Neandertaler

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Sterben empfohlen – eine Echttoderfahrung. Wissenschaft ist Herrschaftsmacht

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Samstag, 6.6.2015. Eifel. Haben Sie schon mal über den Tod nachgedacht? Ach – das habe ich Sie schon oft gefragt, nicht wahr? Ja – ich mag es, an Tabus zu kratzen, Dinge, über die man nicht reden darf, über die man nicht nachdenken darf noch über die man gründlich nachforschen darf sind der Tod einer jeden Demokratie – und wenn die Demokratie stirbt, folgen Armut, Folter, Einsamkeit und Furcht auf dem Fuße. Wer will das schon wirklich – als: für sich.

Der Tod ist – dass denke ich, kann man so sagen – ein Tabuthema, dabei wären gerade wir aufgeklärte Menschen des Westens mit unserer perfektionierten Reanimationstechnik die ersten, die das Mysterium des Todes entzauben könnten – doch das geschieht nicht, allenfalls durch Einzelkämpfer, die abseits des „Mainstream“ wundersame Berichte sammeln von Menschen, die alles andere als „Nichts“ nach dem Moment des Sterbens erlebt haben. Was wäre es für ein Wunder, wenn wir durch wissenschaftlich solide Arbeit aufarbeiten könnten, dass der Tod – wie seit anbeginn der Menschheit vermutet – nur eine Transformation darstellt, ähnlich der Verwandlung von Eis in Wasser oder Wasser in Dampf, eine Transformation, die das belebende Element in der Materie aus dem Zustand des „eingefroren seins“ befreit und es auf eine weitere Reise schickt.

Eingefroren? Ja, da habe ich so eine Erinnerung an Physiker, die meinten, Materie sei nur eingefrorene Energie – doch viel weiter gedacht haben die da nicht. Erinnert mich wieder an die Katharer, jene christliche Gemeinschaft, die von ihrer Umwelt den Namen „die Reinen“ mitbekommen hatten, weil sie den Versuch gestartet hatten, die christliche Lehre in reinster Form zu leben – meistens zogen sie paarweise, als Mann und Frau predigend durch die Lande, jedenfalls so lange, bis die weltlichen Mächte – damals Kirche und Staat – sie vollkommen ausrotteten: mit Feuer und Schwert. Ein kompletter Völkermord – aber wir reden heute kaum noch drüber.

„Die Reinen“ hatten die Mächtigen sehr gestört – und Sie merken schon: ohne Politik geht gar nichts, auch nicht das Tabu, über den Tod nicht zu reden. Ja – es macht Sinn, jegliche Spiritualität und Mystik aus dem Leben der Menschen zu verbannen, wenn man sie zu reinen, profitbringenden Arbeitsameisen dressieren will, die nichts anderes tun, als den ganzen Tag die ihnen zugewiesene Arbeit im Ameisenstaat perfekt zu erledigen – ein Grund, warum man auch Arbeitszeiten seit der Steinzeit endlos ausdehnt. Kaum zu glauben: die Primitiven haben 3-4 Stunden am Tag gearbeitet – inklusive Hausarbeit. Wir – die „Fortschrittlichen“ – kommen auf ein Vielfaches von denen, fürchten uns aber davor, wieder in der Steinzeit zu leben, wo uns die vielen Lebenskrücken (Auto, Fernseher, Stereoanlagen, Handy, krankmachende Vielfresserei) nicht mehr zur Verfügung stehen – Krücken, die wir eigentlich nur brauchen, um unseren Horroralltag zu bewältigen … bzw. um uns vor der Degeneration unsere sozialen und natürlichen Umwelt zu verstecken.

Jemand, der sein Sein auf bloßen Materialismus reduzieren läßt, wird schon aus purer Angst vor dem „schwarzen Mann“ jeglichen Gedanken an Widerstand gegen die Mächtigen sein lassen, er ist reduziert auf die einzige Wahrheit, die man ihm erlaubt: er ist eine plumpe, zufällig entstandene Materieballung, die täglich mehr der absoluten Vernichtung entgegentaumelt. Solche Menschen sind leicht zu führen – und sie riskieren auch nichts. Hätten wir diese Lebensphilosophie schon früher gehabt: wir wären nie von den Bäumen herunter gestiegen, noch hätten wir unsere Höhle verlassen. Heutzutage … wären wir einfach erloschen – wegen mangelndem Wagemut.

