Samstag, 18.1.2014. Eifel. Hatte ich eigentlich schon mal erzählt, dass ich eigentlich ein Mann der Tat bin – und ziemlich darunter leide, aus gesundheitlichen Gründen nur noch sehr eingeschränkt aktiv sein zu können? Darum war ich auch recht erfolgreich in der Pharmaindustrie – habe in zehn Jahren mein Gehalt vervierfacht … um mal „Erfolg“ messbar zu machen. Ja – die Kunst der Philosophie bringt sehr viel im praktischen Leben, weshalb ich immer wieder verdutzt dreinschaue, wenn ich Menschen begegne, die sich „eine Meinung bilden“, dann „eine Meinung haben“ – und nicht im geringsten verstehen, dass diese Pippi-Langstrumpf-Prinzip (ich mach´ mir die Welt, wie sie mir gefällt) sie auch beruflich, politisch oder gesellschaftlich nicht weit bringt.
Nun ja – Pharmaindustrie ist schon ein lustiges, unterhaltsames Arbeitsfeld – wenn man ständig neue Rekordumsätze schafft. Wer Reisen mag, keine Familie, kein Gewissen sein Eigen, nicht an Morgen denkt, der kann da sehr zufrieden leben – wie alle anderne Auftragskiller. Ja – das ist die dunkle Seite der Interkontinentalreisen: man bringt dafür Leute um. Nicht persönlich – der Arzt erledigt das per Verordnung. Die kriminelle Energie in der Branche ist gewaltig – sieht man auch an den unterschlagenen Firmengeldern, von denen man sich das eine oder andere Leckerli im Bordell gönnt.
Glauben Sie nicht? Ich sollte es selbst tun. Ein Medikament einführen, dass in Europa wegen eventuell tödlicher Nebenwirkungen keine Zulassung erhalten hatte. Die Unterlagen zu den Nebenwirkungen sind sicher nicht mehr auffindbar. Man hatte mir einen Professor als Partner zur Seite gestellt und wir sollten dieses tödliche Medikament an allen öffentlichen Stellen vorbei in den Markt einschleusen … da hätte es dann auch keine staatliche Kontrolle wegen der Todesfälle gegeben. Das war für mich der Moment zu sagen: nein danke. Trotz 6 Kinder und Hypothek. Ich habe dann lieber einen Betriebsrat gegründet, was zu sofortiger fristlosen Kündigung führte. Aber wenigstens brauche ich nicht mit Leichen im Gepäck reisen. Das Medikament ist heute zugelassen, die Daten zur Nebenwirkungen im kardialen Bereich sind nicht veröffentlicht, das Arzneitelegramm rät davon ab, das Mittel irgendjemand anderem als dem Mülleimer in der Praxis anzuvertrauen. Der Mann, der das initiiert hatte, wurde befördert.
Das mag ein Beispiel dafür sein, dass für jeden irgendwann mal der Moment kommt, wo man entschieden „NEIN“ sagen muß – auch wenn es die eigene Versorgung gefährdet. Damit habe ich einige Jahre lang das Leben von Menschen gerettet, die ich nie kennen lernen werde. Jubelgefühle hinterläßt das nicht – für meine Ehe war die Entscheidung wahrscheinlich nicht gut, Frauen, die ihrer Lebensplanung das Versorgungsmodell fest verankert haben, reagieren langfristig nicht gut darauf, wenn diese Versorgung gefährdet wird: aber darum gab uns Gott ja das Gewissen … um auch dann das Richtige zu tun, wenn es total unvernünftig ist.
Dieser Moment der Entscheidung mag aber auch für ein ganzes Volk oder einen ganzen Kontinent kommen, die im Kampf der Systeme den Kürzeren ziehen.
Ab wann steht man auf, sagt: NEIN! und handelt auch danach?
