Stinger

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Germanwings-Absturz, Heuchelei und Lügenpresse

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Donnerstag, 26.3.2015. Eifel. Schrecklich, was da geschehen ist, nicht wahr. Es sterben Menschen. Deutsche Menschen. Echte, deutsche Menschen. Wie ich dem Kommentar von Sascha Lobo im Spiegel entnommen habe, dürfen wir hier zu Recht trauern, weil die deutschen Toten so nahe sind … so nahe, wie das Ehepaar, dass Hartz IV bezog und in seiner Wohnung jämmerlich verreckte, weil das Notstromaggregat nach der Stromabschaltung nicht korrekt lief. Gestorben durch Gas – eine deutsche Spezialität. Sie sind nicht die einzigen, die im Zuge des Hartz IV-Bezuges von ihrem Notstromaggregat vergast wurden (siehe Gegen-Hartz: „Wenn Hartz IV zum Tode führt“). Ja – auch Kinder wurden da schon zum Gas-Opfer. Deutsche Kinder – trotzdem simulierte kaum jemand Betroffenheit, die Kanzlerin schwieg, niemand flog im Hubschrauber an die Unglücksstelle, kein Trauersturm bewegte das Internet.

Ich bin nicht so erschrocken, im Gegenteil: ich freue mich, dass bislang so wenig geschehen ist. Freue mich und wundere mich. 2000 Stinger-Abschussgeräte hatte die US-Regierung den Taliban als Ersatz für die britische „Blowpipe“ gegeben: tragbare Luftabwehrraketen, die russischen Pendants SA-7 Grail wurden schon gegen Zivilmaschinen eingesetzt. Ja, sicher, ich weiß: die reichen nur 3000 Meter hoch, die Zivilmaschinen fliegen 9000 Meter  hoch … aber wenn man 6000 Meter Berg unter sich hat? Ginge doch, oder?

Das waren jedenfalls meine ersten Gedanken. Die Unmengen an Terrorwaffen, die die USA, die Sowjetunion und Großbritannien in der Welt verstreut hatten, müssen ja irgendwann mal zum Einsatz kommen, zumal dank außerordentlich intelligenter Außenpolitik die ehemaligen Verbündeten jetzt erbitterte Feinde sind.

Natürlich war ich wütend. Ich bin Vater von sieben Kindern, die von deutschen Lehrern ebenfalls zu allen möglichen Luftreisen verschleppt werden, weil der deutsche Lehrer ja mit dem Wandertag im Hürtgenwald nicht mehr glücklich wird: ohne Stichwort Bahamas sind da doch kaum noch realistische Verhandlungen möglich – scheißegal, ob Fliegen die Umwelt zerstört oder nicht. Ich bin überhaupt kein Freund der Fliegerei – und halte sie auch nicht für sicher. Über 1 000 000 Kilometer bin ich in meinem Leben mit dem Auto gefahren, lebensgefährliche Situationen? Null. Zweimal im Monat bin ich geflogen, lebensgefährliche Situationen? ZWEI. Einmal ein Beinaheabsturz in Salzburg … und eine Beinahekatastrophe nahe Johannisburg. Fliegen ist nicht sicher – und niemand soll mir erzählen, dass 24 Jahre alte Flugzeuge besser sind als 24 Jahre alte Autos: Materialermüdung macht doch vor dem Status nicht halt. Und richtig Gewinn macht man mit uralten Möhren. Jede Landung … JEDE Landung ist nichts anderes als ein kontrollierter Absturz … beichtete mir mal ein MiG-Pilot. Manchmal gerät der Absturz dann halt außer Kontrolle … ganz sicher gerät er irgendwann mal außer Kontrolle, man weiß nur nie genau, wann.

Nun denn – wie heute gemeldet wird, sieht es augenblicklich so aus, als ob der Pilot die Maschine absichtlich zu Bruch geflogen hat. 13000 Selbstmörder haben wir im Jahr in Deutschland (wir schauen da aber nicht so genau hin, weil es den heile-Welt-Mythos der Kanzlerin und der deutschen Medien zerstören könnte) – offenbar wollte einer von denen mal nicht allein gehen. Viele gehen wegen Hartz IV, zwei Fälle davon kenne ich näher: die Angst vor der kompletten Selbstaufgabe, der vollständigen Kontrolle durch Fremde und dem teilweisen Entzug normaler Menschenrechte sitzt tief.

Reden wir aber nicht über die Hartz-Toten … ich höre schon jetzt den Vorwurf, ich würde die armen Opfer des Absturzes politisch instrumentalisieren wollen. Trauert man nicht normkonform, setzt man sich schnell gehässigster Kritik aus, dass wollen wir heute mal lassen: Gehässigkeit ist auch eine Form des Todes – jedenfalls des Todes von Menschlichkeit.

