Samstag, 10.2.2018. Eifel. Ja – was für turbulente Zeiten. Als ich gestern nebenbei die ganze Aufregung über den Außenminister Schulz las, wusste ich schon, dass er gar nicht Außenminister werden wird: da hat er seine Kritiker ganz schön veräppelt. Die waren noch völlig im Aufregermodus – er war schon im Abgang. Ja – Groko. Erst ausgeschlossen, jetzt ist sie wieder da. Schon irre: beide Parteien haben die schlechtesten Ergebnisse ihrer Geschichte eingefahren, sind vom Wähler massiv abgestraft worden … und entschließen sich begeistert für ein „weiter so“! Wahnsinn, oder? Menschen lernen aus Fehlern, sagt man. Haue ich mir mit einem Hammer auf die Hand, habe ich eine wichtige Lernerfahrung – das mache ich nach Möglichkeit nicht nochmal. Anders die Groko: die hauen mit voller Wucht noch mal drauf. Anstatt mal mehr Demokratie zu wagen: lieber weiter Obrigkeitsstaat, diesem sogar mir einer ganz besonderen Note, die man im Protokoll der Sondierungsgespräche findet (siehe Tagesschau):
„Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.“
Steht ganz am Ende des Sondierungspapieres. Soviel zur Freiheit des Gewissens der Abgeordneten: wir schicken nur noch Stimmvieh nach Berlin. Wahlvieh wählt Stimmvieh für … eine winzig kleine Minderheit der Akteure, die fest in Netzwerken stecken, über die wir nicht mehr reden dürfen, weil wir sonst Verschwörungsnazis sind. Lesen Sie den Satz mal ganz genau – also: den zweiten. Die müssen jetzt alle für Merkel stimmen (deren Kanzlerbonus bleibt ja unangetastet, weiterhin liegt die Richtlinienkompetenz bei ihr), auch bei den Punkten, die nie Gegenstand der Verhandlungen waren! Ja: das ist real existierende Demokratie in Deutschland. Kennen Sie den Begriff noch? Ja, als das Volk der DDR merkte, dass ihr Staatsapparat so gar nichts mit dem sozialistischen Ideal von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit zu tun hatte und das aus den Revolutionswirren nur eine neue Feudalgesellschaft – diesmal aus Parteiselektion anstatt aus Ahnenvergötterung resultierend – entstanden war, gab es einen neuen Begriff für´s Ganze: den real existierenden Sozialismus. Auf deutsch: heißt neu, ist aber alt. Soviel Sozialismus, wie die neuen Typen an den unveränderten Machthebeln eben an Sozialismus erlauben. Und: und wir haben eben real existierende Demokratie: soviel Demokratie eben, wie die aktuellen Machthaber uns gerade erlauben.
Das ärgert natürlich immer mehr Menschen. Manche sogar maßlos, dass sie zum Äußersten bereit sind. Ich habe zufällig nebenbei mal überlegt, ob es eigentlich noch irgendetwas Markantes über die SPD zu sagen gibt, irgendetwas, für das die wirklich steht: mir fiel absolut nichts ein. Die Partei steht inzwischen für ein absolutes Garnichts – und ist überflüssig wie ein Kropf. Keine Zukunft, keine Visionen, keine markanten Persönlichkeiten … eine Partei für gut besoldetet Staatsbedienstete aus dem Biedermeierzeitalter, die mal so was richtig wildes, mutiges tun wollen – die rebellisch bis zum Äußersten sind und sich wie Che Guevarra, Fidel Castro und Christus in einer Person fühlen, wenn sie mal … ihr Kreuz bei der SPD machen anstatt da, wo es angesagt ist. Doch … da habe ich mich geirrt. Eins hat die SPD immer noch: sie fragt ihre Mitglieder. Ja: das muss man ihnen lassen: die fragen nach. Und handeln sich dafür Riesenärger ein (siehe Tagessspiegel):
„Und es ist auch überhaupt nicht einzusehen, warum den SPD-Mitgliedern, die nur 0,7 Prozent der Wahlberechtigten insgesamt ausmachen, das Privileg eingeräumt wird, in einer Art zweitem Wahlgang über die Bildung einer neuen Regierung abzustimmen. Insofern kann man auch nicht argumentieren, dass es sich dabei um eine rein innerparteiliche Angelegenheit handelt.
