Samstag, 10.8.2013. Eifel. Ich bin ja nun schon seit einigen Monaten bei Facebook. Ich gebe zu: ich mochte es nicht. Bin auch jetzt noch kein großer Freund davon – habe aber dort nette Leute kennen gelernt. Im deutschen Zombieland ist man ja froh über jede Seele, die noch einen Ausdruck von Lebendigkeit, Menschlichkeit und sozialer gemeinschaftsfreundlicher Gesinnung besitzt. Menschen die innerlich schon tot sind aber trotzdem noch über die Düsseldorfer Kö wanken, haben wir genug. Manche versuchen sich auch, eine politische Meinung zu bilden – so wie diese hier, gefunden bei Facebook:
Sabine Ulrich
Ohne Worte……aber leider traurige Wahrheit.
Natalie Kemeter
Vor ein paar Minuten im TV: 2 Hartz 4 Empfänger Heiraten und ziehen logischerweise in einer gemeinsamen Wohnung. Der eine Partner davon hat schon ein Kind.
Natalie Kemeter – offenbar schwer beschäftigt – hat Zeit sich wirklich jeden Unfug unkritisch im Fernsehen anzuschauen und umgehend einen gedankenlosen Kommentar dazu abzulassen. Arbeitslose können das nicht, die suchen nach Jobs.
So jetzt kommts:
Sie beziehen beide noch Hartz 4…..jeweils ca 350 EURO entspricht 700 € + 180 € Kindergeld + 300 Mutteschaftsgeld. Der Mann will nur ein Minijob ausüben und bekommt im Monat 150 €. Das sind ingesamt Netto am Monatsende 1330 €. Miete , Nebenkosten usw übernehmen ja wir Bürger die sich den Arsch aufreisen und Arbeiten gehn.
Das Verb arbeiten wird hier klein geschrieben – aber die Frau kann nicht nur nicht rechnen, sie kann auch nicht schreiben. „Ingesamt“ sollte wohl insgesamt heißen. Das richtige Wort für „gehn“ in der deutschen Sprache heißt „gehen“ und der Mann will natürlich „einen“ Minijob ausüben.
Kindergeld und Mutterschaftsgeld sind Einkommen und werden (soweit ich mich in einschlägigen Foren informieren konnte) angerechnet, d.h. die beiden Eltern haben 700 Euro plus Regelsatz des Kindes, der deutlich unter 430 Euro liegt. Von den 150 Euro darf der Mann 100 Euro behalten. Die kommen so also nicht auf 1330 Euro, sondern nur auf 800 – plus den Regelsatz für ein Kleinkind, das sind 224 Euro. Nun rechnet unsere Legasthenikerin weiter:
So: Arbeitslohn von einem Verheirateten Mann mit Kind in Stuttgart…Mutter Hausfrau.
„Verheiratet“ ist hier ein Adjektiv und wird klein geschrieben – nur mal nebenbei bemerkt. Hausfrau ist in Deutschland schon lange keine Arbeit mehr – wie die Familie schnell merken würde, wenn der Verdienst des Mannes weiter sinkt und das Jobcenter anfängt, durchzuregieren.
Nettolohn: 1900 €
Kindergeld 180 €
Insgesamt Netto 2080 €
Jetzt ziehen wir ab:
Miete: 700 €
Nebenkosten : 300 €
KFZ Kosten weil der Mann ja zur Arbeit fährt c.a 300€ durch Spritkosten, Verschleiß usw.
Bleiben unterm Strich 780 €..davon muss die Familie leben und natürlich eventuelle Vereine wie zb..schwimmen, turnen usw finanzieren…..Hartz 4 Empfänger bekommen dies natürlich von den Steuerzahler finanziert….das heisst, auch von dieser Familie die am Monatsende 600 € weniger am Monatsende hat trotz Arbeit im gegensatz zu den Hartz 4 Empfänger.
Zum Beispiel wird z.B. abgekürzt, weil das Beispiel groß geschrieben wird. Heißt schreibt man mit ß, allerdings wird Gegensatz groß geschrieben. Der Sozialhilfeempfänger mit Kind braucht ebenfalls ein Auto – für Kind und Minijob. Also ziehen wir dem auch mal 300 Euro ab. Bleiben also 724 Euro gegenüber 780 Euro. Diese Familie hat also … mehr. Arbeit lohnt sich noch – und die Frau kann ohne Job einfach so zu Hause bleiben.
Jetzt zu euch Liebe Arbeitskollegen die Morgens um 2.30 Uhr in der Früh zur Arbeit Fahren um die Familie zu ernähren, aber natürlich auch alle andere Beschäftigte, die total gestresst sind, Schlafstörungen haben, Essstörungen usw , trotzdem arbeiten gehen Steuern zahlen, die Kinder kaum aufwachsen sehn und eventuell die Rente nicht erreichen oder erkrankt erreichen.
Liebe ist hier ein Adjektiv und wird klein geschrieben, fahren ist ein Verb und wird klein geschrieben, es sind „alle anderen“ Beschäftigten und aus „sehn“ machen wir lieber „sehen“. Für die miserablen Arbeitsbedingungen ist zudem kein Arbeitsloser verantwortlich.
Was haltet ihr davon…postet das weiter, so dass das alle sehn…..
Einfach unter aller Sau…echt traurig
Ja, in der Tat. Unter aller Sau und traurig: das deutsche Bildungsproletariat rechnet sich die Welt schön anstatt Deutsch zu lernen. Ja, ich weiß: Rechtschreibfehler suchen ist gemein. Mache ich auch sonst nicht, weil ich selbst genug Flüchtigkeitsfehler mache – nur diese Frau hat ein großes Problem mit der Groß- und Kleinschreibung … und das ist wohl auch der Grund, warum sie so wenig verdient. Sichere Beherrschung der deutschen Sprache ist in allen Jobs Voraussetzung, wo viel Geld fließt. Ob man sich mit lumpigen 1900 Netto unbedingt ein Auto und eine superteure Wohnung leisten muss, ist jedem selbst überlassen, wohnt man billiger und fährt mit der Bahn, dann hat man auch mehr Geld.
Natürlich könnte unser Stuttgarter Vater auch einfach mal mehr verdienen. Warum soll der Arbeitslose jetzt dafür herhalten, dass dieser Vater mit seinen Luxusansprüchen seine Arbeitskraft auf dem Markt nicht besser verkaufen kann? Oder dass ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft (die „Hausfrau“) kein Einkommen erzielt, dass die Finanzlage der Gemeinschaft aufbessert? Ist „Hausfrau“ ein ordentlicher Job, dann gilt das auch für die „Schmarotzer“: die Arbeitsleistung einer Mutter in einer Bedarfsgemeinschaft ist mindestens ebenso groß wie die einer Mutter in einer „Beschäftigtenfamilie“.
So sieht das unser „fleißiger“ Staatsbürger leider nie, er ist mit seiner Minderleistung immer perfekt – und damit das so bleibt, muss die Sozialhilfe weg. Er könnte sich ja nicht mehr als der unangefochtene König der Straße fühlen, wenn alle wüssten, dass er für seine Plackerei nur 56 Euro mehr als der Sozialhilfeempfänger bekommt.
Dieses üble Posting wurde knapp 100 000 Mal geteilt – das geht nur in Zombieland. Aber es kommt noch besser: unser Freund „Grilleau de Marigny“ hat einige Kommentare zu dem Posting gesammelt – Worte aus der deutschen Unterschicht:
Benjamin W: So ist das leider in Deutschland, als Arbeiter wirst du eh von vorne bis hinten verarscht und die Hartz4 Assies bekommen alles in ihren Ärschen geschoben–> kotz würg usw.
Nun – da hat das Fernsehen ja vollen Erfolg mit seiner Propaganda gehabt. Wer aber ist Schuld an der Verarschungssituation? Nun – der, der es tut … und der, der es sich gefallen lässt. Seltsam – an die denkt Benjamin gar nicht.
Kai S: Daran krankt unser Land!!! Und eine PS3 haben die auch alle, irgendwie müssen die ja den Tag rumkriegen während wir für die arbeiten!!!!!! Das stinkt doch zum Himmel……..
In der Tat brauchen „die“ eine PS3. Die müssen jede Sekunde erreichbar sein und dürfen den Wohnort nicht verlassen. Wenn man nun nicht nur die Rauhfasertapete anstarren möchte oder sich hemmungslos „DummTV“ ausliefern will, muss man sich schon mal was einfallen lassen. Videospiele werden auch im Rahmen der Traumatherapie empfohlen um einen „sicheren Raum für die verletzte Seele“ zu schaffen – ich denke, man kann davon ausgehen, dass Arbeitslose angesichts dieser Hetzpropaganda extrem verletzlich sind und sich nicht mehr auf die Straße trauen.
Michaela W: So ist unser Staat…nichts gegen 1950…da gab es noch Regelung….und Strafe an die Faulen….
Was diese Frau mit „1950“ meint, ist mir nicht klar. Offensichtlich lebt sie in einem Paralleluniversum, in dem die Aktion „Arbeitsscheu Reich“ weiter fortlebte. Dem Gedanken, dass „Faulheit“ (was immer das nun sein soll) „bestraft“ werden müsse, hatten viele Deutsche damals Bombenteppiche, Feuerstürme und völlig zerstörte Innenstädte zu verdanken: die Gemeinschaft der Demokraten hatte diesen Ungeist mit Feuer und Schwert ausgerottet.
Antje Z: Super da fragt man sich doch warum man so blöd ist u arbeitet. ..
Die Antwort ist einfach: weil die Rechnung falsch ist und jeder alles Mögliche an Erniedrigung und Hungerlohn akzeptiert, um bloß nicht in Hartz IV zu landen.
Wil MA: Armes Deutschland. .. solche Leute sollen sich echt in Grund und Boden schämen
Ja – in Grund und Boden sollten sich hier wirklich viele schämen – aber nicht die, die durch Staat und Medien sozial hingerichtet wurden. Was diese Strategie angerichtet hat, sehen wir ja jetzt: neue Juden braucht das Land – und hat sie auch bekommen.
Monika P: Alles streichen solchen faulen asozialem Abschaum ich könnte kotzen…..
Ja – da ist er wieder, der Geist, der die zivilisierten Nationen der Welt gegen die Deutschen aufgebracht hat – so sehr, dass sie nur die völlige Vernichtung dieses Ungeistes akzeptieren konnten, der in seinem hasserfüllten Wahn alle Träume einer aufgeklärten Welt mit einem Schlag vernichtet hatte. Das ist der Aufruf zum Mord durch Hunger – kann man inzwischen einfach wieder so sagen in diesem Land.
Tim B: Ist leider so…. Da schwillt mir echt der Kamm ! Wie sagt einer unser Baulummen mit versteinerter Mine : Hartz 4 und der Tag gehört Dir ! SCHÄMEN SOLLTET IHR EUCH ! ( auch wenn manchmal auch traurige Schicksale dahinter stehn, dass will ich ja gar nicht sagen ! )
Es wäre schön, wenn mehr Niedriglöhner eine solche Meinung hätten – dann würde niemand mehr diese Drecksjobs machen und man könnte über ordentliche Gehälter reden. Aber der typisch feige Deutsche hat da mal wieder keine Eier in der Hose. Judenhatz ist ihm da wirklich lieber – die hatten eine Religion, die Gegenwehr schwierig machte: „Du sollst nicht töten“. Solche Feinde sind dem Lumpenproletariat lieb.
Benny S Wiederlich!!!
Schreibt man mit einfachem i: widerlich.
Pidi B: Hartz 4 = sofortige Abschaffung.Grundgesetzverletz
Alle Deutsche werden am September ihrer Meinung nach das Kreuz an der richtigen Stelle machen. In der Tat habe ich den Verdacht, das Hartz IV eine Grundgesetzverletzung hoch drei ist, aber: in dem Kontext die Abschaffung fordern, ist erstmal Aufruf zum Massenmord an Aussortierten – und die allermeisten von ihnen haben sich nicht selber aussortiert. Das hat ein „Arbeitgeber“ getan, nachdem sie zu alt, zu krank oder einfach zu teuer geworden sind.
Sabrina B: Der Hammer ich merke es mom immer wieder das alle die das Geld beziehen überall die Sachen in den Hintern geschoben bekommen und ich als Arbeitnehmerin voll bezahlen darf…würden gerne nen zweites Kind haben geht aber nicht da die finanziellen Möglichkeiten nicht da sind…unfassbar sowas macht mich wütend und dann sin se noch am jammern
Na, Sabrina – dann arbeite an deiner Sprache, dann bekommst Du vielleicht auch noch mehr Geld. Oder kündige Deinen Job, um auch ins Hartz-Paradies zu kommen. Merke: auch noch so viel Arbeitslosenhatz beschert Dir keine Gehaltserhöhung. Die kriegen auch nicht „alles reingeschoben“ sondern müssen das in einem unwürdigen und in Europa einzigartig demütigendem Prozess beantragen, haben Lebensbedingungen wie ein Verbrecher auf Hafturlaub und müssen beständig mit der Drohung leben, dass ihnen dieser kleine Rest aufgrund einer Laune des Sachbearbeiters ebenfalls gestrichen wird. Im Übrigen: Kinder bekommen ist noch umsonst in Deutschland. Viele Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften bekommen das auch gut hin – trotz erbärmlich niedriger Regelsätze für Kinder. Sie können halt wirtschaften. Kann man das nicht, hilft auch noch so viel Geld nicht.
Marcel S: Drecks Schmarotzer !!!
Schreibt man zusammen. Arbeitslosengeld ist die effektivste Wirtschaftsförderung, die man machen kann: alles, was man dort hineinsteckt, kommt der Gesamtwirtschaft zugute. Wir geben es aber lieber den Reichen, die es gewinnbringend im Ausland anlegen, während die Binnenwirtschaft darbt. Jeder zusätzliche Euro Arbeitslosengeld fördert Konsum und Arbeitsplätze, die an diesem Konsum dranhängen. Dieses Fluchwort sollte also lieber an die gerichtet werden, die ihren Porsche auf Kosten des Steuerzahlers fahren – was auf 70% aller neu zugelassenen Porsche zutrifft. Fördervolumen im Jahr: Knapp 165 Milliarden Euro – mehr, als der gesamte Sozialstaat (inkl. Rente und Gesundheit) kostet.
Pit B: arbeite schon dreißig jahre als alleinverdiener musste mir alles schwer erkämpfen….und die…bekommen es in ihren Arsch geschoben Armes Deutschland
Ich denke, der wird noch glücklich sein, dass hier in den Dingens geschoben wird, wenn seine Firma pleite macht. Bei den Rechtschreibfehlern wird eine Anschlussbeschäftigung schwer.
Die Krönung ist natürlich der Kommentar von „Sarah von Kackafurz“ (der Name scheint Programm zu sein – hat sich aktuell umbenannt), die auch Probleme mit der deutschen Sprache hat:
Am besten bei 40 Grad Hitze auf´n Ackerfeld schicken und foltern. Und den Gehalt an die Menschen verschenken, die es wirklich brauchen … damit solche Hartzer mal wissen, wie es wirklich ist.
Man merkt schon ein wenig, was sich da zusammenbraut, oder?
Doch bevor nun die Hasskeule kommt: ich habe mir ein paar Stunden Zeit genommen, um mich mit diesen Menschen zu beschäftigen. Facebook macht es möglich.
Was wir dort vorfinden, ist ein neues Proletariat (nicht zu verwechseln mit dem Prekariat, welches Staat und Wirtschaft zur Rettung der Zinsgewinne geschaffen haben). Marx hatte es schon mal im Visier – als Lumpenproletariat. Niedrige Bildung, schlecht bezahlte Jobs, asoziale Einstellung zur Gemeinschaft – und von Soziologen völlig ignoriert, weil sie einfach zu uninteressant sind.
Knapp 100 000 von ihnen haben den obigen Lügentext gedankenlos verbreitet und gedankenlos kommentiert (mal von Tim B abgesehen, der Ansätze zur Differenzierungsfähigkeit zeigt).
Die sind nicht abgrundtief böse, das merkt man, wenn man sich mit ihren Alltagssorgen beschäftigt. Sie sind auch schon seit hundert Jahren gut bekannt, siehe Wikipedia:
Dass das in seiner Zusammensetzung sehr heterogene „Lumpenproletariat“ sich nicht wie die Industriearbeiterschaft organisieren lasse, ein geringes Bewusstsein seiner Interessenlage habe und offen für Bestechung durch den Klassengegner sei, sah man in der Arbeiterbewegung als Problem. Es schied wegen seiner Unzuverlässigkeit und seiner Unfähigkeit zur Entwicklung eines proletarischen Klassenbewusstseins als Bündnispartner der Arbeiterklasse aus. Polit-ökonomisch bestimmt wird das Lumpenproletariat (Vagabunden, Verbrecher, Prostituierte) im marxschen Kapital als Teil des „tiefsten Niederschlags“ der relativen Überbevölkerung (der industriellen Reservearmee), die das Kapital produziert.
Zu diesem „Auswurf, Abfall, Abhub aller Klassen“ zählte Marx die „zerrütteten Lebeherren mit zweideutigen Subsistenzmitteln und von zweideutiger Herkunft, verkommene und abenteuerliche Ableger der Bourgeoisie, Vagabunden, entlassene Soldaten, entlassene Zuchthaussträflinge, entlaufene Galeerensklaven, Gauner, Gaukler, Tagediebe, Taschendiebe, Taschenspieler, Spieler, Zuhälter, Bordellhalter, Lastträger, Literaten, Orgeldreher, Lumpensammler, Scherenschleifer, Kesselflicker, Bettler, kurz, die ganze unbestimmte, aufgelöste, hin- und hergeworfene Masse, die die Franzosen ‚la bohème‘ nennen“
Heutzutage können wir noch weitere Berufsklasse hinzufügen: all jene, die mit ihren mittelmäßigen Jobs gerade so über die Runden kommen, die aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation und ihres Bildungsgrades jederzeit durch jedermann ersetzbar sind – und dieses auch wissen. Sie sind sich auch ihrer Schwäche bewusst – und erst recht ihrer Ersetzbarkeit.
