Peter Hartz

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Hartz IV – die größte Vernichtungsaktion seit Auschwitz

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Mittwoch, 11.3.2015, Eifel. „Hartz IV – die größte Vernichtungsaktion seit Auschwitz“ – wer sich einen solchen Titel erlaubt, macht sich in der Regel sehr unbeliebt. Zum einen natürlich in der Politik, die diese „moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt“ als größten Triumph sozialdemokratischer Kreatitivät und Einfallsreichtums wie eine Siegesfahne vor sich herträgt: in jenen Sphären hört man nicht gerne Kritik an der eigenen Schaffenskraft, noch wird man gerne auf die Folgen der eigenen, schier grenzenlosen Dummheit, Faulheit und Ignoranz aufmerksam gemacht.

Dummheit, Faulheit, Ignoranz? Habe ich da den Mund nicht zu voll genommen? Nun – ich denke nicht. Peter Hartz hat eine Strategie vertreten, die man im Management als durchaus fortschrittlich bezeichnen kann – innerhalb eines Unternehmens. Mitarbeiter, die nicht die erforderliche Leistungen bringen, werden gefördert anstatt gefeuert, erhalten Hilfen anstatt Abmahnungen: eine Einstellung, die einem sozialen Staatswesen (und ein solches haben wir laut Gesetz zu sein) durchaus angemessen ist. Das es auch anders geht, zeigen viele Beispiele. Der „Spiegel“ zum Beispiel bietet ja in seinem „Karriere“-Ressort immer mal wieder nassforschen Jungjuristen ein Forum für ihre antisozialen Ausbrüche in punkto Arbeitsrecht. Erkennbar ist, dass im Sinne der Renditemaximierung die Aussortierung von Kranken aktuell neue Höhepunkte erreicht, ja: viele personalverantwortliche Mitarbeiter in Unternehmen scheinen so viel Zeit zuviel zu haben, dass sie Seminare besuchen können, wo ihnen kreative Kündigungsgründe beigebracht werden – heute zum Beispiel in Stuttgart (siehe Schreiner-Praxisseminare: „Die Kündigung „störender“ Arbeitnehmer“).

Das soziale Empfinden (und somit auch die Treue zum Verfassungsgrundsatz der Sozialstaatlichkeit) scheint vielen Anwälten abhanden gekommen zu sein, ohne zu zögern wird aktuell sogar stolz ein schwaches Immunsystem als Grund für die endgültige Aussortierung aus dem Arbeitsleben benannt (siehe Spiegel): vor diesem Hintergrund wirkt die Personalarbeit von VW in der Tat vorbildlich – und die Idee, eine solche gründliche, systematische Förderung auch jenen angedeihen zu lassen, die von weniger sozial eingestellten Anwälten ins soziale Jenseits befördert werden, begrüßenswert.

Dann jedoch kam diese Forderung in die Sphären der Politik – wo ich nicht umhin kann, Dummheit, Faulheit und Ignoranz zu vermuten, um nicht wirklich einfach Boshaftigkeit unterstellen zu müssen. Was geschah dort mit den Ideen? Erstmal wurde gekürzt – und ein vollumfänglicher Zugriff auf das Vermögen von Arbeitslosen möglich gemacht – „Enteignung“, das sozialistische Schreckgespenst, wurde für ausgewählte Personenkreise in Deutschland plötzlich Realität. Wo früher der Grundsatz herrschte, dass man Sozialhilfe zur Sicherung des Lebensstandards gewährt, galt heute: wer einmal von einem cleveren Anwalt aus der Firma geboxt wurde, ist selber Schuld und haftet mit seinem ganzen Vermögen für das Geschehen. In Kreisen, in denen die Verpflichtung zum Sozialstaatscharakter dieses Landes weniger ernst genommen wird und man sich lieber mit der Arroganz von „Macht“ umgibt, ein Vorgang, der keinerlei zweifelnde Gedanken aufkommen ließ.