Die Vorgehensweise der SPD beschleunigt darüber hinaus die Entparlamentarisierung der politischen Entscheidungsprozesse und untergräbt den in der Verfassung verankerten Grundsatz der repräsentativen Demokratie. Denn die Abgeordneten des Deutschen Bundestags sind nach Artikel 38 Grundgesetz „Vertreter des ganzen Volkes“ und nicht der SPD-Basis.“
Ja: und als Vertreter des ganzen Volkes sollen die gefälligst machen, was Merkel will – die eine, die unantastbare, die alternativlose Figur an der Spitze … und nicht, was die Parteimitglieder wollen. Wo kämen wir da hin, wenn der Pöbel mitreden darf! Die CDU ist da deutlich Führerorientierter, die wissen, dass Deutschland einen braucht, der sagt, wo es langgeht – und Frau Klöckner erzählt uns gern, wie das in der CDU gesehen wird (siehe Spiegel):
„Wir haben eine klare Führungsbeschreibung bei uns. Wir delegieren unsere Verantwortung nicht einfach an Mitglieder, denn das wäre auch nicht ganz fair, denn wir haben ja tagelang verhandelt, sind in die Details reingegangen, und würden dann einem Mitglied zumuten, einmal Daumen hoch, einmal Daumen runter, ohne all diese Informationen, die wir ja hatten.“
Ja, unsere real existierende Demokratie … was für ein schwacher Abglanz dessen, was die Vertreter des Grundgesetzes als Vision einer freien, offenen Gesellschaft hatten. Nun – das hatten denen ja auch andere vorgegeben. Allerdings … gab es einige Bürger, die sich sagten: so, wir machen jetzt mal mit bei der Demokratie. Wenn man über die Groko – die ja vor der Wahl ausgeschlossen wurde – innerhalb der SPD nochmal abstimmen kann, dann treten wir da ein und machen das einfach! Zack! Dachten die sich.
Einen von den mutigen Gesellen kenne ich seit langer Zeit: Frank Schneider. Er wollte in der Tat in der SPD Demokratie wagen … und erlebte die real existierende Demokratie. Ein Intellektueller in der SPD – das wäre ja mal was gewesen. Aber: lesen Sie selbst, Frank hat freundlicherweise seine Erlebnisse aufgezeichnet und mir zur Veröffentlichung geschickt (ich habe aus Gründen der Lesbarkeit auf den üblichen Kursivsatz bei Zitaten verzichtet):
„Von einem, der auszog Genosse zu sein und zum Terrier wurde
Diese Geschichte begann damit, dass ich aus einer Laune heraus dem Aufruf der NoGroko-Bewegung auf Facebook folgte und online in die SPD eintrat. Die Rückbestätigung der Bundeszentrale kam auch prompt, alles Weitere passiere dann auf Regionalebene. Danach tat sich jedoch erstmal lange nichts, bis schließlich eine Mail eintrudelte, die einer Absage sehr nahe kam. Also habe ich bei der SPD-Geschäftsstelle Würzburg angerufen. Eine freundliche Dame am anderen Ende der Leitung, das muss ich schon sagen. Natürlich fragte ich, an welcher Stelle es denn Bedenken gebe, ob ich zu den SPD-Wertevorstellungen passe. Ja, meint sie, man habe auf Facebook recherchiert und außerdem bestehe die Furcht vor AfD-Leuten, die jetzt in die Partei kommen wollen. Ich so: „Aber ich habe die Deutsche Mitte angegeben und diese Angabe war außerdem freiwillig?“ Ja, auf deren Seite habe man eine Faust entdeckt. Natürlich bin ich nach dem Telefonat wenigstens mal auf die Bundesseite von denen gegangen – von einer Faust war weit und breit nichts zu sehen. Wir plauderten weiter und dann erzählte sie mir, dass es wohl zeitnah keine Treffen meines Ortsverbandes geben würde. Aber in der Email stand ja „Der Ortsverein würde es begrüßen, Sie bei einer SPD-Ortsvereinssitzung bzw. Stammtisch persönlich kennen zu lernen.“ Ich brummte in den Hörer und die Dame bot mir an, ich könne ja am 23.2.18 zu einem Treffen für Neumitglieder kommen. Ich: „Aber bis dahin bin ich ja womöglich noch gar nicht Mitglied.“ „Naja, was Neumitgliedschaften angeht, hat der Ortsverein die Hoheit“, erklärte sie mir. Und fügte hinzu, dass sei mir wahrscheinlich zu spät wegen dem 8. Februar, oder? Milde erklärte ich ihr, dass die Teilnahmefrist auf den sechsten Februar festgelegt worden sei. Ach, ah ja, stimmt. Nun – sie hat mir versprochen den Ortsvorsitzenden, auf dem Handy anzurufen, vielleicht ginge ja doch etwas Zeitnahes.
