Säuglingssterblichkeit

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Die Elite der Deutschen? Alles gewissenlose Lumpen, wegen denen das Land zerfällt.

Montag, 12.11.2012. Eifel. Ralph Boes hungert heute den 12. Tag, bisher hat er 2,2 Kilo abgenommen. Sanktionshungern nennt sich das, geschieht im Kampf gegen die asoziale Praxis eines "Sozialstaates", der zu allen sozial ist, die sehr viel haben, aber extrem unsozial wird, wenn Leute zu wenig haben. "Der Teufel scheißt halt immer auf den größten Haufen" - heißt ein alter Sinnspruch, der heute Wirtschaftsprogramm geworden ist. Doch gehen wir mal fort von dem Unrecht, das den Armen dieses Landes widerfährt und hin zu den Abenteuern, die der Mittelstand zu bewältigen hat. Bei uns im Dorf geht jetzt der Pleitegeier in großem Ausmaße um, sogar das Fernsehen war schon da. Wo das Dorf liegt, ist eigentlich egal, was dort geschieht, aber nicht. Dabei geht es mir gar nicht um jenen Nachbarn, der sein Haus verkaufen musste um die Medizin für seinen Sohn zu bezahlen, die die Krankenkassen nicht mehr finanzieren wollten (die brauchen das Geld für ihre Überschüsse, von denen sie sich dann fette Gehaltszulagen gönnen können) - das Haus ist jetzt übrigens in der Zwangsversteigerung, der Sohn hatte keine Zeit, auf einen Käufer zu warten. Nein, es geht um jene Nachbarn, die jetzt eine neue Straße bekommen: eine EU-Richtlinie muss durchgeführt werden, der alte Schotterweg wird aphaltiert.  Kostenpunkt pro Familie: 30 000 Euro (in Worten: DREISSIGTAUSEND). 60000 für das letzte Hotel im Tal. Sowohl Familien als auch das Hotel werden durch diese Maßnahme in den Bankrott getrieben, erste Häuser stehen zum Verkauf. Die Leute haben das Geld für die EU-Richtlinien nicht, wo sie mit ihren Kindern unterkommen, steht noch in den Sternen. Wenn sie Pech haben, dann kommen ihre Häuser auch in die Zwangsversteigerung - das war es dann für den Rest des Lebens. Von den Schulden kommt man nicht mehr los.

Montag, 12.11.2012. Eifel. Ralph Boes hungert heute den 12. Tag, bisher hat er 2,2 Kilo abgenommen. Sanktionshungern nennt sich das, geschieht im Kampf gegen die asoziale Praxis eines „Sozialstaates“, der zu allen sozial ist, die sehr viel haben, aber extrem unsozial wird, wenn Leute zu wenig haben. „Der Teufel scheißt halt immer auf den größten Haufen“ – heißt ein alter Sinnspruch, der heute Wirtschaftsprogramm geworden ist. Doch gehen wir mal fort von dem Unrecht, das den Armen dieses Landes widerfährt und hin zu den Abenteuern, die der Mittelstand zu bewältigen hat. Bei uns im Dorf geht jetzt der Pleitegeier in großem Ausmaße um, sogar das Fernsehen war schon da. Wo das Dorf liegt, ist eigentlich egal, was dort geschieht, aber nicht. Dabei geht es mir gar nicht um jenen Nachbarn, der sein Haus verkaufen musste um die Medizin für seinen Sohn zu bezahlen, die die Krankenkassen nicht mehr finanzieren wollten (die brauchen das Geld für ihre Überschüsse, von denen sie sich dann fette Gehaltszulagen gönnen können) – das Haus ist jetzt übrigens in der Zwangsversteigerung, der Sohn hatte keine Zeit, auf einen Käufer zu warten. Nein, es geht um jene Nachbarn, die jetzt eine neue Straße bekommen: eine EU-Richtlinie muss durchgeführt werden, der alte Schotterweg wird asphaltiert.  Kostenpunkt pro Familie: 30 000 Euro (in Worten: DREISSIGTAUSEND). 60000 für das letzte Hotel im Tal. Sowohl Familien als auch das Hotel werden durch diese Maßnahme in den Bankrott getrieben, erste Häuser stehen zum Verkauf. Die Leute haben das Geld für die EU-Richtlinien nicht, wo sie mit ihren Kindern unterkommen, steht noch in den Sternen. Wenn sie Pech haben, dann kommen ihre Häuser auch in die Zwangsversteigerung – das war es dann für den Rest des Lebens. Von den Schulden kommt man nicht mehr los.

