Madelaine Albright

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Hartz IV: Das stille Sterben der Kikki W. – ein Triumph deutscher Sozialpolitik im Auftrag der Weltbank

Hartz IV: Das stille Sterben der Kikki W. - ein Triumph deutscher Sozialpolitik im Auftrag der Weltbank

Mittwoch, 2.3.2016. Eifel. Vor einem Monat hatten wir über die leise Hinrichtung der Kikki W. geschrieben – und über den Applaus der Masse. Letzteres kam als „shit-storm“ von hauptsächlich in Berlin ansässigen Leuten über mich (auf meiner Facebook-Autorenseite) bzw. über uns (auf der Facebookseite des Nachrichtenspiegels). Massiv  – und massiv übergrifflich – traten in Folge des Artikels Menschen auf, die – indirekt – den Tod von Kikki forderten, massiven Rufmord begingen und auch vor Verleumdung nicht zurückschreckten. Nach 2700 Artikeln im Internet, die (trotz inzwischen über 13 Millionen Besuchern) wenig Zorn erregten – obwohl sie als Streitschriften ausgelegt sind – eine Überraschung. Der Hass auf Arme ist groß in diesem Land – und wir haben sogar einen begründeten Anfangsverdacht, dass dort ein Sachbearbeiter, der sie persönlich kennt, an vorderer Front mitmischt und private Daten von ihr veröffentlicht (siehe Nachrichtenspiegel) – ebenso hat er private Daten von mir veröffentlicht, was mich aber nicht sonderlich stört, aber zeigt, wie viel kriminelle Energie hinter dem Treiben steckt.

Nach einem Monat ist es nun mal Zeit, eine Rückmeldung zu geben. Zuerst eine positive. Ihre Spendenbereitschaft, lieber Leser, hat dazu gereicht, die „Hinrichtung“ um einen Monat zu verzögern. Es waren viele Spender – soweit ich das überblicken kann – die selbst nicht viel haben, aber in der Masse können selbst arme Menschen Wunder wirken. Wie so oft habe ich erleben dürfen, dass es die Armen sind, in denen Menschlichkeit noch lebendig geblieben ist, während reichere hauptsächlich nach Argumenten suchen, ihren Geiz mit Sachzwängen zu begründen … oder mit dem Hinweis darauf, dass Kikki es verdient hat, zu sterben – was man allerdings auch mit schönen Worten umschreibt (z.B … dass sie „selbst Schuld“ sei). Wie gesagt: die Hinrichtung findet unter dem Applaus der Masse statt, das war nicht übertrieben.

Eine weitere gute Nachricht: Frau Nahles selbst hat sich – augenscheinlich auf Grund der nun herrschenden Öffentlichkeit des Falles – in den Fall eingeschaltet. Nach näherem Studium der Aktenlage kam das unten zitierte Antwortschreiben: man ist halt nicht zuständig. Nein, lieber Leser: auch das im Schreiben empfohlene Ministerium ist nicht zuständig – das hat Kikki schon längst durch. Optionskommunen scheinen wirklich Narrenfreiheit zu  haben.

Die schlechte Nachricht ist: nach einem Monat Aufschub wird die Hinrichtung vollzogen. Den ersten Schritt sehen Sie im oben abgebildeten Leistungsbescheid. Kikki bekommt nur noch rückwirkend Heizkosten überwiesen, was die Ernährung angeht, ist sie nun auf Lichtnahrung angewiesen. Ich habe meine Zweifel, dass man damit vollwertige Mahlzeiten hinbekommt. Kikki geht es zunehmend schlechter – was man auch ihren Schreiben entnehmen kann, die mehr und mehr Ausfallerscheinungen aufweisen – der Hunger ist kein Freund der wohlformulierten Rechtschreibung. Warum nun die ausstehenden Beträge eingehalten werden … bleibt ein Geheimnis, das wir wohl niemals aufdecken können, weil der Fall mit Kikkis Ableben geschlossen wird.

Doch es gibt noch mehr schlechte Nachrichten: gestern erhielt Kikki die schriftliche Bestätigung der zukünftigen Totalversagung ihrer Leistungen (siehe Facebook):

Weiter wurde krank heute der total versagungsbescheid geschickt , da ich nicht bereit bin weitere Daten der Person zu übermitteln, die ich hier in Verdacht habe mein Sachbearbeiter zu sein oder zumindest Kontakt zu ihm zu haben und bereits Sozialdaten von mir verbreitet zu haben.

Kikki kann noch nicht mal ausschließen, dass diese Totalversagung nicht von dem Mitarbeiter stammt, der auch ihre Daten veröffentlicht hat – was schon recht ungeheuerlich wäre und ich mir nicht vorstellen möchte.

