Mexiko

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Ein Lob der Arbeitslosigkeit

Ein Lob der Arbeitslosigkeit

Montag, 4.11.2013. Eifel. Wieder Montag. Ist ihnen schon mal aufgefallen, worin die Hauptkritik arbeitender Menschen an Arbeitslosen besteht? Noch nicht? Mir schon – gestern. „Die haben alle einen Flachbildschirm!“. Cool, oder? Mir persönlich würden andere Kritikpunkte einfallen, die meinen Neid entfachen. Die haben endlos Zeit, Bücher zu lesen. Die können ausschlafen, lange Wanderungen in der Woche unternehmen, haben Zeit für Yoga, Mediation, Kontemplation und vor allem: ganz viel Gelegenheit, selbst langwierige und komplizierte Gedankenstrukturen zu entfalten, ohne das Kunden oder Chefs diese mit dämlichsten Einwürfen stören. Die können sich selbst finden – oder Gott -, sich in einem Tempo fortbilden, das kein Arbeitnehmer mithalten kann und sich in Themenbereiche so tief einarbeiten, wie es sonst nur Akademikern im Elfenbeinturm möglich ist. Sie können die ganze Welt des Internet mit Worten füllen und so am politischen Meinungsbildungsprozess aktiv teilhaben.

Von der Arbeitsfron befreit zu sein, kann einen enormen Gewinn für die ganze Gesellschaft darstellen – weshalb wir Politiker und Akademiker, Geistliche und Beamte, Polizisten und Soldaten, Journalisten und Ärzte, Richter und Rechtsanwälte von der Arbeit freigestellt haben (doch, das ist so. Die könnten doch ihre Berufe alle auch in der Freizeit ausführen, nachdem sie im Straßenbau, im Bergbau oder an der Ladentheke geknechtet haben): unsere ganze Kultur schätzt den enormen Mehrwert, den man aus arbeitsfreier Zeit generieren  kann.  Doch was kommt an Kritik?

„Die sitzen den ganzen Tag vor dem Fernseher – dem FLACHBILDFERNSEHER!“.

Mehr scheint der deutsche Arbeitnehmer nicht mehr vom Leben zu verlangen: ein Flachbildfernseher im Haus ist sein größter Genuss, sein Lebenssinn, Flachhirnprogramme zu konsumieren, sein Lebensinhalt – weshalb er den wahren Reichtum, der in Arbeitslosigkeit liegen kann, gar nicht schätzt … noch sieht.

Nur Arbeitslose haben noch die Chance, sich einen sicheren Weg durch die Nachrichtenflut zu bahnen und ihre Mitmenschen vor unangenehmen Entwicklungen zu warnen, die schnell verloren gehen. Schauen wir allein heute das Handesblatt an. Wussten Sie zum Beispiel, dass Wasser, Sport und Schlaf ungesund sein können – obwohl man uns oft genug das Gegenteil gepredigt hat (siehe Handelsblatt)? War ihnen klar, dass das ganze Gesundheitsgefummel, diese Vitamingeschichten, das Joggen, die Aquakur, die Gymnastik und die Superultramatratze alles Mumpitz sind bei dem, was wir unseren Körpern antun (siehe Handelsblatt):

In unserem Blut fließt Plastik

Durch die Luft, über die Haut und vor allem über die Nahrung nehmen die Menschen mehr Plastik denn je auf. Studien deuten drauf hin, dass Krebserkrankungen, Fettleibigkeit und Unfruchtbarkeit darauf zurückzuführen sind.

Jeder Busenblitzer von Lady Gaga erregt unsere höchste Aufmerksamkeit … während wir uns langsam in Bisphenolzombies verwandeln. Irre, oder?

Dafür zahlen wir einen hohen Preis – wie jetzt in Berlin (siehe Handelsblatt):

Berlin hat einer von Bürgern kontrollierten Stromversorgung eine Absage erteilt. Der Volksentscheid des Berliner Energietisches scheiterte am Sonntag knapp an zu wenig Ja-Stimmen, wie Landesabstimmungsleiterin Petra Michaelis-Merzbach am Abend mitteilte. Mit dem Volksentscheid sollten ein vom Land unabhängiges Stadtwerk gegründet und das Stromnetz zurückgekauft werden. Am Ende fehlten 0,9 Prozent der notwendigen Stimmen. 

Mit genügend Arbeitslosen wäre das nicht passiert. Die hätten sich genügend informieren können, die wären in der Lage gewesen, die Tragweite der Entscheidung zu begreifen: ohne Energie keine Souveränität, ohne Souveränität keine Demokratie. Das wäre ein wichtiger Schritt gewesen – nun hat die große Koalition ihren ersten Sieg davon getragen: die große Koalition oder die „Kein-Bock-Wohlstandsblasenlandsmannschaft“, die meint, wenn ihr persönlicher Lieblingsserienheld seinen Traumjob in der angesagten Werbeangentur bekommt, kann es mit der Welt doch gar nicht so schlimm aussehen.

Mit dieser Ansicht haben diese Menschen ja sogar Recht: solange das „sprechende Bild“ Serienschmarn am laufenden Band wiederholt, sollte man nicht meinen, dass irgendetwas Wichtiges vor der Tür passiert.

Das passiert aber trotzdem – und damit das seine Wahlentscheidung nicht beeinflusst, sieht man zu 99% inhaltslose Füllmasse im TV, die man nur mit Alkohol ertragen kann – was man aber auch weiß, denn die Arbeitslosen sitzen ja immer mit dem Bier in der Hand vor dem Fernseher … so klagt jedenfalls die deutsche Mobbingpresse – so, als hätte man eine andere Wahl. Schon mal Privatfunk nüchtern gesehen? Erinnert an LSD-Trips: alles bunt, nackt, durcheinander und völlig sinnfrei. Darum hängen die Leute auch davor und kommen nie wieder weg: sie können einfach nicht glauben, was sie dort sehen.

Und der größte Neidfaktor des normal arbeitenden Menschen aus dem bildungsfernen Sektor ist eben die Tatsache, dass die Arbeitslosen eventuell ja den ganzen Tag diesen geistigen Müll in sich aufsaugen dürfen, während man selber nur vier Stunden davon abbekommt.

Wie tief ist dieses Land eigentlich gesunken?

Gar nicht, will man dem Handelsblatt weiter folgen. Es scheint im Gegenteil wieder zu groß zu werden:

Seit über drei Jahren wird in den Krisenländern der Eurozone gegen das Spardiktat demonstriert. Die Proteste richten sich gegen eine (Austeritäts-)Politik, die nicht nur als falsch, sondern auch als fremdbestimmt wahrgenommen wird. Die Demonstranten vermuten, dass die wichtigen Entscheidungen nicht in Athen oder Lissabon, sondern allenfalls noch in Brüssel, vor allem aber in Berlin getroffen werden.

Die Lage wird ernst für die Flachbildschirmfantrupp, die sich der Tatsache stellen muss, dass Busenblitzer keine Probleme lösen. Da werden sogar wieder große, böse Bilder gezeichnet:

Sie transportieren die Botschaft, dass die Deutschen heute mit ökonomischen Mitteln nachholen, was ihnen damals militärisch nicht gelungen ist: die Dominanz über Europa zu erringen. Solche Vorwürfe werden nicht nur auf der Straße geäußert. Auch der ungarische Ministerpräsident Orban sprach im letzten Mai davon, dass Deutschland „schon einmal“ Panzer in sein Land geschickt habe.

Das Vierte Reich wird nicht nur im Inneren wahr genommen. Solche Töne sind sehr bedenklich – erst Recht, wenn man bedenkt, dass wir nur noch am Tropf des Exportes hängen und uns einen schlechten Ruf im Ausland gar nicht mehr leisten können.

Den haben wir aber schon weg – auch in den USA (siehe Handelsblatt):

US-Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman schaltet sich in die Debatte um den deutschen Exportüberschuss ein – und verteidigt die Kritik daran. Deutschland schade dem Wachstum der Weltwirtschaft.

Deutschland erobert nicht nur Europa, es schadet der ganzen Welt. Eine solch´ schlechte Presse hatten wir das letzte mal 1942. Auch die Staatsverschuldung war damals ähnlich hoch.

