Wie die Corona-Lockdowns viele Nationen in Schuldenkrisen treiben.
Ein Standpunkt von Christian Kreiß.
Das Institute of International Finance, eine globale Vereinigung von Finanzinstituten, betitelte im April 2020 eine Studie „Covid-19 zündet die Lunte an“.1 Die Banklobby-Organisation, die Sorge vor Schuldenausfällen hat, meinte damit die Lunte an der Schuldenbombe. Denn bereits im April betrugen die Schulden weltweit 322 Prozent vom Welt-Sozialprodukt. Mittlerweile dürften sie auf über 350 Prozent angestiegen sein, was unmöglich real zurückgezahlt werden kann. Zum Vergleich: Bei Ausbruch der Finanzkrise 2007 betrugen die Schulden etwa 282 Prozent vom Welt-BIP, was damals schon untragbar war.2
In einer beim IWF im Juni 2020 erschienen Studie3 heißt es, dass im vergangenen Jahrzehnt der größte, stärkste und breiteste Schuldenanstieg in Entwicklungs- und Schwellenländern der letzten 50 Jahre stattgefunden habe. Seit 2010 sei deren Schuldenstand im Verhältnis zum Sozialprodukt um 60 Prozentpunkte auf 170 Prozent vom BIP 2019 angestiegen. Ohne China sei dieses Verhältnis um 20 Prozentpunkte auf 108 Prozent angestiegen. Dabei sei der Anteil der von ausländischen Investoren gehaltenen Staatsschulden auf 43 Prozent und der Anteil von in ausländischer Währung aufgenommenen Unternehmensschulden von 19 Prozent 2010 auf 26 Prozent vom BIP 2018 gestiegen. In den besonders armen Ländern habe sich der Schuldenstand von 47 Prozent 2010 auf 65 Prozent 2019 erhöht.
Mittwoch, 29.5.2013. Eifel. Vor wenigen Tagen gab es die Wahlkatastrophe in Schleswig-Holstein: 53,3 Prozent der Wähler wählten das Modell Demokratie durch Nichterscheinen ab, 87,4 % entschieden sich für Sozialabbau, offensiven Einsatz der Bundeswehr im Ausland und Vetternwirtschaft auf allen Ebenen. Ähnliches kann man auch in Bayern beobachten, siehe Spiegel:
Die CSU ist stärker in die Verwandtenaffäre verwickelt als bisher bekannt. Laut Landtagspräsidium waren es vor allem Christsoziale, die noch kurz vor dem Verbot entsprechende Verträge mit Angehörigen abschlossen. Den Wähler in Bayern kümmert es kaum – die Umfragewerte für die CSU sind blendend.
Ja, die Wähler finden so etwas super! Egal, wie dreist die Politikschranzen auch vorgehen – hier ein besonders delikater Fall:
Es war ein ordentliches Taschengeld für die zwei minderjährigen Söhne von Georg Winter: Jeweils rund 45.000 Euro erhielten sie von dem bayerischen CSU-Landtagsabgeordneten in der Zeit von 2000 bis 2012. Das Geld floss auf Kosten des Steuerzahlers. Winter hatte seine Kinder (sie waren im Jahr 2000 13 bzw. 14 Jahre alt) als Bürohilfen eingestellt, ihm kam dabei das Bayerische Abgeordnetengesetz zugute.
Ist das nicht auch verbotene Kinderarbeit? Ach – was schert das einen ordentlichen Parlamentarier: er ist immun gegen Strafverfolgung und aufgrund des durchschnittlichen moralischen Niveaus solcher Typen dann völlig ungehemmt in seinem Element: lügen, betrügen, abgreifen, ausbeuten – das Standardrepertoire eines jeden deutschen Politikers.
In Deutschland kann man sich so etwas aber erlauben, die Deutschen finden so etwas toll: sie hoffen alle, selbst schnellstmöglichst ins Parlament einzuziehen: die Chancen, dass das gelingt, sind höher als beim Lotto, der Gewinn ist ungefähr derselbe – wenn man sich so geschickt anstellt wie Georg Winter, der seinen Söhnen zwölf Jahre lang ein Luxustaschengeld auf Kosten der Steuerzahler bezahlte.
Was die CSU davon hält? Nun, hören wir dazu die Abendzeitung München:
„Donnernder Beifall“ für jahrzehntelanges kriminelles staats- und volksfeindliches Handeln! Und die Opposition? Hat mit Harald Güller dieselben Probleme, siehe Augsburger Allgemeine.
