Staatsschulden

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Die Revolution ist fällig

Albrecht Müller im Gespräch

Albrecht Müller ist Publizist, ehemaliger SPD-Politiker und war von 1987 bis 1994 Mitglied des Bundestages. Als Planungschef im Bundeskanzleramt beriet er Willy Brandt und Helmut Schmidt.
Heute schreibt der Mitherausgeber der NachDenkSeiten unter anderem über den Neoliberalismus und die Einflussnahme von Lobbyisten auf unsere Politik.

Gunnar Kaiser traf ihn zum Gespräch über Marktwirtschaft, die Neoliberale Agenda Einflussagenten und Diffamierungsstrategien, die Corona-Pandemie und deren Maßnahmen sowie die Möglichkeit einer friedlichen Revolution.

Deutschlands Zukunft: alternativlos und … ziemlich düster.

Donnerstag, 17.10.2013. Eifel. Sind Sie auch so erleichtert? Die USA können wieder zahlen - das sollte uns doch mal ein Glas Champagner wert sein! Seltsamerweise lese ich die Zeilen anders, übersetze sie gleich familiär: "Du, Schatz, ich glaube, wir geben zu viel aus - das Konto ist schon wieder maximal überzogen" "Macht nichts, Darling, ich habe den Überziehungskredit erhöht", "Ach so, na ja, dann ist ja alles in Ordnung". Eigentlich ist nichts in Ordnung. Die fahren einen klaren Pleitekurs - und als Familienoberhaupt hätte man den Privatkonkurs klar vor Augen. Wäre alles nicht so schlimm, würden wir mit diesen Leuten keinen großen Freihandelsmarkt planen - doch das ist ein anderes Thema, das uns wieder vorgelegt wird, wenn der Staatsbankrott wieder vor der Tür steht. Wir sollten erstmal vor unserer eigenen Tür kehren, denn dort warten die nächsten Herausforderungen auf uns: eine neue, gewaltige Welle von Arbeitslosen, diesmal aus dem IT-Bereich, siehe Zeit:

Donnerstag, 17.10.2013. Eifel. Sind Sie auch so erleichtert? Die USA können wieder zahlen – das sollte uns doch mal ein Glas Champagner wert sein! Seltsamerweise lese ich die Zeilen anders, übersetze sie gleich familiär: „Du, Schatz, ich glaube, wir geben zu viel aus – das Konto ist schon wieder maximal überzogen“ „Macht nichts, Darling, ich habe den Überziehungskredit erhöht“, „Ach so, na ja, dann ist ja alles in Ordnung“. Eigentlich ist nichts in Ordnung. Die fahren einen klaren Pleitekurs – und als Familienoberhaupt hätte man den Privatkonkurs klar vor Augen. Wäre alles nicht so schlimm, würden wir mit diesen Leuten keinen großen Freihandelsmarkt planen – doch das ist ein anderes Thema, das uns wieder vorgelegt wird, wenn der Staatsbankrott wieder vor der Tür steht. Wir sollten erstmal vor unserer eigenen Tür kehren, denn dort warten die nächsten Herausforderungen auf uns: eine neue, gewaltige Welle von Arbeitslosen, diesmal aus dem IT-Bereich, siehe Zeit:

Verwundbar sind gut bezahlte Angestellte im Service-Bereich, die lange geglaubt haben, ihr Job könne niemals automatisiert werden und die jetzt feststellen müssen: Das stimmt nicht. Es gibt mittlerweile Maschinen, die sogar Anästhesien übernehmen können. Das ist eigentlich ein sehr gut bezahlter Job, der aber in Zukunft verschwinden wird. Genauso gibt es Computer, die Examen benoten, und sie tun das nicht schlecht. 

Viele, die heute Mittelschicht sind, sich gerade für ihre Familie ein Häuschen gebaut haben, gehen jetzt schon den Weg der USA: in Zukunft wird mit Sicherheit der Zeitpunkt kommen, wo sie sich die Raten für ihr Häuschen nicht mehr leisten können und auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Schlecht nur, dass der Staat zunehmend wie ein verantwortungsloser Unternehmer handelt, der viele Einnahmen hat, sich aber noch mehr Ausgaben leistet, um möglichst viele Menschen zu Millionären zu machen – aus dieser Ecke wird bald keine große Hilfe mehr kommen, hier greift schon die Lumpenelite (Regierungsdeutsch: Leistungselite) zu und privatisiert fortlaufend das Volksvermögen.

Selten hört man so deutliche Ansagen wie die von Tyler Cowen:

Aber zunächst hatten die Menschen Jahrzehnte schwieriger Anpassung vor sich. Ich glaube, die heutige Situation kommt dem sehr nahe. Die alten Technologien haben die Körperkraft ersetzt. Das führte dazu, dass Leute mehr und mehr in Berufe gewechselt sind, in denen sie ihr Gehirn benutzen. Die Technologien von heute ersetzen das Denken. Wohin die Leute jetzt ausweichen können, um neue Jobs zu finden, ist aber eine viel schwierigere Frage.    

Tja – wohin sollen die Leute noch ausweichen? Körperkraft wird nicht mehr gefragt, Geist auch nicht. In Deutschland (dem Land, dass in dem Bereich „industrieller Massenmord“ international die besten Erfahrungen aufweist) haben wir schon sprachliche Regelungen, die Problemlösungen aufzeigen, den „Kosten auf zwei Beinen“ wird „sozialverträgliches Frühableben“ nahegelegt, oder, kurz gesagt: „wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen“.

Die politische Klasse hat schon längst vor dem Problem kapituliert. „Jahrzehnte schwieriger Anpassung“ – das wissen die Leute auch. Sie haben das Vertrauen ins Leben verloren … und kriegen deshalb keine Kinder mehr; nichts bringt einen schneller in Hartz IV als noch ein paar Blagen am Hals zu haben.