Der Zorn, die Angst, die Hilflosigkeit führen zu Aggressionen, die Politik, Wirtschaft und Medien gezielt gegen das künstlich dafür geschaffene Prekariat lenken – mit Erfolg, wie diese Dokumente deutscher Dämlichkeit belegen.
Wer nun meint, dieses Urteil sei zu hart, der sollte überlegen, dass uns die geforderte „Flexibilität“ am Arbeitsmarkt alle zu Vagabunden macht, das Steuerhinterzieher durch die Bank Verbrecher sind und wir uns alle prostituieren sollen, um überhaupt Arbeit zu finden – einer der Hauptgründe für die seit Jahren zunehmende Konformität. Was übrig bleibt?
Ein paar Beamte.
Mir scheint, die fortschreitende Industrialisierung der Gesellschaft hat ein neues Lumpenproletariat geschaffen, das die Mehrheit des Wahlvolkes darstellt. Offen für Bestechung, unfähig zur Erlangung eines politischen Bewusstseins, unzuverlässig als Teil einer solidarischen Wertegemeinschaft und unfähig, sich auch nur ein Minimum an Allgemeinbildung anzueignen.
Früher erschien dieses Lumpenproletariat nur am Rande einer arbeitenden Gesellschaft, heute macht es die Mehrheit einer Gesellschaft aus, deren Arbeit fortschreitend durch Maschinen ersetzt wird, die es einfach besser können.
Und das alles kann man erkennen, wenn man nur ein kleine Zeit bei Facebook verweilt.
Schon spannend, oder?
Denkt man aber darüber nach, welche Zukunft eine Gesellschaft haben soll, die überwiegend aus Lumpenproletariat besteht, kann einem schon schnell mulmig werden.
Die Erde bebt, Fische sterben, Vögel fallen tot vom Himmel, der Adel verliert seine Titel … man könnte meinen, das Ende der Welt sei nah. In den USA werden Senatoren von der Polizei gesucht, weil sie sich Abstimmungen entziehen wollen, ganz Nordafrika erlebt Revolten ohnegleichen.
Und in Deutschland, dem Mutterland der großen Revolten gegen Macht?
Deutschland, Mutterland der Revolten?
Wir, die wir uns Eintrittskarten kaufen, um auf dem Bahnsteig zu revoltieren?
Luther – ein Revolutionär. Da spricht den Protestantismus nicht heilig, schmälert aber nicht die Leistung des kleinen unbedeutenden Mönches.
Marx – ein Revolutionär. Das spricht den Kommunismus nicht heilig, schmälert aber nicht die Leistung des kleinen unbedeutenden Gelehrten.
Hitler – ein Revolutionär. Das spricht den Faschismus nicht heilig, schmälert aber nicht die Leistung des feigen kleinen Gefreiten.
Luther, Marx, Hitler … in einer Reihe genannt? Ich merke, hier wird es zornigen Widerspruch geben. Ich habe auch eine BRD-Sozialisation hinter mir und würde diese Menschen nicht ohne weiteres in einer Reihe nennen. Andererseits …
Was den kleinen Mann an Luther faszinierte, war, das er den Verrat der Kirche an der christlichen Botschaft rückgängig machen wollte. Die ekelerregenden Hexenverbrennungen blieben aber – ebenso die Tatsache, das der Bürger die Religion des Fürsten verpasst bekam.
Was den kleinen Mann an Marx faszinierte war, das er die christliche Botschaft der Nächstenliebe in einem irdischen Paradies verwirklichen wollte. Was kam, war der Plattenbau, der VEB und Wehrübungen am Wochenende.
Was den kleinen Mann an Hitler faszinierte war, das er das Paradies jetzt nur für Deutsche versprach. Und – seien wir doch mal ehrlich: hätten die Deutschen den Krieg gewonnen, würden wir heute anders über jenen kleinen Österreicher reden, der mit einer kleinen Vision großes Unheil angerichtet hat … das große Unheil wäre dann einfach alternativlos gewesen – schon ist es heilig. Kennen wir doch, oder?
Das ist die besondere deutsche Erfahrung mit Revolutionären. Sie kommen an mit großen Worten, aber am Ende lodern Scheiterhaufen, hagelt es Bomben und man wird zur Zwangsarbeit im Lager verpflichtet und am Ende vergast.
Ist ja momentan genauso – man schaue sich nur die Grünen an. Was war das für eine Kultur, die Ende der siebziger Jahre aufbrach. ALTERNATIVE nannten sie sich – und hatten eigentlich alle Probleme der jetzigen Zeit schon im Gepäck.
Frieden wollte man – auch mit der Natur – Gerechtigkeit, eine freie Gesellschaft ohne Zwang, Qual und Ungerechtigkeit, mehr Demokratie wollte das deutsche Volk wagen.
Was haben wir bekommen von jenen Revolutionären? Hartz IV, Afghanistankrieg, Staatsschuldenrekorde.
Wir kriegen auch den Plattenbau zurück, wie Monitor unlängst berichtete:
„2004 – die Laune muss gut gewesen sein bei den damaligen Ministern Ulla Schmidt und Hans Eichel. Für mehr als drei Milliarden kaufte der amerikanische Hedge-Fonds „Fortress“ dem Bund den Immobilienkonzern Gagfah ab. Drei Milliarden – für die staatliche Rentenkasse damals eine rettende Geldspritze. Aber hunderttausende Mieter machten sich Sorgen wegen der „Heuschrecke“, dem neuen Vermieter aus Amerika. Und zu Recht. Von Insidern haben wir Dokumente und Aussagen, die jetzt belegen, wie sieben Jahre nach dem Super-Deal ganze Wohnviertel untergehen.“
Sogar mit edelsten grünen Themen werden die ärmsten der Armen weiter ausgeplündert … das hatten sie nun davon, das sie „grün“ gewählt haben, so heute im Manager-Magazin nachzulesen:
So kommt es, dass ein einwohnerstarkes Land wie Nordrhein-Westfalen (NRW) deutlich mehr in das EEG-System einzahlt, als es daraus erhält. Etwa 2,2 Milliarden Euro brachten die Einwohner von NRW laut BDEW im vergangenen Jahr für die EEG-Umlage auf ihrer Stromrechnung auf. Die im bevölkerungsreichsten Land ansässigen Betreiber von Windrädern, Solar- sowie Biogasanlagen kassierten aber nur 800 Millionen Euro Mittelzuflüsse aus dem EEG.
Andere Länder kommen auf eine wesentlich erfreulichere Bilanz. Allen voran Bayern: EEG-Mittelabflüssen von etwa 1,2 Milliarden Euro standen 2010 laut BDEW Zuflüsse von 2,2 Milliarden gegenüber. Unterm Strich ergibt das einen positiven Saldo von mehr als einer Milliarde Euro. Damit landet in Bayern mit Abstand das meiste Geld aus diesem Schatten-Finanzausgleich.
Die Reichen bedienen sich ungeniert weiter … auch in aller Öffentlichkeit, so ist im Handelsblatt nachzulesen:
Es klingt paradox: Die Commerzbank schreibt endlich wieder Gewinne – und bleibt dennoch politisch unter Druck. Morgen wird das mit 18,2 Milliarden Euro vom Staat gerettete Institut erstmals seit 2007 wieder einen starken Gewinn vorlegen. Analysten gehen von rund 1,3 Milliarden Euro aus. Doch Zinsen auf die Staatshilfen wird die Bank trotzdem nicht zahlen.
Würden wir Normbürger es uns leisten, Zinsen nicht zu bezahlen, dann würde man uns enteignen. Unser Häuschen würde zwangsversteigert. Bei den Herren sieht das aber anders aus, was inzwischen sogar die CDU ärgert:
„Mir fehlt dafür jedes Verständnis, zumal es für die Bank offenbar kein Problem ist, eine erfolgsabhängige Vergütung an ihre Mitarbeiter zu zahlen“, sagte der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU, Klaus-Peter Flosbach dem Handelsblatt. Die Bank, so viel ist durchgesickert, will einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag an ihre Mitarbeiter auszahlen.
Das sollten wir uns mal erlauben: „Wir können diesen Monat keine Hypothekenzinsen zahlen, die Kinder brauchen ihr Taschengeld!“
Erlauben wir uns aber nicht. Da haben wir keine Zeit für. Entweder müssen wir bei der ARGE betteln gehen … oder wir schuften uns zu Tode, wieder Manager Magazin:
Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wurden 2010 offiziell 1,25 Milliarden bezahlte Stunden Mehrarbeit geleistet, wie die „Bild“-Zeitung berichtet. Dies entspreche einem Plus von 15 Prozent zum Krisenjahr 2009, als das Tochterinstitut der Bundesagentur für Arbeit eine Überstundenzahl von 1,09 Milliarden registriert hatte.
Laut Handelsblatt ist sogar unsere minimalste Absicherung, die Lebensversicherung, bald nichts mehr wert:
Die Lebensversicherer senken massenhaft ihre Überschussbeteiligungen und auch der Garantiezins soll bald gesenkt werden. Neue Risiken im Anleihemarkt verschrecken sicherheitsbewusste Kunden. Verbraucherschützer raten längst von einem Neuabschluss ab. Wird das liebste Vorsorgeprodukt der Deutschen ein Auslaufmodell?
Nun – vielleicht ein Auslaufmodell wie das ganze Modell Europa, wenn man der Welt glauben darf:
Die Zinsen für Portugal nähern sich alten Höchstständen, Ökonomen raten Griechenland zur Drachme: Die Schuldenkrise kehrt mit voller Wucht zurück.
Eigentlich Gründe genug, auch in Deutschland wieder auf die Straße zu gehen. Immerhin … die letzte Revolution hatten wir erst 1989, sogar mit eigener Website:
Die Webseite zeigt den friedlichen und erfolgreichen Verlauf des gesellschaftlichen Umbruchs in Ostdeutschland. Mit vielen Bildern, Dokumenten, Filmen und kurzen Texten werden die Vorgeschichte, dieRevolution im Herbst 1989 sowie der Weg zur deutschenEinheit erläutert. Menschen, die die Revolution vorbereiteten und vorantrieben sowie Orte an denen sich Revolutionäres ereignete, werden vorgestellt.
Was diese Revolution jetzt dem kleinen Mann gebracht hat, kann ich natürlich nicht abschließend beurteilen. Das müssen die selber machen. Machen die ja auch – deshalb wählen die ja auch heute wieder SED-Nachfolgeparteien. Drei Folgen der Revolution kann ich aber benennen: Hartz IV, Afghanistankrieg, Staatsschuldenrekorde.
Wer sich nun wundert, das der Deutsche angesichts massiver Ungerechtigkeiten, eines sich tagtäglich zuspitzenden wirtschaftlichen Niedergangs und einer sich ständig verschlechternder Lebensqualität nicht wieder Rheinbrücken besetzt, Autobahnen sperrt oder sich den Demonstranten in Wisconsin anschließt und den Reichstag besetzt, der sollte sich daran erinnern, das wir – besonders wir – Erfahrungen mit Revolutionen haben. Erfahrungen, die uns Bauchschmerzen bereiten, aber aus unseren Gewerkschaftern Porschefahrer gemacht haben. Das ist – laut Welt – sogar in den USA anders:
Seit mehr als einer Woche halten Lehrer und Gewerkschaftler des öffentlichen Dienstes die Rotunde des Kapitols in Wisconsins Hauptstadt Madison besetzt. Sie belagern bei Eis und Schnee die Residenz des republikanischen Gouverneurs Scott Walker, der ihnen den Krieg erklärt hat. 14 Senatoren der Demokraten, die im Bundesstaat Illinois untergetaucht sind, um eine Abstimmung zu Hause zu verhindern, werden von der Polizei gesucht und von Walker der „Demokratieverweigerung“ bezichtigt: Es sage niemand, Amerika habe keine Aufstände gegen die Staatsmacht zu bieten.
In den USA hat man mit Revolutionen gute Erfahrungen gemacht.
Hier nicht.
Wir scheinen durch unsere Revolutionen Schopenhauers pessimistische Einsicht zu belegen, das alle Versuche, das Leiden in der Welt zu mindern, nur dazu führt, das es seine Gestalt ändert.
Alle?
Nun … die ´68er haben eine kulturelle Revolution hervorgebracht, deren Früchte wir selbst heute noch genießen, deren Erfolge heute noch mit großer Gewalt zurückgebaut werden.
Aber wer würde sich ernsthaft trauen, heute noch positiv über die ´68er zu reden. Die sind ja sogar zum Ausländer zum Essen gegangen, habe ich gehört … Pizza, Gyros, Kebab, Lasagne, Spagetti.
Gut, das sich deren revolutionäre Impulse nicht durchgesetzt haben.
Neulich fand ich einen Satz in der „Welt“:
„Und alle, die gläubig waren, bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam. Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt. Denn alle, die Grundstücke oder Häuser besaßen, verkauften ihren Besitz, brachten den Erlös und legten ihn den Aposteln zu Füßen. Jedem, wurde davon so viel zugeteilt, wie er nötig hatte.“
Der Satz stammt aus der Apostelgeschichte. Der Sohn vom Chef hatte das angeordnet, Markus 10.21, siehe Bibeltext:
Und Jesus sah ihn an und liebte ihn und sprach zu ihm: Eines fehlet dir. Gehe hin, verkaufe alles, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm, folge mir nach und nimm das Kreuz auf dich.
Man findet in der Welt auch ein Zitat von Klaus Ernst, momentan Vorsitzender der LINKEN:
Klaus Ernst wird für seinen Lebensstil oft kritisiert. Doch der Linken-Vorsitzende steht dazu: „Es macht mir Spaß, Porsche zu fahren.“ Zur innerparteilichen Kritik an seiner Führungsrolle sagte er: „Wissen Sie, was mir Angst macht? Diese Hundertprozentigen, die festlegen, wie ein Linker zu sein hat: Er kommt mit dreckigen Fingernägeln zehn Minuten zu spät ins Theater, wo er nichts versteht.“
Nur drei Zitate, und schon versteht man, warum Religion Opium fürs Volk sein muß: die meinen das ernst, diese religiösen Spinner in ihren Klöstern und Kibbuzim, die wenden sich ab von der Welt des Mammons (der ja selbst in manchen Denkschulen der Teufel persönlich ist) und konzentrieren sich aufs Leben – das ist mit Linken nicht zu machen:
„Ein Entbehrungssozialismus ist mit mir nicht zu machen.“ – so Klaus Ernst weiter im Interview. Jetzt weiß man auch, warum die – wie gestern berichtet – Hartz IV-Abhängige aus Führungspositionen drängeln. Mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln kommen die Hartzis nie zur Party auf der Almhütte des Vorsitzenden.
Man könnte diese ganze Geschichte nun als Anekdote am Rande fallen lassen, wenn sie nicht im Rahmen der Kommunismusdebatte die ganze Welt berühren würde. Kommen wir nochmal zum ersten Artikel der Welt zurück:
In der „Deutschen Ideologie“ beschreibt Marx hingegen den Kommunismus wie das Leben eines heutigen Bahnvorstands, für den „die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe“
Der Marxist (wir wollen ihn mal mangels Alternativen so nennen) will Vorstand werden – und verspricht allen, die ihm folgen, das sie ebenfalls Vorstand werden, während andere („die Gesellschaft“) für ihren Unterhalt sorgt. Nehme ich das ernst, so muß ich sagen: wir leben überraschenderweise in einer marxistischen Gesellschaft, das Proletariat trägt „Hugo Boss“, kriegt fette Boni und diktiert der Welt seine Bedingungen.
Der Autor der Welt macht es sich sehr einfach:
Nichts ist also blöder als die übliche Marx-Apologie, er habe eine gute Idee gehabt, die leider in der Wirklichkeit nicht funktioniere. Marx hatte gar keine Idee vom Kommunismus. Er war stolz darauf, den Genossen die utopischen Flausen ausgetrieben zu haben. Dass der Kommunismus als Alternative zur Leistungs- und Eigentumsgesellschaft jederzeit – im Kloster, im Kibbuz oder in der Kommune – machbar ist, interessierte ihn so wenig wie Linkspartei-Chefin Gesine Lötzsch, die über „Wege zum Kommunismus“ sinniert, ohne daran zu denken, einen dieser Wege selbst auszuprobieren.
Die „utopischen Flausen“ des Kommunismus kann man privat leben, das ist keine Frage. Wenn man die Gesellschaft verändern will, dann muß man anders leben. Die Managerelite macht das vor. Tagtäglich machen sie in Film und Funk Werbung für ihren Lebensstil, machen ihre „Marken“ zum Maßstab von Gut und Böse. Schlecht angezogen mit dreckigen Fingernägeln ins Theater – undenkbar für einen echten Managertyp. Man will ja „in sein“, man will „dabei sein“, man will attraktiv sein und ernst genommen werden von den wirklich wichtigen Menschen – jenen mit Geld, mit soviel Geld, das sie sich ganze Regierungen kaufen können. Bei ihnen könnte man ja mit all seinen Bedürfnissen bequem unterschlüpfen und sich vielleicht noch ein paar neue erlauben … Oper, Golf oder Kunst sammeln soll ja auch schön sein.