Ja, Wut war da. Wut auf die ganze ignorante „Wir-fliegen-die-ganze-Welt-zu-Tode“-Kultur jener Konsumzombies, denen man erfolgreich verkauft hat, dass es gut tut, drei mal im Jahr dem Ausländer zu zeigen, wie überlegen doch der Deutsche ist – so überlegen, dass er ungestraft durch fremde Länder trampeln kann, als würden sie ihm gehören. Scheinbar kann der Deutsche nicht anders als durch fremde Länder zu trampeln … seien wir froh, dass er gelernt hat, dies unbewaffnet zu tun.

Wut auf die Sprüche, die reflexhaft sofort kamen: „Fliegen ist sicher!“. 150 Leichen … wenn man überhaupt noch Teile von ihnen findet … aber „Fliegen ist sicher“. Merkt keiner, wie makaber das ist? Fliegen ist eben  nicht sicher: 150 Tote sprechen da doch eine Sprache, die deutlich genug ist, oder geht es noch deutlicher?

Ständig neue Statistiken beweisen uns immer mehr, wie unglaublich sicher fliegen doch ist … weil hier ein gigantischer Wirtschaftszweig um seine Existenz ringt. Ein Pilot hat mir mal erzählt, dass die Studien nicht ganz korrekt sind, man müsste außer den Kilometerzahlen auch die Benutzungshäufigkeit in die Berechnungen einfügen … das war direkt nach dem Beinahe-Absturz in Salzburg, der Mann saß neben mir. Nach dem Erlebnis habe ich ihm sofort geglaubt, ja: ich hätte da noch eine andere Berechnungsgrundlage – man sollte die Toten noch besonders herausstreichen, die aus nicht notwendigen Gründen im Flugzeug saßen und mit jenen abgleichen, die nicht fliegen, wenn es nicht notwendig ist: Sie werden staunen, was da für Zahlen herauskommen.

3,5 Milliarden Fluggäste erwartet man für 2015 (siehe Welt). Wie viele davon sind wirklich unverzichtbar? Ich schätze mal: kein einziger. Auto fahren ist nicht ganz so unverzichtbar … wir haben also eine Quote von 100% sinnlosen Toten bei Flugzeugunglücken … bei Autos ist die absolute Zahl der Toten zwar höher … die prozentuale Zahl der verzichtbaren Toten aber deutlich niedriger. Ach – es gibt Menschen, die müssen wirklich fliegen? Geschäftsleute, zum Beispiel? Sie sprechen hier mit einem ehemaligen: ich kann Ihnen sagen – ich habe nicht einen Flug absolviert (von einigen hundert) der wirklich unverzichtbar gewesen wäre. Wir haben nicht mehr das Jahr 1915: moderne Kommunikationselektronik erlaubt die vollständige Streichung jeglicher Geschäftsreisen … wenn es nicht nebenei darum ginge, dem öden Büroalltag zu entkommen – der Hauptgrund für Geschäftsreisen.

Man merkt immer noch keine Trauer bei mir?

Nein, die gibt es auch nicht.

Im Gegensatz zur absoluten Mehrheit meiner Mitmenschen weiß ich, dass ich sterben kann und ganz sicher sterben werde. Das ist mir absolut gewiss. Könnte jetzt schon sein – der „plötzliche Herztod“ ist eine häufige Todesursache mit weitgehend unbekannter Ursache. Da gibt es dann noch eine Dosis Tastensalat auf dem Bildschirm … und dann geht die Reise weiter. Oder auch nicht – aber eine Alternative dazu gibt es nicht. Wozu also trauern … obwohl ich mit einigen Opfern im vierten Grad verbunden bin (ja: ich kenne jemanden, der jemanden kennt, der mit Opfern befreundet war, wie ich heute erfuhr). Es ist aber nicht meine Einstellung zum Tod, die meine Trauer im Zaum hält … es ist einfach die Sintflut von Leichen, die sich täglich über meinen Bildschirm ergießt, die mich hat abstumpfen lassen.

Nehmen Sie mal nur den „Krieg gegen den Terror“. Eine Million Tote in zehn Jahren. Das macht PRO TAG fast DOPPEL SOVIEL wie bei dem Absturz der German-Wings-Maschine. ALLES vermeidbare Tote. Alle ermordet – jedenfalls im Sprachgebrauch zivilisierter Menschen, Barbaren sprechen da anders, sie reden dann von „Krieg“ – einem Zustand, in dem Morden von heute auf morgen erste Bürgerpflicht wird … ein Wahn sondergleichen.

