Donnerstag, 22.6.2017. Eifel. „Die Wissenschaft der politischen Ökonomie habe, so hieß es, mit der Gewißheit der Gesetze eines Newton bewiesen, dass wir den Armen nur schaden, wenn wir ihnen zu helfen suchen. Vielmehr müssen wir die leidenden Massen von der irrtümlichen Annahme befreien, dass sie ein Recht darauf hätten, zu leben“. Diesen Satz finden wir im Buch „Profit over People, War aganist People von Noam Chomsyk (Piper, 2. Auflage 2006, Seite 75). Er beschreibt die Erkenntnisse der Geburt des Neoliberalismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts, jener Philosophie des Grauens, die sich nun weltweit anschickt, die Herrschaft zu übernehmen – mit allen unangenehmen Folgen, die Sie in Ihrem eigenen Alltag bemerken – es sei denn, Sie haben das Glück, in Staat oder Wirtschaft Funktionen auszuüben, die es Ihnen erlauben, sich aus der Verwertungsdynamik von Menschenfleisch herauszuziehen – auf Kosten der Steuerzahler, Beitragsleister oder Verbraucher.
Schon letztere Begriff – „Verbraucher“ – zeigt, wie tief das Denken jener Neoliberalisten in unseren Alltag eingedrungen ist, wie umfassend wir im Alltag die Sprache der nationalsozialistischen Mordbrenner verinnerlicht haben – und wie schief dieses Weltbild in Wirklichkeit ist, das Tag für Tag unser Denken, unsere Entscheidungen, unsere Lebensphilosophie bestimmt. Wir haben akzeptiert, dass wir unnütz sind, Subjekte in einer Gesellschaft, deren Zweck nur eins ist: verbrauchen. Luft, Land, Wasser – wir sind nur einen Schritt davon entfernt, bis jemand ausrechnet, wie unsere Blähungen (analog zu den „Kuhpfürzen“) das Weltklima in Gefahr bringen. Die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen liegen auf der Hand – es gibt auch schon entsprechende Studien zu den Herdfeuern in Indien, Arbeiten, die nahe legen, dass der indische Bauer von der Bildfläche verschwinden muss, wenn wir den Planeten retten wollen.
Planet retten – das hört sich gut an. So edel. So rein. Ein Wert, der über allen anderen Werten zu stehen hat. Muss sich unglaublich gut anfühlen, wenn man meint, zu jener edlen Ritterschaft zu gehören, die sich das höchste Ziel auf die Fahnen geschrieben hat: die Rettung der ganzen Welt. Und das Erstreben jenes Gefühls – selber unglaublich gut zu sein – hat ja auch zu dem Begriff „Gutmensch“ geführt, jener finanziell meist überversorgten Schicht, die ihre materielle Überlegenheit noch gerne mal mit etwas „Gutem“ zieren möchte. Still und leise gehorchen sie aber alle – bis in die tiefsten Schichten des Landes hinein – jenen dunklen Gedanken, die der Neoliberalismus ihnen predigt, jenen Gedanken, die seit Reagan, Schröder, Blair, Thatcher, Kohl und wie sie alle heißen unablässig die Gesetzgebung bestimmt: dass der Arme schlecht sei, ein Schädling, eine Gefahr für die ganze Welt. Nehmen Sie mal die Predigten der Kurfürsten des Neoliberalismus, ersetzen das Wort „Armer“ durch „Jude“ – und erfreuen sie sich über die Paralellen, die Sie erkennen können … die aber weitläufig gemieden werden. Mitten im weltweiten Genozid der Armen redet man nicht mehr über die laufenden Aktionen, die „geistlose Funktionselite“ (siehe den Artikel „Das Gastmahl der Geistlosen“, NZZ) redet lieber über ihre neue Pfeffermühle, den letzten Urlaub in Peru, die Vorteile des neuen SUV oder die Solaranlage auf dem Dach – das Politische wird ausgeklammert, man schaut nicht mehr gerne auf die Straße, wo die Rentner im Müll wühlen, um durch Flaschenpfand ihr Überleben zu sichern.
Die Vernichtung der Armen … die die früheren Ziele der Vernichtung der Armut weitgehend ersetzt hat … ist ein Milliardengeschäft, wie wir aktuell lesen können: 2 Milliarden Euro Profit wurden in den letzten zehn Jahren in Deutschland gemacht – durch „Sanktionen“ gegen die Ärmsten, denen man kurzerhand die komplette Verantwortung für die Folgen der ungebremsten Globalisierung (massenhafter Verlust von Arbeitsplätzen) übertragen hat (siehe Spiegel). Da sind dann schon mal satte Prämien für jene drin, die die Vernichtung organisieren. Man beginnt sogar, einen Volkssturm gegen die Armen zu organisieren, in Hamburg sollen in Zukunft Fahrgäste der S-Bahn als Hilfspolizisten eingesetzt werden, um Bettler und andere unerwünschte Personen zu melden (siehe Hamburger Abendblatt) … die Ältesten unter uns erinnern sich mit Grausen daran, welch´ Bestie nun wieder ihr grässliches Haupt erhebt.