Und hier kommen wir so langsam zum Kern des Problems: der politischen Alternativlosigkeit. Was wir wählen können, ist: wer von unserem Geld lebt. Gegen die Tatsache, das wir einen riesigen Alltagsterrorapparat zur Politmanagerrundumversorgung mitfinanzieren müssen, der uns langsam aber sicher in den Bankrott treibt, steht alternativlos im Raum. Über die Folgen informiert uns (schon wieder) die Welt:
Im fünften Jahr in Folge haben sich 2010 politische und bürgerliche Freiheiten weltweit verringert. Die Zahl der Demokratien sank von 116 auf 115. Im Jahr 2005 gab es noch 123. Zu diesem Ergebnis kommt der Jahresbericht 2011 von Freedom House, einer unabhängigen US-Forschungseinrichtung, der „Welt Online“ vorliegt.
Ein weiterer Artikel sieht die Freiheit selbst in Gefahr:
Als vor 20 Jahren der Kommunismus zu den blutgetränkten Akten der Geschichte gelegt wurde, ging die Hoffnung um, die Freiheit stehe vor ihrem unwiderruflichen Durchbruch. Das war ein schöner, ein verständlicher Traum, aber eben ein Traum. Gerade das Ende der Blockkonfrontation mit dem Zwang zum atomaren Patt setzte neue Kräfte der Unfreiheit, des Nationalismus, der partikularen Interessen frei und gab dem islamistischen Fundamentalismus den Ausdehnungsraum, den er zuvor nicht hatte. Nach 1989 wurde die Welt schon bald ein gefährlicherer Ort.
Die „Kräfte der Unfreiheit“, die dort freigesetzt worden sind, sind klar benennbar, allerdings verschweigt der Autor die treibende Hauptkraft. Das wissen wir doch aus der Physik: wenn zwei Kräfte gegeneinander im Gleichgewicht sind und man eine dann wegnimmt, dann … entfaltet sich die andere hemmungslos. Einfach mal stark gegen eine Tür drücken die dann unvermutet geöffnet wird – dann sieht man, was ich meine. Was wir momentan erleben, ist der Siegeszug der Gegenkraft gegen den real existierenden Sozialismus … und diese Gegenkraft braucht jetzt auch ihr demokratisches Kleidchen nicht mehr: Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst (auch so eine philosophische Grundlage für Kommunismus) ist Megaout, die „In-Bewegung“ hat „Porsche fahren macht Spaß„ auf ihren Fahnen stehen.
Man darf nicht in alte, sprachliche Muster verfallen und die Gegenkraft einfach nur „Kapitalismus“ nennen, das würde meines Erachtens nach zu kurz greifen. Es ist ganz präzise die Geburt einer neuen Gesellschaftsordnung: die Beherrschung der Welt, der Gesellschaft, der Politik durch die Macht der Konzerne, die in ihrer Gesamtheit eine so tiefe Durchdringung von menschlichen Werten, Überzeugungen und Verhaltensweisen anstrebt, die ansonsten nur im NS-Staat zu beobachten war.
Wie man wohnt, wie man sich einrichtet, was man anzieht, was man denkt, wie man liebt, Kinder erzieht, Zähne putzt, Fußnägel lackiert oder kocht: das Imperium hat mitlerweile Vorschriften für alles und jeden sowie viele Sendeformate, in denen jene vorgeführt werden, die noch außerhalb der Konzerngesetze leben. Insofern ist das gesellschaftliche Experiment „NS-Staat“ Vorbild für eine optimale Konzerngesellschaft. Konzernphilosophien und Machtstrukturen in der Welt sind nie demokratisch – und das einzige, was sie noch aufhalten könnte, sind Gesetze. Bei Porschefahrern kann man sich drauf verlassen, das sie am System nichts ändern – kein System, kein Porsche, das ist nunmal die unangenehme Wahrheit. Porsche fallen nicht vom Himmel. Apropo Himmel:
Noch mal was Revolutionäres? Hier, Bibel-online.net:
Kein Knecht kann zwei Herren dienen: entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird dem einen anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott samt dem Mammon dienen. (Matthäus 6.24)
Entbehrungssozialismus ist Opium fürs Volk. Wieder was dazugelernt. Wie aber jetzt die CDU und die Kirche mit dem kommunistischen Hintergrund ihres Gottessohnes klar kommen, weiß ich nicht. Ich kann mir nur vorstellen, das die es mit ihrem Christentum so ernst nehmen wie der Marxist mit dem Kommunismus. „Porsche fahren macht Spaß“ – darauf können sich aber beide Seiten problemlos einigen.
Wirtschaftlich gesehen ist der momentane Zustand des Landes eigentlich erbärmlich – eigentlich, weil die Aufschwungjubelchöre alles überdecken. So berichtet heute die „Welt“:
Harte Arbeitswelt: Laut einer neuen Studie hat sich die Zahl der Erwerbstätigen mit einem Zweitjob vervierfacht – innerhalb von nur zwei Jahren.
Da merkt so langsam jeder, was es heißt, nur noch für die Rendite anderer zu arbeiten: es bleibt für einen selber nichts mehr übrig, laut Frankfurter Rundschau noch nicht mal für die Autowartung:
Immer mehr Autofahrer vernachlässigen die Wartung ihres Autos. Dahinter steckt laut Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer der Mangel an Geld: Die schlecht gewarteten Autos seien ein Spiegel der Einkommensverteilung.
Man merkt: viele arbeiten bald nur noch, um sich das Auto leisten zu können, das sie für die Fahrt zu Arbeit brauchen. Und der Traum vom endgültigen Ende der Qual – die Rente – rückt laut FAZ in weite Ferne:
Die Älteren haben Schulden von 1,8 Billionen Euro für Bund, Länder und Gemeinden aufgetürmt. Werden die Jüngeren irgendwann fragen, warum sie diese Schulden bedienen sollen? Vielleicht können die nach Köpfen halbierten Kohorten nachwachsender Jahrgänge später sogar für die Rente der Babyboomer nicht mehr aufkommen.
In anderen Ländern sieht es ebenfalls nicht besser aus: man friert laut News.at in Österreich:
Gerade in eisigen Zeiten wie diesen ist die Zahl wirklich schockierend: 330.000 Menschen in Österreich können sich eine beheizte Wohnung nicht leisten. Vier Prozent der heimischen Bevölkerung, davon 58.000 Kinder, müssen laut Armutskonferenz in den eigenen vier Wänden bitter frieren.
Und in den USA, der stärksten Volkswirtschaft der Welt, wandert laut Süddeutsche Zeitung eine ganze Generation in die Armut:
Besonders betroffen sind die Jüngsten: Über ein Fünftel aller Kinder lebt danach in Armut.
Kein Wunder, das laut Karl Weiss bei der Berliner Umschau die Zustimmung zum Kapitalismus langsam sinkt:
Nur 15% der Deutschen meinen, die Politiker würden ihren Aufgaben gerecht und bei den „Wirtschaftslenkern“ sind es 26%. Doch zu einem Desaster wurde das Ganze bei der Frage, ob sich das Wirtschaftssystem Kapitalismus (das natürlich nicht so genannt wird) bewährt habe. Vor 16 Jahren noch sagten da 73% „ja“, doch dann begann diese Zustimmung Jahr für Jahr zu bröckeln. Im April 2010 war die Zustimmung auf 54 % gesunken. Dann aber, in den letzten Monaten, brachen die Umfragewerte regelrecht weg: Nur 6 Monate später finden nur noch 48%, der Kapitalismus habe sich bewährt und damit spricht sich zum ersten Mal eine Mehrheit der Bevölkerung gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem aus.
Als Lösung des Problems zieht nun Karl Weiss gleich ein besonderes Kaninchen aus der Tasche:
Wer jetzt noch nicht gemerkt hat, der Kapitalismus ist nicht „unser“ System, der sitzt immer noch der Gehirnwäsche von Fernsehen, Zeitungen und Magazinen auf. Und viele Menschen begnügen sich nicht mehr damit, das bestehende für schlecht zu erklären, sie suchen auch nach Alternativen. Und da kommt dann immer wieder der gute alte Karl Marx ins Blickfeld. Nicht umsonst hat er bei der großen Umfrage vor einiger Zeit nach dem „bedeutendsten Deutschen“ den zweiten Platz gemacht. Wer weiss, demnächst steht er auf dem ersten.
So ist es mit den Menschen: immer, wenn es nicht mehr weiter geht, suchen sie einen Despoten, der ihnen das heilige Utopia fertig gebacken vor die Füße legt, gerne sind es magische Gestalten, die im unaufhaltsamen mechanischen Lauf der Geschichte quasi von der Vorsehung ausgewählt worden sind, ihre historisch unabwendbare Rolle in der Weltgeschichte zu spielen. Das die Rhetorik von Feudalisten, Nationalisten und Kommunisten da sehr ähnlich ist, verwundert niemanden. Die Diktatur der eigenen Bande ist immer „gut“, die anderen Banden sind immer böse. Dabei scheint Marx mit einfachen Worten laut Wikipedia zu überzeugen:
Klassenherrschaft ist demnach für Marx keine zufällige, sondern eine gesetzmäßige Folge von Ausbeutung. Diese sei aber kein böser Wille der Kapitalisten, sondern ein Zwang: Um auf dem vom Kapital beherrschten Markt konkurrieren zu können, müssen sie lebendige Arbeit, die den Mehrwert produziert, ausbeuten. Die Konkurrenz führe zu immer größerer Kapitalkonzentration (Monopol– und Kartellbildung) und damit zwangsläufig zu Absatzkrisen und Kriegen. Sie zwinge die Kapitaleigner dazu, die Arbeitskosten so gering wie möglich zu halten und den größtmöglichen Profit anzustreben, um diesen in technologische Neuerungen investieren zu können. Dies wiederum führe zu einer immer stärkeren Bewusstwerdung der Notwendigkeit eines Umsturzes. Die sozialistische Revolution ist also nach Marx in den kapitalistischen Strukturen selbst angelegt. Damit erscheint die bürgerliche Gesellschaftsform nicht als moralisch zu verurteilende, sondern als nüchtern zu durchschauende Klassenherrschaftsform. Deren Analyse will die realen Ansatzpunkte zur Umwälzung der Macht- und Besitzverhältnisse erkennbar machen.
Es ist schön und tröstlich, wenn man als Junghegelianer christliche Heilserwartungen als automatischen Mechanismus auf die Geschichte überträgt – was jedoch, wenn Hegel falsch lag, was, wenn Ökonomie nicht alles ist, was das Handeln des Menschen bestimmt und was, wenn der Mensch an sich nicht so edel, gut und gerecht ist, wie er sein müßte, damit Marxismus funktioniert? Dann erleben wir, was wir erleben durften: der real existierende Sozialismus muß seine Bürger einsperren, damit sie nicht weglaufen, die Diktatur des Proletariats erzeugt Elend für alle, damit das Elend des Einzelnen nicht mehr so auffällt. Hebt man die Diktatur des Proletariats auf, blüht … unter anderem der Islam, nach sechzig Jahren Sowjeterziehung ein Phänomen, das viele für unmöglich gehalten haben.
Für Anhänger der marxistischen Theorie ist Geschichte nicht lebendig, sondern ein toter Mechanismus, in dem es keine Freiheit gibt und sich alles mit der Gesetzmäßigkeit von Automaten vollzieht. Aus dieser Perpektive heraus ist Marxismus eine Lehre, die die Leblosigkeit der Welt verabsolutiert und als Dogma tyrannisch in die Massen preßt – obwohl es dazu keine Notwendigkeit gibt. Kommunismus und Religion paßten Jahrtausende lang gut zusammen:
Die beherrschende Produktionsweise der europäisch-vorderasiatischen Antike war die Sklavenhaltergesellschaft, die meist religiös begründet wurde. Ausnahme war im Vorderen Orient nur das frühe, als loserZwölfstämmebund organisierte Israel. Dessen Tora verlangt die regelmäßige Umverteilung des Bodenbesitzes zugunsten der Besitzlosen als Konsequenz des Glaubens an JHWH, den Sklavenbefreier (Lev 25). An dieses Recht erinnerten sozialkritische Propheten Israels bis hin zu Jesus von Nazaret (Lk 4,16 ff.), so dass die Jerusalemer Urgemeinde in Anknüpfung an jüdische Armenfürsorge eine urchristliche Gütergemeinschaft für ihre Mitglieder praktizierte.
Aber was von „den Juden“ kommt ist hierzulande nie gut angekommen – siehe Wikipedia:
Micha Brumlik schreibt unter Verweis auf Marx’ Briefe: „Marx war zeit seines Lebens – zumindest persönlich – ein glühender Antisemit.“ Jedoch fänden sich auch in seinem theoretischen Werk, so vor allem in Zur Judenfrage, antisemitische Thesen.[21]
Nun wird Marx mitlerweile auch sehr von Neoliberalen geschätzt, was manche nicht hindert, ihn bei jeder Gelegenheit als „Erlöser“ aus dem Hut zu zaubern. Was man ganz vergißt ist: der Klassenkampf selber existiert nicht mehr. Seine ökonomische Analyse des 19. Jahrhunderts greift nicht mehr, wenn es Rentenkassen und Versicherungen sind, die Kapitalbildung an vorderster Front betreiben und der idealisierte Herrenmenschentypus des „Proletariers“ einem landesweiten Bettlertum gewichen ist – Menschen, die von Sozialleistungen der Gemeinschaft abhängig sind. War der Arbeiter noch ein Machtfaktor im Wirtschaftsprozess, so gehört er heute als „Arbeitsplatzbesitzer“ auf die andere Seite – die Seite der asozialen Ausbeuter und Egomanen. Seine Diktatur – deren Folgen vielen noch in deutlicher Erinnerung ist – verheißt nicht mehr Glück und Leben als die Diktatur des Kapitals. Die TAZ formuliert dies wie folgt:
Jene am Rand der Gesellschaft sind also angewiesen auf das politisch-solidarische Handeln institutioneller Akteure. Doch auf die war 2010 kein Verlass. Gerade die Gewerkschaften, die anlässlich des Sparprogramms der Bundesregierung einen heißen Herbst angekündigt hatten, haben ihre gesellschaftliche Aufgabe nicht wahrgenommen. Sie sind die Handelsvertreter der von der Bundesregierung vermeintlich verschonten Arbeitsplatzbesitzer.
In der leblosen Welt des Materialismus ist die Mechanisierung der Gesellschaft logische Konsequenz gesellschaftlicher Entwicklung und der Mensch wird zum „Kostenfaktor auf zwei Beinen“. Es ist betrüblich zu sehen, das – liest man die Kommentare zu dem TAZ-Artikel – immer noch Dogmen und Tabus das Denken beherrschen und Gewerkschaftskritik als solche schon gleich einen Platz auf der nachrevolutionären schwarzen Liste besorgt.
Dabei gibt es kein revolutionäres Potential mehr, das der kleinen Elite pseudolinker Führer einen sicheren Posten an den Fleischtöpfen der Maschinenwelt sichert – da gibt es nur noch „Lumpenproletariat“, das sich irgendwie über Wasser halten muß (zitiert bei Wikipedia):
Zu diesem „Auswurf, Abfall, Abhub aller Klassen“ zählte Marx „Vagabunden, entlassene Soldaten, entlassene Zuchthaussträflinge, entlaufene Galeerensklaven, Gauner, Gaukler, Tagediebe, Taschendiebe, Taschenspieler, Spieler, Zuhälter, Bordellhalter, Lastträger, Literaten, Orgeldreher, Lumpensammler, Scherenschleifer, Kesselflicker, Bettler, kurz, die ganze unbestimmte, aufgelöste, hin- und hergeworfene Masse, die die Franzosen la bohème nennen“ (MEW 8, 160f). Im Kommunistischen Manifest beschrieben Marx/Engels die subproletarischen Gruppen als „passive Verfaulung der untersten Schichten der alten Gesellschaft“.
Es ist kaum zu glauben, mit welcher Abscheu hier über Menschen gesprochen wird. Dort, wo der heilige Vollzeitarbeitsplatz abgeschafft wird, werden wir aber alle zu „Lumpenproletariat“ – und man bekommt eine Ahnung davon, das damals schon die Grundlage für den „Prolet-Arier“ geschaffen wurde, der sich von dem National-Arier in seiner Verachtung für Schwächere kaum unterschied. Was Marx früher „Lumpenproletariat“ nannte, nennt man heute „Hartz IV“. Es wird mit der gleichen Verachtung überzogen … und da wundert es nicht mehr, das in Wirklichkeit niemand sich für diese „Schicht“ interessiert, einer Schicht, der man gerne Marx als Opium (oder Karotte) vor die Nase hält. Dabei wartet da auch nur kostenminimierende Lagerhaltung für menschlichen Sondermüll.
Der Ausdruck „Asoziale“ war hauptsächlich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine politisch genutzte Sammelbezeichnung für als minderwertig eingeschätzte Menschen aus der sozialen Unterschicht. Als „Asoziale“ wurden und werden teilweise bis heute insbesondere Bettler, Landstreicher, Obdachlose, Prostituierte, Zuhälter, Fürsorgeempfänger, Suchtkranke (z. B. Alkoholiker), Homosexuelle, Zigeuner und andere Unangepasste bezeichnet. (siehe Wikipedia)
Das Ende des Kapitalismus ist alternativlos – in vielerlei Hinsicht. Einerseits ist er am Ende. Andererseits gibt es keine Alternative, solange man an den Grundparametern des Denkens nichts ändert: die Lagerhaltung von Menschen in Plattenbauten ist die Konsequenz des Materialismus ebenso wie die kostengünstige Herrschaftsform des Absolutismus, wobei es für uns Lumpen einerlei ist, ob dort oben ein König oder ein Generalsekretär diktiert, wie wir unseren Alltag zu gestalten haben.
