
Dienstag, 13.3.2018. Eifel. Fußball und Schach – das ist im Prinzip die kleine Formel, auf die man die Wirren der Neuzeit reduzieren kann. Der Pöbel wird für Fußball begeistert, die Elite spielt Schach. Ja – ich spreche hier absichtlich von „Pöbel“ – denn das ist es, was Sie für die Elite sind. Glauben Sie etwa, die Industrie finanziert diese Leibesübungen umsonst mit irrsinnigen Beträgen – mit jährlich über 100 Millionen Euro (siehe ran)? Wenn Sie mal die Gelegenheit hatten, in Konzernen die Gedankenwelt der Chefetage zu beobachten, dann erkennen Sie, was ich meine: die Jungs dort spielen nicht Fußball, sie spielen Schach. Fußball ist ein taktisches Spiel: einer schmeißt einen Ball in die Mitte und alle rennen hinterher. Schach ist ein strategisches Spiel, bei dem die Spieler viele Züge im Voraus berechnen, es ist voller Hinterlist und Heimtücke: das Spiel der großen Politik. Natürlich möchte die Elite nicht, dass der Pöbel Denken in den Kategorien des Schachspiels lernt: hier muss vernetzt gedacht werden, die Qualitäten der einzelnen Figuren müssen kombiniert werden, man muss Figurenteams bilden, um sein Ziel zu erreichen, täuschen, tricksen, in die Irre führen, manchmal sogar die Dame opfern um zu gewinnen (völlig unvernünftig – schreit da gleich der Laie auf), bei Fußball reicht es, dem Ball hinterher zu rennen. Wer Schach spielt, denkt auch schnell in Verschwörungstheorien und zeigt sich im Alltag als versierter Verschwörungspraktiker: ihm kann man wenig vormachen, er ist nicht leicht zu täuschen, nicht umsonst sind Verschwörungstheoretiker vernünftiger als die weniger denkende Zunft (siehe Forschung und Wissen) – und nicht umsonst ist die Beschäftigung mit strategischen Gedankenspielen dem Pöbel verboten (d.h.: es ist verpönt): schnell könnte man den raffinierten Schachzügen der Elite auf die Spur kommen – wer kann das schon wollen.
Fußball ist die moderne Variante des alten Spruches „ein Schwein durchs Dorf jagen“, es fordert nur ein geringes Maß an Hirn und Reflektion, es reicht zu wissen, dass das „Runde in das Eckige“ muss, zudem spaltet es die Republik in inhaltslose Stämme, die bis aufs Blut verfeindet sind – wegen Ballsport. Da ist der Pöbel beschäftigt und lernt, dass das Gegeneinander zur Problemlösung der einzige Weg ist: einer muss Recht haben, der andere Unrecht, die Götter entscheiden letztlich, wer der Sieger ist – und die höchste Gunst der Höchsten hat. Fußball ist politische Erziehung – und wie anders würde unsere Welt aussehen, würden wir die Menschen in Schach trimmen anstatt in Ballschubsen.
Einer der neuen Bälle, die aufs Feld geschmissen wurde, ist das Wort „Diesel“. Ja – ich merke: Sie erschrecken. Wenn Sie Pech haben, haben Sie auch einen und werden jetzt enteignet. Der Zweck, für den die Industrie Ihnen diesen „Sondermüll auf Rädern“ (siehe Spiegel) verkauft hat, kann es nicht mehr erfüllen, entweder kaufen Sie sich einen neuen Benziner (der dann in ein paar Jahren zum Fußball wird, auf den alle herumtreten), oder sie fahren eben nicht mehr zur Arbeit, werden gekündigt, kriegen vom Arbeitsamt noch eine Sperre, müssen Hunger leiden und Obdachlosigkeit fürchten bis Sie letztlich im Hartz-Gettho landen, aus dem nie jemals mehr jemand entkommt und werden ihr Leben als vogelfreier Aussenseiter in sozialer Missachtung führen.
Diesel – das wissen wir – ist der Feind der Menschheit, der große Mörder der Moderne, der Satan im Auspuff. Diesel – der gemeine Triebtäter, der die Welt mit Feinstaub überzieht und so alles dahin rafft, was Luft zum Leben braucht. Jedenfalls: aktuell. Kann sich morgen wieder ändern, wenn der nächste Ball aufs Spielfeld geworfen wird. Diesel und Feinstaub: das war lange ein untrennbares Begriffspaar, das wir mühsam gelernt haben, im Jahr 2012 überschlugen sich die Artikel mit der Anprangerung der tödlichen Dieselabgase (siehe Spiegel)
„Bislang hatte die Weltgesundheitsbehörde (WHO) Dieselabgase immer als potentiell krebserregend eingestuft – nun sieht die Behörde einen direkten Zusammenhang zwischen der Belastung durch die Abgase und der Entstehung von Krebs. Benzinabgase gelten weiterhin als potentiell krebserregend.“
„Feinstaub verkürzt Lebenszeit“ – steht so im Link (warum das in dem Text nicht vorkommt, bleibt ein Geheimnis der Springerpresse), und ich möchte noch ein weiteres Zitat aus dem Artikel beifügen, das im Laufe der Erörterung noch wichtig werden wird:
„Am schlimmsten sind Dieselabgase, vor allem aus Lkw und Bussen.“
Wir erfahren auch von älteren Studien, die zeigen, wo es am schlimmsten um die Verschmutzung bestellt ist: im Inneren des Autos:
„Nicht in jeder Studie wurde alles untersucht, zudem unterscheiden sich die Werte mitunter stark – je nach Stadt, Uhrzeit und Wetterlage. Einen Trend gibt es dennoch: Fast immer war die Luft in den Autos schlechter als in der Umgebung.“
Den Fahrradfahrern in der Stadt geht es noch schlechter, zwar ist die Luft besser, aber sie atmen mehr – wegen den Leibesübungen.
Kaum hatten wir uns an die Gleichung „Diesel=Feinstaub“ gewöhnt, kamen fünf Jahre später parolenresistente Wissenschaftler auf den Plan und bewiesen anderes (siehe Zeit)
„Neueste Messresultate der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) zeigen nämlich: Nicht die Dieselabgase sind der Hauptverursacher der hohen Feinstaubbelastung. Stattdessen hat die LUBW „Aufwirbelungen und Abriebprozesse“ ausgemacht, die „eine wesentliche Rolle“ spielen.“
„Den Messungen zufolge entsteht der verkehrsbedingte Feinstaub der Partikelgröße PM10 (bis zehn Mikrometer Durchmesser) zu rund 85 Prozent durch Reifen-, Bremsen- und Straßenabrieb sowie durch die Aufwirbelung der Staubschicht auf den Fahrbahnen. Für die inzwischen bundesweit bekannte Messstelle am Stuttgarter Neckartor, wo seit Jahren die höchsten Staubkonzentrationen gemessen werden, bedeutet das laut der neuesten LUBW-Tagesmittelwerte: Pro Kubikmeter Luft stammen lediglich 1,9 Mikrogramm Feinstaub aus den Auspuffrohren der vorbeifahrenden Autos. 11,9 Mikrogramm werden hingegen durch Abrieb und Aufwirbelungen verursacht.“
Es gibt auch einen wissenschaftlichen Vergleich von Diesel und Fahrrädern (siehe Helmholtz):
„Feinstaub ist ein ganz anderes Thema. Beim modernen Diesel gibt es kein Feinstaubproblem mehr. Das Thema ist durch. Ein Fahrrad hat typischerweise einen Felgenverschleiß von 0,1 Millimeter auf 1000 Kilometer: Beim Bremsen entweichen Metalloxide in die Umgebung. Das sind auf einen Kilometer umgerechnet drei bis vier Milligramm. Der Partikelausstoß aus dem Auspuff eines Diesels liegt bei 0,2 bis 0,5 Milligramm. Auch wenn die öffentliche Wahrnehmung eine andere ist: Wir haben bei vielen Betriebszuständen eine niedrigere Partikelkonzentration im Abgas als in der Umgebungsluft einer Stadt.“
Fahrräder ´raus aus der Innenstadt – als Fußgänger schon immer mein innigster Wunsch, gegen die Zweiradrüpel mit ihren Feinstaubtrompeten in der Innenstadt ist ein drängelnder Porsche auf der Autobahn ein Waisenknabe – jedenfalls aus der Sicht eines eingefleischten Fußgängers. Doch zurück zum Thema.
Das war jetzt doof für die Strategen: immerhin sollte es gegen den Diesel gehen. Wir wissen zwar noch nicht, warum (dazu kommen wir noch): aber der Diesel muss weg. Kein Wunder, dass nach dem Feinstaub eine neue Sau durchs Dorf gejagt wird: die Stickoxyde. Eine US-Studie spricht von 38000 Toten, die durch Nichteinhaltung der Grenzwerte verursacht wurden (siehe FAZ), im Run auf die noch größere Zahl erhöht der Spiegel auf 50000 … verlorene Lebensjahre (siehe Spiegel). Verlorene Lebenjahre? Nun: wenn jemand zu früh stirbt. Bei knapp 4000 Verkehrstoten im Jahr – rechnen wir das mal durch. Es sind nun häufiger junge Menschen, die im Straßenverkehr ihr Leben lassen (siehe Welt), Gehen wir mal von einem Durchschnittsalter von 40 aus – und davon dass die noch 40 Jahre gelebt hätten: schon sind wir bei 160000 verlorenen Lebensjahren – die uns nicht dazu animieren, „Verkehr“ oder „das Auto“ an und für sich zu verteufeln.