Denken Sie z.B. an die Wikinger, rauhe, materiell orientierte Menschen, ein Händlervolk, dass sich mit billigen kleinen Nussschalen auf den wilden Atlantik gewagt hat – oder in die noch viel gefährlichere Nordsee – um ein Abenteuer zu wagen. Niemand konnte ihnen garantieren, dass sie nicht einfach auf hoher See verhungern, von Ungeheuern verschlungen, von Stürmen zerschlagen werden – oder vom Rand der Welt fallen. Die Wikinger hatten aber einen anderen Rahmen – einen Jenseitsrahmen. Wer mutig in der Schlacht stirbt – oder bei einem großen Abenteuer – der wird mit den Göttern zusammen in den ewigen Jagdgründen schmausen. Ach nein – „ewige Jagdgründe“ – das waren die Indianer. Egal – man findet Jenseitsvorstellungen überall, auch heute im Islam, weshalb „der Westen“ ihn für so gefährlich hält. Religöse Menschen sind ziemlich schlecht steuerbar, ja, sogar den Fluch der Arbeitslosigkeit, den Hass ihrer Mitmenschen, die Verachtung der Gesellschaft ertragen sie ohne Verlust an Lebensqualität und Glücksempfinden: womit will man solchen Menschen noch drohen?

Gut – die „Nussschalen“ der Wikinger waren geniale Konstruktionen, wie wir sie heute kaum besser hinbekommen könnten, doch im Vergleich zu einem „Traumschiff“ schon sehr abenteuerlich.

Oder – nehmen wir etwas anderes: Liebeskummer. „Herzschmerz“ – sozusagen. Wird auch nur noch wenig drüber gesprochen, aber wenn sie mal das Glück hatten, große Liebe zu erfahren und dann das Ende erfahren müssen, werden Sie wissen, was ich meine: jene scheinbar unerträgliche Qual, die real Schmerzen im Herz verursacht – doch das Herz schmerzt gar nicht (hat gar keine Schmerzrezeptoren, meint mein Arzt): die Seele hat Qual. Jene Seele, deren Existenz wir schon völlig vergessen hatten.

Wir sind schon wieder vom Thema abgekommen, meinen Sie? Nein, überhaupt nicht. Wir müssen schon ein wenig auf die Realität der Existenz feinerer Strukturen im menschlichen Sein hinweisen, um plausibel darzustellen, dass der plumpe Materialismus große Schwächen hat – mal davon abgesehen, dass er dem einzelnen Menschen wenig nützt.

Natürlich kennen Sie die Todesangst – jenes Vernichtungsgefühl, dass mit einem Herzinfarkt einhergeht. Ja – das gibt es wirklich, doch auch hier müssen wir genauer hinschauen. Wir bewegen uns – behalten wir mal kurz dieses Bild bei – in einem Zustand „eingefrorener Materie“ – und unterliegen somit den Gesetzen des Eises, d.h.: natürlich merkt der Geist aufgrund seiner Verzahnung mit dem Eis (der gefrorenen Materie), wenn seine Zellen verrückt spielen: für die bedeutet der Tod in der Tat absolute Vernichtung – allerdings nur die Vernichtung ihrer Form, nicht ihrer Essens: hier geht nichts verloren, die Atome bleiben im Sarg liegen … und wandern durch gefräßige Würmer weiter, um das Leben weiter zu tragen. Das ist nur ein zu großer Horizont für eine kleine Zelle, die nur ihrer Programmierung folgt und bei Bedrohung ihres Auftrages häßliche Botenstoffe ausschickt, um den „Fahrer“ (also: uns) zu warnen. Ihr Auftrag? Weiterverbreitung ihres DNA-Strangs. Es gab sogar mal Wissenschaftler, die meinten: nur darum gibt es den Menschen – er ist eine geniale Konstruktion der Zellen, um ihren Auftrag besser zu erfüllen als andere Zellen dies vermögen … beispielsweise der Brontosaurus.