Die Militärs der westlichen Welt rüsten sich schon jetzt für den Kampf gegen die aufständische Bevölkerung und testen die Waffen im Ausland, siehe Neues Deutschland:
»Die Waffensysteme, die vor der Botschaft aufgefahren wurden, habe ich noch nie zuvor gesehen«, berichtet Lorena Delaya von der Nationalen Widerstandsfront eingeschüchtert. »So etwas kennt man höchstens aus Kriegsfilmen.« Die neue Generation der in den USA entwickelten Aufstandsbekämpfungswaffen scheint gerade in ihrer Gesamtheit in Honduras zum Einsatz zu kommen. Apparate, die elektromagnetische Wellen aussenden, sogenannte nicht tödliche »Antipersonen-Mikrowellen-Waffen« und Schallwaffen, die mit einer Maximallautstärke von 150 Dezibel die Hörorgane dauerhaft schädigen können. Außerdem eine perfide Mischung von toxischen Substanzen, die als Gas aus Hubschraubern abgeworfen oder von Wasserwerfern in die Menge geschossen werden.
Das deutsche Frauenhoferinstitut organisiert seit 1998 Symposien über „non-letal-weapons“ – alles auf Englisch, dass der Durchschnittsdeutsche nicht hinreichend versteht. Hören wir uns doch mal ein paar von den Titeln des ersten Symposiums (2001) an:
Safety Evaluation of Pepper Spray as a Police Weapon
Studies on the possible Effects of High Power Microwaves on the Central Nervous System
Influence of Laser Radiation on Man
Schön fand ich den Titel „PsyOps“ – Spiele mit der Wahrheit, die wir jeden Tag in unserem Leben erfahren dürfen:
To evaluate the effectiveness of PsyOps, we conducted three laboratory studies based on a theoretical model of persuasion which is best summed up as “Who says what inwhat channel to whom and with what effect?”
„Auf welchem Wege schleuse ich Legenden über die nicht existente BRD, die Nazi-Basen auf dem Mond und die große jüdische Weltverschwörung in die Widerstandsgruppen, damit die sich am Ende völlig lächerlich machen“ – wäre ein Beispiel. Oder: wie verhindere ich durch gezielte Arbeit an dem Ruf einer Person, eines Nachrichtenmediums oder einer Partei, dass diese Macht und Einfluss bekommen.
Welche Länder arbeiten daran mit?
Die Niederlande, Belgien, Schweden, Deutschland, Italien, Portugal, Tschechien, Frankreich, Großbritannien, Finnland, Norwegen, Österreich, Schweiz und die lupenreine Demokratie Russland. Island, Irland, Spanien, Dänemark, Griechenland, der Balkan und der Rest der Länder des ehemaligen Warschauer Paktes sind nicht daran beteiligt: eine denkwürdige Allianz, die sich dort in aller Öffentlichkeit aber ohne große Aufmerksamkeit gebildet hat.
Treffen sich jedes Jahr wieder, um über Waffen zu diskutieren, die man gegen das eigene Volk einsetzen kann ohne die Infrastruktur oder die Fabriken in Gefahr zu bringen.
Die Methode der PsyOps wird übrigens systematisch von der Pharmaindustrie eingesetzt, um die gesamte deutsche (oder europäische) Ärzteschaft zu steuern … so bekommt man ein Land, dass höchste Erträge bei durschnittlicher Versorgung (sprich: Investment) garantiert. Wen man so etwas einmal erlebt hat, wundert man sich nicht mehr über viele Erscheinungen der politischen Welt, wo man mit kleinen, engagierten Gruppen ebenfalls Riesenerfolge erzielen kann, ohne Wasserwerfern, Giftgas, Mikorwellen, Einkesselungen und aktustischem Terror ausgesetzt zu werden. Auch Bankraub findet ja heute nicht mehr mit Staubtuch im Gesicht und Auto vor der Tür ab: viel effektiver ist die Arbeit über Rettungsschirme der EU – da kassiert man mehr, als man je mit einer Kolonne von Lastwagen wegschaffen könnte.
Eine lange Vorrede – die notwendig ist, um nur halbwegs zu skizzieren, auf welchem Schlachtfeld wir uns gerade befinden. Gegenüber dem 19.Jhd. hat sich da einiges geändert: man marschiert nicht mehr bunt gekleidet in Reih und Glied auf den Gegner zu, um sich dann nach Signal so lange mit Bleikugeln zu beschießen, bis eine Seite wieder zurückmarschiert, noch stürmt man nach Art der Ritter mit gezücktem Schwert auf die Kolonne der Staatsbüttel zu, um die eingekesselten Maiden zu befreien.
