Samstag, 29.10.2016, Eifel. Liebe Leser – so etwas machen wir selten. Es gibt viel Leid in der Welt – mehr, als wir mit unseren Ressourcen aufhalten können. Wir können gerade mal in Ausnahmefällen helfen – und dort helfen, wo man mit wenig Aufwand viel tun kann. Das ist dem Respekt gegenüber dem Leser geschuldet, von denen viele selbst nicht wissen, wie sie die nächste Woche anfallenden Rechnungen alle begleichen sollen. Das ist ja unser moderner Belagerungszustand: täglich können Horden von Geldeintreibern vor der Tür stehen, die unser Geld für Heizung, Wasser, Strom, GEZ-Gebühren und Steuern eintreiben wollen. Sie können nicht nur – sie stehen auch da … per Post Manche schaffen es, sich in der Flut der steigenden Preise über Wasser zu halten, manche nicht.
Nun habe ich gestern wieder von Menschen erfahren, die es nicht schaffen. Menschen, die hungern – obwohl sie einen großen Bauernhof haben. Es sind Menschen, deren Geschichte hier schon mal erwähnt wurde – in größeren Zusammenhängen immer, aber … nun: alles hängt immer irgendwie zusammen. Darf ich daran erinnern? Sind ja immer nur kurze Passagen, die konkret auf diesen Fall eingehen, zum Beispiel hier:
Die Vernichtung eines Bauern in der Eifel: die tödliche Gewalt von Ignoranz und Kriegsfolgen
Oder hier:
Der Tag der deutschen Einheit – Ausländerfeindlichkeit in Scheid/Eifel
Es ist nicht immer unbedingt seriös, persönliche schlimme Schicksals zur Illustrierung größerer Zusammenhänge zu benutzen – Fehler dieser Art machen die Bezahlmedien häufig … und nachher kümmert sich keiner mehr drum. Der Artikel ist gelesen, das Geld kassiert: die nächste Zeitung muss vollgeschrieben werden – selbst wenn eigentlich nichts passiert. Ist ja auch verständlich: die Vornehmheit, mal die Klappe zu halten, wenn nichts geschieht, können sich Auftritte wie der unsrige leisten … obwohl bei der aktuellen Degeneration der demokratischen Zivilgesellschaft jeden Tag mehrfach der aktuelle Grad des Zerfallsprozesses beschrieben gehört.
Ein Beispiel dieses Verfalls der guten Sitten ist das Schicksal jener Bauerenfamilie, die ich zweimal erwähnt habe. Bauern: der wichtigste Stand, den die Menschheit hat. Ein Überleben ohne sie ist einfach nicht möglich: Essen wächst nicht im Labor noch fällt es vom Himmel, es muss arbeitsaufwändig produziert werden – und Tierhaltung gestattet einem weder Wochenende noch Weihnachtsfest oder Urlaub. Arbeitsbedingungen, denen sich die meisten unsere Mitbürger niemals stellen würden – von Brückentagen mal ganz abgesehen.
Gestern las ich folgende Zeilen:
Möchten Sie informieren das sich langsam etwas bewegt in Scheid
>> Neben der Tatsache, dass sie von 80 % der Einwohner von Scheid ignoriert
>> werden, gibt es auch Menschen, die ihnen, anonym helfen. Die Familie findet
>> regelmäßig Essen und Trinken sowie Kleidung vor ihren Sohn vor dem Tür.
>>
>> Herr Detmer hat sich geaußert über diese Sache und ist ein wichtige
>> unabhängige Zeuge. Am wichtigste ihren R+V Rechtsschutz Versicherung hat
>> endlich nach 10 Jahre zugesagt die Kosten für diese Klage zu übernehmen. Mit
>> sicherheit hat hren beiden Schreiben/Zeitungsartikel an diese Entscheidung
>> beigetragen
>> In Name die Familie Vos, herzlichen Dank dafür
Ich wurde sehr stutzig. „Anonym Essen, Trinken und Kleidung vor die Tür stellen“?