Warum nun entarten unsere Abgeordneten so? Warum schaden sie dem Ansehen des demokratischen Systems in diesem unglaublichen Maße? Fragen, die man nur beantworten kann, wenn man weit über den Tellerrand hinausschaut – zum Beispiel in die russischen Medien (hier: Stimme Russlands), die aktuell erstaunliches vermelden:
Im russisch-ukrainischen Freiwilligen-Korps, das zur Unterstützung von Syriens Präsident Al-Assad im Kampf gegen Extremisten gebildet wird, haben sich bereits mehrere tausende Menschen angemeldet. Dies erklärte der Initiator der Bildung des Korps, der Oberst außer Dienst Sergej Rasumowski, der die „Allukrainische Union obdachloser Offiziere“ leitet.
Eine Union obdachloser Offiziere. Vor denen hatte sogar Hitler Angst – und da waren die sogar in Kriegsgefangenenlagern eingesperrt.
So etwas gab es auch schon mal: 1936, kurz vor dem großen Völkerschlachten. In Spanien kämpften Deutsche, Engländer, Franzosen und Amerikaner Seite an Seite gegen Franko´s Faschisten, die von Deutschen und Italienern untersützt wurden. Dies war die Generalprobe für den Zweiten Weltkrieg.
Kommen die russischen Freiwilligen in Syrien an, haben die USA alle Argumente in der Hand, um ihren Traum von globaler Hegemonie in die Tat umzusetzen: ein willkommenes Geschenk für die Falken in den USA – und für die Rüstungsindustrie. Vielleicht spenden die sogar für diese Offiziere, wie sie es für Hitler getan haben, dessen Politik maximalen Profit garantierte.
Nun – Menschen die Krieg nur als Unterhaltungsspektakel aus dem Fernsehen kennen, werden mit dieser Drohkulisse nichts anfangen können, wahrscheinlich begrüßen sie sogar die Entwicklung: gibt schöne blutige Sondersendungen in ARD und ZDF.
Doch leider ist der Sitzplatz in der „ersten Reihe“ von ARD und ZDF selbst in Gefahr: es droht eine neue Welle der Arbeitslosigkeit, diesmal in den edlen Kernbereichen der deutschen Industrie. Diese Nachricht wird nicht so in voller Breite geteilt, die Tagesschau beschränkt sich lieber auf andere Themen:
Um die S-300-Raketen gehe es, seit die russische Regierung beabsichtige, dieses Waffensystem nach Syrien zu liefern, sagt Yaalon. Nach seinen Informationen sei es zu einer solchen Lieferung noch nicht gekommen. „Ich hoffe auch, dass es so bleibt, aber wenn die S-300 Syrien erreichen, dann wissen wir, wie wir darauf reagieren werden.“
Deutliche Worte an die russische Regierung.
Bleiben wir jedoch zuerst einmal bei der Meldung, die größte Aufmerksamkeit verlangt: die deutsche Exportindustrie knickt ein, siehe Spiegel:
Der deutsche Exportboom ist vorerst zu Ende. Erstmals seit mehr als drei Jahren senkten die heimischen Firmen im April ihre Preise. Grund sind die Rezession in Europa und die schwache Weltkonjunktur.
Und was bedeutet das Ende des Exportbooms für uns? Dafür muss ich mal ausführlicher zitieren:
Die schwache Konjunktur hinterlässt zunehmend auch ihre Spuren auf dem heimischen Arbeitsmarkt. So hat sich nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom Dienstag der rückläufige Trend beim Stellenangebot im Mai fortgesetzt. Die Nachfrage nach Arbeitskräften sei im zu Ende gehenden Monat auf den niedrigsten Stand seit Herbst 2010 gesunken, berichtete die BA. Der von der Bundesbehörde ermittelte Wert sank im Mai auf 144 Punkte; das sind drei Zähler weniger als im April. Im Vergleich zum Vorjahr lag der Index um 27 Punkte im Minus.