Warum die Vorrede?
Ich habe auf eine meiner Fragen eine Antwort bekommen, die ich hier mal zitieren möchte.
„…was wäre zu tun, um das unvermeidliche aufzuhalten…“
1. Redefinition des Rankings der Werte und daraus ableitend gelebte Konsequenz.
2. Erhöhung der Wehrhaftigkeit
3. Angriffsabwehr und Gegenangriff
Danach Reset und Neubeginn, bis zur nächsten Iteration.
Das wird an anderer Stelle sogar weiter ausgeführt:
Eine langfristige Lösung kann es nur durch einen Paradigmenwechsel geben und diesen kann man nur mittels körperlicher Gewalt umsetzen. Das heisst nicht, dass man selbst körperliche Gewalt anwendet (worauf es aber trotzdem und leider in Teilbereichen früher oder später hinauslaufen wird), sondern dass man selbst Ziel von körperlicher Gewalt werden wird und dass man die Kraft hat, dieser lange genug stand zu halten. Das erleben wir derzeit an allen Ecken und Enden: Wer nicht mitmacht, wird weichgeknüppelt.
Und das ist doch genau die Frage, um die es eigentlich geht. Erfolgreiche Revolutionäre wissen das. Findet man bei „gut zitiert„:
Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen.
Quelle: Worte des Vorsitzenden Mao Tsetung, Peking 1967, S.74; Probleme des Krieges und der Strategie, 6. November 1938; Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. II
Man komme mir da jetzt nicht mit Ghandi: die Folgen seiner Taten waren die größte Völkerwanderung der indischen Geschichte, mehrere blutige Kriege zwischen Pakistan und Indien – die bis heute nicht beendet sind. Ein Schuß: da war dann Schluß mit Ghandi. Fasten macht nicht kugelfest, noch bewirkt es irgendetwas.
Wer jetzt aber meint, er brauche sofort die Kalaschnikow, um die Verhältnisse zu ändern, dem muss ich leider sagen: zu spät. Die Bundesregierung bringt seit einigen Jahren die Bundeswehr gezielt in Stellung gegen die Bevölkerung – die Wehrpflicht wurde abgeschafft, Organisationsformen zur flächendeckenen Zusammenarbeit mit Behörden, Polizei und Feuerwehr geschaffen (Stichwort: zivil-militärische Zusammenarbeit), sogenannte Sicherungskompanien werden flächendeckend aufgestellt (siehe Bundestag): aus der Sicht eines Militärstrategen bereitet sich die Bundesregierung schon längst auf die Niederschlagung großer Aufstände vor … noch bevor überhaupt jemand in Deutschland daran denken würde, aufzustehen. Wer weiter denkt, wird verstehen, wie sinnvoll es war, den Umbau der sozialen Sicherungssysteme (bzw. ihre Vernichtung) in die Hände eines Oberst der Bundeswehr zu legen … da hat schon jemand sehr weit nach vorne gedacht.
Die scheinen mehr zu wissen, als uns die handverlesenen und sytemgeschulten Bezahljounalisten gerne erzählen wollen – wäre mein Eindruck dazu.
Ob man am Frauenhoferinstitut schon 1998 von der drohenden Immobilienkrise in den USA wußte? In Anlegerkreisen und im Pharmamanagment wußte man es schon – dafür kann ich persönlich bürgen. Heute wissen es „Nicht-Entscheider“ (oder auch: „Konsumenten“) ebenfalls. Und Helmut Schmidt wußte es ebenfalls – schon viel früher.
Einmal abgesehen davon, dass nur Menschen mit aktivem Gewissen erkennen, dass die Zeit zum Handeln gekommen ist, weil der Staat nur noch Instrument einer Bereicherungsschicht der Bevölkerung ist und Mitglieder der Regierungen ganz offen von dieser Schicht mit dekadenten Abschöpfpöstchen versorgt werden, dafür aber durch Entzug der Lebensgrundlage das Leben widerspenstiger Arbeitsloser (die nicht mehr unter der „Aufsicht“ der Wirtschaft stehen) wissentlich und mit voller Absicht in Gefahr bringt, ist es auch gerade dieses Gewissen, dieser Rest von Anstand, Gesetzestreue, Moral und Verantwortung, der einem den Gebrauch der Waffe unmöglich macht.
