Verschwörungstheoretiker aller Länder geben sich gegenüber der Inquisition der herrschenden Lehre gerade geschlagen. Nicht nur Florian Kirner erklärt im Namen seiner Kollegen die Kapitulation (siehe „Wir schwören ab“), sogar die bisher immer wie eine junge Löwin gegen den zur Normalität erklärten Wahnsinn kämpfende Umweltaktivistin Julia Szarvasy hisst nun die weiße Flagge. In ihrem jüngsten satirischen Essay „Warum wir keine Ahnung haben“, das uns der Regenbogenbieger dankenswerterweise verlinkt hat, kommt sie zum Fazit: „Die Politik und die Wirtschaft müssen vor der blöden Bevölkerung besser beschützt werden.“
Bei der Aufzählung der schützenswerten Bastionen der herrschenden Lehre hat Julia Szarvasy allerdings die gewichtigste Festung vergessen, die mit ihrer technokratischen Priesterschaft eigentlich erst die Macht von Politik und Wirtschaft legitimiert: Die „Wissenschaft“. – Auch wenn das viele Fortschrittsfreunde jetzt ganz von den Socken hauen wird: aber genau in diesen scheinbar unangreifbaren Stahlharnisch hat sich die Wurzel des ganzen neoliberalen Übels verschlüpft. Und solange wir dieser Hydra nicht den Kopf abschlagen und den Tyrannenmord wagen, wird sich unser Sinkflug auf allen Ebenen ungebremst fortsetzen und wir werden uns in einer Lebensumwelt wiederfinden, gegen die Dantes Eishölle noch das reinste Wellnesspool war.
Denn indem diese Art von „Wissenschaft“, wie wir sie heute haben, als herrschende Lehre die Deutungshoheit beansprucht und die Köpfe unserer Kinder von klein auf in den Schulen (nach Aussage des Präsidenten der Europäischen Akademie der Wissenschaften schlichtweg „Vertrottelungsanstalten“ / Quelle: Welt) ebenso wie in Universitäten (lt. dem Soziologen Prof. Rosa nur noch „Entfremdungszonen“ / Quelle: Zeit) konditioniert, wird eigentlich ein perfektes selbsterhaltendes System erschaffen: Egal, welcher grünlilaeitergelben Partei oder Bewegung ein Mensch später einmal zugehören wird – grundsätzlich tickt er innerlich trotzdem im Takt gemäß den technokratisch-nihilistischen Kriterien, die ihm die „Wissenschaft“ – die entgegen aller Beteuerungen eigentlich eine Nichtwissenwollenschaft ist – beigebracht hat.
„We have elections, but we have no choice“, schreien wütende Demonstranten anlässlich der Wahlen in Frankreich und den USA in die Kameras – sie realisieren nämlich mittlerweile, dass die „Wahl“, die sie haben, lediglich eine Wahl zwischen Absolventen derselben ideologischen Kaderschmieden ist. Egal, welche Parteifarbe sie äußerlich annehmen, sie sind alle auf die gleichen Schulen und Universitäten gegangen und wurden über Fernsehen und Presse jahrzehntelang täglich mit den gleichen Medieninhalten abgefüllt. Eine akademische Schicht, von der Noam Chomsky sagt, dass sie „deeply indoctrinated“ (zu deutsch: zutiefst gehirngewaschen) ist.
Eine akademische Schicht, auf die das zutrifft, was Albert Schweitzer seinerzeit bei der Entgegennahme des Friedensnobelpreises charakterisiert hat: Eigentlich seelisch zutiefst verarmte Menschen, die jedoch vermeinen, aufgrund der überwältigenden Macht von Technik und Technokratie zu Übermenschen geworden zu sein:
„Es hat sich ereignet, dass der Mensch ein Übermensch geworden ist… Er bringt übermenschliche Vernünftigkeit, die dem Besitz übermenschlicher Macht entsprechen sollte, nicht auf … Damit wird nun vollends offenbar, was man sich vorher nicht recht eingestehen wollte, dass der Übermensch mit dem Zunehmen seiner Macht zugleich immer mehr zum armseligen Menschen wird … Was uns aber eigentlich zu Bewusstsein kommen sollte und schon lange vorher hätte kommen sollen, ist dies, dass wir als Übermenschen Unmenschen geworden sind.“
Nähme man dem ‚Übermenschen‘ diese Krücken von Technik und technokratischer Macht wieder weg – übrig bliebe nicht viel mehr als ein gerupftes Huhn auf zwei dünnen Stelzen. Kein Wunder also, dass die stolzen Hühnerbrüste den Technikwahn, der unser Ökosystem und die Menschheit bereits an den Rand des Abgrunds gebracht hat, immerzu noch mehr ausbauen wollen, nur um sich ihrer Nacktheit nicht bewusst werden zu müssen. Sie ziehen daher den Verglühungstod in der digitalen Transformation bzw. den Erfrierungstod in der neoliberalen Eishölle (was in Konsequenz ein und dasselbe ist) den heute notwendigen Veränderungen vor. Denn wie Erich Fromm schon sagte: „Die notwendigen Veränderungen sind so einschneidend, dass der Einzelne die sich am Horizont abzeichnende Katastrophe den Opfern vorzieht, die er jetzt bringen müsste.“
Über-/Unmenschen, die laut Erich Fromm „ die Natur verachten ebenso wie alles, was nicht von Maschinen hergestellt wurde… Die Menschen sind heutzutage fasziniert vom Mechanischen, von der mächtigen Maschine, vom Leblosen und in zunehmenden Maß von der Zerstörung.“
(Danke an dieser Stelle auch an unseren Kollegen Dr. Eulenspiegel für den Hinweis auf den Erfahrungsbericht eines Philosophen über die schizophrene und mittlerweile zur regelrechten Ersatzreligion avancierte Technikgläubigkeit, die von ihren ‚aufgeklärten‘ Anhängern die gleiche blinde Gefolgschaft einfordert wie die Kirche im Mittelalter).