Genau genommen unternimmt die Regierung schon Schritte, um sich abzusichern: DIE wissen ganz genau, was auf uns zukommt; Technik verdrängt Mensch. Das ist im Prinzip äußerst wünschenswert: dafür haben wir uns ja auf den Deal eingelassen, dafür haben wir unsere Parzellen aufgegeben und sind in die Fabriken gegangen, um bei der  industriellen Revolution mit zu wirken. Was uns nur niemand gesagt hat: für unsere Enkel und Urenkel ist in dieser arbeitsteiligen Lebensform, die wir mit aller Kraft und großen Opfern errichtet haben, kein Platz mehr: der Fluss des großen Geldes hat so viele Räuber angezogen, dass in unseren Haushalten kaum noch etwas davon ankommt. Weil wir das irgendwann erkennen werden (spätestens, wenn die Regale bei Aldi einfach leer sind, weil denen die Rendite in Europa zu niedrig geworden ist), plant die Regierung schon mal die nächsten Schritte, siehe TAZ:

Die Sicherheitsbehörden können in prekären Situationen künftig auf militärische Unterstützung zurückgreifen, wenn polizeiliche Mittel nicht ausreichend erscheinen. Aktuell stellt die Bundeswehr neue Einheiten im Rahmen des sogenannten Heimatschutzes auf. Die Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte (RSUKr) bestehen ausschließlich aus Reservisten der Bundeswehr. „In Bremen hat die Kompanie schon im Juni ihren Dienst aufgenommen“, bestätigt Oberstleutnant Uwe Roth vom Bundesverteidigungsministerium.

Es lohnt sich, mehr darüber zu lesen. Der Heimatschutz kann auch bei „zivilem Ungehorsam“ eingesetzt werden, bei politischem Generalstreik, sozialen Unruhen, Straßenblockaden – ich schäme mich ein wenig, dass ich wohl mit verantwortlich bin für diese Entwicklung: die Blockade von Autobahnen schwebte mir schon immer als letzte Möglichkeit gewaltlosen, zivilen Widerstandes vor. Jetzt aber erlischt auch diese Option, 27 neue Kompanien der Bundeswehr bereiten sich schon jetzt darauf vor, auch unbewaffneten Widerstand nieder zu schießen.

Bin ich der einzige, der das Denken der Planer jener Gesetze für ein kleines bischen pervers hält?

Nun – „Spiegelleser wissen mehr“ – weshalb es sich schon lohnt, täglich in dieses Blatt zu schauen, auch wenn es dadurch eine enorm systemstabilisierende Macht erhält. In einem Artikel über die Privatisierung von Krankheit durch den Kapitalismus finden wir einen bemerkenswerten Satz:

Die Folgen dieser Marktbürokratie sind vor allem auf der individuellen, psychischen Ebene spürbar. Denn das ständige Gefühl, gemessen und beobachtet zu werden, erzeugt eine Paranoia, die uns zu kafkaesken Sklaven unseres eigenen oder besser: fremdbestimmten Anspruchs macht. Damit sind wir längst in der „Kontrollgesellschaft“ angekommen, ein Begriff mit dem der Philosoph Gilles Deleuze eine Zeit beschrieb, in der die politischen und wirtschaftlichen Kontrollinstanzen weitgehend unsichtbar bleiben, dabei aber kaum an Macht einbüßen.

Deshalb haben wir Hartz IV bekommen, nur sind die meisten zu blöde, das zu merken: es ging nur darum, eine zusätzliche Kontrollbehörde zu bekommen, der Kapitalismus wollte eine Maschine, die auch jene nach neoliberalen Prinzipien kontrollierte, die nicht irgendwo von seinen Geldströmen abhängig und somit steuerbar waren. Gesellschaftliche Solidarität wird durch individuelle Verantwortung ersetzt – heißt es da: und so beschreibt man kurz und knapp die „Sozialpolitik“ der letzten Jahre.

Ein ganzes Volk wird durch äußere Zwänge in die Krankheit getrieben – und dort dann bar jeder Solidarität allein gelassen: auch eine Form von „Vernichtung durch Arbeit“ – wir wollen aber die historisch Ungebildeten jetzt nicht wieder durch Vergleiche aufbringen, die ihre romantischen Seifenblasenträume vom deutschen Wunderländle in Gefahr bringen.

Die Fakten in Deutschland sehen alles andere als rosig aus, siehe Spiegel:

Die Bundesregierung hat es geschafft, einen mühsam ausgehandelten EU-Kompromiss zum Klimaschutz zu torpedieren, um Ausnahmeregelungen für die mächtige heimische Autoindustrie durchzusetzen. Und danach für die eigene Partei Großspenden von Profiteuren eben dieser Regelung eingestrichen.

Die Bundesregierung ist eine Exekutive des Kapitalismus geworden, eines System, von dem ein Drittel aller Deutschen noch profitiert, während die Übrigen ihr eigenes Grab schaufeln dürfen. Dieses „System“ hat Deutschland seit 1945 im Griff, geplant wurde es schon im Dritten Reich – aber das will heute keiner mehr hören: Geschichten langfristiger Planungen überfordern den deutschen Geist der Gegenwart, der nur noch im „hier und jetzt“ lebt, wie es ihm tagtäglich von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik gepredigt wird: nur solchen Deppen können die Einigung in den USA als großen Sieg begreifen, weil hier und jetzt wieder etwas Geld fließen wird … bis zum großen Knall, der sicher kommen wird: laut Handelsblatt am 15. Januar 2014.

Bis der kommt, bezahlt die Wirtschaft die Regierung für renditesteigernde Maßnahmen, während das Volk sich abstrampelt, der Enteignung zu entkommen: nichts anderes ist Hartz IV – ein gigantisches Enteignungsprogramm für die Mittelschicht, die selbst noch gar nicht weiß, dass sie in den nächsten Jahrzehnten keine Arbeit mehr bekommen wird, mit der sie die steigenden Kosten begleichen können, die die Wirtschaft ihnen aufbürdet.

Das wir hier Zeugen eines breit gefächerten Angriffes auf alle demokratischen Grundstrukturen werden, wird in den Medien nur sehr selten besprochen – und hat keinerlei Konsequenzen mehr. Es ist letztlich sogar ein Angriff auf die Menschheit selbst. Insofern ist es kein Wunder, wenn der Sprecher der Giordan-Bruno Stiftung die versammelte Leistungselite darauf trimmt, den Menschen in Zukunft ganz anders zu sehen (siehe Vortrag „Rationalität und Mystik“): wir sollten uns mehr darauf konzentrieren, uns mit unseren ewigen Atomen zu identifizieren als mit unserem „Ich“, dass nur eine Illusion eins „blumenkohlförmigen Organs“ ist. Es kommt aber noch viel besser:

Wir sollten endlich akzeptieren, dass der Mensch nicht die Krone der Schöpfung ist, sondern bloß der Neandertaler von morgen, eine vorübergehende Randerscheinung in einem unendlichen Universum, das noch lange nach dem Ende unserer Spezies fortbestehen wird.

Der Mensch als Neandertaler von morgen – und das vor einer Rede der deutschen Lumpenelite. Die Frage, was denn in den nächsten Jahrzehnten auf die Bevölkerung zukommen wird, wie die „Anpassungsprozesse“ auszusehen haben, ist schon beantwortet: sie sollen aussterben, dem NEUEN MENSCHEN in einer NEUEN WELTORDNUNG Platz machen. Wir brauchen uns auch keine Sorgen um sie zu machen, ihre Atome werden ewig fortbestehen – auch wenn heute noch wirklich niemand weiß, was ein Atom überhaupt ist.