WTF? So sieht Realsatire aus …
Abends, kurz vor acht, ich rufe den Ortsvorsitzenden an. Ich erkläre ihm die Sachlage und was tut er? Er lädt mich fröhlich auf den nächsten SPD-Stammtisch am 22.2. ein. Grmpf. Also mache ich ihm klar, dass ich natürlich vorher als Mitglied der Partei anerkannt sein möchte, weil ich über die Groko abstimmen will. Oha, also sie haben da drüber im Ortsverband gesprochen, meint er und sind zu dem Schluss gekommen, gerade jetzt erstmal keine neuen Mitglieder aufzunehmen. „Klar, ist ja auch Fasching und viel los“ komme ich nicht umhin zu antworten. Nein, nein – das wäre eher eine Situation, die ja mit dem Schulz-Zug vor einem Jahr vergleichbar sei. Jedenfalls habe die Kassiererin des Ortsverbandes, die dann bei der SPD-Geschäftsstelle Würzburg angerufen hatte, ein klares „Nein“ zu meiner Person im Gepäck gehabt. Wow! Denke ich. So hat die Mail aus der Geschäftsstelle aber gar nicht geklungen? Weiter geht es, ich bohre in seinen Waden, das Bild eines Terriers im Kopf, ob es denn nicht doch eine Möglichkeit gäbe, das vor dem ultimativen Stichtag am 6.2. zu klären? Die Wade scheint zu bluten, das tut sie auch bei „Guten“. Jedenfalls rutschen ihm gleich zwei Dinge raus: Nämlich erstens, dass das mit den Neumitgliedern eigentlich nie ein Problem gewesen sei. Wenn deren Antrag bei der Parteizentrale aktenkundig war, sei eigentlich immer alles geritzt gewesen. Man hat den Neuen dann halt mal auf die jeweiligen Ortsveranstaltungen eingeladen. Oha, denke ich mir. Also muss es eine Kommunikation von der Parteispitze bis hinunter zu den Ortsvereinen gegeben haben – wie auch immer die aussah. Vermutliche Message: Bremst sie aus? Ja und zweitens, und das lässt mich hoffnungsvoll fiebernd in die Zukunft blicken: Übermorgen, also am 2.2. findet im Schützenhaus ein Senioren-Event statt. Mit Kaffee und Brotzeit, da seien auch etliche SPD-Honoratioren vor Ort. Ab 13 Uhr gehe es los, dann in den Abend hinein. „Also am Nachmittag könnte ich vorbeischauen“, werfe ich eilfertig ein. „Aber abends habe ich schon was vor“. Ach, das ist kein Problem, meint er. Da komme sowieso „Fasnacht in Franken“ im Fernsehen, da gehen die alle heim. Karnevalsverein! Wispert mein Großhirn böse, aber ich sage nix. Gebe ihm stattdessen meine Handynummer und er gelobt, mich am Freitagfrüh anzurufen. Dann wird er mir mitteilen, ob ich im Schützenhaus vorsprechen darf. PENG! Fortsetzung folgt …
Update: Der Vorstand vom Ortsverband wollte mich heute „am Vormittag“ anrufen und mir Bescheid sagen, wie es nun weiter geht. Holla! Das hat er nicht getan. Jetzt habe ich ihn angerufen (Terrier), aber da ging wieder nur der Anrufbeantworter ran. Fast haben sie mich so weit zu resignieren, aber mal schauen. Vielleicht gehe ich ja auch ohne Einladung mal rüber ins Schützenhaus zu dieser Seniorenveranstaltung? Oder ich kontaktiere die Dame von den Jusos hier im Ort? Schau mer mal – ich halte euch auf dem Laufenden.