Statistik ist wunderbar, oder?
Kennen Sie übrigens dieses Stickoxid? Wir müssen hier über Stickstoffdioxid reden – Stickstoffmonoxid ist ein Arzneimittel. Und in der Ärztezeitung finden wir folgende Aussagen (siehe Ärztezeitung):
„So heißt es auch im Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages zum Abgas-Skandals, der vor Kurzen veröffentlicht wurde, dass epidemiologisch ein Zusammenhang zwischen Todesfällen und bestimmten Stickstoffdioxid-Expositionen im Sinne einer adäquaten Kausalität nicht erwiesen sei.“
„Sind nun Stickoxide unbedenklich und die Sorgen um die Gesundheit reine Hysterie? Tatsächlich scheint es schwierig oder gar unmöglich, aus der Vielzahl der Abgase, zu definieren, ob und zu welchen Anteil bestimmte Stoffe für die gesundheitlichen Risiken verantwortlich sind, die das Leben an einer Hauptverkehrsstraße mit sich bringen könnte.“
Aber zum Fußballspielen reicht es auf jeden Fall: einfach mal ein wenig hin- und herschießen das Thema: schon kommt Bewegung ins Volk. Schaut man genauer hin, so fragt man sich: warum muss es eigentlich der Diesel-PKW sein, der angeprangert wird: Flugzeuge und Linienbusse erreichen bei den Emissionen höhere Werte (siehe Statista). Es scheint auch ein Wunder, dass wir überhaupt so lange überlebt haben – denn die Emissionen waren mal gigantisch höher (siehe Umweltbundesamt):
„Emissionsangaben von Stickstoffoxiden (NOx) werden als NO2 berechnet. Diese übliche Umrechnung erfolgt, weil Stickstoffoxide zwar überwiegend als Stickstoffmonoxid (NO) emittiert werden, anschließend aber atmosphärisch zu Stickstoffdioxid (NO2) oxidieren. Von 1990 bis 2015 ist ein Rückgang der NOx-Emissionen um über 1,7 Millionen Tonnen (Mio. t) oder 59 Prozent (%) zu verzeichnen (siehe Abb. „Stickstoffoxid-Emissionen nach Quellkategorien“). Dieser Rückgang erfolgte in allen Quellkategorien – mit einem Minus von rund 1 Mio. t am deutlichsten im Verkehr. Trotz dieser Minderung ist der Verkehrsbereich mit einem Emissionsanteil von 38 % weiterhin mit Abstand der größte Verursacher von NOx-Emissionen (siehe Tab. „Emissionen ausgewählter Luftschadstoffe nach Quellkategorien“).“
Man findet auch denkwürdige Hinweise – wenn man wie ein Schachspieler denkt und nicht nur dem Ball hinterherrennt (siehe Huffingtonpost):
„Nicht nur die ganz neuen Dieselmodelle der Euro-6D-Norm geben Grund zur Hoffnung. Hinzu kommt: Ein Diesel-Motor muss nicht unbedingt mit konventionellem Diesel-Kraftstoff fahren.
Unternehmen und Universitäten auf der ganzen Welt forschen derzeit an neuen synthetischen Kraftstoffen, die nicht mehr aus Erdöl hergestellt werden, sondern zum Beispiel aus CO2 und Wasserstoff.
Diese neuen Kraftstoffe bilden aufgrund einer veränderten chemischen Struktur zum Beispiel keinen schädlichen Ruß mehr. Auch Stickoxide fallen bei diesen neuen Kraftstoffen kaum noch an.“
Das ist noch etwas plakativ geschildert – und ohne Quellenangabe zu den neuen Zauberstoffen – aber geben Sie mal „Dieselmotor“ und „Rapsöl“ in Ihre Suchmaschine ein: sie werden überrascht sein, was ein Dieselmotor (der ganz alten Bauart) alles als Treibstoff verwenden kann – und wie wunderbar, wenn das erstmal mit Wasserstoff gelänge. Gelingt auch: ein kleines Unternehmen baut da gerade Fahrzeuge um – allerdings nur LKW (siehe Deutschlandfunkkultur). Wasser als Treibstoff … braucht aber wohl den guten alten Dieselmotor.
Was soll also diese Jagd auf den Diesel? Warum hat man jetzt den Ball hineingeworfen? Nun – hier müssen wir etwas weiter denken als nur die Parole „Dieselnazis sind böse“ vor uns herzuschieben. Lauschen Sie mal den Worten der Süddeutschen Zeitung (siehe SZ):
„Viele Autos haben über Nacht massiv an Wert verloren, und die Volkswirtschaft insgesamt kann sich darauf einstellen, dass jetzt Milliardenvermögen vorzeitig vernichtet werden. Das Ausland, heißt es, lacht über Deutschland, das eines seiner erfolgreichsten technischen Produkte gerade ruiniert und die Vormachtstellung der deutschen Autoindustrie vielleicht gleich mit – mit noch ungewissen Folgen für Millionen Arbeitsplätze.“
Das Ausland lacht. Eine der erfolgreichsten Techniken wird verbannt, wird zum vogelfreien Hartz-IV-Motor ernannt. Interessiert es Sie, wer eigentlich hinter der Kampagne gegen den Diesel steht? Die deutsche Umwelthilfe (siehe duh). Kämpft für saubere Luft. Wer finanziert die? Nun – Sie werden überrascht sein (siehe orange.handelsblatt):
„Und dafür lassen Sie sich auch von der amerikanischen „ClimateWorks Foundation“ bezahlen. Seit 2010 hat diese Stiftung mindestens vier Millionen Dollar an die Deutsche Umwelthilfe überwiesen. Das zeigen deren Finanzberichte aus den Jahren 2010, 2011, 2012, ein Wikileaks-Dokument von 2016 und die Internetseite der Stiftung.“
Diese Foundation hat innerhalb kurzer Zeit sehr viel Geld eingesammelt (siehe myphilantropedia) und finanziert damit nicht nur die Kampagnen der Deutschen Umwelthilfe sondern auch … die ICCT (nochmal: orange.handelsblatt). Und die kommt mit einer neuen Studie heraus, die zweifelsfrei beweist, dass ein LKW mit 35 Liter Dieselverbrauch auf 100 km (siehe Eurotransport) viel weniger Dreck macht als mein kleiner Citroen mit 4 Litern auf 100 Km (siehe Automobilwoche). Sie sehen: dass Busse und LKW Dreckschleudern sind, stimmt auch nicht mehr, die sind supersauber. Überlege auch gerade, mit einen 38-Tonner zu kaufen, um damit demnächst in die Stadt zur Arbeit zu fahren – der Umwelt zuliebe.
„12000 Tote“ prangert die Deutsche Umwelthilfe an – findet dabei aber keinen Rückhalt in der Medizin (siehe orange.handelsblatt):
„Professor Martin Hetzel ist Chefarzt an der Stuttgarter Lungenfachklinik vom Roten Kreuz. In der Stadt also, die besonders stark von der Luftverschmutzung betroffen sein soll. Der Experte holt tief Luft. Dann sagt er: „Stickoxide in einer so geringen Konzentration wie in unseren Städten können keine krankmachende Wirkung haben.“ Es sei deshalb „schlicht unmöglich, auch nur einen Todesfall“ darauf zurückzuführen.“
„Andere Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht und zu wenig Bewegung seien um ein Vielfaches gefährlicher für die Gesundheit als das Einatmen von Stickoxiden.“
Aber der treue Deutsche spielt den Ball trotzdem brav weiter.
Schauen wir noch mal nach den USA: dort wollten deutsche Autobauer 2009 eine Dieseloffensive starten, Grund: der VW Jetta war zum „Green car of the Year“ gewählt worden (siehe Welt), man sah große Chancen für Diesel in den USA (Marktanteil Diesel Pkw: 2,6 Prozent, in Europa 55 Prozent – siehe Süddeutsche Zeitung). Und dann noch ein Motor, der auch mit Wasserstoff fährt? Schon mal überlegt, wie die großen Industrien in den USA – Autobau und Öl – darauf reagieren würden? Erst recht unter einem Präsidenten, der die einheimische Autoproduktion zur Not durch Zölle fördern will?
Nun – willkommen beim Schachspiel. Es gibt viele Dinge, die das Leben verkürzen: zu wenig Schlaf, Arbeitslosigkeit, Liebeskummer, sitzende Tätigkeit, Pendeln zur Arbeit, zu wenig Zeit für Freunde, ungesundes Essen, Angst vor dem Tod – um nur einige zu nennen (siehe: Huffingtonpost): hier gäbe es viel zu tun, da werden Millionen Lebensjahre vernichtet. Doch da … ist Ruhe. In Wirklichkeit interessiert sich die große Welt nicht für die Lebensjahre des Pöbels, man interessiert sich für Rendite: und der deutsche Dieselkrieg hilft vor allem der US-Industrie.
Das sind allerdings keine Informationen für Fussballer, die sollen einfach nur jenen Bällen hinterherlaufen, die man ihnen gerade zuspielt. Es wird auch aus der deutschen Politik und Wirtschaft keine diesbezügliche seriöse Aufklärungsarbeit geben (und von den Medien schon gar nicht – da sitzen auch nur noch Fußballfans), denn schon längst hat man für sich einen neuen Markt erkannt: saubere Luft.