Die BA-eigenen Rechenmodelle sollten uns hier nicht interessieren, sie dienen nur der Bürgerverwirrung – wie alle Geheimsprachen. Klar ist: man muss mit erhöhter Arbeitslosigkeit rechnen. Deshalb meldet auch die von den Parteien dirigierte Tagesschau gleich erstmal einen Erfolg:
Wer nur oberflächlich Nachrichten konsumiert, denkt, er lebe im Schlaraffenland. Wer noch mehr liest, kriegt zurecht Angst um seine Zukunft wie der weltweit größte Rentenfondmanager Pimco, siehe Wallstreet Journal:
„Das Bevölkerungswachstum und die Produktivität gehen langsam zurück. Zusammen mit dem Schuldenabbau, den sämtliche Staaten noch leisten müssen, spricht das für ein anhaltend langsames Wirtschaftswachstum“, sagte Andrew Bosomworth, der in Deutschland das Portfoliomanagement von Pimco verantwortet, am Dienstag in Frankfurt. „Auf Sicht von zehn Jahren dürfte sich die nominale Rendite eines gemischten Porfolios auf drei bis vier Prozent belaufen“, schätzt Bosomworth.
Trübe Aussichten. Pimco hat den notwendigen Schuldenabbau der Staaten fest im Blick – nur mit deutschen Politikern geht das nicht. Die müssen nicht nur ihre Familien ernähren, sondern auch noch den Lobbyisten einen Gefallen tun, damit sie selbst eine Chance haben, Lobbyist zu werden, siehe Süddeutsche:
Der Staatsminister im Bundeskanzleramt, Eckart von Klaeden, wechselt in die Wirtschaft. Nach der laufenden Legislaturperiode wird er beim Autokonzern Daimler Bereichsleiter für Politik und Außenbeziehungen.
Einer von vielen, die von der Wirtschaft dankbar aufgesogen werden, nachdem der Steuerzahler ihren Werdegang bezahlt hat. Wozu ein Konzern einen „Bereichsleiter für Politik und Außenbeziehungen braucht“, erfahren wir leider nicht.
Eine so feste, gelungene Verzahnung von Wirtschaft und Politik führt erwartungsgemäß zu absonderlichen Erscheinungen in der politischen Welt, von der eine weitere brisante Information eher am Rande zu finden ist, siehe Handelsblatt:
Dass der deutsche Steuerzahler Kredite für Spaniens Wirtschaft absichern soll, hört sich abenteuerlich an. Die SPD will den Schäuble-Plan aber dennoch mittragen. Allerdings nur, wenn eine zentrale Bedingung erfüllt ist.
Ja, richtig gehört. Im Rahmen der durch deutsche Sparpolitik verursachten Massenarbeitslosigkeit unter den europäischen Jugendlichen wurde nun ein Programm zu Bekämpfung dieser Schande beschlossen, für das …. Überraschung! … der deutsche Steuerzahler zur Kasse gebeten wird. Der deutsche Politiker selbst zeigt sich als Lobbyist ausländischer Firmen in Deutschland, bezahlt allerdings vom deutschen Steuerzahler. Warum? Dies erfahren wir auf Seite 3 des Artikels:
Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hatte beklagt, dass trotz historischer niedriger Zinsen in der Eurozone Firmen etwa in Italien oder Spanien keinen Zugang zu bezahlbaren Unternehmenskrediten hätten.
Die Politik schenkt den Banken billiges Geld – was die auch gerne nehmen. Aber anstatt es an die europäische Wirtschaft weiterzugeben, investieren die es lieber erstmal in Massenaufkäufen deutscher Aktien (siehe: DAX). Die so gerade vor dem Kollaps geretteten Banken verursachen so doppelten und dreifachen Schaden.
Während es den deutschen Firmen zunehmen schlecht geht, retten wir Firmen im Ausland und … klauen denen auch noch die Fachkräfte. Neben einer breiten Sympathieoffensive in der Tagesschau spricht auch das Handelsblatt von „Deutschlands ungehobenem Schatz„: Millionen gut ausgebildeter Fachkräfte strömen nach Deutschland, um ihre Arbeit dort zu Niedrigstlöhnen in Gold für die Börse der Aktionäre verwandeln zu lassen, während hier Städte zerfallen und Gemeinden von Sparkommissaren zwangsverwaltet werden.
Der BDI hat auch gleich eine gesamteuropäische, nahezu imperiale Lösung bereit (nochmal Handelsblatt):
In der Debatte um mehr Wettbewerbsfähigkeit in der EU empfahl der BDI-Mann Kerber Euro-Ländern wie Spanien eine radikale Neuausrichtung – sie sollten sich stärker als Zulieferer der deutschen Wirtschaft verstehen. „Ich glaube, dass das polnische Modell durchaus auch ein Vorbild sein kann für andere EU-Länder wie Spanien“, . „Polen hat vor über zehn Jahren sehr genau von A bis Z analysiert, was in Deutschland produziert wird und welche Produktionskomponenten benötigt werden, und sich dann strategisch dafür entschieden: Wir werden Deutschland wettbewerbsfähig zuliefern“, sagte Kerber.