Der ebenfalls eingeschaltete Datenschutzbeauftragte hatte ihr dringend empfohlen, keine weiteren Informationen an das Amt zu schicken, bis das vermeintliche Leck aufgedeckt wurde – doch der Landrat (hauptverantwortlich für die Optionskommune) hüllt sich in Schweigen. Dieser Fall scheint keine Priorität zu haben – erledigt sich doch das Problem von selbst … in ein paar Wochen. Natürlich verhält sich der Sachbearbeiter in diesem Fall korrekt und führt nur seine Befehle aus: durch die Weigerung, weitere Daten zu übermitteln, greift ja das Gesetz bezüglich „mangelnder Mitwirkung“. Und wer nun wirklich ihre bzw. meine Daten ins Internet gesetzt hat, wird erstmal unbekannt bleiben – es ist eine der Millionen „Fake“-Adressen bei Facebook, mit denen der Mob Stimmung machen will, ohne sein Gesicht zu zeigen.

Eine weitere schlechte Nachricht: der Anwalt, der Kikkis Anliegen vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten soll, hat sein Mandat niedergelegt – aus privaten Gründen, wie es heißt. Dabei wäre dies einer der wichtigsten Prozesse der letzten Jahre geworden – was wohl dank Anwaltsdeutsch kaum einer versteht. Ich zitiere nochmal das betreffende Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (siehe Bundesverfassungsgericht):

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die Vorschriften des SGB II, die die Regelleistung für Erwachsene und Kinder betreffen, nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG erfüllen. Die Vorschriften bleiben bis zur Neuregelung, die der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2010 zu treffen hat, weiter anwendbar. Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung auch einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs für die nach § 7 SGB II Leistungsberechtigten vorzusehen, der bisher nicht von den Leistungen nach §§ 20 ff. SGB II erfasst wird, zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums jedoch zwingend zu decken ist.

Kikki hat einen besonderen, nicht einmaligen aber laufenden Bedarf: Mietkosten aus einem gescheiterten beruflichen Projekt. Kosten, die in anderen Fällen (wenn zum Beispiel eine Ehe scheitert und ein Partner auszieht) normalerweise für sechs Monate übernommen werden, ohne dass man ein großes Drama daraus macht. In Kikkis Fall jedoch – wird das Drama riesig. Ihre Klage in dieser Hinsicht war von außerordentlicher Brisanz für die Existenz des gesamten Hartz IV-Konstruktes … weshalb ich ihr von vorn herein sagen konnte, dass sie keinen Richter in Deutschland finden wird, der sich so weit aus dem Fenster lehnt, um diesen „besonderen Bedarf“ per Urteil zu legitimieren: seine Karriere wäre zu Ende. Wie es aussieht, findet sie auch keinen Anwalt mehr, der den Fall übernehmen möchte, selbst bundesweit bekannte Größen gaben ihr gegenüber im Vertrauen zu, dass das ihr berufliches und politisches Ende bedeuten würde.

Nun: Kikki wird sterben. Sie stellt in den nächsten Tagen die Veröffentlichung ihrer Akten ein, weil sie die Anfeindungen nicht mehr aushält. Es ist – so hart sich das anhört – nichts Besonders. Nicht umsonst schreibe ich seit sieben Jahren darüber, dass dieses Gesetz potentiell tödlichen Charakter hat – und in der Tat sterben durch dieses Gesetz ganz real Menschen in Deutschland. Kein Wunder: dafür war es ja geschaffen worden – um DRUCK auf die Bevölkerung auszuüben, die fortan bereit sein sollte, jeden Job für mieseste Bezahlung und zu normalerweise unzumutbaren, entwürdigenden Bedingungen anzunehmen, wenn sie nicht … den Hungertod sterben wollte. Und dieser Druck wird bei Widerstand gegen die Staatsgewalt schnell tödlich – erst recht bei einer so hartnäckigen Kämpferin wie Kikki, die – wenigstens – juristischen Beistand im Freundeskreis hat. Ja – sonst hätte sie diese ganzen Möglichkeiten, sich zu wehren, nicht gekannt noch wahrnehmen können.

Das ist die Quintessenz der Agenda 2010: friss jeden Job, den wir dir vorwerfen – oder stirb. Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen. Schufte für die Rendite der Parteispender – oder verrecke. Möge der Mammon ewig fließen – in die Kassen unserer Geschäftspartner.