Deshalb mal zum Abschluss der Erörterung ein Zitat aus der Welt der deutschen Wirtschaft, dass weit in die Zukunft greift (siehe Süddeutsche):
„Für den Ökonomen sieht die Sache ganz anders aus: Autofahrer konsumieren gratis das knappe Gut „reine Luft“, also lässt man sie und genau sie dafür zahlen; der Fachmann spricht von der Internalisierung der externen Kosten des Fahrens.“
Und so nutzt man den Dieselkrieg, um Luft als „knappes Gut“ zu deklarieren, für das bald alle zahlen müssen. So hat auch die europäische Elite was davon. Noch ein Zitat? Damit Sie wissen, wohin die Reise geht?
Gern: (siehe CO2online)
„Noch vielschichtiger wird es bei körperlicher Aktivität. Während in Ruhe ungefähr 4 Liter Luft pro Minute die Lunge passieren, steigert sich dies bei körperlicher Belastung auf über 50 Liter pro Minute. Über das Jahr verteilt, bedeuten diese beiden Extreme 2.100 Kubikmeter Luft oder 168 Kilogramm CO2 in Ruhe gegenüber 25.500 Kubikmeter Luft oder 2.040 Kilogramm CO2 bei Dauerbelastung.
Die Zahlen zeigen vor allem eines: Die individuelle Lebensweise hat einen enormen Einfluss auf unseren CO2-Ausstoß. So gesehen, hätte der kleine, unsportliche Typ, der sich nie bewegt, sondern den ganzen Tag auf dem Sofa liegt, die beste Klimabilanz.“
Sport ist Mord. Sogar: klimaschädlicher Massenmord. Und wenn ich Ihnen jetzt noch sage, dass Ihre Atmung auch Stickoxide produziert (siehe BlickamAbend), dann wissen Sie, was die Zukunft bringt: sie wird teuer werden. Und vielleicht gibt es bald ein Atemverbot für Innenstädte. Oder wenigstens ein Sportverbot.
Sie mögen immer noch Fußball, oder? Ok – dann habe ich zum Schluss noch einen für Sie (siehe Spiegel):
„Ammoniak verbindet sich mit Stickoxiden aus Dieselabgasen zu Ammoniumnitrat, das mit dem Regen in den Boden einsickert. Das ist reiner Dünger, wie er auch im Baumarkt zu kaufen ist“
Ist es vielleicht dieser Dünger, der zum rasanten Waldwachstum in Europa führt (siehe UNO-Bericht im Spiegel)? In den dieselarmen USA schreitet das Waldsterben weiter rasant voran (siehe scienexx).
Viel Spaß beim Spielen!
PS: Bevor nun die frisch erkorenen Dieselnazis jubeln: Autos – auch die mit Elektroabrieb – bleiben extrem gesundheitsgefährdender Sondermüll auf vier Rädern. Je mehr Masse, umso schädlicher. Das gilt auch für Städte: je größer, umso klimaschädlicher (siehe Welt). Wir sollten also nicht nur diskutieren, ob Diesel in Städten fahren dürfen, sondern, ob Städte nicht eher generell abgeschafft werden sollten: zugunsten von Dörfern, in denen man alles zu Fuß erreichen kann – und von dem lebt, was man drumherum anpflanzt. Die Lösung aller Probleme … ist schon längst gefunden (siehe regenvillages). Nur: diesen Ball mag keiner spielen. Gibt Riesenärger mit den Schachspielern der Welt, die mit Globalisierung und Verstädterung Billionen verdienen.
Und Geld – ist Gott. Je mehr – umso göttlicher der Besitzer – oder?


Freitag, 25.8.2017. Eifel. Es wird Zeit, Abschied zu nehmen. Das merken gerade viele. Vögel, Insekten – besonders Bienen und Schmetterlinge, viele Fischarten, Säugetiere – ich erspare es mir, sie alle aufzuzählen: wir sind hier nicht in der Biologiestunde. Warum Abschied? Es reicht einfach. Dafür haben wir ja Vernunft, die uns von den Tieren unterscheidet: um weit in die Zukunft schauen zu können … weit über das nächste Quartal oder die nächsten vier Jahre hinaus – jenen Maximalleistungen der deutschen Lumpenelite. Es ist Zeit zu erkennen, dass es Zeit ist, zu gehen, weil die Lebensräume, in denen man sich wohlfühlen kann, endgültig verschwunden sind – ebenso wie die Lebensräume, in denen man überhaupt existieren kann. Es wird Zeit, die Vernunft zu gebrauchen und der eigenen Existenz ein Ende zu setzen: ist ja auch „in“ in dieser Zeit, viele – viel zu viele – scheiden in Deutschland freiwillig aus dem Leben, die Selbstmordrate in Deutschland ist erschreckend hoch (siehe Psychomeda) … und da wagen es Parteien wirklich noch zu jubeln, dass dies ein Land ist, in dem „wir gut und gerne leben“. 100 000 versuchen sich jährlich das Leben zu nehmen, nur viel zu oft ist das Leben in ihnen stärker. Darunter sind übrigens auch erstaunlich viele Kinder: ein Phänomen, das in alten Kulturen völlig unbekannt war. Hat sich noch nie jemand darüber Gedanken gemacht, wie man eine Kultur nennen kann, in der Kinder lieber in den Abgrund stürzen als ihr Leben zu leben? Doch gehen wir fort vom Suizid, dass soll überhaupt nicht das Thema sein.
Es geht ja um den Abschiedsbrief des romantischen Mannes, der schon viel zu lange mit dem Ungemach lebt, dass diese Zeit in Massen produziert.
Wissen Sie eigentlich noch, was das ist, Romantik? Ich wette, Sie haben sofort irgendetwas mit Kerzen, Rosen und Geigen im Kopf. Also: ein softer, komplizierter, umständlicher Weg zum Sex. Geben Sie es ruhig zu: mehr fällt Ihnen nicht dazu ein, Sie können auch gerne alle Nachbarn fragen – das Ergebnis wird das gleiche sein. Wertung der Romantik? Negativ. Uneffizient. Unnütz. Oder wie erklären Sie sich sonst Existenz und Gebrauch des Begriffs „Sozialromantik“, gerne verwendet von Menschen, die sich weit vom Humanismus abgewandt und in den Dienst der Mächte und Gewalten dieser Erde gestellt haben – dabei jede Art von Menschlichkeit verloren und in der Massenvernichtung von Menschen nur noch … Kollateralschäden sehen.
Nur gut, dass es Menschen gibt, die sich auch im Zeitalter des dekadenten Internet noch um Begriffe kümmern, Menschen, die sich an Geschichte erinnern können und sich bemühen, die Erinnerung zu bewahren – die Erinnerung an den Begriff von Romantik (siehe wortwuchs):
„Der Begriff meinte ursprünglich, dass Etwas wunderbar, abenteuerlich, erfunden sowie fantastisch war und geht auf die altfranzösischen Wörter romanz, roman und romant zurück, die allesamt Werke und Schriften bezeichnen, die in der Sprache des Volkes verfasst wurden. Ist ein Text romantisch, dann ist er sinnlich, abenteuerlich, schaurig, fantastisch und wunderbar, gibt sich der Natur hin, überwindet die Grenzen des Verstandes und stellt das Unterbewusste sowie Traumhafte in den absoluten Vordergrund.“
Lesen Sie das Zitat ruhig nochmal durch. Coole Begriffe, oder? Sicher stört Sie der Begriff „schaurig“ – aber denken und staunen Sie: der kommt vom Begriff „Regenschauer“… und erinnert an das wohlige Gefühl, wenn draußen richtiges Mistwetter ist und man selber im Ohrensessel neben dem Kamin am Fenster sitzt und hinausschaut: ein Wort, das funktioniert, wenn man selbst in wohliger Sicherheit ist. Wer kennt das heute schon noch: diese wohlige Sicherheit?
Und sinnlich? Genau ihre Welt, oder? Sie mögen doch Pornofilme – ist doch das erste, was Ihnen da in den Sinn kam, oder? Sinnlich jedoch – heißt, den Sinnen gemäß. Sexualität ist etwas für die Haut, weniger etwas fürs Auge. Ja – auch, aber eben weniger. Haben Sie sich noch nie Gedanken drüber gemacht, dass da falsche Sinne zum Einsatz kommen? Ist aber eine Milliardenindustrie.
Abenteuerlich? Können Sie sich vorstellen, in ein kleines Holzboot zu steigen und in höllischen Stürmen den Atlantik zu überqueren – nur aus Neugier? War so der Anfang der Pauschalreisen – die wiederum selbst das Ende jedes Abenteuers bedeuteten.
Und fantastisch? Ehrlich: das Wort haben Sie doch nur noch mal im Rahmen von billigen Varietévorstellungen im Gebrauch – oder wenn der DAX mal überraschend steigt. Gibt es noch etwas wirklich fantastisches in Ihrer Welt? Es ist doch ebenso fort wie das Wunderbare. Daher auch das Gefühl – und die Panik – das der Planet zu voll sei … weil alles so überschaubar und eng wirkt.