Das erinnert schon an amerikanische Verhältnisse, über die der Stern augenblicklich berichtet:

Immer mehr Menschen in den USA sind ohne Dach über dem Kopf, obwohl sie einen Vollzeitjob haben – sie leben in Vans. Im ganzen Land entstehen Parkplätze für die neue Klasse berufstätiger Obdachloser.

Odachlos trotz Arbeit – es wird immer verrückter. Ein Drittel der Amerikaner können ihre Hypothekenzinsen nicht mehr bezahlen – der nächste Crash steht direkt bevor und was macht die Regierung, hier wie dort? Pumpt mehr Geld in die Wirtschaft, die damit die Immobilienpreise in den Städten und die Aktienkurse an den Börsen in die Höhe treibt.  Statt Arbeit (und Geld) gibt es Hartz IV (und staatlich verordnete Armut inklusive der Chance auf Hungertod). Aber Forderungen wir „Arbeit statt Hartz IV“, wie sie die AWO aktuell stellt, verhallen hier ungehört. Dafür gibt es auch einen Grund, den Jakob Augstein im Spiegel beschreibt:

Das ist Amerika: Hightech für die Eliten. Entwicklungsland für den Rest.

Sie hassen die Schwulen, die Schwachen und den Staat, sie unterdrücken die Frauen und verfolgen die Einwanderer, und ihr Abtreibungsmoralismus macht auch vor den Opfern von Vergewaltigung nicht halt. Sie sind die Taliban des Westens.

Wer jetzt denkt, das alles ist ja weit weg, der irrt sich gewaltig. Deutschland – kürzlich erst in der Welt als „kleines Amerika“ bezeichnet, nimmt seit Rot-grün den gleichen Schmusekurs mit dem gnadenlosen US-Kapitalismus, was dazu führt, das man auch hier die Schwachen hasst – und wer nicht spontan 30 000 Euro für einen neuen Kanalanschluß zahlen kann, der ist eben schwach. Versteht sich ja auch von selbst. „Die Reichen haben ihr eigenen Infrastruktur“, schreibt Jakob Augstein – und darum sind in den USA selbst heute noch viele Haushalte nach dem Sturm ohne Strom (siehe Spiegel): wer keinen eigenen Generator hat, ist halt schwach … und gehört weg.

Und nun bitte nicht gemütlich zurücklehnen und sagen „ich habe schon einen Kanal, mir kann nichts geschehen“. Pustekuchen – einfach mal in der Welt nachlesen:

Viele Kommunen haben aus Finanznot kurzfristige Kredite zu niedrigen Zinsen aufgenommen. Experten sind alarmiert: Sie könnten zu einer existenzbedrohenden Belastung führen, wenn die Zinsen steigen.

Und jetzt ratet mal, wo die Kommunen dann das Geld hernehmen? Im Ruhrgebiet kenne ich Gegenden, wo die Bürger denn Schneedienst auf Seitenstraßen komplett selbst übernehmen müssen. Dort zum Beispiel, wo meine Mutter wohnt: die darf jetzt mit ihren 78 Jahren die gesamte Straße freihalten – und hat noch nicht mal einen Führerschein. Auch dort ist „Kanalsanierung nach EU-Muster“ ein Supergeschäft, das alle in den Bankrott treiben wird, weil keiner die paar tausend Euro über hat, die dann anfallen.

Aber woran liegt es? Wo ist der Fehler im System, den wir so verzweifelt suchen? Der Schäuble hat ihn gefunden, als er über Griechenland sinnierte, siehe Welt:

Wenn Staaten vor großen Schwierigkeiten stehen, liegt es meistens an einem Versagen der Eliten, und es ist normalerweise nicht die Schuld des kleinen Mannes.

Das sagt er, einfach so. Ich meine: uns hier vor Ort ist das plausibel, wenn wir unsere Familien, Vereine und Freundeskreise so behandeln würden wie die ihre Bürger, dann wäre schon längst Bürgerkrieg ausgebrochen.  Was wäre, wenn wir vom Deutschen Bundestag fordern würden, das er uns Entlassunglisten vorlegt, bevor wie die nächsten Diäten überweisen – solche Listen, wie sie die Troika jetzt von Athen gefordert hat (siehe Spiegel)? Die wären nicht begeistert – und das wird auch nicht geschehen, denn auch für unser System gilt: Hightech für die Eliten. Entwicklungsland für den Rest.