Das alles sind nur ein paar Informationen, die gestern Abend und heute Morgen auf meinem Schreibtisch eintrudelten. Setzt man sie ein wenig anders zusammen, erscheint jede einzelne Information in einem ganz anderem Licht: wir nähern uns der Zeit, wo sich der Kapitalismus seiner Neandertaler entledigen wird, wieder einmal ist „die Wissenschaft“ ganz vorne mit dabei … bei der Selektion. Wieso darf eigentlich so eine private Organisation fragwürdiger Herkunft (ein ehemaliger Kirchenmann und Unternehmer ist hier der Initiator) im Namen der „Wissenschaft“ vor der politischen und wirtschaftlichen Elite Deutschlands reden – und nebenbei ihre Perspektive der Welt manipulieren?

Die Antwort ist einfach: wir werden in Zukunft nur noch für einen Bruchteil der Bevölkerung GELD haben, also müssen wir uns schon jetzt Gedanken machen, wie wir das Problem angehen werden – und dafür brauchen wir ein moralisches Fundament, eine gemeinsame Metaphysik, die ein robustes Mandat gegen die eigene Bevölkerung nicht unethisch erscheinen läßt, sondern als alternativlose flexible Anpassung an geänderte Umstände begreift, ja sogar als wissenschaftlich abgesicherte logische Fortentwicklung im Sinne der darwinschen Evolutionstheorie.

Freuen wir uns also, dass es Menschen gibt, die die Auslöschung der gesamten Menschheit als Grund zum Jubeln ansehen, weil wir ja sowieso im ewigen Reigen der Atome fortbestehen.

Und deshalb – können wir auch Schulden machen als gäbe es kein Morgen.

Ein Morgen ist nicht mehr vorgesehen.

 

 

 

 

Verbotene Fakten über die Massenarbeitslosigkeit in Deutschland

Samstag, 6.7.2013. Eifel. Haben Sie sich schon einmal Gedanken über Arbeitslosigkeit gemacht? Nein, nicht um Ihre persönliche (die ist sowieso Ihr Privatproblem, worum sich weder Staat noch Wirtschaft noch weiter kümmern wollen), sondern um die gesellschaftliche  Bedeutung von Arbeitslosigkeit? Das sie eine hat, scheint klar: immerhin ist die Ver- bzw. Zuteilung von Flachbildfernsehen, Blue-Ray-Playern, I-Pods und Neuwagen direkt an einen Arbeitsplatz gekoppelt: gibt es diese Plätze nicht, produziert die Wirtschaft für die Halde - oder - wie momentan - für das Ausland, das die Waren dann mit Krediten aus Deutschland kaufen kann ... Kredite, die sie niemals wieder zurückzahlen können. Damit wären wir im Herzen der Eurokrise, aber nicht im Herzen der Arbeitslosigkeit angelangt.

Samstag, 6.7.2013. Eifel. Haben Sie sich schon einmal Gedanken über Arbeitslosigkeit gemacht? Nein, nicht um Ihre persönliche (die ist sowieso Ihr Privatproblem, worum sich weder Staat noch Wirtschaft noch weiter kümmern wollen), sondern um die gesellschaftliche  Bedeutung von Arbeitslosigkeit? Das sie eine hat, scheint klar: immerhin ist die Ver- bzw. Zuteilung von Flachbildfernsehen, Blue-Ray-Playern, I-Pods und Neuwagen direkt an einen Arbeitsplatz gekoppelt: gibt es diese Plätze nicht, produziert die Wirtschaft für die Halde – oder – wie momentan – für das Ausland, das die Waren dann mit Krediten aus Deutschland kaufen kann … Kredite, die sie niemals wieder zurückzahlen können. Damit wären wir im Herzen der Eurokrise, aber nicht im Herzen der Arbeitslosigkeit angelangt.

Der Nobelpreisträger Joseph Stieglitz hat in seinem Buch „Im freien Fall – vom Versagen der Märkte zur Neuordnung der Wirtschaft“ interessante Fakten erwähnt. In einer Fußnote (1.Auflage, Pantheon Verlag 2010, Seite 437) spricht er über echte Arbeitslosenzahlen, die zur effektiven staatlichen Steuerung von Wirtschaftsprozessen unerläßlich sind:

Die saisonbereinigte Gesamtquote der Arbeitslosen plus aller geringfügig Beschäftigten plus aller aus ökonomischen Gründen Teilzeitbeschäftigten in Prozent der gesamten zivilen Erwerbsbevölkerung betrug im Oktober 2009 17,5 %

Horrorzahlen, oder? Riesige Massenarbeitslosigkeit in den USA – und keiner merkts?

Nein, nur die Bezugsgrößen wurden verändert. Wer keinen richtig echten Job mehr hat, von dem eine ganze Familie leben kann, der ist im Rahmen der Ver- bzw. Zuteilung von Luxusprodukten so benachteiligt, dass er als arbeitslos gelten kann bzw. kaufkraftmäßig einem Arbeitslosen gleichgestellt ist.

Da stellt sich schnell die Frage – sie sieht das eigentlich für Deutschland aus?

Regierung und Bundesagentur für Arbeit jubeln stetig aufs Neue, wie toll man die Arbeitslosigkeit bekämpft hat – was aber wäre, wenn man mal genauer nachschaut und Stieglitz´Perspektive einnimmt?

Erstmal – was haben wir aktuell an Arbeitlosen? Richtig echten, von der Regierung offiziell genehmigt?

3 Millionen 46 ooo am heutigen Tag, siehe Jobbörse BA

Weniger als eine Million davon sind ALG 1 Bezieher (siehe Statista).

ALG 2 Bezieher haben wir 4,4 Millionen (siehe Statista), zusammen mit den ALG 1 Beziehern kommen wir auf 5,2 Millionen Arbeitslose.

Angesichts von 42 Millionen arbeitsfähigen Deutschen wären wir da schon bei einer Arbeitslosenquote von satten 12, 5 %. Andere Quellen erwähnen 39,7 Millionen arbeitsfähige Deutsche – da sehe die Quote schon schlimmer aus.

Wir wollen aber nicht kleinlich sein, denn wir haben noch andere, die wir zu den 5,2 Millionen addieren müssen – zwischen 3,1 und 4, 9 Millionen, die zwar Leistungsansprüche haben, diese aber nicht wahrnehmen (siehe yahoo).