Welche Sorgen jene Bürger umtreiben, die im Taumel der Vernichtung der Armen ein gutes Geschäft gemacht haben? Wie sie im Urlaub ihr Aktiendepot sichern (siehe FAZ). Es ist zwar kein Urlaub, wenn man sich zwischendurch immer noch um sein „Depot“ kümmern muss – aber wen kümmert das schon in den Kreisen jener Menschen, die durch Staat und Konzern vollversorgt sind? Die Sparmaßnahmen an den Armen sorgen für Massen von Toten auf den Straßen – wie jüngst in England (siehe Frankfurter Rundschau) – während unsere Gedanken darum kreisen, Studien zu veralbern, die vor Gefahren warnen, die durch Handys verursacht werden können (siehe Zeit). Wir – amüsieren uns zu Tode, wie Neil Postman 1985 warnte (siehe zeitgeistlos) … und er meinte nur das Fernsehen:
„Unser Fernsehapparat sichert uns eine ständige Verbindung zur Welt, er tut dies allerdings mit einem durch nichts zu erschütternden Lächeln auf dem Gesicht. Problematisch am Fernsehen ist nicht, dass es uns unterhaltsame Themen präsentiert, problematisch ist, dass es jedes Thema als Unterhaltung präsentiert.“
„Fernsehen wurde nicht für Idioten erschaffen – es erzeugt sie.“
„Unsere Abwehrmechanismen gegen die Informationsschwemme sind zusammengebrochen; unser Immunsystem gegen Informationen funktioniert nicht mehr. Wir leiden unter einer Art von kulturellem Aids.“ (Zitate aus Wikipedia)
Postman starb 2003. Die heutige Kultur würde ihn wohl vollends in den Wahnsinn getrieben haben.
Wissen Sie, wer damals die Neoliberalisten aufgehalten hatte?
Die Arbeiterbewegung. „Wenn Dein starker Arm es will, stehen alle Räder still!“ – den Spruch kannte damals wohl jeder. Die Armen hatten gelernt, sich zu organisieren und waren sich ihrer Stärke sehr bewusst. Wollen Sie mal hören, wie einfache Arbeiterinnen damals sprachen? Habe da ein schönes Beispiel (siehe Freitag):
„Wenn du dein Produkt verkaufst, bleibst du trotzdem du selbst. Aber wenn du deine Arbeitskraft verkaufst, verkaufst du dich selbst. Du verlierst die Rechte von freien Menschen und wirst zu einem Vasallen eines gigantischen Apparats der Geldaristokratie, die jedem mit der Auslöschung droht, der ihr Recht zur Versklavung und Unterdrückung in Frage stellt. Diejenigen, die in den Fabriken arbeiten, sollten diese auch besitzen.“
Das forderten 1840 die Lowell Mill Girls, geknechtete Arbeiterinnen in den Textilfabriken der USA“
Eines gewaltigen Apparates der Geldaristokratie , der … die wahre Ursache für die Vernichtung von Welt ist, gerne aber auf „den Verbraucher“ zeigt, der – vorausgesetzt, er hätte jemals die freie Wahl, vorausgesetzt, in den Schulen würden mal effektive Alternativen zu unsere Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen besprochen, jenem „Kapitalismus“, der heute als so alternativlos gilt wie die Sonne am Himmel und vorausgesetzt, man würde ihn jemals fragen … vielleicht ganz andere, humanistischere, menschenfreundlichere Strukturen vorziehen würde. Er hatte sich ja auch schon mal geregt, dieser „Verbraucher“ … der der eigentliche Produzent von allem ist:
„Aber dann tauchte ein unvorhergesehenes Problem auf. Wenn wir nicht das Recht haben zu leben, schlossen die stupiden Massen, haben die Herrschenden nicht das Recht zu regieren. Die britische Armee musste gegen Aufständische vorgehen, und als die Arbeiter sich organisierten, nahm die Bedrohung konkrete Gestalt an. Die Arbeiterbewegung verlangte Arbeits- und Sozialgesetze, die die Proletarier vor dem neoliberalen Experiment schüzten sollten, und stellte noch weitergehende Forderungen. Die Wissenschaft, die glücklicherweise flexibel ist, veränderte sich mit den gewandelten Anschauungen der Elite, die in Reaktion auf die unkontrollierbare Bevölkerung nunmehr entdeckte, daß das Recht auf Leben durch eine Art Sozialvertrag gesichert werden müsse“. (Chomsky, a.a.O., Seite 75/76).
Ja – der Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist den Herrschenden nicht umsonst so wichtig, ebenso wie die Umformierung der Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee, da hier schon automatisch eine gewisse Selektion stattfindet, die dafür sorgen kann, dass unsere „Demokratie“ auf auch jeden Fall „marktkonform“ bleibt.
Jener Frieden zwischen Volk und Geld, der vor 140 Jahren geschlossen wurde – auch in Deutschland – löst sich nun auf. Die Bevölkerung ist nicht mehr unkontrollierbar, mit gewaltigen finanziellen Mitteln wurde dafür gesorgt, dass die Massen in ihre mediale Handytrance versinken können, wo sie Zuflucht finden vor einer immer dekadenter werdenden Wirklichkeit, in der sich – mit Bildern, die denen der alten Sklavenmärkte bis aufs Haar gleichen – Menschen nur mit ihren Geschlechtsteilen präsentieren (siehe FAZ) und so der Geldaristokratie brav zeigen, dass sie ihre Lektionen gelernt haben: sie sind das Nutz-, Wahl- und Zahlvieh der Moderne, das selbst begriffen hat, dass es überhaupt keine Würde, keinen Wert, keinen Stolz mehr hat, Vieh, das dankbar für die Gnade ist, am Leben gelassen zu werden, dankbar für die Gnade, dass nicht alle arbeitslosen Physikerinnen umgehend vom Jobcenter in die Pornoindustrie gesteckt werden (…was erstmal nur einer geschah, siehe Berliner Zeitung), dankbar für die große Gunst, als „Verbraucher der Welt“ auf diesem Planeten überhaupt noch geduldet zu werden.
