Ratgeber

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Wie man/frau sich wehrt und durchsetzt gegenüber den Sozialbehörden

Viele BürgerInnen haben Probleme mit den Sozialbehörden, wenns um Hartz-IV und Grundsicherungsleistungen geht. Dieser Leitfaden hier soll dabei helfen, mit den Behörden besser klar zu kommen.

Folgende Grundsätze sind zwingend:

1.
Grundsätzlich niemals (!) alleine zu Terminen mit den Behörden gehen. Immer Begleitung mitnehmen, die NICHT mit Euch verwandt oder verschwägert ist, und mit dem/der/denen auch keine Lebenspartnerschaft besteht. Wendet Euch, falls Ihr selbst niemand habt, der/die mitgehen könnte(n), an örtliche Erwerbslosen-Inis, oder an das örtliche Bürgerbüro der Partei DIE LINKE.

In Bottrop:

DIE LINKE. Bottrop
Bürgerbüro
Brauerstraße 41
46236 Bottrop
Telefon: 02041/ 5687-110
Telefax: 02041/ 5687-185
http://www.die-linke-bottrop.de

Wonanders findet man Inis oder Hilfen hier:

http://die-linke.de/partei/gliederungen … verbaende/
(bitte bei den DIE LINKE-Landesbüros nach örtlichen DIE LINKE-Bürgerbüros fragen

http://www.my-sozialberatung.de/adressen
Internetsite mit Adressen von Erwerbsloseninis und Sozialrechtsanwälten

WICHTIG:
Seid vorsichtig mit solchen Beratungsstellen, die z.B. mit den Behörden zusammenarbeiten, oder aber die eigene Einrichtungen haben, in denen sie beispielsweise Hartz-IV-bezieher als 1-Euro-Jobber beschäftigen. Gleiches gilt für angebliche Beratungsstellen, die auch „private Arbeitsvermittlung“ oder dergleichen machen. Traut diesen Leuten nicht, denn sie arbeiten mit den Behörden zusammen. Seid immer mißtrauisch, glaubt nichts und stellt Fragen und Fragen.

2.
Habt grundsätzlich kein Vertrauen (!) zu den Sachbearbeitern in den Behörden und glaubt denen nichts, was die erzählen, egal wie nett die auch sein mögen – und meisten sind sie auch nicht nett. Geht deshalb nicht alleine zu denen hin, weil die Euch sonst viel Ärger machen können, ohne, daß Ihr es beweisen könnt – also immer in Begleitung hingehen, was Euch zusteht gemäß § 13 Absatz 4 SGB X (Sozialgesetzbuch 10). Ihr habt gemäß diesem Paragraphen das Recht, bis zu drei Personen Eures Vertrauens als sogenannte Beistände mitzunehmen.

3.
Macht nichts mündlich mit den Sozialbehörden. Alles nur schriftlich, und dazu sind die auch verpflichtet gemäß § 13-15 SGB I in Verbindung mit §§ 33 und 35 SGB X – Ihr müsst das Schriftliche nur verlangen. Wer mit Schreibkram nicht klar kommt, möge sich bitte Hilfe bei Leuten holen, die das können und mit Euch zusammen die Schreiben von der Behörde durchgehen.

4.
Wenn Ihr etwas schriftliches in der Behörde anzugeben habt, was Ihr bitte ebenfalls immer nur in Begleitung tun solltet, dann lasst Euch auf einer Kopie Eures Schreibens auf jeder Seite der Kopie einen Eingangstempel der Behörde draufmachen, auf dem die Bezeichnung der Behörde und das aktuelle Tagesdatum stehen. Nehmt diese Kopie wieder mit nach Hause und heftet sie ordentlich ab. Nur mit Papier kann man was beweisen.

5.
Gebt der Behörde keine Telefonnummer, keine Faxnummer, keine Handynummer und keine eMail-Adresse. Die sollen, wenn sie was wollen, alles schriftlich machen. Wenn Ihr Post bekommt von der Behörde, und kommt damit nicht klar, so geht zu jemandem hin, der/die damit klar kommt und Euch hilft.

