Montag, 5.November 2012. Kurz vor dem Ende der Welt – wenn man dem Maya-Kalender trauen darf. Bald kommen tausende von UFO´s und klauen unser Gold, die Zeit hört auf zu existieren oder alle Menschen werden weise. Das ist auch gut so. Wir sollten uns beeilen mit dem Weltende, denn wenn wir das nicht tun, werden wir ein Stück Geschichte wiederholen, das zu den widerwärtigsten Kapiteln der Menschheitsgeschichte gehört. Doch zuerst ein Frage: kennt jemand Adolf Hitler? Nein, nicht den größenwahnsinnigen Aktmaler aus Österreich, sondern den edlen Retter der Menschheit, der es wagte, ganz allein gegen das internationale Kapital aufzustehen und von ihm tief in den Dreck zurückgestoßen wurde? Nein – hier in Deutschland kennen wir den nicht. Hier in Deutschland sind wir sowieso Meister der Verdrängung, wie die konservative Welt heute schreibt:
Viel erschreckender als die Morde an Migranten selbst ist die Art und Weise, in der deutsche Institutionen beim Kampf gegen Neonazis versagen. Auch die Politik tut nicht das, was sie müsste.
Verdrängung – der Klassiker. Funktioniert auch bei Politikerkorruption, Staatsschulden, Massenarmut bei Kindern oder Eliminierung der Menschenrechte durch Hartz-Gesetze. So bleibt Deutschland sauber, der Bürger ruhig und die Börse der Täter prall gefüllt. Wenn aber Linke irgendwo zu orten sind, dann werden wir gleich aktiv – so jedenfalls berichtet der Spiegel heute. „Feine Sahne Fischfilet“ – eine Punkband – ist ins Visier des Verfassungsschutzes geraten. Der Chef der Truppe hat etwas ganz Schreckliches gesagt:
„Wenn irgendwelche Nazis verprügelt werden, werde ich mich nicht hinstellen und in Mitleid für so einen Menschen schwelgen.“
Der Mann hat allen Grund, auf Nazis nicht gut zu sprechen zu sein:
Monchi fühlt sich an die mehr als 1000 Aufkleber erinnert, die Rechtsextreme vor Jahren in Umlauf brachten, mit Monchis Konterfei darauf, der Schädel gespalten, eine Portion Kot auf dem Weg ins Gehirn. Noch immer kursieren sie in der Szene. Das mache Angst, das schüchtere ein, sagt er. „Aber noch mehr treibt es einen an, weiterzumachen.“
So ist Deutschland. Der eine wird vom Verfassungsschutz observiert, weil er für Menschen kein Mitleid empfindet, die ihm den Schädel spalten wollen, die Schädelspalter laufen frei herum und ermorden Menschen in Massen. Wir seien auf dem rechten Auge blind, heißt es dann immer schnell. Dabei stimmt das gar nicht: wir schauen genau hin. Nur die Kategorie ist eine andere: Hitler gehört nicht in die Kategorie POLITIK, sondern in die Kategorie WIRTSCHAFT. Er ist ein deutscher Exportschlager, wohin man schaut, steht er hoch im Kurs. Einfach mal genau nachsehen:
Zum Beispiel in Indonesien, siehe TAZ:
„Hitler war mächtig und entscheidungsfreudig.“ Spricht sie von Adolf Hitler, benutzt sie das Wort „beliau“, das Ehrfurcht ausdrückt.
Auch in Russland erfreut sich der Führer wachsender Beliebtheit. 2007 berichtete der Spiegel von 2000 Teilnehmern des „Russischen Marsches“:
Zu Hakenkreuz tragenden Glatzköpfen in schwarzen Ledermänteln, Springerstiefeln, SS-Uniformen oder Bomber-Jacken gesellen sich alte Frauen, die schlecht kopierte Flugzettel ausgeben, junge geschminkte Studentinnen in hochhackigen Stiefeln und Eltern mit ihren kleinen Kindern in bunten Schneeanzügen. Selbst sie strecken schon den Arm zum Hitlergruß aus.
Interessant die Argumentation der Bürger dieses Landes, das wie kein anderes unter der Nazi-Barbarei gelitten hat:
Die Rentnerin Monika Nikolajewa verteilt eifrig Flugblätter, auf denen Oligarchen wie Boris Beresowskij, Wladimir Gusinskij und Michail Chodorkowski als Volksfeinde abgebildet sind. „Diese Milliardäre schicken ihre Kinder im Ausland auf die Schule“, regt sich die Großmutter einer 15-jährigen Enkelin auf: „Für unsere Kinder reicht das Geld nicht einmal, um sie in Russland auf die Universität gehen zu lassen.“
Wir Deutschen dürften so etwas gar nicht sagen: „Sozialneid“ wäre das Totschlagargument, das in unserer ganzen Medienlandschaft anerkannt und angewandt wird.