Für mich sind das nicht nur Zahlen, für mich sind das Menschenleben. Genauso viel Wert wie Schüler aus Haltern. Viele von ihnen deutlich jünger, noch mehr von ihnen deutlich weniger priviligiert, und nahezu alle hatten gar keine andere Wahl: die traf der Pilot der Morddrohne für sie. Tot durch Mord finde ich halt noch schlimmer als Tod durch vermeidbaren Unfall. Und was bedeuten schon die eine Million Toten im Krieg gegen den Terror, wo doch jedes Jahr weltweit mehr an Autounfällen sterben … und noch mehr an Behandlungsfehler durch Ärzte – wobei ich einfach mal unterstelle, dass Ärzte im Ausland prozentual soviel Menschen umbringen wie in Deutschland, wo sie es auf eine Strecke von 19000 jährlich bringen (siehe Manager-Magazin).

Merken Sie, warum ich die Trauergesänge, die Beileidsbekundungen, die Betroffenheitsaufführungen in Medien und Politik für Heuchelei halte? Die beiden Berufsgruppen sind sich des vermeidbaren Massensterbens um uns herum voll bewusst … und sollen wirklich durch 150 Tote aus der Bahn geworfen worden sein? Wir haben 10 000 Selbstmorde im Jahr … darunter viele Kinder – gerade nach Zeugnisvergabe ein bekanntes Phänomen. Was tun wir dagegen? Vielleicht mal die nichtssagenden Zeugnisse abschaffen? Aber nicht mit dem deutschen Lehrer, er braucht seine Noten wie seine Hausaufgaben und seine Fernreisen. Keine einzige Träne wird suizidalen Jugendlichen nachgeweint … dabei sind wir modernen Materialisten die einzige Kultur, die suizidale Kinder hervorbringt, d.h.: da könnte man was tun.

Tut man aber nicht.

Ich nehme nicht einem Politiker seine Trauer ab – eben so wenig auch nur einem Journalisten. Die waten täglich durch Blutströme – aber wenn es opportun ist, hat man auf einmal Gefühl? Da wird seit Monaten – aktuell gerade wieder deutlicher – über Krieg gesprochen … Krieg mit Russland … man macht Drohgebärden, verlegt Streitkräfte, malt Horrorbilder in übelster Kriegspropaganda an die Wand, die den Feind ganz nach alter Manier als Ungeheuer darstellt, der womöglich auch kleinen Kindern ihren Teddybär klaut – aber ein kleiner Unfall mit Todesfolge treibt die alle vor lauter Betroffenheit zum Unfallort? Jene Politiker, die sich gerade anschicken, mit dem Leben von Millionen junger Menschen Krieg zu spielen, bzw. die Entgleisung der politischen Lage in diese Richtung billigend in Kauf nehmen anstatt wie in den letzten Jahrzehnten hochwertige diplomatische Arbeit zu leisten, um den Frieden zu sichern und die Völkerverständigung voran zu treiben?

Ebenso nimmt man eiskalt und gefühlslos billigend die Toten durch die letzte „Sozialreform“ in Kauf … und wie ich heute hörte, plant man eine Kürzung der Grundsicherung für Rentner. Hoffentlich war das ein Gerücht … doch leider zeigt die Erfahrung, dass solche Horrormeldungen in Deutschland seit einigen Jahren die Tendenz haben, wieder wahr zu werden. Da werden sich wieder Leute selbst vergasen, um nicht erfrieren zu müssen. Stört das irgendeinen der kalten Entscheider?

Und die Presse, die die ganze Entwicklung wohlwollend begleitet … auch die aktuellen Forderungen nach brutaler Enteignung der Rentner, um an ihren Wohnraum zu kommen? Darf man sie wirklich Lügenpresse nennen, obwohl sie so rührig betroffen ganze Regale voller Beileidsbekundungen produziert, um zu demonstrieren, wie empathisch, sozial, mitfühlend man auf einmal geworden ist … und eigentlich im Prinzip immer schon war?

„Kollektive Fassungslosigkeit“ ordnet der Spiegel heute für den großdeutschen Sprachraum an (siehe Spiegel): so soll man Empfinden, weil ein Siebenundzwanzigjähriger aus der schönen Gemeinde Montabaur sich einen sehr eindrucksvollen Suizid gegönnt hat.

Und wenn es doch eine Stinger war, eine Grail, eine Blowpipe?

Würden wir nie erfahren: 3,5 Milliarden Kunden wollen abkassiert werden – dafür gegen alle über Leichen. Alle. Die großen Fluglinien weigern sich seit Jahren, ihre Maschinen gegen diese Gefahr mit Gegenmaßnahmen auszustatten … weil es ihnen zu teuer ist. Lieber riskiert man Tote. Und heuchelt Betroffenheit, wenn die Katastrophe eintritt: aber dann mit voller Breitseite, aus allen Rohren und in allen Tonlagen: das spart Geld, sieht super aus und bringt coole Publicity.