In welchem Zeitalter leben wir eigentlich? Warum zum Teufel anonym? Ist der Hass der Eingeborenen inzwischen so groß auf die anderen Europäer, dass man sich Nachts mit einer Dosen Erbsen ungesehen zur Hintertür schleichen muss? Ist man als Bauer nicht reich, hat Land und Vieh? Ja – theoretisch schon … aber tauschen Sie mal bei Aldi eine Kuh gegen Kinderkleidung. Ein Bauernhof ist ein Betrieb – und der sollte ja erhalten bleiben. Und die Sozialämter – nun, die haben ihre Vorgaben: alles verkaufen. Und am Besten – wie es sich die Widersacher wünschen – ganz weit weg ziehen, damit man den maroden Hof billig zurückkaufen und einem neuen überteuert andrehen kann – samt der bestehenden Probleme aus deutschen Kriegen.
Ich fragte nach – weil ich es mir nicht vorstellen konnte: ist es wirklich so schlimm?
> Die finanzielle Situation ist sehr, sehr schlimm, ohne diese Spende von > Kleidung/Essen schaffen die es nicht. > Aber wie gesagt Rechtsschutzversicherung kommt, wie wir in Holland sagen, über > die Brücke und die Rechtsanwalt von Familie Vos ihren Klage mit > Entschädigung am 26. Oktober zum Gemeinde geschickt. > Hoffe das die familie Vos es noch länger aushalten können
Kurz vor Ende ausgehungert, wie bei einer mittelalterlichen Belagerung. Eiskalt abserviert von den Mächten und Gewalten, von dem „System“, das sich an allem gern bereichert. Auch an Menschen, die nur mit harter Arbeit einen jener Höfe retten wollten, für die sich der Deutsche zu fein ist – weil die Brückentage fehlen. Um Bauer zu sein, braucht es viel Liebe zu Arbeit, Land und Tier, ich kenne ein paar in der Umgebung: wäre das unsere gesellschaftliche Grundlage – es würde uns gut gehen. Wir haben uns für den Anlageberater, den Hedgefond, Fussball und halbseidene Gesangsnudeln entschieden – und sehen, was wir davon haben. Höfe dieser Art werden uns fehlen, wenn das Finanzkarussel mal wieder über uns zusammenbricht.
Ich habe gefragt, was fehlt.
Die Antwort kam Sekunden später:
Hab Monique gefragt und schick Sie nachstehend eine Liste mit was die dringend brauchen. Wenn jemand etwas überig hat dan sehr sehr gerne
Jungens Kleidung Größe 146 – 152
Winterstiefeln/Winterschühe Gröbe 35 – 37
Winterjacke (Damen) Größe 50 oder XXL
Jeans Größe 50 oder XXL
Pullover Größe 50 oder XXL
Adresse:
Familie Vos
Ringstrasse 9
54611 Scheid
Jeder Sach Spende ist so Wilkommen, und danke für diese Initiatieve
Natürlich habe ich gefragt, ob denn nicht das Sozialamt helfen kann: wir leben ja nicht mehr im Mittelalter, zahlen alle Steuern dafür. Die Antwort kam prompt: von Monique Vos persönlich:
Das ist unglaublich lieb von dir, Reiner!! Das Sozialamt hilft und ich darf zur Tafel in Prüm. Das alles war das Schwierigste in meinem Leben um zu tun, weil ich vom Kind ab gelernd habe das tut mann nicht…. es ist unglaublich schwierig die Hand „auf zu halten“ (hat mit Stolz zu tun) Weil wir zu wenig Kühe übrich haben um alle Kosten vom Betrieb zu zahlen geht das geld vom Sozialamt zur Bank, Futter für die Tiere, usw. Ich habe eine „Kühe weg, Bauer weg“ ehegatte. Dieser Wochenende ist viel zu tun, aber vielleicht ist es besser wir telefonieren mal, wenn Tijmen zur Schule ist. Das geht besser wie Schreiben… Vielen Dank, Sie haben ein unglaubliches grosses Herz.. Liebe Grüße, Monique Vos.
