkommen“ führen?

Die müssen nur geheim bleiben, weil die vorgesehenen Opfer noch in Sicherheit gewiegt werden sollen. Doch doch – fragen Sie Bismark!

Die Opfer des ersten Streiches leben nach zehn Jahren unter uns, die Piraten haben es sogar geschafft, sie entgegen den Werten des christlichen Abendlandes als schwach und somit ursächlich selbst Schuld an ihrer Misere zu brandmarken, dabei kann man heute klar und offen darüber reden, was der ganze Zinober sollte (siehe Spiegel):

Für Gewerkschafter, Sozialverbände und linke Politiker gilt jene Wahrheit, die Frank Bsirske, Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, so zusammenfasst: Die Politik „war darauf angelegt, das Lohnniveau in Deutschland zu senken und einen Niedriglohnsektor großen Stils entstehen zu lassen“.

Die Politik war darauf ausgelegt, schwächere Menschen bedingungslos auszubeuten: der größte Verrat, den Politik in Deutschland seit 1945 begangen hat. Man kann auch sagen: sie haben die Piraten auf das Volk losgelassen – weshalb ja auch gleichzeitig die Finanzmärkte dereguliert wurden.

Wo das enden wird, sieht man aktuell in Griechenland (siehe Spiegel):

Griechenland stirbt. Sechs Jahre Rezession, eine Arbeitslosigkeit, die bei 26 Prozent liegt, unter Jugendlichen sogar bei mehr als 50 Prozent, die Löhne sanken zwischen 2010 und 2013 um 23 Prozent. 36 Prozent der Griechen gelten als arm und sozial ausgegrenzt – ein Anstieg um etwa sieben Prozentpunkte seit Ausbruch der Krise.

So etwas … richten „Mächte“ wie Blackrock an. Früher brauchte man dazu Söldnerheere, heute haben wir einen höheren Organisations- und Abstraktionsgrad erreicht, wir erledigen das eleganter – aber nicht weniger blutig. Das Blut ist nur weiter verteilt, da fällt es nicht so auf.

Schon faszinierend, dass wir mitten in einer Fortsetzung des „Herrn der Ringe“ leben, wo die Piraten von (BlackRock) Umbar erneut die Dörfer verwüsten, der Souverän wieder unter dem Geflüster von Grimar Schlangenzunge dahindämmert (von dieser Art gibt es heute mehrere, sie arbeiten als Pressesprecher von Firmen und Regierungen, als Unternehmensberater für jedermann oder als Journalisten in Spiegel, Focus und bei der Bildzeitung) und die Welt zunehmend in einen Zustand versetzt wird, der dem „dunklen Auge“ eine Freude wäre.

Andererseits können wir jetzt auch verstehen, warum uns ein neuer, heißer Krieg bevorsteht: Wladimir Putin hat kurz mal Piratenjäger gespielt und Konzerne ereignet, die politische Macht wollten. Darum mögen ihn die ausgebeuteten Menschen des Westen (die „Putinversteher“) so gern, während ihn die Piraten hassen. Das erste Mal durften die Geschundenen erleben, dass ein Staat noch seine Arbeit tut, ja, dass es noch einen funktionierenden Staat auf der Welt gibt, der nicht von pöstchengeilem Gesindel unterwandert wurde.

Und deshalb … muss Putin sterben.

Zum Retter der Welt eignet er sich nicht – dafür hatte er zu lange zu viel Macht.

Was merken wir uns für die Zukunft – nachdem wir die Trümmer der Moderne beiseite geräumt haben?

Wir müssen mit Macht noch viel sorgfältiger umgehen, sie noch weiter aufteilen und auch die Macht des Geldes viel mehr eindämmen, wir müssen Macht selbst als Feind der Menschheit begreifen.

Am Besten – werden wir alle Hobbits und unteressieren uns nur noch für einfache Freuden im Leben.

Leider erziehen uns die Medien – und hier vor allem die Werbung – zum genauen Gegenteil: zu größenwahnsinnigen Idioten, die man alle mit ein bischen Pseudomacht auf der Autobahn (oder der Bühne und dem Laufsteg) zu treuen Dienern des einen Ringes macht.

Schade für eine Welt … die einst als Paradies empfunden wurde.

