Luther

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Deutsche Revolutionäre und ihre Revolutionen

Die Erde bebt, Fische sterben, Vögel fallen tot vom Himmel, der Adel verliert seine Titel … man könnte meinen, das Ende der Welt sei nah. In den USA werden Senatoren von der Polizei gesucht, weil sie sich Abstimmungen entziehen wollen, ganz Nordafrika erlebt Revolten ohnegleichen.

Und in Deutschland, dem Mutterland der großen Revolten gegen Macht?

Deutschland, Mutterland der Revolten?

Wir, die wir uns Eintrittskarten kaufen, um auf dem Bahnsteig zu revoltieren?

Luther – ein Revolutionär. Da spricht den Protestantismus nicht heilig, schmälert aber nicht die Leistung des kleinen unbedeutenden Mönches.

Marx – ein Revolutionär. Das spricht den Kommunismus nicht heilig, schmälert aber nicht die Leistung des kleinen unbedeutenden Gelehrten.

Hitler – ein Revolutionär. Das spricht den Faschismus nicht heilig,  schmälert aber nicht die Leistung des feigen kleinen Gefreiten.

Luther, Marx, Hitler … in einer Reihe genannt? Ich merke, hier wird es zornigen Widerspruch geben. Ich habe auch eine BRD-Sozialisation hinter mir und würde diese Menschen nicht ohne weiteres in einer Reihe nennen. Andererseits …

Was den kleinen Mann an Luther faszinierte, war, das er den Verrat der Kirche an der christlichen Botschaft rückgängig machen wollte. Die ekelerregenden Hexenverbrennungen blieben aber – ebenso die Tatsache, das der Bürger die Religion des Fürsten verpasst bekam.

Was den kleinen Mann an Marx faszinierte war, das er die christliche Botschaft der Nächstenliebe in einem irdischen Paradies verwirklichen wollte. Was kam, war der Plattenbau, der VEB und Wehrübungen am Wochenende.

Was den kleinen Mann an Hitler faszinierte war, das er das Paradies jetzt nur für Deutsche versprach. Und – seien wir doch mal ehrlich: hätten die Deutschen den Krieg gewonnen, würden wir heute anders über jenen kleinen Österreicher reden, der mit einer kleinen Vision großes Unheil angerichtet hat … das große Unheil wäre dann einfach alternativlos gewesen – schon ist es heilig. Kennen wir doch, oder?

Das ist die besondere deutsche Erfahrung mit Revolutionären. Sie kommen an mit großen Worten, aber am Ende lodern Scheiterhaufen, hagelt es Bomben und man wird zur Zwangsarbeit im Lager verpflichtet und am Ende vergast.

Ist ja momentan genauso – man schaue sich nur die Grünen an. Was war das für eine Kultur, die Ende der siebziger Jahre aufbrach. ALTERNATIVE nannten sie sich – und hatten eigentlich alle Probleme der jetzigen Zeit schon im Gepäck.

Frieden wollte man – auch mit der Natur – Gerechtigkeit, eine freie Gesellschaft ohne Zwang, Qual und Ungerechtigkeit, mehr Demokratie wollte das deutsche Volk wagen.

Was haben wir bekommen von jenen Revolutionären? Hartz IV, Afghanistankrieg, Staatsschuldenrekorde.

Wir kriegen auch den Plattenbau zurück, wie Monitor unlängst berichtete:

„2004 – die Laune muss gut gewesen sein bei den damaligen Ministern Ulla Schmidt und Hans Eichel. Für mehr als drei Milliarden kaufte der amerikanische Hedge-Fonds „Fortress“ dem Bund den Immobilienkonzern Gagfah ab. Drei Milliarden – für die staatliche Rentenkasse damals eine rettende Geldspritze. Aber hunderttausende Mieter machten sich Sorgen wegen der „Heuschrecke“, dem neuen Vermieter aus Amerika. Und zu Recht. Von Insidern haben wir Dokumente und Aussagen, die jetzt belegen, wie sieben Jahre nach dem Super-Deal ganze Wohnviertel untergehen.“

Sogar mit edelsten grünen Themen werden die ärmsten der Armen weiter ausgeplündert … das hatten sie nun davon, das sie „grün“ gewählt haben, so heute im Manager-Magazin nachzulesen:

So kommt es, dass ein einwohnerstarkes Land wie Nordrhein-Westfalen (NRW) deutlich mehr in das EEG-System einzahlt, als es daraus erhält. Etwa 2,2 Milliarden Euro brachten die Einwohner von NRW laut BDEW im vergangenen Jahr für die EEG-Umlage auf ihrer Stromrechnung auf. Die im bevölkerungsreichsten Land ansässigen Betreiber von Windrädern, Solar- sowie Biogasanlagen kassierten aber nur 800 Millionen Euro Mittelzuflüsse aus dem EEG.

Andere Länder kommen auf eine wesentlich erfreulichere Bilanz. Allen voran Bayern: EEG-Mittelabflüssen von etwa 1,2 Milliarden Euro standen 2010 laut BDEW Zuflüsse von 2,2 Milliarden gegenüber. Unterm Strich ergibt das einen positiven Saldo von mehr als einer Milliarde Euro. Damit landet in Bayern mit Abstand das meiste Geld aus diesem Schatten-Finanzausgleich.

Die Reichen bedienen sich ungeniert weiter … auch in aller Öffentlichkeit, so ist im Handelsblatt nachzulesen:

Es klingt paradox: Die Commerzbank schreibt endlich wieder Gewinne – und bleibt dennoch politisch unter Druck. Morgen wird das mit 18,2 Milliarden Euro vom Staat gerettete Institut erstmals seit 2007 wieder einen starken Gewinn vorlegen. Analysten gehen von rund 1,3 Milliarden Euro aus. Doch Zinsen auf die Staatshilfen wird die Bank trotzdem nicht zahlen.

