Bild: PD
Immer öfter höre ich von „ganz normalen“ Menschen, die ich sehr schätze – Büroangestellten, Friseurinnen, Handwerkern -, dass sie neuerdings keine Nachrichten mehr lesen. Der Grund dafür sei, dass sie es schlichtweg nicht mehr ertragen, was derzeit in der Welt so abläuft und ihnen das Gelesene Angst mache.
Obwohl ich es zutiefst dramatisch finde, dass Menschen gerade jetzt, wo es auf jeden einzelnen wachen Kopf ankommt, geneigt sind, einfach abzuschalten, so kann ich es doch nachvollziehen. Auch ich merke im Umgang mit Nachrichten einen deutlichen Unterschied zu früher: Begegnete ich beim Sichten des Nachrichtenpotpourris noch vor wenigen Jahren noch ein bis zwei abgründigen Tendenzen pro Woche, von denen ich meinte, dass man diese unbedingt im Auge behalten sollte, da sie sonst gewaltig ins Auge gehen könnten, so geht es mir heute mit fast jeder einzelnen Nachrichtenmeldung so. Man könnte meinen, der nackte Wahnsinn wurde mittlerweile zur Normalität erklärt und lacht uns von allen Seiten an. Nicht nur Umweltzerstörung und Artensterben schreiten in rasendem Tempo voran, auch unsere mühsam über die Jahrhunderte errungenen Grundrechte werden quasi über Nacht abgeholzt (siehe „Die Maasmännchen haben übernommen“), die Chefkonstrukteure des CIA-/NSA-Überwachungsnetzwerks warnen in einem offenen Brief: „Wir errichten gerade schlüsselfertige Tyranneien!“
So nebenbei legen unsere Großmächte wieder die atomare Karte auf den Tisch. Mit bisher unbekannter Leichtfertigkeit wird über die Möglichkeit eines atomaren Erstschlags diskutiert (siehe dazu einen Kommentar des ehemaligen Welt-Journalisten Dirk C. Fleck: „Wenn die Fetzen fliegen“). Michail Gorbatschow warnt, dass wir die nächsten Jahre nicht überleben werden, wenn wir die NATO-Konfrontation an der Grenze zu Russland nicht entschärfen. Unsere DIN-ISO zertifizierten und transatlantisch vernetzten Leitmedien haben damit kein Problem, sondern plädieren für noch mehr Konfrontation und „Abschreckung“. Eifrig kritisiert werden von besagten Leitmedien hingegen Friedensaktivisten, „Sozialromantiker“ und „Querfrontler“.
Während wir also am Rande des Abgrunds tanzen und gerade wieder in den alljährlichen Oktoberfesttaumel einmünden, ist vor allem eines verpönt: Personen, die Alarmismus verbreiten wie z.B. die Netzfrauen, die mit Ende Juli nun aufgegeben und ihre beliebte Facebook-Seite mit über 200.000 Abonnenten eingestellt haben (siehe auch epochtimes). Ja, wirklich … „Alarmismus“, das ist heute in der Tat das neue Hexentum – wenn wir ihn nicht rechtzeitig verbrennen, wie soll man sich als fortschrittlicher Bürger dann angesichts der derzeitigen globalen Situation noch abends in Ruhe vorm Flachbildschirm sein Bier schmecken lassen?
Dass sich unser bisheriges Träumen mittlerweile ins Alptraumhafte gesteigert hat und unsere schon etwas ergrauten Young Leaders die schwarzen Tore geöffnet haben, durch die wir Wohlstandsbürger schon morgen alles verlieren können, tut der Sehnsucht nach wohligem Eingebettetsein in Zuckerwatte keinen Abbruch. Anstatt auf die Realität hinzusehen und zum Not-Wendigen der griechischen Stoiker aufzuwachen, blasen wir lieber zur fröhlichen Hexenjagd – wobei der Historiker Daniele Ganser ja bereits festgestellt hat, wer im Mittelalter als Hexe gegolten hat: jede Frau, die zuviel Wissen besaß – und damit der herrschenden, patriarchalen Meinung gefährlich war.