Die Widerstandsfrage ergibt sich nicht mehr, seit vierzig Jahren werden gezielt Idioten gezüchtet, man ist stolz auf sein „kulturelles Aids“, präsentiert sich damit brav auf Facebook und Instagram: die Umwertung aller Werte gelangt in ihr letztes Stadium … und das große neoliberale Experiment kann umgehend fortgeführt werden, das „I-Phone“ der Firma Apple hat dafür gesorgt, dass sich der Irrsinn milliardenfach multipliziert und jedes Individuum seine eigene kleine Wirklichkeitsblase erzeugen kann, in der es fantasierend dahinvegetiert bis es an die Grenzen seiner Nützlichkeit gestoßen ist – seiner Nützlichkeit für die Geldaristokratie.
Und dann?
Wird das Recht der Armen auf Leben Schritt für Schritt abgeschafft. Hier wie in Afrika, Asien und Südamerika.
Es fängt klein an – beim Geld. Vor 140 Jahren noch nicht so wichtig, denn: auch Arbeiterhaushalte hatten Zugriff auf eigene kleine Gärten, eine gewisse Grundversorgung war immer gewährleistet. Geld war Zusatz, Luxus, Überfluss. Heute jedoch … ist Geld ALLES. Essen, trinken, Obdach. Und wird für den kleinen Mann in großen Zügen vernichtet: 436 Milliarden Euro kostete die aktuelle EZB-Politik bisher den „kleinen Sparer“ (siehe FAZ) und vernichtete so seine Möglichkeit, eigene Sicherheitsreserven aufzubauen, Überschuss zu erwirtschaften und politische Bewegungen zu unterstützen, die sich gegen die Ausplünderung der Gemeinschaftskassen wenden – jene Ausplünderungen, die in den „Cum-Ex“-Geschäften aktuell wieder im Gespräch sind und Milliardenschäden verursachen – völlig zu Lasten jener, die bequemerweise kein Recht auf Leben haben … weshalb man sie logischerweise auch problemlos ausplündern darf. Kriminalität ist für die „Herren des Geldes“, die unser ganzes Leben bis ins kleinste Detail regieren, die bestimmen, welche Informationen gefördert werden, welche Frisuren „in“ zu sein haben, welche Kleidung wir tragen, was wir essen, wie wir uns einrichten, welches Wissen unsere Kinder erhalten, ja, selbst wie wir zu riechen haben, schon längst Alltag geworden: die Firma „Toll Collect“ liefert da aktuell wieder ein Beispiel für (siehe Süddeutsche Zeitung). Ja, sicher: der Staat nimmt dadurch Milliarden ein … aber wer zahlt die letztlich? Diese Milliarden, die Milliarden, die durch die Maut auf Bundesstraßen fließen werden oder jene Milliarden, die die Autobahnmaut einbringen soll? Nun – Sie. Und zwar Sie allein.
Die anderen organisieren sich inzwischen wieder ganz offen, bauen ihre „geheimen Machtzentralen“ (siehe FAZ), weben ihre geheimen Machtzirkel, um ja nichts dem Zufall zu überlassen: die Regentschaft der „unsichtbaren Hand des Marktes“ soll selbstverständlich an ihnen spurlos vorbeigehen, geht was schief – springen Sie ja wieder ein, mit Ihrem Geld, während Sie nackig in einer Kabine stehen und sich anpreisen mit allem, was sie haben. Wissen Sie noch, wie viel Geld Sie in die Bankenrettung gesteckt haben? Wo das gelandet ist? Was es bewirkt? Wollen wir mal Experten dazu hören? Den ehemaligen UN-Sonderberichterstatter Jean Ziegler? Bitte schön (siehe Junge Welt)
„Wir leben in einer kannibalischen Weltordnung, diktiert von Finanzoligarchen. Die 85 reichsten Milliardäre besitzen so viel wie die 4,5 Milliarden ärmsten Menschen, das müssen Sie sich einmal vorstellen. Die 500 größten Konzerne der Welt beherrschen fast 53 Prozent des jährlichen Weltsozialprodukts. Diese Oligarchen haben eine Macht, wie kein König, kein Kaiser und kein Papst sie je hatte.“
Noch nie sah sich die Menschheit einer solchen Gewalt, einer solchen Macht gegenüber. Und noch nie war sie so schwach, weil die kannibalistische Elite uns im Innersten getroffen hat, damit nie wieder eine Gegenbewegung entstehen kann, hat vernichtet, was im Inneren unseres Selbst die Quelle aller Würde ist (die der Gesetzgeber 1949 nicht umsonst als besonders schützenswert dargestellt hatte):
„Die Entfremdung unseres Identitätsbewusstseins. Die neoliberale Wahnidee will uns eintrichtern, dass sich der Markt selbst reguliert, dass er Naturkräften folgt und der Mensch nichts anders tun kann, als sich diesen Marktkräften zu unterwerfen. Dadurch wird der Mensch seiner historischen Subjektivität und Singularität beraubt. Er verhält sich nur noch so, wie ihm die Warengesellschaft das diktiert.“
Und wenn etwas diktiert wird, nennt man das politisch … Diktatur. So einfach ist das.
Alles also hoffnungslose Ohnmacht? Keine Alternative zur Vernichtung der „Verbraucher“, jenem Begriff, der dem alten Begriff des „unnützen Essers“ so nahe kommt?
