Montag, 16.4.2012. Eifel. Millionen schlecht gelaunter Deutscher haben heute ihren ersten Arbeitstag – als Schüler, als Lehrer, als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber – wobei letztere ganz deutlich von dem arbeitgeberfreundlichen Klima der Kohl/Schröder/Merkel-Dynastie profitieren und deshalb vielleicht besser durch den Tag kommen. Jeder vierte Arbeitnehmer in Deutschland, der arbeitslos wird, fällt sofort durch das soziale Netz und landet bei Hartz IV: dem von Medien und Politik definierten „Abschaum der Gesellschaft“, mit dem man dem Mittelstand von unten Druck machen will, damit er denen oben besser dient.
Eigentlich die ideale Gelegenheit um sich mal hinzusetzen und zu überlegen, ob denn das alles nicht auch anders ginge, sich zu fragen, ob das denn eigentlich alles noch in Ordnung ist, wie es läuft. Schon heute Morgen hat jeder Deutsche wieder einmal gemerkt, das die Spritpreise in der Tat dreimal so schnell wie die Inflation steigen – nachdem die Politik flächendeckend auf Individualverkehr gesetzt hat (mit ordentlichen Subventionen, die ein vielfaches des Hartz IV-Etats ausmachen) sind nun alle abhängig von ihrer Benzinkutsche und zahlen sich dumm und dämlich. Das sich eine solche Strategie auszahlt, merkt man auch am Gehalt der Manager, siehe Spiegel:
Rex Tillerson, der Chef von ExxonMobil, bekommt für das Jahr 2011 insgesamt 34,9 Millionen Dollar und damit 21 Prozent mehr als im Vorjahr. Zu dem US-Konzern gehören in Deutschland die Esso-Tankstellen. Tillersons Kollege John Watson von Chevron erhält 24,7 Millionen Dollar und damit sogar 52 Prozent mehr als 2010.
Beide Manager konnten mit ihren Konzernen dank der hohen Preise im vergangenen Jahr gigantische Gewinne einfahren.
So etwas kann man inzwischen in Deutschland offen schreiben, ohne einen Aufstand zu riskieren. Hartz IV hat halt wie gewünscht funktioniert, da gibt es dann beim großen Abkassieren überhaupt kein Halten mehr. Gehaltssteigerungen von 52 % – würde eine Gewerkschaft das fordern, gäbe es sofort Geschrei vom Ende der zivilisierten Welt, wie wir sie kennen. Wer aber Millionen Menschen das Einkommen durch ungerechtfertigte überhöhte Preise kürzt, erlebt, das solche Wunder möglich sind.
Natürlich hört die neoliberale Offensive in der Gesellschaft nicht auf – eine Offensive, die eigentlich der „Putsch der Asozialen“ genannt werden sollte, der Putsch jenes politischen Bündnisses zwischen Parteien und Konzernen, die gemerkt haben, das man viel besser VON dem Bürger als FÜR den Bürger leben kann. Das der dann jeden Montag Morgen schlechte Laune hat, nimmt man billigend in Kauf, immerhin hat man die Macht, dafür zu sorgen, das der überhaupt nicht mehr zur Ruhe kommt. Konkrete Pläne zur Neugestaltung der Arbeitswelt liegen jetzt auf dem Tisch – sogar die Schreiber der eigentlich als wirtschaftsfreundlich und konservativen Werten verpflichteten Welt bekommen Angst, wenn sie darüber schreiben:
„Work Hard, Play Hard“ zeigt, wie das letzte bisschen Leistung aus Arbeitskräften herausgepresst werden soll. Und zwar mit einer Art Gehirnwäsche. Willkommen in der neuen Arbeitswelt. Am besten wird man „Work Hard, Play Hard“ wohl als Horrorfilm bezeichnen.
„Die Ressource Mensch muss optimiert werden„, heißt es da, der Mensch selbst an sich ist nicht mehr gut genug. Früher wollte Adolf Hitler den Herrenmenschen züchten, das ging ordentlich schief – heute wollen Konzerne den Leistungsmenschen züchten (eine neue Form des Herrenmenschen, wenn man den Sprüchen der Politiker glauben darf) – unter vollem Beifall der „Society“, siehe Welt:
„Egal, wen sie rausschmeißen, ich bin immer auf ihrer Seite“.