Auch den Netzfrauen ist ihr umfangreiches Wissen nun zum Verhängnis geworden. Sie hatten ein weltweites Netz aus Freunden, investigativen Journalisten und Aktivisten aufgebaut, deckten Umweltskandale auf, beleuchteten die Geschäfte von Chemie- und Pharmalobbies und waren Menschrechtsverletzungen ebenso auf der Spur wie Tierquälereien. Ihr Motto: „Was eine nicht schafft, schaffen viele“. Höchste Zeit also, gegen solch umtriebige Frauen der Spezies ‚mutter courage‘ etwas zu unternehmen, sonst macht ihr Beispiel womöglich Furore und die Zivilgesellschaft schafft etwas, was der Einzelne nicht schafft. Die Schergen, die die Drecksarbeit erledigen und die Frauen auf den medialen Scheiterhaufen befördern, waren wie gewohnt schnell zur Hand. Nicht nur die Welt steuerte einen vernichtenden Artikel bei, in dem die Netzfrauen als „alarmistisches Hetzportal“ und als „Hetzfrauen“ denunziert werden (besonders verwerflich hierbei der Vorwurf: ihr unablässiges Hetzen „gegen die Pharmaindustrie und andere große Konzerne, allen voran Monsanto“). Ausschlaggebend für das Aufgeben der Netzfrauen waren aber wieder einmal die üblichen Verdächtigen: Die erbarmungslosen Großinquisitoren samt ihrem Rudel an Hobbydenunzianten aus dem Dunstkreis der Skeptiker-/Psiram-Bewegung, die den Netzfrauen das Leben insbesondere im letzten Jahr so zur Hölle gemacht haben, sodass die z.T. schon älteren Damen fortwährend mit Abmahnungen wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen, Hohn- und Drohschreiben, persönlichen Angriffen und Anwaltsschreiben beschäftigt waren.
Auf einer Vielzahl an Skeptiker-Blogs wurden die Netzfrauen persönlich bloßgestellt und mit z.T. satirisch verunstalteten Fotos an den Pranger gestellt. D. Schreier, die Gründerin der Netzfrauen, wurde für den Satire-Preis „Die lockere Schraube“ nominiert (siehe dielockereschraube.de), einer weiteren Plattform zur Bekämpfung „unwissenschaftlicher“ Meinungen, deren Betreiber sich laut eigenem Bekunden der Skeptiker-Bewegung zugehörig fühlen (siehe auch „Das Goldene Brett vorm Kopf – Über GWUP-Pastafaris, die neue Aluhut-Inquisition und neoliberale Arschlöcher wie mich“).
Aus dem Abschiedsschreiben der Netzfrauen:
„Liebe Fans, Follower, liebe Leserinnen und Leser.
Wir haben Sie informiert, dass wir seit letztem Jahr extrem von einer Gruppe tyrannisiert werden. Man droht, uns finanziell zu schaden, wie man auf unserer Webseite nachlesen kann.
Allein schon, dass wir Sie informiert haben, reichte wieder mal aus, uns mit Abmahnungen zu drohen. Uns war nicht bekannt, dass es eine Straftat ist, etwas zu hinterfragen und dann auch noch zu veröffentlichen.
(…)
Es ist uns aber zu mühselig, unsere Zeit mit Anwälten zu verbringen, oder immer wieder erklären zu müssen, woher wir Quellen, Bildmaterial u. s. w. haben, wenn doch alles in unseren Artikeln steht.
Als wir 2013 gebeten wurden, weiter zu schreiben, haben wir es getan … Doch jetzt ist Schluss. Wir wollten eine bessere Welt für unsere Kinder und Enkelkinder, aber jetzt sind auch diese in Gefahr, denn wie heißt es in der Drohung auf unserer Webseite, dass man auch vor denen nicht halt machen wird.