Man wird vielleicht jetzt langsam merken, warum wir gerade den Fall Kikki W. Geiß aufgegriffen haben, einen jener Fälle, die es gar nicht geben soll. Kikki gehörte einst zu den „Besserverdienenden“ der Medienbranche (zu der sie noch ganz interessante Geschichten zu erzählen hätte, die man so auch nicht oft hört … wenn sie denn überleben würde), zu jenen Menschen also, die eigentlich nie in Hartz IV landen sollten – wenn man der Propaganda der Regierungen glauben schenken möchte, die lieber die Geschichte einer parasitären, faulen, bildungsfernen, primitiven Unterschicht erzählen, die nun mit harter Hand erzogen gehört, nachdem sie plötzlich und spontan das Licht der Öffentlichkeit erblickte. Schaue ich in meinen privaten Freundes- und Bekanntenkreis, so habe ich dort Ingenieure, internationale Models, Ärzte, junge Juristen, angestellte Lehrer, freiberufliche Schauspieler, Musiker, viele Unternehmer … die es alle nicht geben sollte aber trotzdem nur noch von Hartz IV überleben können und über die man nicht spricht. Was alle diese Fälle gleich haben: Krankheit … und fehlende private Berufsunfähigkeitsversicherung (die in meinem Fall vor fünfzehn Jahren vierhundert Euro im Monat gekostet hätte – das wären bis heute 72000 Euro gewesen: selbst für „Besserverdienende“ eine hübsche Summe, die ich lieber in Kinder investiert habe).

Man pflegt lieber die Legende einer mit geballter Medienmacht herbeiphantasierten Unterschicht, die es ja „verdient“ hat – und breite Teile des völkischen Mobs verwandeln sich auf einmal in einen Hobbyvolksgerichtshof, der emsig nach Gründen für die Legitimierung des Hungertodes sucht: das ist der Hintergedanke bei „selbst Schuld“. Hat auch schon bei Juden gut funktioniert.

Kikki W. Geiß ist ein Paradebeispiel für die Degeneration und Erosion unseres Sozialstaates und ein Ausblick darauf, was uns noch weiter droht: wir stehen vor dem Ende der Arbeitsgesellschaft (siehe goodimpact), Manager setzen zunehmend auf Maschinen, die gehorsamer und bequemer sind als Menschen – die keiner mehr braucht. Ein Grund, warum der tödliche Sanktionshammer nun auch zunehmend auf Arbeitslosengeldempfänger niedergeht, noch bevor sie in das Hartz-Ghetto abgeschoben werden (siehe Rheinische Post): die Regierung sieht nur noch einen Weg, die schlecht vertuschte Massenarbeitslosigkeit aufzuhalten: sie schiebt den Schwarzen Peter der arbeitenden Bevölkerung zu, als wäre sie es selbst, die mit Hochdruck an der Verringerung von Personalkosten arbeitet.

Wahrscheinlich wusste Kikki nicht, mit welchen Gewalten sie sich anlegt, als sie ihren Kampf ums Überleben und um unser aller Recht begann – ich kenne sie seit 1995, seit 1997 konnte es auch der breiten Öffentlichkeit bekannt sein … die sich aber lieber dafür interessierte, wer beim Spielen einen kleinen Lederball zwischen zwei Pfosten bewegen konnte: wahrlich Ereignisse von weltbewegener Relevanz, die tagtäglich unsere Nachrichten verwässern … wenn nicht überschwemmen.

Wer sich weniger ablenken lies, konnte 1994 im Bulletin des Weltwährungsfonds die Ankündigung von Hartz IV in Europa erkennen … und sich fürchten. Meine Vorgesetzten sprachen damals ganz offen über die Veränderungen, die sich dafür für die Gesellschaft ergeben werden und freuten sich – geil wie Bolle – über den gewaltigen Machtzuwachs, den man als „Chef“ dann endlich hätte. Ich möchte Ihnen den entscheidenden Passus gerne mal vorstellen – nun, 22 Jahre später:

„Eine größere Flexibilität des Arbeitsmarktes ist ungeachtet des schlechten Ansehens des Begriffes, der einen auf Lohnkürzungen und Entlassungen verweisenden Euphemismus darstellt, ein wichtiger Faktor für alle Regionen, die grundlegende Reformen durchführen wollen.“

„Die von den Auswirkungen der Politik auf die Verteilung der Einkommen hervorgerufenen Befürchtungen dürfen die europäischen Regierungen nicht davon abhalten, mutig eine grundlegende Reform des Arbeitsmarktes zu betreiben. Die Lockerung des Arbeitsmarktes erfolgt über die Umgestaltung der Arbeitslosenversicherung, des gesetzlichen Mindestlohns und der Vorkehrungen zum Schutz der Arbeit“(zitiert bei: Viviane Forrester, Der Terror der Ökonomie, Zsolnay 1997, Seite 133).