Noch was zu „Romantik“? Einen haben wir noch:
„Wesentlich ist hierbei, dass die Romantiker sich vor allem mit der Geschichte und Sprache ihres eigenen Volkes befassten und von der Antike abwandten, weshalb Märchen, Sagen sowie Mythen populäre Textsorten waren, aber natürlich auch der Roman als volkssprachliche literarische Gattung durchaus positiv bewertet wurde.“
Märchen, Mythen und Sagen: ach, was waren die lange belächelt. In den siebziger Jahren wussten wir, dass Kinder Märchen brauchen, später kam der Theologe und Psychoanalytiker Eugen Drewermann und zeigte auf, welch´ tiefe analytische Wahrheiten in einfachsten Märchen verborgen sind (siehe Südwestpresse):
„Die Märchen sind auch eine Fundgrunde für psychotherapeutische Sitzungen. Denn sie bieten Grundgestalten von Konflikten an, die immer wieder auftreten. Im „Schneewittchen“ etwa haben wir die Gestalt der verfolgenden Stiefmutter, den Konkurrenzwettkampf, wer schöner ist und mehr Liebe auf sich zieht, die Vergiftung der Liebe unter dem Anschein der Fürsorge – man hat eine Einführung ins Frausein, die im Untergrund völlige Zerstörung bedeutet. Für Psychologen eine klassische Double-bind-Situation – und wie viele Frauen wüssten nicht von Ähnlichem zu erzählen: Die Mutter hat es gut gemeint, stand aber selbst unter so vielen Zwängen, dass sie es nicht wohl meinen konnte. Oder nehmen wir den „Froschkönig“: die Geschichte eines Mannes, der offenbar im Schatten seine Mutter steht und auf der Suche nach Liebe einer Königstochter hinterherläuft, die sich wiederum nur aus Gehorsam zu ihrem Vater zur Liebe bekennt – wie kommen die beiden zueinander und lösen sich von den Eltern ab? Es sind spannende Fragen, die in Märchen zugespitzt erzählt werden.“
„Nur Liebe führt zum Glück“, heißt dieser Artikel, der uns aufzeigt, dass einfache Bauerntölpel über Jahrhunderte hinweg von Oma, Opa, Mama und Papa schon psychoanalytische Aufgabenstellungen vorgesetzt bekamen, die sie aufs Leben vorbereiteten – ganz ohne den Satz des Pythagoras oder Kenntnis von Präpositionen.
Liebe – ein Wort, das oft mit Romantik verbunden ist. Heute … oft gleich gesetzt mit Sex. weshalb wohl auch kaum noch jemand von Liebe für Kinder spricht (es drängt sich gleich ein Missbrauchsverdacht auf) – vielleicht gibt es die ja auch kaum noch und deshalb bringen die sich um.
Bleiben wir aber erstmal bei der Romantik bei der „Hingabe an die Natur“ – oder bei der Sinnlichkeit.
Wissen Sie eigentlich, wie viel Sinne sie haben? Sehen, hören, schmecken, riechen, fühlen. Gibt noch mehr – moderne – Sinne (Gleichgewicht, Schmerz, Temperatur sowie die Eigenwahrnehmung des Körpers), die wir erstmal vernachlässigen können (und die man auch den taktilen Sinnen unterordnen könnte – das können wir gerne mal später diskutieren).
Wissen Sie, wofür diese Sinne geprägt sind? Zum Wohlfühlen, zum Glücklichsein – zwecks perfekter Anpassung an die natürliche Umgebung. Denken Sie an einen Waldspaziergang im Sommer: weiche Erde, sanftes Gras unter ihren Füßen, Wind umschmeichelt ihre Haut, ein Meer von lieblichen Düften ist in der Luft, das Ohr erfreut sich am Chor der rauschenden Blätter, das Auge im Lichterspiel der Sonnenstrahlen in den Bäumen – Glück breitet sich aus, gefolgt von Liebe…Liebe zu Natur, einem sehr tiefen, sehr stabilen und beglückendem Gefühl, gleich tief und erfüllen wie die Liebe zu einem Menschen … Liebe, gefolgt von dem Willen, diesen Zustand zu erhalten.
Und wissen Sie, was diese unsere moderne Welt den Sinnen präsentiert? Ihren Sinnen?
Gehen wir das mal ganz langsam durch.
Ihre Füße – berühren keine Erde mehr. Sie sind eingepackt in kleine, tragbare Kartons, oft aus Leder (ja, wie nennen diese Kartons „Schuhe“). Ihre Haut? Ebenfalls eingepackt – in Packwolle. Kein Windchen erreicht sie mehr – und wenn doch, kommt zuerst die Angst, dass es die Frisur vor dem nächsten Termin durcheinanderbringt. Und was die Düfte angeht: halten Sie mal ruhig ihre Nase in die Luft – Benzingestank dominiert alles – oder die sterile Büroluft, vollklimatisiert. Die Ohren? Erfüllt mit einer Kakophonie des Grauens, erzeugt vom modernen Verkehr – hier reichen auf dem Lande allein schon Motorräder, um Meile über Meile mit Lärmverschmutzung zu überziehen – von der akustischen Hölle in den Städten, Büros und erst recht den Geschäften mal ganz abgesehen. Und die Optik? Unser Auge fühlt sich wohl, wenn es die wogenden Wellen des Meeres sieht, oder die filigrane Vielfalt eines Baumes. Dafür wurde es geschaffen. Und was wiederfährt ihm hier? Rasender Blechterror und absurde und abstoßende Farben auf den Straßen, häßlich kahle Wände im Innen und Außen. Wir vergewaltigen all´ unsere Sinne, Tag für Tag – und wundern uns, dass wir unglücklich sind?
Sicher, Sie haben manchmal noch Ausgang aus Ihrem Sinnesfolterknast. Urlaub, Wochenende. Man ist sich bewusst, dass Sie eins der am schlimmsten geschundenen Geschöpfe der Menschheitsgeschichte sind, weil Sie unter absolut unnatürlichen, experimentellen Laborbedingungen existieren – deshalb gibt es Schonphasen. Noch. Der Sehsinn wird permanent überfordert – Straßenverkehr, irre Bilderfolge in den Medien, pausenloses Lesen – und die anderen Sinne … riechen, hören, fühlen, schmecken – stumpfen ab … jedenfalls gab es dazu mal Studien, von denen ich aber im Netz aktuell keine wiederfinde – dafür aber Diskussionen über die komplette Abschaffung des ganzen Körper als lebensunnotwendigen Ballast (siehe die Diskussion über „Virtuell Reality“ bei Tu-Darmstadt, wobei außer Acht gelassen wird, das diese künstlichen Realitäten auch einen Schonraum für manche täglich gefolterten Sinne darstellen können).
Was Romantik noch im Auge hat: Überwindung der Grenzen des Verstandes. Geht das überhaupt? Dann noch die Hinwendung zum Unbewussten, das Primat des Traumhaften: sind wir da nicht absolut im Irrenhaus gelandet? Nun – es geht sogar sehr schnell, die Grenzen des Verstandes zu überschreiten … denn er macht nur zehn Prozent des menschlichen Seins aus, neunzig Prozent liegen im Unbewussten … das sich gerne im Traumhaften ausdrückt. Oder in Märchen. Wer nur Verstand hat, ist ein außerordentlich reduzierter Mensch, oft arm an Sinneseindrücken, fern der Liebe, ja, da er nur ein Zehntel des Menschseins präsentiert … steht er uns ferner als der Affe. Darum findet der Verstandesmann – unser Alphatier – auch nichts schlimmes an Tierversuchen, Mastanlagen, Vergiftung unsere Lebensgrundlagen, demonstrativen Massenvernichtungen durch Atombombenabwürfe oder – harmlos klingenden aber tödlich seienden – „Sanktionen“, kann locker das Problem der Atommüllendlagerung ignorieren, die Verpestung unsere Lebensräume, den suizidalen Wahnsinn das irrationalen Masseneinsatzes von Antibiotika (die als Folge die ganze Menschheit neuen Keimen völlig hilflos ausliefert – mit dem Risiko milliardenfachen Todes zugunsten kurzfristiger Rendite aus Schweinemast), der Vermüllung gigantischer Meeresräume … um nur ein paar der Folgen zu nennen.
Warum aber … verabschiedet sich gerade jetzt der romantische Mann? Könnten wir ihn nicht dringend brauchen? Jenen Mann, der Heger der Landschaft ist, Pfleger der wunden Tiere, Hüter der ergiebigen Felder, Sänger der heiligen Lieder, Verkünder besserer Welten, Freund der Bäume und Flüße, des Lichtes und der beglückenden Klänge sowie Heiler der Seele? Helfer in Not für Baum, Mensch und Tier, Gründer von Zufluchten und Zaubergärten, Prediger einer heil gewordenen Zukunft – und erbitterter Feind jeglichen Unheils, dass die Gemeinschaft der Menschen bedroht?
Im Prinzip: ja. Und viele träumen ja gerade von ihm: dem weisen, gerechten König, der auf edlem Ross herbeigeritten kommt, den Gralskelch in der einen Hand und Exkalibur in der anderen – und der die Menschheit endlich befreit von ihren Peinigern. Die Märchen sind voll von diesen Gestalten … auch die modernen Märchen Hollywoods. Märchen – finden halt ihren Weg, die Ritter der Tafelrunde sind schon längst als Jediritter wieder auferstanden, streiten für eine untergehende Republik, die von Bankern, Ingenieuren, Händlern und vor allem finsteren, verschwörerisch im Hintergrund agierenden Mächten zerstört wird. Wir denken auch an den Fischerkönig der Artussage, jener mythischen, verletzten Gestalt, deren Heilung das Heil für das ganz Land bedeuten kann … und dessen Aspekte in der Gestalt des Darth Vader auf wundersame Weise wieder auferstehen.