Wir haben unser Haushaltsgeld in die Netzfrauen gesteckt, waren sparsam, um uns das leisten zu können. Aber dass unsere Männer arbeiten, damit wir das Geld zum Anwalt bringen können, sehen wir nicht mehr ein. … Wir haben unser Leben lang schwer arbeiten müssen, Lisa und Ulla sind schon auf Rente und Doros Mann kommt jetzt auf Rente und da haben wir uns ein anderes Leben gewünscht und nicht diese Quälerei und Tyrannei, die wir zurzeit erleben müssen. Wir hätten gerne noch weitergemacht, aber so nicht.
Wir bedanken uns für Ihre mentale Unterstützung und werden jetzt die Zeit, die wir sonst für Recherchen aufgebracht haben, bei Anwälten verbringen müssen.“
Unmittelbar nach dieser Kapitulationserklärung knallen im GWUP-Hauptquartier die Korken, das Aufgeben der unwissenschaftlichen Netzfrauen wird gefeiert (verfasst von GWUP-Pressesprecher Bernd Harder am 31. Juli 2017 auf blog.gwup.net):
>> Aus für die “Netzfrauen”?
Noch können wir es nicht recht glauben (ähnliche Ankündigungen hat es schon x-mal gegeben) – jedenfalls haben die “Netzfrauen” soeben ihren Rückzug vom Geschäft mit der Empörung verkündet …<<
Der langjährige GWUP-Vorstand Bernd Harder, der seine alternativlose akademische Brillanz unter anderem mit Vorträgen wie „Gibt es eine alternative Mathematik? Oder eine alternative Geographie? Nein!“ unter Beweis stellt, kann nun aufatmen. Die alternativen Ansätze, die unsere alternativlose Zeit genauso braucht wie ein Loch im Eimer, lösen sich gerade der Reihe nach auf und machen bewährter Monokultur nach System Monsanto Platz, dessen Totalherbizid „Glyphosat“ man laut Bekundungen auf GWUP-Plattformen ja relativ unbekümmert trinken kann. GWUP-Mitglied und Gentechnik-Freak Martin Moder teilt uns etwa auf seinem Blog „GENau“ mit, dass „wir die mühsame Debatte um die Sicherheit des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat endlich beenden können“, da eine wissenschaftliche Studie „eindeutig gezeigt hat, dass Glyphosat Krebszellen gezielt abtötet … Normale Körperzellen kommen damit gut zurecht“ (Quelle: scienceblogs.de).
Na, das sind doch schon mal ganz andere Töne als dieser mühsame Alarmismus von Netzfrauen & Co., die jeden Tag mit neuen Hiobsbotschaften und Gesundheitsgefahren aufgewartet haben. Dass die streng wissenschaftlichen Herren von der GWUP mit ihrer Meinung zu Glyphosat zwar nicht mehr ganz up to date sind und von seriösen Wissenschaftlern mit Kopfschütteln bedacht werden, braucht uns nicht zu bekümmern. Was ist es doch für uns Laien, die wir abends müde von der Arbeit heimkommen und vorm Flachbildschirm relaxen wollen, für eine Erleichterung, von akademisch akkreditierten Experten zu erfahren, dass Glyphosat gar kein gefährliches Gift, sondern ein überaus nützlicher Wirkstoff ist. Angesichts solch geballter akademischer Expertise verblassen die Videoaufnahmen, die man zum Thema Glyphosat auf Youtube reihenweise finden kann, wo Landwirte berichten, dass ihre Tiere seit dem Verfüttern von Glyphosat-hältigem Futter mit grässlichen Missbildungen, offenen Köpfen etc. zur Welt kommen – sonnenklar: solche Aufnahmen können nur Fake News sein.