Nun – vielleicht habe ich gar kein so großes Herz – aber ich habe noch Anstand und Pflichtgefühl genug, um zu tun, was getan werden muss. Um nicht nur Worte zu machen, sondern da zu helfen, wo Hilfe wirklich ankommt … und zwar bei denen, die sie auch brauchen. Ich habe Verständnis dafür, das man seinen Betrieb nicht aufgeben möchte – „Bücher weg – Philosoph weg“, „Instrument weg – Musiker weg“, „PC fort – Eifelphilosoph weg“ … ich denke da ähnlich. Und ich kann es sehr gut nachfühlen, wenn Menschen, die Arbeit und Scholle so verbunden sind, beim Gang zu Bettelamt leiden – und schätze den Mut, wenn sie es trotzdem tun.
Meine Bitte an die Leser nun: schaut in Eure Vorratsschränke. Da sind doch vielleicht ein paar Nudeln über. Kartoffeln. Reis. Oder die ganzen Dosen, die man für das Ende der Welt gekauft hat. Klamotten, die man niemals anziehen wird. Es geht hier nicht um Geld – es geht um ESSEN! Lasst uns zusammen einen Bauernhof in der Eifel retten – den Hof einer ehrbaren Familie. Die brauchen sicher eine Zeit, wieder auf die Beine zu kommen … aber mit unserer Hilfe wird das leicht sein. Kommt – lasst uns mal was Tolles tun … etwas, was wirklich hilft gegen den Parteienfilz. Ärgern wir den heiligen Ortsvorsteher und seine komische Partei, die erst letztens wieder durch die Annahme illegaler Parteispenden aufgefallen ist. Lasst uns mal ein Zeichen setzen … ein deutliches „SO NICHT“.
Geben wir der Familie Vos (und ihren ängstlichen Unterstützern im Dorf) eine Botschaft, dass sie nicht alleine sind! Verdammt: irgendwann müssen wir doch mal anfangen, den grassierenden Vernichtungswahn aufzuhalten – warum nicht dort? Worte haben wir genug gemacht – jetzt sind Taten gefragt! Besser – Dosen! Wir sind viele, jede einzelne Dose kann helfen. Selbst eine Packung Nudeln für 79 Cent. Das können die Ärmsten schaffen – man muss sich nur aufraffen. Aber „Geben“ – kann auch ein schönes Gefühl sein.
Nun – ich mache zu viele Worte. Die Zeit eilt – und ich muss mich sputen, kriege gleich Besuch.
Zeigen wir denen da draußen, dass es neben selbstverliebten Gutmenschen noch … gute Menschen gibt.
(eiligst geschrieben – wer Rechtschreibfehler mokiert, ist ein Korinthen … äh – sag ich nicht).
Montag, 3.10.2016. Eifel. Was für ein Tag heute, oder? Tag der deutschen Einheit. Ein Feiertag. Zeit zum Spazierengehen, zum Fernsehen, zum Socken stricken, Zeit, sich mal wieder daran zu erinnern, wie die Namen der eigenen Kinder sind – und wer eigentlich das jeweilige Ehegefährt ist, das da am Frühstückstisch sitzt. Was hätte das nur für ein wunderbarer Tag sein können: ein Tag, an dem wir feiern, dass wir die Qualitäten des Westens und Ostens zu einer völlig neuen Wirtschaftsordnung des europäischen Kontinents vereint haben – ein erstes Experiment zum Ablösen des sterbenden Kapitalismus. Ein Experiment, das dringend notwendig ist, wie wir ja gerade in diesen Tagen erfahren: die Deutsche Bank, das Pracht- und Zugpferd der deutschen Bankenwelt, Rückgrat der ganzen deutschen Wirtschaft, verfällt tagtäglich mehr. Wieder einmal sind gigantische Beträge im Gespräch, um jene zu retten, deren größte Qualität das rechtswidrige Abkassieren ist, wie aktuelle Gerichtsurteile belegen.