6.
Haltet Ordnung in Euren Papieren. Lasst Euch notfalls von jemanden, der/die etwas davon versteht, zeigen, wie man Papiere ordentlich abheftet und aufbewahrt. Wir sind in Deutschland in einem Land, in dem man Papier für genau zwei Dinge braucht: zum Hintern wischen und zum Nachweisen. Deshalb solltet Ihr wissen, wo Eure Papiere sind, und das gilt nicht nur fürs Klopapier, sondern für allem Schreibkram, also auch Kontoauszüge, Mietvertrag, Nebenkostenabrechnungen, Stromrechnungen, Gasrechnung, Wasserrechnung, Versicherungen, Auto usw. usw. usw.

Warum schreiben wir das alles?

Die Sozialbehörden, also alle, die Sozialleistungen zahlen, haben aufgrund der leeren Behördenkassen hierzulande die Dienstanweisung von ganz oben, alle Antragsteller, sei es für Sozialhilfe, Wohngeld oder Leistungen vom Arbeitsamt oder ARGE/Jobcenter, abzuwimmeln, soweit möglich, oder gar fortzujagen, z.B. beim Arbeitsamt/ARGE/Jobcenter durch Sperren der Leistungen mit dem Trick, daß behauptet wird, man habe einer schriftlichen Einladung keine Folge geleistet – obwohl die Einladung vom Amt gar nicht verschickt wurde. ARGEn/Jobcenter nehmen Anträge einfach nicht an, oder bearbeiten sie nicht, obwohl sie noch am Tage der Antragstellung helfen (= zahlen) müssen. Wohngeldstellen und ARGEn/Jobcenter wenden z.B. bei den Wohnkosten (KdU) allerlei selbstgestrickte Tabellen an, die keinerlei rechtsgültigkeit habe, aber die dazu benutzt werden, um den Bürgern die Übernahme der tatsächlichen Wohnkosten (KdU) zu verweigern.

Es gibt alsom tatsächlich keinerlei Grund, den Behörden zu vertrauen oder mit denen etwas zu machen, was man/frau hinterher nicht beweisen kann. Vertrauen ist gut, Kontrolle aber ist besser.

Deshalb nun das Vorgenannte noch etwas ausführlicher:

Glauben kann man in der Kirche, den Behörden besser nicht. Deshalb haltet Euren Papierkram ordentlich oder ordnet ihn endlich (!), und lasst Euch alles, was zugesagt wird, schriftlich geben, und heftet es ordentlich ab. Nicht mündlich, nicht glauben, sondern schriftlich auf Briefbogen der Behörde mit Stempel und Unterschrift. Auf Deutsch: für jeden Furz (= Schriftstück), den/das Ihr gegenüber der Behörde schriftlich einreicht, lasst Ihr Euch bitte auf einer Kopie desselben den Empfang mit Stempel und Unterschrift bestätigen, nehmt diese Kopie mit nach Hause und heftet sie ab. Das gilt für alles: Anträge, Beschwerden, Krankmeldungen usw. usw. Um Gottes lieben Willen BITTE nichts mehr mündlich oder telefonisch mit den Behörden machen, alles nur SCHRIFTLICH. Wenn Ihr was wollt, schriftlich mit Empfangsbescheinigung auf der Kopie des Schreibens einreichen, nix mehr mündlich machen! Wenn sie anrufen, dann legt auf. Im Trmin sagt ihnen, sie mögen bitte einen Brief schreiben und und Euch zuschicken.

Geht nicht mehr allein zu den Behörden, nehmt immer jemanden mit, die mit Euch nicht verwandt und außerdem sachkundig in Sozial-Angelegenheiten sind, also z.B. jemand von der örtlichen Erwerbslosen-Ini, Sozialverein, nötigenfalls auch einen Anwalt (siehe die Links zu Adress-Seiten weiter oben). Wir und viele andere Erwerbslosen-Inis machen das seit Jahren so und begleiten die Betroffenen, die dann immer staunen, wie freundlich plötzlich ein Sachbearbeiter sein kann, wenn man nicht mehr alleine kommt, sondern in (sachkundiger) Begleitung ist. Damit das klar ist: wer alleine zu einem Termin geht, ist selber schuld. Man darf sich zu jeder Sozialbehörde immer bis zu drei Personen des Vertrauens als Begleitung mitnehmen (siehe § 13 Abs 4 SGB X).