Zum Glück geht’s diesen Fake News nun aber endgültig an den Kragen. Die medialen Geschütze und bunkerbrechenden Debunking-Marschflugkörper wurden bereits in Stellung gebracht, digitale Agenten mit der Doppelnull-Lizenz zum medialen Töten unterwandern indes bereits die dem Fortschritt feindliche Querfront. Aber nicht nur schmuddelige Hobbydenunzianten und gelangweilte Nerds befördern politisch unkorrekte Personen und Meinungen umgehend auf den digitalen Scheiterhaufen, en gros ausgemistet wird nun auch mit ganz hochoffziellem Mandat im Dienste ihrer Majestät. „Correctiv“ nennt sich das Zensurbüro, das auf Facebook unter Ausschluss des Rechtsweges unbotmäßige Meinungen und ganze Profile löschen darf (zu den Hintergründen von „Correctiv“ siehe auch eine Bestandsaufnahme von Paul Schreyer: man erfährt unter anderem, dass das mit höchsten Kreisen aus Politik, Wirtschaft und Medien außergewöhnlich gut vernetzte Büro unter anderem von der Brost-Stiftung, der Deutschen Bank, George Soros‘ Open Society Foundations sowie von ZDF, RTL und Google finanziert wird.) Seit Anfang 2017 sind die GWUP-/Ruhrbarone rund um David Schraven, Sebastian Bartoschek (der die Netzfrau D. Schreyer auf seinem GWUP-Blog mittels genüsslicher verbaler Lanzenstiche zuletzt in die Verzweiflung getrieben hat), Stefan Laurin, & Co. als „correctiv.ruhr“ Teil des Zensurbüros „Correctiv“ und dürfen dort alles löschen, was nicht der naturwissenschaftlichen Rationalität entspricht bzw. Fake ist.
Die messerscharfen Gedankenpolizisten der GWUP-/Skeptiker-/Brights-Bewegung haben ihren Fuß somit nicht nur in der global meistgenutzten Wissensenzyklopädie Wikipedia stehen (wie in Markus Fiedlers sehenswertem Film „Zensur“ aufgedeckt), sondern besitzen nun auch im global meistgenutzten sozialen Netzwerk Facebook die Deutungshoheit. Die von allem Geist befreite, „rein säkulare Welt“, die die GWUP-/Skeptikerbewegung mit aller Kraft anstrebt, befindet sich nun erstmals in der Menschheitsgeschichte in unmittelbarer Reichweite. Das technokratische Paradies und die digitale Endlösung der menschlichen Unvollkommenheit sind also nahe …
Gerade erhalte ich die Nachricht, dass auch die Pax Terra Musica gemeinnützige GmbH, die mit ihrer jüngsten Veranstaltung eine Möglichkeit zur Vernetzung und Neuformierung der Friedensbewegung bieten wollte, Insolvenz anmelden müssen, da dem Festival nach massiver Diffamierung durch Blogger aus dem Psiram-Umfeld die Besucher fernblieben (hier das Statement des zu Tränen gerührten Organisators und Mitbegründers der „Humanistischen Friedenspartei“ Malte Klingauf). Auf der anderen Seite höre ich bereits das schallende Hohnlachen in den GWUP-Büros, wo man jetzt einen weiteren Erfolg feiern und sich auf die Schultern klopfen kann.
Ja, lachen wir nur, solange wir noch können. Bald wird sich das Lachen sogar noch zum Wiehern steigern – die alljährlichen GWUP-Schmähpreisverleihungen „Das goldene Brett vorm Kopf“ und der „Goldene Aluhut“ nahen wieder, eifrige Schergen schlichten bereits das Scheitholz, ölen die Streckbank und holen die Beißzangen aus dem Keller.
Lassen wir die Horrorclowns also ruhig feiern. So sehr sie jetzt noch feiern, schenkelklopfen und prustend lachen – ihre eigenen Kinder und Enkel werden sie ob der säkularen Welt, in der sie leben werden müssen, allerdings einmal verfluchen (siehe Steve Cutts Cartoon „Man“).
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Update 20.09.2017: Habe soeben auch etwas sehr Erfreuliches erfahren: In einem jüngsten Statement (siehe Youtube) berichtet Malte Klingauf von einem vorweihnachtlichen Wunder: Ein unerwarteter Spender hat die gesamten Schulden der Pax Terra beglichen und damit das Insolvenzverfahren abgewendet. Dass es auch Menschen gibt, die der systematischen Sabotage der Zivilgesellschaft und der Friedensbewegung nicht tatenlos zusehen, gibt Hoffnung.