Ich weiß dass – ich gehöre noch zu denen, die den Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen abgelehnt haben … zu einer Zeit, wo man damit ein hohes persönliches Risiko einging, weil eine Kommission die Existenz dieses Gewissens erstmal überprüft hat. Menschen, die hier nicht anerkennt wurden, wurden im Anschluß bei der Bundeswehr schikaniert bis zum geht nicht mehr. Nun – seitdem habe ich ein staatlich attestiertes Gewissen … das ist irgendwann vielleicht auch mal etwas wert.
Allerdings: wenn der Staat beginnt, Bürger zu töten, sollte man wissen, dass der demokratische Zug endgültig abgefahren ist. 2002 konnte ich mir Widerstand gegen Mordaufträge des Konzerns leisten, weil ich wußte, dass mich der Staat (also: die Gemeinschaft aller Bürger, die mit ihrem Geld, ihrer Arbeit und ihrem Willen zur Zusammenarbeit den Staat überhaupt erstmal ausmachen) auffangen wird, wenn Goliath (Konzern) gegen David (ich) marschiert.
Wenn ich recht informiert bin, würde ich heute jegliche Unterstützung verlieren, weil ich nicht alles in meiner Macht stehende getan habe, um meine Arbeit zu behalten – ich wage gar nicht daran zu denken, wie viele Menschenleben allein diese Entwicklung kostet, weil jetzt viele Menschen in meiner Situation vor der Frage stehen: die oder ich.
Das ist also das strategische Umfeld, in dem wir uns bewegen: wir sind unfreie Bürger, waffenlos (oder ganz schnell tot, weil wir mit bloßen Händen gegen Panzer angehen müßten), im Ernstfall abgeschnitten von jeder Versorgung – wie eine versprengte Einheit im Feindesland, zudem beständig von Falschinformationen in die Irre geführt, die von PsyOps jederzeit äußerst geschickt und sehr intelligent auf allen möglichen Kanälen eingeschleust werden, um eine Allianz der reinen und praktischen Vernunft im Sinne Immanuel Kants, eine Allianz christlichen Werten verbundener Menschen oder einer Allianz der Freunde Karl Marx zu verhindern.
Kein Wunder, dass die NSA Deutschland zu gezielt ins Auge fasst: als Volk der Dichter und Denker haben wir die PsyOps der Mächtigen seit Luther immer wieder torpediert … und wir brachten Rom zu Fall. Den Welt-Entscheidern ist das wohl bewußt.
Ist die Lage deshalb hoffnungslos? Ist die Verwandlung der Welt in ein riesiges Armuts- und Arbeitslager als logische Konsequenz von Finanzkapitalismus und Globalisierung wirklich alternativlos – genauso wie das brutale Ende unserer Kultur, wie es Arnold Gehlen prophezeite? Darum ging es ja in dem Artikel: der unvermeidliche Untergang unserer ganzen Kultur – an dem außer einigen, die in den USA oder Russland einen Zweitwohnsitz haben – niemand ein ernsthaftes Interesse haben kann.
Der Autor des Kommentars – den ich Aufgrund seiner beruflichen Einbindung anonym halten möchte (auch wenn das eventuell gegen seinen Wunsch gehen würde, weil er zu seinen Worten steht) – sieht diese Entwicklung klar vor Augen … und sagt auch deutlich, worum es geht: nicht Gewalt anwenden, sondern Gewalt aushalten können, um einen Paradigmenwechsel herbei zu führen.
Undenkbar? Der japanische Politolog und Rechtswissenschaftler Mitsuo Miyata hatte 1971 ein Konzept für nationalen Zivilwiderstand entwickelt: wie kann sich ein Land gegen einen militärischen Agressor verteidigen, ohne eine Armee zu besitzen und ohne selbst zu morden? Es ist lange her, dass ich dieses Konzept überflogen habe … aber damals hatte es mich überzeugt: das funktioniert.