Wissen Sie, welche Nachricht mich in den letzten Tagen fassungslos gemacht hat? Wieviele Tote mich erschrocken haben?

Das kann ich Ihnen sagen: Milliarden von Toten waren es – im Jahre 1983.

Wissen Sie nicht, nicht wahr?

1983 war es der Mut eines einzigen Russen, der den weltweiten thermonuklearen Krieg verhindert hat – eines Krieges, der schon unaufhaltsam ablief. Die Nato hatte in diesem Jahr einen Atomkrieg simuliert (siehe Übung „Able Archer“), ein Computerfehler meldete irrtümlich den Abschuss einer Reihe von US-Langstreckenraketen … doch Stanislaw Petrow, verhinderte, dass der Gegenschlag ausgelöst wurde. Hätte er anders entschieden … hätte heute niemand mehr Gelegenheit zum Trauern.

Wir arbeiten auch wieder konkret auf solche Zustände hin – wie der Spiegel am 8. 2.2015 berichtete (siehe Spiegel):

„Die Ukraine-Krise hat die Nato und Russland in den Kalten Krieg zurückgeworfen. Die Zusammenarbeit bei der nuklearen Sicherheit wurde eingestellt, ein „Rotes Telefon“ gibt es nicht mehr. Experten halten das für extrem gefährlich.“

Sowas – macht mich gerade betroffen. Ich frage mich: wenn ich schon 1983 nichts über den Atomkrieg erfahren habe, der fast über mich hereingebrochen wäre … was erfahre ich aus Gründen der „staatlichen Sicherheit“ dann heute nicht? Und was wissen Journalisten alles, worüber sie nicht schreiben?

Das da streng selektiert wird, habe ich nach einigen Gesprächen mit Journalisten im letzten Jahr deutlich erleben müssen: veröffentlich wird nur, was ins Bild passt. Passt der aktuelle Gesprächspartner nicht ins Bild, dann sucht man so lange, bis man seine Gurkentruppe zusammenhat: irgendwer wird sich da schon finden, der die vorgefertigte Meinung über Putin, Russland oder Hartz IV unterschreiben kann.

Mein Wunsch nach dem heutigen Tage?

Meidet Flieger. Erweist den Toten Respekt, lasst es die letzten Toten sein – und stellt den weltweiten Flugverkehr ein. Zeigt, dass die Betroffenheit echt ist. Die Fliegerei ist von Vorgestern, kein Mensch braucht sie ernsthaft wirklich. Die Umwelt – und die Anlieger von Flughäfen – werden Euch dankbar sein … ebenfalls viele tausend Menschen der Zukunft, die noch nicht dran waren mit ihrem Absturz.

Kümmert Euch um die jungen Menschen, die freiwillig aus dem Leben scheiden: nichts zeigt deutlicher, wie erbärmlich und wahrhaft wertlos unsere Kultur ist, als junge Menschen, die sich freiwillig das Leben nehmen.

Und misstraut Regierung und Medien, die gerade den Tod der Menschen missbrauchen, um sich selbst toll ins Rampenlicht zu stellen. Sie berichten nichts über den atomaren Holocaust – obwohl er täglich ins Programm gehört, nichts über Stinger, Grail und Blowpipe oder über die politischen Intrigen, die solche Geräte weltweit verteilen, wenig darüber, wie einer der größten Waffenexporteure der Welt tagtäglich massenhaft Todesmaschinen ins Ausland verkauft … oder wie unsinnig und gefährlich die ganze Fliegerei eigentlich wirklich ist.

Wissen Sie, was der Focus 2007 meldete? Ich zitiere mal (siehe Focus):

„Rund zwei Milliarden Menschen fliegen pro Jahr weltweit. Allein in der Bundesrepublik waren es 2006 154 Millionen. Tendenz stark steigend. Und das hat Folgen für das Klima. Dem Bericht der internationalen Klimaforscher von 1999 zufolge betrug der Anteil des Flugverkehrs am vom Menschen verursachten Treibhauseffekt 1992 etwa 3,5 Prozent. Aktuelle Schätzungen gehen sogar von einem Anteil von rund neun Prozent aus.“

2015 sind es 3,5 Milliarden. Alles überflüssige Lustreisen … die manchmal ganz übel ausgehen. Können wir damit jetzt endlich aufhören? Oder brauchen wir wirklich 2030 soviel Flugreisende, wie der Planet Bewohner hat, nur damit die Erde demnächst auch ganz sicher wie der Mars aussieht?

