Freitag, 28.9.2012. Eifel. Es ist mal Zeit für ein paar klare Worte – zum Beispiel über uns. Dies hier ist ein Nachdenkmagazin – kein öffentlich-rechtliches Bauchpinselmagazin und auch kein privates Tittenformat. Hier sitzen Menschen, die zum Nachdenken anregen möchten – manche mit Worten, manche mit Bildern – und selten kommen auch kleine Filmchen ins Spiel. Weil wir wenige Menschen sind, ist der Hörfunkbereich noch unterrepräsentiert. Wir arbeiten daran. Wer aber zu den 1.08 Millionen Menschen gehört, die sich an diesen Ort begeben, muss damit rechnen, das hier klare Worte geäußert werden – Worte, die zum Teil gar nicht die Meinung der Redaktion sind – und in meinem Falle noch nicht mal immer die Meinung des Autors wiedergeben. Mit dem Artikel „Arbeit ist Scheiße“ habe ich mir erlaubt, einmal das auszusprechen, was die überwiegende Mehrheit der Deutschen denkt. Viele Studien belegen das – obwohl morgens alle mit eingestanztem Dauerlächeln vor dem Chef erscheinen – vorbei die Zeit, an der man die eigene Meinung offen am Gesicht ablesen konnte. Dies ist eine moderne Form von Tyrannei – breitflächig unterstützt von Bauchpinselmagazinen und Tittenformaten (mit ihrer virtuellen Dauerbotschaft: wer nur fleißig genug ist, darf auch mal anfassen!). Die Politik weiß dass … und hat deshalb „Druck“ erfunden (ja, DRUCK, das kann man überall nachlesen, damals wie heute noch). Ein Regime, das Druck auf das Volk ausübt, das das Volk sozusagen „pressiert“ – wie nennt man das? Nun – Tyrannei, Diktatur, Unrechtsstaat, Reich des Bösen … da haben wir viele Begriffe für, die alle eins besagen: dort, wo die Regierung das Volk auspresst, herrscht schon lange keine Gerechtigkeit mehr – und die Demokratie ist weit weit fort, denn sie steht immer und überall für die Werte „Freiheit“, „Gleichheit“ und „Brüderlichkeit“. Dort ist für Erpressung kein Platz.
Nun haben wir für diesen Artikel einen Kommentar erhalten, der mir besonders gefiel, ich möchte ihn hier nochmal zitieren (Schreibfehler sind entfernt worden):
Traurig
Das erwachsenen gut gebildeten Menschen nix besseres einfällt, als sich in die soziale Hängematte zu legen. Das ist schön einfach, das kostet keine Mühe. Mal abgesehen davon, das solche Artikel anderen Arbeitslosen, das Leben zur Hölle machen.
Herrlich, oder? Und so schön devot. Wahrscheinlich merkt es der Kommentator gar nicht. Was ist geschehen? Nun, einer wagte es auszusprechen, was alle denken: „Arbeit ist Scheiße“. Das ist auch der Grund, weshalb sie früher mal bezahlt wurde: die Umwandlung des menschlichen Wesens in einen Produktionsfaktor ist schmerzlich, weil sie seinem ganzen sozialen Wesen als freier Jäger und Sammler widerspricht – deshalb kriegt man ja auch Geld dafür.
Gut, jedenfalls früher. Heute ist das anders … heute bekommt man immer weniger, und wer Pech hat und wegen Geschlecht, Alter, Krankheit oder Erschöpfung aus dem System fällt, bekommt gar nichts mehr – soll aber trotzdem arbeiten. Das ist das Prinzip Hartz IV, die große Reform, die die damaligen linken Kräfte der Gesellschaft eingeführt haben. Hintergrund war die Annahme, das das Volk böse ist und nur in der sozialen Hängematte herumlungert. Diese Annahme ist schon eine Unverschämtheit einer Kaste von Berufspolitikern, die in ihrem Leben weitgehend nur von anderen gelebt haben – aber ich verstehe, das ihnen diese Unterstellung schnell über die Lippen kommt: selbst liegen sie nur allzugern in der von Diäten prall gefüllten Hängematte – da bleibt es nicht aus, das man anderen immer und überall die gleiche Motivation unterstellt. Ebenso unverschämt ist es, das sie im Weiteren die Versicherungsgelder für sich einbehalten haben (eine Sauerei, die jetzt die Krankenkassen nachmachen: Beiträge kassieren ohne Gegenleistung bringen zu müssen: ein Paradies für jeden Halsabschneider bzw. Renditejäger) und aus jedem Arbeitslosen einen Sozialfall gemacht haben. Gleichzeitig wurden die Schmierfinken von der Leine gelassen, seelenlose Lohnschreiber, die in alter „Stürmermanier“ über jeden herfallen, der ihnen von ihren Bossen aufs Tablett gelegt wird: der Arbeitslose wurde diskriminiert wie früher nur Ausländer, Juden oder Farbige in den USA … was, nebenbei, auch ein deutliches Licht auf den „demokratischen“ Zustand unserer Gesellschaft wirft.