Doch er selbst: geht. Verschwindet in die Wälder – oder geht furchtlos hinein ins Nichts, dass uns alle am Ende erwartet, denn er weiß: stirbt er erst den Tod des Geistes, wird der weitere Weg schwieriger. Das Experiment „Universum 25“ beschreibt die Folgen des geistigen Todes bei Mäusen (siehe anjamüller), die – obwohl materiell in paradiesischen Zuständen lebend – als Gesellschaft aussterben … dort stellt die Tatsache, dass es keinen Platz mehr in der sozialen Hierarchie gibt, den geisten Tod da.
Keinen Platz mehr in der sozialen Hierarchie? Für Männer? Viele werden jetzt aufstöhnen, weil „Mann“ an und für sich nicht mehr differenziert gedacht wird – wie so vieles nicht mehr differenziert gedacht wird, sondern durch Parolen geformt. Ich – sprach jedoch nur von dem romantischen Mann, der Mitgefühl kennt, weil er voller Liebe für die Schönheit der sterbenden Natur ist. Und er geht nicht aus freiem Willen, er geht, weil er vertrieben wird.
Vertrieben?
Schauen Sie sich mal ganz genau an, wem man die Verantwortung für die Vernichtung der Ökosphäre gibt?
Denen, die den Plastikmüll produzieren? Oder den Sondermüll auf vier Rädern? Denen, die bei aller Begeisterung und Propaganda für „Technik“ verschwiegen haben, dass die vielfältigen Nebenwirkungen dieser Technik den Planten in eine öde Wüste verwandeln werden? Die nach ihrem beständigen Streben nach noch mehr Macht über alles die tödlichsten Bomben, die dauerhaftesten Gifte, die unsinnigsten verschwenderischen Produkte produziert und vertrieben haben? Jenen, die aus lebendigen Tieren siechende, ja giftige Biomasse machen, damit die Bratwurst billig bleibt? Es sind die Unmenschen des Verstandes (die minus-neunzig-Prozent-Menschen – die es auch als Frauen gibt), die in maßloser Selbstüberschätzung einen Hass auf alles lebendige praktizieren … und vielleicht gerade auch deshalb von der körperlosen (also: sinn- und glücksbefreiten) Existenz im Cyberspace träumen, wo sie als Götter mit absoluter Macht herrschen können.
Nein – jene werden nicht angeprangert.
Doch jene, die auch nicht ein einziges Mal „ja“ zu allem gesagt haben, nicht zu Autobahnen, nicht zu Atomkraftwerken, Plastiktsunamis oder Massenurlaubswahn, die einfachen, sinnlichen, träumenden romantischen Männern, werden schuldig gesprochen – und ein ganzer Chor von Mitmenschen stimmt darin ein: sie sind es, die Schuld tragen an allem Übel, die Konsumenten, die, die nur überleben wollen – und müssen – sie gelangen in den Fokus des Hasses und der Verachtung … und hier vor allem: Männer. Frau will sich ja den Alphamann nicht durch unnötige Kritik vergraulen – und die Chance auf ein arbeitsfreies Leben am Pool der Macht verspielen.
Der romantische Mann … spricht und schreibt in der Sprache des Volkes, pflege der Seele ist ihm wichtiger als die Gier nach Macht – doch er geht nun mit den Tieren, den Pflanzen, den altertümlichen Werten und der Sozialromantik fort, geht, mit den Dingen die er heiß und innig liebt … an einen anderen Ort. Er geht mit einem fröhlichen „macht euren Scheiß doch alleine“, weil er etwas inneträgt, das nur aus der Romantik geboren werden kann: Weisheit. Und eine allumfassende Liebe.
Und die Revolution, den Widerstand, die Heilung … überläßt er jenen, die ihn jagen und verfolgen. Weshalb … in dieser Hinsicht auch nichts mehr geschieht.
Ohne Liebe, ohne Mitgefühl, ohne das Gefühl für Anstand und Gerechtigkeit … kein Widerstand.
Und all´ diese Werte erwachsen aus … der Romantik.

Samstag, 28.12.2013. Eifel. Zum Jahresende erstmal ein persönliches Wort. Aktuell leide ich sehr unter den Nachwirkungen einer langen Autofahrt, kann also jetzt einige Tage nicht gut sitzen, stehen oder gehen. Auch erreicht mich gerade Behördenterror. Wohne zwar nicht nur räumlich weit draußen, sondern auch geistig und gesellschaftlich, aber das heißt nicht, dass das Imperium einen nicht aufspüren kann. In der Nacht zum zweiten Weihnachtsfeiertag hin hat mich um 3.30 Uhr ein Hubschrauber geweckt, der bis nach 4 Uhr morgens dicht über unserem abgelegenem Hause schwebte. Dann kam die Kündigung eines unserer Mitschreiber, die von völlig Unbekannten im Namen eines unserer Autoren geschickt wurde, wir bekamen Serverprobleme, unser Mailsystem fing an, meine Mails an mich selber zu schicken und aktuell nervt mich ein Speichersignal, dass alle zehn Sekunden in diesem Text auftaucht. Insgesamt also nicht die Zeit, sich groß warnend, mahnend und predigend auf die Straße zu stellen und vor dem Untergang der Welt zu warnen.
Zudem macht mir die Mietpreisentwicklung große Sorgen – zunehmend sehe ich, das jenes Finanzvolumen, dass ich mit meinen gesundheitlichen Einschränkungen (ja – ist nicht nur Rücken, vier Finger müssen auch operiert werden – man funktioniert halt wirklich nicht besser, wenn man älter wird) erwirtschaften kann, mittelfristig nicht mehr mit der Mietpreisentwicklung in der Eifel mithalten kann: da droht also Obdachlosigkeit, wenn irgendwann weitere Mitglieder unserer Hausgemeinschaft das abgelegene Heim verlassen – was ihnen nur zu raten ist.
Weise Gedanken brauchen Abgeschiedenheit, Ruhe und Geborgenheit. Leider reichen schon kleine Unpässlichkeiten, um den ruhigen Fluß der Gedanken zu stören. Manchmal ist das gut, aber zur Entwicklung von Lösungen nicht die optimale Situation: findet man sich mitten in einem Waldbrand wieder, hat man erstmal andere Probleme als die Pläne zur Wiederaufforstung im Detail aufzuarbeiten, selbst für schnelle Brandbekämpfungsmaßnahmen ist da nicht immer Zeit. Deshalb hätte ich mir nun gerne ein paar Tage Ruhe gegönnt, wenn nicht …. ja, wenn nicht schon wieder der Wahnsinn fortschreiten würde. Nehmen wir nur mal ein paar Nachrichten im Spiegel der letzten Tage.
Konjunktur robust, Arbeitsmarkt stabil, Euro-Krise abgeflaut: Angesichts der wirtschaftlichen Lage schauen viele Deutsche optimistisch aufs neue Jahr. So gut war die Stimmung seit Mitte der Neunziger nicht mehr.
So verkündet das ein Presserorgan des Systems, eine Zeitschrift, die es geschafft hat, den Schritt vom kritischen Nachrichtenmedium zum vollumfänglichen Regierungsorgan vollständig zu vollziehen. Natürlich brauchen wir Optimismus, wenn der nicht im Volk vorhanden ist, wird er eben befohlen. Dafür befragt man 1600 seltsame Menschen – beziehungsweise, läßt sie durch schlecht bezahlte „freiberufliche“ Interviewer vorgefertigte Fragebögen ausfüllen und interpretiert das Ergebnis – das oft durch die Art der Frage schon feststeht – als Bombenerfolg der Mediendemokratie, dass Maßstäbe setzt. Man kennt halt seine „Schweigespirale“, das hat man in der Journalistenschule gelernt – und man weiß auf diesem Instrument zu spielen:
Die Vertreter der jeweils vermeintlich herrschenden Meinung vertreten diese offensiv; die Vertreter der vermeintlichen Minderheitsmeinung verstummten umso mehr, je mehr sie sich in der Minderheit glaubten. Verkürzt beschrieben, beobachtet der Mensch als „soziale Haut“ mit einem „quasi-statistischen Wahrnehmungsorgan“ die politische Meinungsverteilung, um sich dann auf die Seite der Sieger zu schlagen
So befiehlt man Massen, ohne das sie es merken. Einfach einen halbwegs seriös untermauerten Artikel schreiben, dort publizieren, wo Entscheider schnell die Überschriften lesen, schon ist der Artikel Gesetz: wehe dem, der es wagt, in der Öffentlichkeit noch deutlich zu sagen, dass er eine andere Meinung als die Herrschermeinung vertritt – ihm drohen Konsequenzen, der ist ein „Looser“ … oder wie man am Arbeitsplatz dann heute sonst noch so tituliert wird.
Natürlich darf auch nicht die Aussicht auf enorm explodierenden Export nicht fehlen … wegen dem wir selbstverständlich gerne zu Sklavenlöhnen arbeiten, um DEUTSCHLAND nicht zu gefährden.