Der Bericht platzte mitten die erhitzte Diskussion um die Bespitzelung der Bundeskanzlerin und vieler anderer Spitzenpolitiker weltweit durch den US-Geheimdienst. Entsprechend scharf war die Reaktion aus dem politischen Berlin auf den Bericht. Der Überschuss sei Ausdruck der hohen Nachfrage nach deutschen Qualitätsprodukten.

Nun – die Nachfrage nach deutschen Qualitätsprodukten ist unter anderem deshalb so hoch, weil Deutschland Niedriglohnland geworden ist – und weil der Euro deutsche Produkte sehr billig gemacht hat. Allerdings dürfte die Reaktion der Bundeskanzlerin nicht nur deshalb so scharf (und falsch) ausgefallen sein, Krugman spricht ein anderes, viel peinlicheres Thema an:

Seine Exportstärke und die damit verbundenen exzessiven Leistungsbilanzüberschüsse führten zu deflationären Tendenzen im Euroraum und weltweit. Deutschland müsse das heimische Wachstum stärken und die Exportabhängigkeit verringern.

Über das heimische Wachstum haben wir schon berichtet: außer den Preisen steigt in diesem Lande nichts mehr, die Binnenkonjunktur liegt seit Jahrzehnten am Boden. Deutschland geht es prächtig – aber immer weniger gehören dazu. Richtig fett werden hier nur wenige – die wenigen aber kann man nur noch zu Tagungen rollen.

Die antideutschen Sprüche im Ausland gelten dem ganzen Land – dabei ist es nur eine kleine Clique, die für die Misere verantwortlich ist. Der Deutsche an sich begrüßt weder den Sozialabbau, noch die Kriegseinsätze im Ausland, er erfreut sich nicht an seinen Billiglöhnen oder den Luxuspreisen für Nahrungsmittel, Benzin oder Medikamente, noch jauchzt er vor Glück über die neue Autobahnmaut, mit der er seine lange von Steuergeldern abbezahlten Straßen noch einmal bezahlen kann (siehe Handelsblatt). Eben so wenig dürfte er glücklich darüber sein, in einer Bananenrepublik zu leben, in der sogar die alt-ehrwürdige Debeka zur Beamtenbestechung neigt, um sich einen wirtschaftlichen Vorteil zu sichern (siehe Handelsblatt).

Der „Leistungsträger“ sonnt sich im Ritterschlag der Lumpenelite, während das Ansehen seiner Heimat ebensolche Tiefstände erreicht wie der Wohlstand seiner Mitmenschen. Sympathie fühlt er nur noch mit der Macht – der Supermacht, siehe Handelsblatt:

In der Beliebtheitsrangliste Europas rangiert Amerika derzeit ganz weit hinten, irgendwo zwischen weißem Hai und Kettensägenmassaker. Monstergleich werden die USA verteufelt, und man traut ihnen alles zu: vom Abhören des Kanzlerhandys bis zum Ruinieren des Weltklimas, vom Big-Data-Krakengriff bis zum wahllosen Drohnenkrieg.

Ein seltsamer rhetorischer Trick, auf den hier zurückgegriffen wird: wir trauen den Amerikanern nicht alles zu – wir wundern uns nur darüber, was sie sich alles trauen. Sie ruinieren das Weltklima, hören das Handy der Kanzlerin ab, führen einen gigantischen Datenkrieg gegen die zivilisierte Welt und terrorisieren schwächere mit einem schrankenlosen Drohnenkrieg.

Doch hinter den großen Klagen über die Verteufelung der USA in Deutschland steckt eine ganz böse, bittere Erkenntnis über unsere Wirtschaft, eine Erkenntnis, die uns überhaupt nicht in den Kram passen sollte:

Die Klage über die neue Macht Amerikas ist darum in Wahrheit die Selbstanklage der eigenen Ohnmacht. In der gesamten modernen Digitalindustrie haben wir gegenüber Amerika einfach jämmerlich verloren. Wir stehen da wie die Wilden vor Kolumbus und bestaunen die digitalen Glasperlenspiele mit großen und nun eben meckernden Mündern.

Das Ergebnis der Arbeit der deutschen Lumpenelite? Wir können nur noch durch Korruption, Ausbeutung, Währungstricks und Zwangsabgaben mithalten, in Wahrheit hat unsere Wirtschaft (die deutsche und die europäische) den Schuss nicht gehört.

Umso bedrohlicher das dunkle Bild, das aus dem Ausland heraufzieht: der eingebildete Riese ist in Wirklichkeit ein kleiner, aufgeblasener Zwerg, der im 21. Jahrhundert keine Leistungen mehr erbringt, die zukunftsfähig sind – aber er führt sich auf wie Julius Cäsar in Gallien.

Die USA können sich Diskussionen darüber leisten, ob man lieber die Malaria bekämpfen oder das Internet weltweit ausbauen soll (siehe Handelsblatt, Bill Gates im Disput mit Mark Zuckerberg), während Deutschland in der neuen Bildzeitung darüber nachdenkt (falls man das überhaupt denken nennen kann), wer die neue Kommissarin im Tatort gewesen sein kann.

So ruht der Deutsche im Dämmerschlaf – und nur der Herr Snowden rettet seine Haut. Ohne ihn wäre das Freihandelsabkommen mit den USA wohl nicht in Gefahr, jetzt erst wird ein Stop der Verhandlungen gefordert (siehe Spiegel). Für die deutschen Bauern die letzte Hoffnung – gegen den hochsubventionierten US-Agrarmarkt hätten sie keine Chance. Aber auch die anderen dürften – jenseits der vielversprechenden Zahlen – ziemlich drum dreinschauen, wenn sie merken würden, wie der neue Supermarkt in ihr Leben eingreift. Die Mexikaner können ein Lied davon singen, siehe Quetzal-Leipzig.

Was für die Firmen wirtschaftlich sinnvoll ist, hat für die ArbeitnehmerInnen deutliche Schattenseiten. Zwar gibt es hier die im Rest des Landes rar gesäten Arbeitsplätze, aber die Beschäftigungsbedingungen sind oft schlecht. Wochenarbeitszeiten von 60 Stunden sind keine Seltenheit. Sicherheits- und Gesundheitsstandards sind niedrig, und die Bildung von Gewerkschaften wird unterbunden oder findet gar nicht erst statt.

Kommt die Freihandelszone, konkurrieren wir mit diesen Mexikanern. Siemens lässt da jetzt schon produzieren … und die ganze Welt wird jubeln, wenn es den Deutschen dann so richtig hart trifft.

Wer aber hat noch Zeit und Muße solche Entwicklungen zu beobachten, die Informationen zu sondieren, abzugleichen und ein Bildungsniveau aufzubauen, dass geeignet ist, die vielen Facetten der Fakten aufzuzeigen? Wer schafft es überhaupt noch, täglich genügend Zeit aufzubringen, um sich „auf dem Laufenden zu halten“?

Keiner, der Arbeit und Familie hat.

Anstatt auf Arbeitslose zu schimpfen, weil die unter Umständen auch einen Flachbildfernseher haben (wenn auch sonst nichts – wirklich gar nichts) täten wir gut daran, etwas mehr Arbeitslosigkeit für uns selbst zu fordern. Es gibt momentan eine ganze Reihe wichtiger politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen, um die wir uns dringender kümmern müssen als um die Reflexionen der Talkshows der letzten Woche, um den Büroalltag mit Pseudomeinungen füllen zu können.

Der ganz große Rahmen zeigt sogar, dass es ziemlich finster für den deutschen Arbeitnehmer und RTL-Fan aussieht, weil die deutsche Wirtschaft in der Tat so gut wir gar nichts Nützliches mehr produziert, während die US-Wirtschaft aktiv Zukunft in großem Stil gestaltet.

Was machen wir aber mit diesem kostbaren Faktor Arbeitslosigkeit? Nutzen wir ihn produktiv?

Nein – wir wählen die altdeutsche Lösung: Druck, Zwang, Essensentzug. Anstatt Utopien zu entwerfen, machen unsere Arbeitslosen Bewerbungstraining … und einen entwürdigenden, demotivierenden Niedriglohnsektor samt schwacher Gewerkschaften überhaupt erst möglich.