Das man in Folge eines stark zusammengestrichenen Versorgungssatzes nicht mehr in der Lage war, um sozialen Leben teil zu haben, interessierte niemanden im Ministerium – und schnell meldeten sich auch „Wissenschaftler“, die den Versorgungssatz nochmal um 66% senken wollten: das erste Mal spürte man in Deutschland wieder den Willen zur Vernichtung „unwerten Lebens“ aus Akademiker- und Regierungskreisen, ohne das es jemanden groß störte. Keiner bemerkte, dass Kosten für bewerbungsfördernde Kleidung (inkl. teurer Brillen), Kosmetika, professionelle Fotografien inklusive Frisur mit einem Hungerregelsatz gar nicht mehr zu bewältigen waren, der Gesetzgeber also entweder bewusst und mit Absicht oder aber aus reiner Dummheit heraus den Opfern der Globalisierung ihre ganze Zukunft nahm … bzw. diese Zukunft vernichtete … ihre und die ihrer Kinder gleich mit.

Nun sieh mal einer an: das Wort Vernichtung taucht im Diskurs über moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt überraschend früh auf – und führt in Deutschland natürlich umgehend zu Vergleichen mit Zeiten, in denen schon mal großflächig vernichtet wurde. Hier haben wir die zweite große Tabuzone der bundesdeutschen Gesellschaft (neben der – unerwünschten – Kritik am Regierungshandeln): die deutschen Vernichtungslager der Vergangenheit. Ja: sogar selbsternannte und großspurige Arbeitslosenaktivisten reagieren mit äußerster Empörung und drastischen Maßnahmen auf nur den leistesten Vergleich moderner deutscher „Sozialpolitik“ mit den Vernichtungslagern des Dritten Reiches, sie greifen zum Äußersten: zur „Entfreundung“ der Betreffenden auf ihrem Facebook-Account. Sie reagieren nach dem gleichen Prinzip wie die Führer des Nationalsozialismus: was stört muss weg! Man kann nur hoffen, dass solche Gestalten niemals mehr Macht bekommen, als ihnen Facebook gibt – denn sonst werden die Öfen wieder angeheizt, damit die Störer eleminiert werden können.

Der Umgang mit dem Dritten Reich ist problematisch – weshalb man es gerne ins Reich der Mythen und Märchen verbannt, es als kleinen Ausrutscher darstellt, als winzigen Unfall der Geschichte, der sich selbstverständlich niemals wiederholen kann, weil es so absolut unwahrscheinlich und undenkbar war, dass so etwas überhaupt jemals passiert. Hitler und die Nazis – das ist ein Thema für Hollywood, aber nicht mehr für den modernen gesellschaftlichen Diskurs. Sicher: wir haben ja auch alles unternommen, damit sich 1933 – 1945 nicht wiederholt: Hitler, Goebbels und Himmler sind tot, die NSDAP verboten (und sogar ihre Symbole!!!) und überhaupt schreiben wir das 21. Jahrhundert, weshalb sich 1933 sowieso schon nicht wiederholen kann – also können wir uns doch in Sicherheit wiegen und den peinlichen kleinen Zwischenfall eigentlich vergessen … und all´ jene eleminieren, die als unbequeme Unken unser gemütliches „deutsch sein“ stören und darauf hinweisen, dass Massenvernichtung von Mitmenschen auch 2033 wieder denkbar wird – mit anderen Führern, anderen Parteien, anderen Symbolen.

Das einzige, was man dazu braucht, ist ein entsprechender „Zeitgeist“, Menschen, die durch die Menschenhatz konkrete Vorteile haben und sie sich durch die Verfolgung anderer sichern können.

Ein Beispiel?