 

 

 

 

Akute Warnmeldung: aktive Kriegstreiberei in der Nato – Weltkrieg dicht voraus!

Akute Warnmeldung: aktive Kriegstreiberei in der Nato - Weltkrieg dicht voraus!

Donnerstag, 6.12.2012. Eifel. Ein schöner Tag. Ich hatte mir für heute frei genommen, um einige Angelegenheiten für unseren Verein zu regeln. Wir haben da so ein Kita-Ding im Visier,  mit integrierter Altenarbeit und angeschlossenem Familienzentrum, kurzum: die Neuerfindung der Familie in Zeiten, wo der Staat aus Familie eine Bedarfsgemeinschaft hat, die sich gegenseitig zur Arbeit antreiben sollen. Wussten Sie eigentlich, das der Staat eine Trennungsprämie für Arbeitslose zahlt? Ja, Alleinerziehende bekommen mehr Geld – und aus in der Regel gut unterrichteten Kreisen habe ich erfahren, dass sich Menschen in der Tat deshalb trennen. Staat schlachtet Familie – von wegen „besonderer Schutz“. Ebenso problematisch wird es, wenn Sie sich mal in so eine bildhübsche Hartzerin verlieben sollten: der Staat sieht so etwas gar nicht gerne, die Ausgestossenen sollen gefälligst unter sich bleiben. Schon in der Anbahnung der Beziehung müssen Sie mit Besuch von behördlichen Zahnbürstenzählern rechnen, die Ihnen ohne mit der Wimper zu zucken die finanzielle Verantwortung für ihre große Liebe sofort aufs Auge drücken, in dem man Sie ohne Sie zu fragen zum Vorsitzenden einer Bedarfsgemeinschaft macht, der die Grundsicherung ihrer vielleicht bald angetrauten Person zu übernehmen hat. Ja – der Staat macht aus ihnen jenen Versorger, den die Frauenbewegung schon lange abschaffen wollte. So gestaltet man Gesellschaft durch einfaches Umleiten der Geldströme. Doch davon wollte ich gar nicht reden, Hartz IV ist ja ein Thema, das schnell langweilig wird und seit einiger Zeit sogar peinlich. Ich wollte heute auch gar nichts schreiben, aber dann habe ich gemerkt, das Krieg ist. Ja, Deutschland ist im Krieg – und nicht nur Deutschland, die ganze Nato bemüht sich darum, ein Riesenfass aufzumachen. Ich war mehr als überrascht, dachte ich doch, nachrichtenmässig sei ich auf der Höhe der Zeit.

Wie habe ich von dem Krieg erfahren? Kamen Flugzeuge in die Eifel und bombadierten die für China abgeholzten Höhen? Streiften finstere Gestalten durch die kahlen Wälder auf der Suche nach plünderbaren Eingeborenen? Informierte mich vielleicht sogar die Bundesregierung darüber, das wir deutschen Bürger jetzt zu den Waffen greifen müssen, weil der Iwan vor der Tür steht?

Nein, ich habe bei Yahoo Vereinsmails abgerufen und dabei erfahren, das die Nato im Krieg ist. Ich will das hier mal zitieren:

In der NATO-Führung wird einem Medienbericht zufolge über ein militärisches Eingreifen in den Konflikt in Syrien nachgedacht. Zwischen mehreren europäischen Außenministern und dem Generalsekretär des Militärbündnisses, Anders Fogh Rasmussen, habe es bei einem informellen Abendessen am Dienstag zu diesem Thema eine heftige Auseinandersetzung gegeben, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.

Warum denkt man in der Nato über ein militärisches Eingreifen nach? Nur wegen dieser „der-böse-Teufel-hat-Massenvernichtungswaffen-Geschichte“? Damit hat man uns doch schon mal beim Irak-Einmarsch voll verarscht, denkt man etwa, wir sind so blöde, das wir den gleichen Kothaufen zweimal schlucken?

Ich also sofort zur Süddeutschen. Wenn Krieg ist, will ich das wissen. Ich habe Kinder in wehrfähigem Alter, die Karriereberater der Bundeswehr lungerten schon in der Schule herum und versprachen goldene Berge, Auslandsreisen und schicke Kanonen – ich konterte mit Schweinefrass, perversen Sadisten als Ausbildern und Bildern von weggeschossenen Kiefern und Nasen aus dem Ersten Weltkrieg (sieht gruselig aus, die Leute müssen noch jahrelang damit leben).

Ich gewann 3:1.

Bei der Süddeutschen angekommen, war ich verblüfft. Ja, da fuhren Panzer vor – aber in Ägypten. Deutsche Bank hat Milliardenrisiken schöngerechnet, ein brasilianischer Stararchitekt ist tot – aber wo war der Krieg?