Auf eine Organisation kann man hier jedoch nicht verzichten: die politischen Offiziere der Aktion dürfen nicht abhängig sein von fremden Geldmitteln, um ihre körperliche Existenz sicher zu stellen. Wie man in Deutschland am Beispiel des Arbeitslosenaktivisten Ralph Boes sieht, zögern die aktuellen Machthaber nicht, ihn einfach auf der Straße verhungern zu lassen – an einen Dialog mit ihm sind sie überhaupt nicht interessiert, sein Hungertod wird billigend in Kauf genommen.
Widerstand – so Mitsuo Miyata – ist nicht unmöglich. Widerstand ohne Tote jedoch nicht. Widerstand ohne Gewalt auch nicht.
Wissen Sie, wie ich meine Gewissensprüfung bestanden habe?
Der Bundeswehroffizier fragte mich, was ich tun würde, wenn ich Holländer wäre (andere Fragen gingen in Richtung „Mann mit Flammenwerfer stürmt Kindergarten“ oder „Atombomber im Anflug auf die Heimatstadt meiner Familie“) und deutsche Panzer rollen ins Land. Ich sagte: ich würde mich vor den Panzer legen … in der sicheren Gewissheit, dass in dem Moment das Gewissen des Panzerfahrers aktiv werden würde. Wenn nicht durch mich, dann durch hundert andere, die sich vor den Panzer legen: irgendwann ist der Mensch am Steuer überfordert …. und irgendwann versteht überhaupt keiner mehr, was das Gemetzel soll – aus so einem Volk kann man keinen Gewinn schlagen, es zu besetzen ist teurer, als auf das Gebiet zu verzichten.
Der Offizier stürmte zornig aus dem Raum – außer sich vor Wut. Die Kommision bescheinigte mir das Gewissens, in einem Gespräch vor der Tür schleuderte mir der Mann hasserfüllt entgegen, dass er mir kein Wort glauben würde.
Ich bemerkte, dass sein Gewissen dabei war, die Konditionierung seines Verstandes abzuschütteln
Dabei wollte ich zwei Jahre zuvor noch zur Bundeswehr oder zum Grenzschutz: Orte, wo Taten gefordert waren. Arbeit in einem Großraumbüro war für mich unvorstellbar, in der Familie hatten wir viele Militärs, die mir rieten, diesen Weg einzuschlagen: ich hätte da Qualitäten, die man dort gut brauchen kann.
Das Töten von Menschen bringt mich jedoch in große persönliche Schwierigkeiten – selbst gegen viel Geld oder die Androhung von Sanktionen.
Darum meine Antwort auf diese Mail: ja, der Weg ginge. Ohne Gewalt (die auch Gandhi in passiver Form angewendet hatte) wird man den momentanen Kriegsgewinnlern die Herrschaft nicht entreißen – und somit auch den prophezeiten Untergang des Abendlandes nicht aufhalten können. Nur dürfte man in einer durch und durch egomanen (und auch gezielt so gezüchteten) Welt nicht genug Rebellen zusammenfinden, die passive Gewalt anwenden und sich so der brutalen, aktiven Staatsgewalt aussetzen … auch dann nicht, wenn dadurch der Untergang des Abendlandes aufgehalten werden könnte.
Ein bewaffneter Aufstand jedoch – wäre kompletter Selbstmord, auch wenn manche ihn herbeisehen mögen, um ihrem Elend ein Ende zu setzen.
Wenn man nicht Teil der „Gamer“-Szene ist, reagiert man wohl verblüffent auf die Nachricht, das ein Spiel alle Entertainmentrekorde geschlagen hat:
So erfolgreich war kein Spiel, kein Film und kein Buch je zuvor: Das neue „Call of Duty“ hat alle Verkaufsrekorde gebrochen – trotz herber Kritik.
So jedenfalls die „Welt“.