Was wäre das für eine Welt, in der so etwas direkt in der Schule gelehrt wird, in der Schüler sich diese Erkenntnisse selbst erarbeiten dürfte, um ihre eigene Welt zu gestalten … anstatt nur Füllmasse für die Maschinenwelt zu werden, die eine kleine Weile noch Menschen braucht, bis sie endlich völlig aus eigener Kraft existieren kann – doch das ist ein anderes Thema. Ach was – wo wir schon mal dabei sind: das ist kein anderes Thema: die Maschinenkultur ist Quelle jener „Wissenschaft“, die seit 300 Jahren den Planeten verarbeitet. Angeblich kamen sie, um uns das Leben zu erleichtern – doch im Jahre 2015 finden wir uns in Zuständen wieder, dass uns jeder Kleinbauernhof wie ein Paradies vorkommt: unsere Welt ist so „reizvoll“ geworden, dass sogar Kinder lieber den Tod durch Selbstmord suchen, als sich dieser Realität zu stellen: soziologisch ein einzigartiges Phänomen der Maschinenkultur.

Dieses Thema bewegt auch die Seelen der Menschen, Filme, die sich diesem Thema nähern, sind erstaundlich erfolgreich: „Terminator“ zeigt eine Welt, in der die Maschinen den Menschen den Krieg erklärt haben, „Star Trek“ zeigt uns „Borg“, Maschinenwesen, die alles Leben vernichten wollen, „Star Wars“ zeigt uns eine Republik, die durch Banken, Konzerne und Maschinen (und einer Prise purem Bösem) vernichtet wird – unsere Kinos sind voll dieser Geschichten, wie untotes, seelenloses Leben (das wären Maschinen aus der Sicht der Religion) die Menschheit verdrängt und vernichtet … doch auch das ist ein anderes Thema.

Einen Himmel für Maschinen gibt es nicht – im Sinne der sechsdimensionalen Mathematik des Burghard Heim werden sie nie die Qualität des Menschen erreichen, der erkennbar im fünf- und sechsdimensionalen Bereich arbeiten kann – was wären das für wunderbare Geschichten für den Schulunterricht, für unglaubliche Perspektiven für die Menschheit, gäbe es nicht auch noch die gute alte Politik.

Ja – wir glauben an die „Wissenschaft“ – was auch völlig in Ordnung ist. „Wissen ist Macht“ … dass haben wir in vielen tausend Jahren erleben dürfen. Was wir leicht verdrängen: „Wissenschaft“ ist dadurch auch „Herrschaftsmacht“ – und da schließt sich plötzlich der Kreis, der uns direkt zum Tabu des Todes führt: in einer Zivilisation mit „reiner“ Wissenschaft hätten wir nach einer kurzen Phase der Besinnung herausgefunden, dass die Beobachtungen, die weltweit in den Intensivstationen der Unikliniken gemacht werden, nur einen Schluß zulassen: das materielle Weltbild funktioniert, ist aber nicht erschöpfend – das menschliche Bewusstsein ist eine eigenständige Realität, nicht zwingend ewig an die Materie gebunden.

Nun- Sie merken vielleicht, dass ich diesmal gar keine Links gesetzt habe, um meine Hypothesen plausibel darzulegen, denn: ich wollte Ihnen nur ein Buch ans Herz legen: Sterben empfohlen! Eine Echttoderfahrung, geschrieben von Leander Moss (ein Pseudonym), veröffentlicht 2015, ISBN 978-3-7375-4149-7.

Ich kenne den Autor persönlich (nein, das ist jetzt keine geschickte Schleichwerbung für ein neues Buch von mir), habe das Buch gelesen und dachte: wow, was für eine spielerische Leichtigkeit, sich dem Thema Tod durch einen humorvollen, unterhaltsamen und wendungsreichen Abenteuerroman zu widmen, der ganz nebenbei viele Beobachtungen aus der Literatur und den älteren religiösen Schriften der Menschheit zu einer Geschichte vereint, die einem klar macht, wie es nach dem Tod weitergehen könnte. Nebenbei begegnet man auch Kermit, dem Frosch und einem bekannten, riesenhaften Wildhüter aus „Harry Potter“ – doch ich möchte da nicht vorgreifen.