Zum Beispiel für die ehemaligen Bundeskanzler, deren aufwändiger Fuhrpark in der Tat laut Spiegel 1,3 Millionen Euro kosten. Dafür kriegt man 82 nagelneue VW Golf der modernsten Klasse: macht 25 Autos pro überlebendem Altkanzler. Gut – die fahren kein Golf, das Pöbelmobil würden die nie betreten. Für die Exekutive des Kapitalismus werden andere Gefährte gebaut – aber ich denke, es wird den sanktionsverhungernden Ralph Boes freuen zu hören, wohin sein Geld geht. Er leidet nicht umsonst, sondern für den wohlgepolsterten Kanzlerpopo.

Auch sonst zeichnet sich unsere Elite durch einige Kunststücke aus, auf die wir hier im Dorf nie gekommen wären. Zum Beispiel bei Thyssen, siehe Welt:

First Class fliegen, in Fünfsternehotels übernachten und tagelange Safaris: Ein ThyssenKrupp-Vorstand unternimmt Luxusreisen mit Journalisten – dabei ist er für die Konzern-Richtlinien verantwortlich.

So macht die Elite Pressearbeit – das können Arbeitslose nicht. Die können nur durch Hunger auf sich aufmerksam machen, auf Mitleid hoffen und für göttliche Hilfe beten.

Auch die Süddeutsche berichtet über interessante Geschäftspraktiken der Elite und deren Folgen:

Bestechung und Untreue, Geldwäsche und Betrug: Wegen Geschäften mit Österreich ermitteln Staatsanwaltschaften in ganz Europa gegen EADS.

Das war schon immer die Vorgehensweise der economic hit man, so hat man auch Griechenland und Portugal Waffen angedreht, die sie eigentlich nicht brauchen – ist ja kein Krieg, oder?

Die Taliban des Westens halt.

Während oben fleissig geschmiert und geprasst wird, wird es unten immer enger – über 50 % der Beschäftigten fühlen sich überfordert (siehe Wiwo):

Kaum Zeit für das Hobby oder die Familie, Zeitdruck und gesundheitliche Probleme – viele Beschäftigte empfinden ihren Arbeitsalltag als belastend, so die Befragung der Gesellschaft für Konsum, Markt und Absatzforschung.

Das Land wird zum Arbeitslager nach US-Vorbild, was uns jetzt schon einen Ausblick auf unsere Zukunft erlaubt, die sowieso düster ist, weil unsere Rentner für die Bankenabenteuer der EU mit 3,4 Billionen (das sind in Worten DREITAUSENDVIERHUNDERT MILLIARDEN) haften (siehe Welt). Dafür haben wir am Ende der Umverteilung aber viel mehr reiche Banker und werden noch mehr Spiegelbild der USA.

Und was machen unsere Medien? Nun – sie bringen in der Tat an vorderster Stelle die Nachricht, das sich der Johannes Ponader von der Piratenpartei jetzt Socken anzieht, siehe Spiegel. Das kommt davon, wenn man viele wichtige Themen nicht anpacken möchte, weil sonst die schönen Fernreisen in Gefahr geraten. Andererseits macht man sich keine Gedanken darüber, das die Verteidiger der NSU-Neonazi-Killer Sturm, Stahl und Heer heißen (siehe Spiegel): wie ein Sturm aus Stahl brauste schon dereinst das deutsche Heer durch Europa, irgendwie seltsam, das diese verbale Konstellation jetzt zur Verteidigung von Nazi-Mördern auftritt – mit entsprechendem Background:

Heer, Stahl, Sturm – die drei Anwälte von Beate Zschäpe sind allesamt um die 40 Jahre alt und erfahrene Strafverteidiger. Sie vertraten bisher Mörder, Mafiosi und Milieugrößen, Islamisten, Betrüger und korrupte Manager.

Das man sich bei dieser Kundschaft noch „Rechtsanwalt“ nennen darf, ist ein Wunder. Kriminellenbüttel wäre da eher angesagt. Schröder (der mit den 25 nagelneuen VW – Golf im Ruhestand) war übrigens auch Rechtsanwalt, sein Kumpel, bei dem er übernachtet, nachdem er sich von seiner Frau getrennt hatte, auch – mit besten Kontakten zu den Hells Angels in Hannover.