Manche von ihnen werden Geringverdiener sein. 20 % der erwerbsfähigen Bevölkerung sind dort anzusiedeln (siehe Tagesschau), acht Millionen Menschen, jeder vierte arbeitet 50 Stunden die Woche (siehe Focus).

5,2 Millionen Arbeitslose ohne irgendeine Tätigkeit plus

3,1 Millionen Arbeitslose (minimal) ohne Leistungsbezug (oder Vermögen) plus

8 Millionen Geringverdiener.

Natürlich gibt aus auch noch Aufstocker – 1,2 Millionen – aber die sind schon in der Statistik der Hartz IV-Empfänger enthalten … hoffe ich.

Manch einer will jetzt vielleicht schon den Rechenblock zücken … was zu früh wäre.

Nach Stieglitz brauchen wie nämlich noch die Teilzeitarbeiter.

Zehn Millionen haben wir davon in Deutschland – ein Spitzenwert in Europa laut Zeit.  Das sind 26 % aller Beschäftigten in Deutschland (wobei ich nicht genau weiß, ob da schon die korrigierten Bevölkerungsanteile enthalten sind … aber: wir wollen ja nicht kleinlich sein).

Welche Teilzeitbeschäftigte beziehen nun nicht als Aufstocker Hartz IV, sind keine Geringverdiener?

Gut die Hälfte der Aufstocker arbeitet in Teilzeit (siehe Frankfurter Rundschau) – ältere Daten, aber für die grobe Rechnung reicht das. Ziehen wir also 600 000 von den zehn Millionen ab: es bleiben 9, 4 Millionen. Alles Geringverdiener? Wäre schön … dann blieben aber mindestens 1,4 Millionen übrig – denn Geringverdiener haben wir nur 8 Millionen.

Damit haben wir 17,7 Millionen Arbeitlose in Deutschland – so wie Stieglitz sie zählen würde. Oder 19,5 wenn wir weniger blauäugig rechnen.

Das machte eine reale Arbeitslosigkeit – im günstigsten Falle – von 41,4%.

Beachtlich, oder?

Holen wir uns andere, aktuelle Daten zur Hilfe – aus der Berliner Zeitung:

„An die Stelle klassischer Beschäftigungsmodelle treten zunehmend befristete Arbeitsverhältnisse, Zeitarbeit und Teilzeitjobs“, sagt Eric Thode, der Co-Autor der Studie. Waren diese Beschäftigungsverhältnisse jahrzehntelang Sonderformen, machen sie derzeit immerhin schon 40 Prozent der Anstellungen aus. Tendenz steigend. In Branchen wie dem Dienstleistungssektor ist mittlerweile nur noch jeder zweite Arbeitnehmer unbefristet als Vollzeitkraft beschäftigt.

Nun ist die Branche „Dienstleistungsektor“ keine Branche wie jede andere. Dienstleistungsgesellschaft ist unsere Zukunft – nach dem Wegfall der Arbeitsplätze in der Agrargesellschaft oder der Industriegesellschaft. Das wurde uns lange Jahre gepredigt, die Gesellschaft, die sich gegenseitig die Hamburger serviert, ist unser Utopia – wenn wir genug Geld hätten, die Hamburger zu bezahlen.

Bleiben wir bei der Bertelsmannstudie. Die Teilzeitjobs machen ca. 20 % der Jobs aus – aber was ist mit den befristeten Arbeitsverträgen und der Zeitarbeit?

Stieglitz würde sie wohl auch  nicht als ordentliche Arbeitsverhältnisse durchgehen lassen – immerhin schwebt man immer direkt über dem Jobcenter und bleibt in einer prekären Situation.

Manche der befristeten Arbeitsverhältnisse sowie der Zeitarbeit finden wir wohl auch bei den Geringverdiener. Aber selbst wenn es alle wären und es nur noch billigste Lohnsklaverei im Dienstleistungssektor gibt … bleiben noch ein paar Millionen übrig. 8,8 Millionen, um genau zu sein.

Drehen wir den Spieß aber einfach mal um und sagen: 40 % haben aktuell keinen tollen, echten Job, wie man ihn braucht, um im Kapitalismus angstfrei überleben zu können.  Das sind 16,8 Millionen. Dazu kommen noch 5, 2 Millionen Arbeitslose, die definitiv keinen Job haben (die Aufstocker lassen wir mal draußen).

Da kommen wir auf 22 Millionen Menschen – von 42 Millionen.

Nur noch 20 Millionen haben einen echten Job, davon sind 1,7 Millionen Beamte (Arbeitslose mit Sonderfunktionen im Staatsdienst) und 4,6 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst (Arbeitlose mit Sonderfunktion in der Arbeitslosenverwaltung): macht 6,3 Millionen Menschen, die zusätzlich von staatlichen Subventionen abhängig sind.

Die wollen wir mal von den 42 Millionen abziehen, weil sie kaum wirtschaftlich produktiv aber ungemein teuer sind.

Bleiben als Grundlage: 35,7 Millionen echte Arbeitnehmer, von denen 22 Millionen arbeitslos sind.

Der aufstockende Teilzeitbeamte ist hier nicht berücksichtigt, dafür berechnen wir nur 3,1 Millionen Arme ohne Hartz IV – sonst sähe es noch schlimmer aus.

Damit haben wir eine reale Arbeitslosigkeit von 61 %. 

Nur noch 39 % der Deutschen haben einen echten Job in der privaten Wirtschaft, der eine Familie ernähren kann. Tendenz: weiter sinkend.

Darum baut die deutsche Wirtschaft auf Export – und darum jongliert die Politik mit Zahlen genauso, wie ich es jetzt gemacht habe.

Selbst wenn ich mich um ein paar Millionen verrechnet haben sollte … diese Zahlen erklären hinreichend die Staatsverschuldung von 2 Billionen Euro.

Neuwagen werden übrigens zum überwiegenden Teil (60 %, siehe Jan Kluge, Unliebsame Wahrheiten, Seite 92) von Firmen angemeldet – und vom Steuerzahler bezahlt. So steht hinter den Rekordgewinnen der Automobilindustrie auch der Steuerzahler, was in Hinblick auch die zukünftige Entwicklung von Arbeitslosigkeit keine Hoffnung macht.

Die 39 % mit den echten Jobs müssen übrigens für all´ die anderen aufkommen – auch für 165 Milliarden Subventionen an deutsche Firmen: das sind allein 12000 Euro im Jahr für jeden von Ihnen. Aber: dafür haben sie ja wenigstens überhaupt Arbeit.