Nun – schauen Sie sich mal dieses Dorf an: ein US-Unternehmer hat es entwickelt – ein völlig autarkes, von allen Konzernen unabhängiges Dorf, dass sein Essen und seine Energie selbst produziert (siehe Utopia). 25 Wohnhäuser auf 15000 m2, 300 m2 pro Mensch – eventuell sogar weniger. Selbst wenn wir 1000 m2 pro Mensch annehmen würden: die Menschheit könnte selbstversorgend auf der Fläche von Australien Platz haben – Asien, Afrika, Amerika und Europa könnten komplette Biotope werden. Technisch kein Problem. Die meisten Menschen dieser Erde hätten einen Luxus, von dem sie nie hätten träumen können – alles wäre möglich- auch die Reduktion der Arbeitszeit auf 4 Stunden pro Tag (inkl. Einkauf und Hausarbeit). Gigantische politische Bewegungen wären zur Realisierung dieser Utopie nötig – und obwohl wir so alle Umweltprobleme lösen könnten, greifen politische Parteien lieber Randthemen wie die Homoehe auf (siehe Zeit).
Und die Linke? Mehr ein neoliberales Feigenblatt (siehe scharf-links):
„Lediglich diejenigen, die seit 2005 MandatsträgerInnen und hauptamtlich Beschäftigte geworden sind, haben durch die Partei DIE LINKE eine positive Veränderung ihrer Lebensumstände erfahren. Sie erleben einen Bedeutungszuwachs und soziale Sicherheit. Ihre Wählerinnen und Wähler warten darauf noch.“
Was uns unterscheidet von den Arbeiterinnen und Arbeitern des 19. Jahrhunderts?
Überlegen Sie mal selbst.
Ich helfe Ihnen durch ein kleines Experiment. Ganz kostenfrei.
Wir haben 7 Millionen Arbeitslose in Deutschland. Rufen wir sie zum Sparen auf – auch die Kinder, denn die Ökodörfer beschreiben ihre Zukunft, nicht unsere. Ein Jahr sollen sie sparen, jeden Monat 8,33 Euro. Das geht, ich habe es selbst schon mal versucht, bin auch nicht verhungert. Dann … legen wir alle die hundert Euro in einen großen Topf – und haben auf einmal eine Kriegskasse mit 700 Millionen Euro. Und damit … machen wir Meinungsbildung. Wahlkampf – nicht für eine Partei (der droht schnell das Schicksal der Linken), sondern für eine Zukunft ohne kannibalistische Wirtschaftsordnung.
Wissen Sie, wie hoch das Wahlkampfbudget der SPD 2013 war? 23 Millionen Euro, alle anderen hatten weniger, die Grünen nur 5,5 Millionen (siehe Welt).
Können Sie langsam erahnen, wieviel Macht die Armen immer noch haben? Welche professionelle Werbeleistungen sie sich kaufen könnten – in den teuersten Medien dieses Landes?
Gäbe es Botschaften, die man versenden könnte – außer Bilder von einem schönen Dorf?
Ich hätte da eine für Sie. Lernen Sie sie bitte auswendig. Kommt von einem Nobelpreisträger für Wirtschaft, es geht um wirksame Staatsausgaben:
„Wirksamkeit bedeutet, dass jeder ausgegebene Dollar die Beschäftigung und die volkswirtschaftliche Produktion stark erhöhen sollte. Der Betrag, um den sich das Nationaleinkommen für jeden Dollar erhöht, heißt Multiplikator: Der gängigen keynesianischen Berechnung zufolge erhöht ein Dollar an Staatsausgaben die volkswirtschaftliche Gesamtproduktion um mehr als einen Dollar. Wenn die Regierung Mittel in ein Bauprojekt investiert, geben die Arbeiter ihren Lohn aus, um Waren zu kaufen, und wieder andere geben deren Geld aus. Jede Stufe in der Kette steigert das Volkseinkommen weit mehr als der ursprüngliche Betrag, den die Regierung ausgegeben hat. Im Durchschnitt beträgt der durchschnittliche Multiplikator der US-Wirtschaft etwa 1,5. Wenn die Regierung heute eine Milliarde ausgibt, wird sich das BIP in diesem Jahr um 1,5 Milliarden Dollar erhöhen. …
Ausgaben haben nicht alle denselben Multiplikator: die Ausgaben für ausländische Auftragnehmer, die im Irak arbeiten, haben einen niedrigen Multiplikator, weil ein Großteil ihres Konsums außerhalb der Vereinigten Staaten stattfindet; das gilt auch für Steuersenkungen für Vermögende – die einen Großteil dessen, was sie mehr bekommen, sparen. Ein erhöhtes Arbeitslosengeld hingegen hat einen hohen Multiplikator, weil diejenigen, die plötzlich Einkommenseinbußen erleiden, fast jeden Dollar ausgeben, den sie erhalten“ (aus: Joseph Stieglitz, Im freien Fall, Vom Versagen der Märkte zur Neuordnung der Weltwirtschaft, Pantheonverlag 2011, Seite 95)
Kurzum: die sinnvollsten Ausgaben eines Staates wären die massive Erhöhung der Arbeitslosengelder – sprich: Hartz IV. Danach sprudelt die Wirtschaft wieder wie verrückt – und das Ökodorf kann umgehend Realität werden.
Verstanden?
Oder wollen sie lieber nackt im Fernsehen in einer Glaskabine landen?