Merkt man langsam, das auch Deutschland ein Problem mit seiner Elite hat? Ich hätte nie gedacht, das ich das mal sage, aber „Danke, Herr Schäuble“ für diese Erkenntnis:

Wenn Staaten vor großen Schwierigkeiten stehen, liegt es meistens an einem Versagen der Eliten.

Nun – Wirtschaftler, Politiker, Journalisten, Anwälte … haben wir sonst noch Eliten, die uns für Gagen von 1000 Euro am Tag um das Ersparte bringen?

Sicher – die Merkel, die aktuell von sich Reden macht, weil sie wieder mal in die Pressefreiheit eingreift. Das hat sie schon einmal getan – völlig ohne Folgen, siehe Freitag:

Ein paar Monate zuvor, am 8. Oktober 2008, hatte es ein sonderbares Treffen gegeben, das in diesem Zusammenhang Erwähnung finden soll. Die Bundeskanzlerin hatte an jenem Tag die bedeutenden Chefredakteure der bedeutenden Medien eingeladen. Es war die Zeit, in die der Ausbruch der großen Finanzkrise fiel. Man findet keinen ausführlichen Bericht über dieses Treffen, der veröffentlicht worden wäre und überhaupt nur wenige Erwähnungen in den Archiven, nur hin und wieder einen Nebensatz, eine knappe Bemerkung. An einer Stelle liest man in dürren Worten, worum es an diesem Abend im Kanzleramt ging: Merkel bat die Journalisten, zurückhaltend über die Krise zu berichten und keine Panik zu schüren.

Eigentlich DER Skandal der Nachkriegszeit – und das endgültige Ende des deutschen Journalismus. Außer einmal im Freitag – und oft hier bei uns – war dieser Akt der Entmündigung des Souveräns aber keinem großem oder kleinem Blatt mal einen Kommentar wert. Aber dafür kriegt man halt 15000-Euro-Reisen geschenkt – das kann einen schon für vieles entschädigen. Und wer besonders spurt, kriegt einen Platz am Tisch der Elite – als Pressesprecher, zum Beispiel.
Wir jedoch, die wirklich wissen wollen, was um uns herum vor sich geht, haben ein Problem: in Deutschland wird uns das niemand sagen. Wie es Jakob Augstein in seinem Kommentar zum Untergang der USA so schön sagte: die Elite hat ihre eigene Infrastruktur – und ich denke, es ist Zeit zu sagen, das auch in Deutschland die Medien in breiter Front zu dieser Elite-Infrastruktur gehören.
Da macht der Freitag keine Ausnahme: kürzlich wurde ich von denen angerufen, weil sie mir ein Abonnement andrehen wollten. Ich berichtete frei und offen von meiner asketischen, epikureischen Lebensweise und von dem enormen finanziellem Aufwand, den so ein Abonnement für mich bedeuten würde und bekam als Antwort – sinngemäß:  „ist ja schade, wenn man arm und auch noch stolz darauf ist“.  Da bleibt einem die Sprache weg – vom „ökologischem Fußabdruck“ ist da schon längst keine Rede mehr: der kann gar nicht groß genug sein, um den Rest der Welt auch noch platt zu treten.  Dabei habe ich mich schon so schön von 4,64 auf 2,83 Erden reduziert (aktuell also ganz knapp unterm Durchschnitt) – aber der Altbau und die ländliche Lage fordern immer noch einen hohen Preis. Schade, das man darauf stolz ist, wenn man 1,81 Erden weniger verbraucht, wirklich schade: das schadet nämlich dem Konsum, dem Kapitalismus, dem Zerfall des Landes und der Lähmung der Politiker.
Nochmal Jakob Augstein:
Wer das für einen Widerspruch hält, hat nicht begriffen, dass Amerika das Land des totalen Kapitalismus ist. Für dessen Funktionieren sind öffentliche Krankenhäuser nicht notwendig und die Energieversorgung privater Haushalte auch nicht. Die Eliten verfügen über ihre eigene Infrastruktur. Der totale Kapitalismus hat die amerikanische Gesellschaft zerfallen lassen und die Regierung gelähmt. Das Schicksal Amerikas ist kein Betriebsunfall des Systems. Es ist seine Konsequenz.
Die Eliten – verantwortlich für die Probleme des Staates – haben ihre eigene Infrastruktur. Die brauchen uns nicht mehr. Dort wie hier.
Fern am Horizont jedoch: Nachrichten aus privater Quelle, die aufhorchen lassen.
80 % der Griechen zweifeln an der Demokratie, so die Deutsch-Türkischen Nachrichten. Während man uns Ponaders Socken vor die Nase hält, brechen demokratische Grundüberzeugungen in Massen weg – aber so etwas sollen wir gar nicht wissen.
In Portugal sind zehntausend Soldaten und Polizisten auf die Straße gegangen (siehe