Er wurde kriminalisiert bis zum geht nicht mehr, mit der Kamera bis ins Schlafzimmer verfolgt, wo die Behörde Art und Anzahl der Unterhosen zählte, die um das Bett herum verteilt waren. Gleichzeitig wurde der entrechtete Arbeitslose auch enteignet: die Täter wussten ganz genau, das es sich bei den Arbeitslosen nicht um chronische Sozialfälle handelte, sondern um fleissige sparsame Menschen, die was auf der hohen Kante hatten: Wohneigentum, Versicherungen, Sparbücher, Altersvorsorge: auf all das wurde hemmungslos zugegriffen, das Gesetz lies dort kein Schlupfloch zu – sogar die Weihnachtsgeschenke von Oma für die Kinder oder die Arbeitslöhne der Kinder fürs Zeitungsaustragen wurden einkassiert. Diese vernichtende Brutalität gegen eine willkürlich ausgewählte Gruppe der Bevölkerung fand medial nur ein geringes Echo. Von den großen Medien erlaubte sich nur der Stern eine Kritik zu veröffentlichen – eine Kritik, von der sich der Chefredakteur im Vorwort gleich distanzierte: Arno Luik´s Artikel über den Putsch von oben vom 21.10.2004 sprach mutig aus, worum es damals ging:
„Notwendige Reformen“, die „ohne Alternativen“ sind – dieses Reden hat einen totalitären Charakter. Ein Verdacht: Die Reformer argumentieren so apodiktisch, weil sie genau wissen, mit dieser Politik zertrümmern sie so ziemlich alles, wofür die „Soziale Marktwirtschaft“ der Bundesrepublik Deutschland einst stand: ein sozialer Staat, der dafür sorgte, dass die privaten Risiken Alter, Arbeitslosigkeit, Krankheit grundsätzlich kollektiv abgesichert wurden. „Modell Deutschland“ nannte das voller Stolz der sozialdemokratische Kanzler Helmut Schmidt
Das war das Ende der Bundesrepublik Deutschland, eingeleitet durch eine feindliche Übernahme der DDR, die damals so keiner wollte. Aber dieser offensive Schritt hatte soviel Staub aufgewirbelt, hinter dem man ganz schnell ein neues Deutschland aufbauen konnte: den BankenRettungsDienst. Man gewöhnte sich durch die Affären der Treuhand schnell daran, das kriminelles Vorgehen, Vetternwirtschaft und hemmungslose persönliche Bereicherung zum ethischen Standard in Politik und Wirtschaft geworden waren – und man konnte sich vorstellen, in welcher Form Staat das enden wird: in einem Staat, der zum Feind seiner Bürger wird und die Gelder der Bürger nicht als deren treuhänderisch zu verwaltendes Vermögen ansieht, sondern als Beute eines besonders cleveren Raubzuges. Wahrscheinlich verstehen sich deshalb Banker und Politiker so gut.