Ganz viele Leser der Süddeutschen verweisen aber auf die Zeit, wo ich erfahre, das es eine Petition zum Bau eines Todessterns aus der Filmreihe „Star Wars“ gibt. Vielleicht hat die Süddeutsche ihren Artikel an die Regierung verkauft und alle Rechte verloren, ich lese also in der Zeit weiter.

Die kennen wenigstens den Bericht in der Süddeutschen Zeitung, den ich dort vergeblich im Nachrichtenwust suchte:

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen stößt mit seinem Plädoyer für ein militärisches Eingreifen in Syrien auf den Widerspruch mehrerer europäischer Staaten. Bei einem informellen Abendessen in Brüssel habe es eine heftige Auseinandersetzung zwischen Rasmussen und den Außenministern von Frankreich, Deutschland und Polen gegeben, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Die Debatte entzündete sich an Einlassungen des Dänen, was die Nato im Fall einer weiteren Zuspitzung der Lage tun solle – zum Beispiel wenn Syriens Armee Chemiewaffen einsetzen würde oder bei einer Blockade der Straße von Hormus durch den Iran.

Dem Link der Zeit schnell gefolgt, lande ich dort, wo ich hinwollte: in dr Küche der Kriegstreiber:

Wie mehrere Quellen der Süddeutschen Zeitung bestätigten, hatte Rasmussen gesagt, dass die Nato angesichts der Entwicklungen in Syrien und in der für die Ölversorgung des Westens so wichtigen Straße von Hormus „den Kopf nicht in den Sand stecken“ dürfe.

Jedem am Tisch war klar, was er damit meinte: Die Nato müsse sich militärisch darauf vorbereiten, im Fall des Falles in Syrien einzugreifen. Politisch würde die Nato damit ihren bisherigen Kurs radikal ändern, dass ein Einsatz der Allianz in Syrien ausgeschlossen sei. Unterstützt wurde Rasmussen von den Außenministern der Türkei und Großbritanniens, auch die Amerikanerin Hillary Clinton sprang ihm bei.

Die Nato – so hole ich mein altes Hauptschulwissen hervor – ist eine Verteidigungsallianz. Das zeichnet uns vor bösen Staaten aus, wie zum Beispiel dem fiesen Hitlerdeutschland, das durch einen getürkten Angriff auf den Sender Gleiwitz einen Anlass schuf, Polen anzugreifen. Wir aber sind friedlich, wir wollen nicht so weit hinaus, wie wollen nur unsere Grenzen schützen, hatte man mir gesagt. Da ich ein Referat über den Warschauer Pakt geschrieben hatte, konnte ich das nur bestätigen: dort wohnen die Bösen mit den vielen Panzern (das ich mit dreizehn Jahren damit der Propaganda der Nato und der westlichen Rüstungsindustrie auf den Leim gegangen bin und mich zu ihrem Sprachrohr gemacht habe, habe ich erst viel später erfahren).

Nun – nicht alle von „uns “ teilen diese Ziele. Manche träumen von einem neuen osmanischen Reich, so die Welt. Jene, die diese Träume haben, schauen auf Länder wie Lybien (destabilisiert), Irak (destabilisiert), Ägypten (destabilisiert) und Syrien (wird gerade platt gemacht). Natürlich nur ein Zufall.

Nun ist die Türkei natürlich noch auf eine andere Art und Weise in Syrien aktiv – das erfahre ich ebenfalls durch die Zeit.

Die Beziehungen zwischen Ankara und Damaskus haben sich seit Beginn des Konflikts in Syrien im März 2011 kontinuierlich verschlechtert. Die Türkei unterstützt offen die syrischen Rebellen und fordert den Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad.

Eine Leserzuschrift dazu ist interessant:

Wenn die USA die Rebellen nur logistische unterstützen,

wie kommen diese dann an Munition aus NATO Beständen?

Die türkische Zeitung Yurt schreibt in Ihrer aktuellen Ausgabe, dass die Granaten die auf Akçakale abgefeuert wurden aus NATO Beständen stammt.

Ein nicht belegbare Behauptung? Bitte, hier Bilder von syrischen Terroristen mit 120mm Mörser Granaten.
http://3.bp.blogspot.com/…

http://3.bp.blogspot.com/…

Anhand der LOT Nummer lässt sich belegen, dass diese Granate aus Beständen europäischer Rüstungsfirmen stammen.