Und das einzige, was dem deutschen Vollmalocher dazu noch einfällt, ist:

„Wenn die auch noch alle einen Flachbildschirm bekommen, dann drehe ich durch!“ – was aber seine Enkel nicht davor beschützen wird, dass sie in Zukunft ihr (äußerst karges) Brot damit verdienen werden, für Vietnamesen, Nigerianer und Bolivianer Hemden zu nähen.

 

 

 

 

 

 

Wie die große transatlantische Freihandelszone den europäischen Mittelstand vernichtet

Freitag, 15.2.2013. Eifel. Wahnsinn, oder? Freuen Sie sich auch so, das sie dabei sein dürfen? Wobei? Nun - bei diesen historischen Zeiten. Wirklich Wahnsinn. Und man ist live dabei - live und in Farbe. Erstmal der Papstrücktritt am Rosenmontag: das war schon der  Hammer. Der letzte Papstrücktritt geschah, weil der Papst kein Latein konnte - ein verständlicher Grund. Der jetzige geschah, weil die Papst wie all die vielen anderen vor ihm schlichtweg zu alt war. Weil es galt, zu beweisen, das Gott nicht existiert, nichts Heiliges in dieser Welt existieren darf und menschliches Denken vor Nichts mehr halt macht, musste ein Papst es wagen mit der Tradition der heiligen Männer zu brechen und zu beweisen, das Papst sein ein ganz normaler Verwaltungsjob ist. Kein Wunder, das der nachher alle Gläubigen dazu aufrief, für ihn zu beten - so als ob er in schlimmster Not und ärgster Bedrohung wäre. Ist er vielleicht auch: immerhin hat er das kräftigste (und ehedem bewußt als solches geschafffenes) transzendentale Element einer Weltreligion vernichtet - und der Religion an sich damit den Todesstoß versetzt. Nun - ich bin kein Katholik, was soll mich das groß stören, wenn alle Welt jubelt. Ich nehme es zur Kenntnis wie die Tatsache, das nur zwei/drei Tage später eine weitere historische Sensation verkündet wurde, wegen der auch alle in Riesenjubel ausbrechen: die EU/US-Freihandelszone steht vor der Tür. Das bedeutet nichts weiter als die Vernichtung des europäischen Mittelstandes - aber auch das stört die Presse nicht, wenn sie ihre Triumphfanfaren auspackt, mit der sie alles bejubelt, was "Entscheider" hinter den Kulissen so alles aushecken.

Freitag, 15.2.2013. Eifel. Wahnsinn, oder? Freuen Sie sich auch so, das sie dabei sein dürfen? Wobei? Nun – bei diesen historischen Zeiten. Wirklich Wahnsinn. Und man ist live dabei – live und in Farbe. Erstmal der Papstrücktritt am Rosenmontag: das war schon der  Hammer. Der letzte Papstrücktritt geschah, weil der Papst kein Latein konnte – ein verständlicher Grund. Der jetzige geschah, weil die Papst wie all die vielen anderen vor ihm schlichtweg zu alt war. Weil es galt, zu beweisen, das Gott nicht existiert, nichts Heiliges in dieser Welt existieren darf und menschliches Denken vor Nichts mehr halt macht, musste ein Papst es wagen mit der Tradition der heiligen Männer zu brechen und zu beweisen, das Papst sein ein ganz normaler Verwaltungsjob ist. Kein Wunder, das der nachher alle Gläubigen dazu aufrief, für ihn zu beten – so als ob er in schlimmster Not und ärgster Bedrohung wäre. Ist er vielleicht auch: immerhin hat er das kräftigste (und ehedem bewußt als solches geschafffenes) transzendentale Element einer Weltreligion vernichtet – und der Religion an sich damit den Todesstoß versetzt. Nun – ich bin kein Katholik, was soll mich das groß stören, wenn alle Welt jubelt. Ich nehme es zur Kenntnis wie die Tatsache, das nur zwei/drei Tage später eine weitere historische Sensation verkündet wurde, wegen der auch alle in Riesenjubel ausbrechen: die EU/US-Freihandelszone steht vor der Tür. Das bedeutet nichts weiter als die Vernichtung des europäischen Mittelstandes – aber auch das stört die Presse nicht, wenn sie ihre Triumphfanfaren auspackt, mit der sie alles bejubelt, was „Entscheider“ hinter den Kulissen so alles aushecken.

Doch kommen wir erstmal zu den Freihandelszonen. Was die bringen, erfahren wir durch den Bundesanzeiger, der sich der Frage stellt, wie Freihandelsabkommen das US-Wachstum ankurbeln:

Denn FTA werden die folgenden Wirkungen zugeschrieben:

  • Erstens erhalten Unternehmen Zugang zu fremden Märkten und Konsumenten erhalten Zugang zu einer größeren Auswahl von Waren zu tendenziell niedrigeren Preisen, während ausländische Direktinvestitionen zunehmen (growing market access and investment).
  • Zweitens führen Billigimporte aus dem Ausland in den Importsektoren zu kurzfristig niedrigeren Löhnen im Inland aber auch zu einer Straffung und Modernisierung der Inlandsproduktion und zu Innovationen, die langfristig Inlandsjobs sichern.

Das hört sich ja gut an: alles wird billiger, moderner, straffer. Der österreichische Kurier bejubelt schon jetzt 50000 neue Arbeitsplätze, die Österreich mit Sicherheit durch die neue Freihandelszone erhalten wird, die deutsche Kanzlerin Merkel bedankt sich bei Obama, das er „von sich aus“ dieses Thema angebracht hatte (so als ob wir alle einfach schon lange sehnsüchtig darauf gewartet hätten, uns aber nie trauen würden, das mal zur Sprache zu bringen), Vertreter der deutschen Industrie jubeln schon über neue Milliardenumsätze (siehe Spiegel): es scheint, als würden Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen – dabei können wir eher damit rechnen, das diese christlichen Feiertage nach dem endgültigen Zusammenbruch der Weltreligionen ebenfalls dem neuen Gott „Markt“ geopfert werden.

Die Zeitschrift „Capital“ sieht geradezu schon eine „Wirtschaftsnato“ am Horizont aufziehen – mit deutlichen Vorteilen für den Verbraucher:

Sie können Produkte billiger einkaufen, verspricht beispielsweise der Verband der Automobilindustrie (VDA) – beispielsweise Autos. Auch andere Branchen können mit einer Kostensenkung rechnen. Ob sie den Vorteil an ihre Kunden weitergeben oder den eigenen Gewinn damit steigern, bleibt ihnen überlassen.

Oha – ein kleiner Nachteil. Ein winzigkleiner Haken, den kaum jemand bemerkt: es könnte ja sein, das die hauptsächlich caritativ orientierten Konzerne den finanziellen Vorteil einfach für sich selbst behalten, anstatt  ihn weiter zu geben. Zumindest die Staaten bekommen schon mal weniger:

Die Zölle zwischen den USA und den EU sind bereits niedrig. Sie liegen im Schnitt zwischen fünf und sieben Prozent, gibt der deutsche Außenhandelsverband BGA an. Da jedoch jährlich Waren im Wert von mehr als 500 Mrd. Euro über den Atlantik hin- und herbewegt werden, kann die Wirtschaft Milliarden sparen. Ein Beispiel: Europäische Chemieunternehmen haben 2010 für Exporte in die Vereinigten Staaten fast 700 Mio. Euro in die US-Staatskasse gezahlt. Umgekehrt führten die USA gut 1 Mrd. Euro nach Brüssel ab.

Die Wirtschaft kann Milliarden sparen – und der Verbraucher? Nun – auf den Verbraucher kommen möglicherweise ganz neue Risiken zu, siehe Süddeutsche:

Das Problem sind dabei nicht die restlichen Zölle von drei Prozent des Handelsvolumens, sondern die „Handelsschranken hinter der Grenze“, wie dies Experten formulieren. Dabei geht es um Industriestandards, Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften, Umweltnormen und das Verhältnis von Staat und Unternehmen: Haben deutsche Bauunternehmen die gleichen Chancen, einen Auftrag der Stadt Chicago zu bekommen, wie die amerikanische Konkurrenz? Wird das Urheberrecht in den USA genauso geschützt wie in der EU? Dürfen amerikanische Farmer ihre Produkte ungehindert in Europa verkaufen? Jede Liberalisierung greift tief in die nationale oder europäische Souveränität ein. Das löst Angst aus.