Wir Deutschen – das Volk von Luther, Kant, Marx und Einstein hätten wieder einmal eine Chance gehabt, der Weltgeschichte einen positiven innovativen Schub zu verpassen – aber wie so viele historische Chancen haben wir auch die verpasst. Was sprach eigentlich dagegen, „volkseigene Betriebe“ laufen zu lassen, mal auszuprobieren, wie sich denn Betriebe in Arbeiterhand in einer Marktwirtschaft machen … in den USA, unserem großen Vorbild und Meister hatte man da doch sehr gute Erfahrungen gemacht. Was sprach dagegen, hervorragende medizinische Einrichtungen („Polikliniken“) weiterlaufen zu lassen, die eine enorm kostengünstige und zeitsparende Alternative zu unserem Hochpreis- und Niedrignutzensystem gewesen wären? Immerhin haben wir da ein Problem: 300 Milliarden Euro kostet uns der aufgeblasene Medizinzirkus im Jahr … im Vergleich dazu wirken die 22 Milliarden für Hartz IV (Geld für immerhin sechs Millionen Menschen – was zeigt, wie wenig die wirklich kriegen) wie „Peanuts“ – um mal die Perspektiven von Bankern zu gebrauchen.
Die Betriebe der „DDR“ hatten hervorragende Kontake zu Betrieben im ganzen ehemaligen Ostblock: da brach ein Markt in die bundesdeutsche Idylle, der gigantisches Wachstum hätte bringen können, doch wie haben wir uns entschieden? Wie ´33 bis ´45. Ja – man sollte da mal seine Geschichtskenntnisse auffrischen (verweise hierzu auf die Arbeiten des Historikers Götz Aly) – schon damals haben wir gerne Grokonzerne gebaut und Kleinbetriebe vernichtet. Auch dort gab es eine Treuhand, die sämtliches jüdisches Vermögen unter dem Anschein der Legalität einzog und „betreute“ – es letztlich zum Nutzen der Staatsfinanzen billig „arisierte“ und zu Spottpreisen verscheuerte. Man erinnert sich: so ging es auch den Perlen der DDR-Wirtschaft. Und was geschah danach im „Reich“? Die so enteigneten Juden wurden zur Last – erstmal zur sozialen Last. Per staatlicher Anweisung ihrer Lebensgrundlage entzogen, blieb nur der Gang zum Sozialamt. Wir kennen das heute auch – hier gibt es Ähnlichkeiten zur Enteignung der Arbeitslosen, die – wenn sie erstmal aus dem System „Arbeitsplatz“ dank steuerlich geförderter Globalisierung herausfallen – von heute auf morgen „Schädlinge“ werden, denen man sicherheitshalber nach einem Jahr auch sämtliche berufliche Qualifikation abspricht. Einfach mal Juden fragen – also die paar, die überlebt haben – die wissen, wie sich das anfühlt.
Das gesamt Volksvermögen der DDR wurde verramscht – und jetzt beschweren sich SPD-Politiker in aller Öffentlichkeit darüber, dass die da drüben nichts auf die Beine stellen … und jetzt auch noch „rechts“ werden. Nun – es ist nicht lange her, da hatte man ihnen vorgeworfen, „links“ zu sein … man meint, die können sein, wie sie wollen: in erster Linie sind sie den Räuberbaronen in Politik und Wirtschaft lästig. Schöner wäre … sie wären einfach nicht da.
Was ihnen widerfuhr, war mit Korruption durchtränkter Raubtierkapitalismus, der eine einmalige historische Chance sinnlos verspielte: eine soziale, wirtschaftlich effektive Alternative zum erodierenden Kapitalismus zu schaffen – und das zu einer Zeit, wo wir diese Alternative dringend gebraucht hätten … wir und der ganze Planet.
Nun – wir kennen das aus Deutschland. Wer unsere Mittelmäßigkeit näher studieren möchte, sei auf das Werk von Günter Ogger „Nieten in Nadelstreifen“ verwiesen – hier kann man auch nebenbei erfahren, dass es nur 400 „Leistungsträger“ („Spitzenmanager“) sind, die unsere gesamte Wirtschaft steuern (… an die Wand fahren). Ein kleiner, untereinander gut vernetzter Kreis mit hervorragenden Kontakten zu Politik und Medien, die mit großen Mengen an Geld überschüttet werden, um ja das „System“ nicht zu gefähren … ein System, das einzelnen von ihnen Jahresgehälter bis zu 100 000 000 Euro einbringt. Wieviele Milliarden diese Kaste der besonders Beleuchteten insgesamt jedes Jahr aus dem Wirtschaftskreislauf ziehen, hat noch keiner ausgerechnet. Was nur auffällig ist: diese Angestellten schaden Arbeitern und Eigentümern gleichermaßen, schachern sich aber die zentralen Posten immer wieder gegenseitig zu. Was wäre das nur für eine Welt, in der Arbeiter und Eigentümer zueinander finden …. ohne die Schicht der Absahner und Abkassierer dazwischen, die mit ihren vielen Dienstkräften in die Millionen geht. Was wäre das für eine Chance für Deutschland gewesen, hätte man das vor 26 Jahren in Angriff genommen – Arbeitslosigkeit, Armut und Ausländerhass wären von gestern gewesen.