you tube), weil sie nicht gegen den Bürger angehen wollen, der sich gegen die Spardiktatur wehrt: angesichts des revolutionserprobtem portugiesischen Militärs eine dicke rote Karte für die Elite, von der wir in Deutschland aber nichts wissen sollen – nicht umsonst hat Kanzlerin Merkel die Ausstrahlung entsprechender Filme in Deutschland untersagt.

Apropo Portugal … es lohnt sich, dort mal in die Geschichte zu schauen, in die Geschichte einer faschistischen Diktatur, die durch den „neuen Staat“ (Estado Novo) bestimmt war, siehe Wikipedia:
Politik im Estado Novo war bestimmt durch die Verfolgung politischer Gegner und den Ausgleich der unterschiedlichen Interessensgruppen der das Regime stützenden Machtpole: der Kirche, dem Militär, der Wirtschaft, den Großgrundbesitzern und den Kolonien.
Im Grundsatz versuchte er aber gerade nicht, das Volk zu politisieren, sein Staat wurde oft mit dem Schlagwort „Fado, Fátima e Futebol“ also Musik, Religion und Sport beschrieben, die das Volk ruhigstellen sollten. Politik in den Salazar-Jahren beschränkte sich auf das Austarieren des Einflusses der verschiedenen Gruppen, deren Unterstützung die Regierung benötigte – das Militär, Geschäftsleute und Handel, Landbesitzer, Kolonialinteressen und die Kirche.

Alle politischen Parteien blieben verboten, die Nationale Union, offiziell keine Partei, sondern eine bürgerliche Vereinigung, sollte das Land ruhig halten und verführte ihre Anhänger deshalb eher zu Apathie als zu politischen Diskussionen.

Gut – mit der Kirche gab es später einige Probleme, aber sonst: wenn wir „Religion“ durch „Fernsehen“ ersetzen und „Nationale Union“ durch „Große Koalition“… sind wir wirklich so weit weg von der politischen und wirtschaftlichen Realität eines faschistischen Landes?

Tony Judt beschreibt die Situation Portugals am Ende des Estado Novo so: „Der durchschnittliche Lebensstandard in Salazars Portugal war eher für das kontemopräre Afrika als für das kontinentale Europa charakteristisch: Das jährliche Pro-Kopf-Einkommen betrug 1960 gerade einmal 160 Dollar (verglichen mit beispielsweise 219 Dollar in der Türkei oder 1453 Dollar in den USA). Dafür waren die Reichen wirklich reich, starben die Säuglinge häufiger als in jedem anderen Land Europas und waren 32 Prozent der Bevölkerung Analphabeten.

Ich kann nur sagen: gut das wir den Grad der Faschistisierung eines Landes nicht an seiner Reichtumsverteilung messen oder an der Säuglingssterblichkeit:

In den meisten Industrieländern lässt sich eine erhöhte Säuglingssterblichkeit bei sozial benachteiligten Gruppen nachweisen, dazu zählen in Deutschland etwa arme Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund. 

Auch bei den Analphabeten haben wir bald portugiesische Verhältnisse, siehe FAZ:

Frau Grotlüschens Studie konfrontierte uns mit der Tatsache, das siebeneinhalb Millionen Menschen, im Alter zwischen achtzehn und vierundsechzig Jahren, funktionale Analphabeten sind. Eine konservative Schätzung, betont die Professorin, zumal noch einmal mehr als dreizehn Millionen Menschen hinzukommen, die auch gebräuchliche Wörter nur fehlerhaft schreiben und einfache Texte kaum verstehen. Alle haben die deutsche Schule durchlaufen, weit mehr als die Hälfte der Analphabeten sind deutsche Muttersprachler.

Über die Reichtumsverteilung brauche ich wohl nicht noch gesondert zu reden.

Die Nelkenrevolution in Portugal, bei der junge Offiziere mit dem „neuen Staat“ aufräumten, hat übrigens nur vier Todesopfer gefordert: aus dem Geheimdienstbüro war auf Demonstranten geschossen worden.

Das sind weniger als bei uns im Jahr durch Hartz IV-Sanktionen verhungern.

 

 

 

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