Haben deutsche Bauunternehmen die gleiche Chance auf Aufträge?

Natürlich nicht.

Ein Wunder, das diese Frage überhaupt gestellt, wird, denn die Antwort kennen wir schon seit einigen Monaten, siehe Handelsblatt:

Auch die Wirtschaft der USA profitiert von der Entwicklung. Denn die gesteigerte Produktion drückt die Energiepreise. Nach einer Studie des Beratungsunternehmens NUS Consulting zahlen industrielle Großverbraucher in den USA zwei Drittel weniger für Gas als in Deutschland, beim Strom liegt die Ersparnis bei 40 Prozent.

Die europäischen Wirtschaften sind absolut nicht konkurrenzfähig zur amerikanischen Wirtschaft, die den europäischen Markt dank „Fracking“ mit Billigprodukten jeder Art überschwemmen kann. Wäre ich Obama (oder die US-Konzernwirtschaft), dann käme ich auch genau jetzt auf die Idee, nach einer großen europäischen Freihandelszone zu rufen, die es mir erlaubt, meinen Wettbewerbsvorteil ungehindert auszuspielen und die lästige europäische Konkurrenz an die Wand zu drücken.

Wir brauchen über die Folgen einer Freihandelszone auch nicht spekulieren – Erfahrungen aus diesem Bereich liegen doch schon längst vor, siehe Öko-Fair:

Die mittelamerikanischen Regierungen schlossen zahlreiche Freihandelsabkommen, mit denen sie die Wirtschaft ankurbeln wollten. Solche Abkommen beinhalten ein Ungleichgewicht: Wenn zwei sehr verschieden starke Partner den schrankenlosen Handel miteinander vereinbaren, hat der stärkere und konkurrenzfähigere Partner gewöhnlich mehr davon als der schwächere. In einem ärmeren Land zerstört die „freie Fahrt“ für Güter jene Teile der einheimischen Wirtschaft, deren Produkte mehr kosten als die ausländischen Importe. So werden Kleinbauern Opfer des Freihandels, weil sie mit extrem subventionierten Farmbetrieben in zum Beispiel den USA nicht mithalten können. 

Das wäre dann das Ende der europäischen Agrarproduktion. Wahrscheinlich auch das Ende der deutschen Autoindustrie.

Natürlich haben wir einen unschlagbaren Vorteil: wir sind Niedriglohnland. Dank geballtem Einsatz von Gewerkschaften, SPD und Grünen ist es gelungen, aus Deutschland ein Dritte-Welt-Land zu machen: die Reallöhne in Deutschland sind seit dem Jahre 2000 nicht mehr gestiegen (siehe u.a. Süddeutsche). Ein großer Anreiz also für ausländische Investoren, ihre Hemden in Deutschland nähen zu lassen … und nebenbei ihre Vorstellungen von Sozialstaat zu exportieren: Hartz IV für  sechs Monate, danach gibt es nur noch Lebensmittelgutscheine, mit denen man genmanipulierte Produkte kaufen kann.

Ebenso bekommen die USA einen Zugriff auf die von den europäischen Staaten gut ausgebildeten Fachkräfte, die in den USA deutlich mehr verdienen können – man schaue sich einfach mal die Durschnittseinkommen nach Kaufkraftparität an, 2009 lag zum Beispiel (siehe Weltbank) Deutschland mit einem Durchschnittseinkommen von 38700 internationalen Dollar deutlich unter den 47020 Dollar, die für die USA angegeben werden.

Doch schauen wir uns einfach mal ein anderes Beispiel an: die Freihandelszone EU und Mexiko. Ja, die gibt es – seit 2000. Und hat das arme Mexiko davon profitiert?

Hören wir dazu mal den mexikanischen Soziologen Alberto Arroyo Picard, hier bei den Lateinamerikanachrichten:

Was ich bislang sagen kann ist, dass die Exporte von Mexiko nach Europa nicht zugenommen haben, umgekehrt aber die Importe von europäischen Gütern nach Mexiko sehr wohl gestiegen sind. Das Handelsbilanzdefizit von Mexiko hat sich vergrößert, es gibt also bislang nichts Positives zu berichten. 

Wegen der Rezession in den USA hätte man erwarten können, dass die Exporte von Mexiko nach Europa ansteigen. Das war aber nicht der Fall.

Auch bezüglich der nordamerikanischen Freihandelszone  NAFTA gibt es für Mexiko nichts Positives zu berichten:

Ziel des NAFTA sollte das Wachstum der mexikanische Wirtschaft sein und zwar vor allem durch den Export von Manufakturgütern und über die Zunahme von ausländischen Investitionen. Tatsächlich exportiert Mexiko auch mehr, vor allem in die USA. Es hat auch viele ausländische Investitionen gegeben. Aber das erwartete Wirtschaftswachstum ist nicht eingetreten. Es sind auch keine neuen Arbeitsplätze geschaffen worden, eher im Gegenteil.

Warum eher das Gegenteil? Eigentlich logisch – aus der Sicht der Finanzindustrie:

Es geht in diesen Verträgen weniger um Handel als um Investitionen. Im Abkommen mit Europa spielt vor allem der Finanzsektor eine große Rolle. Insbesondere spanisches Kapital hat sich in die nationalen Banken eingekauft, mit der Konsequenz, dass es überhaupt keinen mexikanischen Finanzsektor mehr gibt. Alle Banken haben eine mehrheitlich ausländische Beteiligung, außer einer einzigen ganz kleinen und unbedeutenden Bank. Ähnliche Effekte gibt es auch in anderen Sektoren, wie dem Kommunikationssektor. Das Problem ist, dass die Investoren keine neuen Betriebe schaffen, sondern dass sie bereits bestehende aufkaufen und entnationalisieren.

Letztendlich produziert man nicht billiger und mehr, um die Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen, sondern man zieht lieber risikolose Gewinne aus der Vernichtung der entsprechenden Volkswirtschaft: freie Bahn den Heuschrecken.

Der gesamte europäische Wirtschaftsraum wird zur Ausschlachtung freigegeben, Firmen, die schon heute dank Niedriglohnsektor profitabel arbeiten, um die Transportkosten der Waren in die USA auszugleichen, arbeiten dann in Zukunft auch noch für ausschließlich us-amerikanische Eigentümer, damit die Profite auch dort landen, wo sie hingehören. Damit dies auch sicher gelingt, brauchen wir natürlich einen weiteren Abbau an sozialen Rechten, für den man dank des großen transatlantischen Traums genügend Argumente hat.

Die EU-Abgeordnete Erika Mann hat 2006 etwas über die Freihandelszone der EU mit Mexiko geschrieben, das man wohl auf die neue transatlantische Freihandelszone übertragen kann:

Doch die Direktinvestitionen europäischer und deutscher Unternehmen wurden erheblich gesteigert. So haben sich deutsche Exporte nach Mexiko von 3,1 Mrd. (1994) auf 6,2 Mrd. US$ (2003) verdoppelt.

Zudem kommt Mexiko seit dem Freihandelsabkommen geopolitisch eine doppelte Brückenfunktion zu – zwischen der Europäischen Union und den USA auf der einen sowie Lateinamerika auf der anderen Seite. Mexiko erhält durch eine größere Diversifizierung seiner politisch-wirtschaftlichen Beziehungen weitere Spielräume gegenüber dem großen Nachbarn USA und wird wirtschaftlich unabhängiger gegenüber Rezessionen in den USA. Die Europäische Union kann andererseits das Abkommen nutzen, dem US-Einfluss etwas entgegenzusetzen und für einen breiteren Eingang europäischer Produkte in die Länder Latein- und Nordamerikas zu sorgen.

