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„Das Schlimmste, was uns passieren konnte“ – unter diesem Titel berichtet der Auslandskorrespondent des Spiegel, Roland Nelles, mit dem Brustton der Betroffenheit über die Stimmung, die nun nach dem Blutbad auf den Straßen der Vergnügungsmetropole Las Vegas herrscht: „Tieftraurig“ seien die Leute, die auf dem berühmten Las Vegas Boulevard nun mit eingezogenen Schultern unterwegs seien. Sogar die Partybummler einer Reisegruppe aus Deutschland mit bayerischen Käppies am Kopf „wussten gar nicht, wie ihnen geschieht, waren sehr verunsichert und hatten das Gefühl, im falschen Film zu sein“ sodass sie „auch sehr traurig waren und denen daher auch nicht so richtig nach Party zumute war“ (Quelle: Spiegel).
Ja, jetzt ist guter Rat wirklich teuer. Da sind die bayerischen Partybummler nach dem zu Ende gegangenen Oktoberfest gerade erst wieder von den Alkohol-Toten auferstanden und wollten weiterfeiern, und dann das: Begräbnisstimmung statt Tittytainment! Da kann man nur hoffen, dass die bayerischen Partylöwen vor ihrer Reise eine gute Spaßausfallsversicherung abgeschlossen haben (wie hieß nochmal die Versicherung, die damit geworben hat, dass sie „Stein und Bein, Himmel und Erde“ versichert?). Wo kommt man denn hin, wenn man nicht einmal mehr in Las Vegas auf seine Kosten kommt?
Als „Akt des absolut Bösen“ bezeichnete US Präsident Trump die Tat des Heckenschützen Stephen C. Paddock, der aus dem 32. Stock des Mandalay Bay Hotels mit Schnellfeuergewehren wahllos in die Menge eines Country-Konzerts schoss und dabei 59 Besucher tötete sowie etwa 500 weitere verletzte. Unsere Leitmedien berichten ausgiebig über die Twitter-Botschaften von Ariana Grande, Beyonce und sonstigen Neo-Madonnas, in denen diese ihre Fassungslosigkeit darüber zum Ausdruck bringen, wie es denn möglich ist, dass man in einer vollkommen durchspaßten Gesellschaft neuerdings fortwährend damit rechnen muss, dass einem der Spaß verdorben wird. Ja wirklich, gäbe es diese „Akte des Bösen“ nicht, dann wäre doch alles Friede, Freude, Eierkuchen und wir könnten mit dem „American Way of Life“ weitermachen wie gewohnt. Sogar der vor kurzem verstorbene US Geostratege Zbigniew Brzezinski, der für die Präsidenten Carter bis Obama die Leitsätze des American Dream definiert hat, konnte mit Worten nicht genau beschreiben, was den „nicht genauer bestimmbaren, aber erheblichen“ kulturellen Reiz des American Way of Life ausmache, den er aber nichtsdestoweniger als eine der wesentlichen Säulen ansah, auf der „Amerikas imperiale Macht beruht“ (Quelle: Z. Brzezinski, „Die einzige Weltmacht“)
Wie wird es mit „Amerikas imperialer Macht“ weitergehen, wenn diese Säule nun nicht mehr trägt? – Wobei ja nicht nur die Tittytainment-Säule bröckelt, laut einer jüngsten Pentagon-Studie (siehe Rubikon) befindet sich auch die Finanz-Säule der USA bereits genauso im freien Fall wie das WTC7-Gebäude im unten ersichtlichen Video – ein freier Fall, der einen beispiellosen globalen „Krieg gegen den Terror“ mit mittlerweile über 1,5 Millionen Todesopfern nach sich gezogen hat und der als Kollateralschaden all unsere Grundsätze und Grundrechte sukzessive verschlingt.