Da fliegen Gewehrkugeln zu Rockmusik in den Kopf eines Vietnamesen, Blut spritzt, Kehlen müssen durchgeschnitten werden. Zudem vertritt das Spiel einen knüppelharten konservativen Militarismus, der Spieler muss etwa Kuba infiltrieren und die geheimsten Methoden der USA zur Zeit des Kalten Krieges bedenkenlos unterstützen.
Kein Wunder, das dieses Spiel sogar politische Folgen hat:
Bei „Black Ops“ (der Name bezeichnet verdeckte Operationen kleiner Spezialeinheiten) geht die Kritik neue, verstörende Wege. So hat Kuba sich bitter über das Spiel beschwert. Dort ist eine lange Szene des Spiels angesiedelt: Der Spieler muss noch vor der Zeit der (echten) gescheiterten Invasion in die Schweinebucht, es ist 1961, man soll den noch jungen Revolutionsführers Fidel Castro umbringen.
Die kubanischen Medien erregten sich ungewöhnlich. Das Spiel sei „doppelt pervers“, indem es Attentate glorifiziere und bei Kindern und Heranwachsenden in Nordamerika „soziopathische Haltungen“ fördere. Was die USA in 50 Jahren nicht geschafft hätten, werde nun virtuell versucht, hieß es auf der staatlichen Website Cubadebate.
Ob solche Spiele soziopathische Haltungen fördern und dazu führen, das man seinen Nachbarn erschießt, ist umstritten. Aber etwas anderes kommt in den Fokus der Öffentlichkeit, obwohl es doch verpönt ist, darüber überhaupt nur nachzudenken:
Der Vorteil der sogenannten Black Operations: Der ausführende Staat hat die Möglichkeit, jedwede Beteiligung an den Missionen zu leugnen.
Das ist natürlich schön für den Staat, der den Auftrag gibt – und schlecht für alle, die bei der Ausführung des Auftrags im Wege steht. „Black Ops“ sind die Mutter aller Verschwörungstheorien, gäbe es sie nicht, so würde auch niemand auf die Idee kommen, das bei nine-eleven was ganz falsch gelaufen ist. Unter „Black Ops“ laufen jene Killer – auch „Schakale“ genannt – die die Welt laut John Perkins für die Interessen der Konzerne gefügig schießen. Globalisierung heißt letztlich Amerikanisierung – und das heißt wiederum Weltherrschaft der Korporatokratie. Im Kampf gegen das Böse sind alle Mittel recht. Russen, Kubaner, Vietnamesen … alles laufende Zielscheiben. Nun – vorher waren es Deutsche.
„There is a Soldier in all of us“ – so lautet ein Trailer der offiziellen Webseite des Spiels. Brave Bürger ballern dort herum was das Zeug hält – ich persönlich fand die Bilder verstörender als die „echten“ Bilder aus dem Spiel. Sie erinnerten mit an Erfurt oder Winnenden.
Was macht so ein Spiel so erfolgreich? Was fasziniert Spieler? Was ist aus der Debatte geworden, das alle Soldaten Mörder sind – und darf man auch mal die Kollateralschäden nach ihrer Meinung zu dem Satz fragen?
Die Jagd auf Menschen – so ein hartnäckiges Gerücht – soll ja spannend sein, der Jagd- und Sammeltrieb bei Menschen sehr ausgeprägt sein. Das sieht man ja täglich bei Aldi, Lidl und E-Bay, so das man solche Spiele zum Ausleben der Triebe eigentlich nicht braucht – shoppen ist wohl im Prinzip kaum was anderes.
Überraschenderweise fand ich einen Hinweis auf Videospiele in einem Merkblatt zur Traumatherapie – also exakt jener Therapie, die eingesetzt wird, um Soldaten mit Kriegstraumata zu behandeln. Hier wird darauf hingewiesen, das Videospiele „geschützte Räume“ schaffen, Räume, die man anders als Fernsehen komplett steuern und bestimmen kann (falls der Schwierigkeitsgrad nicht zu hoch ist).