 

 

 

 

Argentinien ist pleite – Deutschland und Europa auch?

eifelphilosoph_200

eifelphilosoph_200Donnerstag, 31.7.2013. Eifel. Nun ist es ´raus: Argentinien ist pleite. Natürlich nicht wirklich. In Wirklichkeit geht es Argentinien noch gut. Es ist ein reiches Land – ähnlich wie die Bundesrepubik Deutschland. Es ist auch kein „Gaucho-Land“ mehr (siehe Wikipedia):

Politisch handelt es sich bei Argentinien um eine präsidiale Bundesrepublik, in der die einzelnen Gliedstaaten, Provinzen genannt, weitreichende Kompetenzen innehaben. Wirtschaftlich wird es traditionell von der Landwirtschaft bestimmt und international oft zu den Schwellenländern gezählt, laut dem von den Vereinten Nationen erhobenen Human Development Index zählt es seit 2011 jedoch zu den sehr hoch entwickelten Staaten.

Ein sehr hoch entwickeltes Land, mit einer – wie  man dem Artikel entnehmen kann – enormen Ungleichheit zwischen arm und reich, einem Zustand, den wir hier in Deutschland gerade anstreben. Das Land hatte schon mehrfach eine Wirtschaftskrise, mehrfach Militärdiktaturen, die für  30 000 „verschwundene“ Menschen“ verantwortlich sind: in der Tat ein „sehr hoch“ entwickeltes Land.

Nun – Argentinien ist nicht wirklich pleite. Das meldet nur der Spiegel.

Im Handelsblatt wird man genauer darüber informiert:

Argentiniens Wirtschaftsminister Axel Kicillof betonte, im Falle Argentiniens könne nicht von Zahlungsausfall gesprochen werden, da das Land seinen Schuldenverpflichtungen nachkomme.

Allen … außer einer: sie weigern sich, einem Hedge-Fond eine Rendite von 1680 % zu ermöglichen (siehe Spiegel).

Bei so einer Rendite bekommt natürlich jeder Mensch mit Geld feuchte Augen. 10 Dollar eingesetzt – 168 Dollar herausbekommen: so kommt man einem arbeitslosen Leben deutlich näher. Ja – es gibt Schichten in der Gesellschaft, die streben Arbeitslosigkeit direkt an – ohne jedes Problem mit Ethik und Anstand. Die gleichen Schichten werfen den Arbeitslosen engagiert vor, sie würden nur noch besoffen vor dem Fernseher hängen – dabei ist Neid ihre Triebfeder. Anstatt besoffen vor dem Fernseher findet man sie jedoch im Falle ihrer eigenen Arbeitslosigkeit vollgekokst im Luxusbordell. Fraglich, ob das eine bessere oder sinnvollere Form von Arbeitslosigkeit ist.

Um zu verstehen, warum Argentinien pleite ist, obwohl sie ihre Schulden begleichen könnten und nur aus taktischen Gründen die Terrorrendite nicht begleichen möchten, muss man etwas tiefer in die Materie eindringen, was die Süddeutsche Zeitung schon getan hat:

Der verantwortliche US-Richter Thomas Griesa hatte daraufhin im Juni schon bei Banken bereitgestellte Zinszahlungen Argentiniens an die Halter der restrukturierten Papiere einfrieren lassen. Nach Ablauf einer vierwöchigen Gnadenfrist an diesem Mittwoch, 24 Uhr amerikanischer Ostküsten-Zeit (Donnerstag 6 Uhr europäischer Zeit), hat dies formal einen Zahlungsausfall zur Folge.

Ja – da liegt der Haken. Thomas Poole Griesa – ein kleiner Bezirksrichter – hintert Argentinien daran, den anderen Gläubigern Zinsen zu bezahlen. Die anderen Gläubiger? Nun – das waren die, die fair mit Argentinien umgegangen sind, Deutschland gehört dazu. Kriegen die jetzt nicht ihr Geld – könnten sie auf die Idee  kommen, den Schuldenschnitt rückgängig zu machen, wodurch Argentinien von seiner alten Pleite wieder eingeholt wird. Aufgrund dieser Sachlage DARF Argentinien auch nicht den Terrorfond bedienen, der in voller Absicht die Rettung Argentiniens torpediert: akzeptiert Argentinien seine Forderungen, muss es die Forderungen der anderen auch akzeptieren … und ist dann wirklich wirtschaftlich vernichtet.

Das ein Land mit 40 Millionen Einwohnern vernichtet werden soll, hat nun ein kleines Bezirksgericht in den USA beschlossen und eingeleitet.