Dabei geht es nur um Gerechtigkeit – ein Wort, das im deutschen Sprachgebrauch immer seltener Einlass findet.
2012 beteiligen sich am russischen Marsch schon 20000 Leute (siehe TAZ) – die Kinder von früher sind größer geworden. 2011 berichtete „Russland-aktuell“ über Massenmorde durch Neonazis – besonders gern zu Ehren des Führers an seinem Geburtstag – und darüber, das die Regierung Putin locker darüber hinwegsehe. Kommt einem als Deutscher sehr vertraut vor.
Doch halten wir erstmal weiter nach Fans des Führers Ausschau. Fündig werden wir in Italien, Griechenland, Marokko, Thailand (hier sogar als Ronald McDonald-Ersatz), Pakistan, Südkorea oder Saudi-Arabien, wobei die deutsche Zensur auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gerne mal zuschlägt um Hitlers Kollaborateure aus dem islamischen Dunstkreis zu verdrängen, siehe den aufschlussreichen Artikel von Karl Rössel – hier in ungekürzter Fassung.
Größere Bedeutung hat die Hitler-Verehrung auch in Indien. Schon 2005 berichtete der Spiegel über Israels Kritik an Indischen Schulbüchern, die ihren Schülern interessante Perspektiven vermittelten:
„Hitler verlieh der deutschen Regierung durch den Aufbau einer starken Verwaltung in kurzer Zeit Würde und Ansehen.“
2012 hat sich der Trend endgültig durchgesetzt. Hitler wird Namensgeber von Geschäften und zur nationalen Kultfigur:
Hitler hat in den vergangenen Jahren durch schnelle Popularität, in Indien an Bedeutung gewonnen. Dieses Phänomen ist ein Paradox, weil es in Indien keinen Antisemitismus gibt. Und obwohl das Land nie Antisemitismus gekannt hat, sind die Verkäufe von Hiltlers Mein Kampf in den letzten zehn Jahren um über 15% gestiegen. Der Name “arisch” ist ein beliebter Vorname in Indien und “Hitler” ist der Name des Protagonisten in vielen Bollywood-Produktionen.
Eine Erklärung für diesen Ruhm ähnelt jener Perspektive, die wir schon aus Russland kennen:
Als Teil dieser Fehlinformation glauben viele Inder, dass die Achsenmächte des Zweiten Weltkrieges, teilweise verantwortlich für die Unabhängigkeit Indiens von den Briten im Jahr 1947 waren. Es wird vermutet, dass Hitlers Krieg Großbritannien dazu gezwungen hat, seine Ressourcen in Europa zu konzentrieren. Un das Großbritannien deshalb ein Gebiet so groß wie Indien nicht mehr steuern konnte, so dass Raum für eine indische Unabhängigkeitsbewegung entstand.
Hitler als Widerstandskämpfer gegen das internationale anglo-amerikanisches Imperium: man hätte sich fast denken können, das es so endet.
Wer nun denkt, die Liste der Hitlerfans ist damit am Ende, der irrt. Auch in China kommt der Führer ganz groß in Mode, siehe SZ:
In China ist Adolf Hitler ein großer Mann. Eindeutig größer als er ist nur einer, ein von chinesischen Nietzsche-Interpretationen geprägter Übermensch, Schutzpatron und Halbgott – Mao Zedong.
Die Begeisterung für Übermenschen, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Rezeption des Genie-Begriffs und des Konzepts „große Männer“ begonnen hat, erschüttert jedoch keine Kritik. Selbst in der Modewelt gilt diktatorische Größe als schick. 2003 brachte der chinesische Bekleidungshersteller Izzue in Hongkong eine mit SS-Abzeichen und Hakenkreuzen bedruckte Sommerkollektion für trendbewusste Jugendliche heraus.
China-intern wird da noch deutlicher:
Das ging ja nun mal gar nicht. Wir erfahren deshalb auch im Weiteren, das man schon früher wusste, mit welchen Mitteln man Gesellschaften auf einen anderen Kurs bringt:
Zu Recht kommentiert das Ministerium des Äußeren im Jahre 1923 über die Nazis: „Wie zum Krieg, so gehört zur Revolution erstens Geld, zweitens Geld, drittens Geld. Ohne Geld keine Revolution.“
Und weil das Geld ausblieb, hätte Hitler beinahe wieder zur Aktmalerei zurückkehren müssen. Diese Schicksal blieb ihm jedoch erspart:
Um das Jahr 1928 hätte die NSDAP genau so gut wieder untergehen können – wenn da nicht auf einmal beträchtliche Parteispenden gewesen wären, die Hitler die Mittel für gewaltige Propagandaschlachten lieferten.