Ich weiß nicht, ob „Call of Duty: Black Ops“ für die Traumatherapie geeignet ist – aber die Sicht der Traumatherapie eröffnet eine neue Perspektive auf die Motivation der Spieler. Es gibt nicht nur einen „geschützten Raum“ zwischen Bildschirm und Spieler, innerhalb dieses Raumes ist jeder sehr wehrhaft. Wovor der Raum schützt?
Vor der Wirklichkeit, die über einem hereinbricht, vor dem Zusammenbrechen der sozialen Strukturen der Realität, einem Zusammenbruch, dem man scheinbar hilflos gegenübersteht – hier eine aktuelle Entwicklung aus England, von der die „Zeit“ berichtet:
Parallel zu den Einschnitten soll die Höchstgrenze für Studiengebühren steigen, von derzeit 3290 auf bis zu 9000 Pfund im Jahr, über 10.000 Euro. Staatliche Kredite helfen dabei, die Studiengebühren und Lebenshaltungskosten zu finanzieren.
So etwas bedeutet wohl den Tod der Geisteswissenschaften, mit einer Zunahme von Verblödung und Verrohung ist zu rechnen.
Man denkt unwillkürlich an Marx und seinen durch Feuerbach inspirierten Satz: „die Religion ist Opium fürs Volk“, wenn man an die Wirkung der Videospiele in diesem Zusammenhang denkt, könnte man den Satz auch auf diese Spiele ummüntzen. Dabei ist es wohl auch gerade die Erfahrung mit linker Politik, mit dem, was aus der Revolution geworden ist, die die Menschen in geschützte Räume treibt: aus der Leibeigenschaft für den Adeligen ist die Arbeitspflicht fürs Kollektiv geworden – was im Endeffekt für den Menschen auf das Gleiche hinausläuft: er soll umsonst arbeiten, damit andere das Leben genießen können. Mit der Agenda 2010 zeigte die Demokratie, das auch sie einen großen Hunger auf Gratisarbeit ihrer Mitglieder hat – der Praktikumswahn zeigte ein Übriges.
Machtstrukturen sind heute andere als zu Zeiten von Karl Marx. Heute bestimmen „Black Ops“ die Politik – und man erfährt nur von ihnen, wenn sie völlig aus dem Ruder laufen. Aufklärung ist unerwünscht – die Tatsache, das Kennedy nach neuesten ballistischen Untersuchungen von zwei Schützen unter Feuer genommen wurde, zeigt, das die amtliche Einzeltätertheorie falsch ist, was aber wirklich geschehen ist, interessiert keinen mehr … ebenso bei nine-eleven.
Macht man die Nachrichten an, wird man überschüttet mit Lügen und Irrationalitäten. Morgens braucht Irland Geld, mittags braucht es kein Geld um abends dann sehr viel Geld zu brauchen. Millionen Arbeitslose stehen auf der Straße, wir müssen aber alle länger unseren Arbeitsplatz besetzen, damit die für sich ja keine Rentenansprüche erwerben. Arbeitslosigkeit und Zweifel an Regierungsmythen werden fast zu Straftaten, auf jeden Fall wird beides gesamtgesellschaftlich mit Verachtung gestraft – wobei als Nebenwirkung Menschlichkeit und die Tradition der Aufklärung auf der Strecke bleiben.
Und da soll ich junge Menschen verurteilen, die sich in ihren vier Wänden verbarrikadieren und sich einen therapeutisch wirksamen „sicheren Raum“ schaffen, um den alltäglichen Wahnsinn besser ertragen zu können? Wäre mal spannend, zu untersuchen, ob „Gamer“ weniger an Depressionen leiden als TV-Konsumenten. Ich schätze mal … eher nicht.
Politische Bewegungen, die die Mobilisierbarkeit der Massen als Lebensgrundlage brauchen, stehen solchen Entwicklungen wahrscheinlich feindlich gegenüber wie Marx der Religion, denn motivierbar ist da nicht mehr viel. Jedoch sollte man – so meine Meinung – berücksichtigen, warum nicht. Alle Träume von der proletarischen Revolution im 21. Jahrhundert scheitern letztlich … an der Möglichkeit des nuklearen Holocaust. Die Atombombe bedeutet für Politik, was Hartz IV für den Arbeitsmarkt bedeutet. Weit vorher aber befindet sich der Normalbürger – weit entfernt, sich selbst der Kaste der Proletarier zuzurechnen – in einer nie dagewesenen Abhängigkeit, die gleichzeitig mit einer luxuriösen Vollversorgung einhergeht – gemessen am Weltdurchschnitt. Der duldsame Deutsche bekommt da zwar wie üblich weniger und aber fühlt sich dennoch wie ein Ackermann.