Und „Arbeit“, die früher Scheiße sein durfte (und schon immer war), war auf einmal … Pflicht. Ich möchte hier gerne mal auf einen anderen Kommentar zu dem o.g. Artikel hinweisen, in dem Karen mal die Wortbedeutung von ARBEIT ermittelt hat:
germanisch: arbaiþis, gotisch: arbaiþs, althochdeutsch: arapeit, mittelhochdeutsch: arebeit, arbeit = Mühe, Beschwernis, Leiden, wahrscheinlich gemeinsame Herkunft mit Altkirchenslawisch работа (rabota: Mühsal, Sklaverei)
das Wort war für Waisen ohne familiären Rückhalt, die sich als Mägde/Knechte verkaufen mußten um zu überleben …
Arbeit macht aus Menschen Roboter – jedenfalls solange, bis echte Maschinen die Arbeit übernehmen können. Und in einer Geldwelt erniedrigt sie uns zu Sklaven, die keine andere Wahl mehr haben, als sich jeden Tag ihres Lebens zu verkaufen – unter strenger Aufsicht des Staates.
Machen Sie nicht mehr mit, wagen Sie es, von ihren unantastbaren Menschenrechten wirklich Gebrauch zu machen … ja, dann droht der Entzug der Regelleistungen. Die Kontrollen greifen aber schon wesentlich früher: schauen Sie sich doch mal die Reaktionen in Ihrer Firma an, wenn sie mit Jesuskutte, Jesuslatschen, langen Haaren und Vollbart zur Arbeit erscheinen – als dem Outfit des Sohnes Gottes auf Erden, einer überall in diesem Land akzeptierten und respektierten Autorität. Sie werden schneller Leistungsempfänger, als Sie bis drei zählen können – dabei haben Sie noch gar nicht die angefangen, die „frohe Botschaft“ zu verkünden.
Weil Arbeit Beschwernis, Mühe und Leiden bedeutet (man sieht, die Erfinder dieses Wortes kannten noch Arbeit aus eigener Anschauung – anders als unsere politischen Marionetten der Hochfinanz) wird sie in der Regel nicht als angenehm empfunden. Wenn der Staat aber mit Gewalt darauf besteht und großen Druck auf Menschen ausübt, sich in ein Gefilde zu bewegen, in dem Beschwernis, Mühe und Leiden warten, so kann man sich vorstellen, das es irgendwann irgendwo mal knallt.
Meistens knallt es heimlich still und leise auf einem Hochstand im Wald oder im Keller des so geliebten Einfamilienhauses, für das man vierzig Jahre unermüdlich geschuftet hat. Davon erfahren wir weniger. Manchmal knallt es aber auch in der Behörde – wie jetzt. Ich habe eine Weile gewartet, um diesen Artikel zu schreiben, weil ich wissen wollte, wie die Medien den Täter beschreiben. Was werden sie aus ihm machen? „Achmed“ ist nun ein schon verdächtig klingender Name – leicht hätte man auf die Idee kommen können, das Al Kaida (eine der vom CIA finanzierten Rogue Groups) im Spiel ist der jahrelang angekündigte moslemische Terror endlich Deutschland erreicht. Heute kann ich sagen: man hat sich aus politischen Gründen gegen den Moslem und den Migrationshintergrund entschieden, sondern lieber nochmal gegen den deutschen Staatsfeind Nr. 1 geschossen: den Arbeitslosen.
Die deutsche Polizeigewerkschaft weiß, worum es da geht, hier zitiert aus dem Spiegel:
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hingegen hält die Übergriffe nicht für unvermeidbar. „Wenn es um die Existenz geht, dann sind Kurzschlusshandlungen aus Wut und Verzweiflung alles andere als unvorhersehbar“, so der nordrhein-westfälische DPolG-Landesvorsitzende Erich Rettinghaus.
Für Arbeitslose geht es beim Jobcenter nicht nur um Zuschüsse für einen Kühlschrank (nein, so etwas gibt es nicht wirklich – ist nur eine Illustration) sondern um DIE NACKTE EXISTENZ. Immer wieder, jeden Tag. Und die so von der Politik „zerdrückten“, „beraubten“ und hilflos gedemütigten Menschen werden betreut von Mitarbeitern, die aus den Privatisierungsorgien von Bahn und Post übrig geblieben sind … und nicht unbedingt deutlich viel mehr verdienen als die Arbeitslosen selbst.