Ohne massive Geldspenden hätte also die NSDAP niemals den Lauf der Weltgeschichte dermaßen beeinflussen können, wie sie es später tat. Hitler wäre ein belächelter Eiferer unter vielen geblieben, eine verkrachte Existenz mit Größenwahn.
Das Geld jedoch floss – und nicht nur aus den Reihen der deutschen Industrie. Dies findet man in Karl-Heinz Deschners „Der Moloch“, hier bei wahrheitssuche:
Schon ein Prozeß im Sommer 1923 wegen der NSDAP-Finanzierung hatte ergeben, daß der Partei drei mal große Geldbeträge aus dem Saargebiet über die Deutsche Bank zugeflossen waren. Nach Überzeugung des Gerichts stammten sie von amerikanischer Seite, dem Großindustriellen Henry Ford, der lebhaft eine deutsche Aufrüstung wünschte.
Es war aber nicht nur der Herr Ford, der sein Scheckbuch zückte. Es gab eine breite Allianz der Wallstreet-Größen:
Bei Beratungen der Präsidenten der „Federal Reserve“ Banken, des eigentlichen Finanzzentrums der Wallstreet, der fünf unabhängigen Banken, Vertreter der Royal Dutch, der Standard Oil, Rockefeller jun. und anderen im Sommer 1929 wurde Warburg schließlich gebeten zu prüfen, ob Hitler für amerikanisches Geld zugänglich sei. Als Gegenleistung hätte dieser gegenüber Frankreich eine aggressive Außenpolitik einzuleiten, sollte aber in die wirklichen Motive der amerikanischen Unterstützung nicht eingeweiht werden.
Hitler seinerseits habe bei den Verhandlungen in Berlin betont, daß „er mit den Arbeitslosen alles machen könne, wenn er ihnen nur Uniformen und Verpflegung gebe … Alles hinge vom Geld ab … Die USA-Hochfinanz habe doch sicher ein Interesse daran, daß er, Hitler, an die Macht komme, denn sonst hätte sie ihm nicht bereits 10 Millionen Dollar übergeben … Wenn er von der USA-Hochfinanz 500 Millionen Mark erhalte, sei er in „sechs Monaten fertig“. Hitler habe auch die Kommunisten als erledigt bezeichnet und erklärt, er werde nun die Sozialdemokraten ausschalten, durch Wahlen oder mit Gewalt. Eventuell komme noch eine Verhaftung von Hindenburg, Schleicher, Papen, Brüning in Betracht, aber alles koste Geld, und das bisher aus den USA erhaltene sei verbraucht.
Die wussten genau, was sie für ihr Geld bekamen. Der lästige Konkurrent Frankreich wurde ausgeschaltet. Und Hitler wusste genau, was er ihnen geben konnte:
eine gewaltige Heerschar von Arbeitslosen in Uniformen.
Das scheint überzeugt zu haben.
Auch Hitler war von den USA begeistert, dies zeigt vor allem sein zweites Buch, das – seltsamerweise – nur deshalb der Nachwelt erhalten blieb, weil ein jüdischer Historiker es aus den Archiven der USA ausgrub und ein jüdischer Verleger aus Deutschland es veröffentlichte- siehe Wikipedia:
Dagegen beschreibt Hitler im Zweiten Buch die Vereinigten Staaten als eine dynamische, „rassisch erfolgreiche“ Gesellschaft, die Eugenik und Rassentrennung praktiziere und eine vorbildliche Einwanderungspolitik auf Kosten „minderwertiger“ Einwanderer aus Süd– und Osteuropa betreibe. Woher dieser Wandel in Hitlers Einstellung zwischen 1924 und 1928 rühren mag, ist unbekannt.
Eugenik und Rassentrennung – das gefiel dem Führer. Und deshalb gefiel der Führer auch seinen Finanziers von der Wallstreet. Es ist wohl nicht zu weit hergeholt, zu vermuten, das das „Missing Link“ in dieser Argumentationskette darin besteht, das „interessierte Kreise“ mit Geld und guten Worten den Führer auf ihre Seite gebracht haben.
Doch kehren wir zurück in das Jahr 2012, jenem Jahr, in dem man den beachtlichen weltweiten Aufstieg Adolf Hitlers beobachten kann, jenem Jahr, in dem im Handelsblatt erstaunliche Worte zu lesen sind:
Wahr ist: die wachsende Spaltung des Landes in Arme und Reiche, die Schwächung von Gewerkschaften und sozialstaatlicher Strukturen durch die neoliberalen Reformen der letzten Regierungen, haben die Gewichte innerhalb des Landes zugunsten einer zunehmend ruchlosen, ja zum Teil asozialen Elite verschoben, die mit ihrer ganzen finanziellen und politischen Macht die Kandidatur Romneys unterstützt.