Terrier können auch nett sein – oh Trüffelschweine!
Okay, also ich gestehe, dass ich zunächst feige war und dachte, ich spanne mir die Juso-Frau vor den Karren. Aber die heißt leider (Name ist der Redaktion bekannt), wohnt wohl noch bei ihren Eltern und hat vermutlich nur Handy und kein Festnetz. Auf die Schnelle – bei 11 (Name ist der Redaktion bekannt) im Ort – also unauffindbar. Okay, dann hinein in die Höhle des Löwen, auf geht’s zum Schützenhaus! Ich gestehe noch etwas: Nicht wissend, in welche Situation ich dort kommen würde, habe ich meine Billardweste über den Boss-Pullover gezogen. Zwei Vorteile: Womöglich mögen die Sozen Boss nicht und die Weste überdeckt das Logo. Viel wichtiger: Die praktischen kleinen Taschen an der Weste, mit deren Hilfe ich mit eingeschalteter Diktiergerät-App am Handy den womöglich feindlich gesonnen Rückraum des Ortsvorstandes betreten kann. Erster Raum: Circa 30 Senioren, teilweise faschingsmäßig verkleidet, essen Kuchen an langen Tischreihen. Nichts auffälliges, also weiter in die Küche, zur Kuchentheke. Mittelalte Damen stehen dahinter, mustern mich fragenden Auges. Ah! Die Küche hat noch einen Rückraum! Ein kurzer Blick hinein und da steht tatsächlich ein Mann um die 60 mit einem Sweatshirt, auf dem das magische Logo prangt: SPD! Also hänge ich meine Jacke auf (in der Furcht, dass das Handy in meiner Weste sonst nicht ordentlich aufzeichnet) und trete in den Rückraum. „Sie sind von der SPD?“ frage ich fröhlich und deute auf sein Sweatshirt. Das kann er nicht wirklich leugnen und ich verweise auf den Ortsvorsitzenden, mit dem ich telefoniert habe. Wie aus dem Nichts huscht dieser auch herbei. Hat er sich vorher hinter die Kuchentheke geduckt? Man weiß es nicht. Ich begrüße ihn und erwähne in leicht traurigem Tonfall, dass er mich doch am Freitagvormittag anrufen wollte? „Äh nein, ich wollte sie am Nachmittag anrufen, wenn wir hier miteinander gesprochen haben“ bringt er raus, ohne rot zu werden. Leider habe ich das Telefonat vom Mittwoch nicht mitgeschnitten. Das ist eine glatte Lüge. Aber Terrier können auch nett sein. Also sage ich: „Oh, dann haben wir uns wohl falsch verstanden“. Und ich erkläre nochmals, warum ich in die SPD eingetreten bin, inzwischen habe ich fünf Zuhörer, mindestens drei davon aus dem Ortsvorstand (ich hatte mir vorab die Gesichter gemerkt – danke an die Homepage). Meine Erklärung fällt – für meine Verhältnisse – relativ wortkarg aus: Groko bedeutet politischer Selbstmord, Verweis auf die Wahlkatastrophe der Sozialisten in Frankreich, den Erfolg von Corbyn in Großbritannien lasse ich unerwähnt. Scheint trotzdem zu viel zu sein, die Truppe schaut verschreckt. Dann geht es ans sachliche: Es sei doch nie so gewesen, dass der Ortsverband da wichtig war? Doch, und ich zitiere die Antwort der NoGroko-Bewegung aus Facebook, dass erst der Ortsverband sein Okay an den Kreisverband geben muss. Und erst wenn dieser sein Häkchen gesetzt hat, ist das Neumitglied stimmberechtigt (zum Glück hatte ich die noch mal angefragt, sonst wäre ich an dieser Stelle ins Schwimmen gekommen). Dann hat SPD-Sweatshirt eine Idee: Morgen sei doch ohnehin Delegiertenversammlung (das hatte bislang keiner erwähnt) und da könne man das doch noch mal abklären. Erleichterung allerorten, delegieren auf die Delegiertenversammlung? Das scheint fürs Trüffelschwein ein Traum zu sein, denke ich mir und lenke ein. Jaja, sie klären das morgen und am Montag habe ich dann auch Antwort. Die Frau Kassenwart schreibt sich auch noch mal extra meine Mailadresse auf. Hängepartie: Am Montag geht es weiter …