Sicherlich kann Religion als Nebenwirkung die Eliminierung revolutionären Potentials innehaben. Aber „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“ ist eine ethisch wertvollere Maxime als die Formulierung präfaschistischer Formate wie „Lumpenproletariat“ … eine Sichtweise, die in den Lagern des Dritten Reiches sehr häßliche Nebenwirkungen hatte und im Prinzip bis heute rechte wie linke politische Systeme infiziert.
Politische Utopien, die „Herrenmenschen“ – in welcher Form auch immer – „Untermenschen“ gegenüberstellen, sind niemals mit Menschenrechten kompatibel, auch wenn sie dieselben noch so groß auf ihre Fahnen schreiben. Und wenn es nicht gelingt, konstruktive Alternativen zum Materialismus zu formulieren … dann wird der militante Islam die Alternative sein, die weltweit den dogmatischen Materialismus überwindet.
Demokratie jedoch … bleibt ein Traum aus dem alten Griechenland. Aber die waren ja auch schwul und somit asozial.
Viele Nachrichten flackern heute über den Bildschirm, die meisten beschäftigen sich mit Wikileaks. Da der Inhalt der bislang bekannten Depeschen sich mit meinem Bild der USA deckt, kann ich mir die Lektüre ersparen und erwarte da nichts Neues. Die US-Politik hatte schlimmere Katastrophen folgenlos überstanden – der Überfall auf ein neutrales Land wie den Irak, vorbereitet von einem Schwall von Lügen ist wohl deutlich rufschädigender als die deutsche Kanzlerin als Teflonpfanne zu beschreiben. Währenddessen gibt es andere Nachrichten, die mir sehr nahe gehen, wie die hier bei scharf-links:
Unser Mitstreiter, Jörg G., erhängte sich heute in seiner Wohnung.
Diese Nachricht erschüttert die Mitstreiter und ehrenamtlichen Mitglieder des Sozialen Zentrums Höxter am heutigen 1. Adventtag zu tiefst.
Bei ihm fand die Polizei ein Gedicht über Angela Merkel, Jörg schrieb sehr nachdenkliche und gute Gedichte und er lebte seit längerer Zeit von ALG II. Im Beckmann Haus /Altenheim führte er zur Zeit einen Ein Euro Job durch, wo er zu spüren bekam, das man ihn nicht für voll nahm unter den Kollegen, dabei freute er sich so endlich etwas mehr Geld in der Tasche zu haben… immerzu bewarb er sich, auch im Ausland um endlich eine Arbeit zu bekommen, doch selbst mit 43 Jahren ist man wohl in der Berufswelt schon zu alt und erhält keine Chancen mehr.
Gesellschaftlich war er integriert, konnte aber an vielen Dingen nicht teilnehmen, da Versammlungen in Lokalen durchgeführt wurden in welchen sich ein ALG II ler kein Getränk leisten kann.
Jörg hatte auch viele Freunde und auch in unser Soziales Zentrum kam er oft und regelmäßig, keiner ahnte wie es in ihm ausschaut und er diesen Weg als einzigen Ausweg für sich sah erschüttert uns sehr.
Wieder einmal schlug das Gespenst Hartz IV um sich, und ein junger Mensch ist plötzlich nicht mehr unter uns.
Eine unmenschliche Hartz IV Gesetzgebung treibt viele seit Januar 2005 in den Freitod, wann endlich übernehmen die verantwortlichen Politiker hierfür die Verantwortung?
Wir wissen, das Arbeitslosigkeit krank macht – vor allem (aber nicht nur) psychisch krank. „Psychisch krank“ ist eine stark zunehmende Diagnose für unsere ganze Gesellschaftsform. Manchmal habe ich den Eindruck, das man im politisch verantwortlichen Bereich hier gerne „eingebildete Krankheiten“ vermutet, um die Ernsthaftigkeit der Lage zu kaschieren – was den Betroffenen nicht wirklich hilft. „Psychisch krank“ kann nämlich jederzeit tödlich enden – wie Krebs. „Psychisch krank“ kann bedeuten, das sich die Intelligenz und Tatkraft eine Menschen gegen ihn selbst richtet.
Suizid ist in Deutschland die häufigste nicht natürliche Todesursache. Laut „Pharmazeutischer Zeitung“ waren das im letzten Jahr 9571 Menschen, die sich das Leben genommen haben. Entsprechend einer Studie der UKE ist der Trend in Deutschland insgesamt rückläufig, allerdings zeigen die Autoren auch sehr deutlich auf, woher der Wind weht:
Das Risiko eines Suizids ist bei Menschen mit einer psychischen Erkrankung generell erhöht. Als Gruppen mit im Vergleich zur Gesamtbevölkerung erhöhtem Suizidrisiko gelten besonders Depressive, Alkoholiker, Medikamenten-und Drogenabhängige und Alte und Vereinsamte. Suizidalität hat ein hohes Mortalitätsrisiko: Nachuntersuchungen ergaben, daß ungefähr jeder 5. bis 10. Mensch, der einen Suizidversuch unternommen hat, später durch Suizid stirbt.
Nochmal das Ärzteblatt (sicher kein linksradikales Meinungsmacherblatt) zu den psychischen Folgen von Arbeitslosigkeit:
Arbeitslosigkeit wirkt sich negativ auf die psychosoziale Gesundheit aus. Sie kann unter anderem zu Resignation, Rückzug, vermindertem Selbstwertgefühl, vermehrter Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen, Familien- und Partnerschaftskonflikten, sozialer Isolation, Schlafstörungen, depressiven Störungen, Angsterkrankungen, Suchtmittelkonsum und suizidalen Handlungen führen.
Und was unternimmt nun der Staat in diesem Zusammenhang? Bedroht die Bürger eines demokratischen Rechtsstaates mit Hunger, wenn sie nicht gehorchen. Wenn man im Politikunterricht einer Berufs- oder Hauptschule fragen würde, das denn das für Staaten sind, die ihren Bürgern mit langsamen, qualvollem Tod drohen (selbst wenn sie diese Drohung erstmal nicht wahrmachen), dann wird auch auf diesem nichtakademischen Bildungsniveau das Urteil einhellig sein: SCHURKENSTAATEN.
Das ist die Botschaft, die die Agenda 2010 unters Volk gestreut und die Franz Müntefering nochmal verdeutlicht hat, damit auch ja niemand etwas falsch versteht:
Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.
Viele „Sanktionierte“ im Bereich Hartz IV wissen, das das praktische Konsequenzen hat. Auch die, die noch keine Sanktionen erleben mußten, kennen die Tage, wo fünf Scheiben Brot für die Familie reichen mußten, weil Kosten für Reparaturen alle Rücklagen schlagartig aufgebraucht haben. Zudem kommt auch noch die „fürsorgliche“ Stimmung in der Gesellschaft hinzu, die auch ohne Armut suizidgefährdend sein kann, wie der Suizidforscher Wollersdorf in der wiwo schreibt:
Wolfersdorf: Selbst wenn es den Anschein hat, geht es bei einem Suizid nicht primär um wirtschaftliche Not. Das Entscheidende ist vielmehr der wahrgenommene Ehrverlust. Es gibt Hartz-IV-Empfänger, die sich töten, weil sie keine Weihnachtsgeschenke für ihre Kinder kaufen konnten. Auch bei ihnen spielt nicht der akute Geldmangel die zentrale Rolle, sondern das Gefühl persönlichen Versagens.
Für Hartz-Abhängige ist der Alltag schon Kampf genug – Kampf um Überleben gegen die Gesellschaft, die sie umgibt … und gegen sich selbst, die eigenen Ansprüche, Ideale, das eigene Selbstbild. Mit Hartz IV in einem der reichsten Länder der Welt zu überleben, trotz der Verachtung, der Geringschätzung und des teilweise unverhohlenen Hasses, der einem entgegengebracht wird, ist eine Leistung. Eine sehr große psychische Leistung, eine Leistung die alle Kräfte der Selbstmotivation, des Überlebenswillens und der Selbstdisziplin beansprucht. Aus der Perspektive heraus ist es jedoch nicht verwunderlich, das man keine Kräfte mehr übrig hat, um sich dem Erwerbsleben zuzuwenden. Insofern sind die „Sozialhilfekarrieren“ von Politik, Medien und Gesellschaft selbst geschaffen, weil hier – aus medizinisch-psychologischer Sicht – systematisch menschliche Wracks gezüchtet werden, damit man auf der anderen Seite Ressourcen zur Millionärspflege übrig hat.
Die Zusammenhänge sind logisch, plausibel … und trotzdem wundern sich manche Kreise, das die Masse der Hartz IV-Abhängigen nicht die Revolution ausruft. Der „heiße Herbst“ der Gewerkschaften ist deshalb – laut Martin Behrsing bei scharf links – einfach ausgefallen:
Am 26. November das „Sparpaket stoppen! Bundestag belagern!“, so lautete der Aufruf des Berliner Bündnisses „Wir zahlen nicht für Eure Krise“. Die Absicht: Am letzten Tag der Haushalteberatungen in die Bannmeile des Bundestags einzudringen und den Abgeordneten rote Karten für ihre höchst unsozialen Kürzungen zu Lasten von ausschließlich armen Menschen zu zeigen, während die Profiteure der Krise weiterhin belohnt werden. Doch dazu kam es nicht.
Nun, zumindestens weiß ich jetzt, welch´ tolles Ereignis hier stattfinden sollte. Seit Monaten jubeln hier ja Einzelne herum, das die Erlösung dicht vor der Tür steht. Mir ist dieses falsche Spiel mit menschlichen Hoffnungen zutiefst zuwieder, ebenso wie der Mißbrauch menschlichen Elends zur Beförderung der eigenen politischen Karrieren. „Keiner von uns ahnte, wie es in ihm ausschaute“ … und es interessiert doch auch wirklich niemanden, wie es in bei den Betroffenen ausschaut, oder? Darum träumt man monatelang von der Weltrevolution, phantasiert sich jubelnde Massen von Sozialstaatsrettern herbei anstatt sich mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Niemand wäre im dritten Reich auf die Idee gekommen, eine Revolte gegen das System auf den Schultern von KZ-Insassen zu veranstalten. Bei diesem Vergleich wird jedem klar, das es Unsinn wäre. Kaum jemand nimmt die soziale Lage von Hartz IV-Abhängigen so ernst, das er die Paralellen sehen könnte – oder wollte. Wer arbeitslos ist und Hartz IV bezieht, ist Leibeigener einer staatlichen Behörde – per Gesetz. Er hat Hausarrest und muß telefonisch jederzeit erreichbar sein. Viele sind alleinerziehend und schon deshalb ans Haus gebunden. Und alle wissen genau, das jeden Tag der Kürzungsbescheid ins Haus flattern kann, das man der Willkür manchmal sicher auch völlig inkompetenter Sachbearbeiter völlig ausgeliefert ist.
Anders als bei KZ-Insassen kann der unerträgliche Zustand aber ganz leicht geändert werden … einfach durch ARBEIT. ARBEIT macht nämlich wieder FREI, diesmal wirklich. Im Prinzip (und ich möchte hier auf PRINZIP verweisen) sitzen Hartz-Abhängige im ihrem eigenen Privat-KZ. Nicht im Vernichtungslager, sondern in jener Anstalt, die geschaffen worden ist, um ihnen Gelegenheit zu geben, sich auf ihre Pflichten zu konzentrieren: alle Arbeitskraft zu geben zum Wohle der Rendite ohne ständiges Schielen auf Bürger- und Menschenrechte.
Proteste gegen Stuttgart 21 und Gorleben sind Proteste, die auch von Rentern und Investmentbankern getragen werden können. Wer will schon wirklich mehr Steuern zahlen für die Bausünden der Politiker … oder über einem Endlager wohnen? Ich verstehe kaum, wie man sich da Hoffnungen machen konnte, diese Mengen (so viele sind es nun eigentlich auch nicht, nebenbei bemerkt) auch für die soziale Frage in Deutschland zu mobilisieren. Darüber macht sich nun Martin Behrsing Gedanken:
Es scheint, das Auslassen der sozialen Frage ist eine psychologische Abwehrhaltung, um der Angst gegen den Verlust der eigenen Klasse zu begegnen. Mithin scheinen die Verleugnungen der realen Armut von vielen Vertretern der bürgerlichen intellektuellen Schicht erklärbar und erklärt auch, warum es sozialen Bewegungen kaum gelingt, nennenswerten Protest zu mobilisieren. Deklassierte resignieren eher als sich zu wehren. Es kommt somit drauf an, in wie weit es den sozialen Bewegungen gelingen kann, exponierte Vertreter der bürgerlichen Mitte für das Anliegen der Deklassierten zu gewinnen, um die soziale Frage als das solidarisch verbindende Element weiter Teile unser Gesellschaft in den Vordergrund zu rücken, ohne sich von der bürgerlichen Mitte vereinnahmen zu lassen.
Vielleicht käme es einfach auch mal darauf an, die Deklassierten nicht selbst noch zusätzlich zu Deklassieren. Wie oft begegnet man denn in der Bewegung für ein soziales Deutschland alternden Betonkommunisten und wüste Egomanen, die nichts weiter im Sinn haben, als zu versuchen, die Menschen für ihre eigenen Zwecke zu mißbrauchen? Wäre es die Kirche, die nur dann Hilfe leistet, wenn die Schäflein auch brav zurück zum HERRN findet, wäre die die Empörung groß, heißt der HERR aber Marx, ist alles in Ordnung? Glaubt man wirklich, das Hartz-Abhängige wirklich nur blödes (ausrangiertes) Nutzvieh sind, bloß weil sie von der Gesellschaft so behandelt werden? Einfacher – und ehrenvoller, würdiger – anstatt immer wieder neuen Fähnchen hinterherzurennen (seien sie nun theistisch oder atheistisch, links oder rechts) ist es für den sozial Deklassierten, einfach arbeiten zu gehen. Das gibt ihm Würde wieder, das rettet sein Selbstwertgefühl – und wird sogar noch bezahlt. Und die Hoffnung, bald wieder Arbeit zu bekommen, hat die Mehrheit der Deklassierten (und die Mehrheit rutscht zwischendurch ja auch immer wieder hinein) – und die Zeit bis zu dem Eintritt in dieses Paradies kann man mit Fernsehen auch bei trocken Brot gut überstehen. Und das ist die Realisierung des Prinzips: „ARBEIT MACHT FREI“.
Und ist das Prinzip erstmal installiert, die Qualität akzeptiert, ist die Dimension der Ausformung des Prinzips eine Frage von kaum steuerbaren Zufälligkeiten, da ist der Schritt zur Lagerbildung und Vernichtung unwerten Lebens nicht mehr weit – und im Prinzip schon als möglich gedacht. Völkermord beginnt immer im Kopf – und dort bei der Akzeptanz von ganz einfachen Prinzipien, deren geschichtliches Ausleben in Folge tödliche Konsequenzen haben kann, wenn das Geld mal ausgeht, wie es zum Beispiel werden kann, wenn wir wirklich dreitausend Milliarden Euro brauchen, um die Folgen der EU-Krise zu bewältigen, wie die Berliner Umschau berichtet – was nebenbei auch den Vertrauensverlust der Märkte erkärt, die laut Welt langsam auch die deutsche Kreditwürdigkeit anzweifeln.
Möglicherweise sollten die Vertreter der sozialen Bewegungen, die nun exponierte Vertreter der bürgerlichen Mitte gewinnen wollen und sich über die Leugnung der Armut durch Vertreter des intellektuellen Bürgertums beschweren, mal überlegen, das es gerade Vertreter waren, die uns das Elend eingebrockt haben. Volksvertreter, Wirtschaftsvertreter, Parteivertreter, Gewerkschaftsvertreter, Bankenvertreter und was da sonst noch so alles kreucht und fleucht.
Dann versteht man vielleicht auch, warum man auf einmal anstatt eines heißen Herbstes einen kalten Winter erlebt, indem man ziemlich allein auf der Straße steht und niemanden mehr hat, den man herumkommandieren kann.
Und die Vorstellung, das man den tobenden weltumspannenden Gewalten der Globalisierung (bzw … seien wir ehrlich … der Amerikanisierung) Einhalt gebieten kann indem man einfach mal eine Demonstration in Berlin macht, enthüllt ein Ausmaß an politischer Naivität, die einfach nur Angst macht … aber nicht gerade zum Mitmachen einlädt – mal ganz abgesehen davon, das die Bewegung eine eigene Form von Grausamkeit transportiert:
„Alles könnte anders sein, wenn wir nur mehr demonstrieren“ verlangt von den Menschen nicht sonderlich viel mehr selbst vorgenommene Deformation der eigenen alltäglich erlebten Wirklichkeit als der Satz „es gibt Arbeit für alle!“, der heimlich über jeder ARGE schwebt und ihre Existenzberechtigung darstellt.
„Wer zahlt, befiehlt“ … ist eher die Realität, die sie erleben, einer Realität, der sich auch jeder Politiker jeden Tag beugt. Warum sollten die Bürger da anderer Meinung sein …
Deutschland atmet auf: laut Spiegel wird wieder GELD verteilt:
Die Besitzer von Dax-Aktien können sich freuen: Laut einem Zeitungsbericht werden die 30 größten börsennotierten Konzerne Deutschlands im Frühjahr insgesamt 25 Milliarden Euro Dividende ausschütten. Damit ist der Rekordwert aus dem Boomjahr 2007 schon fast wieder erreicht.
So eine Botschaft ist zu diesem Zeitpunkt gern gesehen. Weihnachten steht vor der Tür … und da kriegen laut Manager-Magazin nicht nur Kinder leuchtende Augen:
Der Einzelhandel setzt im Weihnachtsgeschäft voll auf Menschen mit hohem Einkommen. Offenbar zu Recht: Kauflustige Gutverdiener könnten die ganze Branche für die Entbehrungen vergangener Jahre entschädigen, erwarten Experten. Die Vorlieben Gutsituierter spielen manchen Branchen besonders in die Hände.