Noch eine Zahl, die die Realität der Arbeitslosigkeit jenseits der Regierungspropaganda unterstreicht? Ok, eine noch (aus Kluge, a.a.O., Seite 75): von 47 Millionen deutschen Haushalten zahlen 23,5 Millionen Haushalte KEINE Steuern. Mit einem Jahreseinkommen von unter 8004 Euro brauchen sie das nicht.

Wie diese Deutschen die 2 Billionen Euro Staatsschulden PLUS 1,57 Billionen Privatschulden (Tendenz: steigend!, siehe Spiegel) zurückzahlen wollen?

Nun – Kanzerlin Angela Pippi Merkel-Langstrumpf weiß wie (Text bei Golyr)

2 x 3 macht 4
Widdewiddewitt und Drei macht Neune !!
Ich mach‘ mir die Welt
Widdewidde wie sie mir gefällt ….


Und so werden auch die Arbeislosenzahlen berechnet, um die Märkte nicht zu beunruhigen.

 

 

Was wünschen wir dem Euro

fragt das Prollblog:

Wenn die Volksabstimmung bei den Griechen ausgefallen ist, will sich die PROLLblog(in) nicht zurückhalten, und allen Menschen, Europäern, Kaninchen, Pawlowschen Hunden und sonstigen Internetzteilnahmsberechtigten die Gelegenheit geben, an dieser Stelle und Stellin über die Zukunft der Europäischen Union, der Europäischen Währung und der kommenden Rezeptur des zu den Spielen gelieferten Brotes und der Brotin abzustimmen.

Hier klicken und Abstimmen.

Deutschland! Aufruhr? Nee, aber …. Diktatur – GESTAPO in Vaals und Hausdurchsuchungen beim Eifelphilosophen

Manchmal sitze ich hier und denke: „Du solltest mal was über Guttenberg schreiben.“ Das machen gerade alle. Über Guttenberg schreiben. Da vergeht die Zeit wie im Flug, das macht Spaß, das bringt gute Laune. Mir nicht. Ich hatte schon das Vergnügen – das hat gereicht. Inzwischen schwillt eine riesige Guttenbergwolke durch die Medienwelt und verstopft den Blick für reale Entwicklungen, die man im Dunstkreis dieser Asche leicht übersieht:

Der Aufruhrvirus geht um!

Aus Indien meldet rian Unruhen:

Bis zu 40.000 Menschen sind am Mittwoch in Neu Delhi auf die Straße gegangen, um gegen Korruption und wachsende Lebensmittelpreise zu protestieren. Die Demonstrationen legten den Straßenverkehr in der indischen Hauptstadt weitgehend lahm, wie ein RIA Novosti-Korrespondent berichtet.

Aus den USA berichtet der Hintergrund:

Angefangen hat alles in Wisconsin. „Im Mittleren Westen, wo einst die Wiege der amerikanischen Arbeiterbewegung stand, will der republikanische Gouverneur die Gewerkschaften zerstören – Hunderttausende protestieren“, berichtete der Nachrichtensender n-tv. (1)
Was war geschehen? Gouverneur Scott Walker hatte angekündigt, künftig Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Regierung im öffentlichen Dienst abzuschaffen. Daraufhin gingen am Wochenende aus Protest allein in Wisconsins Hauptstadt Madison bis zu 100.000 Menschen auf die Straße. Nach Medienberichten handelt es sich um die größte Demonstration, die dort seit dem Ende des Vietnamkriegs zu beobachten war. (2)
Zusätzlich angeheizt hatte Walker die gegen ihn gerichtete Stimmung mit der Drohung, „die Nationalgarde ins Spiel zu bringen, um die Demonstranten zu bändigen.“ (3)

Im selben Hintergrund Unruhen in Griechenland:

Zahlreiche Streiks gegen das harte Sparprogramm und die unpopulären Arbeitsmarkt-Reformen der griechischen Regierung haben am Mittwoch den öffentlichen Verkehr des Landes weitgehend lahmgelegt.
Busse in Athen sowie die Eisenbahn standen still, von Piräus liefen keine Fähren zu den Ägäis-Inseln aus. Am Mittag legten auch die Fluglotsen für vier Stunden die Arbeit nieder. Dutzende Flüge fielen aus.
Zudem wurden alle Behörden und Ministerien bestreikt. Auch die Lehrer und die Journalisten traten in den Ausstand, so dass es im Radio und Fernsehen keine Nachrichten gab. Viele kleine Geschäfte blieben geschlossen.

Die Menschen haben auch allen Grund zu klagen: was sie erleben, ist eine Entwicklung, die wir in Deutschland schon kennen: nach einer Phase beispielloser Deregulierung von Arbeits- und Finanzmärkten, die allen Wohlstand und Arbeit verschaffen sollten, haben wir nun eine Phase der Finanznot, die man kaum besser ausdrücken kann als es das statistische Bundesamt für uns macht:

Die öffentlichen Haushalte waren nach ersten vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) am 31. Dezember 2010 mit insgesamt 1 998,8 Milliarden Euro verschuldet. Dies entsprach rechnerisch einer Schuldenlast von 24 450 Euro pro Kopf. Gegenüber dem 31. Dezember 2009 hat sich der Schuldenstand um 18,0% beziehungsweise 304,4 Milliarden Euro erhöht. Dies war der höchste absolute Zuwachs des Schuldenstandes in einem Jahr seit Bestehen der Statistik. Die Ergebnisse umfassen die Kreditmarktschulden und Kassenkredite und beziehen sich auf die Kernhaushalte des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände und ihre jeweiligen Extrahaushalte.

ZWEITAUSEND MILLIARDEN EURO SCHULDEN: das kann man doch selbst mit Mathe-Leistungskurs gedanklich nicht mehr erfassen. Das sind zwei Millionen Millionen. Von dem Geld könnte man allen Hartz-Abhängigen ein Haus kaufen … jedem eins, damit wir uns richtig verstehen und nicht versehentlich der Regierung neue Flausen in den Kopf setzen.

Wir wissen, was uns letztlich die Bankenrettung kosten wird – veröffentlicht in Wall Street Online:

Erstmals liegt eine Schätzung über die zu erwartende Gesamtbelastung nach Abzug möglicher Erlöse durch die Bankenrettung in Deutschland vor. Im Ergebnis wird die Rettung derBanken infolge der Finanzkrise für die Steuerzahler teuer. „Alles in allem werden wir – Bund und Länder zusammengenommen – bei einem Verlust in Höhe einer mittleren zweistelligen Milliardensumme enden“, so Daniel Zimmer, Vorsitzender des von der Bundesregierung eingesetzten Expertengremiums zum Ausstieg des Staates aus den Bankenbeteiligungen gegenüber der Wochenzeitschrift „Die Zeit“.