Würden wir Normbürger es uns leisten, Zinsen nicht zu bezahlen, dann würde man uns enteignen. Unser Häuschen würde zwangsversteigert. Bei den Herren sieht das aber anders aus, was inzwischen sogar die CDU ärgert:

„Mir fehlt dafür jedes Verständnis, zumal es für die Bank offenbar kein Problem ist, eine erfolgsabhängige Vergütung an ihre Mitarbeiter zu zahlen“, sagte der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU, Klaus-Peter Flosbach dem Handelsblatt. Die Bank, so viel ist durchgesickert, will einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag an ihre Mitarbeiter auszahlen.

Das sollten wir uns mal erlauben: „Wir können diesen Monat keine Hypothekenzinsen zahlen, die Kinder brauchen ihr Taschengeld!“

Erlauben wir uns aber nicht. Da haben wir keine Zeit für. Entweder müssen wir bei der ARGE betteln gehen … oder wir schuften uns zu Tode, wieder Manager Magazin:

Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wurden 2010 offiziell 1,25 Milliarden bezahlte Stunden Mehrarbeit geleistet, wie die „Bild“-Zeitung berichtet. Dies entspreche einem Plus von 15 Prozent zum Krisenjahr 2009, als das Tochterinstitut der Bundesagentur für Arbeit eine Überstundenzahl von 1,09 Milliarden registriert hatte.

Laut Handelsblatt ist sogar unsere minimalste Absicherung, die Lebensversicherung, bald nichts mehr wert:

Die Lebensversicherer senken massenhaft ihre Überschussbeteiligungen und auch der Garantiezins soll bald gesenkt werden. Neue Risiken im Anleihemarkt verschrecken sicherheitsbewusste Kunden. Verbraucherschützer raten längst von einem Neuabschluss ab. Wird das liebste Vorsorgeprodukt der Deutschen ein Auslaufmodell?

Nun – vielleicht ein Auslaufmodell wie das ganze Modell Europa, wenn man der Welt glauben darf:

Die Zinsen für Portugal nähern sich alten Höchstständen, Ökonomen raten Griechenland zur Drachme: Die Schuldenkrise kehrt mit voller Wucht zurück.

Eigentlich Gründe genug, auch in Deutschland wieder auf die Straße zu gehen. Immerhin … die letzte Revolution hatten wir erst 1989, sogar mit eigener Website:

Die Webseite zeigt den friedlichen und erfolgreichen Verlauf des gesellschaftlichen Umbruchs in Ostdeutschland. Mit vielen Bildern, Dokumenten, Filmen und kurzen Texten werden die Vorgeschichte, dieRevolution im Herbst 1989 sowie der Weg zur deutschenEinheit erläutert. Menschen, die die Revolution vorbereiteten und vorantrieben sowie Orte an denen sich Revolutionäres ereignete, werden vorgestellt.

Was diese Revolution jetzt dem kleinen Mann gebracht hat, kann ich natürlich nicht abschließend beurteilen. Das müssen die selber machen. Machen die ja auch – deshalb wählen die ja auch heute wieder SED-Nachfolgeparteien. Drei Folgen der Revolution kann ich aber benennen: Hartz IV, Afghanistankrieg, Staatsschuldenrekorde.

Wer sich nun wundert, das der Deutsche angesichts massiver Ungerechtigkeiten, eines sich tagtäglich zuspitzenden wirtschaftlichen Niedergangs und einer sich ständig verschlechternder Lebensqualität nicht wieder Rheinbrücken besetzt, Autobahnen sperrt oder sich den Demonstranten in Wisconsin anschließt und den Reichstag besetzt, der sollte sich daran erinnern, das wir – besonders wir – Erfahrungen mit Revolutionen haben. Erfahrungen, die uns Bauchschmerzen bereiten, aber aus unseren Gewerkschaftern Porschefahrer gemacht haben. Das ist – laut Welt – sogar in den USA anders:

Seit mehr als einer Woche halten Lehrer und Gewerkschaftler des öffentlichen Dienstes die Rotunde des Kapitols in Wisconsins Hauptstadt Madison besetzt. Sie belagern bei Eis und Schnee die Residenz des republikanischen Gouverneurs Scott Walker, der ihnen den Krieg erklärt hat. 14 Senatoren der Demokraten, die im Bundesstaat Illinois untergetaucht sind, um eine Abstimmung zu Hause zu verhindern, werden von der Polizei gesucht und von Walker der „Demokratieverweigerung“ bezichtigt: Es sage niemand, Amerika habe keine Aufstände gegen die Staatsmacht zu bieten.

In den USA hat man mit Revolutionen gute Erfahrungen gemacht.

Hier nicht.

Wir scheinen durch unsere Revolutionen Schopenhauers pessimistische Einsicht zu belegen, das alle Versuche, das Leiden in der Welt zu mindern, nur dazu führt, das es seine Gestalt ändert.

Alle?

Nun … die ´68er haben eine kulturelle Revolution hervorgebracht, deren Früchte wir selbst heute noch genießen, deren Erfolge heute noch mit großer Gewalt zurückgebaut werden.

Aber wer würde sich ernsthaft trauen, heute noch positiv über die ´68er zu reden. Die sind ja sogar zum Ausländer zum Essen gegangen, habe ich gehört … Pizza, Gyros, Kebab, Lasagne, Spagetti.

Gut, das sich deren revolutionäre Impulse nicht durchgesetzt haben.

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