Die Zahl der Menschen, die von diesem Wohlstand profitieren, steigt ständig. Es gibt immer mehr Menschen, die immer mehr Geld haben und immer mehr Menschen, die immer weniger haben, aber über die … reden wir nicht. Jedenfalls meint dies Hubertus Heil von der SPD in der Welt:
Heil: Ende 2010 müssen wir nicht mehr über die Agenda 2010 diskutieren, sondern müssen das kommende Jahrzehnt in den Blick nehmen. Wenn wir richtig handeln, kann Deutschland bis 2020 Vollbeschäftigung erreichen. Ich halte es für möglich, dass wir in fünf Jahren weniger als eine Million Arbeitslose haben.
Ein ungeahnter Wohlstand bricht über uns herein … über manche von uns. Erinnert irgendwie an den Katholizismus, der seinen Freunden auch immer ein paar Heilige vorgeführt hat, die jetzt schon da sind, wo wir alle mal hinkommen werden. Das Prinzip ist immer dasselbe: in der Zukunft machen wir für euch alles heil.
Katholizismus ist eine Strömung, die deutlich zunimmt, ebenso wie auch der Islam. Kommunismus, ein weiterer Kandidat von „in Zukunft machen wir alles heil“, verabschiedet sich gerade. Wenn man Materialismus predigt, sollte man auch genug produzieren können, um sich viele Leute mit Geschenken kaufen zu können – so haben die Kolonisatoren auch Fuß gefaßt – mit Glasperlen. Deshalb siegte die kapitalistische Strömung des Materialismus über die kommunistische Strömung – schlichtweg einfach durch Korruption. Man kauft einfach ganze Volksschichten sowie alle Funktionseliten und schon hat man die Kontrolle.
Viele freuen sich ja, das der Kommunismus tot ist. Soll ja nicht so lustig gewesen sein, in dem real existierenden Sozialismus. Gab halt keine Glasperlen … und deshalb lief das Volk in Scharen davon, sobald es die Gelegenheit hatte. Das Volk will Brot und Spiele – jedenfalls in Zeiten spätrömischer Dekadenz. Dabei müßte jedem klar sein, der den demokratischen Ansatz bis zum Ende durchdenkt, das die ideale Demokratie sich vom Utopia des Kommunismus kaum unterscheiden kann – ohne wirtschaftliche Souveränität des Individuums nützt ihm die politische Souveränität wenig … was der Bürger tagtäglich erleben kann. Wer zahlt, befiehlt ist ein geflügeltes Wort, das sogar bei medizinischen Studien Gültigkeit hat … obwohl dort Menschenleben auf dem Spiel stehen.
Insofern bedeutet das Ende der Utopie des Kommunismus (der sich übrigens auch kaum von einer idealen urchristlichen Gesellschaftsform unterscheiden dürfte) auch das Ende der Utopie der Demokratie, die nicht stirbt, weil die Menschen davon überzeugt sind, das die Idee doof war, sondern, weil sie den Sinn dahinter nicht mehr sehen.
Insofern nützt auch es nichts, wenn man dem Volk noch so viel wirtschaftliche Vernunft um die Ohren haut, wie es das Handelsblatt versucht:
Fast eine Billion Euro an Vermögen haben deutsche Unternehmen seit 2003 im Ausland angehäuft. Die Hälfte davon hat sich verflüchtigt
Über Jahrzehnte haben die deutschen Unternehmen das gemacht, was ihre Aufgabe ist: Sie haben zusätzlich zu ihren einbehaltenen Gewinnen Finanzmittel aufgenommen für die Realkapitalbildung, ihre Netto-Investitionen waren immer höher als ihr Sparen, sie hatten daher ein Finanzierungsdefizit.
Das änderte sich ab 2003: Die Gewinne der Unternehmen stiegen deutlich an, in erster Linie als Folge sinkender Reallöhne. Statt ihre Investitionen zumindest in gleichem Maß zu erhöhen, akkumulierten die Unternehmen Finanzkapital: Sechs Jahre in Folge haben sie nun schon Finanzierungsüberschüsse. Diese legten sie primär in Form von Bankeinlagen, Aktien und Finanzderivaten an.
In aller Öffentlichkeit kann man die Ausplünderung der deutschen Wirtschaft im Detail darlegen, kann aufzeigen, das dieses Land keine Zukunft mehr haben kann, wenn es so weiterläuft und das Vermögen im Ausland einfach verbrannt wird … es ändert nichts.
Ähnlich müssen sich die Dorfältesten der Indianer gefühlt haben, als sie dem Dorf versucht haben klar zu machen, was geschieht, wenn man dem weißen Mann seine Jagdgründe für Glasperlen verkauft.
Unsere Glasperlen sind Plasmafernseher, I-Pods und Autos … was uns auf die Idee bringen darf, das wir für irgendjemanden Indianer sind, die man mit Glasperlen besticht.
Es ist somit auch eigentlich nicht der Kapitalismus, der seinen Siegeszug angetreten hat. Der Kapitalismus als solcher mag so marode und voller Systemfehler sein wie Marx es prophezeit hat und deshalb regelmäßig von selbst zusammenbrechen. Hinter dem Kapitalismus steckt jedoch der Materialismus – und in dem der Kommunismus ebenfalls dem Materialismus huldigt, hat er ihm zusätzlich Macht gegeben.
Der Materialismus hat aber keinen Platz für Ideale. Und denkt man den Materialismus weiter, so ist ihm in seinem Utopia eine Welt voller seelenloser Maschinen wohl lieber als eine Welt voller glücklicher individueller Menschen. Wenn Mitleid, Nächstenliebe, ja – Liebe überhaupt – nur (Fehl)Funktionen des Gehirns sind, gibt es keinen Grund mehr, unnütze Esser an der politischen Entscheidungsfindung zu beteiligen, noch macht es irgendeinen Sinn, unnütze Esser überhaupt am Leben zu erhalten. Insofern ist Ausschwitz als Symbol ein Sinnbild für die Zukunft der Menschheit jenseits der Demokratie – aus der einfachen und im Übrigen strikt vernünftigen notwendigen Lösung des Problems, wie man unnötiges Menschenmaterial kostengünstig entsorgt, ohne sie einfach verdursten und erfrieren zu lassen (was eventuell auch teurer wird, wenn man die Bewachungskosten mit einrechnet).
Und insofern ist Weihnachten, wie wir es feiern und verstehen, das Fest des Triumphes des Materialismus über alle Ideale und über alle Menschlichkeit. Dort feiern wir seine Gaben, sein Paradies und seine Heilsversprechungen…..und darum sind wohl Weihnachstfeiern für sensible Menschen so ekelerregend, denn gleichzeitig feiern wird dort … den Tod der Liebe in der Welt.
Das aber Kinder und Demokratie immer mehr schwinden, sollte einen da nicht mehr wundern – beide brauchen die Liebe der Menschen zu ihnen.
Andererseits sollte einen das Erstarken des einst totgesagten Islam in den ehemaligen Ländern der Sowjetunion nicht sonderlich irritieren – durch den Verrat an dem Idealismus, durch die unheilige (und unnötige) Allianz von Kommunismus und Materialismus wurde Kommunismus zu einem ausführenden Organ und hat selbst keine liebenswerte Substanz mehr gehabt … denn die Liebe zur Arbeiterklasse, die Liebe zu Idealen von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit ist ein unverzichtbares Motivationsmoment, um sich mit seinem ganzen Leben in den Kampf für diese Ideale zu stürzen.
Wo aber diese Liebe nicht mehr vorhanden ist, triumphieren die Glasperlen – wie bei allen anderen normalen Menschen auch. Deshalb triumphiert Disney über Marx … bei Disney ist einfach mehr Zauber (Liebe, wenn man so will) drin. Und darum sind Kommunisten so hilflos angesichts des Untergangs ihrer Ideale.
Die Menschen selbst handeln ebenfalls strikt vernünftig. Wie Kant in seiner Kritik der praktischen Vernunft detalliert bewiesen hat, gibt es ohne Gott keinen vernünftigen Grund zum moralischen Handeln. Ist Gott also tot (eigentlich DIE Kernbotschaft des in diesem Moment an sich selbst religiösen Materialismus), können die Öfen ungehindert lodern.
Das alles ist natürlich nicht zu kritisieren, denn der Mensch ist ein freies Wesen und darf sich die Welt, in der er leben möchte, nach freien Stücken frei entwerfen. Das wir das können, erleben wir jeden Tag … sofern finanzieller Mangel (oder unser Chef und seine Ansprüche an uns) nicht gerade unsere Freiheit Grenzen setzt.
Was den pingeligen Eifelphilosophen da stört, ist eher die falsche Begrifflichkeit, in der sich die Menschheit bewegt. Wenn sie um das goldene Kalb tanzen wollen, dann sollen sie ein goldenes Kalb anbeten und keine christliche Weihnacht feiern. Sollen sie offen und bewußt ihre Liebe auf dem Götzenaltar des Baals opfern und ihre Kinder zum Zwecke der Renditesteigerung seiner Feuerrutsche übergeben ( im Kampf gegen diese Form von Religion hat sich, nebenbei bemerkt, dereinst das Judentum herausgebildet) denn dann bin ich mir auch sicher, das sie genau wissen, was sie für ihren Fernseher, ihr Handy und ihren I-Pod eigentlich opfern.
Und dann … darf ich die stärkste Religion der Welt, den Katholizismus, gezielt fragen, was sie denn gegen diesen weltweiten, die göttliche Schöpfung in ihrer Substanz direkt angreifenden und vernichtenden Teufelskult (der im Bohemian Grove einen interessanten Kumulationspunkt hat) zu tun gedenkt bzw. warum sie diesem Treiben so tatenlos zusieht. Nicht das ich eine Antwort erwarte (die bekommen wir gerade zur großen Beunruhigung des Konzernkapitals aus dem islamischen Raum), aber ich hätte dann das Recht, die Frage zu stellen, wieso wir das größte Artensterben seit 65 Millionen Jahren als gottgewollten Fortschritt deuten sollen. Den Materialismus brauche ich da nicht fragen, ihn interessieren „Arten“ nicht. Ein Erdball aus grauem Matsch, wie ihn manche als logisches Ende der technischen Entwicklung voraussagen, wäre ihm auch recht, da er mit Ästhetik, der Freude an Formen (oder Klängen, Gefühlen, Gerüchen) auch nichts am Hut hat.
Wenn man nicht Teil der „Gamer“-Szene ist, reagiert man wohl verblüffent auf die Nachricht, das ein Spiel alle Entertainmentrekorde geschlagen hat:
So erfolgreich war kein Spiel, kein Film und kein Buch je zuvor: Das neue „Call of Duty“ hat alle Verkaufsrekorde gebrochen – trotz herber Kritik.
So jedenfalls die „Welt“.
Da fliegen Gewehrkugeln zu Rockmusik in den Kopf eines Vietnamesen, Blut spritzt, Kehlen müssen durchgeschnitten werden. Zudem vertritt das Spiel einen knüppelharten konservativen Militarismus, der Spieler muss etwa Kuba infiltrieren und die geheimsten Methoden der USA zur Zeit des Kalten Krieges bedenkenlos unterstützen.
Kein Wunder, das dieses Spiel sogar politische Folgen hat:
Bei „Black Ops“ (der Name bezeichnet verdeckte Operationen kleiner Spezialeinheiten) geht die Kritik neue, verstörende Wege. So hat Kuba sich bitter über das Spiel beschwert. Dort ist eine lange Szene des Spiels angesiedelt: Der Spieler muss noch vor der Zeit der (echten) gescheiterten Invasion in die Schweinebucht, es ist 1961, man soll den noch jungen Revolutionsführers Fidel Castro umbringen.
Die kubanischen Medien erregten sich ungewöhnlich. Das Spiel sei „doppelt pervers“, indem es Attentate glorifiziere und bei Kindern und Heranwachsenden in Nordamerika „soziopathische Haltungen“ fördere. Was die USA in 50 Jahren nicht geschafft hätten, werde nun virtuell versucht, hieß es auf der staatlichen Website Cubadebate.
Ob solche Spiele soziopathische Haltungen fördern und dazu führen, das man seinen Nachbarn erschießt, ist umstritten. Aber etwas anderes kommt in den Fokus der Öffentlichkeit, obwohl es doch verpönt ist, darüber überhaupt nur nachzudenken:
Der Vorteil der sogenannten Black Operations: Der ausführende Staat hat die Möglichkeit, jedwede Beteiligung an den Missionen zu leugnen.
Das ist natürlich schön für den Staat, der den Auftrag gibt – und schlecht für alle, die bei der Ausführung des Auftrags im Wege steht. „Black Ops“ sind die Mutter aller Verschwörungstheorien, gäbe es sie nicht, so würde auch niemand auf die Idee kommen, das bei nine-eleven was ganz falsch gelaufen ist. Unter „Black Ops“ laufen jene Killer – auch „Schakale“ genannt – die die Welt laut John Perkins für die Interessen der Konzerne gefügig schießen. Globalisierung heißt letztlich Amerikanisierung – und das heißt wiederum Weltherrschaft der Korporatokratie. Im Kampf gegen das Böse sind alle Mittel recht. Russen, Kubaner, Vietnamesen … alles laufende Zielscheiben. Nun – vorher waren es Deutsche.
„There is a Soldier in all of us“ – so lautet ein Trailer der offiziellen Webseite des Spiels. Brave Bürger ballern dort herum was das Zeug hält – ich persönlich fand die Bilder verstörender als die „echten“ Bilder aus dem Spiel. Sie erinnerten mit an Erfurt oder Winnenden.
Was macht so ein Spiel so erfolgreich? Was fasziniert Spieler? Was ist aus der Debatte geworden, das alle Soldaten Mörder sind – und darf man auch mal die Kollateralschäden nach ihrer Meinung zu dem Satz fragen?
Die Jagd auf Menschen – so ein hartnäckiges Gerücht – soll ja spannend sein, der Jagd- und Sammeltrieb bei Menschen sehr ausgeprägt sein. Das sieht man ja täglich bei Aldi, Lidl und E-Bay, so das man solche Spiele zum Ausleben der Triebe eigentlich nicht braucht – shoppen ist wohl im Prinzip kaum was anderes.
Überraschenderweise fand ich einen Hinweis auf Videospiele in einem Merkblatt zur Traumatherapie – also exakt jener Therapie, die eingesetzt wird, um Soldaten mit Kriegstraumata zu behandeln. Hier wird darauf hingewiesen, das Videospiele „geschützte Räume“ schaffen, Räume, die man anders als Fernsehen komplett steuern und bestimmen kann (falls der Schwierigkeitsgrad nicht zu hoch ist).
Ich weiß nicht, ob „Call of Duty: Black Ops“ für die Traumatherapie geeignet ist – aber die Sicht der Traumatherapie eröffnet eine neue Perspektive auf die Motivation der Spieler. Es gibt nicht nur einen „geschützten Raum“ zwischen Bildschirm und Spieler, innerhalb dieses Raumes ist jeder sehr wehrhaft. Wovor der Raum schützt?
Vor der Wirklichkeit, die über einem hereinbricht, vor dem Zusammenbrechen der sozialen Strukturen der Realität, einem Zusammenbruch, dem man scheinbar hilflos gegenübersteht – hier eine aktuelle Entwicklung aus England, von der die „Zeit“ berichtet:
Parallel zu den Einschnitten soll die Höchstgrenze für Studiengebühren steigen, von derzeit 3290 auf bis zu 9000 Pfund im Jahr, über 10.000 Euro. Staatliche Kredite helfen dabei, die Studiengebühren und Lebenshaltungskosten zu finanzieren.
So etwas bedeutet wohl den Tod der Geisteswissenschaften, mit einer Zunahme von Verblödung und Verrohung ist zu rechnen.
Man denkt unwillkürlich an Marx und seinen durch Feuerbach inspirierten Satz: „die Religion ist Opium fürs Volk“, wenn man an die Wirkung der Videospiele in diesem Zusammenhang denkt, könnte man den Satz auch auf diese Spiele ummüntzen. Dabei ist es wohl auch gerade die Erfahrung mit linker Politik, mit dem, was aus der Revolution geworden ist, die die Menschen in geschützte Räume treibt: aus der Leibeigenschaft für den Adeligen ist die Arbeitspflicht fürs Kollektiv geworden – was im Endeffekt für den Menschen auf das Gleiche hinausläuft: er soll umsonst arbeiten, damit andere das Leben genießen können. Mit der Agenda 2010 zeigte die Demokratie, das auch sie einen großen Hunger auf Gratisarbeit ihrer Mitglieder hat – der Praktikumswahn zeigte ein Übriges.
Machtstrukturen sind heute andere als zu Zeiten von Karl Marx. Heute bestimmen „Black Ops“ die Politik – und man erfährt nur von ihnen, wenn sie völlig aus dem Ruder laufen. Aufklärung ist unerwünscht – die Tatsache, das Kennedy nach neuesten ballistischen Untersuchungen von zwei Schützen unter Feuer genommen wurde, zeigt, das die amtliche Einzeltätertheorie falsch ist, was aber wirklich geschehen ist, interessiert keinen mehr … ebenso bei nine-eleven.
Macht man die Nachrichten an, wird man überschüttet mit Lügen und Irrationalitäten. Morgens braucht Irland Geld, mittags braucht es kein Geld um abends dann sehr viel Geld zu brauchen. Millionen Arbeitslose stehen auf der Straße, wir müssen aber alle länger unseren Arbeitsplatz besetzen, damit die für sich ja keine Rentenansprüche erwerben. Arbeitslosigkeit und Zweifel an Regierungsmythen werden fast zu Straftaten, auf jeden Fall wird beides gesamtgesellschaftlich mit Verachtung gestraft – wobei als Nebenwirkung Menschlichkeit und die Tradition der Aufklärung auf der Strecke bleiben.