Eine ruchlose, asoziale Elite? Die vielleicht sogar langfristige Pläne verfolgt? Jene Elite, die über die WTO und die Weltbank weltweit jene neoliberalen Reformen unterstützt haben, die uns in Deutschland Hartz IV einbrachten? Die Agenda 2010, die in Deutschland ein nie dagewesenes Maß an Armut und sozialer Ungerechtigkeit eingeführt hat … und aktuell ein Heer von 2,5 Millionen Kinder produziert, die unter erbärmlichsten Umständen am Rande der Gesellschaft dahinvegetieren, während Politik und Wirtschaftsführer sich den Wamst vollschlagen, wo immer es geht? 2,5 Millionen Menschen, die – wenn sie erwachsen werden, nur darauf warten, in Uniformen gesteckt und mit Verpflegung versorgt zu werden, um es der asozialen Gesellschaft heimzahlen zu können, die ihre Eltern schikaniert und ihnen ihre Zukunft genommen hat?
Lauschen wir doch nochmal weiter den Worten amerikanischer Führer:
Der ultrakonservative Aktivist und Finanzier Grover Norquist hat dies wie folgt auf den Punkt gebracht: „Wir wissen was wir wollen, wir brauchen keine Anführer, brauchen lediglich jemanden im Weißen Haus, um die Gesetze, die der Kongress macht zu unterschreiben.“
So denken die: die brauchen nur jemanden, der ihre Arbeit macht. Romney, Obama, Hitler – denen ist es egal, wer den Job macht. Und das geben sie offen zu.
Das Szenario erinnert sehr an des Ende der Weimarer Republik – ein Ende, das – wie wir jetzt sehen – von Hitler ganz bewußt mit Hilfe der Arbeitslosen herbeigeführt worden ist, jener Arbeitslosen, die wir nur Dank der intensiven Wühlarbeit amerikanischer Interessengruppen haben, jener Interessengruppen, für die die Zerschlagung der Sozialstaaten sowie die Deregulierung der Finanzmärkte oberste Priorität hatten.
Jetzt haben sie, was sie wollten – diesmal sogar weltweit.
Was sie jetzt nur noch bräuchten, wäre ein geklonter Hitler. Technisch – glaube ich – kein Problem mehr. Der könnte in Deutschland ungeniert herumwandern, das Verfassungschutz würde schon dafür sorgen, das ihm die bösen Linken nichts tun – und in ganz Asien bräche Jubel aus.
Den USA käme das gerade recht: das Imperium zerbricht – und zelebriert Werte, die dem Führer sehr gefallen würden, siehe Spiegel:
Und tatsächlich: die Fanatiker, von denen Mitt Romney sich abhängig gemacht hat, haben alles über Bord geworfen, was den Westen ausgezeichnet hat: Wissenschaft und Logik, Vernunft und Mäßigung oder einfach Anstand. Sie hassen die Schwulen, die Schwachen und den Staat, sie unterdrücken die Frauen und verfolgen die Einwanderer, und ihr Abtreibungsmoralismus macht auch vor den Opfern von Vergewaltigung nicht halt. Sie sind die Taliban des Westens.
Die brauchen wieder dringend ihren Krieg … und Menschenmaterial dazu produzieren sie gerade in großen Massen, sowohl in den USA selbst, als auch in Europa und Asien.
Wir hatten das schon einmal. Wieder wünscht sich die Welt einen großen Führer, wieder sorgt das Kapital für ein günstiges Klima, einen gut gedünkten Boden, ideale Verhältnisse auf dem die neue Brut sprießen kann.
Und wieder tun wir so, als sei das alles nur Zufall. Dabei ist es einfach „Wirtschaft“ – bzw. jene Form, in der „die Wirtschaft“ oder „die Märkte“ gerne Politik machen: mit Uniformen, Aufmärschen und Todesschwadronen.
Darum steht dieser Artikel auch in der Kategorie „Wirtschaft“.
Vielleicht merken wir ja nach dem nächsten Weltkrieg, das man „Wirtschaft“ aus „Politik“ heraushalten muss, weil man sonst nur weitere Hitlereien produziert.