Und das ist ja noch nicht alles. Es kommt ja noch dicker. Das kommt davon, wenn man sich von Leuten regieren läßt, die sich den Doktortitel erschleichen. So findet man  heute unter anderem bei wiwo neue Kostenrisiken:

Die anhaltende Diskussion um die milliardenschweren Forderungen, die die Bundesbank seit Beginn der Finanzkrise gegenüber dem Euro-System aufgebaut hat, reißt nicht ab. Die Frankfurter Währungshüter sahen sich daher gestern zu einer Stellungnahme veranlasst, in der sie betonten, dass die Forderungen von 325,5 Milliarden Euro „kein eigenständiges Risiko“ darstellten.

Nachdem man uns die Rechnung für 2010 präsentiert hat, weiß ich nicht, ob wir diesen Dementis noch glauben dürfen. An Hartz IV hat die Rekordverschuldung jedenfalls nicht gelegen, die Arbeitslosen waren ja fast alle fort und ihre fünf Euro kriegen die erst dieses Jahr. Dabei wäre es für alle besser, die würden mehr bekommen, denn laut DIW bei shortnews sind es gerade die Arbeitslosen, die uns einen Superaufschwung jenseits allen Vorstellungsvermögens bescheren könnten, wenn ihnen die Reichen nicht immer das Geld wegnehmen würden:

Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung könnte die deutsche Wirtschaft noch stärker wachsen, wenn die Unterschiede zwischen Arm und Reich nicht immer größer werden würden. Diese Kluft bremse die deutsche Wirtschaft.
Reiche Haushalte legen ihr Geld lieber an, statt zu Konsumieren oder im Inland zu investieren. Haushalte mit geringem Einkommen brauchen fast ihr gesamtes Geld zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes.

Wir kennen also das Problem. Wir kennen auch die Täter. Junge Welt weist heute mal wieder drauf hin:

Teile und herrsche: Die Handelspolitik der Europäischen Union steht im Dienste von Konzerninteressen

Die Europäische Union interessiert nämlich nur eines: »Neue Instrumente suchen, um ökonomisch zu wachsen«, wie es Marianne Gumaelius von der Generaldirektion Handel ausdrückte. Und dafür macht sie in ihrer Handelspolitik BAYER & Co. den Weg frei, nicht nur in Kolumbien und Peru, sondern auch in Zentral­amerika, Indien, Südkorea und auf dem afrikanischen Kontinent – koste es, was es wolle.

Sollte eigentlich langsam bekannt sein, wer die Macht im Staate in Händen hält. Direkt vor Ort in Deutschland ist es mitlerweile in der Berliner Republik so schlimm, das manche offen von einem Demokratiedefizit sprechen und zur Revolution in Deutschland aufrufen – hier allerdings aus der Schweiz in zeit-fragen:

Europa war und ist der Arroganz und Autorität der deutschen Machthaber hilflos ausgeliefert.
Was bei dieser Machtpolitik auffällt, ist die Tatsache, dass diese nur durch eine kleine Elite in Berlin betrieben wird. Das deutsche Volk ist dabei von jeder Mitwirkung oder Mitsprache ausgeschaltet. Ein Beispiel dieses Demokratiedefizits ist die Beteiligung Deutschlands am Krieg in Afghanistan. Während die deutsche Bevölkerung immer wieder den Abzug der deutschen Truppen aus dem unseligen Krieg fordert, stockt die Merkel-Regierung den Bestand ihrer Truppen schrittweise auf. Die Existenz einer deutschen Demokratie ist deshalb mit einem Fragezeichen zu versehen. Eine echte Demokratie könnte nur entstehen, wenn auch in Deutschland Verhältnisse, wie sie gegenwärtig in Ägypten herrschen, ausbrechen würden. Das deutsche Volk müsste sich geeint gegen seine Machthaber in Berlin erheben. Nach einem Jahrhundert von Kriegen und Diktaturen könnte in Deutschland endlich eine echte Demokratie eingeführt werden. Dies wäre auch die Voraussetzung für einen echten Frieden in Europa.

„Das deutsche Volk müßte sich geeint gegen seine Machthaber in Berlin erheben“ – so einen Satz 2011 wieder lesen zu müssen, ist eine Schande. Eine Schande für dieses Land, dieses Volk und für die Bonner Republik, aus der das Berliner Monstrum hervorgekrochen ist.

Wer nun meint „Ach, komm´, mir geht´s gut, mir kann nichts geschehen“ der sollte mal flugs seinen Blick nach Holland lenken, denn dort erprobt man gerade neue soziale Umgangsformen, für die sich der Aachener Bürgermeister laut NrhZ auch sehr interessiert:

Der Bürgermeister von Vaals, Reg van Loo, lässt unangemeldete Hausbesuche anordnen. Denunziantentum und staatlicher Willkür wurden im niederländischen Aachener Nachbarort Vaals Tür und Tor geöffnet. Kritische Stimmen werden strukturell und methodisch unterdrückt. Will Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp (CDU) diesem „Vorbild“ nun folgen?

Die (in Vaals bis zu 22 Personen starken)
„Flex-Teams“ werden zusammengestellt aus Angehörigen von Institutionen wie Polizei, Feuerwehr, Spezial Agenten (Innere Sicherheit), städtischen Beamten und sozialen Diensten.

Grundrechtlich verankert können offizielle Hausdurchsuchungen auch in den Niederlanden nur durchgeführt werden, wenn ein Verdacht auf kriminelle Machenschaften vorliegt und darauf ein Durchsuchungsbefehl ausgestellt wurde. Die Hausdurchsuchungen durch die „Flex-Teams“ finden laut der niederländischen Regierung auf freiwilliger Basis statt – ein unschuldiger Bürger habe ja nichts zu befürchten, und es mache ihm  sicherlich nichts aus, dass seine Wohnung oder sein Haus durchsucht werde.

Das übliche Argument: wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts dagegen, wenn mal eben 22 Mann sein Haus auf den Kopf stellen, weil ein anonymer Anrufer irgendetwas „Verdächtiges“ dort gesehen zu haben meint:

Trotz Beschwerden von Bürgern und Bürgerbeauftragten in Den Haag und Rotterdam standen vor zwei Wochen erneut mehrere Miethäuser, einmal ein ganzer Straßenabschnitt, in Vaals „unter Verdacht“. Man habe angeblich den Brandschutz prüfen wollen, berichtete ein
erschrockener Anwohner. Es sei nicht erkennbar gewesen, inwiefern der offensichtlich vorhandene Brandschutz von Interesse war. Alle Wohnungen in diesen Häusern wurden von oben bis unten durchsucht. Darf Derartiges in einem demokratischen Rechtsstaat möglich sein?