Und da soll ich junge Menschen verurteilen, die sich in ihren vier Wänden verbarrikadieren und sich einen therapeutisch wirksamen „sicheren Raum“ schaffen, um den alltäglichen Wahnsinn besser ertragen zu können? Wäre mal spannend, zu untersuchen, ob „Gamer“ weniger an Depressionen leiden als TV-Konsumenten. Ich schätze mal … eher nicht.
Politische Bewegungen, die die Mobilisierbarkeit der Massen als Lebensgrundlage brauchen, stehen solchen Entwicklungen wahrscheinlich feindlich gegenüber wie Marx der Religion, denn motivierbar ist da nicht mehr viel. Jedoch sollte man – so meine Meinung – berücksichtigen, warum nicht. Alle Träume von der proletarischen Revolution im 21. Jahrhundert scheitern letztlich … an der Möglichkeit des nuklearen Holocaust. Die Atombombe bedeutet für Politik, was Hartz IV für den Arbeitsmarkt bedeutet. Weit vorher aber befindet sich der Normalbürger – weit entfernt, sich selbst der Kaste der Proletarier zuzurechnen – in einer nie dagewesenen Abhängigkeit, die gleichzeitig mit einer luxuriösen Vollversorgung einhergeht – gemessen am Weltdurchschnitt. Der duldsame Deutsche bekommt da zwar wie üblich weniger und aber fühlt sich dennoch wie ein Ackermann.
Unsere ganze Nahrungsmittelversorgung ist in der Hand einiger weniger Menschen. Unsere Medien sind in der Hand einiger weniger Menschen. Unsere Technik läuft nur dank einiger weniger Spezialisten. Der Korporatokratie braucht nicht mehr den Gemeindebüttel als Steuereintreiber durch die Gegend schicken, Geld wird heute viel eleganter per Knopfdruck erbeutet. Somit erübrigen sich auch die Feuergefechte an den Barrikaden mit den Gemeindebütteln, die Infrastruktur hat sich soweit geändert, das unsere Bauern ohne EU-Subventionen verhungern würden.
Die Menschen hängen am Tropf … und das ist eine häßliche Erfahrung. Einen Monat lang die Bankschalter zumachen und der Hunger besorgt den Rest. Diese Abhängigkeit ist vielen Menschen bewußt … und eine Form, die man aus einer gewissen Perspektive auch Luxussklaverei nennen könnte. Woher da nun das Vertrauen auf die Machbarkeit des großen Volksaufstandes kommen sollte, bleibt mir ein Rätsel, zumal das regelmäßige Spiel mit den nuklearen Muskeln des Mutterlandes der Korporatokratie, des Konzernterrors, in den Medien immer dann zu beobachten ist, wenn die realen „Black Ops“ mal wieder versagt haben.
Da scheint es mir sinnvoller zu sein, sich in einen sicheren Raum zurückzuziehen, der auch vor den Auswirkungen der Konzernpropaganda schützt, bis der Sturm vorüber ist und man sieht, was übrig geblieben ist. War es nicht Mao, der meinte, das der Revolutionär aus China sich zurückzieht, wenn der Sturm kommt, wie das Gras das vom Wind gebeugt wird – anders als die deutsche Eiche, die sich ihm in den Weg stellt und gebrochen wird?
Worin der Sturm besteht?
Im fortschreitenden Umbau der Gesellschaft zur Anpassung an Konzernansprüche – zum Beispiel zur Finanzierung der Spekulationsverluste der Finanzspielereien und zur gezielten Züchtung einer Millionärs-Herrenmenschenkaste. Was da letztlich für eine Gesellschaft auf uns wartet, kann ich nicht sagen, die Prognosen sind da uneinheitlich. Womit man jedoch sicher rechnen kann ist viel mehr Arbeit für viel weniger Geld, soviel Prophezeiung wage ich mal. Und Spieleverbot für Arbeitslose … die laut Spiegel den Strom schon jetzt schon nicht bezahlen können:
Hunderte Stromanbieter erhöhen die Preise – jetzt zeigt eine neue Statistik: Für Arbeitslose wird das besonders teuer. Sie müssen viel mehr für Energie zahlen, als im Hartz-IV-Regelsatz vorgesehen ist.
Dabei könnten die den sicheren Schutzraum sicher gut gebrauchen.
Und das das Versenken in Videospiele eine Form des Widerstandes sein kann, eines Widerstandes gegen ein reales Leben, das seine Reize, seinen Sinn, seine optimistischen Zukunftsperspektiven und Utopien verloren hat und dem Individuum nur noch einen Platz als Nutzvieh bereithält (bei allerdings angemessener Pflege), ist eine Perspektive, die sich wohl ebenso durchsetzen muß wie jene, das Videospiele auch Kunst sein können.
Weltflucht – kann auch Widerstand sein … und ärgert in erster Linie jene, die als selbsternannte oder staatliche bezahlte (Gefängnis)Wärter darauf achten, das niemand aus der Reihe tanzt und alle Mitglied der Partei sein – welcher auch immer ist fast schon egal. Hauptsache, man bleibt unter Aufsicht.
Erst kürzlich waren ja die Grünen als „Trittbrettfahrer“ ausgemacht. Trittbrettfahrer der Demonstrationen von Gorleben. Zu der Zeit, als sie an Bombenteppichen in Serbien und Sozialabbau in Deutschland sowie der Errichtung eines unwürdigen flächendeckenden und kostenintensiven Kontrollsystems für Arbeitslose (an dem sie auch in Zukunft festhalten wollen) gearbeitet haben, hatten sie sich ja aus Gorleben zurückgezogen, staatstragende Steuergeldempfänger tun so etwas nicht.
Dabei ist Trittbrettfahrerei doch bei allen Parteien ein beliebter Sport … und nicht nur bei Parteien. Man nennt es: „Themen besetzen“. Das Thema selbst, das Problem, das durch das Thema beschrieben wird, ist uninteressant, wichtig ist nur: wie bringt es die Partei, die Kirche, die Gewerkschaft, den Verein, die Organisation nach vorne … zu mehr Einnahmen, mehr Macht, mehr Einfluß.
Besonders schlimm ist dieser Effekt bei Krisen, wie zum Beispiel der momentanen Wirtschaftskrise. Wie der Kaspar aus der Schachtel tauchen dann aus allen Ecken und Enden Welterlöser und Heilande auf, deren Partei/Organisation/Kirche/Verein es immer schon gesagt hat und die Lösung der Krise im Handumdrehen bewältigen würde … wenn man sie nur ließe. Meistens schleppen sie gleichzeitig immer einen ganzen Forderungskatalog mit sich herum, der dem Bürger schon vor der Regierungsübernahme vorschreibt, was er jetzt alles zu tun hat: welche Themen noch für ihn wichtig sein müssen, welche Meinungen sich für ihn noch ergeben, wenn er sich dieser Themen annimmt, welche Demonstrationen jetzt Pflicht sind und welche Kleidung/Buttons/Transparente man jetzt dazu trägt.
Für die Problemlösung leisten diese Elemente eigentlich nichts – aber für ihr eigenes Fortkommen viel. Insgesamt sind sie deshalb enorm schädlich, weil sie Energien, die der Körper zur Problembewältigung braucht, für sich selbst in Anspruch nehmen – vergleichbar mit einem menschlichen Körper, der eine Infektion am Handgelenk hat, dessen Immunabwehr sich aber auf die Niere konzentriert.
Als Philosoph traut man sich kaum noch, Themen anzurühren, weil man vorher gar nicht weiß, wer die schon alle für sich besetzt hat und welche Folgen sich für einen ergeben, wenn man seine Meinung dazu sagt. Nehmen wir mal als Beispiel die Schlaganfalltherapie, die heute in der ZEIT von sich reden macht:
Erstmals haben Wissenschaftler einem Schlaganfall-Patienten aus einem Fötus gewonnene Stammzellen ins Gehirn eingesetzt. Ob dadurch neue Hirnzellen wachsen, ist ungewiss.
Ein enormer Fortschritt für die Wissenschaft, will man meinen. Trotzdem regt sich der Brechreiz. Frankenstein ist im Prinzip Wirklichkeit geworden … man arbeitet mit Leichenteilen, hier noch besonders brisant: man arbeitet mit Menschen, die vorher getötet wurden. Die Zellen stammen von einem abgetriebenen Menschen. Auch dieses Thema ist schon besetzt. Abtreibung ist ein schwieriges Thema, erst recht in der Philosophie – man kann kaum anders als dagegen sein … und wenn man den Einzelfall vor Augen hat und aus der Sicht der Frau schaut … dann kann man kaum anders als dafür sein.
Im Prinzip – und darum geht es der Philosophie in erster Linie – ist Abtreibung aber immer brandgefährlich, weil es das Prinzip der Vernichtung menschlichen Lebens akzeptabel werden läßt … und durch diese Lücke können andere Bewegungen stoßen, die eine spätere Abtreibung befürworten, der man dann kaum noch prinzipielle Grenzen entgegensetzen kann. Unwertes Leben in jeder Form kann vernichtet werden … und was gerade „unwertes Leben“ ist, richtet sich leicht nach der Kassenlage der Behörden.
Nach Informationen der Zeitung Independent stammen die Zellen für die Studie von einem Embryo, der in der zwölften Schwangerschaftswoche im US-Bundesstaat Kalifornien abgetrieben worden war.
Das klingt zunächst grausam, allerdings wurde der Fötus selbstverständlich nicht zu Forschungszwecken getötet, sondern lediglich nach seinem Tod dafür freigegeben.
Das hört sich im ersten Moment beruhigend an … aber was ist, wenn ein Lieferengpass eintritt? Wenn die Frau des Klinikdirektors mit Schlaganfall auf der Intensivstation liegt, aber aktuell nichts Abgetriebenes zur Verfügung steht? Wo ein Bedarf ist, entwickelt sich ein Markt. Das ist schon bei Nieren und anderen transplantationsfähigen Organen so – und das wird auch bei Stammzellen so sein.
Das ist die Welt, in die wir uns bewegen, wenn wir das Frankensteinprinzip der Vermarktung von Leichenteilen ausbauen – ab einer gewissen Größe entwickelt sich das Prinzip von ganz alleine und ist dann nur noch ähnlich schwer aufzuhalten wie internationale Kapitalmärkte, die sicher auch schon ein Auge auf die Renditemöglichkeiten der Fötenvermarktung geworfen haben – wird eine Welt sein, in der der Mensch als solcher mit all seinen Zellen Ware wird.
Wollen wir das? Können wir uns das als Gesellschaft leisten? Überhaupt nicht. Es ist die Geburtsstunde eines menschenfressenden Molochs, der unser aller Leben verändern wird.
Und trotzdem bekommt man Bauchschmerzen, wenn man sich zu dem Thema äußert, weil man nicht weiß, wer jetzt gerade mit ins Boot steigt. In erster Linie Kirchen und rechtsradikale Abtreibungsgegner, weil die das Thema Abtreibung für sich besetzt haben. Wenn man Pech hat, wittern auch Marxisten wieder Morgenluft und hängen sich wegen der Kapitalismuskritik dran. Grüne würde ich hier auch erwarten – immerhin geht es um das Thema Leben – aber da erwarte ich wohl zu viel. Es geht immerhin nur um Menschen, nicht um Frösche, und was Grüne von Menschen halten erlebt jeder Hartz IV-Abhängige deutlich Tag für Tag.
Warum man Pech hat, wenn Marxisten mit ins Boot steigen? Weil dann Breitseiten an Fachbegriffen abgeschossen werden mit denen außer Marxisten keiner was anfangen kann, wie hier in der Medienkritik der „jungen Welt“:
Die Medienapparate könnten ihre Manipulationswirkungen jedoch nicht erzielen, wenn ihre »Realitätsbearbeitung« nicht mit desorientierenden Strukturen des Alltagsbewußtseins korrespondieren würde. Faktisch schließen sie an parzellierte und zertrennende Denkmuster an, die von den herrschenden Praxisformen geprägt werden. Damit die Menschen sich im kapitalistischen Alltag reproduzieren können, müssen sie sich solcher Orientierungsschablonen bedienen, die nur einen Wirklichkeitsausschnitt erfassen; sie nehmen die Realität selektiv wahr, um erfolgversprechend agieren zu können.
Der Autor dieser Zeilen hat ein Buch geschrieben über „Arbeiterinnen und Arbeiterklasse heute“. Mit diesen Worthülsen sollte er mal zu den Jungs vom Bauhof der Gemeinde gehen – Niedriglöhner allesamt – und ihnen klarmachen, was Medien mit ihnen anstellen.
Die Autoren des Internetlexikons Wikipedia und die Programmierer des freien Betriebssystems Linux arbeiten unentgeltlich »nach ihren Fähigkeiten«, damit die Nutzer »nach ihren Bedürfnissen« sich bedienen können. Dies entspricht der Marxschen Definition des Kommunismus, dessen Prinzipien in den Randzonen eines übermächtig erscheinenden kapitalistischen Systems Realität geworden sind.
Es ist gerade diese Fähnchenschwenkerei zusammen mit den pseudointellektuellen Argumentationsduschen aus der Steinzeit der Kommunikation, die mich Marxisten meiden läßt … und die das Anliegen von Karl Marx verraten haben.
Wie auch beim Thema „Stammzellentherapie“ bleibt auch bei dem Thema Medienkritik (hier vermengt mit dem Hinweis auf den unerbittlichen Siegeszug des Marxismus) der Mensch auf der Strecke. Für das Opfer selbst interessiert sich kaum jemand, aber was man mit dem Opfer alles anstellen kann … das erinnert auch schon an eine Form von Ausschlachtung.
Wahrscheinlich stoßen Marxisten deshalb so unangenehm auf, weil sie mit Gewalt ihre historische Niederlage zu einem Sieg umdeuten wollen und dabei gerne auch Wirklichkeiten, die nicht ins System passen, ignorieren … immerhin wurde Lobbypedia gegründet, weil Wikipedia eben nicht so frei ist und viele Lobbyisten dort ganz offen ihre Propaganda ablegen. Allerdings schreiben die Autoren wirklich oft nach ihre Fähigkeiten … und ich wünschte mir, sie würden es lassen.
Dabei ist Medienkritik wichtig, denn … sie steuern unser politisches und gesellschaftliches Bewußtsein durch Informationsselektion. Wenn ein Peter Scholl-Latour sagt, das die Anschläge vom 11.9.2001 unmöglich von Afghanistan aus organisiert werden konnten, so wäre das eine Information, die das politische Bewußtsein der Bundesbürger nachhaltig beeinflußen könnte – deshalb bleibt sie zwischen Buchdeckeln verborgen. Wenn es denn nicht Bin Laden und die Taliban waren … wer war es denn dann? Einer muß es gewesen sein, die Türme sind weg, die Menschen tot. Viele Kriege werden wegen dieser Verschwörungstheorie geführt, nach der ein dialysepflichtiger Patient, der mit seinem Troß von Blutwäschegeräten unerkannt durch Afghanistan reist, die Anschläge von dort aus organisiert haben soll. Viele Menschen sterben wegen dieser Theorie.
Aber auch hier zeigt sich die Lähmung, die Trittbrettfahrer hervorrufen. Kritik an der Verschwörungstheorie der Bush-Administration wird ja auch von Rechtsradikalen geübt, die haben dieses Thema schnell besetzt (weil es auch so schön zu ihrem Judenhaß paßt), weshalb alle Menschen, die die US-Version anzweifeln, insgeheim NPD-Sympathisanten sind. Und deshalb werden weiterhin Afghanen erschossen, womit dann aber wieder keiner ein Problem hat. Nach der gleichen Logik müßte man übrigens auch Hundehalter der NPD zuordnen … der Führer liebte Hunde. Kinder auch, wie man hört.
Medien schlachten Menschen nicht weniger aus als Stammzellenforscher, allerdings begnügen sie sich mit der Software … und Soldaten schlachten Menschen gleich völlig ab. Ob da dann auch „Kollateralschäden“ für die Stammzellforschung verarbeitet werden dürfen, weiß ich nicht, erwarte es aber jeden Tag. Dann – so wird man argumentieren – sind die wenigstens nicht umsonst gestorben.
Bei all dem Kampf um die Themenhoheit ist es erstaunlich, das der Mensch auf der Strecke bleibt – besser gesagt, das es kaum einen interessiert, das der Mensch auf der Strecke bleibt. Ist wie bei den Abtreibungsgegnern – ist das Kind erstmal geboren, kehren sie Mutter und Baby sofort den Rücken zu, hat der Arbeiter dem Marxisten zur Macht verholfen, gibt es gleich Sonderschichten um die Überlegenheit des Systems zu beweisen, während der Revolutionsführer sich die dicken Zigarren des Unternehmers in seiner Villa gönnt.
Und darum wenden sich die Menschen vom System ab … und vom Widerstand gegen das System.
Und gerade das kann Hoffnung machen – vielleicht wird das Volk endlich erwachsen und verzichtet auf seine „Führer“. Die Unverschämtheiten der Korporatokratie erreichen immerhin ein Ausmaß, das sogar deutsche Manager-Magazine erschüttert, weil es der sinnbildliche „Stinkefinger“ für die Volkswirtschaft und den Steuerzahler ist:
Die Wall Street ist im GM-Fieber. Mit stehenden Ovationen begrüßen Händler und Investoren den US-Autobauer zurück auf dem Parkett. Der Aktienkurs steigt. Doch die Konkurrenz von Volkswagen und Co. beißt sich auf die Lippen. Einmal mehr wird klar: Wer miserabel wirtschaftet, wird dafür auch noch belohnt.