Freitag, 12.10.2012. Eifel. Der 11. September 2001 war ein ganz besonderer Tag. Es jährte sich nicht nur der Tod des Militärputsches gegen Allende, es war auch jener Tag, in dem in Frankfurt ein ganz besonderer Vortrag stattfand. Henry Kissinger referierte dort über die „Auswirkung der Globalisierung auf die Weltbevölkerung“. Am gleichen Tag geschah ebenfalls noch etwas sehr bemerkenswertes, siehe Wikipedia:
Am 28. Jahrestag des Putsches in Chile, dem 11. September 2001, reichten Anwälte einer chilenischen Menschenrechtsorganisation deswegen Klagen gegen Kissinger,Augusto Pinochet, Hugo Banzer, Jorge Rafael Videla und Alfredo Stroessner ein. Gleichzeitig erfolgte beim Bundesgerichtshof in Washington, D.C. eine Zivilklage gegen Kissinger und den damaligen CIA-Chef Richard Helms von Angehörigen General Schneiders, Hintergrund waren die CIA-Aktivitäten im Vorfeld des Putsches.
General Schneider war ein wichtiges und populäres Opfer der us-amerikanischen Aussenpolitik:
Bereits seit 1963 hatte die CIA in Chile eine Reihe verdeckter Operationen mit dem Ziel durchgeführt, die Wahl des Sozialisten Salvador Allende zum Staatspräsidenten zu verhindern. Nachdem diese Aktionen erfolglos geblieben waren und Allende 1970 Präsident wurde, waren die USA zu massiven Geheimdienstoperationen übergegangen, mit dem Ziel, die chilenische Regierung zu destabilisieren und die Voraussetzungen für den Militärputsch vom 11.September 1973 zu schaffen. Im Zuge der CIA-Operationen kam es zur Ermordung des verfassungstreuen und zu Allende loyalen Generalstabschefs René Schneider. Die Verschwörergruppe war zuvor von der CIA mit Maschinengewehrenund Tränengasgranaten ausgestattet worden.
Ja, so etwas machen die USA – und so etwas macht vor allem Henry Kissinger, weshalb man ihn ja weltweit an verschiedenen Orten mal gerne vor ein Gericht geladen hätte. Gut, das ist alles lange her. So lange, das viele, die das hier lesen, gar nicht geboren waren. Und heute – da sind wir uns ja alle einig – würden die Geheimdienste der USA niemals mehr so weit gehen wie damals. Das predigen uns jedenfalls die Medien und die Parteien.
Ach ja – Medien und Parteien: die waren in der Tat der Hauptansatzpunkt des Geheimdienstes bei der Umsetzung der US-Politik in Übersee, hier in Chile (siehe: Wikipedia):
In einem Memorandum des US-Geheimdienstes hieß es später, dass El Mercurio und andere chilenische Zeitungen, die von der CIA finanziell unterstützt wurden, eine wichtige Rolle dabei gespielt hätten, die Voraussetzungen für den späteren Militärputsch zu schaffen.
Die wissen, wie man Politik macht: über Medien. Einfach mal oft genug an allen Ecken und Enden den Satz „die Erde ist eine Scheibe“ bringen und schon werden die Leute so unsicher, das sie weniger Kreuzfahrten buchen. So sind die Leute: wenige verfügen über ausreichend Bildung, auf Anhieb in einer Zeitung diejenigen Informationen zu entdecken, die einen Ausblick auf die Zukunft werfen, noch weniger verfügen über profunde Geschichtskenntnisse … wie zum Beispiel Kenntnisse über das Memorandum NSSM 200. Wir finden im Jahrbuch 2001 einen Kommentar dazu:
Das Programm für die Bevölkerungskonferenz wurde bereits 20 Jahre zuvor entworfen, in einer ungefähr 90 Seiten langen geheimen Studie des Nationalen Sicherheitsrates der USA samt seinen zahlreiche Unterausschüssen. Dort gelangten die vielfach widerlegten Thesen aus dem Schulungsbuch des Thomas Malthus für die Commis der East Indian Company zu neuer, global folgenschwerer Aktualität. Hohe Regierungsbeamte der USA und angesehene Vertreter des Establishments bekannten vor der Öffentlichkeit, sie seien überzeugte Neomalthusianer. Nirgends jedoch zeigte sich die Besessenheit von Malthus`Essay über das Bevölkerungsgesetz so brutal wie im Nationalen Sicherheitsrat.
„Bessenheit“ ist hier das Wort, das wir uns merken sollten – gleichfalls die Tatsache, das hohe Regierungsbeamte und angesehene Vertreter des Establishments sich zum Neomalthusianismus bekennen. Wir wollen diese Aussagen mal im Hinterkopf behalten, während wir uns dem Kernthema nähern: was ist denn das überhaupt, so ein Malthusianer – oder Neomalthusianer.