Leitsatz: Nur gemeinsam sind wir Erwerbslosen stark!!!!!

Erwerbslosen-Inis findet man z.B. auf den oben genannten Adress-Seiten oder man fragt andere Erwerbslose. Fachanwälte am Wohnort oder in der Nähe für Sozialrecht (= betreffend Arbeitsamt/ARGE/Wohngeldstelle, Renten, Krankenversicherung, Pflegeversicherung) und findet man ebenfalls auf den oben genannten Adress-Seiten. Es sollten immer Fachanwälte sein, weil die sich mit den Themen gut auskennen – weitaus besser, als die Anwälte, die sich nicht spezialisiert haben, und erst mühsam nachlesen müssen.

Warum das alles?

Der Gang zu den Sozialbehörden, um z. B. Arbeitslosengeld I oder gar II o.ä. zu beantragen, ist für viele Menschen, die ihre sozialen Rechte wahrnehmen wollen und müssen, immer wieder mit Angst und Unsicherheit verbunden. Dieses Merkblatt soll einige Tipps für Betroffene geben, indem es Informationen über den „gesetzlich garantierten Umgang“ zwischen BürgerInnen und den für sie tätigen Sozialbehörden zusammenstellt, Die hier genannten Verfahrensweisen und Rechte finden sich im so genannten Sozialgesetzbuch (SGB I und X), auf die im folgenden Bezug genommen wird:

– Beistände
Wenn man selber als Beteiligte/r mit den Sozialbehörden nicht zurechtkommt, kann man zu den Besprechungen in den Ämtern Beistände als Helfer mit hinzuziehen; dies kann z.B. sinnvoll sein, wenn es um Zeugen für nur mündlich erteilte Bescheide geht (siehe dazu auch, was ich weiter oben zum Thema Beistand geschrieben habe). Beistände sind nur Helfer der Betroffenen, nicht Vertreter; allerdings wird das vom Beistand Gesagte von den Ämtern so gewertet, als ob es von den Betroffenen selbst vorgebracht worden wäre, es sei denn, die Hilfesuchenden widersprechen unverzüglich. (§ 13 Abs. 4 SGB X)

– Akteneinsicht
Die Behörde (Arbeitsamt, ARGE/Jobcenter usw.) hat den betroffenen BürgerInnen Einsicht in „seine“ bzw. „ihre“ Akten zu gewähren, soweit deren Kenntnis für die Betroffenen notwendig ist, um ihre eigenen rechtlichen Interessen (z.B. einen Anspruch auf behördliche Hilfe) durchzusetzen. Das Recht auf Akteneinsicht gilt für die Teile des Gesamtvorgangs, die für die Interessendurchsetzung unmittelbar von Bedeutung sind. Von den Betroffenen dürfen dann auch Kopien oder Abschriften der einsehbaren Akten gemacht werden. Nur in den Fällen, in denen berechtigte Interessen Dritter zu schützen sind (z.B. der Unterhaltsberechtigten), darf die Behörde die Akteneinsicht verwehren.

– Beratungs- und Auskunftspflicht
Jede/r, der eine Sozialbehörde um Hilfe angeht, hat Anspruch auf eine Beratung durch das Amt über seine/ihre Rechte (z.B. Sozialleistungen) und Pflichten. Beratung ist das individuelle Gespräch mit dem Einzelnen zur gezielten Unterrichtung, etwa über die Ansprüche gemäß dem SGB II oder SGB III oder SGB XII. Die Verwaltung stellt sich oft auf den Standpunkt, dass sie nur über das beraten bzw. Auskunft geben müsse, was auch von Ratsuchenden angesprochen wird. Deswegen ist es wichtig, z.B. auf der ARGE grundsätzlich immer ausführlich nach allen Leistungen und nach Hilfe in besonderen Lebenslagen zu fragen – man schreibe sich daher immer vorher auf, was man fragen will, damit man nichts vergisst!! Grundsätzlich gilt, je mehr angesprochen wird, umso größer ist der Bereich, in dem die Verwaltung zur Beratung und Auskunft verpflichtet ist, d.h. den Betroffenen auf evtl. Vergünstigungen und zustehende Hilfen aufmerksam machen muss. Beratungsmängel können zur Haftung des Sozialleistungsträgers nach den besonderen Grundsätzen der Staatshaftung führen. (§ 14, 15 SGB I)