Noch einen dieser Finger hat die Deutsche Bank jetzt laut FAZ in las Vegas errichtet, ein eigenes Spielcasino:
Das mit der Kasino-Mentalität der Banker haben die bei der Deutschen Bank sehr ernst genommen. In welche Schublade kommt man jetzt eigentlich, wenn man diese Stinkefinger kritisiert? Oder hat das Thema noch keiner für sich besetzt? Muß ich den Artikel eigentlich löschen, wenn FDP oder Merkel demnächst auch Kritik an dem Gebaren der Konzerne üben?
Sicher ist das, denn … der Hass der Trittbrettfahrer erreicht einen immer. Es ist dann ja IHR Trittbrett, auf dem sie reisen wollen. Und das sie auf irgendeinem Trittbrett irgendwohin mitgenommen werden ist deutlich wichtiger, als das reale Leben der Menschen selbst zu verbessern, die grundsätzlich auf der Strecke bleiben.
„Triumph der Idiotenkultur“ so äußerte sich der amerikanische Journalist Carl Bernstein in einem Stern-Interview:
Wir haben ein ganz anderes Problem: Die wachsende Sensationsgier der US-Medien führt dazu, dass es fast keine angemessene Berichterstattung mehr gibt. Statt ihr Publikum über die Lage im Irak und andere wirklich wichtige Dinge zu informieren, kümmern sich unsere Medien lieber um Klatsch und Tratsch. Ich habe diese Entwicklung einmal als „Triumph der Idiotenkultur“ bezeichnet.
Nun wäre es schön, wenn man sich da entspannt zurücklehnen könnte, weil man ja nicht in den USA wohnt, sondern in dem seriösen Deutschland … wo ein Spiegelredakteur schon mal das ganz Blatt zum Kampf gegen Windkraft mobilisiert hatte, weil die Windkraftanlagen seine eigene Pferdezucht bedroht hätten – so jedenfall Harald Schuhmann, zu finden in einer Sammlung zum Informationsdiktat in deutschen Medienredaktionen bei unserem Blogfreund Grilleau.
Wir können nur dankbar sein, das die Wirtschaft bei uns noch so breit gestreut ist, das der Mittelstand sich nicht ständig eigene Unternehmensberater leisten kann und noch auf unmanipulierte Nachrichten angewiesen ist – man muß halt informiert sein, um Anlagechancen für sein Geld richtig einschätzen zu können. So findet man die ersten Hinweise auf ein Ende Europas nicht in den führenden deutschen Zeitungen, sondern im Manager Magazin:
Mit deutlichen Worten kritisierte Schulz die derzeitige Situation auf den Rohstoffmärkten. „Die Minenriesen diktieren uns die Preise, die Chinesen kaufen den Weltmarkt leer, und auf den Rohstoffmärkten tummeln sich die Spekulanten – der Begriff bedrohlich ist mir für dieses Szenario noch zu harmlos.“
Dringend mahnt Schulz eine gesamteuropäische Rohstoffstrategie an. Die EU habe es versäumt, dem Rohstoffimperialismus der Chinesen (Schulz: „Das ist für uns eine Katastrophe“) etwas entgegenzusetzen und zum Beispiel rechtzeitig politische Beziehungen zu Afrika aufzubauen: „Wir überlassen den Chinesen einfach das Terrain“, so Schulz.
Seit vielen Jahren ist diese Entwicklung zu beobachten. Wir pumpen Geld in China hinein und die – kaufen dafür Ackerland und vor allem Rohstoffe, während wir uns damit vergnügen, virtuelles Geld in den Himmel wachsen zu lassen. Erinnert so ein wenig an einen Bauern, der sich über seine Gewinne bei „Monopoly“ fürchterlich freut, während die Kühe der Nachbarn gerade seine Felder leerfressen.
Unsere ach so tollen Wirtschaft gehen die Rohstoffe aus – und auf einmal bekommt man ein Gespür dafür, wie arm man gegenüber einem Land aussieht, das konsequente Geopolitik betreibt. Man merkt, das die Idiotenkultur der chinesischen Kultur deutlich unterlegen ist – aber die haben ja schon Imperien gegründet, als wir noch in Höhlen wohnten. Nun scheint es, das die auch Imperien gründen werden, wenn wir wieder in Höhlen wohnen.
Auf einmal merkt man, warum es der Regierung so wichtig ist, aus der Bundeswehr eine weltweite Einsatztruppe zum Rohstoffklau zu machen – bei uns gehen schlichtweg die Öfen aus, wenn wir das nicht machen.
Es wäre Zeit, sich mal ernsthaft Gedanken über die Rettung unserer Kultur zu machen – Coka Cola, MacDonalds und Disney, die Säulen unserer deutschen Kultur – sind ernsthaft in Gefahr. Da wird auch ein gesetzlich garantierter Schutz, wie ihn die SPD wollte, nicht ausreichen. Die kinder“freundliche“ Politik der Regierungen der letzten Jahrzehnte zeitigt immer neue Erfolge, wie die die Zeit berichtet:
Die Zahl der Geburten in Deutschland ist demnach auf ein Rekordtief gesunken. 2009 kamen rund 665.000 Kinder zur Welt, etwa 17.000 weniger als im Vorjahr und nicht einmal halb so viele wie 1964. In Deutschland leben derzeit gut 82 Millionen Menschen – 1964 waren es um die 75 Millionen.
Für Leute, die ohne Taschenrechner bis drei zählen können, eine klare Rechnung: ein aussterbendes Volk feiert sich in sein Ende. Ein weiterer Triumph der Idiotenkultur.
ABER: wenigstens sind alle beschäftigt, wenn auch nur noch für einen Euro, da bleibt auch gar keine Zeit für Nachwuchs. Maschinenkultur frißt Bevölkerung, (Idioten)Kultur geht unter – wie man es von einer Kultur von Idioten auch erwarten würde.
Schon 2006 erschien ein Artikel in der FAZ, in dem die nüchterne Machtpolitik Chinas auf der Basis einer Fernsehserie zum Aufstieg der großen Mächte reflektiert wurde:
Im November 2003 hatte eine Studiensitzung des Politbüros stattgefunden, die ebendieses Thema hatte: Welche Faktoren führten zum „Aufstieg und Fall der großen Mächte“?
Die Perspektive der Serie unterscheidet sich von der hergebrachten marxistisch-nationalistischen Geschichtsphilosophie erheblich.
Die meisten der neun behandelten Länder Portugal, Spanien, Holland, Frankreich, Japan, England, Deutschland, Rußland und Amerika haben China irgendwann einmal übel mitgespielt. Doch dieser Umstand wird kaum erwähnt. Auch der Klassenkampf kommt nicht mehr vor. Statt dessen richtet sich der ausgekühlte Blick auf das Geflecht von ökonomischen, technischen, politischen und militärischen Faktoren, in dem auch Kennedy ein Erklärungsmuster für das wechselnde Schicksal der Mächte sucht. Die Perspektive ist nicht mehr die des Proletariats oder eines kolonialisierten Landes, nicht das Ressentiment einer geknechteten Klasse oder Kultur, sondern die einer Macht, diesine ira et studio den Bauplan der Geschichte entschlüsseln will, bevor sie in selbige wiedereintritt. „Vom Westen lernen“ bedeutet anders als bei den früheren, den Westen rückhaltlos bewundernden Reformern, auch aus dessen Fehlern klug zu werden.
Ein Freundin von mit berichtet in den achtziger Jahren von einem Studienaufenthalt aus China über chinesische Schulbücher, in denen unsere Kultur als nicht sonderlich erstrebenswert angesehen wurde – Umweltverschmutzung, Industrieballungen, Lärmterror … man sah uns nicht so freundlich, wie wir gedacht hatten. An diese Erzählung muß ich denken, wenn ich Nachrichten von China höre, denn die Menschen, die diese Bilder in der Schule aufgenommen haben, kommen jetzt in Machtpositionen. Der Wiedereintritt Chinas auf die Bühne der Weltpolitik erfolgt gezielt – und nicht mehr als Land, das sich als Erfüllungsgehilfe der marxistischen Weltrevolution versteht – auch ein Triumph der Idiotenkultur.
Währenddessen erlaubt sich der glorreiche Westen noch einen Folterskandal in Griechenland, einen eventuell desaströsen Euro und – gerade in Deutschland – einen konsequenten Kampf gegen die Arbeitslosen und ihre Kinder anstelle eines Kampfes gegen die Arbeitslosigkeit.
Das man sich angesichts dieser Informationslage wundert, das ein gestandenes SPD-Mitglied und langjähriger Bürgermeister mit der NPD sympathisiert, sollte eigentlich nicht wundern, sondern Angst machen. Aber anstatt das man sich mit den Argumenten auseinandersetzt, mokiert man sich über die Person, wie hier im Spiegel:
„Für eine Überraschung war Hans Püschel immer gut“, sagt sein Kreischef Erben. Zuletzt sah er sich „entmachtet“, weil durch die Gemeindegebietsreform Krauschwitz in der nächstgrößeren Kommune aufgeht. Püschel polterte: „Das widerspricht für mich jedem Demokratieverständnis.“ Ist der Sozialdemokrat also, wie manche Genossen vermuten, vielleicht nur sauer auf die etablierte Politik, weil sie ihm das Bürgermeisteramt nimmt?
Hören wie den NPD-Sympathiesanten selbst:
„Ich denke, wenn die (nur noch formale) Demokratie die existenziellen Probleme der Menschen und des Landes nicht löst, dann müssen es ja diejenigen versuchen, die eine vielleicht etwas andere Demokratie bzw. Volksherrschaft installieren wollen.“
„In jedem Sachgebiet, mit dem ich mich befassen muss, merke ich, dass wohl das Volk am wenigsten regiert – schon eher die großen und Finanz- und Wirtschaftsgruppen.“
Damit hat er keine andere Meinung als viele seiner politikverdrossenen Mitmenschen. Aber das zu ignorieren gehört ja auch zur Idiotenkultur, die mehr an dem Kachelmannprozess als an der Rohstofffrage interessiert ist. Was der Kachelmann tut ist ja auch so viel wichtiger als die Frage, woher wir und unsere Kinder in Zukunft Erze, seltene Erden oder einfach nur Weizen herbekommen.
Aber der NPD zu unterstellen, sie wolle „eine etwas andere Demokratie“, ist schon so als würde man behaupten, das im KZ Ausschwitz eine etwas andere Form von Sozialarbeit praktiziert wird. Auch hier: Triumph der Idiotenkultur. Vielleicht das treffende Schlußwort, das in Zukunft in chinesischen Geschichtsbüchern den Zusammenbruch der westlichen Räuberkultur beschreibt, die es nicht geschafft hat, eine große Kultur aufzubauen.
Philosophie ist das spannendste und ertragreichste Studium, das ich mir vorstellen kann, dicht gefolgt von Ethnologie. Keine andere Wissenschaft erlaubt soviel gedankliche Freiheit … und fordert gleichzeitig so viel gedankliche Freiheit, denn man muß einiges aushalten können. So ist eine Sparte der Philosophie die Religionsphilosophie, die sich wiederum unterteilen läßt in viele kleine Unterkategorien, von denen eine der Atheismus ist, eine Glaubensform, die – wie auch aus dem Wort zu entnehmen ist – eine irgendwie geartete Form von „Theismus“ braucht, gegen die er dann dagegen sein kann. Dann gibt es die Theisten (häufig als „Monotheisten“ anzutreffen), die aber in entschiedenem Gegensatz nicht zu den Atheisten (was deren Ego sehr ankratzt) leben, sondern einerseits im Gegensatz zu Theisten mit einem alternativen Götterangebot oder auch andererseits – noch schlimmer – in der Auseinandersetzung mit Pantheisten, Neuheiden, Naturmystikern, Nihilisten, Animisten, Freimaurern und was die lebendige Vielfalt der Welt sonst noch so hervorgebracht hat existieren.
Eine andere Sparte ist die politische Philosophie, bei der wir die gleiche Vielfalt vorfinden – der eine träumt von einem gerechten König, der nächste will überhaupt einen König, egal ob gerecht oder ungerecht, wieder der nächste kommt daher und will die Diktatur des Proletariats anstelle der Diktatur des Königs und wieder andere wollen die Herrschaft des Menschen über den Menschen ganz abschaffen.
Was es da auszuhalten gibt? Nun – für einen Philosophen haben sie alle recht. Jeder hat – in seinem Denksystem unter vollständiger Anerkennung aller Parameter und aller Voraussetzungen des Systems völlig recht – und wenn es eine politische Aufgabe der Philosophie gäbe, dann jene, ein System zu erhalten, in dem auch weiterhin JEDER RECHT HABEN DARF … auch wenn man ihn persönlich auf den Tod nicht ausstehen kann. Hier dürfte die Philosophie den nächsten Schritt machen (und wieder zurück zu ihren Wurzeln finden) und nicht nur beschreiben, sondern sie – nach Marx – verändern, was problematisch wird, wenn man nicht weiß, wohin denn genau man was warum verändern sollte.
Solche Erwägungen führten unter anderem dann früher schon mal zum Ideal des Philosophenkönigs, ein Ideal, das „gut gemeint“ war, wobei wir uns erinnern, das „gut gemeint“ das Gegenteil von „Böse“ ist, denn zum schnellen kraftvollen Handeln eines Kriegerkönigs eignet sich der philosophische Geist nicht, er muß und soll versuchen, alles gleichzeitig zu sehen und gleichzeitig im Blick behalten, das seine eigene Sicht sehr eingeschränkt ist – mit dieser Mentalität führt man keine Menschen erfolgreich in einen Krieg, mit dieser Mentalität bleibt man friedlicher menschenfreundlicher Kleinbauer oder – wenn die Maschinen sich das Ackerland erobert haben, eben Kleinbürger, wiewohl man weiß, das es eigentlich die Aufgabe des Philosophen wäre, die Welt nicht nur zu verändern sondern … sie zu verbessern.
Das dies unmöglich ist, leuchtet jedem sofort ein – aber doch ist es nicht unmöglich, denn was man tun kann ist, die jeweiligen Systeme (und die Menschen, die sich Bruchstücke der Systeme auf ihre kleinen Fähnchen schreiben und damit durch die politische Welt rennen und hoffen, das ihnen alle oder – aus Gründen der Wahlkampfkostenerstattung – möglichst viele folgen) nach ihren eigenen Maßstäben zu beurteilen … immerhin gibt es nur ganz wenige kulturelle Strömungen, die im düstersten Sinne satanisch oder menschenfeindlich oder noch schlimmer sind (es gibt aber Menschen, die genau so etwas betreiben, das muß man der Vollständigkeit halber erwähnen, Menschen, die ein Weltbild haben, in denen dunkle, lebensfeindliche untote Götter hinter den Schleiern der Wirklichkeit lauern und deren betreiben es ist, genau jene Götter auf die Welt loszulassen – einfach mal bei AMAZON in der Esoterikabteilung bei den magischen Schriften gucken), die meisten wollen Frieden, Glück und Heil für alle – nur die Methoden unterscheiden sich.
Unsere bürgerliche Zivilgesellschaft stand beispielsweise mal ganz vorne als Leuchtturm von Freiheit und Aufklärung und versteht sich als christliche Kultur. Das ist ihr Anspruch. Die Wirklichkeit … sieht ganz anders aus – obwohl es ja eigentlich keiner will. Die Wirklichkeit sieht so aus, das wir gerade dabei sind, die möglicherweise intelligentesten Wesen dieses Planeten auszurotten … die Delfine, hier bei News.de:
Die US-Forscherin Lori Marino von der Emory Universität in Atlanta analysierte die graue Masse von drei Großen Tümmlern (Tursiops truncatus). Das Ergebnis ihrer Studie: Gemessen an ihrer Größe haben Delfine etwas weniger Hirnmasse als der Mensch. Dafür ist ihr Hirn stärker gefaltet und hat eine größere Oberfläche, eine Eigenschaft, die die fehlende Masse wettmachen könnte. Die Faltung betrifft vor allem die Neocortex, eine Hirnstruktur, die komplizierte Denkvorgänge und das Selbstbewusstsein steuert. Keine andere Art der Welt hat ein so gewundenes Gehirn wie Delfine, berichtete Marino auf der Jahrestagung des amerikanischen Wissenschaftsverbandes AAAS in San Diego.
In der Philosophie wurden schon (oder besser gesagt: noch) vor dreissig Jahren Seminare über die Intelligenz von Delfinen abgehalten, schön zu sehen, das sie heutzutage immer noch aufs Neue bewiesen wird. Vielleicht entdeckt man auch wieder, das die Walgesänge in ihrer Struktur der Komplexität von Opern ähneln … bevor sie ausgestorben sind.
Da suchen wir mit viel Geld nach Intelligenz im Weltall und haben sie möglicherweise gleich nebenan. Ihr Pech – sie verhält sich nicht so, wie wir es erwarten, dabei … würden wir nicht auch gern den ganzen Tag singend in der Badewanne liegen? So fremd ist uns das Lebensgefühl als Delfin doch nicht, oder?
Doch wie würden Christen eine Kultur nennen, die diese Intelligenz (zum Teil gezielt) verfolgt, vernichtet und ihnen die Badewanne so vergiftet, das sie aussterben … sie und viele viele andere Arten, mit denen man sich ursprünglich das Raumschiff Erde teilte? Da ihr Gott ein Gott des Lebens, ja, sogar das Leben selbst ist … eine Kultur des Teufels.