Seit diesem Tag ist jedem Jobcentermitarbeiter bewusst, das er in Lebensgefahr schwebt. Der Arbeitgeber sieht das ähnlich – als Reaktion auf diesen Einzelfall sollen jetzt bundesweit alle Jobcenter umgebaut werden (ja, dafür ist immer Geld da – die Bauwirtschaft braucht Aufträge im Gegenzug für Parteispenden) – in Zukunft soll auch noch ein zweiter Angestellter bei vertraulichen Gesprächen mitlauschen dürfen.
Das Motiv des Täters? Gehe ich nach den Schilderungen des Focus, würde ich sagen: die übliche massive psychische Zerrüttung, die man bei Jobcenterkunden antrifft, die jahrelang in einem superreichen Land um ihre nackte Existenz fürchten müssen. Bei jeder Einladung, jedem Mitarbeiterwechsel immer die gleiche Furcht: hoffentlich kann ich die Auflagen diesmal noch erfüllen, bevor sie mir und meinen Kindern den Lebensberechtigungsschein entziehen, in dem sie die Regelleistungen streichen, hoffentlich gerate ich heute nicht an einen soziopathischen Idioten, der sich an meiner Ohnmacht weidet.
Vielleicht hat er aber auch nur einfach diesen Artikel bei „gegen-Hartz“ gelesen:
Wie erst jetzt bekannt wurde, verpflichtete das Jobcenter in Plauen Hartz IV Bezieher im Plauener Hammerpark zu arbeiten, um dort das Unterholz zu entfernen. Das Brisante: Stadtämter vermuten, dass in diesem Park noch zahlreiche Blindgänger-Bomben aus dem zweiten Weltkrieg lagern. Bevor jedoch der Kampfmittelbeseitigungsdienst anrückt, sollten die insgesamt neun als Ein-Euro-Kräfte eingesetzten Hartz IV Bezieher das Unterholz entfernen. Wer sich weigert entsprechende Maßnahmen seitens des Jobcenters durchzuführen, muss mit massiven Sanktionen in Form von Leistungsentzug rechnen.
Das ist in meinen Augen versuchter Massenmord. So etwas gibt es in Diktaturen in Südostasien, die unliebsame Mitbürger zum Minenräumen über Minenfelder laufen lassen – und das dieses in diesem unserem deutschen Lande wieder möglich ist, zeigt deutlich, wie weit wir schon von der alten demokratischen Grundordnung entfernt sind, wie brutal und grausam unser Asozialstaat schon geworden ist. Die Grausamkeit wird sich jetzt auch im Weiteren zeigen: das Opfer hinterläßt einen Mann mit einem kleinen Kind – zwei weitere Opfer der Folgen sozialdemokratischer Arbeitsmarktpolitik. Was den Opfern jetzt droht?
Nun: Hartz IV. So sozial ist unser Staat. Der Mann des Opfers ist zukünftig alleinerziehend und steht damit ganz vorne in der Arbeitslosenschlange. Das Kind – das hören wir oft genug – hat fortan nur noch ganz geringe Chancen, aus dem Hartz-Ghetto zu entkommen.
Der Täter hat alle Strafe des Gesetzes verdient – ich denke aber, das man letztlich auf „nicht zurechnungsfähig“ plädieren wird. Arbeitslosigkeit macht krank: körperlich wie psychisch. Eigentlich betreuen deshalb Jobcenter größtenteils Kranke – ohne dazu allerdings die notwendigen Perspektiven und Ausbildungen zu haben.
Dem Opfer jedoch – gebührt ein bundesweiter Gedenktag, wie man ihn nennen soll, weiß ich noch nicht. Tag der Schröder/Fischer-Opfer? Tag der Hartz-Toten? Tag der Renditeleichen? Kann sich ja mal jeder selbst Gedanken drüber machen.
Und die Familien der beiden … für die kann man in diesem Land nur noch beten.
Soweit sind wir wieder.
Doch seien wir fair: der Staat tut was für die Familien: beide kriegen jetzt den Alleinerziehendenzuschlag, jene Prämie, die der Staat jenen Menschen zahlt, die sich von ihrem Partner trennen. Warum man dafür Boni bekommt, habe ich noch nicht verstanden – aber es ist so.
Was ich mir für die Zukunft wünsche ist eine Gesellschaft, die die politisch Verantwortlichen für diese Zustände ihrer gerechten Strafe zuführt. Gibt es eigentlich noch „schweren Kerker“? So mit Steinbrucharbeit und allem?