[Disclaimer: Der Verfasser ist der Überzeugung, dass die Ermordung Cäsars die definitiv letzte Verschwörung der Menscheitsgeschichte war und insofern gegen Verschwörungstheorien mindestens genauso resistent wie die Bundeskanzlerin – außerdem: Was verstehen Architekten und Ingenieure schon von Bauwerken und Statik? Er verlinkt diese von den 2400 „Architects and Engineers for 9/11 truth“ erstellte Parodie von Tom Petty’s „Free falling“ einzig aufgrund sentimentaler Anwandlungen zum vorgestrigen Tod der Rocklegende Tom Petty (siehe Nachruf in der FAZ: „Der letzte Dinosaurier“), der uns mit seinem Gassenhauer „Free fallin“ seinerzeit ein unbeschreibliches neues Lebensgefühl geschenkt und damit den American Dream zu einem emotionalen Klangkunstwerk kondensiert hat, das in zwei Minuten mehr über das Lebensgefühl des unsagbaren American Dream aussagt als Zbigniew Brzezinski in seinem 300 Seiten dicken Wälzer „Die einzige Weltmacht“. – Die 9/11 Architects and Engineers liefern zu diesem Meisterwerk des Rock nun die finale Bilderkulisse; so wie ich Tom Petty kenne, wird er es den „Architects and Engineers“ im Jenseits nicht übelnehmen, sondern besitzt genügend schwarzen Humor, um über dieses Update zu seinem Kultlied bei aller Tragik wohlwollend zu schmunzeln.]
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Nachsatz:
Unter den zahllosen oberflächlichen Berichten zum Las Vegas Massaker erscheint mir der Kommentar von Stephan Bartunek (siehe KenFM) erwähnenswert. Auszug:
„… ich vertrete mit größerer Vehemenz den Standpunkt, dass es eine Debatte braucht, die viel tiefer geht, die eindringt in ein kollektives Bewusstsein aus dem auch Stephen Paddock gespeist wurde. Der Geist einer Nation, die sich selbst als Speerspitze der westlichen Zivilisation sieht und eben auch von großen Teilen der westlichen Machteliten und ihren Lakaien als diese verteidigt wird. Der Geist einer Nation, die sich mit der Idee von Freiheit und unbegrenzten Möglichkeiten schmückt und mit diesen wunderbaren Ideen letzten Endes nur überschminkt, was tatsächlich darunter verborgen ist: Zerstörtes Fleisch und Massen an Blut.
Das Beständigste an den vereinigten Staaten von Amerika ist letzten Endes nur, dass diese mit unglaublicher Brutalität, roher Gewalt und unfassbarer Skrupellosigkeit entstehen konnten. Und die Stabilität dieser monströsen Formation ist nur gewährt, wenn weiter und immer weiter diese Gewalt in einem kollektiven Geist erhalten bleibt und auch gefördert wird. Idealerweise wird dazu ein Feind geschaffen und dann zerstört – egal ob fiktiv oder real. Getötet wird verteilt über den gesamten Globus oder eben abstrakt im Kino und Fernsehen, in der Kunst und schafft so diese Kultur. Der brave Bürger des Westens konsumiert, lebt diesen Irrsinn und wird dabei wahnsinnig ohne es jemals zu bemerken. Meistens halt. Denn ab uns zu passiert es eben dann doch, was gerade wieder passiert ist und ein großes Fragezeichen hängt dann in der Luft, die doch ohnehin schon voller triefender Ausrufezeichen ist.
Oh du Land der Freien und Tapferen!
Natürlich ist es wenig gerecht, wenn ich mich hier alleine an den USA abarbeite. Den blutrünstigen Wahnsinn, den ich hier am Beispiel der vereinigten Staaten beschreibe, gibt es schon viel länger als erst seit knapp über 500 Jahren. Er nennt sich Militarismus und Herrschaft und zog seine Schneise quer durch die Weltgeschichte, knechtete ganze Kontinente, vernichtete Völker, Kulturen und Landschaften und erzog uns Menschen zu dem, was sich heute unter der Gesellschaftspyramide vereint. Gebückte Wesen denen ihr kindlicher, liebender Geist heraus erzogen und heraus befohlen wurde, getrimmt auf systemischen Gehorsam und immer wieder konfrontiert mit drohender Vernichtung und Vergeltung – egal auf welcher Ebene. Die Gewalt ist immer präsent und sucht sich ihre Wege.
Das Entsetzen über die Gewalteskalation von Stephen Paddock ist deshalb so groß, weil es zu einem guten Teil nur schlecht gespielt ist. Es dient letzten Endes nur dazu um sich mit diesen oberflächlichen Fragen davon abzulenken worauf unsere gerühmte und glorifizierte Zivilisation eigentlich steht.“