Wenn ihr denn Christen seid, warum betreibt ihr dann eine Kultur des Teufels? – diese Frage müssen sich viele Menschen der Neuzeit gefallen lassen, auch von Menschen, die selbst nicht an den Teufel glauben. Nun kennen monotheistische Kulturen keinen Teufel, weil es ja eine Art „Gegengott“ wäre und somit ein unzulässiges Element im System. Es sei denn, sie wären Katharer (die „Reinen“), die meinten, es gäbe hier nur den bösen Weltenschöpfer … aber die Kirche hat sie ja zusammen mit den Bogomilen (die ähnlich dachten) ausgerottet, wie wir die Wale und Delfine ausrotten. Aber als jener Versucher, der Christus die Herrschaft über alle Länder der Erde anbot (was dieser dankend ablehnte), muß er irgendwie (wenn auch mit Zähneknirschen, ich weiß) in das System implementiert werden, wenn auch nur als Sinnbild für eine zutiefst lebensfeindliche Kraft, die – verblüffender Weise – bewußt und gezielt erst seit 150 Jahren angebetet wird, seit jener Zeit, da der Satanismus als Religionsform, als Gegenreligion zur Kirche geschaffen wurde (und die Maschinen dem Adel die Herrschaft stahlen).
Hier schließt sich ein seltsamer Kreis, der aus den treibenden unreligiösen Kräften der Moderne – Naturwissenschaft, Materialismus, Fortschritt, Vernunft – eine in der Theorie lebenszerstörende Religion macht … was ihrer Wirkung in der Welt und der Kultur entspricht. Aber im Lichte dieses Kreises ist sehr verständlich, warum „Arbeit“ ein heiliger Fetisch und Gottesdienst geworden ist…. und ich denke, es wird viele politische Prediger der Moderne überraschen, das sie eigentlich die Kategorie der Religion nie verlassen haben, obwohl ihre Aufgabe eigentlich die Kategorie der Politik gewesen wäre. Wer aber aus der Kategorie der Politik gegen Esoterik predigt (ein Geschäft, das man bei Linken gerne findet, wodurch sie automatisch nebenbei religiöse Menschen – die absolute Mehrheit – vergraulen und so sicherstellen, das sie für immer und ewig unbedeutende Opposition spielen dürfen trotz der Mehrheitsfähigkeit ihrer politischen Werte) muß wissen, das er nicht mehr in der politischen Welt seine Basis hat, sondern in der Welt der Religionen. Nur doof, wenn man dann gar keine eigene hat … außer einer vorsichtig geäußerten Vermutung (manchmal mit großem Krach trotzig vorgetragen), das da GAR NICHTS ist.
Es kann sein, das „da gar nichts ist“ – auch wenn die erkenntnistheoretische Sparte der Philosophie uns bei solch absoluten Urteilen zur Vorsicht mahnt – wir sind schlichtweg zu blöde, um solche Urteile zu fällen, mal kurz und knapp gesagt. Aber das „gar nichts“ gehört zum Kreis der denkbaren Möglichkeiten. Wenn da aber gar nicht ist … wenn der Mensch nicht mehr die Krone der Schöpfung ist, ihr verantwortungsvoll und liebevoll handelnder Hirte (was der jüdischen Vorstellung vom Königstum entspricht, aus deren Vorstellungswelt das Bild entliehen ist), dann gibt es nichts, was einen hindern könnte, mordend, plündernd und brandschatzend durch die Welt zu ziehen, wann immer man Lust dazu hat … und es gibt erst recht keinen Grund, dann vor dem Menschen halt zu machen.
Und schon sind wir – letztlich – bei der Agenda 2010 als Werk des Teufels angelangt, schon kann Genozid neben Fußball zum beliebten Volkssport werden, wenn man sich nur vorher auf eine konkrete Opfergruppe geeinigt hat, ein oft durchlebter gesellschaftliche Prozess, vor dem uns auch „die Vernunft“ nicht schützen kann.
„Vernunft“ als solche zeigt nur Wege auf, sie entwirft an sich keine Ziele. Ich kann ein Kind aus vernünftigen Gründen retten (zum Beispiel weil es mehr Leben vor sich hat als der Erwachsene, den ich nicht gleichzeitig auch noch retten konnte) oder es töten (weil seine Eltern die falsche Religion haben, die falsche Partei wählen oder es selbst zur falschen Bevölkerungsgruppe gehört) – Beides kann sehr vernünftig sein. Ich kann aus vernünftigen Gründen Tiere schützen oder ausrotten, kann für beliebig viele Thesen beliebig viele Antithesen formulieren, die dann beliebig viele Synthesen ermöglichen – mit mehr oder weniger Leichen, wobei es – ja nach Grundüberzeugung, mal vernünftiger ist mehr Leichen zu produzieren (weil weniger Esser übrig bleiben) oder auch mal weniger Leichen (weil sie häßlich sind und stinken). Aus vernünftigen Gründen kann ich die Erklärung der allgemeinen Menschenrechte heilig sprechen („nie wieder Ausschwitz!“) oder sie verwerfen („Ist doch unbezahlbar„) – womit wir wieder bei der Agenda 2010 wären.
Aber das ein Teufel böse ist und eine teuflische Kultur der Verbesserung bedarf (und verbessert werden kann) versteht jedes Kind und jeder Mensch – außer den eingefleischten Satanisten, die glauben, das da GAR NICHTS ist und bestrebt sind, auch GAR NICHTS am Leben zu lassen, damit der Satz wieder stimmt – ist auch sehr vernünftig, aus ihrer Perspektive heraus.
Wer übrigens noch Zweifel an dem Zusammenhang zwischen Religion und Kommunismus hat, der gönne sich mal eine Reise in die Eifel zum Geburtshaus von Karl Marx in Trier und schaue sich die Gesichter die Chinesen an, die dort – fast täglich – ihre Andacht verrichten. Laßt noch mal tausend Jahre ins Land gehen, dann gibt es Gebete, Heiligenbildchen und einen Schrein für seine Knochen, heilige Orden und Inquisitoren, die die Reinheit der Lehre wahren, gibt es schon jetzt.
Aber nicht das man mir jetzt auf die Idee kommt, wieder alles schön zu vereinfachen und mit der Fahne „Marx = Satan“ loszuziehen. In Wirklichkeit würde es der Welt schon sehr helfen, wenn niemand mehr mit irgendwelchen Fahnen herumlaufen würde (außer – zur Not – mit seiner ganz eigenen Privatfahne) . Vielleicht ist gerade das die große Herausforderung der Zeit und der kommende – notwendige – Schritt der Evolution.
Ach ja – Evolution. Wenn wir großes Pech haben … dann stammen wir wirklich vom Affen ab:
Bleibt das Wettrennen zwischen Mensch und Delfin um die höchste Intelligenz zunächst noch unentschieden, steht doch zumindest ein Verlierer schon fest. Menschenaffen wie Schimpansen und Gorillas fallen im Vergleich zu Tümmlern und anderen Delfinen deutlich zurück. Das Affenhirn ist nur doppelt so groß wie das durchschnittliche Hirn von anderen Tieren dieser Größe. Das Hirn der Delfine ist dagegen fünfmal größer, als bei ihrem Körper zu erwarten wäre. Der Mensch besitzt im Vergleich zu Tieren ähnlichen Gewichts sogar die siebenfache Hirngröße. Auch in Bezug auf die Struktur und andere Merkmale des Hirns bleibt den Menschenaffen nach den jüngsten Erkenntnissen vom Delfin nur ein weit abgeschlagener Platz drei.
Aber vielleicht gibt es ja auch eine Verwandschaft zum Delfin … wenn man nur weit genug zurückschaut.
Die meiste Kritik an meinen Worten fahre ich ein, weil es Menschen bedrückt, soviel Negatives zu lesen. Mich haut so etwas immer um – aus verschiedenen Gründen. Es macht mir auch Angst – das gebe ich offen zu. Ich sehe die offen demonstrierte Mentalität von „Eure Armut widert mich an!“…. und diese Mentalität wird die Tür schließen wenn der Nachbar abgeholt wird. Vielleicht ist es schon soweit und die meisten Menschen wissen schon, das wieder abgeholt wird und machen deshalb die Tür jetzt schon zu. Oder aber sie leiden – im günstigeren Falle – unter einer Form von Hypersensibilität. Schlimm für die Menschen, die mit ihrem Blut und Leben für den Wohlstand dieser Kultur bezahlen, schlimm für die Menschen, die als Hartz-Krüppel ihr Leben in künstlich erzeugter Armut fristen müssen und erleben müssen, wie sich die Menschen von ihnen abwenden.
Vielleicht ist es auch ein Hinweis auf die psychischen Deformationen, die durch „Fernsehen“ in die Welt gekommen sind, das einzige, wo „einfach mal abschalten“ nicht in den Sinn kommt, während es in anderen Zusammenhängen ja gern gepredigt wird.
Insofern freut es mich sehr, das ich heute das Heil verkünden kann. Endlich ist es geschafft – gestern waren alle Meldungen in den Medien vorhanden, die lückenlos eine sichere und sorgenfreie Zukunft garantieren. Und das Schöne ist: es wächst dem Lande sogar ein König heran – sogar ein Königspaar mit altehrwürdiger Abstammung.
Und wir brauchen ja einen König. Da ist Hobbes wie Marx ein Verfechter der Diktatur. Hobbes hatte sich aber mehr dabei gedacht. Während Marx die Grausamkeiten der Revolten billigend in Kauf nahmen und der Marxismus selbst gern seine Weggefährten am Ende gleich mit entsorgt, wollte Hobbes gerade das Gegenteil. Er wollte Frieden statt Krieg, ruhiges Leben statt Streit. Seine These läßt sich kurz zusammenfassen: der Mensch ist des Menschen Wolf. Man darf Menschen nicht allein sich selbst zu überlassen – sie fangen sofort an, sich gegenseitig Leid zu zufügen. Die können nicht fünf Minuten beim Bier zusammensitzen, ohne einen Plan zu entwerfen, wie sie an das Land und die Ernte des Nachbarn kommen – das war der Moment der Erfindung des „Anlageberaters“.
Das einzige, was die Menschen friedlich stimmt ist die Angst. Darum … brauchen sie einen König, den sie fürchten können und müssen. Dem muß alles Land gehören, er muß reicher als ultrareich sein, damit er durch Lobbyisten nicht beeinflußbar ist. Der König ist das Land, das Land ist der König. Deshalb wird er alles in seiner Macht stehende unternehmen, das es dem Land gut geht. Sogar ein unmonarchischer Diktator wie Mussolini hat es geschafft, die Mafia zu eleminieren – sie kam erst mit den US-Streitkräften wieder. Während der Kaiser uns die Rente mit 65 schenkte, wollen uns die Demokraten bis 70 arbeiten lassen – wo liegt da der Sinn, wie soll da Vertrauen in Demokratie noch gerechtfertigt werden? Der König würde auch dem Kapitalfeudalismus ein Ende setzen – neben ihm darf es keine Macht geben. Alle Menschen geben ihm ihre Macht, sie konzentriert sich in seiner Person und somit kann er für vollendeten Frieden sorgen. So die Theorie.
Und jetzt: die Praxis bei Spiegel-online
Karl-Theodor zu Guttenberg boxt fast im Alleingang die Aussetzung der Wehrpflicht durch, seine Gattin veröffentlicht medienwirksam ein Buch gegen Kindesmissbrauch: Das Paar setzt eigene Akzente, empfiehlt sich für höhere Aufgaben – und beherrscht die Kunst der Inszenierung.
Der adelige Minister ist in der Bevölkerung beliebt. Politische Affären wie der Wirbel um das Kunduz-Bombardement scheinen an ihm spurlos vorüberzugehen. Guttenberg lächelt seine Patzer in der Causa einfach weg. Er ist ein Meister der Inszenierung – genau wie seine Frau Stephanie. Bei Auftritten überlassen beide nichts dem Zufall: Der Minister posiert in Afghanistan in Einzelkämpfermanier mit straff sitzendem Bundeswehr-Shirt und Tom-Cruise-Sonnenbrille; die Gattin präsentiert sich stets wie aus dem Ei gepellt, fast wie ein Mütter-Model in einer Peek-&-Cloppenburg-Werbung. Das lässt das deutsche Wählerherz höher schlagen.
Und dann ist die Gattin noch die Ur-ur-Enkelin von Bismark. Was will man mehr? Der Adel zeigt wieder einmal – nach langjähriger vornehmer Zurückhaltung – als dem deutschen Proleten weitaus überlegen. Während Abgeordnete in Kinderpornoskandale verwickelt sind, durch chronisch gierige Griffe in die Staatskasse auffallen oder einfach nur alt und verbraucht aussehen, ist unser Herrscherpaar beim Volk beliebt, handelt überlegt und zielstrebig zum Wohle aller und zeigt sich jeder Herausforderung gewachsen.
Und überhaupt – die Demokratie, so erfahren wir – hat uns Hitler beschehrt.
Vor 80 Jahren stieg die NSDAP bei den Reichstagswahlen zur zweitstärksten Kraft auf. Damit begann ihr Griff nach der Macht.
Quelle: Welt
Tja, mit König wäre das nicht passiert. Ohne Demokratie kein Hitler. So einfach ist das. Da wissen wir ja, was in Zukunft zu tun ist.
Überhaupt: die Zukunft, sie ist herrlich und wunderbar. Wir haben ja die weltweite Wirtschaftskrise ganz locker überstanden, sind sogar reicher dadurch geworden:
Laut einer Studie ist das globale Geldvermögen durch die Krise deutlich gesunken. Eine der wenigen Ausnahmen ist Deutschland.
Quelle: Welt
Dann auch das Problem mit dem Atom – gelöst. Endlich haben wir Energie ohne Ende:
Forscher haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie Atommüll unschädlich machen wollen. Damit rauben sie Kernkraft-Gegnern viele Argumente.
Quelle: Welt
Und dann erstmal die Jugend: voller Hoffnung und Optimismus blicken sie in die Zukunft. Kein Wunder bei der Nachrichtenlage:
Die neue Jugendstudie ist da: Schule und Gesellschaft werden ein liebevolles und unterstützendes Elternhaus niemals wettmachen können.
Quelle: Welt
Mit dieser Jugend werden die Guttenbergs das Land verändern können. Da winkt nichts anderes als eine goldene Zukunft.
Und dann wird auch endlich dieses leidige Hartz-IV-Problem beseitigt, jener Schandfleck auf der weißen Weste unseres stolzen Landes:
Hartz IV soll nicht mehr Hartz IV heißen: Das wünscht sich die Arbeitsministerin. Sie hat auch schon eine Idee für eine neue Bezeichnung.
Quelle: Welt
Basisgeld rettet die Welt … es soll ja sogar mehr sein als vorher. Und noch Gutscheine für die Kinder – was werden die sich freuen! Und damit hat sich auch der gesellschaftliche Diskurs erledigt, der mit der französischen Revolution angestoßen wurde: am Ende endet die linke Bewegung bei Hartz IV und eine Adelige muß dafür sorgen, das dieser Auswuchs von Unmenschlichkeit entsorgt wird. Schade, das man die SPD samt Gewerkschaften nicht gleich mit entsorgen kann um sicher zu gehen, das der Horror keine Neuauflage erhält.
Aber auch weltweit wird alles heil. Die USA haben sich aus dem Irak zurückgezogen, Israel und die Palästinenser schließen Frieden (wohl sehr zum Ärger einiger linker deutscher Haßprediger , die Israel so gerne ausradieren möchten … bzw. möchten, das „jemand“ Israel ausradiert) – ja sogar der Hunger zieht sich zurück:
Rom (Reuters) – Die Zahl Hunger leidender Menschen ist den Vereinten Nationen zufolge zum ersten Mal seit 15 Jahren zurückgegangen.
Die Welternährungsorganisation FAO begründete die Entwicklung am Dienstag mit niedrigeren Lebensmittelpreisen und einer besseren wirtschaftlichen Lage nach der Finanzkrise. Rund 925 Millionen Menschen sind den Angaben zufolge aktuell unterernährt. 2009 waren es noch mehr als eine Milliarde – der höchste Stand seit 40 Jahren.
Quelle: Reuters
Man sieht: alles wird gut.
Am Ende kommen wir doch über die Biologie wieder zu natürlichen Zuständen zurück. Überall in der Natur gibt es Hierarchien, Demokratie ist ein für Tiere ein nur selten beobachtetes Phänomen, im Tierreich gelten die Regeln der optimalen Produktivität:
Immerhin: In festen Hierarchien sind normalerweise die Leistungen besser (in einer stabilen Hackordnung streiten sich Hühner weniger und legen mehr Eier), und auch Schwächere finden Schutz und Bedeutung.
Nur wenn der König Riesenmist baut, wird das Volk aufmüpfig.
Demokratie im Tierreich gibt es ansatzweise dennoch: Schimpansen tun sich gelegentlich zusammen, um einen zu brutalen Anführer zu vertreiben. Rotwild und Gorillas ziehen auch gegen den Willen des Leittiers weiter, wenn etwa 60 Prozent der erwachsenen Herdenmitglieder unruhig werden
Quelle: Fokus
Und seit Darwin ist der Mensch auch nur ein Tier. Wie gut, das wir mit den Guttenbergs ein weises, tatkräftiges und beliebtes Herrscherpaar hätten, mit der die Politik endlich auch wieder die Herzen der Menschen erreicht. Da brauchen wir auch nicht aufmüpfig zu werden.
Alles wird gut, oder? Dafür wird unsere Jugend schon sorgen:
SPIEGEL ONLINE: Das Ende der Politikverdrossenheit?
Albert: Jedenfalls liegt dort ein ungeheures Potential an politischer Aktivität. Allerdings werden Parteien und andere traditionelle Institutionen erst einmal nicht davon profitieren. Das Ansehen der Parteien ist so schlecht wie seit Jahren – diesmal nur noch unterboten von den Banken.
Quelle: Spiegel-online