In einem demokratischen Rechtsstaat natürlich nicht. Aber wir leben hier in Deutschland. Da orientiert man sich gerne an niederländischem Vorbild, nicht nur – wie schon erwähnt – in der Arbeitsmarktpolitik:

Nach zuverlässigen Informationen führte der Aachener Oberbürgermeister in der vergangenen Woche ein Gespräch mit dem Vaalser Bürgermeister zu den Erfahrungen mit den „Quasi-Überfall-Kommandos“.

Wer nach diesen Randdaten noch Fragen hat, warum Guttenberg schnell Ausländer in die Bundeswehr holen will, dem sei ein Blick nach Lybien gegönnt, den die Welt heute wagt. Dort kann man sehen, wie nützlich Ausländer in gewissen Situationen sein können:

Seit Tagen häufen sich Berichte, wonach das libysche Regime ausländische Söldner zur Niederschlagung des anhaltenden Volksaufstandes einsetzt. Libyens Machthaber Gaddafi, der geschworen hat „bis zum letzten Tropfen Blut“ gegen die Proteste kämpfen zu wollen, ersetzt die immer häufiger zu den Demonstranten überlaufenden Soldaten seiner Streitkräfte offenbar durch bezahlte Milizionäre aus anderen afrikanischen Staaten.

Da stellt auch keiner mehr unangenehme Fragen nach Plagiaten.

Jetzt habe ich doch noch über Guttenberg geschrieben und das gemacht, was man Blogs gemeinhin vorwirft: Angst gemacht.

Die kriege ich aber auch, wenn ich einfach mal nur einen schnellen Streifzug durch die Informationswelt mache und die Lotsenfunktion des Soldjournalismus missachte.

Vaals und Aachen sind nicht weit entfernt von hier. Eine unangekündigte Hausdurchsuchung durch einen Mitarbeiter des Jugendamtes Aachen aufgrund einer (bislang) anonymen Anzeige hatte ich letzte Woche. Seine Suche nach blutrünstigen Zombiefilmen, die ich mit meinen kleinen Kindern regelmäßig Sonntag abends schaue, blieb vergeblich. Schade – ich hätte mir gerne mal einen angeschaut. Ich finde moderne Mythen spannend, wie man weiß.

Schon ein anonymer Telefonanruf bei der niederländischen „Sichtstrippe” reicht aus. Die „Sichtstrippe” ist ein Bürgertelefon, bei dem man den Verdacht auf angebliche Straftaten melden kann. So genügt ein anonymer Anruf, um einen Verdacht auf Personen zu lenken und eine Hausdurchsuchung einzuleiten.

Die „Hausdurchsuchung“ war nicht so drastisch, wie das Wort sich anhört, die Wirkung auf meinen Sohn schon. Für mich war sie völlig unverständlich, völlig überrumpelt („weil ich ja nichts zu verbergen habe“) ließ ich sie auch zu … das Ganze ließ mich aber schon überlegen, ob ich vielleicht doch zu wenig anonym gewesen bin:

Die Frage lautet: Wer bekommt als Nächster ungebetenen Besuch? Kritische Bürger, die Missstände in der Kommunalpolitik beklagen? Demonstranten für eine bessere Politik? Missliebige investigative Journalisten?

Sollte ich also in den nächsten Wochen ganz still werden oder für immer verschwinden … dann kann man davon ausgehen, das ich in den letzten Jahren zu sehr an Dinge gerührt habe, die man lieber im Rahmen der Lotsenfunktion des Journalismus unterbinden möchte.

„Even the worsest case“ … immer den schlimmsten Fall annehmen, sollte man halt nicht nur für andere predigen.

Meine letzten Worte für den Fall? Ein kleines politisches Testament eines Menschen, der zwar unbequem aber nicht unangreifbar ist?

Es ist nur eine kleine Elite in Berlin. Eine kleine Plagiatselite.

Mehr nicht.


USA Bankrott, Deutschland pleite, Volk arm, Boni boomen: „goldene Jahrzehnte“ voraus!

Wieder ein neuer Tag in Deutschland. Ein Tag, bei dem die Medien und Nachrichtenagenturen mir helfen, mich in der Welt zurecht zu finden. Zum Beispiel in der Wirtschaft. Wirtschaft ist ja wichtig, wichtiger noch als Politik. Politik macht nicht satt, wirtschaften schon. Da ist es doch mal wichtig,  zu wissen, was auf einen  zukommt. Da geht heutzutage auch viel einfacher als früher, denn heutzutage wissen wir soviel, das es uns leicht fällt, zu sehen, welche Entwicklung die Welt nehmen wird. Zum Beispiel 2015: da gibt es einen großen Crash, sagt Finanz.net

Die Unternehmensberatung Oliver Wyman malt das Schreckgespenst einer neuerlichen Finanzkrise im Jahr 2015 an die Wand.

So was hatte ich auch schon mal gehört – aber es beunruhigt mich nicht, denn: wir werden alle reich – siehe Presse.com:

Ökonomen einer Bank erregen Aufsehen. Sie verheißen bis mindestens 2030 den dritten „Superzyklus“, sein Wachstum wird höher sein als in der Gründerzeit und goldene Jahrzehnte für die Weltwirtschaft bringen.

Das Paradies auf Erden … und die deutliche Botschaft: es sieht zwar momentan so aus, als würde alles den Bach ´runtergehen, aber lasst uns nur noch zwanzig Jahre weitermachen, dann kommt das Heil auf Engelsflügeln vorbei – wenn nichts schiefgeht:

Mehr Sorgen macht den Forschern, was ihre These gefährdet. Weil so viel vom Handel abhängt, wird der Protektionismus zum größten Risiko für das verheißene Superwachstum. Die USA verlieren ihre ökonomische Dominanz. China, Brasilien, Russland zeigen Muskeln in einer „multipolaren“ Welt.

Früher hätte das zu Kriegen geführt, künftig könnten es Wirtschaftskriege sein. Die eingesetzten Waffen: hohe Zölle, Exportstopp für Rohstoffe, gesteuerte Kapitalströme und manipulierte Währungen. Der Kollateralschaden: ein abgewürgtes Wachstum, unter dem alle leiden.