Sicher haben wir aber noch mehr scharfe Bomben, die geräumt werden müssten … da wäre es nur fair, das die Täter auch mal Hand anlegen.
Für die meisten dieser Krawattenkomödianten wäre dies das erste Mal in ihrem Leben, das sie echter Arbeit begegnen.
Samstag, 15.9.2012. Eifel. Seltsame Gefühle treiben mich derzeit um. Das erste mal in meinem 52-jährigen Leben trauere ich um den scheidenden Sommer – so als ob es der letzte Sommer der Menschheit gewesen wäre. Und vor allem: was war das für ein Sommer! Keine einzige Kirsche war zu ernten – und kein Mückenstich zu verzeichnen. Nun, das mit den Mücken war vorherzusehen, die Welt hatte dies schon im Januar angekündigt: der laue Winter sollte dafür verantwortlich sein. Aber was war mit den anderen lästigen Insekten, die uns hier auf dem Land (mit Schafen, Ziegen, Pferden und Kühen in direkter Nachbarschaft) Jahr für Jahr plagen? Keine Bremsen, keine Marienkäfer, eine einzige Zecke – und trotz 5000 Kilometer Fahrstrecke mit dem PKW kaum Insektenreste auf dem Auto. Gut, das erspart die gründliche Wäsche – aber lässt einen etwas nachdenklich zurück. Schon als Kind dachte ich: was würde eigentlich die arrogante, eingebildete und von der eigenen grenzenlosen Überlegenheit völlig überzeugte Menschheit machen, wenn die Natur … mal einen Tag durchschläft, wenn im Frühjahr einfach mal nichts blüht? Genau genommen … wissen wir gar nicht, was Pflanzen eigentlich dazu bringt, jedes Jahr wieder aus dem Winterschlaf zu erwachen und für das Überleben der gesamten Tierwelt zu sorgen – uns eingeschlossen. Wir können einige Prozesse mit Begriffen aus unseren Theorien über Chemie beschreiben – was aber genau genommen nur den Beweischarakter von Verschwörungstheorien hat. In den neunziger Jahren gab es eine Fernsehserie, die erstaunliche Dinge über das geheime Leben der Pflanzen zutage förderte: Erkenntnisse über ihre Wahrnehmungen, Empfindungen und über viele unerklärliche Wunder des Pflanzenreiches. Es mag sein, das es in hundert Jahren einmal ein so mutiges Werk über das Prekariat der Menschheit gibt, in dem man auch hier – zur Überraschung aller – feststellt, das die unnützen Esser in der Tat Gefühle hatten, bewusst kommunizieren und erstaunliche Intelligenz aufweisen konnten. Nehme ich aktuelle Verschwörungstheorien ernst, dann wird es dann aber kein Prekariat mehr geben – die Bosse haben beschlossen, uns auszurotten (siehe Politaia.org).
Diesen Theorien stehen wir Menschen in aller Regel sehr ungläubig gegenüber – und doch gibt es eine unbekannte (aber einflussreiche) Gruppe von Menschen, die offensichtlich schon eine Obergrenze für menschenwürdiges Leben auf diesem Planeten festgesetzt hat: die Georgia Guidestones nennen hier 500 Millionen als das absolute Maximum. Was mit den anderen 6,5 Milliarden geschehen soll, überlassen sie allerdings der Phantasie der Bewunderer dieses Ökomanifests.
Natürlich ist der Massenmord an 6,5 Milliarden Menschen für uns undenkbar, er würde jeder den Deutschen in den letzten Jahrzehnten mühsam anerzogenen Menschenfreundlichkeit diametral widersprechen – und wenn ich mich auf meinen Wanderungen durch die Medienwelt so umschaue, so scheinen mir die Exzesse des Dritten Reiches in Deutschland mehr und mehr in den Bereich der Phantasie zu wandern denn in den Bereich konkret ausgelebter Weltanschauung: so unglaublich sind die Vorfälle der Zeit von 1933-1945, das allein Hollywood ihnen eine angemessene Heimat geben kann – mit deutschen und österreischischen Schauspielern in den Hauptrollen.
Was war dort geschehen?