Natürlich könnte ich auch die klassischen Werke der Thanatologie empfehlen – das ägyptische Totenbuch, das tibetanische Totenbuch, ja auch die Bibel – jene Werke, deren Inhalt so vielfältig die Beschreibungen der Todeserfahrungen der Menschheit wiedergeben, die wir uns langsam durch unerwartete Folgen moderner Reanimationstechnik erschließen müssen: aber wem wird durch die Maschinenkultur schon noch genug Muße gelassen, einmal soviel Zeit für sich selbst opfern zu dürfen, dass er dicke alte Bücher lesen könnte.

Und wer mag, darf sich nach der Lektüre dieses Buches auch ein ganz klein wenig mutig fühlen: es ist schon ein Akt des Widerstandes, sich um Wissen zu bemühen, dass die gegenwärtige Wissenschaft und Herrschaftsmacht für unerwünscht hält, weil es die Produktivität stören – oder, auf Deutsch gesagt: die Ausbeutbarkeit vermindern kann.

Jetzt werden Sie sagen: schön und gut – aber ich bin nunmal traurig, wenn ein Mensch stirbt: ist das nicht der Beweis dafür, dass der Tod zu fürchten ist und sterben nicht zu empfehlen sei? Nun – ordnen Sie diese Gefühle einfach mal der Kategorie „Liebeskummer“ zu – anstatt der Kategorie „endgültige Vernichtung allen Seins“, dort sind sie besser angesiedelt. Es ist die Abwesenheit eines geliebten und geschätzten Menschen, die uns traurig macht – und der etwas egozentrische Kummer, dass er uns nicht mehr zur Verfügung steht.

Außerdem: bedenken Sie eins – auch noch so viele Furcht vor dem Tod wird sein Kommen nicht verhindern, auch wenn uns die bunte Werbewelt täglich stundenlang suggeriert, dass wir ewig leben und ewig konsumieren werden und mit jedem Konsum noch viel glücklicher werden als gestern. Warum soll man sich eigentlich sein Leben lang davor fürchten, was man sowieso nicht verhindern kann? Wenn Sie sich sehr vor dem Tod fürchten – haben Sie sich schon jemals vor der Zeit vor ihrer Geburt gefürchtet? Nein? Wie auch immer: das ist der gleiche Zustand gewesen.

Also: viel Spaß mit „Sterben empfohlen“!

 

 

 

 

Deutschlands Zukunft: alternativlos und … ziemlich düster.

Donnerstag, 17.10.2013. Eifel. Sind Sie auch so erleichtert? Die USA können wieder zahlen - das sollte uns doch mal ein Glas Champagner wert sein! Seltsamerweise lese ich die Zeilen anders, übersetze sie gleich familiär: "Du, Schatz, ich glaube, wir geben zu viel aus - das Konto ist schon wieder maximal überzogen" "Macht nichts, Darling, ich habe den Überziehungskredit erhöht", "Ach so, na ja, dann ist ja alles in Ordnung". Eigentlich ist nichts in Ordnung. Die fahren einen klaren Pleitekurs - und als Familienoberhaupt hätte man den Privatkonkurs klar vor Augen. Wäre alles nicht so schlimm, würden wir mit diesen Leuten keinen großen Freihandelsmarkt planen - doch das ist ein anderes Thema, das uns wieder vorgelegt wird, wenn der Staatsbankrott wieder vor der Tür steht. Wir sollten erstmal vor unserer eigenen Tür kehren, denn dort warten die nächsten Herausforderungen auf uns: eine neue, gewaltige Welle von Arbeitslosen, diesmal aus dem IT-Bereich, siehe Zeit:

Donnerstag, 17.10.2013. Eifel. Sind Sie auch so erleichtert? Die USA können wieder zahlen – das sollte uns doch mal ein Glas Champagner wert sein! Seltsamerweise lese ich die Zeilen anders, übersetze sie gleich familiär: „Du, Schatz, ich glaube, wir geben zu viel aus – das Konto ist schon wieder maximal überzogen“ „Macht nichts, Darling, ich habe den Überziehungskredit erhöht“, „Ach so, na ja, dann ist ja alles in Ordnung“. Eigentlich ist nichts in Ordnung. Die fahren einen klaren Pleitekurs – und als Familienoberhaupt hätte man den Privatkonkurs klar vor Augen. Wäre alles nicht so schlimm, würden wir mit diesen Leuten keinen großen Freihandelsmarkt planen – doch das ist ein anderes Thema, das uns wieder vorgelegt wird, wenn der Staatsbankrott wieder vor der Tür steht. Wir sollten erstmal vor unserer eigenen Tür kehren, denn dort warten die nächsten Herausforderungen auf uns: eine neue, gewaltige Welle von Arbeitslosen, diesmal aus dem IT-Bereich, siehe Zeit:

Verwundbar sind gut bezahlte Angestellte im Service-Bereich, die lange geglaubt haben, ihr Job könne niemals automatisiert werden und die jetzt feststellen müssen: Das stimmt nicht. Es gibt mittlerweile Maschinen, die sogar Anästhesien übernehmen können. Das ist eigentlich ein sehr gut bezahlter Job, der aber in Zukunft verschwinden wird. Genauso gibt es Computer, die Examen benoten, und sie tun das nicht schlecht. 

Viele, die heute Mittelschicht sind, sich gerade für ihre Familie ein Häuschen gebaut haben, gehen jetzt schon den Weg der USA: in Zukunft wird mit Sicherheit der Zeitpunkt kommen, wo sie sich die Raten für ihr Häuschen nicht mehr leisten können und auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Schlecht nur, dass der Staat zunehmend wie ein verantwortungsloser Unternehmer handelt, der viele Einnahmen hat, sich aber noch mehr Ausgaben leistet, um möglichst viele Menschen zu Millionären zu machen – aus dieser Ecke wird bald keine große Hilfe mehr kommen, hier greift schon die Lumpenelite (Regierungsdeutsch: Leistungselite) zu und privatisiert fortlaufend das Volksvermögen.

Selten hört man so deutliche Ansagen wie die von Tyler Cowen:

Aber zunächst hatten die Menschen Jahrzehnte schwieriger Anpassung vor sich. Ich glaube, die heutige Situation kommt dem sehr nahe. Die alten Technologien haben die Körperkraft ersetzt. Das führte dazu, dass Leute mehr und mehr in Berufe gewechselt sind, in denen sie ihr Gehirn benutzen. Die Technologien von heute ersetzen das Denken. Wohin die Leute jetzt ausweichen können, um neue Jobs zu finden, ist aber eine viel schwierigere Frage.    

Tja – wohin sollen die Leute noch ausweichen? Körperkraft wird nicht mehr gefragt, Geist auch nicht. In Deutschland (dem Land, dass in dem Bereich „industrieller Massenmord“ international die besten Erfahrungen aufweist) haben wir schon sprachliche Regelungen, die Problemlösungen aufzeigen, den „Kosten auf zwei Beinen“ wird „sozialverträgliches Frühableben“ nahegelegt, oder, kurz gesagt: „wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen“.

Die politische Klasse hat schon längst vor dem Problem kapituliert. „Jahrzehnte schwieriger Anpassung“ – das wissen die Leute auch. Sie haben das Vertrauen ins Leben verloren … und kriegen deshalb keine Kinder mehr; nichts bringt einen schneller in Hartz IV als noch ein paar Blagen am Hals zu haben.

Genau genommen unternimmt die Regierung schon Schritte, um sich abzusichern: DIE wissen ganz genau, was auf uns zukommt; Technik verdrängt Mensch. Das ist im Prinzip äußerst wünschenswert: dafür haben wir uns ja auf den Deal eingelassen, dafür haben wir unsere Parzellen aufgegeben und sind in die Fabriken gegangen, um bei der  industriellen Revolution mit zu wirken. Was uns nur niemand gesagt hat: für unsere Enkel und Urenkel ist in dieser arbeitsteiligen Lebensform, die wir mit aller Kraft und großen Opfern errichtet haben, kein Platz mehr: der Fluss des großen Geldes hat so viele Räuber angezogen, dass in unseren Haushalten kaum noch etwas davon ankommt. Weil wir das irgendwann erkennen werden (spätestens, wenn die Regale bei Aldi einfach leer sind, weil denen die Rendite in Europa zu niedrig geworden ist), plant die Regierung schon mal die nächsten Schritte, siehe TAZ:

Die Sicherheitsbehörden können in prekären Situationen künftig auf militärische Unterstützung zurückgreifen, wenn polizeiliche Mittel nicht ausreichend erscheinen. Aktuell stellt die Bundeswehr neue Einheiten im Rahmen des sogenannten Heimatschutzes auf. Die Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte (RSUKr) bestehen ausschließlich aus Reservisten der Bundeswehr. „In Bremen hat die Kompanie schon im Juni ihren Dienst aufgenommen“, bestätigt Oberstleutnant Uwe Roth vom Bundesverteidigungsministerium.