Die Antwort ist leicht gegeben, in dem wir den Namensgeber der Bewegung, Herrn Pastor Thomas Robert Malthus, 1766 – 1834, persönlich zitieren (siehe Wikipedia):
„Ein Mensch, sagte er, der in einer schon occupirten Welt geboren wird, wenn seine Familie nicht die Mittel hat, ihn zu ernähren oder wenn die Gesellschaft seine Arbeit nicht nötig hat, dieser Mensch hat nicht das mindeste Recht, irgend einen Teil von Nahrung zu verlangen, und er ist wirklich zu viel auf der Erde. Bei dem großen Gastmahle der Natur ist durchaus kein Gedecke für ihn gelegt. Die Natur gebietet ihm abzutreten, und sie säumt nicht, selbst diesen Befehl zur Ausführung zu bringen.“
Kurz gesagt: wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Obwohl … nein, das ist falsch. Wer seine Arbeit nicht zum Gewinne anderer verkaufen kann, der soll auch nichts essen: so ist das gemeint. Der soll nicht nur nicht essen, der soll „abtreten“ – wenn er denn in eine „schon occupierte Welt“ geboren wurden, in einer Welt also, in der die Ururgroßväter der heutigen Erben erfolgreich Landraub begangen haben, Vermögen mit Sklaven- Waffen- und Drogenhandel anhäuften und dieses mit ein wenig Tricksereien an den Börsen verhundertfachten.
Manche würden meinen: eine Anleitung zum Massenmord.
Das ist im Prinzip Kern des geheimen Memorandum NSSM 200, das die Marschrichtung der USA für die nächsten Jahre vorgab (nochmal Jahrbuch 2001):
Am 24. April 1974, auf dem Höhepunkt der Ölkrise, unterschrieb der Sicherheitsberater des Weißen Hauses ein Memorandum, das die Grundlinien der US-Politik für die nächsten Jahre festlegte. Das „National Security Study Memorandum 200“ trug den Titel „Auswirkungen des weltweiten Bevölkerungswachstums auf die Sicherheit der Vereinigten Staaten und ihre Interessen in Übersee“. Es richtete sich an alle Kabinettsmitglieder, an den Generalstab und die verantwortlichen Leiter der CIA und anderer Dienste der USA. Am 16. Oktober 1975 bestätigte Präsident Gerald Ford auf Betreiben seines Außenministers in einem weiteren Memorandum die Notwendigkeit „amerikanischer Führung in Sachen Weltbevölkerung“. Es bezog sich im wesentlichen auf das geheime Memorandum NSSM 200. Diese Ausführungsverordnung machte zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten den Malthusianismus zur Leitidee der Sicherheitspolitik der amerikanischen Regierung.
Die beiden US-Memoranden argumentierten, das Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern, die an die Schwelle zur Industrialisierung heranrückten und in denen wichtige Rohstoffquellen lagen, stelle eine „potentielle Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA“ dar. NSSM 200 warnt davor, daß diese Länder unter dem Druck ihrer wachsenden Bevölkerung von den USA für ihre Rohstoffe höhere Preise und für sie günstigere Handelsbedingungen durchsetzen könnten.
Da kommt Konkurrenz auf, es droht echte Marktwirtschaft: das darf nicht sein. Ein Zitat aus dem Memorandum belegt, wie man sich die Konkurrenz vom Halse schaffen wollte:
„Um wieviel wirksamer sind Ausgaben für Maßnahmen zur Bevölkerungskontrolle als Investitionen, die die Produktion anheben, zum Beispiel Investitionen in Bewässerungsanlagen, Kraftwerke und Fabriken.“
Das heißt: nicht Wohlstand für alle ist das Ziel, sondern erklärte Beseitigung zukünftiger Generationen, was zur Vergreisung des Landes führt (da können wir Deutschen ein Lied von singen) – mit allen Folgen, die sich skrupellose Profiteure von dieser Situation versprechen. Wir bauen keine Krankenhäuser, verbessern nicht die Anbaumöglichkeiten, steigern nicht die Produktion, sondern vernichten das Volk … natürlich mit guten Worten.
Wie es heißt, wollte der Papst selbst 1991 mit Bill Clinton persönlich darüber sprechen, ob die USA eigentlich immer noch dieses Ziel verfolgen. Christliche Ethik und besessener Malthusianismus einer militärischen Supermacht lassen sich immerhin nicht gut miteinander vereinen:
Ein Teil der heutigen militanten Malthusianer hat für die Armen und Schwachen, die Schwarzen und Indios usw. kaum mehr als Verachtung übrig. Die Gleichheit aller Menschen, das Recht aller auf Freiheit, ihr Zugang zu den materiellen, geistigen und spirituellen Gütern sind für sie nichts als unzulässige Ziele, die es zu bekämpfen gilt. Wenn man sich um die gleiche Würde aller Menschen kümmert, so zerstört man ihrer Meinung nach das naturgewollte Gleichgewicht, das die Besten auswähle und die Schwächsten beseitige oder zumindest den Stärkeren weiterhin Zugang zu materiellem Wohlstand sichert und die Schwächeren in Armut und Not beläßt.