Na, wenn das alles ist … dann kann ja nichts mehr schiefgehen.  Dann ist doch alles in Ordnung. Die USA verlieren sicher gerne und widerstandslos ihre ökonomische Dominanz, das macht denen gar nichts aus – die machen jetzt schon einfach mal zwei Wochen zu, wenn es nach der Süddeutschen Zeitung geht:

Wenn nichts geschieht, sperrt Amerika in zwei Wochen einfach zu. Eine Weltmacht – wegen akuten Geldmangels geschlossen. Das wären die grotesken Konsequenzen eines Kräftemessens in Washington, das am Wochenende in die entscheidende Runde gegangen ist. In einer Nachtsitzung – exakt am Samstagmorgen um 4.40 Uhr – beschloss das US-Repräsentantenhaus mit den Stimmen der neuen republikanischen Mehrheit Kürzungen von 61 Milliarden Dollar im laufenden Haushaltsjahr.

Das wäre dann ja fein. USA geschlossen – Welt reich.

Das Kapital rechnet schon mal mit diesem Szenario und flüchtet aus dem Land … zuerst aus der Gemeindefinanzierung, siehe FTD:

Kommunalanleihen sind für viele Gemeinden in den USA eine wichtige Finanzierungsquelle. Wegen der hohen Schulden vieler Städte befürchtet die Ratingagentur Zahlungsausfälle. Investoren fliehen aus spezialisierten Fonds.

Kein Wunder, das Ökonomen in der Zeit deutliche Worte Richtung USA sprechen:

„Amerika muss endlich aufwachen“ Der Chicago-Ökonom Raghuram Rajan sieht in der Einkommensungleichheit in den USA die Ursache der Finanzkrise. Im Interview kritisiert er die Geldpolitik der Notenbank.

Gerade aber diese Einkommensungleichheit ist doch Ziel der Finanzelite der Welt, daran arbeiten die doch gezielt weiter – lese ich jedenfalls im Focus:

Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, hat die millionenschweren Bonuszahlungen für Bankmanager scharf kritisiert. Er finde es „skandalös“, dass die Banken nach der weltweiten Wirtschaftskrise in ihre alte Praxis zurückgefallen seien, sagte Strauss-Kahn einer französischen Zeitung.

Nun, was sollten die auch anderes machen. Gelernt haben sie durch die Krise vor allem eins: der Staat zahlt alles. Die TAZ legt gerade die Rechnung vor:

Die Rettung der angeschlagenen deutschen Banken hat die Verschuldung in Deutschland 2010 so stark in die Höhe getrieben wie noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Bund, Länder und Gemeinden waren zum Jahresende insgesamt mit 1,999 Billionen Euro verschuldet, je Bundesbürger entspricht das 24.450 Euro. Das teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit.

Fünfzehn Prozent des Bundeshaushaltes fließen in Zinszahlungen – Wahnsinn. Da macht jemand mit der Bankenrettung noch richtig viel Geld. Jemand? Nun … die Banken machen mit der Bankenrettung und dem Geld, das sie zur Bankenrettung verliehen haben, richtig viel Geld.

Ich erkläre mal kurz das System, so wie ich es verstanden habe:

Bank A verkauft Bank B Schrottpapiere. Soviele, das Bank B fast Pleite geht. Dann geht Bank B zum Staat und jammert. Staat geht zu Bank A und leiht sich Geld zur Rettung der Bank B … genau jenes Geld, das Bank B zuvor Bank A für Schrottpapiere gegeben hat. Ein Supergeschäft. Bank A hat das Staatsvermögen, Bank B geht es auch wieder gut, alle kriegen Boni und der Staat ist pleite.

Dank der Riesenboni ist auch die Staatspleite für die engagierteren Beteiligten (man nennt sie auch „Leistungsträger“ oder „Verbrecher“ – je nachdem, auf welcher Seite man gerade selbst steht) nicht sonderlich tragisch. Man kann sie via TV von Barbados aus wunderbar genießen – die Hungersnöte, die Aufruhen, die ganzen Leichen … einfach herrlich, sowas am eigenen Sandstrand der Karibik mit Cocktail und Gespielin in Händen zu erleben.

Da kann man sich dann auch so richtig über die Sozialromantiker amüsieren, die mit ihren mitleidsheischenden Botschaften die Welt bevölkern, wie zum Beispiel jene im kathweb:

Caritas-Weltpräsident Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga hat den reichen Nationen vorgeworfen, Geld für die Banken, aber nicht für die Armen zu haben. Nach Berechnungen des von Rodriguez geleiteten Caritas-Weltdachverbands („Caritas Internationalis“) wäre kurz vor der Finanzkrise eine Hilfe von sieben Milliarden Dollar nötig gewesen, um effektiv die Armut der Welt lindern zu können, sagte der Erzbischof von Tegucigalpa (Honduras) am Montag dem internationalen Hilfswerk „Kirche in Not“ in München.

Von der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sei jedoch die Auskunft gekommen, dass dieses Geld leider nicht vorhanden sei, berichtete Rodriguez. Ein Monat später hätten die reichen Nationen plötzlich 600 Milliarden Dollar aufgebracht, um einige Banken zu retten.

Das scheinen mir doch mal gute Nachrichten zu sein: man spart wieder. Vielleicht sollten die Hungernden eine Bank gründen? Dann würde ihnen geholfen werden. Wir retten Geld, aber doch keine Menschen.

Deutschland ist in dieser Entwicklung ganz vorne mit Fünf Euro dabei: das Hartz-Debakel hat deutlich gezeigt, das hier kein Herz mehr links schlägt … das eigentlich gar kein Herz mehr da ist. Und wo das Herz noch links schlägt, da kriegt man Angst, wie in der FTD nachzulesen ist, wo sich mal ein Undercoverjournalist bei den Linken eingeschlichen hat:

Ich wollte das ganze Programm, auch die Demos. Mein Gott, es war so kalt, ich schwenkte unsere Fahne, neben mir gingen minderjährige Autonome, die ich lächerlich fand, und am Rand standen Passanten, die mit dem Finger auf uns gezeigt haben. Ich schäme mich überhaupt nicht, für den Frieden zu demonstrieren, trotzdem hatte ich Angst, dass ich erkannt werde, vom Nachbarn, von der Marktfrau am Viktualienmarkt, von einer Kollegin. Es war befremdlich, für eine Sache auf die Straße zu gehen, auch wenn es eine gute ist.

Man schämt sich nicht … aber es ist befremdlich und macht Angst. Auch wenn man eigentlich nicht wirklich dazugehört.  Kein Wunder, diese Angst, wenn man sich mal umschaut: alle pleite, alles düster, aber … man weiß schon, das man nicht wirklich drüber reden darf, denn dann … zeigen die Leute mit Fingern auf einen.

Stattdessen warten wie lieber auf goldene Zeitalter, die kommen werden … wenn nichts schiefgeht.


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