Ja – Hartz IV wurde von der US-dominierten Weltbank angeordnet und von Schröder und Fischer durchgeführt. Beide hatten anschließend überraschend lukrative Jobangebote, Kanzler Gerhard Schröder kam bei den Rothschilds unter: als Europabeirat einer Rothschild-Investmentbank (siehe Lobbypedia), einem Ableger jener Familie, deren Vermögen auf unglaubliche 700 Billionen Dollar geschätzt wird (siehe Yahoo-Nachrichten), Joschka Fischer verdient Millionen dank einer „strategischen Partnerschaft“ mit der Madelaine Albright … und genießt das Wohlwollen deutscher Spitzenmanager (siehe Stern):

„Bei einem Fest in Berlin dröhnte der damalige RWE-Boss Jürgen Großmann, mit dem Finger auf Fischer zeigend: „Den habe ich auch gekauft!““

Madelaine Albright? Außenministerin unter Clinton, bekannt durch ihre Ansicht, die Sanktionen gegen den Irak seien den dafür gezahlten Preis wert – Tod von über einer halben Million Kinder (siehe Fembio).

Man kann sich vorstellen, wie viel Tote man zur „Flexibilisierung des Arbeitsmarktes“ akzeptiert – nur, damit McDonalds seine Pommesköche bekommt, ohne die sich ihr Geschäft in Deutschland nicht lohnen würde.

Wissen Sie, was Vivianne Forrester 1997 noch schrieb (a.a.O.)?

„Die Schlacht gegen die Ausgegrenzten dröhnt bereits. Sie nehmen ganz entschieden zuviel Platz ein. Wir sagten es schon: sie sind bei weitem noch nicht ausgegrenzt genug. Aber die OECD weiß, wie man mit diesen Leuten umgehen muss, die nur arbeiten, wenn ihnen das Elend im Nacken steht. Ihr Bericht über die Beschäftigungslage, über die empfohlenen „Strategien“ zur Förderung der „Arbeitswilligkeit der Arbeiter“ ist, wie wir bereits gesehen haben, sehr eindeutig. „Ein Großteil der neuen Arbeitsplätze ist nicht sehr produktiv (…). Sie sind nur zu halten, wenn sie an ein sehr niedriges Einkommen gekoppelt sind“

Und 2016 fordert diese Schlacht Tote – auf Befehl der Weltbank.

Kikki ist einer davon – der die ganze Gewalt der Befehlskette am eigenen Leib erfahren muss, bis zum bitteren Ende.

Wir haben deshalb auch volles Verständnis dafür, dass sich Frau Nahles aus der Debatte lieber heraushält:

 

 

 

Ukrainische Verhältnisse in Deutschland – und Kriegsgefahr in Europa. Wem nützt´s? Wen stört´s?

Ukrainische Verhältnisse in Deutschland - und Kriegsgefahr in Europa. Wem nützt´s? Wen stört´s?

Freitag, 21.2.2014. Eifel. Die Meldungen aus der Ukraine werden von Tag zu Tag dramatischer. Wir kennen sie schon aus Lybien, Ägypten und Syrien: „Scharfschützen auf den Dächern erschießen harmlose Demonstranten“. Wie auch in Lybien, Ägypten und Syrien sind die Demonstranten alles andere als harmlos, siehe Spiegel:

Das Hotel, in dem viele Journalisten wohnen, war auch von den Kämpfen betroffen. Es liegt an der Institutska-Straße, die ins Regierungsviertel führt. Mehrere Kugeln schlugen auch in Zimmern ein, in denen Reporter logieren. Männer vom Maidan bezogen in den oberen Etagen Position und feuerten auf Polizisten.

Im selben Artikel werden auch die Aktionen der Scharfschützen der Polizei beschrieben:

Vor dem Hotel steht Irina, 48, eine Frau aus Kiew. Ihr Sohn wurde am Morgen verletzt. Er wurde von einer Kugel an der Stirn getroffen, zum Glück war es nur ein Gummigeschoss.

Das hatten wir schon gestern gelesen: spricht man mit Demonstranten selbst, so erwähnen sie nur, von Gummigeschossen getroffen zu sein. Die martialisch ausgestatteten Demonstranten jedoch schießen mit scharfer Munition. Wo sie die wohl herhaben? Woher stammen die Helme, die Schutzschilde? Gestern war es der Pfarrer Haska, der uns direkt vom Ort des Geschehens berichtet hat, siehe Spiegel:

Die Maidan-Wache konnte nicht alle Steinwürfe verhindern. Es fiel aber schon auf, dass die Polizei sofort darauf geantwortet hat, mit massiver Gewalt. Da waren sofort Berkut-Scharfschützen auf den Dächern, die mit Gummigeschossen auf die Demonstranten geschossen haben.