Über denselben Weg geschah auch etwas ganz Ungeuerliches, das in den Medien kaum gewürdigt wurde: der Fond hatte ein Kriegsschiff beschlagnahmt – in Ghana (siehe Spiegel). Das muss man sich mal vorstellen: die internationalen Vertragswerke sind inzwischen so ausgerichtet, dass Privatleute mit ethisch zweifelhaften Absichten fremde Regierungen dazu benutzen können, Kriegsschiffe anderer Länder zu beschlagnahmen.

Gut – hier handelt es sich um ein Segelschulschiff. Nur – rein rechtlich gesehen ist auch das ein vollwertiges Kriegsschiff. Muss ich mir nun angesichts von 16 Billionen Dollar Staatsschulden der USA Sorgen darüber machen, dass „Hedgefonds“ bald Atom-U-Boote und nuklear bestückte Flugzeugträger in die Hände bekommen? Wenn es gelingt, Russland durch wirtschaftliche Sanktionen in die Knie zu zwingen … wer kann dann deren Atom-U-Boote ersteigern?

Mit TTIP und TISA bereiten wir übrigens Europa gerade darauf vor, ebenso dem Terror eines jeden US-Bezirksrichters ausgeliefert zu sein, der einem Konzern oder Fond bestätigt, dass Deutschland durch seine Arbeits- oder Umweltschutzrecht für Milliardenverluste in der Konzernbilanz sorgt: so wird dann die Bundesregierung letztlich – wie die Regierung von Ghana, die das Kriegsschiff im Auftrag eines Bezirksgerichtes beschlagnahmen konnte – zur ausführenden Instanz für den Willen der Finanzgiganten.

Das geschieht nun mit Argentinien, einem Land, das militärisch Verbündeter der USA ist, das als Land uneingeschränkte Hoheitsrechte hat – und … mal machtpolitisch gedacht … den Angriff auf seine Kriegsschiffe als Kriegserklärung des Hedgefonds, Ghanas oder des Bezirksgerichtes werten könnte. Ja –  früher hätte Ghana nun mit dem Besuch von Kanonenbooten rechnen können – argentinischen Kanonenbooten. Heute geschieht das nicht, weil hinter allem wüsten und hinterhältigem Finanztreiben die Supermacht USA den Schutz der Geier garantiert. Die können ungestraft ganze Volkswirtschaften ins Elend stürzen – auch die Volkswirtschaften hoch entwickelter Länder.

Solidarität der demokratischen Rechtsstaaten mit verbindlich praktizierter Anerkennung der allgemeinen Menschenrechte? Fehlanzeige. Viel zu sehr sind die Regierungen der USA auf das Wohlwollen der Märkte angewiesen – wie peinlich wäre es, wenn ein Hedgefondmanager die „Air Force One“ beschlagnahmen ließe – mit dem Präsidenten drin.

Argentinien droht nun doch ein unglaubliches Elend – aus den 1,6 Milliarden Schulden können nun schnell 100 Milliarden werden.

Wir kennen die Gepflogenheiten der Finanzmenschen, ihre Methoden: Sozialabbau, Entstaatlichung staatlicher Betriebe, Massenentlassungen, Eleminierungen des Gesundheitswesens, Abbau demokratischer Errungenschaften. Ich möchte das kurz einfach mal von hinten benennen, von der Wirkung her: Massenmord. Passiver Massenmord durch Entzug der Lebensgrundlage. So etwas könnte keiner wirklich bewusst wollen – aber solange man nicht selbst abdrücken muss: wen stört´s?

Was hat denn nun der Fond von seiner Uneinsichtigkeit?

Gar nichts. Argentinien ist pleite, die Superrendite ist dahin. Ob sich ein Käufer für ein beschlagnahmtes Segelschulschiff findet? Oder besinnt sich Argentinien auf seine staatliche Souveränität und schickt weitere Kriegsschiffe nach Ghana – diesmal bewaffnete – um sein Schiff zurück zu erobern? Ich denke: die USA selbst hätten keine Bedenken, so zu handeln.

Was aber bedeutet das nun für Europa?

Nun – dazu muss man sich ein wenig zurück erinnern.

Am 16.6.2012 veröffentlichte die Zeit einen Kommentar von Cornelia Mayrbäurl, der die Situation Argentiniens mit der Situation Griechenlands verglich:

Griechenland steht heute da, wo Argentinien 2001 stand. Buenos Aires war in der Bindung des Peso an den Dollar gefangen, Athens Geldpolitik ist an den Euro gebunden. Beide Regierungen waren beziehungsweise sind hoch verschuldet, und sie konnten beziehungsweise können nicht einfach abwerten oder die Zinsen senken, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.