Montag – Showdown? Weit gefehlt …
Nach zwei Tagen Pause vom Triathlon (bewerben, bequatschen – beschmusen) zwecks abstimmungsfähiger Aufnahme in die SPD brauche ich am Montagmorgen erst mal eine Weile, um den Terrier aus seiner Hundehütte raus zu locken. Er gähnt, will erst mal ein Leckerli in Form einer weiteren Tasse Kaffee, aber danach sind seine Sinne geschärft: Frau Kassenwart und ihres Zeichens eine Weile lang geschäftsführende Bürgermeisterin der Gemeinde wollte mir ja am Montag eine Email schreiben und mir dann mitteilen, was man denn nun so bei der Delegiertenversammlung am Samstag habe herausfinden können. Mail-Check am Morgen – nüscht. Mailcheck am Mittag: Wieder nix. Die wollen mich aussitzen? Der Terrier kläfft und gemeinsam schreiben wir eine Email. Blöd bloß, dass die Mailadresse der Frau Kassenwart im Netz nicht hinterlegt ist, ah, ja doch, Mutterspion Google scheint zu helfen. Hier der Text und Betreff der Mail:
„Warte auf eine Rückmeldung bezüglich Rückbestätigung SPD-Mitgliedschaft
Liebe Frau X,
Sie hatten sich am Freitag ja meine Mailadresse aufgeschrieben und mir zugesagt, dass ich am Montag von Ihnen eine Rückmeldung bezüglich Rückbestätigung SPD-Mitgliedschaft (die muss ja offenbar beim Kreisverband erfolgen) erhalte. Da die Zeit ja drängt – am morgigen Dienstag ist der letztmögliche Termin – möchte ich Sie nochmals bitten, in dieser Sache tätig zu werden.
Beste Grüße!“
Halb vier am Montagnachmittag, mir fällt die SPD wieder ein und ich checke meine Mailsoftware. Ups, da hat Google gepatzt, die Mail konnte an die eingegebene Mailadresse nicht versendet werden. Dann doch aufgeben? Nö – es gibt ja noch die – nette, aber wegen ihrer Bürozeiten relativ wehrlose – Frau von der Kreisverwaltung. Also anrufen, der Terrier wählt, ich fletsche vorsorglich die Zähne. Also erkläre ich mein Anliegen und sie ist voll im Bilde. War ja auch dabei am Samstag, an dem mutmaßlich über meine Zukunft als „Genosse“ in meiner Abwesenheit beraten wurde. Aber bei den eigentlichen Gesprächen sei sie nicht dabei gewesen, beeilt sie sich zu versichern. Es sei wohl eine Entscheidung gefallen. Der anwesende Ortsvorstand habe den „Unterbezirksvorsitzenden“ (ich wusste nicht mal, dass es dieses Wort gibt, beim Scrabble hätte ich das nicht ohne Konsultation des Dudens durch gehen lassen) konsultiert. Der Ortsvorstand habe sich bedrängt gefühlt, genaueres wisse sie nicht. Der Terrier hat Schaum vorm Mund und denkt im Stillen: Warum fühlen die sich überhaupt bedrängt? Habe ich zu laut gekläfft?“ sinniert der Terrier und sein Gedankenschaum tropft ölig zu Boden. Also übernehme ich wieder und frage nach, wieso sich der Ortsvorstand bedrängt gefühlt hat? „Ja, die kennen das so nicht“ lautet die Antwort der tapferen Dame und es rutscht ihr auch noch raus, dass sie „vom Bundesvorstand gewarnt worden sind“. Unfassbar! Der Terrier macht ein Auge auf und grollt. Aber da kommt schon ein Angebot: „Eigentlich hält die Frau Kassenwart ihre Versprechen ein“, flötet es am anderen Ende der Leitung. Und wir einigen uns darauf, dass ich ihr die Mail an Frau X schicke und sie diese dann noch vor Feierabend an jene weiter leitet. Die Mailadresse könne sie nicht herausgeben, da habe die Dame schlechte Erfahrungen gemacht. Wie geht es weiter? Ich weiß es nicht. Führe den Terrier heute Abend erst mal Gassi – sonst kann ich für nichts garantieren …
Wie es endete
Nun – mit diesem Schreiben, das ich noch am selben Abend erhielt. Der Terrier jault und hat sich zum Trauern in sein Körbchen zurückgezogen.