„Evidence based medicine“ nennt sich dann z.B. hochtrabend die medizinische Wissenschaft, mit der derzeit aller Hausverstand und alle Naturheilmittel plattgewalzt werden, da sie „wissenschaftlich unhaltbar“ seien. In den epidemologischen und rasterelektronischen Untersuchungen derjenigen Freunde der „Wissenschaft“, die auch im Menschen nichts anderes sehen als ein geistloses Urschlamm-Artefakt, erweisen sich nun sogar jahrhundertelang bewährte Haus- und Naturheilmittel als wirkungslos, werden als Mythen „enttarnt“, Fürsprecher von Naturheilverfahren werden als Scharlatane und Spinner „debunked“. Überhaupt geht in der „evidence based“-Wissenschaftswelt ohne strenge epidemologische Studien gar nichts. Wer eine Kräutertinktur oder eine Teemischung zu medizinischen Zwecken auf den Markt bringen will und die horrenden Kosten für ein Zulassungsverfahren gemäß den Kriterien der ‚evidence based‘-Weißkittel nicht stemmen kann, der ist von vornherein raus aus dem Rennen. Monsanto/Bayer, Pfizer & Co. können nun endlich den Markt von unqualifizierten Mitbewerbern bereinigen. (Wann bekommen diese Gwup-Weißkittel übrigens endlich einen Oscar oder zumindest den alternativen Nobelpreis verliehen so wie die syrischen Al Nusra- Weißhelme? Wieviel Menschenfreundlichkeit und Fortschrittswillen sollen die Freunde Sheldon Coopers denn noch an den Tag legen, dass wir sie gebührend würdigen?)
(Foto: „Medizin 4.0“-Wissenschaftler mit automatischer Resthirnabsaugung)
Im Gegenzug ist man sich in den epidemologischen Studien der ‚evidence based‘-Weißhelme darüber einig, dass das Gift Glyphosat und sogar die im Irak, Afghanistan etc. verschossene Uranmunition für den Menschen keinerlei gesundheitlich nachteilige Auswirkungen hätte. Also wenn ich naiver unwissenschaftlicher Blödmann – um in der Begrifflichkeit von Julia Szarvasy zu bleiben – mir dann die massenhaft existierenden Fotos von missgebildeten Babies ansehe, deren Eltern dem Uranstaub ausgesetzt waren (siehe dazu z.B. den WDR-Filmemacher Frieder Wagner: „Die Geburtsklinik von Basra war ein Blick in die Hölle“ bzw. seine Doku „Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra“), nun, dann wird’s echt knifflig: Wem soll ich jetzt glauben: Der spinnerten Realität oder der ehrenwerten Theorie unserer akkreditierten Wissenschaftler, dass ja alles in Butter ist?
Ergänzung:
Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf das jüngste „Sommergespräch“ von Julia Szarvasy mit dem Autor Dirk C. Fleck. Das Fazit, das Dirk Fleck nach jahrzehntelangem Kampf gegen den Wahnsinn zieht, ist ernüchternd, aber nichts desto Trotz sehenswert. Menschen, die sich heute gegen den systemischen Wahnsinn engagieren, sagt er ganz unverhohlen, dass sie damit „ein sehr großes Risiko“ eingingen. Im selben Atemzug meint er aber, dass diejenigen Menschen, die dies nicht wagten, damit allerdings ihr Rückgrat und ihre menschliche Würde verlieren würden.
Wie immer gilt also auch hier : In der Wahl, was wir tun und nicht tun, sind wir vollkommen frei. Im Tragen der Folgewirkungen dann allerdings ganz und gar nicht mehr.