Ach ja – die Bindung an den US-Dollar … die soll sehr zur Wirtschaftskrise beigetragen haben – zum Nutzen der US-Wirtschaft. Frau Mayrbäurl weiß aber noch mehr:

Anders als die Hellenen hat Argentinien keine EU, die aus ihrem Eigeninteresse heraus mit Rettungspaketen beisteht. Dafür kann das Land der Gauchos auf enorme natürliche Ressourcen zurückgreifen. So geschah es nach dem Januar 2002, als der Peso dann doch um ganze zwei Drittel abgewertet wurde und das Land seine Gläubiger mit einem Schuldenschnitt in derselben Höhe konfrontierte. Boomende Sojaexporte sorgten von 2004 bis 2009 für ein jährliches Wirtschaftswachstum zwischen sechs und neun Prozent. Davon können die Griechen nur träumen.

Die Argentinier hatten auch davon geträumt, dass sie – als eine der stärksten Wirtschaften der Welt – locker gegen die Spekulanten bestehen können.

Sie haben sich geirrt.

Daten zur argentinischen Wirtschaft? Können Sie bei Wikipedia nachschlagen, direkt übernommen vom IWF.

Bruttoinlandsprodukt (PPP) : Platz 22 im Ranking von 188 Ländern. Wachstum in diesem Jahr? 5,5 %. Traumdaten. Im Vergleich dazu Griechenland: Platz 50, Wachstum MINUS 2,46 Prozent. Da schrumpfts nochmal gewaltig.

Wovon reden wir also im Jahr 2024? Von gigantischen Forderungen jetzt noch ungenannter Hedgefonds gegenüber Griechenland? Von Menschen, die griechische Papiere zu billigsten Preisen gekauft haben, um mit Hilfe eines kleinen Bezirksgerichtes die ganze EU auszuhebeln?

Mal im Ernst: wie viel Geld ist der Euro noch Wert, wenn „die Märkte“ anfangen, sich die gleichen Gedanken zu machen wie ich? Haben wir wirklich soviel Geld, dass wir alle Forderungen von räuberischen Hedgefonds an Griechenland, Italien, Irland, Portugal und Spanien begleichen können – Forderungen, von denen wir heute noch gar nichts wissen?

Müssen wir damit rechnen, dass Hedgefonds 2024 alle deutschen Autobahnen und Landstraßen in Besitz nehmen und eine Horrormaut kassieren, die UNSERE Polizei durchsetzen muss?

Was wir hier verstehen müssen: hinter den Kulissen läuft ein brutaler Vernichtungskrieg. Noch nicht einmal die Autorin aus der Zeit hatte 2012 einen hinreichenden Ausblick darauf – aber zwei Jahre später spürt ganz Argentinien die Folgen. Skrupellose Finanzjongleure vernichten ganze Volkswirtschaften – und lösen einen ökonomischen Holocaust nach dem anderen aus. Noch sind die Opferzahlen vergleichsweise gering – aber die werden steigen.

Wie viele Opfer haben die Sparpakete in Griechenland eigentlich gefordert? Das kann kaum einer zählen. Manche verhungern still, andere nehmen sich das Leben, viele verrecken mangels medizinischer Versorgung. Solange die Statistik keine Kategorie für „Sparpaketopfer“ entwickelt, versickern die Leichenzahlen in Randstatistiken. Wer aber hat schon Lust, Geld in solche Statistiken zu investieren?

Nun – wir werden nicht lange warten müssen, um diese Fragen selbst beantworten zu können. Argentinien hielt sich 2004 für gerettet. Zehn Jahre später ist es bankrott – als wachstumsstarkes hoch entwickeltes Land. Griechenland halten wir 2014 für gerettet – 2024 können wir also mit der Quittung rechnen.

Grober Daumen, der da peilt, ich weiß.

Aber: wenn ein wachstumsstarkes Land, das dieses Jahr auf Platz 22 im Wirtschaftsranking der Nationen steht, durch ein US-Bezirksgericht zur Pleite verurteilt werden kann … wie sicher sind dann die Länder, die wirtschaftlich schwächer sind? Ich nenne da mal ein paar Namen: Belgien, Niederlande, Südafrika, Schweden, Schweiz, Österreich, Dänemark.

Ich finde – man sollte da mal drüber nachdenken – bevor ein US-Bezirksgericht die Grundsteuern in Deutschland um 1680 Prozent anhebt, damit die alten Schulden Griechenlands beglichen werden können.

 

 

 

 

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