Wir gehen dieser Behauptung besser nicht nach, sondern erinnern uns an die FAZ, die uns über weitere Details des türkischen Engagements informiert:

Russische Militärs bezichtigen die Türkei im Syrien-Konflikt der Provokation. Das am 22. Juni von der syrischen Luftabwehr abgeschossene türkische Kampfflugzeug sei zweimal in den syrischen Luftraum eingedrungen, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax am Mittwoch unter Berufung auf russische Militärkreise. Das könne nur so erklärt werden, dass die Kampfbereitschaft der syrischen Luftabwehr getestet werden und deren Stellungen an der Küste ausspioniert werden sollten. Das türkische Militär teilte am Mittwoch mit, das Wrack des abgeschossenen Flugzeugs und die Leichname der beiden Piloten seien auf dem Grund des Mittelmeeres in etwa 1000 Meter Tiefe gefunden worden.

Mit Kampfflugzeugen in den syrischen Luftraum einzudringen, ist ein kriegerischer Akt. Und was mit Ländern geschieht, die Terroristen unterstützen, haben USA und Nato in Afghanistan gezeigt, dort haben wir auch irgendwie irgendwas verteidigt, von dem wir keine Ahnung haben – Opiumanbau, glaube ich. Das jedenfalls schreibt die junge Welt:

Der Opiumanbau ist längst einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Afghanistans geworden, schätzungsweise 85 Prozent des weltweit vertriebenen Heroins haben ihren Ursprung hier. Dramatisch nicht nur für die Abhängigen in Europa, sondern auch für die afghanischen Bauern: Sie werden von den mafiösen Strukturen, die die großen Profite aus dem illegalen Geschäft ziehen, mit Gewalt zum Anbau von Schlafmohn gezwungen – unter den Augen und Gewehren der deutschen Bundeswehr.

Das Militär hat längst seinen Frieden mit der Drogenmafia gemacht. Der »Krieg gegen den Terror« ist ein bewaffnetes Schutzkommando für Drogenbarone geworden.

Nun – deutsche Soldaten sterben gern für die Profitinteressen der Drogenmafia. Jedenfalls werde ich das wohl glauben, wenn ich diese Fakten verdaut habe.

Sterben sie aber auch gerne für das neue osmanische Imperium? Was, wenn jene politischen Kreise, die so gerne Schach mit den Ländern dieser Erde spielen, genau jenen Plan haben – die Neuauflage des osmanischen Reiches als guter Kumpel der Finanzbarone?

Undenkbar?

Quatsch! Nicht mehr in einer Welt, in der ein demokratisches Land ohne Grund den Irak angreift – und dafür noch eine „Koalition der Willigen“ zusammenbekommt.  Schauen wir jetzt in den Natorat, wo gerade geplant wird, die Kiefer unserer Kinder zu zerschießen, dann sehen wir, das es eindeutige Befürworter eine neuen Nato gibt, einer Nato, die aktiv in die Welt hinauszieht und sie nach ihren Vorstellungen neu sortiert, siehe Zeit:

Einer der Teilnehmer sagte, man habe bei Tisch „die Kriegstrommeln“ zu hören gewähnt. Rasmussen wurde lautSZ bei der „sehr strittigen“ Diskussion von den USA, Großbritannien und der Türkei unterstützt.

Schritt für Schritt wird die syrische Regierung durch unbekannte Waffenhändler in die Defensive gedrängt – das erfahren wir nebenbei:

Das Kräfteverhältnis hatte sich etwas verschoben, nachdem sich die Rebellen vor einigen Wochen Luftabwehr-Waffen beschaffen konnten.

„Luftabwehrwaffen beschaffen“ hört sich schön passiv an – die gab es sicher bei E-Bay oder Amazon. Welche Luftabwehrwaffen, erfahren wir leider nicht. Vielleicht die niedlichen schultergestützten Luftabwehrraketen, mit denen man seinerzeit die Taliban ausgerüstet hatte? Ja, erinnern wir uns daran, der Standard kann uns dabei helfen:

Nach dem die Sowjetunion 1979 Afghanistan besetzt hatte, hatten sich die so genannten Mudschahidin formiert, um gegen die sowjetische Besatzung zu kämpfen. In den ersten Jahren waren diese insbesondere durch die sowjetischen Luftstreitkräfte im Nachteil. Doch sobald sie von den USA mobile Luftabwehrraketen vom Typ „Stinger“ erhalten hatten, konnten sie sich etwa gegen die gefährlichen sowjetischen Hind-Helikopter zur Wehr setzen und die Wende im Afghanistan-Krieg einläuten.

Nebenbei bemerkt: ist schon mal jemandem aufgefallen, das die bösen Taliban diese supergefährlichen Raketen niemals zu Terrorzwecken benutzt haben? Warum eigentlich? Gibt es da noch Verträge zwischen Taliban und der CIA, die dies untersagen – oder zahlt die CIA dafür?