Oder zukünftig in einem Lager für nichtsnutzige Verbraucher?
Denken Sie mal in Ruhe drüber nach … dann können wir über die Organisationsformen sprechen – und die Lösung der anstehenden Personalprobleme. Die werden kommen, denn: wir brauchen Organisatoren, die weitgehend ehrenamtlich arbeiten und nicht reich werden durchs Geld- und Pöstchensammeln.
Und stellen Sie sich mal vor, wir könnten jeden Abend Werbespots über unser Dorf, unsere Wirtschaft, unser neues Leben senden … wir hätten schnell noch die Niedriglöhner, Zeitarbeiter, Halbtagskräfte und Leihsklaven auf unsere Seite – und alle Menschen, die noch menschlich geblieben sind.
Noch ein Wort zum Schluss?
Sich selbst regieren macht unglaublich viel mehr Spaß als regiert zu werden.
Wäre das nicht mal eine Überlegung wert?
Samstag, 11.10. 2014. Eifel. Vorgestern gab es eine Nachricht im Handelsblatt, die mich aufhorchen ließ. Um wurde 13.18 Uhr unter der Rubrik „Unser Thema in 99 Sekunden“ mit der Überschrift „Vorsicht bei Mittelstandsanleihen“ darauf hingewiesen, dass Anleger bereits eine halbe Milliarde Euro bei Mittelstandsanleihen verloren haben, insgesamt 27 Anleihen von 23 bankrotten Unternehmen seien bereits ausgefallen. Nun – wenige Menschen investieren viel Zeit in ausführliche Lektüre des Wirtschaftsteils der Zeitung, noch weniger begreifen wirtschaftliche Zusammenhänge, noch weniger merken, dass sie selbst davon bald direkt oder indirekt betroffen sein werden.
Am 10.10 legte das Handelsblatt noch einmal nach und verkündete eine heranrollende Pleitewelle bei mittelständischen Unternehmen (siehe Handelsblatt). Welche Botschaft bleibt hängen? Nun – natürlich die fett gedruckte: „Vorsicht bei Mittelstandsanleihen“ – und „Pleitewelle“. Warum gab es die überhaupt? Nun – wie das Handelsblatt erläutert, sind diese Anleiheformen 2010 eingeführt worden, zu einer Zeit, wo die mit Staatsgeldern übersättigten Banken anfingen, dem Mittelstand die Kredite zu kürzen. Das tat dem Mittelstand nicht gut, viele Geschäfte werden über Kredite abgewickelt, auch, um die Zeit zwischen Leistungserstellung und Zahlungseingang zu überbrücken: die Angestellten, die die Leistung bringen, müssen schon vorher finanziert werden – dazu kommt noch die wachsende schlechte Zahlungsmoral, die vor allem bei großen Unternehmen aufgrund einer arroganten Ausnutzung der Markmacht sehr schlecht ist (siehe haufe.de).
Zahlt der Kunde später (oder gar nicht) können ganze Unternehmen schnell an den Rande des Bankrotts kommen – wenn die Banken nicht helfen. Auf die mögliche Hilfe der Banken durch den jetzt bevorstehenden Ausfall des Anleihemarktes für den Mittelstand (Sie glauben doch nicht wirklich, dass nach DEN Überschriften noch jemand dort investiert?) wird ja direkt in dem Artikel des Handelsblattes verwiesen – wieso also die Warnung vor der Pleitewelle?
Nun – die haben den Artikel in der Welt vom 5.10.2013 gelesen (siehe Welt). „Es kann eng werden im Mittelstand“ heißt es da: während gleichzeitig der Markt für Mittelstandsanleihen weg bricht, führen die Banken mit Basel III neue, schärfere Richtlinien für die Mittelstandsfinanzierung ein – was vielen Mittelständlern das Genick brechen wird:
Schon jetzt führen bei 55 Prozent der Mittelständler fehlende oder nicht ausreichende Sicherheiten zu einer Verschlechterung der Finanzierungsmöglichkeiten. Vor zwei Jahren gaben nur 43 Prozent der Firmen Probleme in dem Bereich an. Hinzu kommt, dass die Banken ihre Kreditvergabe auch von einem höheren finanziellen Eigenanteil der Unternehmen abhängig machen. Fast jeder dritte Mittelständler klagt darüber.
Horrorzahlen, oder?
Der Mittelstand – das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Wer es noch nicht weiß: ein Blick nach Wikipedia kann helfen (siehe Wikipedia, Originalquellen sind allerdings nicht mehr erreichbar).
Der Mittelstand in der Bundesrepublik Deutschland umfasst nach quantitativer Definition
Bricht der Mittelstand mangels Unterstützung der Banken weg, sind knapp 66 Prozent der Arbeitsplätze in Gefahr, zusätzlich 83 Prozent der Ausbildungsplätze. Gut – es werden nur 38 % der Umsätze erwirtschaftet … was zeigt, wie sehr sich unsere Wirtschaft vom Volk entfernt hat. Deute ich die Zahlen richtig, erwirtschaften nämlich 0,3 % der Unternehmen 61,7 % des Umsatzes … und das sind gerade die mit der schlechten Zahlungsmoral.
Wären die Auftragsbücher voll, die Zahlungsmoral erstklassig, die Zukunftsaussichten glänzend: man könnte gelassen bleiben.
Doch dem ist nicht so.