Die „Stärkeren“ … sind die Menschen in den USA – vor allem ihre weiße Oberschicht (siehe Spiegel). Die verdienen auch in der Wirtschaftskrise noch super – und gleichen darin den deutschen Milliardären (siehe Welt).
Nun, wir könnten immer noch denken: och, das ist ja alles Vergangenheit und Geschichte, was soll mich das denn interessieren … allerdings wird Hartz IV-Abhängigen wahrscheinlich schon etwas mulmig, wenn sie diese Zeilen lesen: gehören sie doch zu den Schwächeren, die man in einem superreichen und hoch gebildeten Land bewußt und absichtlich per Gesetz in Armut hält und per Bild-Zeitung sogar zu einer asozialen Untermenschenrasse hochstilisiert. Gerade in Deutschland läßt das häßliche Erinnerungen an die Zeit von 1933-1945 hochkommen, wo ein „Führer“ der Welt schon mal zeigte, wie man mit unnützen Essern umgeht. Er hatte viele Sympathisanten in der Oberschicht der USA – und wahrscheinlich fanden auch viele seine Methoden recht praktikabel.
Leider können wir diesen Malthusianismus nicht völlig ins Archiv der menschlichen Verirrungen stellen, davon kündet ein aktueller Artikel in der TAZ.
In Kreisen der sogenannten Elite wird seit einiger Zeit ein posthumanitärer Mischmasch aus neomalthusianischen und neoliberalen Positionen zusammengerührt. Schon 1996 erklärte CNN-Gründer Ted Turner der Zeitschrift Audubon:„Eine Bevölkerung weltweit von 250 bis 300 Millionen Menschen, ein Rückgang um 95 Prozent, wäre ideal.“ Im Alter gnädiger geworden, bekannte er sich 2008 beim Philadelphia World Affairs Council zu dem Ziel, die Weltbevölkerung auf 2 Milliarden zu verringern.
Es gibt auch noch mehr Namen aus den Kreisen der Elite: da wird Bill Gates zitiert, russische Zeitungen mit Artikeln über „Länder mit überflüssiger Bevölkerung“ oder auch der US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney.
Wir sehen also: wir haben es nicht mit einem Phänomen der Vergangenheit zu tun, sondern mit einer akuten und aktuellen Bedrohung des demokratischen Rechtsstaates, der – wie bei einem Putsch so üblich – erstmal medial vorbereitet wird. In Deutschland übernimmt das dankbar und gerne die „Atlantikbrücke„, Kenner erinnern sich auch an Ausfälle in der Blödzeitung und anderen privaten Medien, die eine besondere Nähe zu den USA demonstrieren wollen, in England übernehmen diese Arbeit auch gerne Finanzminister, die aktuell Arbeitnehmern empfehlen, ihren Kündigungsschutz zu verkaufen (siehe Welt).
Für den Malthusianer ist der Sozialstaat eine Brutstätte unwerten Lebens, eines Lebens, dem die Natur gebietet, abzutreten.
Und wo die Natur die Kraft dazu nicht mehr hat, kommt eben der Förster.
Erinnern wir uns an das Wort, das die Geistesverfassung der Malthusianer beschrieb? „Besessen“ … das war es.
Völlig unabhängig davon, wie oft Malthus´ Thesen schon wiederlegt worden sind, führen sie ihren Privatkrieg zur Rettung der Welt (und vor allem: zur Rettung ihres Reichtums) weiter. Wäre es so weit hergeholt, wenn man gewisse irrationale politische Entwicklungen, die seit dem 11. September 2001 eingetreten sind, ursächlich jenen Extremisten zuschreibt, die eine Reduzierung der Weltbevölkerung um 95% wünschen? Menschen, die Macht und Einfluss haben sowie Geld im Überfluss – und eine gemeinsame politische-religiöse Überzeugung vom natürlichen Recht des finanziell Stärkeren?
Nochmal zurück zu dem Artikel der TAZ, der bezeichnenderweise „Die Überflüsssigen“ heißt. Der Autor berichtet hier auch von persönlichen Erfahrungen:
Einige Tage später sprach ich mit einer Investmentbankerin, die mich süffisant fragte, wie ich denn meine sozialen und ökologischen Überzeugungen mit der Tatsache in Einklang bringe, dass es zu viele Menschen auf der Erde gebe.
Investmentbanker und ihre Ethik: das wäre ein ganz neues Thema, andererseits zeigt das gut, wie sehr dieses krankhafte Denken schon in der Gesellschaft vorgedrungen ist – und natürlich kann man den Überflüssigen bedenkenlos jeden Anlageramsch verkaufen: sie sind eh´ nur Abfall, Gammelfleisch, Biomüll – oder Giftmüll, bedenkt man, was die Pharmaindustrie alles in sie hineinstopft.