„Ausgedämpft“ (cc by Parkwaechter 2017)
„DIE GRÜNEN – das verdiente Ende einer überflüssigen Partei“ – mit diesem Essay (siehe Nachrichtenspiegel) hat der Eifelphilosoph eigentlich schon alles gesagt, was den Werdegang der ehemaligen Alternative zum neoliberal-technokratischen Einheitsbrei betrifft. Viele haben die einstige Zukunftshoffnung bereits abgeschrieben, bei den NRW-Wahlen ist sie fatal abgestürzt. Abgeordnete, die im Grünen Aquarium einen bequemen Platz neben dem Heizstab und unter dem automatischen Futterspender gefunden haben, müssen jetzt schon bangen, ob sie sich im Herbst wieder um einen Job als Fahrradboten umsehen werden müssen.
Aber Totgesagte leben länger – mitten im Sommerloch hört man es im Grünen Aquarium plötzlich wieder blubbern … die Grünen machen gemeinsam mit SPD und FDP für die Homo-Ehe mobil. Wild entschlossen machen sie die gleichgeschlechtliche Partnerschaft sogar zur Bedingung für eine Koalition nach der Bundestagswahl, ohne der gar nichts geht. Noch diese Woche soll die Abstimmung über die Bühne gehen, eine Mehrheit gilt laut Stuttgarter Nachrichten bereits als sicher.
Für viele Tagesschau-Spiegelbildbürger ist dieser Lanzenbruch für die Homo-Ehe mit einem überraschenden Aufwacheffekt verbunden: Rot-Rot-Grün hätten also im Bundestag eine Mehrheit, mit der man untragbare Verhältnisse im Handumdrehen verändern kann? Na, das ist ja ganz was Neues. Jetzt versteht man wirklich die Welt nicht mehr, warum trotzdem nichts weiter sondern alles immer mehr den Bach runter geht.
Dann ist ja das, was uns Jean Ziegler in einem jüngsten Interview erklärt, vielleicht doch keine Utopie:
„Es gibt keine Ohnmacht in der Demokratie. Alle mörderischen Strukturen können morgen auf verfassungsrechtlich friedlich demokratische Weise aus dem Weg geräumt werden.
(…)
Ich sage es nochmal: Es gibt keine Ohnmacht in der Demokratie. Das Grundgesetz gibt uns alle Waffen, die wir benötigen, in die Hand – wir müssen uns nur bücken und sie aufheben. Wir haben ein Streikrecht, wir haben Wahlen, wir haben ein Demonstrationsrecht und viele Rechte mehr. Wir können die Regierungen zwingen, diese Strukturreformen durchzuführen.“ (ganzes Interview siehe Nachdenkseiten)
Wenn uns unsere demokratische Verfassung diese Mittel an die Hand gibt, warum winden wir uns dann wie die Teufel vorm Weihwasser, sie zu ergreifen und unseren gerade auf den Grand Canyon zufahrenden Zug wieder in eine nachhaltige und menschengerechte Zukunft zu führen? Dabei hat uns doch inzwischen nicht nur Noam Chomsky gewarnt, dass das 21. Jahrhundert das letzte Jahrhundert der Menschheit sein könnte, wenn wir uns weiterhin lieber mit Plattitüden beschäftigen, anstatt uns mit den wirklichen Bedrohungen zu konfrontieren (siehe Interview).
Bevor wir zur Therapie der derzeitigen politischen Lethargie kommen (Peter Sloterdijk spricht von einer „Lethargokratie“: „Wo Politik war, wird betreutes Dahindämmern“ – Quelle: Handelsblatt), braucht es zuerst eine profunde Diagnose. Hier bitte ich nun um die Mithilfe des Lesers: Wie soll man den Gemütsvirus bezeichnen, der die im u.a. Video ersichtlichen Männlein und Weiblein – und leider nicht nur diese – befallen hat?