Doch unsere Nomenklatura (ein Begriff des Westens für die Parteiführungskaste der DDR, die sich augenscheinlich in nichts von unseren „Leistungsträgern“ unterschied – nur nicht soviel Geld zum abkassieren hatte) hat anders entschieden, was einigen Wenigen das Geld vieler in die Taschen gespült hat.
Was haben wir nun 25 Jahre später? Ein ganz anderes Deutschland. Ein Deutschland, in dem ein CDU-Generalsekretär alle politischen Gegner der deutschen Bundeskanzlerin als „Arschl….“ bezeichnet und somit jeglicher demokratischen Kultur unserer Zivilgesellschaft den Stinkefinger zeigt, gleichzeitig aber durch seltsame Praktiken in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerät … zum Beispiel durch eine Mobbinganweisung gegen eine unliebsame Mitarbeiterin, die den Titel „Operation Kaninchenjagd“ trägt – an der der Betreffende natürlich nicht beteiligt war … wie er selbst sagt (näheres dazu bei n-tv). Ein Deutschland, in dem der Justizminister (SPD) die private Organisation einer ehemaligen Stasi-Mitarbeiterin unterstützt, die sich in erster Linie durch willkürliche Denunziation von Andersdenkenden (im Prinzip: ebenfalls Kritikern der Bundeskanzlerin) auszeichnet … eine Kampagne und juristisch durch nichts gedeckte Hetzjagd, die den US-Konzern Facebook gerüchteweise zu der Überlegung führt, seine Deutschlandzentrale zu schließen. Kanzlerkritik als „Hatespeech“ zu definieren, ist halt für Ausländer nicht immer sofort verständlich – erst recht, wenn dieser „Hatespeech“ juristisch unbedenklich ist. Solche Willkürzensur kennt man in anderen demokratischen Ländern nicht.
Wir haben ein Deutschland, das mit der Renovierung seiner Schulen um 34 Milliarden Euro im Rückstand ist, aber 239 Milliarden für neue Autobahnen ausgeben will, damit die 400 „Herren des Universums“ ihre Nobelkarossen mal so richtig flächendeckend ausfahren können.
Inmitten dieser großen Feierlichkeiten verpasster Chancen erreicht mich die Kopie einer Mail, die einen älteren Fall betrifft: die Vernichtung eines Bauern in der Eifel (wir berichteten – siehe Nachrichtenspiegel):
Wer nun denkt: das stand ja nun in der Zeitung, jetzt wird doch wohl was dagegen unternommen werden … der kennt sein neues Deutschland nicht.
Die Familie erhielt anonyme Post – einen Artikel, der vor Jahren in den Niederlanden über ihren Umzug erschien, fein auf Deutsch übersetzt. Was man damit wohl bezwecken wollte? Nun – vielleicht einfach genau das, was eintrat: Angst, Verunsicherung. Nervösität. Psychoterror nennt man das – ein Erlebnis, das eine andere Einwohnerin des Dorfes (wohl auch „zugezogen“) in anderen Zusammenhängen ebenfalls erleben durfte. Die 132-Seelen-Gemeinde hat wohl noch einen Feudalherren samt Stadträten, die – nach Angaben der Anwältin dieser Anwohnerin, deren Schreiben uns vorliegt – vor Diskriminierungen und Diffamierungen nicht zurückschreckt und einer zugezogenen Frau augenscheinlich auch schon mal bewusst auflauern.