Sicher – wir mögen diese Geschichten: gute Menschen stehen auf gegen den bösen Diktator, der mit brutaler Gewalt zurückschlägt. Ich mag diese Geschichten auch – bin mit Che Guevarra und Fidel Castro groß geworden – und weil wir sie so mögen, erzählt man sie uns auch … jedes mal. Wir sind dann jedesmal ganz gerührt und stehen sofort auf der Seite der Nato, die die Demonstranten massiv unterstützt.

Halten wir hier aber mal einen Moment inne – und lassen uns nicht von dem mit synthetischen Geschmacksstoffen versetzten Nachrichtenaufguss in einen Zustand gläubiger Extase versetzen.

Erinnern wir uns nochmal kurz daran, was geschehen war – und zitieren wieder ein seriöses Leitmedium des deutschen Journalismus, den Spiegel:

Wütende Anhänger der proeuropäischen Opposition setzten mehrere Einsatzfahrzeuge und Spezialtechnik in Brand. Die Ausschreitungen dauerten auch nach mehr als fünf Stunden an. Es gab mehrere Festnahmen.

Am Nachmittag und Abend standen sich Regierungsgegner und die Polizei gegenüber. Hunderte mit Holzknüppeln ausgerüstete und mit Masken vermummte Oppositionelle wollten eine Polizeiabsperrung durchbrechen und das Parlamentsgebäude stürmen. Gegen Ende der Kundgebungen warfen die Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz, dem Maidan, Steine und Molotow-Cocktails auf die Sicherheitskräfte. Sie versuchten, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen und Einsatzbusse umzustoßen. Die Sicherheitskräfte setzten Blendgranaten und am späten Abend auch einen Wasserwerfer ein – bei etwa minus acht Grad Celsius.

Gummigeschosse … und erst ganz spät Wasserwerfer. Sehr sozial – angesichts der Temperaturen. In Deutschland haben wir die Wasserwerfer schneller auf der Straße – sie schießen auch schon mal Augen aus. Aber Deutschland ist „gut“, da darf so etwas schon mal passieren.

Was wäre, wenn 100 000 deutsche Demonstranten mehrere Einsatzfahrzeuge der Polizei in Deutschland anzünden würden, sich – gegen geltende Gesetze – vermummten und mit Knüppeln bewaffneten, um das Parlamentsgebäude zu stürmen? Wie würde die Polizei reagieren – wenn Beamte systematisch mit Molotowcoctails und selbstgemachten Flammenwerfern angegriffen werden? Würden sie auch mit Wasserwerfern oder Gummigeschossen antworten?

Ich denke nicht, da mir die Aussage eines Polizisten während der Blockupy-Demo in Frankfurt noch in Erinnerung ist, siehe Frankfurter Rundschau:

Ob der Polizist denn Angst vor ihm habe, will der junge Mann wissen. „Nein, wenn Sie mich angreifen, erschieße ich Sie“, blafft der Beamte. „Eine Kugel zwischen die Augen, und gut is‘.“

Der junge Mann hatte noch nicht mal einen Holzknüppel, geschweige denn einen Molotowcoctail. Molotowcoctails können schwerste Verbrennungen hervorrufen, die äußerst schmerzhaft sind. So barbarisch sind nur noch wenige Armeen, die ihre Flammenwerfer größtenteils verschrottet haben. Stellen Sie sich einfach mal vor, jemand würde Sie mit Benzin übergießen und sie dann anzünden – hätten sie da nicht gerne zuvor eine Schusswaffe zur Hand? Wie „friedlich“ sind eigentlich die Proteste, die mit solchen Waffen gezielt Menschen attackieren? Verlangen wir wirklich von unkrainischen Polizisten, das sie ruhig stehenbleiben, wenn Molotowcocktails auf sie zufliegen?

Offenbar ja. Führende deutsche Politiker haben kein Problem mit solchen Aktionen, wie z.B. Joschka Fischer – der Mann der Deutschland wieder zu Bombadierungen im Ausland verhalf. Dank der Zeitschrift Stern haben wir einen Livebericht über die Erfahrungen mit Molotowcocktails:

„Es war alles friedlich, keine Vorkommnisse, plötzlich blieb das Ende des Demonstrationszugs am Roßmarkt stehen. 40, 50 Leute drehten sich wie auf Befehl rum und warfen die ersten Molotowcocktails. Es ist nicht schön, diese Dinger auf dich zukommen zu sehen. Da kommt Panik auf. Die haben ganz gezielt geworfen. Es wurde massiv auf das Auto geworfen, als ich rauswollte, explodierte neben meiner Fahrertür ein Molotowcocktail. Da war plötzlich eine meterhohe Flammenwand, sie schlug über das Auto. Ich will deshalb also bei der Beifahrertür raus, verhake mich, da schlägt rechts oben am Holm ein Flasche ein, alles ergießt sich ins Auto, das Auto brennt, ich brenne, irgendwie komm ich raus und bin weggerannt. Meine Kollegen sind hinter mir her, haben mich umgeworfen und mich gelöscht. Ich schrie meine Kollegen an: ‚Erschießt mich! Erschießt mich!'“

60 Prozent seiner Haut waren zerstört, Oberkörper, Arme, Beine, alles, bis auf sein Gesicht, Jürgen Weber war einer der ersten Menschen, die eine solch massive Verbrennung überlebten. Und er sagt nochmals: „Fischer ist für mich der geistige Täter.“

Man fängt an, ein wenig Verständnis für jenen Frankfurter Polizisten zu entwickeln, der lieber zuerst schießen will – bevor er bei lebendigem Leibe verbrannt wird.

Und wie waren die Verhältnisse in der Ukraine noch einmal genau? Darf ich dazu die Tagesschau zitieren?

Wie immer die Krise in der Ukraine ausgeht, einige Männer im Hintergrund werden mitreden. Es sind reiche Geschäftsleute, die die Medien beherrschen und die Politik beeinflussen. Dieses Oligarchentum ist eine schwere Bürde – nicht nur für die Ukraine.

Nicht nur für die Ukraine? Schauen wir mal kurz bei der Bundeszentrale für politische Bildung vorbei – auch dort schaut man nach dem Oligarchentum in der westlichen Politik:

Dass der Elitenwettbewerb Kartellbildungen, Wettbewerbsverzerrungen und der Manipulation des Wählerwillens unterworfen ist, wurde zuletzt durch den britischen Soziologen Colin Crouch hervorgehoben. Für ihn steht fest, dass in vielen westlichen Ländern die demokratischen Institutionen nicht weiterentwickelt, sondern im Gegenteil an Substanz verlieren würden. Politik verkomme zum Medienspektakel, während wichtige Entscheidungen und Weichenstellungen unbeobachtet von der Öffentlichkeit im Inner Circle der Eliten aus Wirtschaft und Politik getroffen würden.

Auch in Deutschland lassen sich ähnliche Phänomene beobachten.

Ähnliche Phänomene? Zum Beispiel die seltsamen Konstellationen um den Fall Edathy?

Darf ich auch nochmal den Stern zitieren? Er klärt uns über ein paar Randerscheinungen zum Phänomen Joschka Fischer auf:

Bei einem Fest in Berlin dröhnte der damalige RWE-Boss Jürgen Großmann, mit dem Finger auf Fischer zeigend: „Den habe ich auch gekauft!“

Dabei haben die Ukraine und Deutschland neben ihren Oligarchen und dem Vermummungsverbot für Demonstranten (welches entsetzlich ist, wenn es die ukrainische Regierung bestimmt) noch mehr Gemeinsamkeiten: wie Deutschland wird die Ukraine langsam zu einem Weltbordell … so jedenfall berichtete der Spiegel noch im Jahre 2009:

Mit rabiaten Mitteln kämpft die Gruppe Femen gegen Sextourismus und Prostitution in Kiew. Die Studentinnen und Schülerinnen ziehen sich aus, warnen Ausländer, werfen mit Schlamm oder Torten. Ihr Schlachtruf: „Die Ukraine ist kein Bordell!“

Ja, die haben das gleiche Problem wie Deutschland: man wird als Land zum Bordell, das von im Hintergrund wirkenden mafiaähnlichen Paten regiert wird und von ausländischen Politikern „gefickt“ werden soll.

In der Ukraine gibt es dagegen Proteste – weil es mächtige Interessengruppen gibt, die dafür bezahlen. In Deutschland gibt es keine Proteste, weil die bürgerlichen Oppositionsparteien (nicht die Parteiausstülpungen des Oligarchenblocks) wie die 5-Sterne-Bewegung keinen Finanzier finden – und in Zeiten grassierender Armut und (gut versteckter) Massenarbeitslosigkeit auch nicht von Parteibeiträgen leben können.

Und was lernen wir daraus?

Das die Welt von Geldern und Gewalten regiert wird, die wir noch nicht mal im Ansatz erahnen können. Nur manchmal scheinen durch die Berichte der gleichgeschalteten Presse Informationen durch, die – anders als gewünscht verknüpft – einen Blick auf ein unglaubliches Puppentheater werfen.