Die Anti-Euro-Partei AfD gehorcht schon jetzt dem eisernen Diktat der Schweigespirale, der Spiegel macht darauf aufmerksam. Wieder einmal schien ein streng nationalsozialistisch orientierter Geselle enttarnt worden zu sein, der durch folgende Aussagen auf sich aufmerksam gemacht hat:
„Der heutige Sozialismus, der sich Demokratie schimpft, muss das gleiche Schicksal wie der Ostblock vor mehr als 20 Jahren erleiden. Nur so können wir die satanistischen Elemente der Finanz-Oligopole von den westlichen Völkern wieder abschütteln, die wie die Zecken das Blut der Völker aussaugen und die Körper mit tödlichen Bakterien verseuchen.“
Stünde da irgendwo „Jude“ könnte man es verstehen: das wäre dann der alte NS-Mythos vom bösen Bankerweltjudentum, der beständig neu versucht, sich in das Denken der Menschen zu schleichen. Aber da steht nirgendwo Jude, noch kann man das aus der Aussage ableiten. Gut, die kapitalistische Demokratie „sozialistisch“ zu nennen, zeugt schon von ordentlichen geistigen Verirrungen und passt überhaupt nicht zu der Vorstellung global supermächtiger Banker – eine Vorstellung, mit der man bei Linken eher punkten könnte.
So jedoch wirkt es merkwürdig, weil es Sprachverbote ausdrückt und sie gesellschaftsfähig macht – vielleicht wird das der einzige Sinn dieser von vielen Kapitalisten empfohlenen AfD: sie soll jegliche Form von Kritik am Bankenwesen mit braunem Schleim überziehen, so dass sie tabu werden. Dafür würde ich als Banker dann auch gerne mal spenden.
Das der moderne Finanzkapitalismus gerechterweise „satanisch“ zu nennen ist, ergibt sich aus seinem Wertekanon: „Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst“ ist das genaue Gegenteil jenes Verhaltens, dass die christliche Botschaft als „Sozialromantik“ verbrämt … und das findet man hochkonzentriert im Bankenwesen. Das die internationale Bankenunion Völker auspresst wie eine Zitrone, haben wir in diesem Jahr (wie auch in den Jahren zuvor) genug erlebt, dass sie mit viel künstlich selbst geschaffenem Geld einen großen Einfluss auf das Denken, das Fühlen, die Werte und Verhaltensnormen eines Volkes ausüben, kann schnell und leicht dargelegt werden – so leicht, dass man es gar nicht groß erläutern muss, es reicht, die mehrseitigen Bankbotschaften in Spiegel, Stern, Handelsblatt, Focus und Managermagazin wahrzunehmen: Botschaften, die als „Werbung“ unkontrolliert Einfluß auf das Unterbewußtsein der Leser nehmen.
Lange werden wir diese Anti-Banken-Perspektiven nicht mehr verwenden können, ohne rechtsradikal zu sein: wer nicht für den internationalen Bankenclan ist, ist ein Nazi. Und während der einfache Bürger noch dabei ist, sein Meinungskleid nach weiteren braunen Flecken zu durchsuchen, marschiert der Bankenclan gleich weiter: die vielen Parteispenden an deutsche Großparteien (allein 4,6 Millionen offiziell zwischen 2000 und 2009 – nur von der Deutschen Bank, siehe Lobbypedia) sorgen für eine gewisse politische Landschaft, die nun anfängt, Allmachtsphantasien auszuleben, siehe Spiegel:
Bundestagspräsident Norbert Lammert wirbt seit Monaten dafür, die Legislaturperiode des Bundestags von vier auf fünf Jahre zu verlängern. Jetzt bekommt er für seinen Vorstoß Unterstützung aus den Reihen der Großen Koalition. Vertreter der Unions- und SPD-Fraktion sprachen sich für eine Debatte aus.
„Macht macht wahnsinnig“ – und die Allmacht der schwarz-roten Koalition läßt schon jetzt alle Hemmungen fallen: dieser Vorstoß ist nicht anderes als der hemmungslose Griff nach der Staatsgewalt – wer weiß, was denen dann in fünf Jahren einfallen wird, wenn die Spitzen der Parteien die offizielle Einheitspartei ausrufen, um „Deutschland nach vorne zu bringen“, um in der Krise (die keinesfalls vorbei ist, nur weil billiges Geld in Massen gedruckt wird und so die Börsenkurse nach oben treibt) „regierungsfähig zu bleiben“, „die Zeichen der Zeit richtig zu deuten“ … und wie man diesen „alternativlosen“ Schritt noch erklären wird.
Am Ende werden die Parlamentarier dem gerne zustimmen – vor allem, wenn eine Legislaturperiode dann 20 Jahre dauert und sie so ihre Luxusexistenz bis ans Ende ihrer Tage leben können: die Räuberallianz im Parlament wird da kein Halten kennen, das neue DEUTSCHE REICH wird unaufhaltsam kommen: wird spannend werden, zu sehen, was man von Hitler alles gelernt hat. Eins ist schon zu erkennen: ohne den Nuklearschirm der USA geht gar nichts, darum ist Gehorsam gegenüber den USA ERSTE BÜRGERPFLICHT, ebenso Gehorsam gegenüber der DEUTSCHEN BANK, deren Chef schon jetzt seinen privaten Geburtstag mit äußerst mächtigen Freunden im Kanzleramt feiern kann, als würde es ihm gehören.
Tut es ja auch – aber darüber dürfen wir nicht reden.
Dabei tut es Not, zu erkennen, wie sehr Banken unser gesellschaftliches Leben verändern. In einem Interview der Welt mit dem Kulturwissenschaftler Klaus Leggewie erfahren wir etwas über die Macht der Banken:
Die Immobilienwirtschaft, die hochgradig spekulativ geworden ist, hat diese Tendenz jedenfalls beschleunigt: Das Finanzkapital baut in den Innenstädten für sich selbst Büroraum, ergänzt durch entsprechende Wohnmöglichkeiten in aufwendig restaurierten Innenstadtbezirken.
Finanzmenschen verdrängen Realmenschen wie Finanzwirtschaft die Realwirtschaft verdrängt.
Deutschland verödet dadurch wie die Innenstädte des Landes, einige wenige „happy few“ werden in Paradiesen leben, die von der Infrastruktur und Leistungsfähigkeit des ganzen Landes enorm profitieren, der Rest wird beständig weiter auf der Flucht vor der Finanzwirtschaft sein, deren künstlich aufgeblasenen Renditen kein normaler Unternehmer etwas entgegen zu setzen hat.
Natürlich könnte man erste Schritte dagegen planen. Ein Zinsverbot …. das wäre schon ein Traum. Schön wäre auch, wenn die Arbeitgeber des Landes die Gehälter wieder direkt an die Arbeiter und Angestellten auszahlen würden: die alte „Lohntüte“ hatte sich doch bewehrt. Schön wäre auch, wenn Unternehmer ihre Investitionen von selbst ersparten Geld tätigen würden anstatt sich Milliarden von Banken zu leihen … leider wären sie dann nicht mehr konkurrenzfähig, da die wirklichen „Leistungsträger“ der Wirtschaft deshalb so erfolgreich sind, weil sie ihre Ideen bequem mit Bankmilliarden umsetzen können … geht was schief, zahlt der Staat und die Gemeinschaft.
Man könnte den Bankenclan einfach austrocknen – man stelle sich vor, wir schaffen neues Geld, dass nur außerhalb von Banken gehandelt werden darf: den Taler, der den Menschen zur Verfügung gestellt wird, um Waren und Dienstleistungen auszutauschen: deshalb ist Geld ehedem geschaffen worden, nicht, um durch raffinierten Rechentricks auf einmal überraschend Milliardär zu sein.
Man sieht: wir haben keine Zeit für Krankheit, Behördenterror, Weihnachtsfeiern oder plumpe Gemütlichkeit.
Die künstlich aufgeblähte Geldmacht der Banken gestaltet unser ganzes gesellschaftliches Zusammenleben um. Sie leben vor, welche Kleidung, welche Wohnart und welches Sozialverhalten gesellschaftliche Norm werden, vertreiben die große Mehrheit der Bevölkerung aus den gut ausgebauten Innenstädten, legen fest, wie viele Millionen man braucht, um ein anständiger Bürger zu sein.
Das Parlament folgt dem Trend brav, siehe Süddeutsche:
Mehr Gehalt für Bundestagsabgeordnete: Regierung und SPD haben sich darauf geeinigt, die Diäten 2012 und 2013 um je 292 Euro zu erhöhen. Damit verdienen die Volksvertreter bald fast 8000 Euro monatlich.
Dafür findet man immer Mehrheiten. Diäten werden aus dem gleichen Topf bezahlt wie Arbeitslosengeld – dort jedoch haben Kinder von Arbeitslosen weniger für ihren Gesamtbedarf als der Abgeordnete sich jährlich an Erhöhung gönnt, verdienen sie dazu, greift der Staat auch dieses Geld ab, während Abgeordnete durch „Vorträge“ – unter anderem für den Bankenclan und die von ihm abhängigen Konzerne – Millionen dazu verdienen.