Es lohnt sich, mehr darüber zu lesen. Der Heimatschutz kann auch bei „zivilem Ungehorsam“ eingesetzt werden, bei politischem Generalstreik, sozialen Unruhen, Straßenblockaden – ich schäme mich ein wenig, dass ich wohl mit verantwortlich bin für diese Entwicklung: die Blockade von Autobahnen schwebte mir schon immer als letzte Möglichkeit gewaltlosen, zivilen Widerstandes vor. Jetzt aber erlischt auch diese Option, 27 neue Kompanien der Bundeswehr bereiten sich schon jetzt darauf vor, auch unbewaffneten Widerstand nieder zu schießen.

Bin ich der einzige, der das Denken der Planer jener Gesetze für ein kleines bischen pervers hält?

Nun – „Spiegelleser wissen mehr“ – weshalb es sich schon lohnt, täglich in dieses Blatt zu schauen, auch wenn es dadurch eine enorm systemstabilisierende Macht erhält. In einem Artikel über die Privatisierung von Krankheit durch den Kapitalismus finden wir einen bemerkenswerten Satz:

Die Folgen dieser Marktbürokratie sind vor allem auf der individuellen, psychischen Ebene spürbar. Denn das ständige Gefühl, gemessen und beobachtet zu werden, erzeugt eine Paranoia, die uns zu kafkaesken Sklaven unseres eigenen oder besser: fremdbestimmten Anspruchs macht. Damit sind wir längst in der „Kontrollgesellschaft“ angekommen, ein Begriff mit dem der Philosoph Gilles Deleuze eine Zeit beschrieb, in der die politischen und wirtschaftlichen Kontrollinstanzen weitgehend unsichtbar bleiben, dabei aber kaum an Macht einbüßen.

Deshalb haben wir Hartz IV bekommen, nur sind die meisten zu blöde, das zu merken: es ging nur darum, eine zusätzliche Kontrollbehörde zu bekommen, der Kapitalismus wollte eine Maschine, die auch jene nach neoliberalen Prinzipien kontrollierte, die nicht irgendwo von seinen Geldströmen abhängig und somit steuerbar waren. Gesellschaftliche Solidarität wird durch individuelle Verantwortung ersetzt – heißt es da: und so beschreibt man kurz und knapp die „Sozialpolitik“ der letzten Jahre.

Ein ganzes Volk wird durch äußere Zwänge in die Krankheit getrieben – und dort dann bar jeder Solidarität allein gelassen: auch eine Form von „Vernichtung durch Arbeit“ – wir wollen aber die historisch Ungebildeten jetzt nicht wieder durch Vergleiche aufbringen, die ihre romantischen Seifenblasenträume vom deutschen Wunderländle in Gefahr bringen.

Die Fakten in Deutschland sehen alles andere als rosig aus, siehe Spiegel:

Die Bundesregierung hat es geschafft, einen mühsam ausgehandelten EU-Kompromiss zum Klimaschutz zu torpedieren, um Ausnahmeregelungen für die mächtige heimische Autoindustrie durchzusetzen. Und danach für die eigene Partei Großspenden von Profiteuren eben dieser Regelung eingestrichen.

Die Bundesregierung ist eine Exekutive des Kapitalismus geworden, eines System, von dem ein Drittel aller Deutschen noch profitiert, während die Übrigen ihr eigenes Grab schaufeln dürfen. Dieses „System“ hat Deutschland seit 1945 im Griff, geplant wurde es schon im Dritten Reich – aber das will heute keiner mehr hören: Geschichten langfristiger Planungen überfordern den deutschen Geist der Gegenwart, der nur noch im „hier und jetzt“ lebt, wie es ihm tagtäglich von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik gepredigt wird: nur solchen Deppen können die Einigung in den USA als großen Sieg begreifen, weil hier und jetzt wieder etwas Geld fließen wird … bis zum großen Knall, der sicher kommen wird: laut Handelsblatt am 15. Januar 2014.