Was lernen wir noch?

Wer die politischen Verhältnisse in Deutschland ändern will, braucht sehr viel Geld – nur so kann dem „Inner Circle“ die Macht entrissen und die Demokratie wiederbelebt werden.

Ein Blick auf Deutschlands Oligarchen?

Gern. So geheim sind die inneren Zirkel gar nicht, sind auch illustre Spaßvögel aus den Medien und dem Fussball darunter, siehe Manager Magazin über die „geheimen Machtzirkel“der Manager:

Die Runde ist derart diskret, dass die Beteiligten deren Existenz am liebsten mannhaft leugnen würden. 

So zählen folgende Dax-Chefs dazu: Johannes Teyssen (51, Eon), Frank Appel (49, Post), Martin Blessing (47, Commerzbank), Kasper Rorsted (48, Henkel). So sind folgende Großkaliber dabei: Hartmut Ostrowski (52, Bertelsmann-Chef), Oliver Bäte (45, Vorstand Allianz), Günther Jauch (54, TV-Eminenz), Oliver Bierhoff (42, Fußballmanager). So rundet das Gremium folgender Unternehmsberater ab: der Kölner McKinsey-Direktor Klaus Behrenbeck (43).

Und die regieren, egal, wen man wählt.

Kehren wir zurück in die Ukraine, über die wir so genau Bescheid wissen, weil jeden Tag hundert Artikel die selbe Botschaft verbreiten, die auch Grüne gerne hören: arme, alte, kranke Menschen im Aufstand gegen ein kaputtes, korruptes, menschenfeindliches System, das von einer Hand voll Oligarchen von Hinterzimmern aus regiert wird. Begleiten wir nochmal einen Spiegelredakteur zu einem Interview, diesmal zu einem mit einer Vertrauten der Regierung. Wieder einmal konzentrieren wir uns darauf, was er selbst persönlich wahr nimmt … und nicht, was er meint, sehen zu müssen:

Das Treffen ist am Morgen geplant, der Waffenstillstand beginnt gerade zu bröckeln. Den unmittelbaren Ausbruch der Kämpfe habe ich nicht beobachtet. Auf dem Weg zum Interview mit Bondarenko stürmen plötzlich Männer der berüchtigten Berkut-Einheit an mir vorbei. Sie ziehen sich ungeordnet vom Maidan zurück, manche wirken panisch. Sie seien beschossen worden, sagt ein Kommandeur.

Wieder: Schüsse von Demonstranten auf die Polizei. Das Interview kann nicht wie geplant stattfinden: es droht Lebensgefahr:

Die Polizei räumt Hals über Kopf das Regierungsviertel. Jelena Bondarenko springt in ihren Jeep, „aus Angst, dass die Banditen jetzt kommen“. Damit meint sie die Demonstranten vom Maidan, die in Richtung Parlament vorrücken.

Man hat auch allen Grund, sich zu fürchten:

Auf dem Maidan stehen inzwischen ja nicht mehr friedliche Demonstranten. Das sind Vandalen, Brandstifter, bewaffnete Extremisten. Unsere Parteizentrale wurde in Brand gesetzt. Einer unserer Mitarbeiter wurde totgeschlagen, ein Elektriker, der die Glühbirnen im Büro austauschen wollte. Unsere Sicherheitskräfte reagieren nur auf Provokationen, auf Übergriffe der Radikalen.

So die Meinung der interviewten Politikerin. Natürlich ist sie böse – und der Journalist läßt keine Gelegenheit aus, auch darauf hinzuweisen. Und doch stellt Jelena Bondarenko eine Frage, auf die sie keine Antwort bekommen wird, weil – na, sie halt „böse“ ist und sagen kann, was sie will.

Es geht ihnen nicht um Reformen. Jetzt sitzen wir in meinem Wagen. Wir sind jetzt aus dem Regierungsviertel geflohen, weil der Maidan vorrückt. Würden deutsche Behörden zulassen, dass Abgeordnete des Bundestags aus dem Reichstag fliehen müssen?

Keinesfalls würden deutsche Behörden das zulassen – deren Vertreter haben in Frankfurt schon bewiesen, dass ihnen die Waffe viel lockerer am Halfter sitzt als ihren Kollegen in der Ukraine. Aber: wie auch in der Ukraine haben hier Oligarchen einen enormen Einfluss auf Medien, brüsten sich öffentlich damit, Minister kaufen zu können – und die grünen Minister freuen sich. Dank Madelaine Albright ist er auch gut im Geschäft – und sehr reich geworden, nochmal Stern:

Dass er so gut im Beratungsgeschäft ist, verdankt Fischer vor allem einer alten politischen Freundin: der Ex-US-Außenministerin Madeleine Albright. Mit deren Consultingfirma arbeitet er, wie es auf seiner Firmen-Homepage heißt, „im Rahmen einer strategischen Partnerschaft“ eng zusammen, Albrights Name steht für ein unbezahlbares Netzwerk, ihr Name öffnet die Türen zu Wirtschafts- und Politikführern auf allen Kontinenten.