Unsere ganze Nahrungsmittelversorgung ist in der Hand einiger weniger Menschen. Unsere Medien sind in der Hand einiger weniger Menschen. Unsere Technik läuft nur dank einiger weniger Spezialisten. Der Korporatokratie braucht nicht mehr den Gemeindebüttel als Steuereintreiber durch die Gegend schicken, Geld wird heute viel eleganter per Knopfdruck erbeutet. Somit erübrigen sich auch die Feuergefechte an den Barrikaden mit den Gemeindebütteln, die Infrastruktur hat sich soweit geändert, das unsere Bauern ohne EU-Subventionen verhungern würden.
Die Menschen hängen am Tropf … und das ist eine häßliche Erfahrung. Einen Monat lang die Bankschalter zumachen und der Hunger besorgt den Rest. Diese Abhängigkeit ist vielen Menschen bewußt … und eine Form, die man aus einer gewissen Perspektive auch Luxussklaverei nennen könnte. Woher da nun das Vertrauen auf die Machbarkeit des großen Volksaufstandes kommen sollte, bleibt mir ein Rätsel, zumal das regelmäßige Spiel mit den nuklearen Muskeln des Mutterlandes der Korporatokratie, des Konzernterrors, in den Medien immer dann zu beobachten ist, wenn die realen „Black Ops“ mal wieder versagt haben.
Da scheint es mir sinnvoller zu sein, sich in einen sicheren Raum zurückzuziehen, der auch vor den Auswirkungen der Konzernpropaganda schützt, bis der Sturm vorüber ist und man sieht, was übrig geblieben ist. War es nicht Mao, der meinte, das der Revolutionär aus China sich zurückzieht, wenn der Sturm kommt, wie das Gras das vom Wind gebeugt wird – anders als die deutsche Eiche, die sich ihm in den Weg stellt und gebrochen wird?
Worin der Sturm besteht?
Im fortschreitenden Umbau der Gesellschaft zur Anpassung an Konzernansprüche – zum Beispiel zur Finanzierung der Spekulationsverluste der Finanzspielereien und zur gezielten Züchtung einer Millionärs-Herrenmenschenkaste. Was da letztlich für eine Gesellschaft auf uns wartet, kann ich nicht sagen, die Prognosen sind da uneinheitlich. Womit man jedoch sicher rechnen kann ist viel mehr Arbeit für viel weniger Geld, soviel Prophezeiung wage ich mal. Und Spieleverbot für Arbeitslose … die laut Spiegel den Strom schon jetzt schon nicht bezahlen können:
Hunderte Stromanbieter erhöhen die Preise – jetzt zeigt eine neue Statistik: Für Arbeitslose wird das besonders teuer. Sie müssen viel mehr für Energie zahlen, als im Hartz-IV-Regelsatz vorgesehen ist.
Dabei könnten die den sicheren Schutzraum sicher gut gebrauchen.
Und das das Versenken in Videospiele eine Form des Widerstandes sein kann, eines Widerstandes gegen ein reales Leben, das seine Reize, seinen Sinn, seine optimistischen Zukunftsperspektiven und Utopien verloren hat und dem Individuum nur noch einen Platz als Nutzvieh bereithält (bei allerdings angemessener Pflege), ist eine Perspektive, die sich wohl ebenso durchsetzen muß wie jene, das Videospiele auch Kunst sein können.
Weltflucht – kann auch Widerstand sein … und ärgert in erster Linie jene, die als selbsternannte oder staatliche bezahlte (Gefängnis)Wärter darauf achten, das niemand aus der Reihe tanzt und alle Mitglied der Partei sein – welcher auch immer ist fast schon egal. Hauptsache, man bleibt unter Aufsicht.