Niebelzeitalter

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Das Wort zum Alltag Nr. 6: neues „Tu-Wort“ entdeckt – „niebeln“.

Es wird Zeit, wahr zu nehmen, dass die deutsche Sprache ein neues Tu-Wort hat. Das sollte nicht weiter verwundern: neue Zustände erfordern neue Worte, Sprache ist so lebendig wie das Leben selbst – sehr zum Ärger der Sprachwissenschaftler, die gerne mal fertig werden möchten mit der Analyse der ohnehin schon schweren Sprache. Das Wort ist auch einfach, kommt nicht aus dem Ausland sondern klingt urdeutsch: niebel. Ich niebele, du niebelst, er niebelt, wir niebeln, ihr niebelt, sie niebeln.
Definition niebeln: „Spontaner Übertritt eines politischen Würdenträgers in den Olymp der Wirtschaft“.

Sicher: geniebelt wurde schon früher. Bekanntestes Beispiel: Ex-Kanzler Schröder. Der hatte sich nach Gazprom abgeniebelt. Oder Roland Koch, der zum Baukonzern weggeniebelt wurde, sich dort aber verniebelte. Hatte halt keine Ahnung vom Baugeschäft.

Seitdem häufen sich aber die Niebeleien: siehe Hildegard Müller, Eckard von Klaeden, Joachim Lang, Otto Schily, Ronald Pofalla – um nur ein paar zu nennen. Deshalb: Zeit, die Tat durch ein Wort zu beschreiben, ein Wort, dass natürlich vom Meister der Niebeleien stammt: Dirk Niebel, der es schaffte, vom Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (ein Amt, das laut Wikipedia überraschenderweise auch verdeckte BND-Operationen umfasst? Seltsame Art von Entwicklungshilfe, die heutzutage Alltag ist) zum „Panzerlobbyisten“ zu werden – eine „maßgeschneiderte Aufgabe“ (siehe Handelsblatt), die ihm die Ehre einbringt, Namensvater eines neuen Tu-Wortes zu sein.

Ja – die FDP ist ja auch die klassische Heimstätte der Niebeler, allerdings ist an dem Gerücht, sie würden sich selbst nun in „Nibelungen“ umbenennen, nichts dran – auch wenn die Partei gerade dem gleichen düsteren Ende entgegensteuert wie diese klassischen Sagengestalten.

Schauen wir uns doch die Chefnibelungen an!

Phillip Rösler (Spitzname: Fipsi) wurde komplett weggeniebelt und ist jetzt Vorstandsmitglied und Geschäftsführer des Weltwirtschaftsforums – jenem Ort mit ausgeprägter Niebelitis, wo Niebeleien allen Kalibers eingefädelt werden können. Hingegen ist der Ex-Gesundheitsminister Bahr in den Vorstand der Allinanz aufgeniebelt.

Nebenwirkungen des Niebelns sind allerdings auch nicht wegzudiskutieren: hochbrisante, durch immensen Einsatz von Steuergeldern generierte Erfahrungen, Informationen und Erkenntnisse gelangen so durch den Herrn (oder die Frau) Minister in die Hände skrupelloser Wirtschaftsmagnaten und gefährden so die Souveränität des Bürgers. Im Niebelzeitalter hat die führende Elite für diese Gefahren jedoch kein Gespür mehr.

Geniebelt wird ja auch nicht für die Moral, sondern für die vollen Taschen.

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