Nun – bleiben wir bei den Arbeitslosen in Deutschland. 40 Millionen Menschen in Deutschland arbeiten, 3 Millionen sind nach offizieller Lesart arbeitslos. Das „arbeitslos“ ein unzumutbarer Zustand ist, ist allen klar, weshalb wir reagieren wie alle sozialen Gemeinschaften: wir gründen eine Kasse, die im Notfall (falls die Exekutionsjuristen mal wieder erfolgreich waren) die Folgen der Arbeitslosigkeit abmildert  – und die Folgen sind heutzutage bedrohlicher als vor hundert Jahren, wo selbst einfache Arbeiter noch das Hausschwein und den kleinen Gemüsegarten hatten, um wenigstens eine kleine Sicherheit in der Hinterhand zu haben. 3 Prozent ihres Bruttoarbeitslohnes zahlen die 40 Millionen Menschen, laut deutscher Rentenversicherung liegt das Durschnittseinkommen 2015 bei 2917 Euro monatlich, d.h. jeder der 40 Millionen arbeitenden Menschen zahlt jeden Monat 87 Euro, um im Notfall vor den Folgen der Arbeitslosigkeit geschützt zu werden.

Jetzt stellen Sie sich mal kurz vor, diese 40 Millionen würden den 3 Millionen Arbeitslosen das Geld persönlich auszahlen, ganz im Sinne der ursprünglichen, selbst organisierten Arbeitersozialversicherungen, die man für Witwen und Waisen ohne staatliche Hilfe eingerichtet hatte: jeder Arbeitslose würde 1137 Euro monatlich bekommen, um wieder auf die Beine zu kommen. Schon eine stolze Summe – knapp doppelt soviel, wie er jetzt inklusive Heizung, Miete und Wasser erhält. Da wäre sogar Spielraum für kreative Unternehmensgründungen anstatt für passives Dahinvegetieren bei Wasser, Brot und Kerzenlicht.

Warum stellt eigentlich niemand mal die Frage, wo das ganze Geld bleibt? Nun – man würde schnell viele hunderttausend Menschen identifizieren können, die an der üblen Behandlung von Arbeitslosen ein substanzielles Interesse haben: nämlich jene, die zwischen den Beitragszahlern und den Beitragsempfängern sitzen und es sich dort richtig gut gehen lassen – je höher in der Hierarchie, umso fetter. Natürlich hat man dort ein profundes Interesse daran, substanzielle Fragen zum Umgang mit Versicherungsgeldern zu vermeiden, ja: das ganze System ist darauf angewiesen, dass solche Fragen vermieden werden – sonst käme man noch auf ganz andere Ideen.

Welche?

Nun: die Hälfte des Jahres arbeiten Sie für den Staat. Sogar wenn Sie minimale Renten und Sozialleistungen beziehen, greift er noch 19 Prozent Mehrwertsteuer ab. Und was bekommen Sie dafür? Marode Brücken, sanierungsbedürftige Schulen, ein Gesundheitswesen auf dem Niveau eines EU-Randstaatees, eine Armutsverfolgungsbehörde, die lieber Arme verfolgt als Armut zu bekämpfen … und auch gerne schon mal einen allgemeinen Drogenmissbrauchsverdacht in die Tat umsetzt und massenhaft Drogentests von Versichertengeldern anschafft (siehe Mitteldeutsche Zeitung), Tests, die mit großer Wahrscheinlichkeit im deutschen Bundestag erfolgreicher zum Einsatz kommen würden.  Aktuell verfolgen von Steuergeldern finanzierte „Sozialkommissare“ sogar Behinderte (siehe Ostseezeitung) und kriminalisieren so eine weitere Schicht von Mitbürgern: nach den Arbeitslosen kommen die Kranken als unwerwünschte Personen in den Fokus der Aufmerksamkeit der Beitragsgeldabsahner. Diese Absahner sind in der Tat sehr alarmiert: die Kosten für Sozialhilfe steigen, der größte Batzen davon sind Eingliederungsbehilfen für Behinderte (siehe Spiegel): das Geld, was die Behinderten dort in Folge unseres Sozialstaatsgebotes in Anspruch nehmen, fehlt für die Dientstreisen aller Akteure nach Australien, Brasilien oder in die USA, für ausgedehnte Betriebsfeiern oder großzügige Beförderung vor Pensionseintritt.