Das Herbstgutachten der deutschen Wirtschaft zeigt, dass die deutschen Exporte wegbrechen und die Wirtschaft deshalb deutlich an Fahrt verliert (siehe Wiwo). Schon am 4.10. warnte das Handelsblatt deutsche Anleger davor, dass jetzt stürmische Zeiten bevorstehen (siehe Handelsblatt), nur sechs Tage später ist der Börsengewinn eines ganzen Jahres weg – Tendenz: weiter sinkend (siehe Manager-Magazin).
Und die Zukunftsaussichten der Weltwirtschaft? Erschreckend düster, denn die Welt blickt auf den Konjunkturmotor Deutschland (siehe Manager-Magazin):
Die Weltwirtschaft steht angeblich am Abgrund. Nur Deutschland könne den Sturz verhindern, weigert sich aber. Dieser Tenor herrscht auf der Herbsttagung von IWF und Weltbank vor.
Nun – einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es für die großen, globalen Konzerne: gemäß einer Studie der Deutschen Bank droht dem Euro ein massiver Kursverfall (siehe Welt). Interessant: bei der Lektüre erfährt man auch, dass die Wall Street den Euro nicht mag und deshalb Goldman-Sachs „zum Angriff auf die Gemeinschaftswährung blies“.
Gut, ein billiger Euro macht deutsche Autos im Ausland noch billiger … allerdings macht ein schwacher Euro alle Importe in den Euroraum teurer – wie es aussieht, kann der deutsche Mittelstand hier mit Kostensteigerungen um 25 % rechnen, Kostensteigerungen, die vor allem bei der Beschaffung von Rohstoffen anfallen.
Angesichts dieser Aussichten ist es klar, dass weder Banken noch Anleger gerne Geld in den Mittelstand stecken.
Goldman-Sachs schießt sich auch weiter auf die Eurozone ein – lange wird man seine Augen nicht mehr davor verschließen können, dass hier ein brutaler Wirtschaftskrieg tobt. Die „weltweit führende Investmentbank“ warnt vor „jahrelanger Stagnation“ im Euroraum (siehe Welt). Ratingagenturen pflichten dem bei, die US-amerikanische Ratingagentur Standard & Poors hat den Ausblick für Frankreich von „stabil“ auf „negativ“ gesenkt (siehe Handelsblatt), damit wird Deutschlands größter Partner im Euroraum zu Ramsch.
Blöd – denn Frankreich ist unser wichtigster Handelspartner weltweit (siehe agitano), allein 2012 haben wir Waren im Wert von über einhundert Milliarden Euro dorthin verkauft (siehe statista). Kein Wunder, dass in der wohl informierten deutschen Wirtschaft die Stimmung ständig sinkt – entgegen der Prognosen der „Wirtschaftsexperten“ (siehe Spiegel).
Gibt es noch Hoffnung? Wo sollte die herkommen. Hören Sie doch mal den Wirtschaftsnobelpreisträger Edmund Phelbs in einem Interview, das am 25.8.2014 in der Welt veröffentlicht wurde (siehe Welt):
Europa hat seinen ökonomischen Schneid verloren. Der Kontinent scheint nicht länger in der Lage oder willens zu sein, neue Sachen zu entdecken, unbekannte Territorien zu erobern, innovative Dinge zu kreieren und nach dem eigenen Glück zu streben. Was ich hier sehe, ist alarmierend und macht mich traurig.
„Intellektuell bankrott“ seien die Europäer … meint Herr Phelbs und kriegt von anderer Seite her unvorhergesehene Unterstützung – und zwar von dem Professor für Unternehmensführung Fredmund Malik (siehe Handelsblatt):
Von den etwa drei Millionen Führungskräften in Deutschland – Männer wie Frauen – hat aber nur eine kleine Minderheit eine ernsthafte Ausbildung in richtigem Management.
Eine gigantische Krise kommt auf die deutsche Wirtschaft zu – und wir haben nur ein Heer von Luschen, sie zu bewältigen. Was sie machen werden? Was sie immer machen, wenn es Probleme gibt: die Kosten kurzfristig durch Massenentlassungen senken, um selbst möglichst lange sicher im Boot sein zu können.
Kaum jemand wird in der Lage sein, adäquat auf die drohende Megakrise zu reagieren – eine Krise, die in den Augen des Nobelpreisträgers für Wirtschaft Joseph Stieglitz das Komplettversagen des gesamten kapitalistischen Modells darstellt, siehe Manager-Magazin:
„Wenn es weiterhin so schlecht läuft, werden große Teile der Bevölkerung irgendwann vom wirtschaftlichen und sozialen Leben ausgeschlossen sein. Die Anfänge lassen sich bereits beobachten.“ „Wir sind schon lange kein Land der unbegrenzten Möglichkeiten mehr.“ Der „Kapitalismus nach amerikanischem Modell“ habe „versagt“.
Wie es aussieht, hatte Hans-Ulrich Jörges Recht mit seiner Behauptung, dass die spannendsten Informationen im Wirtschaftsteil der Zeitung stehen.
Was uns erwartet?
Wie es aussieht, nichts anderes als schon Ende der zwanziger Jahre: ein bankrotter Staat, Massenarbeitslosigkeit, galoppierende Inflation, Hunger, steigende politische Radikalisierung … den Rest kennt man.
Meine persönliche Hoffnung? Das die Initatoren von TREEEC WORLD PROJEKT ihre neue Form des Wirtschaftens schnell genug umsetzen können.
Hierzu später mehr.