Nicht das mit 15000 Euro Durchschnittseinkommen „billige“ Mexiko hatte mehr exportiert, sondern die mächtigen europäischen Konzerne haben sich einen neuen Markt erobert – mit entsprechenden Verlusten mexikanischer Produzenten. Und was macht dann dementsprechend die neue Freihandelszone zwischen den USA und der EU?

Sie wird für einen „breiteren Eingang amerikanischer Produkte in den Ländern Europas sorgen“.

Hören wir zu den Folgen dieser Abkommen nochmal den mexikanischen Soziologen:

Die Kritik bezieht sich auf das Modell des Freihandels selbst. Es ist keine punktuelle Kritik, sondern sie richtet sich gegen die gesamte Stoßrichtung dieser Verträge. Der Protest wächst in Lateinamerika weil die Verträge eine Politik in Gesetzesform gießen, die es in unseren Ländern schon sehr viel länger gibt. In Mexiko konkret seit zwanzig, in Chile zum Beispiel schon seit dreißig Jahren. 
Der Kern dieser Kritik ist, dass den großen Konzernen sehr weit gehende, so genannte Suprarechte eingeräumt und sie zudem noch mit den Instrumenten versehen werden, um diese Rechte effizient durchzusetzen. Währenddessen werden die Menschenrechte, insbesondere die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte, den Wirkungskräften des Marktes unterworfen und es gibt keine Möglichkeiten diese einzufordern.

Freihandelsbakommen als Freibriefe für Konzernstrategen?

Noch schlimmer – sie sind auch ein Todesstoß für die Demokratie:

Im Diskurs werden Freihandel und Demokratie sehr stark vermischt. Aber tatsächlich ist es so, dass in vielen Ländern die wichtigsten Entscheidungen für die Bürger trotz repräsentativer Demokratie überhaupt nicht mehr von den Repräsentationsinstanzen getroffen werden. Stattdessen sind die Entscheidungen auf die internationale Ebene ausgelagert, wo die Bürger unserer Länder eben überhaupt nicht mitbestimmen können. Daher würde ich eher davon sprechen, dass der Freihandel stark antidemokratische Tendenzen birgt, also zu weniger Demokratie führt.

In einem 2012 erschienen Buch von Danielle Holzinger wird die EU (nach einem Zitat von Hubert Zimmermann) noch als imperialistische Macht im Wettlauf mit konkurrierenden Wirtschaftszentren wie den USA angesehen.

Diese Konkurrenz wird nun an die Wand gespielt und somit ausgeschaltet.

Das gibt Obama ja auch offen zu. In seiner Rede an an amerikanischen Mittelstand beschreibt er die Ziele der transatlantischen Freihandelszone ganz offen, siehe Frankfurter Rundschau:

Helfen solle der Wirtschaft auch eine umfassende „Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“ mit der Europäischen Union. „Denn Handel, der frei und fair über den Atlantik verläuft, unterstützt Millionen gut bezahlter amerikanischer Arbeitsplätze“, sagte der US-Präsident.

Die US-Mittelschicht soll ganz offen auf Kosten der europäischen (und deutschen) Mittelschicht gerettet werden – und dafür bedankt sich Kanzlerin Merkel ebenso offen.

Wachstumchancen für die deutsche Wirtschaft? Nun – nach Angaben der Frankfurter Rundschau äußerst gering:

Sogar der Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, beziffert die Wachstumspotenziale als äußerst gering. Die deutschen Exporte, so der Experte, könnten durch ein solches Abkommen um ein Viertel-Prozentpunkt wachsen. Ein Viertel-Prozent Exportwachstum? Das geht im statistischen Rauschen unter und entspricht nach einer Faustformel einem Wachstum des deutschen Bruttoinlandsprodukts um 0,05 Prozent.

Trotzdem jubelt die deutsche politische Kaste samt Medien in höchsten Tönen.

Man fragt sich – für wen arbeiten die eigentlich?

Auch die Frage lässt sich leicht beantworten, immerhin sitzt gleich neben der Privatwohnung von Angela Merkel in Berlin ein Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, US-Interessen in Deutschland durchzusetzen, siehe Wikipedia:

Die Atlantik-Brücke e. V. wurde 1952 als private, überparteiliche und gemeinnützige Organisation mit dem Ziel gegründet, eine wirtschafts-, finanz-, bildungs- und militärpolitische Brücke zwischen der Siegermacht USA und der westdeutschen Bundesrepublik zu schlagen. Zu ihren Mitgliedern zählen heute über 500 führende Persönlichkeiten aus dem Bank- und Finanzwesen, der Wirtschaft, Politik, den Medien und der Wissenschaft.

Die Mitglieder haben auch ein klares Ziel:

„Die USA werden von 200 Familien regiert und zu denen wollen wir gute Kontakte haben.“ Arend Oetker, damaliger Vorstandsvorsitzender der Atlantik-Brücke in der Berliner Zeitung vom 17. April 2002. 

Einer der bekannten Atlantiker hat auch gleich praktisch demonstriert, wem seine Loyalität gehört:

Guttenberg geriet stark in die Kritik, weil er mit der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs zur Zwangsverwaltung maroder Banken die britische Wirtschaftsgroßkanzlei Linklaters beauftragt hatte, welche enge Geschäftsbeziehungen zu internationalen Großbanken, insbesondere Goldman Sachs, unterhält.

Zudem wurde der eigene Entwurf aus dem Bundeswirtschafts- bzw. Justizministerium ignoriert. Die weitgehende Übernahme des Linklaters-Entwurfs in das Gesetzgebungsverfahren wurde von heftiger Kritik begleitet.

Nun – der Fall Guttenberg wurde zu den Akten gelegt, der Transatlantiker selber kehrte Heim ins Reich – in die USA. Das schmälert aber nicht die Marktmacht der Transatlantiker, die gerade den größten Coup ihrer Geschichte durchführen und mit einem Schlag die lästige europäische Konkurrenz vernichten. Ein paar Namen von Transatlantikern? HIer, alles bei Wikipedia nachzulesen.

Angela Merkel (CDU), Helmut Schmidt (SPD), Sigmar Gabriel (SPD), Thomas de  Maziére (CDU), Alexander Dibelius (Goldman-Sachs Deutschland), Cem Özdemir (Grüne), die Freidemokraten Westerwelle, Lindner, Döring und Koch-Mehrin, Josef Ackermann (Vorstand Bundesverband der deutschen Banken), Josef Joffe (Hrsg. DIE ZEIT), Jürgen Großmann (RWE, Aufsichtsrat Deutsche Bahn, MTU, Volkswagen AG), Kai Dickmann (BILD), Roland Berger (HARTZ IV), Matthias Döpfner (SPRINGER AG), Jens Weidmann (BUNDESBANK), Arend Oettker (Dr. Arend Oetker Holding GmbH & Co. KG, , Mitglied Trilaterale Kommission, Präsident DGAP, INSM, Präsidium Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Vizepräsident BDI, American Jewish Committee) – um nur ein paar zu nennen.

Aber es reicht, um zu merken, woher die Jubelchöre ihre Stimmen beziehen.

Das wir hier den historischen Schritt zur Preisgabe der letzten Reste der sozialen Errungenschaften der europäischen Sozialgemeinschaften machen, bleibt deshalb erstmal unerwähnt. Aber, mal Hand aufs Herz: soviel ist ja auch wirklich nicht mehr abzubauen, oder? Und das die Bezugsdauer von Hartz IV wie in den USA auf 26 Wochen beschränkt gehört, wird sicher auch in Deutschland eine Mehrheit finden – jedenfalls bei den Atlantikern, der geheimen Filiale der US-Superklasse in Deutschland.

Wahrlich historische Zeiten. Wie dankbar müssen wir eigentlich sein, die Geburt des Neuen amerikanischen Jahrhunderts so hautnah miterleben zu dürfen und sie sogar durch unsere Ersparnisse unterstützen zu können? In breiter Front erleben wir, wie die Widersacher dieses Jahrhunderts einer nach dem anderen fallen – Irak, Afghanistan, Lybien, das Papsttum (das mit seinem Widerstand gegen Bevölkerungskontrolle in Entwicklungsländern amerikanische Geostrategen nahezu in den Wahnsinn getrieben hatte) und jetzt auch noch der deutsche Mittelstand, der seit dreizehn Jahren auf Wohlstand verzichtet, um sich der neuen Weltordnung als würdig zu erweisen.