Eine Gruppe von Menschen hatte Theorien gebildet, die dem Verhältnis der Menschheit zur Pflanzenwelt entsprachen. „Mensch“ war der blonde, blauäugige Arier mit einer überlegenen genetischen Ausstattung, „Pflanze“ war der Jude, der Kommunist, der Zigeuner, der Christ, der „Andere“, der auch gerne mal der Nachbar sein konnte, dessen Frau/Auto/Haus/Grundstück/Vermögen der Parteibonze/Goldfasan (wie der Volksmund die damaligen „Leistungsträger“ nannte) gerne haben wollte.
Das System funktionierte toll, Berge von Goldzähnen machten aus armen Ariern reiche Stützen der Gesellschaft, wer nicht Arier war, konnte sich leicht in das Seelenleben einer Pflanze hineindenken: in jenen Zustand, wo man nur noch als materielle Substanz nützlich ist aber nicht mehr als Lebewesen gewürdigt wird.
Auch heute bildet eine Gruppe von Menschen Theorien über ihre eigenen Überlegenheit: ein „leadership-Gen“ teilt die neoliberal traktierte Menschheit in „gut“ und „böse“, in „wertvoll“ und „Ramsch“, in „Wolf“ und „Schaf“, in „oben“ und „unten“.
Ihre Argumente sind durchaus plausibel, denn wie es aussieht, arbeiten wir Normalschafe sowieso nur an unserer eigenen Vernichtung. Es ist ja nicht mehr die Frage, „ob“ die Welt untergeht, sondern nur noch „wie“. Werden wir an Plastik ersticken – oder ausgerottet, weil irgendwann eine zufällig in die menschliche Gensequenz eingeschleuste Plastikinformation unsere Fähigkeit Kinder zu bekommen eliminiert? Oder werden wir ausgerottet, weil die Klimakatastrophe den Planeten in einen für Säugetiere unbewohnbaren Staubklotz verwandelt? Schaffen wir es vielleicht doch noch, die große atomare Konfrontation zwischen China/Russland und den USA zu arrangieren? Immerhin arbeitet man gerade gezielt an Krisenherden (siehe z.B. Stern), die letztlich – wenn sie nicht gelöscht werden – den Einsatz deutscher Soldaten im Pazifik möglich machen, wenn wir im Rahmen der Nato-Verpflichtungen den USA zur Hilfe kommen müssen, die angegriffen wurden, als sie den Japanern beistanden.
Undenkbar? Wir sind schon wegen weniger in andere Länder einmarschiert.
Und der Rest? Wird uns doch Tag für Tag gepredigt. Das der „american way of life“ mit Einfamilienhaus, Zweitwagen, Swimming-Pool und jährlich wechselnden Komplettmöblierungen den Planeten in eine Mülldeponie verwandelt, ist doch heute jedem Deutschen klar: darum haben wir doch die gelben Tonnen vor jeder Haustür und verzichten mannhaft auf den Gebrauch von Bierdosen. Was wir dabei nur übersehen: jener „way of life“ ist der Hauptmotor der „Konjunkturlokomotive“ Amerika, siehe FTD:
Knapp zwei Drittel der US-Wirtschaftsleistung entfallen auf den Konsum. Ein ungewöhnlich hoher Wert. Mit der Ausgabenfreude der Verbraucher steht und fällt damit die Wachstumsdynamik in den USA.
Nur wenn der US-Konsument weiter fleissig an der Zumüllung des Planeten arbeitet, können wir die Weltwirtschaft retten.
Wenn der US-Konsument aber weiter fleißig an der Zumüllung des Planeten arbeitet (und Inder, Brasilianer und Chinesen ihm gleich tun), dann brauchen wir mehrere neue Planeten, die die Ressourcen für den „american-way-of-life“ liefern – und eine neue Heimat. Laut Stern sind wir Deutschen (Stand: 2011) immerhin noch auf Platz 6 der schlimmsten Klimasünder der Welt, in Deutschland selbst ganz vorne mit dabei: NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD), dessen 450-PS-Audi satte 20 Liter Sprit auf 100 Kilometer verbraucht (siehe Der Westen). So etwas kann man sich nur gönnen, wenn man bereit ist, hemmungslos auf die Lebensarbeitsleistung seiner Mitmenschen zuzugreifen und die Zukunft der Kinder gerne für einen steuerfinanzierten Geschwindigkeitsrausch auf der Autobahn verheizt.