Bis der kommt, bezahlt die Wirtschaft die Regierung für renditesteigernde Maßnahmen, während das Volk sich abstrampelt, der Enteignung zu entkommen: nichts anderes ist Hartz IV – ein gigantisches Enteignungsprogramm für die Mittelschicht, die selbst noch gar nicht weiß, dass sie in den nächsten Jahrzehnten keine Arbeit mehr bekommen wird, mit der sie die steigenden Kosten begleichen können, die die Wirtschaft ihnen aufbürdet.

Das wir hier Zeugen eines breit gefächerten Angriffes auf alle demokratischen Grundstrukturen werden, wird in den Medien nur sehr selten besprochen – und hat keinerlei Konsequenzen mehr. Es ist letztlich sogar ein Angriff auf die Menschheit selbst. Insofern ist es kein Wunder, wenn der Sprecher der Giordan-Bruno Stiftung die versammelte Leistungselite darauf trimmt, den Menschen in Zukunft ganz anders zu sehen (siehe Vortrag „Rationalität und Mystik“): wir sollten uns mehr darauf konzentrieren, uns mit unseren ewigen Atomen zu identifizieren als mit unserem „Ich“, dass nur eine Illusion eins „blumenkohlförmigen Organs“ ist. Es kommt aber noch viel besser:

Wir sollten endlich akzeptieren, dass der Mensch nicht die Krone der Schöpfung ist, sondern bloß der Neandertaler von morgen, eine vorübergehende Randerscheinung in einem unendlichen Universum, das noch lange nach dem Ende unserer Spezies fortbestehen wird.

Der Mensch als Neandertaler von morgen – und das vor einer Rede der deutschen Lumpenelite. Die Frage, was denn in den nächsten Jahrzehnten auf die Bevölkerung zukommen wird, wie die „Anpassungsprozesse“ auszusehen haben, ist schon beantwortet: sie sollen aussterben, dem NEUEN MENSCHEN in einer NEUEN WELTORDNUNG Platz machen. Wir brauchen uns auch keine Sorgen um sie zu machen, ihre Atome werden ewig fortbestehen – auch wenn heute noch wirklich niemand weiß, was ein Atom überhaupt ist.

Das alles sind nur ein paar Informationen, die gestern Abend und heute Morgen auf meinem Schreibtisch eintrudelten. Setzt man sie ein wenig anders zusammen, erscheint jede einzelne Information in einem ganz anderem Licht: wir nähern uns der Zeit, wo sich der Kapitalismus seiner Neandertaler entledigen wird, wieder einmal ist „die Wissenschaft“ ganz vorne mit dabei … bei der Selektion. Wieso darf eigentlich so eine private Organisation fragwürdiger Herkunft (ein ehemaliger Kirchenmann und Unternehmer ist hier der Initiator) im Namen der „Wissenschaft“ vor der politischen und wirtschaftlichen Elite Deutschlands reden – und nebenbei ihre Perspektive der Welt manipulieren?

Die Antwort ist einfach: wir werden in Zukunft nur noch für einen Bruchteil der Bevölkerung GELD haben, also müssen wir uns schon jetzt Gedanken machen, wie wir das Problem angehen werden – und dafür brauchen wir ein moralisches Fundament, eine gemeinsame Metaphysik, die ein robustes Mandat gegen die eigene Bevölkerung nicht unethisch erscheinen läßt, sondern als alternativlose flexible Anpassung an geänderte Umstände begreift, ja sogar als wissenschaftlich abgesicherte logische Fortentwicklung im Sinne der darwinschen Evolutionstheorie.

Freuen wir uns also, dass es Menschen gibt, die die Auslöschung der gesamten Menschheit als Grund zum Jubeln ansehen, weil wir ja sowieso im ewigen Reigen der Atome fortbestehen.

Und deshalb – können wir auch Schulden machen als gäbe es kein Morgen.

Ein Morgen ist nicht mehr vorgesehen.

 

 

 

 

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