Aus Russland erfahren wir, das die „Luftabwehrwaffen“ in der Tat Luftabwehrraketen sind – man weiß dank der Washington Post auch, woher sie kommen: Saudi-Arabien und Katar. Diese Raketen kommen damit aus dem gleichen Land, das auch die Attentäter für den 11.September 2001 gestellt hat – ich will damit aber nichts andeuten, nur nochmal daran erinnern, das die gar nicht aus Afghanistan kamen.

Warum fürchten wir denn dann eigentlich noch die syrischen Gasbomben? Die Rebellen sind doch gut bewaffnet? Und vor allem warum weiß man eigentlich in Europa nichts davon, siehe Zeit:

Europäischen Geheimdiensten, darunter dem im Nahen Osten gut vernetzten Bundesnachrichtendienst, liegen laut SZ „keine Erkenntnisse“ über Vorbereitungen des syrischen Regimes zum Einsatz von Chemiewaffen vor.

Woher stammt dann die Legende von den irakischen – Pardon, syrischen Massenvernichtungswaffen? Aus der selben Quelle wie immer:

Der amerikanische TV-Sender NBC hatte berichtet, dass Syrien den Einsatz von Fliegerbomben mit tödlichem Nervengift vorbereite. Das Militär warte auf den Befehl von Präsident Baschar al-Assad, solche Chemiewaffen gegen aufständische Bürger einzusetzen. Die vorbereiteten Bomben seien aber noch nicht an Bord syrischer Kampfflugzeuge. NBC berief sich auf namentlich nicht genannte amerikanische Regierungsbeamte.

Namentlich nicht genannte Unbekannte wissen natürlich mehr als die gesammelten europäischen Geheimdienste. Wo bleibt eigentlich die Schlagzeile:

Unbekannte Beamte wollen uns in den Krieg treiben – wie schon 1914!

Sie wäre jetzt gerechtfertigt.

Doch was macht der deutsche Bundestag? Siehe Spiegel:

Um die Türkei vor syrischen Angriffen zu schützen, werden deutsche „Patriot“-Abwehrsysteme entsendet. Das Kabinett hat beschlossen, außerdem Soldaten in Awacs-Jets und in die Kommandostäbe zu schicken – es sind bis zu 400 Mann.

Erst sollten es 170 sein, jetzt sind es 400, wann werden es 400 000 sein?

Wenn Russland und China die US-türkische Offensive im Nahen Osten als Bedrohung für die weltweite Sicherheit ansehen werden. Die lassen sich nicht so leicht auf den Arm nehmen wie die deutsche Öffentlichkeit, die vor lauter Arbeitswahn nicht mehr zum Lesen kommt und dabei langsam auf Zustände zumarschiert, die noch viel viel unangenehmer sind als Hartz IV.

„Die Türkei ist der gegenwärtig vom Syrien-Konflikt am stärksten betroffene Nato-Partner“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Verteidigungsministerium und Auswärtigem Amt zu dem Beschluss des Kabinett.

Das ganze wird noch drolliger:

Die Türkei hatte die Nato nach wiederholten Granatenbeschuss im Grenzgebiet zu Syrien schon vor Wochen um Hilfe gebeten, am Dienstag beschlossen die Nato-Außenminister die Mission. Im deutschen Mandat wird festgeschrieben, dass es sich bei dem Schutz der Türkei um eine rein defensive Mission handelt und dass die „Patriots“ auch nicht der erste Schritt hin zu einer Flugverbotszone über Syrien darstellen. Bisher will niemand innerhalb der Nato in den Bürgerkrieg eingreifen, auch die „Patriots“ sollen nicht als Signal dafür verstanden werden.

„Bislang will niemand innerhalb der Nato in den Bürgerkrieg eingreifen“ – der Spiegel sollte vielleicht erstmal lesen, was die anderen Zeitungen zu schreiben – oder was Yahoo einem am Vorabend des großen Krieges serviert.  Was für eine dreiste Augenwischerei – als hätte es die letzten beiden Weltkriege nicht gegen, als wüßte man nicht, wie schnell unbedachtes Handeln und unreflektierte Bündnislogik einen Weltenbrand auslösen können, den nachher keiner mehr stoppen kann.

Hätte ich so etwas damals in meinem Referat erwähnt – ich wäre von der Schule geflogen, als großer Spinner.

Und ich habe irgendwie den Eindruck, das meine Befürchtungen auch heute noch auf taube Ohren stoßen werden, weil es „Krieg“ so wenig gibt wie „Verschwörungen“, Sanktionen bei Hartz IV oder deutsche Soldaten in Afghanistan.

 

 

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