Aktuell verbrauchen wir die Ressourcen von 1,5 Planeten – ab 2050 brauchen wir einen kompletten zweiten Planeten dazu (siehe Foodprintnetwork), der uns hilft, Ressourcen in Müll zu verwandeln. Der Wirtschaft geht es dann allerdings gut, wir werden eine ganze Reihe von theoretischen Werten auf den Konten haben – nur Güter wie Luft, Wasser und Nahrung werden etwas knapper werden – aber wer braucht das schon, wenn man Geld hat?
Frecherweise würde ich behaupten, das ein Großteil der Wissenschaftler, die den aktuellen Umweltdaten folgen, logischerweise einen rabiaten Abbau der Weltbevölkerung begrüßen werden … und ich denke auch, ein Großteil der moralinsauren Bundesbürger werden betreten wegschauen, wenn eine Bevölkerungsreduktion außerhalb Europas den eigenen überdimensionierten Lebensstil sichert: als Reichsbürger haben sie es schon mal getan und seit Hartz IV gibt es kaum einen Grund anzunehmen, das sich hier an der Grundeinstellung etwas geändert hat – oder ist es etwa übertrieben, zu behaupten, das die Menschen in Deutschland zum überwiegenden Teil weggeschaut haben, als Millionen ihrer Mitbürger zu menschlichem Unkraut degradiert wurden, zu nutzlosen Essern und „Parasiten“ (so SPD-Minister Clement, Parteigenosse der steuerfinanzierten „Umweltsau“ Jäger) und als Millionen von Kindern die Zukunft genommen wurde, als sie per Gesetz zu sozialem Abschaum deklariert wurden, der in Deutschland nie wieder eine Zukunft haben wird (siehe OECD-Bericht im Spiegel)? Nebenbei bemerkt – diese Entwicklung setzt sich aktuell in Spanien fort, siehe FAZ.
Das war – jedenfalls für pingelige Philosophen, die eher nach Prinzipien messen denn nach Parteipropaganda – ein großer Schritt … ein Schritt, der jetzt aktuell in größerem Maßstab nachgemacht wird, siehe Welt: 13-Stunden Tage, sechsmal in der Woche bis zum 67. Lebensjahr (natürlich bei sinkenden Stundenlöhnen) sollen Griechenland in ein Arbeitgeberparadies verwandeln, in das die deutsche Wirtschaft dann hemmungslos ihre Produktion verlegen wird … wenn der Deutsche nicht mitzieht. Wir kennen das Prinzip schon: die Agenda 2010 hat den deutschen Sozialstaat in ein Leiharbeitsparadies verwandelt, in dem jeder, der nur skrupellos genug ist, an der Arbeitskraft der Arbeitslosen super verdienen kann und dabei noch die Rendite der Superreichen fördert und jeder, der sich nicht verleihen möchte, mit der kompletten Streichung des Regelsatzes rechnen muss – was derweil schon zu ersten Hungertoten im eigentlich sehr reichen Deutschland geführt hat.
So gingen wir früher nur mit Nutzpflanzen auf dem Feld um – aber wir gewöhnen uns von Jahr zu Jahr mehr daran, das das auch mit Menschen (den „Kosten auf zwei Beinen“, die „nicht essen sollen, wenn sie nicht arbeiten“) geht, was zur Zunahme solcher hirnloser Eskapaden führt, die der Schraubenfabrikant Würth aktuell aufführt (siehe z.B. Spiegel): völlig abgehoben von jeglicher Normalität des bundesdeutschen Berufsalltages will er seine Aussendienstler nun ab 7.30 beim Kunden sehen – sonst droht Kündigung -, freuen wir uns also in Zukunft auf Würth-Mitarbeiter, die stundenlang auf Parkplätzen lagern, während ihre Kundern erst ab 9.00 ihre Geschäfte öffnen. Man fragt sich, was droht, wenn dieser Rüffel keine Erfolg hat – sollen die dann in Zukunft vielleicht schon ab 6 Uhr vor verschlossenen Türen stehen anstatt erst ab 8 Uhr?