Ach ja – Frau Albright. Wenn wir über die Ukraine und Deutschland reden, sollten wir Menschen wie sie nicht vergessen – Menschen, die uns (wie Frau Nuland) in gewissen unkontrollierten Momenten einen tiefen Einblick in das Denken unserer Freunde jenseits des Atlantiks erlauben, siehe Fembio:

„Die zentrale außenpolitische Zielsetzung lautet, Politik und Handeln anderer Nationen so zu beeinflussen, dass damit den Interessen und Werten der eigenen Nation gedient ist. Die zur Verfügung stehenden Mittel reichen von freundlichen Worten bis zu Marschflugkörpern.“

„Einige Amerikaner haben die UNO noch nie gemocht, weil es dort so viele Ausländer gibt.“

Und dann gibt es noch den häufig zitierten Satz:

die Sanktionen gegen den Irak seien den dafür gezahlten Preis wert – Tod von über einer halben Million Kinder.

Sollte Joschka Fischer wirklich der geistige Vater des Brandattentats sein, hätte er hier eine Schwester im Geiste gefunden.

Fünf Milliarden Dollar sollen die USA für den „Widerstand“ in der Ukraine ausgegeben haben – eine Geste guten Willen, bevor Marschflugkörper eine halbe Million Kinder ausradieren. Demokratisch gewählte Politiker flüchten in panischer Angst – doch in Deutschland erzählt man eine andere Geschichte.

Warum?

Weil sich die Verhältnisse in Deutschland möglicherweise gar nicht so sehr von denen in der Ukraine unterscheiden, weil nicht nur in der Ukraine dafür gesorgt wird, dass die Interessen der USA unter allen Umständen gewahrt bleiben – wir können das nur nicht sehen, weil unsere Oligarchen stramm an der Seite der Oligarchen der USA stehen – und nur über jene Dinge schreiben, die dazu dienen, die Interessen der USA zu wahren.

Als Dank für den strammen Gehorsam werden unsere Polizisten nicht mit Benzin übergossen, sind aber selbst schon bereit, jeden Widerstand gegen die Oligarchie mit einem Schuss zwischen die Augen zu beenden – oder sehe ich das falsch?

Es ist auch kein Geheimnis, wie der große Plan der Regisseure aussieht, siehe Spiegel:

Brzezinski drückt damit eine bis heute gültige amerikanische Strategie aus: Die USA wollen Russland auch in seiner unmittelbaren Nachbarschaft so weit wie möglich zurückdrängen. Spielen die Europäer dabei etwa in der Ukraine mit und verschlechtern sich deren Beziehungen zu den Russen, kann dies den USA nur recht sein.

Ohne die Ukraine – das weiß man in Washington und Moskau – ist Russland im Falle eines Angriffes kaum noch zu verteidigen. Hat Putin Albright ernst genommen, weiß er, dass er Angriff kommen wird  – zur Not erstmal durch 100 000 Demonstranten. Das sind in Wirklichkeit gar nicht so viele Menschen. In der Ukraine liegen auch noch sowjetische Truppen, die Schwarzmeerflotte braucht die Häfen der Krim – kann also auch dort ganz schnell zu Eskalationen kommen.

Darf also Moskau die Vereinnahmung der Ukraine durch Vitali Klitschko einfach so hinnehmen … oder wird es – dank panischer Angst vor den nächsten Schritten – Truppen nach Kiew schicken?

Wann wird Merkel dann die Bundeswehr zur Rettung Klitschkos entsenden – und wann wird offiziell der nächste Weltkrieg erklärt, weil Russland um seine Sicherheit bangt?

Werden wir erst erfahren, wenn der Einberufungsbefehl im Briefkasten liegt – unsere Oligarchen narkotisieren uns mit dämlichen Shows, blödem Fussball und steigenden Preisen – das hält uns beschäftigt, selbst wenn wir arbeitslos sind.

Deutschland ist wie die Ukraine ein wichtiger Bauer im Spiegel Washington gegen Moskau – und die Ukraine soll nun auch Aufmarschgebiet für US-Truppen werden.

Spielchen, die an 1914 erinnern, dem Jahr, in dem das erste große Bürgerschlachten eingeläutet wurde.

Von Oligarchen.

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