Nun – das reicht noch nicht für einen Vergleich mit den Vernichtungslagern des Dritten Reiches, die manche als natürliche Folgen der kapitalistischen Ordnung ansehen  – ja, mal im Ernst gefragt: wo sollen denn die von den Arbeitgebern systematisch aussortierten „Minderleister“ (also „Kranke“) anders hin? Irgendwann bilden die eine große, nicht mehr verwertbare Masse, die Kosten verursacht – und Kosten gehören nach der in unseren Breitengraden angebeteten betriebswirtschaftlichen Logik eleminiert. Da die ganze Maschine schon einmal – aus recht ähnlichen Gründen – in Deutschland funktionierte, warum sollte sie nicht wieder anlaufen können? Nur, weil wir das Hakenkreuzsymbol verboten haben und Adolf Hitler tot ist?

Doch wir reden hier schon von der Zukunft, auf die wir uns logisch geradlinig zubewegen, wenn wir anfangen, Menschen wieder als „unwertes Leben“ zu stigmatisieren, als „Parasiten“ und „Schmarotzer“. In der Tat vergessen wir schnell, dass Auschwitz am Ende einer Entwicklung einer hoch zivilisierten Gesellschaft stand – und nicht plötzlich von dämonischen Aliens ins Reichsgebiet gebeamt wurde … obwohl das eine Vorstellung ist, die vielen Verantwortlichen (gestern wie heute) sehr angenehm wäre, enthebt sie doch jeder Verantwortlichkeit (wie auch die Sichtweise als „einmaliger, nicht wiederholbarer Unfall“).

Mir geht es um die Vernichtungsaktion, die in der Gegenwart läuft. Jetzt und hier. Vor aller Augen.

Während deutsche Wissenschaftler im Zeitgeist der kostengünstigen Massenvernichtung von drastisch niedrigen Regelsätzen träumen (siehe TAZ aus dem Jahre 2008) und so dem Steuerzahler noch mehr Leistungen vorenthalten wollen (um dann für die eigene Universität eine dicke Scheibe Zusatzgeld zu erhalten) sehen Wissenschaftler aus Schottland etwas anderes: endgültige Vernichtung.

Das ist jedenfalls das Ergebnis einer Studie, die am 18.2.2015 von der American Psychological Association veröffentlicht wurde und uns mit etwas Entsetzlichem konfrontiert (siehe Apa): Arbeitslosigkeit verändert den Kern der menschlichen Persönlichkeit, jenen Ort, den man bislang immer für unantastbar gehalten hat, endgültig.

“The results challenge the idea that our personalities are ‘fixed’ and show that the effects of external factors such as unemployment can have large impacts on our basic personality,” said Christopher J. Boyce, PhD, of the University of Stirling in the United Kingdom. “This indicates that unemployment has wider psychological implications than previously thought.”

Arbeitslosigkeit vernichtet … Persönlichkeit.

Das, was uns am meisten ausmacht.

Infolge dessen ist ein Gesetz, dass hauptsächlich zum Ziel hat, Arbeitslose unter Zuhilfenahme massivster Diskriminierung und existenzbedrohender Sanktionen im von der Industrie zur Gewinnmaximierung von Anlegern mangelns sonstiger Leistungsfähigkeit dringend benötigten Niedriglohnsektors zu platzieren und zu halten ein Gesetz zur Massenvernichtung menschlicher Persönlichkeit – und die Vernichtung des Persönlichkeitskerns (nach etwas zwei Jahren) führt zu absoluten Minimierung der Chancen auf dem Jobmarkt.

So erschaffen wir zielgerichtet jene Art von Menschen, vor denen uns Gerhard Schröder eigentlich warnen wollte.

Ob und wie es mit Auschwitz verglichen werden kann, wird die Zukunft zeigen. Darüber brauchen wir auch jetzt nicht zu spekulieren, denn wir haben unsere eigene Vernichtungsorgie: jetzt, hier und heute, ganz ohne Hitler, Hakenkreuze und braune Uniformen.

Es ist die größte Massenvernichtungsaktion auf deutschem Boden seit Ausschwitz – was hauptsächlich der Tatsache geschuldet ist, dass wir eben jahrzehntelang konstruktive Sozialstaatspolitik verfolgt haben, die ohne Vernichtung von künstlich aussortierten Menschen bzw. der Vernichtung ihrer Persönlichkeit auskam.