Man schüttelt nur den Kopf über die Irrationalität solcher Provinzfürsten … und doch ist dies nur ein aktuelles Beispiel dafür, wie weltfremd aber siegessicher sich unsere „Elite“ gebärdet.
Und von diesen Menschen erwarten wir ernsthaft die Rettung der Welt – für alle?
Auch für Arbeitslose, Frührentner, Zigeuner, Schwule, Juden, faule Säcke und nutzlose Esser?
Undenkbar – erst recht in Zeiten, wo der Moslem an sich ebenfalls in die Kategorie „Unkraut“ fällt – mit zu erwartenden Folgen auch für deutsche Botschaften (siehe Welt).
Eher kann man erwarten, das die Elite (mit besten ökologischen Argumenten ausgestattet) mit einem mutigen Schnitt, einer beispiellosen Amputation dafür sorgen wird, das das Unkraut vom Feld verschwindet. So denkt die Elite – und der deutschte Schraubenkönig demonstriert dies ungeniert in aller Öffentlichkeit. Sie werden sich sogar als Helden fühlen, als Menschen, die mit einer schier übermenschlichen Kraftanstrengung schmerzliche aber notwendige Einschnitte vornehmen mussten, um das Überleben der ganzen Menschheit zu sichern: Statuen, Gedenktage und Orden werden den „Rettern der Menschheit“ sicher sein, die sprachlichen Muster, die dann angewandt werden, sind im Faschismus ausprobiert worden, finden aktuell bei jeder Sozialkürzung Verwendung und gehören zum Standardvokabular der Euroretter, wenn sie von ihren „alternativlosen Einschnitten“ fabulieren.
Es ist somit nach der betriebswirtschaftlichen Logik des Marktes nicht die Frage, ob es eine Bevölkerungsreduktion gibt, sondern nur, wann sie in die heiße Phase eintritt und wen es zuerst trifft.
Zu ungeheuerlich?
Illustrieren wir die aktuellen Ungeheuerlichkeiten anhand eines weiteren Beispiels, das fast für eine Unzahl von Kältetoten in Deutschland gesorgt hätte – oder noch sorgen wird: laut Handelsblatt wollen führende Stromversorger ihre Kraftwerke abschalten – mit möglichen katastrophalen Folgen für die Stromversorgung Deutschlands im kommenden Winter. Ohne Strom werden viele Ölheizungen nicht laufen, viele Arme werden sich keine Alternativen erlauben können und bei entsprechenden Temperaturen einfach eingehen. So etwas nimmt die deutsche Wirtschaft im Jahre 2012 ernsthaft in Kauf – weil sie zu wenig Gewinne macht.
„Ausdrücklich: Ich denke nicht daran, den Außendienst abzuschaffen, appelliere aber an Sie alle, die Geduld der Zentrale nicht zu überfordern.“
So wird der Schraubenkönig im oben genannten Spiegelartikel zitiert.
„Ausdrücklich: Wir denken nicht daran, den Sozialstaat abzuschaffen, appellieren aber an Sie alle, die Geduld der Regierung nicht zu überfordern“ – das ist die politische Botschaft der Agenda 2010, die sich nun europaweit durchsetzt.
„Ausdrücklich: Wir denke nicht daran, den Menschen abzuschaffen, appellieren aber an alle, die Geduld der Elite der Entscheidungsträger nicht zu überfordern“ – so mag die Botschaft der Zukunft aussehen – und mehrheitlich würden wir uns der betriebswirtschaftlichen Logik dieses Denkens Widerspruchslos anschließen.
So gesehen … ist es nicht unglaublich, das die Elite die Menschheit ausrotten will, sondern eher, das sie es noch nicht getan haben.
Gründe dafür gäbe es genug.
Was hätten wir aber für eine Menschheit werden können, wenn wir die Botschaft über das „geheime Leben der Pflanzen“ in den neunziger Jahren verinnerlicht und ein partnerschaftliches Verhältnis zum Gemüse aufgebaut hätten: wir wären fern von jeder Sozialreform und überrascht, wieviel empfindungsfähiges Leben es wirklich auf diesem Planeten gibt …