Eintausend Milliarden Dollar will die FED in diesem Jahr neu drucken (siehe Wiwo, das in diesem Zusammenhang von einem Währungskrieg der Industrienationen spicht) – und diese an sich wertlosen Dollar werden sich durch die Freihandelszone problemlos in echte Werte verwandeln lassen.

Aber das ist ja der Vorteil einer FTA: ausländische Direktinvestitionen werden zu nehmen.

Und Deutschland bekommt mexikanische Verhältnisse – nur wesentlich schneller, als man bisher hätte annehmen können.

 

 

 

 

„Israel erschießt schwangere Frau!“ – über Gollwitz und die Organisationsform von Menschenfressern

Manche Dinge ändern sich wohl nie. Zum Beispiel der Nahe Osten. Da gibt es jetzt wieder Friedensverhandlungen. Da gab es schon in meiner Kindheit in den sechziger Jahren. Fünfzig Jahre verhandeln die schon über Frieden, doch irgendwie wird daraus nichts. Aus der jetzigen Verhandlung zwischen Israel und den Palästinensern wird wohl auch nichts:

Feuerüberfall der Hamas: Ein Terroranschlag überschattet die geplanten Friedensverhandlung zwischen Israelis und Palästinensern.

Nach Angaben der Rettungskräfte handelt es sich bei den Opfern um zwei Frauen und zwei Männer. Einem Armeevertreter zufolge war eine der Frauen schwanger.

Der militärische Arm der radikal-islamischen Hamas-Bewegung hat sich am Dienstagabend zu dem tödlichen Anschlag im Westjordanland bekannt. In einer Stellungnahme der Kassam-Brigaden, die an Journalisten im Gazastreifen geschickt wurde, hieß es, die militante Organisation stehe hinter dem Feuerüberfall.

Quelle: Welt

Es hat mich ein Gerücht erreicht, wonach in den Schulen unter Hamas-Einfluß Schüler zum Hass gegen Israel aufgestachelt werden, angeblich gibt es dort Landkarten, auf denen das Land nicht verzeichnet ist.  Sind wahrscheinlich nur böse Gerüchte des Imperiums.  So etwas würde mir aber erklären, wieso es dort nach sechzig Jahren immer noch diesen Hass gibt, der sogar vor schwangeren Frauen nicht halt macht.  Normalerweise … hätten die Generationen, die dort jetzt leben, eine sehr gute Chance, Frieden zu schließen – wenn nicht irgendjemand den Hass immer wieder neu schüren würde.  Manchmal sind es auch die Israelis selbst. Jeder Psychologe, jeder Richter oder Erzieher würde verstehen, warum.  Es wäre leicht, das zu vermitteln – auch den Palästinensern, die selber auch Frieden wollen.

Moshe und Hassen Arm in Arm, vereint in einem friedlichen Palästina? Das darf nicht sein. Wo sollen wir denn dann die schönen Leichenbilder für das Internet herbekommen und wohin sollen wir dann mit unserem ganz frischen Antisemitismus, den wir jetzt einfach mal in Antizionismus umgetauft haben, damit es nicht so aussieht, als wären wir auf die Parolen des Führers hereingefallen. Unser Antisemitismus ist viel aufgeklärter als der von Hitler – und viel viel gerechter.

So erklärt sich dann auch, das auf die Schlagzeile: Hamas erschießt schwangere Frau! niemand von den angeblich ach so großen Menschenfreunden reagieren würde. Darum habe ich mal eine andere gewählt, wir sind ja im Medienzeitalter, wo man erstmal Aufmerksamkeit braucht um durch das Getöse zu dringen.

Nirgends zeigt sich die Verlogenheit der modernen Linken besser als dort, da kommt noch nicht mal der Porsche-Ernst mit. Es ist gut zu sehen, das es noch ein paar Linke gibt, die ihren Kopf nicht nur zum Haare schneiden herhalten:

Eines Tages wird man sich fragen, wann das eigentlich angefangen hat, dieses Bündnis von Linken und Islamisten, von Linken und Jihadisten. Vielleicht ist schon jetzt der Zeitpunkt, da diese Frage gestellt werden muss, denn ein entscheidender Schritt zu solcherart rot-grüner Koalition ist inzwischen vollzogen: Die »Mavi-Marmara-Linke« ist nicht mehr die Linke, die sie vorher war. Die Solidarisierung mit der Gaza-Flottille im Mai war eine Zäsur wie vielleicht vorher nur Gollwitz.

Gollwitz ist ein kleines Städtchen in Brandenburg, dessen Einwohner sich 1997 in einer ebenso rassistischen wie antisemitischen Aufwallung gegen die Eröffnung eines Heims für jüdische Aussiedler wehrten und dabei von Teilen der Linken, der »Gollwitz-Linken«, verteidigt wurden: Die »Ossis« seien die eigentlichen Opfer des sozialen Kahlschlags seit der Wiedervereinigung und man müsse daher Verständnis für ihre Reaktion aufbringen.

Mich hat die Einseitigkeit der Beurteilung des  Marmara-Mavi-Vorfalls ebenfalls erschüttert … bzw. angewiedert. Man kann inzwischen die Uhr danach stelle, das Geschrei kommt püntlich, es ist undifferenziert, unausgeglichen und voller Hass.  Eine ähnliche Falle wie die Aktivisten an Bord der Marmara-Mavi wurde den UN-Friedenstruppen in Ruanda gestellt – mehrfach. Diese Form der Konfliktprovokation ist gang und gebe bei den Menschenfressern und altbekannt.  Ziemlich blöde, wenn man darauf hereinfällt, aber offenbar hat Israel mit friedlichen Linken aus Europa gerechnet und hatte deshalb spasseshalber Paint-Ball-Waffen dabei. Das es eine Falle war … damit hätte man wohl nicht gerechnet. Man wird in Zukunft schlauer sein, hoffe ich.

Wäre Israel (oder der „Zionismus“) so böse, wie ihn die Linken gerne darstellen, hätte es die Flotte versenkt.  Und wenn ich Soldaten angreife, die nicht nur mit Paintballpistolen ausgerüstet sind sondern auch scharfe Waffen dabei haben, muß ich mich nicht wundern, wenn ich nachher neun Kugeln im Kopf habe. Bei „Automatikfeuer“ passiert das schon mal, ohne das eine besondere Absicht dahintersteckt.

Ich bin dem Autor von „Jungle World“ sehr dankbar, das er mir einen gewissen Aufschluß darüber gibt, welchen geistigen Welten diese seltsame Allianzen gegen Israel entspringen … auch wenn man wieder merkt, das „Generation Doof“ Politik macht. Ist halt immer peinlich.

War so etwas früher nur von irrlichternden Gestalten wie Jürgen Elsässer, von agressiven Antizionisten wie der »Antiimperialistischen Koordination« aus Wien oder in der nationalbolschewistischen jungen Welt zu lesen, sehen inzwischen immer mehr Linke – und nicht nur in Deutschland – Hizbollah und Hamas als Teil einer antiimperialistischen und antikolonialen Linken.

Quelle: Jungle World

Manche brauchen die Welt als Scheibe, weil sie gedanklich nicht mehr fassen können. Manche können nur in schwarz-weiß denken, nur in „gut“ und „böse“, und da Israel eben „böse“ ist (denn da wohnen die Juden und das die böse sind wußte man schon immer) muß die Hamas eben gut sein.

Ich weiß nicht, gegen welche Wand man gelaufen sein muß, um eine solch einfache Welt zu brauchen, aber ich weiß, das die Hamas finanziert wird:

US-Terrorfahnder schlagen Alarm. Saudi-Arabien gehört nach ihren Erkenntnissen zu den größten Geldgebern des Terrors gegen Israel. Ein bei einer Razzia in Gaza gefundenes Protokoll soll belegen, dass die palästinensische Extremistenorganisation Hamas aus dem Königreich finanziert wird.