Sicherlich kann man den Opfern auch entgegnen: seit froh, dass ihr überhaupt noch was kriegt. Sprüche dieser Art bekommen wir oft zu hören – und viel zu selten wird dagegen gehalten, dass wir einen Gesellschaftsvertrag haben, der uns als Sozialstaat definiert. Wer damit nicht leben kann und will, dem steht es frei, in Länder auszuwandern, in denen andere Gesellschaftsordnungen praktiziert werden … und in denen jene Armut grassiert, mit denen man hier den Armen drohen will.

Dort wird aber auch häufig mit der Kalaschnikow eingekauft.

Man kann aber aus andereseits sagen: die Vermögen der Deutschen explodieren geradezu, beständig erreichen uns neue Triumphmeldungen.

Die Geschichten darüber, dass uns das Geld ausgeht, waren also gelogen.

Es war auch nie wahr, dass die Juden in den Osten ausgesiedelt wurden und dort niedliche kleine Höfe bestellen durften.

Es ist auch nicht wahr, dass Arbeitslose gefördert werden.

Wahr ist, dass Arbeitslosigkeit den Kern der Persönlichkeit zerstört – und wir in Deutschland eine Gesetzgebung und einen entsprechenden Zeitgeist haben, die Arbeitslosigkeit für ausgewählte Störer zum gewollten Dauerzustand zwecks Disziplinierung der Niedriglöhner und Zeitarbeiter macht  – und damit zur größten Vernichtungsaktion seit Auschwitz.

Nicht größer. nicht gleich groß – aber die größte seit damals.

Ich finde schon, das sollte mal gesagt werden, bevor andere Professoren auf neue krude Ideen zur Kostensenkung kommen – oder?

 

 

 

 

Hartz IV, das deutsche Mafialand, Stuttgart 21 und der Verfall der zivilisierten Kultur

Laut Hans-Werner Hamacher hat Deutschland ein Problem. In seinem Buch „Deutschland im Visier“ aus dem Jahre 2000 (erschienen im Militzke Verlag)  schreibt er über die Gefahr, die für Deutschland vom organisierten Verbrechen ausgeht.  Gleichzeitig beschreibt er die Hilflosigkeit der deutschen Kultur mit dem Problem fertig werden zu können. Das Volk der Dichter und Denker hat das Denken verlernt – sofern sich nicht alle Mafiosi öffentlich auf dem Rathausplatz versammeln und sich einhellig zu ihren Straftaten bekennen, glaubt man nicht an sie….und es wäre eine der verpönten Verschwörungstheorien, sich darüber Gedanken zu machen.

Sobald ein Mafiosi die deutsche Staatsgrenze übertritt, wird er Einzeltäter. Alle europäischen Länder ringsum haben ein massives Problem mit organisierter Kriminalität .. nur Deutschland nicht.

Nun – laut Bundeskriminalamt sind die Ermittlungen seit einem Hoch im Jahre 2000 rückläufig, die Zahl der Tatverdächtigen sank von 16000 auf 9000. Man könnte meinen: Entwarnung auf allen Ebenen ist angesagt.  Mafia war mal ein Problem, aber Derrick hat ihr das Handwerk gelegt.

Neun Jahre später erscheint ein ein weiteres Buch, diesmal von Eugen Roth: Mafialand Deutschland (Eichbornverlag). Hierzu die Zeit:

Roth erzürnt, dass viele Politiker, Polizisten und Publizisten verdrängen, wie stark die Mafia Deutschland unterwandert hat, dass Kriminelle aus dem Ausland hier ihr schmutziges Geld mit Immobilienkäufen und Börsengeschäften in ein sauberes Vermögen veredeln. Und dass die unbequeme Wahrheit, die Nähe mancher Entscheider aus Regierungen, Parlamenten und Konzernvorständen von nur wenigen ausgesprochen wird.