Zwischenbemerkung: ich will hier nicht nur über die Grünen herziehen, ich hätte genauso Bilder vom Parteitag einer der anderen schwarzrotgelbkarierten Parteien verlinken können (siehe „Bodenständige Politiker im Maulwurfspelz und AFX-Parteien“), wollte aber nicht das Risiko eingehen, dass danach einer unserer Leser in akute Depression verfällt – daher lieber ein vergleichsweise unterhaltsamer Streifzug in bewegten Bildern durch das grüne Lala-Land.
Ganz am Ende des Videos rätselt ein schon ergrautes Mitglied der Grünen, warum am Parteitag alle einen auf LaLa-Land machen, aber kein Wort zu den (US-geführten) Kriegseinsätzen im Ausland verlieren („Wir reden nicht mal darüber“). Nun, erwartet sich der gute Mann allen Ernstes, dass die Parteispitzen Özdemir und Göring-Eckardt – beide Mitglieder des US Thinktanks Atlantikbrücke – die Hand beißen, die sie gefüttert hat?
Nachsatz: Möchte hier keine Wahlwerbung machen, aber wie es scheint, ranken sich aus dem grünen Komposthaufen gerade durchaus hoffnungsvolle Nachwuchsbewegungen heraus, z.B. die Humanistische Friedenspartei / HFP. In einem Interview mit Daniele Ganser beweist die HFP-Vorstandsfrau Paula Popescu-Kehnen jedenfalls, dass man auch in einer Zeit grassierenden Wahnsinns gesunden Menschenverstand bewahren und substanzielle Ideale formulieren kann.
Allerdings läuft auch die Diffamierungsmaschiniere bereits auf Hochtouren, um die zarten Sprosse der neu erstandenen Friedensbewegung wieder niederzutreten. Ebenso wie die für 16. und 17. Juni geplante Friedenskonferenz mit Daniele Ganser „Angst essen Zukunft auf“ durch Hassblogger aus dem Dunstkreis des Psiram-/Skeptiker-Netzwerks gezielt sabotiert wurde und in der Folge abgesagt werden musste (siehe Rubikon), so ist es den Heckenschützen auch gelungen, das vom HFP-Vorstand Malte Klingauf organisierte Pax Terra-Friedensfestival zu sabotieren und potentielle Besucher abzuschrecken (siehe Rubikon). In einem Rückblick auf das letztes Wochendende stattgefundene Festival berichtet die Friedensaktivistin Katrin McClean, wie sie bei Regen über einen weitgehend leeren Festivalplatz bis zur Bühne blickt, wo eine Band spielt, ohne zu wissen für wen – und warum alle, die dem Diffamierungshagel getrotzt haben und gekommen sind, dennoch glücklich sind:
„Und obwohl das alles komplett nach Tristesse klingt, bin ich glücklich. Wieso glücklich? Muss man denn da nicht völlig in Depression und Verzweiflung verfallen? Nicht, wenn wir Wut, Trauer und Verzweiflung miteinander teilen. Das Irre ist: Nicht nur Glück wird zu Glück, wenn man es teilt. Auch pessimistische Gefühle verwandeln sich, wenn man sie teilt. Geteilte Wut wird nicht zu Ohnmacht, sondern verwandelt sich in Kraft. Geteilte Trauer übrigens auch (…) Niemand hier verschwendet seine Zeit noch damit, die Verbrechen von Politik und Wirtschaft zu leugnen. Die Leute hier finden es auch nicht mehr witzig, sich mit faden Witzen über den Ernst der Lage lustig zu machen. Oder sich unsere Gesellschaft als freiheitlich und demokratisch und die beste aller möglichen schön zu reden, als läge die Lösung von Problemen darin, dass man sie sich aus dem Kopf redet. Die lähmende Verdrängung himmelschreiender Wirklichkeiten: Bei Pax Terra findet sie nicht statt. „Wir reden uns stark“, bringt es Florian Ernst Kirner alias Prinz Chaos II. auf den Punkt. (…) Viele treffen Freunde aus Internetforen hier zum ersten Mal live oder nach langer Zeit wieder. Und nicht nur Wut und Trauer, sondern auch hoffnungsvolle Erfahrungen werden geteilt …“