Samstag, 6.7.2013. Eifel. Haben Sie sich schon einmal Gedanken über Arbeitslosigkeit gemacht? Nein, nicht um Ihre persönliche (die ist sowieso Ihr Privatproblem, worum sich weder Staat noch Wirtschaft noch weiter kümmern wollen), sondern um die gesellschaftliche Bedeutung von Arbeitslosigkeit? Das sie eine hat, scheint klar: immerhin ist die Ver- bzw. Zuteilung von Flachbildfernsehen, Blue-Ray-Playern, I-Pods und Neuwagen direkt an einen Arbeitsplatz gekoppelt: gibt es diese Plätze nicht, produziert die Wirtschaft für die Halde – oder – wie momentan – für das Ausland, das die Waren dann mit Krediten aus Deutschland kaufen kann … Kredite, die sie niemals wieder zurückzahlen können. Damit wären wir im Herzen der Eurokrise, aber nicht im Herzen der Arbeitslosigkeit angelangt.
Der Nobelpreisträger Joseph Stieglitz hat in seinem Buch „Im freien Fall – vom Versagen der Märkte zur Neuordnung der Wirtschaft“ interessante Fakten erwähnt. In einer Fußnote (1.Auflage, Pantheon Verlag 2010, Seite 437) spricht er über echte Arbeitslosenzahlen, die zur effektiven staatlichen Steuerung von Wirtschaftsprozessen unerläßlich sind:
Die saisonbereinigte Gesamtquote der Arbeitslosen plus aller geringfügig Beschäftigten plus aller aus ökonomischen Gründen Teilzeitbeschäftigten in Prozent der gesamten zivilen Erwerbsbevölkerung betrug im Oktober 2009 17,5 %
Horrorzahlen, oder? Riesige Massenarbeitslosigkeit in den USA – und keiner merkts?
Nein, nur die Bezugsgrößen wurden verändert. Wer keinen richtig echten Job mehr hat, von dem eine ganze Familie leben kann, der ist im Rahmen der Ver- bzw. Zuteilung von Luxusprodukten so benachteiligt, dass er als arbeitslos gelten kann bzw. kaufkraftmäßig einem Arbeitslosen gleichgestellt ist.
Da stellt sich schnell die Frage – sie sieht das eigentlich für Deutschland aus?
Regierung und Bundesagentur für Arbeit jubeln stetig aufs Neue, wie toll man die Arbeitslosigkeit bekämpft hat – was aber wäre, wenn man mal genauer nachschaut und Stieglitz´Perspektive einnimmt?
Erstmal – was haben wir aktuell an Arbeitlosen? Richtig echten, von der Regierung offiziell genehmigt?
3 Millionen 46 ooo am heutigen Tag, siehe Jobbörse BA
Weniger als eine Million davon sind ALG 1 Bezieher (siehe Statista).
ALG 2 Bezieher haben wir 4,4 Millionen (siehe Statista), zusammen mit den ALG 1 Beziehern kommen wir auf 5,2 Millionen Arbeitslose.
Angesichts von 42 Millionen arbeitsfähigen Deutschen wären wir da schon bei einer Arbeitslosenquote von satten 12, 5 %. Andere Quellen erwähnen 39,7 Millionen arbeitsfähige Deutsche – da sehe die Quote schon schlimmer aus.
Wir wollen aber nicht kleinlich sein, denn wir haben noch andere, die wir zu den 5,2 Millionen addieren müssen – zwischen 3,1 und 4, 9 Millionen, die zwar Leistungsansprüche haben, diese aber nicht wahrnehmen (siehe yahoo).
Manche von ihnen werden Geringverdiener sein. 20 % der erwerbsfähigen Bevölkerung sind dort anzusiedeln (siehe Tagesschau), acht Millionen Menschen, jeder vierte arbeitet 50 Stunden die Woche (siehe Focus).
5,2 Millionen Arbeitslose ohne irgendeine Tätigkeit plus
3,1 Millionen Arbeitslose (minimal) ohne Leistungsbezug (oder Vermögen) plus
8 Millionen Geringverdiener.
Natürlich gibt aus auch noch Aufstocker – 1,2 Millionen – aber die sind schon in der Statistik der Hartz IV-Empfänger enthalten … hoffe ich.
Manch einer will jetzt vielleicht schon den Rechenblock zücken … was zu früh wäre.
Nach Stieglitz brauchen wie nämlich noch die Teilzeitarbeiter.
Zehn Millionen haben wir davon in Deutschland – ein Spitzenwert in Europa laut Zeit. Das sind 26 % aller Beschäftigten in Deutschland (wobei ich nicht genau weiß, ob da schon die korrigierten Bevölkerungsanteile enthalten sind … aber: wir wollen ja nicht kleinlich sein).
Welche Teilzeitbeschäftigte beziehen nun nicht als Aufstocker Hartz IV, sind keine Geringverdiener?
Gut die Hälfte der Aufstocker arbeitet in Teilzeit (siehe Frankfurter Rundschau) – ältere Daten, aber für die grobe Rechnung reicht das. Ziehen wir also 600 000 von den zehn Millionen ab: es bleiben 9, 4 Millionen. Alles Geringverdiener? Wäre schön … dann blieben aber mindestens 1,4 Millionen übrig – denn Geringverdiener haben wir nur 8 Millionen.
Damit haben wir 17,7 Millionen Arbeitlose in Deutschland – so wie Stieglitz sie zählen würde. Oder 19,5 wenn wir weniger blauäugig rechnen.
Das machte eine reale Arbeitslosigkeit – im günstigsten Falle – von 41,4%.