Die neuen Mafiosi sind Manager mit Wirtschaftsstudium und Wohltäterhabitus. Ihre Waffen haben keinen Abzug mehr, sie heißen Aktie, Anteil und Anlage. Roth zitiert einen Oberstaatsanwalt aus Palermo: „Vielmehr liegt die tatsächliche Gefahr in den Milliarden Euro mafioser Herkunft, die in den nationalen Volkswirtschaften investiert wurden, weil immer mehr Bereiche des Staates schleichend und unauffällig unterwandert werden.“

Die schießen nicht mehr – das ist schon mal eine gute Nachricht. Dafür treiben sie unsere Immobilienpreise in die Höhe – wem sollte das schon gefallen.

Die Daten des BKA können natürlich verschiedene Ursachen haben, das läßt sich von hier aus nicht beurteilen. Bemerkenswert an der Art und Weise der Auswertung des BKA ist schon, das hier gezielt ethnische Hintergründe aufgearbeitet werden – wieviele Türken, Italiener, Russen im Einzelnen womit auffällig geworden sind – weniger erfährt man über den Einfluß der Organisationen selbst.

Hierzu kann man selbst aktiv werden … begibt sich aber damit in den Bereich, den die deutschen Verschwörungsphobiker (Verschwörungsängstler) lieber meiden, weil es dort sehr schmutzig und unübersichtlich wird. Aber vielleicht … ist es ja die Liebe zum Fußball, die die Deutschen wach werden läßt, hier bei Yahoo gefunden:

Eine brennende Albanien-Flagge, nationalistische Kosovo-Spruchbänder, Brandgeschosse und brutale Randale: Serbische Hooligans haben mit gezielten Krawallen beim abgebrochenen EM- Qualifikationsspiel in Italien die Fußballwelt geschockt. Die Gewalteskalation hat eine neue Dimension erreicht.

Fußball … des Deutschen liebstes Kind.  Und das einzige Kind, das nicht von Hartz IV bedroht wird. Und noch im Schock erfährt der Deutsche: das war alles kein Zufall, das war eine Auftragsarbeit im Dienste der Mafia:

Zwei Drogenbosse sollen die serbischen Randalierer beim abgebrochenen EM-Qualifikationsspiel in Genua zwischen Italien und Serbien finanziert haben. Zwei Drogenbosse hätten an mehr als 60 Hooligans über 200 000 Euro gezahlt, damit sie nach Italien fahren konnten, berichtete die Zeitung „Politika“.

Ziel der Mafiosi sei die Schwächung des serbischen Staates, um weiter ihren kriminellen Geschäften nachgehen zu können.

Sowas machen die also schon? Gezielt für Krawalle bezahlen um den Staat zu schwächen? Nun – die machen noch viel mehr – und deutsche Banken hängen mittendrin, hier bei Nachrichten Heute

Am 23. Oktober 2008 explodiert eine auf einem Motorrad angebrachte Bombe in der Stara Vlaska Strasse der kroatischen Hauptstadt Zagreb. Sie reißt zwei Menschen in den Tod, weitere werden verletzt.

Die Opfer sind der investigative kroatische Journalist und Herausgeber der Wochenzeitung Nacional Ivo Pukanic, und der Marketing – Direktor des Blattes, Niko Franjic.

Nun stehen die angeblichen Mörder in Belgrad vor Gericht. Es sind der serbische Mafiaboss Sreten Jocic alias „Joca Amsterdam“ und zweiweitere Angeklagte. Ihnen wird Auftragsmord und Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

Für 1,5 Millionen Euro sollen sie Pukanic verfolgt und schließlich mit einer Bombe getötet haben, nachdem ein erster Mordanschlag im April 2008 fehlgeschlagen war.

Nach den Aussagen von Jocic soll die Ermordung des weit über die Landesgrenzen Kroatiens bekannten Journalisten aber im Zusammenhang mit dem Hypo-Alpe-Adria Bank-Skandal, also Geldwäsche stehen, die angeblich über diese Skandalpe-Bank in den Jahren 1991 bis 2007 gelaufen war.