In dem Artikel spricht der Multimillionär Harald Schmidt über den durchschnittlichen Bahnfahrer, seine Mitbürger, denen er seine Millionen verdankt:
„85 Prozent unserer Landsleute sind zu doof zum Bahnfahren.“
„Die Bedrohung für mich im Alltag ist nicht die Atombombe, sondern eine allein reisende Mutter mit einem Rucksack hinten und einem Rucksack vorne“, sagte Schmidt.
Ein Mann, der offen sagt, was die Leistungselite dieses Landes über den Rest der Bürger denkt, jener Bürger, die es nicht schaffen, mit doofen Sprüchen oder Anlagebetrug, Preistreiberei oder Leiharbeit Millionäre zu werden, jener Elite, die sich darauf spezialisiert hat, VON dem Bürger zu leben wie die Made im Speck und ihn währenddessen noch wegen seiner Blödheit zu verspotten. Die Zeiten, wo allein reisende Mütter Hilfe von Mitreisenden bekamen, sind vorbei – inzwischen sind Sie für den Leistungsträger eine Gefahr, die – zum Erschrecken aller vernunftbegabten Leser des Artikels – schlimmer ist als die Atombombe. Liegt vielleicht daran, das man die sozial denkenden Mitmenschen schon ´rausgeschmissen hat, damit die asozialen in der ersten Klasse in Ruhe die Börsenkurse studieren können.
Natürlich braucht dieses Klima auch eine entsprechende Politik, die den Umbau der Gesellschaft in eine „marktkonforme Demokratie“ – sprich: Bananenrepublik – produktiv begleitet und jeglichen gesellschaftlichen Widerstand ausschaltet. Getreu dem Motto „Wer zahlt, befielt!“ will der parteispendendurstige Hartz-Block im Parlament (CDU/SPD/FDP) das Rederecht von Parlamentariern einschränken, also eine Art Meinungs-Hartz-IV für Abgeordnete einführen. Hintergrund ist die neue Geldquelle, die man alternativ zur Ölpreistreiberei entdeckt hat: der nahezu wöchentlich wachsende europäische Rettungsschirm, der demnächst für die Pleitebanken in Spanien zahlen muss: nie wieder soll vom deutschen Abgeordnetenhaus Widerspruch gegen die neue Supergeldquelle ausgehen, von der auch viele Entertainer leben, die ansonsten in Vereinshallen elendig verwurstet werden würden.
Welch´ ein Unterschied zu jenen Zeiten, als von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen sollte – Krieg, der aktuell mitten in Deutschland tödlich für Schauspieler werden kann, weil sie von Soldaten auf offener Straße erschossen werden. Es hat schon seinen Sinn, das die Leistungs- bzw. Lumpenelite dieses Landes die Privatisierung der Bundeswehr vorantrieb und dadurch ein neues Disziplinierungsinstrument für das Volk schuf: jetzt müssen sogar Jungschauspieler um ihr Leben fürchten, die in Komödien mitspielen, die in etwa „den Unterhaltungswert einer Magenspiegelung haben„.
Vielleicht hört man dann demnächst von den Entertainmentkaspern der Lumpenelite den lustigen Satz:
„Egal auf wen Sie schießen, ich bin immer auf Ihrer Seite“.
Gut, das viele schon freiwillig gehen – jedenfalls dort, wo der Rettungsschirm richtig eingeschlagen hat, siehe Spiegel:
Seit Beginn der europäischen Wirtschaftskrise steigen in den betroffenen Ländern die Selbstmordraten. Häufig wird der Freitod öffentlich inszeniert, um auf die schlechte Lage aufmerksam zu machen. Experten sehen die harte Sparpolitik als Ursache für die Verzweiflung vieler Menschen.
Nachrichten, die den italienischen Steuerzahlerbund schon offen von einem „sozialen Massaker“ sprechen lassen. Vielleicht will sich die Bundeswehr einfach schon jetzt mal dran beteiligen, bevor die alle von selbst abtreten?
Oder man will einfach offen demonstrieren, wer jetzt wirklich die Macht im Lande hat.
„Asoziale Lumpen aller Länder vereinigt euch“ war als geheime Losung des Weltbundes der neoliberalen Plünderelite ausgegeben worden. Hätten wir damals genau hingehört, bräuchten wir heute nicht mit schlechter Laune in die Arbeitswoche starten … und erst recht müssten wir dabei nicht dauernd freundlich lächeln und permanent glücklich winken.
Aber das ist allemal besser als Hartz IV, Selbstmord oder erschossen zu werden, oder?