Quelle: Spiegel-online

Nachdem das unterbunden wurde, sucht sich das Geld andere Wege:

Seitdem die Finanzierung der palästinensischen Regierung durch den Westen eingestellt wurde – arabische Banken zahlen, wegen der Boykottdrohung der USA, der Hamas kein Geld aus -, bemüht sich die Hamas verstärkt, Bargeld ins Land zu bringen. So wurde am 19. Mai 2006 Sami Abu Zuhri, Sprecher der Hamas, am Grenzübergang des Gazastreifens zu Ägypten festgehalten, er hatte 900.000 Euro in bar bei sich. Wenige Tage zuvor wurde Außenminister Mahmud Asahar aus Kuwait eine halbe Million Euro gestohlen. Die EU hatte die Kontrolle der Grenzen des Gazastreifens gegen Waffenschmuggel und unerwünschten Personen übernommen, eine Bedingung des israelischen Staates für den Abzug aus dem autonomen Gebiet. Infolge des Grenzzwischenfalles wurden Truppenbewegungen der Qassam-Brigaden, einem militanten Flügel der Hamas, am Grenzübergang beobachtet.

Quelle: Gaza-Konflikt

Es sind die Scheichs, die den Terror finanzieren. Und die Geheimdienste, möglicherweise sogar Israel selbst:

Rabin verstand Israels verdeckte Unterstützung der Hamas als „fatalen Fehler“ und arbeitete vor seiner Ermordung darauf hin, dem ein Ende zu set zen. Er schloss 400 seiner Funktionäre vom Dienst aus und ließ 4000 von ihnen in den Monaten vor seinem Tod einsperren. Die Hamas antwortete, indem sie eine der-Feind-meines-Feindes-ist-mein-Freund-Haltung einnahm und nun der israelischen Oppositionspartei Treue gelobte, der Likud.

Quelle: Zeitenschriften

Spätestens jetzt dürfte es der „Generation Doof“ endgültig zuviel werden. Israel baut die Hamas auf, um die PLO zu diskreditieren und dann ermorden sie noch ihren eigenen Ministerpräsidenten? Die können ja nur böse sein. Schade nur, das es „Israel“ gar nicht gibt. Es gibt nur die Menschen, die dort wohnen. Und das sind nicht alles Heilige. Nur scheint mir der Gesellschaftsvertrag Israels aktzeptabler zu sein als der Gesellschaftsvertrag der Hamasfreunde:

Saudi-Arabien steht nach wie vor erst am Anfang der Rezeption der Menschenrechte. Nach saudischer Vorstellung gewährleistet die Umsetzung der im Koran überlieferten göttlichen Ordnung die beste Verwirklichung der Menschenrechte. Das Strafrecht folgt daher der Scharia. Todes- und Körperstrafen werden verhängt und vollstreckt. Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind stark eingeschränkt. Parteien sind verboten. Politische Aktivisten und Menschenrechtler werden drangsaliert, inhaftiert oder gehen ins Ausland. Die öffentliche Ausübung nichtislamischer Religionen ist streng untersagt – es gibt keine Kirchen. Frauen haben keine Rechtspersönlichkeit. Meinungs- und Pressefreiheit sind nur eingeschränkt gegeben. Die kontroverse Diskussion gesellschaftlicher Missstände oder von Defiziten der Regierung ist möglich, doch besteht strenge Zensur in Bezug auf öffentliche Moral, Religion und alle Fragen, die das Königshaus direkt betreffen.

Quelle: Auswärtiges Amt

Die Menschenrechtslage in Syrien ist weiterhin unbefriedigend. Der 1963 verhängte Ausnahmezustand und umfassende Kontrolle durch die Sicherheitsdienste bestehen fort. Es kommt weiter zu willkürlichen Verhaftungen und Verurteilungen. Auch Fälle von Folter kommen weiterhin vor. Problematisch bleibt darüber hinaus die Lage staatenloser Kurden.In Syrien aktive lokale Menschenrechtsorganisationen arbeiten ohne staatliche Genehmigung, ihre Existenz wird jedoch im Grundsatz toleriert. Viele Menschenrechtsverteidiger unterliegen einer Ausreisesperre oder sind inhaftiert. Meinungsfreiheit ist in Syrien trotz einer vorsichtigen Öffnung der Medienlandschaft in Syrien nicht gegeben.

Die von der syrischen Regierung in ihrem Dritten Bericht an den Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen im Oktober 2004 angekündigte Einrichtung einer unabhängigen nationalen Menschenrechtskommission wurde nicht umgesetzt.

Quelle: Auswärtiges Amt

Bei den neuen Förderern sieht es auch nicht besser aus, hier aus einem Brief von Amnesty International an den iranischen Botschafter:

nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinedschad am 12. Juni 2009 haben Hunderttausende Iranerinnen und Iraner an landesweiten Kundgebungen und Demonstrationen teilgenommen. Iranische Behörden haben eingeräumt, dass seitdem mehr als 5.000 Iranerinnen und Iraner festgenommen wurden, darunter Studenten, Medienschaffende, Menschenrechtsverteidiger/innen und politische Oppositionelle. Viele der Gefangenen wurden in Haft gefoltert, um Geständnisse von ihnen zu erzwingen. Besonders erschütternd sind die Berichte über Vergewaltigung und sexuelle Übergriffe gegen inhaftierte Männer und Frauen. Eine unbekannte Zahl von Gefangenen sind in Haft gestorben – wahrscheinlich an den Folgen von Folter und extrem schlechten Haftbedingungen. In drei Fällen haben die iranischen Behörden selbst bestätigt, dass Gefangene in dem Haftzentrum Kahrizak starben.

Quelle: Amnesty International

Dagegen steht Israel ganz gut da:

Die israelische Gesellschaft ist eine der freizügigsten Gesellschaften der Welt. Von einer Gesamtbevölkerung von fast 7 Millionen sind etwa 1,4 Millionen – das sind 20 Prozent – Nicht-Juden (1.140.600 Muslime, 146.000 Christen und 115.000 Drusen und 275.100 andere). Die Araber in Israel besitzen das Wahlrecht; Israel ist eines der wenigen Länder im Nahen und Mittleren Osten, in denen auch arabische Frauen wählen dürfen. (…) Knessetsitze, verschiedene Regierungsämter, darunter der Posten des Generalkonsuls in Atlanta, Richterposten des Hohen Gerichts und Ministerämter waren und sind mit israelischen Arabern besetzt. (…) Das Arabische ist wie das Hebräische offizielle Landessprache in Israel. Über 300000 arabische Kinder besuchen israelische Schulen. Zur Zeit der Staatsgründung gab es in Israel nur eine einzige arabische höhere Schule im Land, heute gibt es hunderte arabische Schulen.

„Eine Demokratie wird nicht daran gemessen, wie ihre Soldaten – junge Männer und Frauen – unter extremer Anspannung reagieren. Eine Demokratie wird danach beurteilt, wie ihre Gerichtsbarkeit handelt, wie es in der leidenschaftlosen Nüchternheit der richterlichen Amtszimmer zugeht. Der israelische Oberste Gerichtshof und andere Gerichte haben sich in dieser Hinsicht als untadelig erwiesen. Zum ersten Mal in der Geschichte des Nahen und Mittleren Ostens gibt es eine unabhängige Rechtsinstanz, die bereit ist, die Klagen von Arabern anzuhören – und diese Instanz ist der Oberste Gerichtshof Israels.“ (Alan Dershowitz in der Rede auf der AIPAC Policy-Konferenz, 23. Mai 1989)

Quelle: Berger-Odenthal

Dem letzten Zitat kann ich nur zustimmen. Wenn ich ein Land beurteile (was ich selten tue), dann schaue ich mir zuerstmal den Gerichtshof an, überlege mir dann, wie es als kleiner Mann wäre, dort zu leben. In Saudi-Arabien und Syrien wäre mir sehr unwohl – wie auch in Kuweit, obwohl ich nicht schwul bin:

Der kuwaitische Islamist Sa’d al-‚Inzi weiß, wie mit Lesben und Schwule umzugehen sei: Die Todesstrafe ist viel zu gut für sie. Sie sollten laut islamischen Recht von einem hohen Gebäude geworfen werden. Besser sei aber, die an einem öffentlichen Platz zu foltern…Einen Text dazu gibt es auch HIER.