Zum Zeitpunkt des Mordanschlags befand sich die Hypo-Alpe bereits im Besitz der BayernLB.

Wer will, findet dort noch mehr zum mafiösen Sumpf der österreichischen Bankenwelt – aber das ist ja kein eigenständig österreichisches Problem. Die Schweiz ist bekannt dafür, ein sicherer Hafen für Verbrechensmilliarden aus aller Welt zu sein … und man lebt ganz gut davon. Geld stinkt nicht, ist die neue Devise, nach der das Land lebt – eine Devise, die ich in Deutschland Fuß gefaßt hat.

„Einen typischen Hinweis auf die zunächst unsichtbare Unterwanderung einer Gesellschaft durch verbrecherische Strukturen stellt die Zunahme der Korruption dar. Sie beginnt mit dem Absinken der öffentlichen Moral (etwas Steuerbetrug als Alltagssport oder Verfall der sogenannten Kaufmannsehre, bei der ein Handschlag nichts mehr gilt), erreichen dann Wirtschaft und Industrie (etwas durch Finanzflucht in Steueroasen, Preisabsprachen, geheime Absprache-Kartelle) und mündet in schlichte Bestechung ein, bis in die Vorstandsetagen und politischen Machtzentralen (Hamacher, Seite 17).

Hierzu eine Meldung vom 17.11.2009 von der Deutschen Welle:

Immer mehr Unternehmen und Behörden in Deutschland setzen auf Anti-Korruptionsexperten und strenge Verhaltensregeln. Dennoch nimmt die persönliche Vorteilsnahme zu – und auch die Dreistigkeit, mit der vorgegangen wird.

Private Ferienhäuser werden auf Firmenkosten saniert, Honorare für nie erbrachte Leistungen abgerechnet oder Abteilungsleiter übervorteilt – Korruption in Deutschland findet immer noch überwiegend in der Wirtschaft statt. Spektakuläre Fälle gab es beim Autohersteller Volkswagen, bei dem Betriebsräte Fernreisen und sogar Liebesdienste geschenkt bekamen, um ihre Zustimmung zu neuen Arbeitsverträgen im Konzern zu erhalten. Bei Siemens flossen Millionen aus schwarzen Kassen an Auftraggeber in aller Welt, um Aufträge zu bekommen. Auftragserschleichung ist der „Klassiker“ in der Korruption, die jährlich einen Schaden von über acht Milliarden Euro verursacht, obwohl sie nur 1,7 Prozent aller Delikte umfasst.

Es gibt nichts, was es nicht gibt, berichtet einer der hartnäckigsten Ermittler, der Frankfurter Oberstaatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner, der die aufgedeckten Korruptionsfälle in Deutschland auf fast 10.000 im Jahr beziffert. Dazu komme noch die Dunkelziffer von 95 Prozent aller vermuteten Straftaten.

Man kennt diese Fälle … nach einem dieser Verbrecher benennt der Volksmund die „Sozialreform“ Hartz IV. Man kennt auch – ohne das es je Konsequenzen gehabt hätte – die anderen Erscheinungsformen der Degeneration der politischen Kultur:

In der Nähe zur Industrie sehen Ermittlungsbehörden auch bei Politikern ein Problem. Alleine in den letzten zwei Regierungsperioden gingen neun Staatssekretäre nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt direkt in die Wirtschaft. Spitzenbeamte, die früher für Kreditgesetze zuständig waren, finden sich heute in höchsten Ämtern bei Banken. Abgeordnete, die früher Wirtschaftsgesetze erließen, bekleiden jetzt top-dotierte Jobs in Vorstandsetagen mächtiger Energiekonzerne.

Der Rechtsexperte Peter Alexis Albrecht erklärt dazu, dass die Staatsanwaltschaft meist keine Möglichkeit hat, vorherige Absprachen zwischen Trägern öffentlicher Ämter und der Industrie zu beweisen. Die Justiz bezeichnet Albrecht als „entmachtet“.

Dort wo die Justiz entmachtet ist, wo Mafiamilliarden via Konzernetagen Politiker kaufen können, sollte man sich nicht wundern, das Verfahren gegen organisierte Kriminalität ständig zurückgehen.