Man braucht nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, das sich die optimistischen Parolen der Meinungsforscher in der Realität nicht wiederspiegeln: hier erkennen wir nur, dass die Finanzwirtschaft schon längst die gesellschaftliche Macht an sich gerissen hat und dies auch offen demonstriert. Der politische Arm der Finanzmenschen (das Parlament und die Parteispitzen) folgt dem Kult des Geldes mit großer Begeisterung (man kennt sich ja auch persönlich) – alles andere ist „Sozialromantik“.
Und ebenso braucht man wenig Phantasie, um sich vorstellen zu können, das Orte wie der Nachrichtenspiegel irgendwann Säuberungsaktionen zum Opfer fallen werden, weil sie die Schweigespirale absichtlich durchbrechen.
Noch bin ich aber gewillt, die Häufung von Unpässlichkeiten zum Jahresende dem Zufall zuzuschreiben … doch leicht hätte aus der aktuellen Situation böses Blut entstehen können: man stelle sich vor, wir hätten reagiert, wie Finanzmenschen es tun und die virtuelle Existenz eines Mitschreibers (scheinbar) wunschgemäß vollständig ausgelöscht … ohne das dieser auch nur im Geringsten gewußt hätte, worum es geht.
So eine Aktion zur Weihnachtszeit zu starten, wo jeder genug mit sich selbst zu tun hat, ist schon sehr geschickt.
Gott sei Dank … sind wir nicht „jeder“.

Mittwoch, 12.6.2013. Eifel. Der Tod eines für mich wichtigen Menschen führte mich in den letzten Tagen wieder einmal zu den Ursprüngen philosophischer Arbeit zurück, zu den elementaren Fragen des Lebens. Drei lebensgefährdende Autopannen hintereinander haben mir auch wieder einmal vor Augen geführt, dass auch ich nicht ewig leben werde, obwohl ich – wie die meisten meiner Mitmenschen – das deutliche Gefühl habe, dass dies so ist. Diese Erfahrungen kommen gerade zur rechten Zeit, denn gerade jetzt habe ich gemerkt, wie falsch ich doch gelegen habe mit meiner Annahme, es gäbe in der politischen, sozialen oder gesellschaftlichen Dimension des Lebens etwas zu tun, weil einiges aus dem Ruder läuft. Eine im Spiegel veröffentlichte Studie hat mich aber von dem Irrglauben befreit:
In Deutschland wächst die Zustimmung zum politischen System. Gleichzeitig schwindet die Bereitschaft abzustimmen. Eine Studie sagt deshalb eine sinkende Beteiligung an der nächsten Bundestagswahl voraus.
Es ist natürlich nicht der deutsche Leistungsträger, der sich von der Demokratie verabschiedet – es sind die Parasiten und Schmarotzer, die sogar zu faul sind, zur Wahl zu gehen:
Vor allem einkommensschwache und bildungsferne Menschen verabschieden sich demnach aus der aktiven Teilhabe an Demokratie. „Je geringer der Sozialstatus und je größer das politische Desinteresse im Freundeskreis, desto weniger wahrscheinlich wird der Gang zur Wahlurne“
Immerhin wurden für diese Studie über 1500 Menschen befragt, zehn mal soviel wie in unserem Dorf leben. Jetzt weiß man auch, warum jeglicher Widerstand gegen die Hartz-Gesetze im Sande verläuft: die, die es angeht, sind wohl wirklich so, wie die Regierung es schon vor zehn Jahren erkannt hat.
Zudem erkennen die Bundesbürger zunehmend große Unterschiede zwischen den im Bundestag vertretenen Parteien und sind begeistert von unserer Art, Demokratie zu versuchen: man sieht, es besteht wirklich überhaupt kein Handlungsbedarf – außer bei den faulen Hartzern, denen man nach dieser Studie zurecht das Wahlrecht wird absprechen können.
Zeit genug also, sich wieder den wirklich wichtigen Themen zuzuwenden, jenen Themen, die früher oder später jeden von uns berühren werden: beispielsweise dem Tod.
Was hat der Tod nun mit Hartz IV und der Politik zu tun? Nun – in der Tat: sehr viel, doch dazu muss man – wie so oft – weiter ausholen., vor allem muss man sich klar sein, was denn das überhaupt sein soll: der Tod. Christentum und Materialismus predigen uns seit Jahrhunderten ganz genau, was wir uns darunter vorzustellen haben: den Übergang in ein absolutes, finsteres, lebloses Nichts, einen Zustand, den Buddhisten aus unserer Sicht geradezu anzustreben scheinen: im vollen Bewusstsein unserer kulturellen und intellektuellen Überlegenheit bereitet uns dieser Umstand jedoch keine weiteren Probleme.
Ebensowenig bereitet uns Probleme, das unsere Angst vor dem Tod direkt aus alten biblischen Überzeugungen resultiert, die wir doch als moderne, aufgeklärte Menschen weit hinter und unter uns wähnen: der Tod ist jener Zustand, der den Menschen weit von „Gott“ entfernt (siehe Psalm 88). Mit nüchternen Sprüchen wie: „wo ich bin, da ist der Tod nicht und wo der Tod ist, da bin ich nicht“ (Epikur) lassen sich solche existenziellen Ängste nicht bewältigen.
Bleiben wir kurz bei diesen Ängsten. Sowie das Alte Testament nie einen systematischen Gottesbegriff entworfen hat (was Antitheisten nicht davon abhält, davon auszugehen, dass es so etwa gäbe und dieses dann zu verwerfen), hat es sich nie um den Tod und die Hölle gekümmert (was Priester nie davon abgehalten hat, zwecks Steigerung der Kollektenrendite genaue Kenntnis von der Hölle zu vermitteln, in die all´ jene kommen, die ihnen nicht zu Willen sind). Man fürchtet nicht den Tod – erst recht nicht den friedlichen Tod im Alter – sondern die Ferne von Gott … ein für uns völlig fremdes Denken, das freilich noch weitere Konsequenzen nach sich zieht: „fern von Gott“ kann man auch mitten im Leben sein.
Was heißt nun „fern von Gott sein“ in einer Religion, die gar keinen Begriff von „Gott“ hat … außer dass er der „lebendige“ Gott ist, die „schöpferische Lebensmacht schlechthin, die Mensch, Erde und Kosmos erfasst“ (siehe Praktisches Bibellexikon, Herder 1985, Seite 441)?
Erstmal: fern vom Leben sein, fern jeglicher Lebendigkeit und jeglicher Erfahrung von Lebendigkeit existieren.
Und auf einmal ist der Tod mitten in unserem Leben. Jener Tod, den wir so schrecklich fürchten – oder blind ignorieren – kann uns bei lebendigem Leibe ereilen. Faszinierend ist: das wissen wir schon lange. Jeder weiß das, das ist der Grund, warum Urlaub für uns so unverzichtbar ist.
„Ach ja, wenigstens für einige Zeit wollen diese Leute die freie Natur erleben, ihre Sorgen und Nöte vergessen und vor allen Dingen ihre eintönige Stadt einmal hinter sich lassen; diese steinerne und graue Zementwüste hatte sie lange genug verschlungen und wird sei sowieso später wieder verschlingen“ – so Albino Luciani, bekannt als 33-Tage-Papst Johannes Paul I., in seinen fiktiven Schriften „Briefe an Persönlichkeiten“ (Verlag neue Stadt 1979, Seite 87).
In der Wüste finden wir erschreckend wenig Leben – so jedenfalls ist das Sinnbild der Wüste.
Für immer mehr Menschen findet das Leben genau in jenen Städten statt – und so wird für immer mehr Menschen der „Tod im Leben“ erfahrbar in Form eines Lebens, das nur ein absolutes Minimum an Erfahrungen von „Lebendigkeit“ erlaubt. Während das Leben auf dem Lande einem Bad in allen Ausdrucksformen des Lebens gleicht, führt das Leben in der hektischen „Leistungsgesellschaft“ zu einem Tode im Leben, der seinen Gipfel dort erreicht, wo Menschen durch finanzielle Armut dazu verdammt werden, auch den städtischen Ausdrucksformen menschlicher Lebendigkeit wie Theater, Musik, Malerei, Dichtkunst und sogar der Liebe fern zu bleiben. Sie werden zum Ausschuss einer unmenschlichen Gesellschaft, die systematisch den Tod im Leben produziert … und zwar massenhaft.
Von diesem System hin zu einem System der Massenvernichtung unwerten Lebens ist es – kulturell gesehen – nur noch ein ganz kleiner Schritt, weshalb wir modernen Experimenten mit dem Problem der Arbeitslosigkeit zurecht sehr kritisch und ängstlich gegenüberstehen, bringen sie doch den Tod – als Einschränkung der Erfahrung der Lebendigkeit – tagtäglich in das Leben von Millionen von Menschen.
Wie weit sind diese Experimente mit nicht mehr industriell verwertbaren Menschen von der Achtung vor dem Leben und all seinen Ausdrucksformen entfernt, wie wir sie zum Beispiel im Sonnengedicht des Franz von Assisi finden (siehe Franziskaner) … welches sein Pendant vielleicht in einem einfachen Zitat von Samuel Butler findet (siehe Zitate.de):
„Alle Lebewesen außer dem Menschen wissen, dass der Hauptzweck des Lebens darin besteht, es zu genießen“
Wieviel Genuss bleibt eigentlich für Arbeitslose in Zementwüsten? Oder für Niedriglöhner in Großraumbüros? Für Berufskraftfahrer in Blechsärgen? Wie fern von Gott werden sie von Regierung und Wirtschaft gehalten – wenn wir nur für eine Augenblick die Perspektive des heiligen Franz von Assisi einnehmen, jenes Menschen, für den Sonne und Mond, Feuer und Tod Brüder und Schwestern waren?