Die „anderen“, die nicht überflüssigen Menschen, die „Leistungsträger“, die „Säulen der Gesellschaft“, dürfen das. Sie sind per Definition gerade mal die Stärkeren – erst im Alter werden sie merken, das diese Illusion von Stärke sehr relativ war.
Für uns, als demokratische Gesellschaft, die sich per Grundgesetz der Erklärung der allgemeinen Menschenrechte verpflichtet hat, ergeben sich aus den oben genannten Fakten ein paar Fragen:
Inwieweit ist die deutsche Presse schon von Agenten der Malthusianer unterwandert?
Inwieweit ist die Landschaft deutscher Arbeitgeber von Agenten der Malthusianer unterwandert?
Wer außer Schröder, Fischer, Clement und Müntefering ist noch von Agenten der Malthusianer beeinflusst worden?
Welche Gegenmaßnahmen unternehmen die deutschen Geheimdienste, um Einflüsse des malthusianischen Geistes auf die deutsche Gesellschaft abzuwehren?
Man wird um die Beantwortung dieser Fragen nicht herumkommen, wenn man den aktuellen Umbauprozess der bundesdeutschen Zivilgesellschaft in eine Sklavenhaltergesellschaft nach US-Vorbild stoppen will. Noch ist es Zeit dafür – wenn erst die Mehrheit der Deutschen erfährt, das ihre Medien, ihre Politik und ihre Wirtschaft schon längst von US-Geldern geflutet wird mit dem Ziel der kompletten Abschaffung der überflüssigen deutschen Gesellschaft, deren unvernünftige Sozialpolitik das mühsam am Leben erhält, was schon längst vergast gehört.
Das ist nicht persönlich gemeint: 95% der Weltbevölkerung sollen ebenfalls vergehen, um weiterhin eine Kultur zu ermöglichen, in der ein Mann wie Mitt Romney persönlich den gleichen Energieverbrauch hat wie eine Stadt in Afrika.
Sieht man die europäischen Aktivitäten von Goldman Sachs in diesem Lichte, wird verständlich, warum die überhaupt immer noch in der Welt agieren dürfen: wie McKinsey dürften sie einfach modernere Formen der Einflussnahme auf fremde Kulturen darstellen – die Zeiten, wo das CIA Gestalten wie Schröder, Clement, Fischer und Müntefering mit Maschinenpistolen und Tränengasgranaten ausgestattet hat, sind eindeutig vorbei. Heute gelten andere Gesetze, heute gibt es ganz andere Möglichkeiten, eine Gesellschaft zu unterwandern: Disney, Coka Cola und McDonalds stehen neben vielen anderen „Agenten“ stellvertretend für den weltweiten Export der malthusianischen Kultur – einer Kultur der gewollten Massenvernichtung. Hunger als Waffe wird aber auch schon gegen deutsche Arbeitslose bedenkenlos eingesetzt: selten zeigt sich die Degeneration einer Kultur so deutlich wie an diesem Tatbestand.
Im Prinzip haben wir es mit einer Wiedergeburt der faschistischen Kultur zu tun, der Geist des Adolf Hitler feiert in den USA neue Triumphe: der Begriff „unwertes Leben“ hat wieder Hochkonjunktur, die „Leistungsträger der Kultur“ überschlagen sich in Maßnahmen zur Erzeugung beständig neuer überflüssiger Menschen – wie zum Beispiel Mitt Romney (nochmal aus der TAZ):
Als international erfolgreicher Geschäftemacher weiß er, dass es angesichts fortschreitender Globalisierung und Automatisierung unmöglich sein wird, für den allergrößten Teil dieser Menschen Arbeit zu schaffen (der von ihm gegründete Bain Capital Equity Fund schließt dieser Tage den profitablen Automobilzulieferer Sensada in Freeport, Illinois, um die Produktion nach China zu verlegen). Mit anderen Worten: diese Menschen sind überflüssig.
Früher waren arische Atribute gefragt, heute zählt das Geld: ab einer Milliarde aufwärts gehört man zu den Gottmenschen der Moderne.
Als wüßten wir nicht aus der Geschichte, wie unermesslich schädlich diese Gottmenschen für die menschliche Gemeinschaft sind – deshalb waren sie ja lange Zeit auch abgeschafft … jedenfalls bis Hitler kam.
Jetzt werden sie in Serie produziert und merken kaum noch, das sie angesichts der ökologischen und ökonomischen Grenzen dieses Planeten die „Überflüssigen“ sind. Sie sind nicht nur „überflüssig“ – sie sind aus dieser Perspektive (die eigentlich ihre eigene ist) sogar echte Schädlinge.
Man kann sich ausrechnen, wie lange das noch gut geht.
Gar nicht.