Unsere holländische Familie musste noch ganz andere, wundersame Erfahrungen machen: so wurde ihr Wirtschaftsbetrieb durch eine Spielstraße eingeschränkt, die ihren bäuerlichen Betrieb erschwert und unter Umständen sogar unmöglich macht. Es liefen gigantische Zahlungen für Straßenbau auf, die sie als Anlieger begleichen mussten … weil sie nicht alle Tücken deutscher Bürokratie kannten und rückwirkend gegen fehlerhafte Bescheide nicht angehen konnten. Nun – welcher Deutsche kennt sich schon damit aus? Man hätte sich hier einfach auch mal die viel beschworene „Willkommenskultur“ gewünscht, zumal es sich ja um Unternehmer handelte, die dem betreffenden Ortsbürgermeister viel Geld für seinen maroden Hof gezahlt hatten. Im „Arbeiter- und Bauernstaat“ hätte man ihnen vielleicht solidarisch geholfen, am Abkassierer- und Bürokratenstaat waren sie einfach nur lästig – was ihnen eine Klage eingebracht hat: immerhin läuft ja jetzt das ominöse Wasser aus dem Siloboden (was mutmaßlich aus einer alten Bunkeranlage stammt) über den Wirtschaftsweg der Gemeinde – da kann man ihnen ja noch schön eine Klage wegen Schadensersatz aufdrücken. Ist ja ihr Grundstück, von dem das Wasser stammt.
Nun – unsere Bauernfamilie (mit Kind) gab einfach nicht auf. Sie belästigte sogar die Ikone der CDU in Rheinland-Pfalz, die gute Julia Klöckner, mit ihren Erfahrungen – und erhielt auch gleich eine deutliche Antwort (Schreiben liegt uns in Kopie vor):
ich danke Ihnen für die Übersendung Ihrer Mail, der Sie Ihre schwierige Situation bei der Bewirtschaftung Ihres Bauernhofs in Scheid erläutern. Angesichts Ihrer Situation gilt es in erster Linie den für Sie richtigen Ansprechpartner zu finden. Ich muss Ihnen jedoch sagen, dass es wenig hilfreich ist, den Ortsbürgermeister zu beschuldigen und ein Behördenkomplott anzunehmen. Unsere ehrenamtlichen Ortsbürgermeister in Rheinland-Pfalz haben eine schwierigere und verantwortungsvolle Arbeit vor Ort, die sie im Interesse der Bürgerinnen und Bürger ihrer Gemeinden erfüllen. Dies oft nachFeierabend, nebenbei und am Wochenende.
Ist das nicht rührend? Finden Sie nicht auch, dass es eine himmelschreiende Ungerechtigkeit ist, wenn diese heiligen Kühe der CDU mit beweisbaren Beschuldigungen konfontiert werden? Der ehrenamtliche Ortsbürgermeister in Rheinland-Pfalz ist das Lasttier der ganzen Staatsgewalt, wenn der diffamiert, denunziert, intrigiert, auflauert, ruiniert – dann ist das nicht zu beanstanden. Erst recht nicht von Ausländern. Immerhin sind sie in erster Linie für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort zuständig – nicht für Holländer, die man per anonymer Post mal diskret darauf hinweist, dass sie gefälligst wieder dahin gehen sollen, wo sie herkommen. Ihr Geld hat man ja, ihre Kühe sind tot – was wollen die also noch weiter die schwierigen und verantwortungsvollen Aufgaben der Ortsbürgermeister stören – jener Ortsbürgermeister, die auch schon mal ganz nach Gutsherrenart öffentliche Diskussionen im Gemeinderat im Handumdrehen in nichtöffentliche Sitzungen verwandeln … jedenfalls dann, wenn die Betroffenen plötzlich und unerwartet im Raum sitzen und an der Sitzung teilnehmen wollen.