Seltsame Wege, auf die uns die Reflexion ein paar alltäglicher Begriffe gebracht haben, Reflexionen die wir nun ein wenig wissenschaftlicher angehen wollen, in dem wir ein paar Fakten über den Tod nennen, die nicht materialistischen oder kirchlichen Vorstellungen (eigentlich nur zwei Seiten derselben dogmatischen Medaille) entsprechen.
„Der Meinungsforscher George Gallup fand heraus, dass in den USA acht Millionen Erwachsene ein Todesnäheerlebnis, kurz TNE, gehabt haben, kurz: jeder Zwanzigste“
(Siehe Moody, Das Licht von drüben, Rowohl 2004, Seite 19).
Die moderne Medizin schafft es immer häufiger, Menschen wiederzubeleben, die früher nie zurückgekommen wären. Ihre Berichte ähneln sich verblüffend:
Gefühl von Frieden und Schmerzfreiheit: 32 %
Lebensrückblick: 32 %
Eintritt in eine andere Welt: 32 %
Verlassen des Körpers: 26%
Genaue visuelle Wahrnehmung: 23 %
Begegnung mit anderen Wesenheiten: 23 %
(siehe Moody, a.a.O.)
Der oft zitierte „Tunnel“ wird nur von 9 % berichtet.
Für die Kirche sind diese Berichte „oft ein Reiz- und Tabuthema„, obwohl gerade junge Menschen sehr positiv auf die Thematik reagieren:
Es ist beeindruckend, wenn Jugendliche mir berichten, Angst vor bevorstehenden schweren Operationen, Todesfurcht und Lebensangst überhaupt hätten sich nach der Unterrichtseinheit deutlich verringert oder seien sogar ganz vergangen. (siehe Deutsches Pfarrerblatt, Heft 5, 2012).
Nun – die Dogmatik der Kirche erlaubt es nicht, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, ebenso wenig wie der Materialismus diese Perspektive zulassen darf. Wo Dogmatik das Leben bis ins kleinste Detail jenseits jeglicher Ideale von Freiheit regeln möchte, ist kein Platz für die Erfahrungen und Erlebnisse von Menschen und erst recht kein Platz für eine Lebendigkeit, die über das Leben hinausreicht.
Wo wir gerade dabei waren, uns das Sonnengedicht des heiligen Franz von Assisi anzuhören, jenes Menschen, der – allen Werten der modernen Leistungsgesellschaft zum Trotz – sein Glück in der Ablehnung des Reichtums und dem Genuss der Lebendigkeit der Welt fand: hier finden wir einen Passus, der uns aufhören lassen sollte:
Gelobt seist du, mein Herr,
durch unsere Schwester, den leiblichen Tod;
ihm kann kein Mensch lebend entrinnen.
Wehe jenen, die in schwerer Sünde sterben.
Selig jene, die sich in deinem heiligsten Willen finden,
denn der zweite Tod wird ihnen kein Leid antun.
„Sünde“ – das böse Wort. Jenseits von Kirche: das Gegenteil von Leben (siehe Praktisches Bibellexikona.a.O. Seite 670). Nicht der Tod ist der Feind des Lebens, sondern die Sünde. Und wie sieht diese Sünde nun aus, die ein unbekannter „Gott“ ausmerzen will? Sind es die Mörder, die Diebe, die Ehebrecher, die Homosexuellen oder die Atheisten, die ausgemerzt werden?
Weit gefehlt.
Schauen wir bei Wikipedia nach, wem der „Zweite Tod“ droht, jener Tod, der auch nach dem Verständnis der Tibetaner, Ägypter und Tolteken das denkende, empfindende Ich auslöschen wird:
- die „Feigen“ – Menschen, die aus Angst Götzen oder das Tier angebetet haben;
- Ungläubige – alle, die nach außen hin einen Glauben vertreten, ihn aber insgeheim ablehnen;
- Frevler – Menschen, die das Idol der Unterdrücker anbeten;
- Mörder – alle, die durch Unterdrückung das Leben Anderer vernichten;
- Unzüchtige – Menschen, die andere durch Geld zum Objekt ihrer Begierde machen;
- Zauberer (oder: Giftmischer) – alle, die magische Praktiken als Herrschaftsmittel benutzen;
- Götzendiener – im biblischen Sinne jeder, der an die Stelle Gottes andere Mächte (Geld, Macht, Markt) setzt;
Seltsame Definitionen, oder? Aber Definitionen, die erstaunlich Präzise den Begriff des Lebens alttestamentarischer Menschen beschreiben und uns ganz erstaunliche Aussichten auf jene „schweren Sünden“ geben, die Franz von Assisi erwähnt.
Wer endgültig vernichtet wird, sind die, die lebensfremde, lebensbedrängende und lebensvernichtende Werte leben und anbeten. Schlimme Botschaft für den Vatikan – und die deutsche Bundesregierung, die beispielsweise durch Unterdrückung mittels Hartz IV das Leben Anderer vernichtet. Schlimme Nachrichten für alle Machtmenschen, ob sie nun Bankiers, Generäle, Bundeskanzler, Kardinäle, CEO´s, Parteivorsitzende oder esoterische Budenzauberer sind.
Alles, was dem Leben Feind und in dem Sinne lebensuntüchtig ist, wird selektiert. Gnadenlos. Kennen wir ja aus der Natur – warum sollte es im größeren Rahmen anders sein?
Und das heißt, dass man den Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit, die Distanz zu einem lebensvernichtenden (und die Lebendigkeit der natürlichen Umwelt beständig weiter minimierenden) System aus reinem Eigennutz weiter aufrecht erhalten sollte – auch wenn der „Spiegel“ jetzt meint, alles sei wunderbar in Ordnung und sich überraschend viele Menschen dieser Meinung anschließen.
Es stellt jetzt wahrscheinlich für viele die Frage: gibt es jetzt doch wirklich einen Gott?
Diese Frage werde ich leider erst dann beantworten können, wenn auch ich erfolgreich unter Überwindung aller Hindernisse in jenseitigen Gefilden weile – was schon bald der Fall sein kann. Aller Erfahrung nach werde ich dann allerdings ganz schnell das Interesse verlieren, meine Erfahrungen mitzuteilen.
Was ich aber jetzt schon sagen kann, ist, dass die Frage nach der Existenz eines Gottes völlig bedeutungslos ist.
Was zweifellos existiert, ist der Tod und das Leben. Was existiert, sind die Feigen, die Ungläubigen, die Frevler, die Mörder, die Unzüchtigen, die Zauberer und Götzendiener, die das Leben schon vor dem Tode auf vielfältige Art vergewaltigen. Was existiert – mit ständig wachsender Wahrscheinlichkeit – ist ein Leben nach dem Tod … und Ausrucksformen des Todes mitten im Leben.
Was existiert, ist die Frage, ob es uns gelingt, ein gelungenes Leben zu leben – ein Leben mitten zwischen Bruder Feuer, Mutter Erde, Schwester Wasser und Bruder Wind … Dimensionen der Erfahrung von Lebendigkeit, weswegen wir im Urlaub lieber die Malediven aufsuchen als Gelsenkirchen.
Und was wäre das für eine Politik, die nicht Politik der Sünde sondern Politik des Lebens wäre?
Und was wird das für ein Himmel werden, in dem wir Atheisten wiederfinden aber keine Bischöfe, Kommunisten aber keine Anlageberater, Revolutionäre aber keine Mitläufer, Söldner aber keine Sachbearbeiter von Jobcentern, Prostituierte aber keine Verleiher von Arbeitskräften, christliche Mönche aber keine Tarotkarten legenden Astrologen und Leiharbeiter anstelle von Leistungsträgern…
Ein Himmel erstmal ohne Gott – und ganz anders, als kirchliche Leistungsträger uns verkaufen wollen.
Ist ja auch nicht weiter erstaunlich: das Wissen um die Priorität des Lebens vor der Religion ist Jahrtausende älter als alle Kirchen zusammen – und wenn wir dem Herrn Butler folgen wollen, sind wir Menschen die einzigen Geschöpfe, die dies zeitweise vergessen.
Sonderlich schwer wird ein gelungenes Leben nicht sein, denn wenn man genau hinschaut, so bedarf es schon einiger Mühe, bis man im Kreise der Feigen, Ungläubigen, Frevler, Mörder, Unzüchtigen, Zauberer und Götzendiener angekommen ist.
Wahrscheinlich haben schon viele Milliarden Menschen dieses gelungene Leben im Laufe der Jahrtausende erfolgreich bewältigt – nur momentan bekommen wir damit einige Schwierigkeiten.
Das muss aber nicht so bleiben. Den Genuss von Wind, Sonne, Mond und Sternen sowie der (schrumpfenden) Vielfalt der Natur braucht man sich durch Politik und Wirtschaft nicht verbieten zu lassen – Spatzen und Eichhörnchen sollen dies mit Leichtigkeit bewältigen können.
Und dann … wird wahrscheinlich auch wundersamerweise die Demokratie wieder viel lebendiger.
Oder besser: logischerweise.