Man braucht sich in einer solchen Kultur auch nicht wundern, das ein Peter Hartz die Vernichtung des demokratischen Rechtsstaat durch Aushebelung der wirtschaftlichen Sicherheit des Souveräns (des Bürgers) maßgeblich mitbestimmen darf und dann als Krimineller weiterhin frei herumläuft, während die Arbeitslosen für ihre Arbeitslosigkeit durch Hausarrest bestraft werden. Das hat dann schon eine gewisse Logik.

Schäden für die deutsche Wirtschaft? 150 Milliarden Euro, das sind 150 000 Millionen. Auf Hartz IV umgelegt, würde das bedeuten, das alle Arbeitslosen einen Regelsatz von 1400 Euro im Monat bekommen könnten, wenn nicht die Mafiakultur herrschen würde.

Diese Kultur wird aber auch von jedem kleinen Versicherungsbetrüger oder Steuerhinterzieher mitgetragen – das darf man dabei nicht vergessen.

Viele Staatsanwälte werden deutlich: Wer nicht selbst ehrlich sei, dürfe sich auch nicht über Fußballschiedsrichter aufregen, die Spiele „falsch pfeifen“, weil sie bestochen sind. Auch das gab es schon in Deutschland.

Die zivilisierte Kultur zerfällt in breiter Front. Der „Mangel an Geld“ besagt lediglich, das die mafiösen Strukturen inzwischen soviel aufsaugen, das für den Bürger kein Geld mehr vorhanden ist – und genau das ist es doch, was wir auf den Straßen sehen: immer mehr Nobelvillen, immer mehr Luxusautos in einem hochverschuldeten Land, das kein Geld mehr für seine Kinder hat – Szenen, die man aus hochkorrupten Entwicklungsländern kennt.

Fragt man aber nach dem Grund und den Ursachen … so läuft man vor eine Mauer des Schweigens. Theorien über Verschwörungen wären notwendig, um das Lügengespinst, das das Land erstickt, zu zerreißen. Doch leider gelten die gerade als schrecklich unschicklich, ja, bedrohen geradezu die Grundwerte des christlichen Abendlandes.  Das sie das wirklich tun … glaube ich gern. Ich sehe halt nur andere Werte.

Aus dieser Perspektive verwundert die Erscheinungen rund um Stuttgart 21 ebenfalls nicht. Die Bürger dort merken nun langsam, das sie nicht mehr in der Bonner Republik leben. Darum wurde dort noch demonstriert während zur großen Demo gegen Sozialabbau in Berlin gerade mal 1800 – 7000 Leutchen aufliefen. In der Berliner Republik haben Demonstrationen (und auch Wahlen) ihren Sinn verloren, Meinungskundgebungen ebenfalls. Das hatte Kohl schon angekündigt:

„Die Hunde bellen, aber die Karawane zieht weiter“.

Inzwischen darf man die Hunde auch treten … und kündigen, wenn sie Ossis sind, hier im Spiegel:

Statt eines Jobs bekommt sie nun Geld: Eine Frau aus Ostdeutschland hat sich mit einer Firma außergerichtlich geeinigt, bei der sie sich erfolglos beworben hatte. Weil auf ihren Bewerbungsunterlagen der Hinweis „Ossi“ vermerkt wurde, hatte sie geklagt – und in erster Instanz verloren.

Wer sich wundert, das „die Leute den Hintern nicht hochkriegen“ hat einfach nur nicht verstanden, in welcher Welt die Leute leben.  Die wollen keine Revolution mehr (gegen wen auch, ist doch alles in Ordnung …), die wollen nur noch – einen Arbeitsplatz um der Verfolgung zu entgehen. Die Leute … sind halt nicht so blöde, wie man sie gerne hätte.  Für die … ist wieder 1936. Angesichts der Übermacht und Undurchsichtigkeit des Grauens … kümmert man sich lieber um die gekauften Sportergebnisse und hofft, das es einen selber nicht erwischt.

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