Sehr geehrter Herr Schneider,
eine Mitgliedschaft in der SPD setzt tatsächlich auch eine Zugehörigkeit zu einem SPD-Ortsverein voraus. Deshalb haben die Mitglieder des Ortsvereins am 25.01.2018, nach Maßgabe der SPD-Geschäftsstelle, kurzfristig über Ihre Aufnahme in unseren Ortsverein abgestimmt. Nach den uns zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Informationen, wurde hierbei beschlossen, Sie nicht in unserem OV aufzunehmen. Ein kurzfristig angesetztes Treffen mit dem Großteil unserer Mitglieder kam und kommt nach Rücksprache nicht mehr zustande. Es tut mir leid für Sie, dass Sie nun nicht als Mitglied über k/eine GroKo abstimmen dürfen. Sollten Sie dennoch den Wunsch haben, Parteimitglied zu werden, bieten wir Ihnen erneut an, am 22.02.2018 um 19:30 Uhr in die Gaststätte Syrtaki zu unserem nächsten Treffen zu kommen und sich dann bei unseren Mitgliedern vorzustellen. Dies wäre auch die übliche Vorgehensweise zum Kennenlernen und zur eventuellen Aufnahme in den Ortsverein.
mit solidarischen Grüße
1. Vorsitzender“
Damit endet die Geschichte. Vielen Dank an den mutigen Journalisten Frank Schneider, der selbst dann nicht zurückschreckte, als es um den Besuch eines Seniorennachmittages ging. Abstimmen durfte er nicht, Mitglied werden auch nicht. Horror, oder? Da wird „recherchiert“ – und der Bundesvorstand erteilt Weisungen? Nein: „Warnungen“. Wüsste gerne, wie die ausgesehen haben. „Achtung: da will ein Intellektueller in die SPD, der sich eigene Gedanken macht und womöglich nicht für Merkel ist?“
Nun – damit ist die SPD endgültig der Wurmfortsatz der Kanzlerin geworden. Schätze mal: 2021 landen die hinter AfD, Linken und Grünen – als absolut unwählbar. Was lernen wir nun daraus? Was spannendes: die SPD hat nur 432000 Mitglieder (und wird bald – wieder ein Minusrekord – von der CDU überholt). Zusammen mit der CDU haben die 1,4 Prozent der Einwohnerschaft Deutschlands – und regieren damit alternativlos. Ist also eigentlich einfach in Deutschland politische Macht zu bilden: einfach mal 500000 Menschen in einer Partei versammeln – schon gehört einem das Land … wenn man so ein geschlossener Kampfverband wie die SPD ist. Ja: so kann man über 78 Millionen politisch mäßig bis desinteressierte Egomanen im Opfermodus herrschen – wenn man nur genug innerparteiliches Stimm- und Wahlvieh heranzüchtet.
Noch Fragen, was es jetzt zu tun gibt?