– Verpflichtung zum schriftlichen und begründeten Bescheid
Grundsätzlich kann der Bescheid einer Behörde (z.B. über die Ablehnung oder Gewährung einer bestimmten Hilfeleistung) schriftlich, mündlich oder auch in anderer Weise, etwa als Geldüberweisung, erfolgen. Ein mündlicher Bescheid des Amtes (z.B. „Sie erhalten die beantragte Waschmaschine“) ist schriftlich zu bestätigen, wenn dies Betroffene unverzüglich verlangen und hieran ein berechtigtes Interesse besteht (§ 33 Abs. 2 SGB X). Ein berechtigtes Interesse wird regelmäßig dann angenommen, wenn eine Hilfeleistung vom Amt abgelehnt wird und die Betroffenen dagegen Widerspruch einlegen wollen. Ein schriftlicher Bescheid muss, auch wenn er über Computer gefertigt ist, für die Betroffenen verständlich sein (§ 33 Abs. 4 SGB X). Auch ohne ausdrückliches Verlangen muss ein schriftlicher Bescheid des Amtes schriftlich begründet werden (§ 35 Abs. 4 SGB X). Er muss außerdem eine „Rechtsbehelfsbelehrung“ – wo kann ich in welchem Zeitraum Widerspruch dagegen einlegen – enthalten (§ 36 SGB X). Bei so genannten Ermessensentscheidungen der Behörde, z.B. Kann-Bestimmungen im Gesetz, muss das Amt in der Begründung die speziellen Gesichtspunkte, die es im Einzelfall zu einer Entscheidung bewogen haben, darlegen. Ausnahmsweise kann die Verwaltung auch von der Begründung eines Bescheides absehen, aber nur in Fällen, die im Sozialgesetzbuch klar umrissen sind (§ 35 Abs. 2 SGB X). Selbst in diesen Ausnahmefällen muss eine schriftliche Begründung nachgereicht werden, wenn dies die Betroffenen innerhalb eines Jahres verlangen (§ 35 Abs. 3 SGB X). Grundsätzlich gilt: Ein schriftlicher Bescheid ohne (hinreichende) schriftliche Begründung und Rechtsmittelbelehrung ist nicht bestandskräftig.

– Anhörung
Wenn die Behörde einen Bescheid erlässt, der in die Rechte von Betroffenen eingreift (also z.B. Streichung bereits bewilligter Leistungen), muss das Amt die Betroffenen zuvor zu der Sache anhören. Erfolgt die Anhörung mündlich, muss den Hilfesuchenden ausreichend Zeit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern. Von dieser Anhörung kann nur in Ausnahmefällen abgesehen werden, etwa wenn Gefahr im Verzuge ist, oder auch, wie die Rechtsprechung meint, bei abschnittsweise bewilligter Sozialhilfe (§ 24 SGB X).

– Rücknahme falscher Bescheide
Die Sozialbehörden sind verpflichtet, falsche Bescheide, die bereits rechtskräftig geworden sind, d.h. rechtswidrig getroffene Entscheidungen, wenn sie zum Nachteil der Betroffenen sind und diese daran unschuldig sind, für die Gegenwart, die Zukunft und grundsätzlich auch für die Vergangenheit zurückzunehmen. Bei nicht gezahlten Leistungen, also z.B. zu Unrecht verwehrtem ALG II, muss die Behörde Nachzahlungen für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vornehmen (§ 44 Abs. 1,2,4 SGB X). Das soll zwar nu ab 01. April 2011 geändert werden, dürfte aber verfassungswidrig sein – denn der Staat und damit die Behörden versuchen gerne, so etwas zu verschleppen und heraus zu zögern, indem sie einfach nicht auf solche Anträge antworten. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, Leistungsbescheide innerhalb der angegebenen Widerspruchsfristen (in der Regel ein Monat nach Bekanntgabe) auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und sich ggfs. früh genug zu wehren. Hierbei helfen Rechtsanwälte und Erwerbslosen-Initiativen.

(Wird fortgesetzt)

Original Quelle zum weiterlesen….

 

Mit freundlicher Genehmigung von Thomas Kallay

 

 

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