Beachtlich, oder?
Holen wir uns andere, aktuelle Daten zur Hilfe – aus der Berliner Zeitung:
„An die Stelle klassischer Beschäftigungsmodelle treten zunehmend befristete Arbeitsverhältnisse, Zeitarbeit und Teilzeitjobs“, sagt Eric Thode, der Co-Autor der Studie. Waren diese Beschäftigungsverhältnisse jahrzehntelang Sonderformen, machen sie derzeit immerhin schon 40 Prozent der Anstellungen aus. Tendenz steigend. In Branchen wie dem Dienstleistungssektor ist mittlerweile nur noch jeder zweite Arbeitnehmer unbefristet als Vollzeitkraft beschäftigt.
Nun ist die Branche „Dienstleistungsektor“ keine Branche wie jede andere. Dienstleistungsgesellschaft ist unsere Zukunft – nach dem Wegfall der Arbeitsplätze in der Agrargesellschaft oder der Industriegesellschaft. Das wurde uns lange Jahre gepredigt, die Gesellschaft, die sich gegenseitig die Hamburger serviert, ist unser Utopia – wenn wir genug Geld hätten, die Hamburger zu bezahlen.
Bleiben wir bei der Bertelsmannstudie. Die Teilzeitjobs machen ca. 20 % der Jobs aus – aber was ist mit den befristeten Arbeitsverträgen und der Zeitarbeit?
Stieglitz würde sie wohl auch nicht als ordentliche Arbeitsverhältnisse durchgehen lassen – immerhin schwebt man immer direkt über dem Jobcenter und bleibt in einer prekären Situation.
Manche der befristeten Arbeitsverhältnisse sowie der Zeitarbeit finden wir wohl auch bei den Geringverdiener. Aber selbst wenn es alle wären und es nur noch billigste Lohnsklaverei im Dienstleistungssektor gibt … bleiben noch ein paar Millionen übrig. 8,8 Millionen, um genau zu sein.
Drehen wir den Spieß aber einfach mal um und sagen: 40 % haben aktuell keinen tollen, echten Job, wie man ihn braucht, um im Kapitalismus angstfrei überleben zu können. Das sind 16,8 Millionen. Dazu kommen noch 5, 2 Millionen Arbeitslose, die definitiv keinen Job haben (die Aufstocker lassen wir mal draußen).
Da kommen wir auf 22 Millionen Menschen – von 42 Millionen.
Nur noch 20 Millionen haben einen echten Job, davon sind 1,7 Millionen Beamte (Arbeitslose mit Sonderfunktionen im Staatsdienst) und 4,6 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst (Arbeitlose mit Sonderfunktion in der Arbeitslosenverwaltung): macht 6,3 Millionen Menschen, die zusätzlich von staatlichen Subventionen abhängig sind.
Die wollen wir mal von den 42 Millionen abziehen, weil sie kaum wirtschaftlich produktiv aber ungemein teuer sind.
Bleiben als Grundlage: 35,7 Millionen echte Arbeitnehmer, von denen 22 Millionen arbeitslos sind.
Der aufstockende Teilzeitbeamte ist hier nicht berücksichtigt, dafür berechnen wir nur 3,1 Millionen Arme ohne Hartz IV – sonst sähe es noch schlimmer aus.
Damit haben wir eine reale Arbeitslosigkeit von 61 %.
Nur noch 39 % der Deutschen haben einen echten Job in der privaten Wirtschaft, der eine Familie ernähren kann. Tendenz: weiter sinkend.
Darum baut die deutsche Wirtschaft auf Export – und darum jongliert die Politik mit Zahlen genauso, wie ich es jetzt gemacht habe.
Selbst wenn ich mich um ein paar Millionen verrechnet haben sollte … diese Zahlen erklären hinreichend die Staatsverschuldung von 2 Billionen Euro.
Neuwagen werden übrigens zum überwiegenden Teil (60 %, siehe Jan Kluge, Unliebsame Wahrheiten, Seite 92) von Firmen angemeldet – und vom Steuerzahler bezahlt. So steht hinter den Rekordgewinnen der Automobilindustrie auch der Steuerzahler, was in Hinblick auch die zukünftige Entwicklung von Arbeitslosigkeit keine Hoffnung macht.
Die 39 % mit den echten Jobs müssen übrigens für all´ die anderen aufkommen – auch für 165 Milliarden Subventionen an deutsche Firmen: das sind allein 12000 Euro im Jahr für jeden von Ihnen. Aber: dafür haben sie ja wenigstens überhaupt Arbeit.
Noch eine Zahl, die die Realität der Arbeitslosigkeit jenseits der Regierungspropaganda unterstreicht? Ok, eine noch (aus Kluge, a.a.O., Seite 75): von 47 Millionen deutschen Haushalten zahlen 23,5 Millionen Haushalte KEINE Steuern. Mit einem Jahreseinkommen von unter 8004 Euro brauchen sie das nicht.
Wie diese Deutschen die 2 Billionen Euro Staatsschulden PLUS 1,57 Billionen Privatschulden (Tendenz: steigend!, siehe Spiegel) zurückzahlen wollen?
Nun – Kanzerlin Angela Pippi Merkel-Langstrumpf weiß wie (Text bei Golyr)
2 x 3 macht 4
Widdewiddewitt und Drei macht Neune !!
Ich mach‘ mir die Welt
Widdewidde wie sie mir gefällt ….
Und so werden auch die Arbeislosenzahlen berechnet, um die Märkte nicht zu beunruhigen.