Die Feudalherren sind der CDU halt heilig, da gibt es nichts. Wer dagegen muckt, ist ein A-loch. Oder ein Linker, ein Jude, ein Nazi, ein Ausländer, ein Bauer, ein Holländer oder ein sonstwas. Die Diffamierungen und Denunziationen in Deutschland kennen keine Grenze, wenn es gegen die Gegner der Kanzlerin geht. Ob die eigentlich weiß, was da abgeht? Höre es schon heute, wenn man in Zukunft sagen wird: „die Merkel hat von all´ dem nichts gewusst!“. Ich habe da auch noch einen Augenzeugenbericht über die Aktivitäten eines solchen Ortsbürgermeisters:
„die erste begegnung mit ihnen werde ich nicht vergessen.ich fegte die strasse,sie haben angehalten,ohne ein guten tag und ohne sich vorzustellen und haben mich auf meine kehrpflicht aufmerksam gemacht,die ich just in diesem moment ausuebte.
das ging immer so weiter,sie haben mich als luegnerin dargestellt bezuegl.des von herrn XXX gepachteten grundstuecks,sie vergeben an ihre freunde bzw. bekannte grundstuecke,an mich nicht….obwohl sie nach paragraph 79 der gemeindeordnung dazu verpflichtet sind.
zum wiederholten mal haben sie versucht,mich vor meinem vermieter herrn XXX und herrn XXX zu diskreditieren,indem sie behaupten,dass ich meiner kehrpflicht nicht nachkomme.
beim abfahren der gemeinde scheid bin ich OFFENSICHTLICH nicht die einzige, die nicht nach ihrer kehrpfeife tanzt,das nur am rande
Ein Blogwart, wie man ihn sich nicht fieser wünschen könnte. Eine heilige Kuh der CDU – viel heiliger als die Kühe der Familie Vos, die elendig verreckt sind.
Eine unwichtige kleine Geschichte, die ich da erzähle, meinen Sie? Und das gerade zum Tag des deutschen Einheitsbreis?
So, wie es der Familie Vos in Scheid geht, geht es 16 Millionen Ostdeutschen, sechs Millionen Hartz IV-Empfängern sowie einer ständig steigenden Zahl von Obdachlosen und Altersarmen, die es ebenfalls in bislang noch nie gekannter Höhe gibt. Dazu kommen noch die Heerscharen der Niedriglöhner, Zeitarbeiter und Halbtagsbullshitjobber … und eine große Zahl von kleinen und mittelständischen Unternehmen, die nur noch mit Mühen über die Runden kommen. Alles Unerwünschte in einem CDU-Land, das nur noch „abkassieren“ kennt. Da mal einen Blick auf eine Unternehmerfamilie zu lenken, die viel investierte und – mal nicht im Osten und nicht als besonders hochgelobte „Refugees“ jenseits des Segens der Berliner Politik – erfuhr, wie lebendig Ausländerfeindlichkeit in Deutschland noch sein kann, scheint mir sehr angemessen zu sein. Würde ich die anderen Feindlichkeiten gegen Behinderte, Obdachlose, Hartz-IV-Abhängige auch noch beschreiben – wir kämen nie zu einem Ende.
Die wollten nur arbeiten, Steuern zahlen, die Landschaft pflegen, ihr Kind großziehen – aber selbst das reicht nicht mehr, um im deutschen Einheitsbrei zu den „Guten“ zählen zu dürfen.
Wenn man erstmal völlig ausgeplündert ist dann … lernt man dieses Land von seiner richtigen Seite kennen, die weit weg jeglicher Willkommenskultur ist … dann ist man – wortwörtliches Zitat – der „dumme Holländer“. Was werden diese Mitmenschen wohl für Begriffe für Iraker, Syrer, Afghanen finden … wenn die erstmal angesiedelt sind und man merkt, dass man nichts aus ihnen herausholen kann?
Man sollte Warnschilder für Ausländer an der deutschen Grenze aufstellen. Zu derem eigenen Schutz.
Will gar nicht wissen, was mit jenen noch geschehen wird, die keinerlei Vermögen zum Erbeuten mitbringen … wenn die „wir-sind-endlich-mal-die-Guten“-Euphorie vorbei ist. Vielleicht sollte man dazu einfach mal die Ostdeutschen befragen – die sind seinerzeit auch von allen herzlich willkommen geheißen worden … und sind jetzt einfach nur noch lästig.
Lästig wie die Familie Vos, die einen Hof mit versteckten Mängeln kaufte und jetzt per Gericht verpflichtet werden soll, für die Beseitigung dieser Mängel zu zahlen – so lange, bis ihr Hof zerstört ist – wie Millionen anderer Existenzen auch.