Quelle und weiterführende Links bei:  Marco Scheuder

Bei allem Respekt für die islamische Religion muß ich schon sagen, das die Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte mir lieber ist als die Herrschaft von Geistlichen über den Staat. Aber letzteres … würde auch für Katholiken gelten.  Wieviele Scheuklappen muß ich eigentlich anlegen, um diese winzigkleine Weltsicht zu erreichen, in dem eine Hamas gegen das „Imperium“ kämpft? Hamas wird von dem Imperium finanziert, ohne Imperium keine Hamas. Und zu dem Imperium gehören nicht nur die USA und die „Zionisten“, sondern auch … Saudi Arabien, Syrien, Kuweit.

Somit muß man sehen, was Kritik an Israel anrichtet:

Man unterstützt die Feinde der allgemeinen Menschenrechte im In- und Ausland – aber das ist ja auch nur logisch:

Die Hamas sieht in den Juden die Verantwortlichen für die Französische Revolution,

Quelle: Wikipedia

Klar, das die arabischen Monarchien das nicht gerne sehen, nachher kommen die eigenen Bürger auch noch auf seltsame Gedanken.

Es ist eine seltsame, unheimliche Front die sich dort weltweit gegen Israel aufbaut. Aber sie baut sich nicht nur gegen Israel auf.  „Allgemeine Menschenrechte“ stehen weltweit nicht gerade hoch im Kurs. Leider.  Die mysteriöse Heiligkeit Saudi-Arabiens in diesem Prozeß entspricht verblüffenderweise sehr der Unantastbarkeit Israels – würde Israel nur die Hälfte der Menschenrechtsverletzungen begehen, die in Saudi-Arabien Alltag sind … die Deutsche Linke würde Juden auf offener Straße verbrennen. Weil sie es – wie immer – verdient haben.

Na ja, nicht alle, aber die Allianz der Blödiane, die für die saudi-arabische Monarchie, die den syrischen Sozialismus und für die Interessen des militärisch-industriellen Komplexes in den USA marschieren, solange es nur gegen die Juden geht.  Petra Pau scheint dies als eine der wenigen Linken verstanden zu haben:

Gregor Gysi ließ die Staatsräson Staatsräson sein und verurteilte ausschließlich den Einsatz des israelischen Militärs als »verbrecherisch«. Petra Pau, Vizepräsidentin des Bundestags und Mitglied des Fraktionsvorstands der »Linken«, distanzierte sich in einem Brief an die Jüdische Gemeinde Bremen als einzige hochrangige »Linke«-Politikerin eindeutig von der Gaza-Boat-Aktion.

Quelle: jungleworld

Der Krieg gegen die Unmenschlichkeit ist nichts für Dummköpfe, nichts für Leute, die nur darauf warten, irgendwo „dagegen“ sein zu können – vor allem aber „gegen Juden“.

Als Freund von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit muß man heutzutage auf der Hut vor Linken sein…..und erst recht auf der Hut vor Fallen der Lumpen. Man muß lernen, anders zu denken, weil die Organisationsform von Menschenfressern komplizierter ist als in Märchen über Orks und Elben.

Vielleicht hilft ein Blick nach Mexiko, wo die Menschenfresser gerade den Staat ausradieren:

Die Kartelle agieren heute immer stärker in transnational orientierten und operierenden Netzwerken. Die territoriale Verankerung weicht einem landes- und grenzüberschreitenden Floaten.

Schon der Begriff Kartell sei heutzutage zu monolithisch, meint Howard Campbell, Professor für Anthropolohie an der Harvard University. Es handele sich eher um temporäre, wandelbare Bündnisse verschiedener Akteure, die jeweils ihre Auftraggeber, Financiers, Zulieferer und vor allem tausende von Helfershelfer haben. Dies sind kurzfristig angeheuerte Zuarbeiter, die nicht mehr notwendig organische Verbindungen oder gar Loyalitäten zum Kartell pflegen.

Auch beim Mordgeschäft wird immer mehr Outsourcing betrieben. Damit werden entweder dezentrale paramilitärische Banden beauftragt, die dann als eine Art Söldnerarmee fungieren, oder auch lokale Banden. An die sechshundert solcher Gangs oder „Pandillas“ soll es im ganzen Lande geben, allein in Juárez mehrere hundert. Die – durch besonders blutige Mordtaten – bekanntesten sind die Aztecas oder auch Artistas Asesinos, die Killer-Künstler.

Quelle: Taz

Im Übrigen erstrecken sich die Geschäftsbereiche der Kartelle längst schon nicht mehr auf den Drogenhandel allein: Neben jeder Art von Schmuggel und allerlei Rotlichtgeschäften fließen ein Großteil der Dollars per Geldwäsche in legale Wirtschaft – und Finanzmärkte. Die Bekämpfung der Drogenkartelle durch das Militär wird da nicht viel bewirken.

Quelle: Taz

Es sind äußerst intelligente, flexible und schnelle Strukturen, die dort arbeiten.  Man kann sie nicht an Ländern festmachen … und bald sicher auch nicht mehr an Organisationen. Mit einfachen Weltbildern steht man solchen Strukturen hilflos gegenüber, denn die Frage: Wohin soll ich jetzt meine Bomben schmeißen, gegen wen soll ich jetzt konkret marschieren? Wo wohnt jetzt das Böse? läßt sich nicht wie im Märchen beantworten: In Mordor!

Diese äußerst effektiven Organisationsformen erinnern an Krebs und Metastasen. Für Körper und Staaten tödlich.  Hoffentlich merken manche Linken noch, das sie mit Kritik gegen Israel George W. Bush direkt unterstützen – ist aber wahrscheinlich zu hoch für sie.   Das Israel die Hamas finanziert (eine Aussage, die im Übrigen falsch ist, wenn sie so getroffen wird – aber auch das ist ja Absicht), ist ja auch schon für viele zu hoch.

Der Krebs finanziert die Hamas, stützt den saudischen König, fördert Extremisten, macht Haliburton und die Mafia gleichermaßen reich, während er die demokratischen Gesellschaften durch Formen inneren Terrors wie Hartz IV oder Börsenmanipulationen zerfrisst.

Und weil ich annehme, das ich in dieser Hinsicht richtig liege, mißtraue ich auch der Linken zutiefst bei der Überwindung der Agenda 2010 und wundere mich nicht über Erscheinungen wie jene in Berlin, wo die Linke feucht-fröhlich regiert wie alle anderen auch und man eigentlich keinen Unterschied zur CDU-Regierung sieht.

Wer gegen Israel ist, der findet auch Hartz IV … gar nicht mal so schlecht. Im Grundsatz und im Kern, mal so generell gesehen. Auf jeden Fall wird man ihn nicht unter den leidenschaftlichen Gegnern jener Reform sein, die uns die Menschenfresser via Atlantikbrücke geschickt haben, aber vielleicht im Kreise jener Schreihälse, die einfach nur mehr Geld für mehr und bessere Schnitzel wollen.

Weltweit kann man eigentlich auch die Kritik von Menschenrechtlern übertragen an der Begrifflichkeit „Krieg“ generell:

„Krieg“ sei das falsche Wort, monieren Menschenrechtler zu Recht. Das würde klare Lager und Frontverläufe implizieren. Zutreffender ist wohl, von Ausnahmezustand zu sprechen, von einem – wenn auch nicht deklarierten – Notstand. Und von einem neuen Typus von Terror.

Quelle: Taz

Ich denke, das man hier die Quelle suchen kann, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu jener Flut von neuen Kriegen, Konflikten und Terror geführt hat.

Und je mehr das Geschäft sich diversifiziert, je mehr Gewalt auch „outgesourct“ wird, umso weniger wird man es aufhalten können oder auch nur die Drahtzieher finden.  Das Überleben der offenen Gesellschaft wird davon abhängen, das wir schneller, intelligenter und raffinierter sind als unser Feinde.

Mit naivem Geschrei treiben wir uns selbst nur in den Untergang … auch wenn ich es verständlich finde, das man endlich all dem Leid ein endgültiges Ende zufügen möchte. Doch das … ist leider nicht so einfach.

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