Ganz Europa als logistisches Hinterland für das großdeutsche Reich. Solche größenwahnsinnigen Träume kann man derzeit wieder öffentlich ausleben: man weiß den Wähler im Rücken, der sich von der großdeutschen Lösung mal wieder Zahngoldberge verspricht, von denen er selbst ein gutes Stück abbekommt. Ja, ich weiß: solche Vergleiche sind heute verpönt – aber man sollte sich mal gründlich Gedanken darüber machen, warum eigentlich.
Wie gut, dass es Brüssel gibt (siehe Spiegel):
Brüssel habe aber „die wahre schlechte Lage noch immer nicht genügend erkannt“. Ihm bereite die Lage in vielen EU-Ländern Sorge. Staaten wie Bulgarien, Rumänien und Italien seien „im Grunde genommen kaum regierbar“. „Zu viele in Europa“ glaubten noch immer, alles werde gut. Laut „Bild“-Zeitung lautet Oettingers Fazit: „Europa ist ein Sanierungsfall.“
Liest man weiter, erfährt man, das auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien sich auf dem Wege zur Unregierbarkeit bewegen. Nun – für Griechenland hatte der Herr Oettinger ja schon mal eine direkte Diktatur durch EU-Beamte angemahnt (siehe Spiegel).
Vielleicht heitert ihn ja die Nachricht russischer Freiwilligenkorps für Syrien etwas auf – immerhin hat er die Bedeutung von Kriegen für die Wirtschaft ja schon erkannt, siehe Wikipedia:
„In einer Wohlstandsgesellschaft gibt es weniger Dynamik als in den Aufbaujahren nach dem Krieg. Wir sind in der unglaublich schönen Lage, nur von Freunden umgeben zu sein. Das Blöde ist, es kommt kein Krieg mehr. Früher, bei der Rente oder der Staatsverschuldung haben Kriege Veränderungen gebracht. Heute, ohne Notsituation, muss man das aus eigener Kraft schaffen.“
Tja, schon blöd, wenn kein Krieg mehr kommt. Ich habe noch in Erinnerung, dass Krieg gerne dann kommen, wenn Politik und Wirtschaft den Karren mal wieder soweit in den Dreck gesetzt haben, dass er mit friedlichen Mitteln nicht mehr herauszuziehen ist.
Das wissen vielleicht auch die Portugiesen, die sich immer besser vorstellen können, ohne Europa und den Euro leben zu können, anstatt als vollkommen abhängige Zulieferbetriebe für deutsche Unternehmen und Lieferanten für den deutschen Leiharbeitsmarkt dahin zu vegetieren (siehe Wallstreet-Journal).
Und von Freunden sind wir auch nicht mehr so unbedingt umgeben.
Das letzte Mal übrigens, das Deutschland so viele „Fremdarbeiter“ für die eigene Wirtschaft brauchte, war 1944 (siehe zum).
Da war Krieg.
Jetzt können wir uns auch die Wahlergebnisse in Schleswig-Holstein erklären: im Krieg scharrt sich das verängstigte Volk gerne mal um starke Parteien – oder bleibt zu Hause, bis der Sturm vorübergezogen ist.
Und es erklärt auch hinreichend das Verhalten unserer Politiker: die Ratten verlassen das sinkende Schiff – und nehmen so viel wie möglich mit auf die Reise.
Wir hatten ja jetzt Finanzkrise. Die sollte sehr schlimm werden, ist sie aber nicht geworden. Jedenfalls nicht in Deutschland. Wir haben nämlich so viele neue Schulden gemacht, das im Alltag niemand etwas von der Krise merken konnte … jedenfalls so lange nicht, bis die Schulden mal fällig werden. Fragt man nun, welche Ursache die Finanzkrise hatte, so bekommt man eine eindeutige Antwort: die Gier war es. Aktuell fällt der Gier gerade Griechenland zum Opfer, Portugal, Spanien, Irland und Italien, England, Frankreich und die USA sind schon im Fadenkreuz gesehen worden.
Es ist immer schön, wenn man einen Täter hat, den man klar benennen kann. So sind die Menschen eben. Hexe identifizieren, Hexe fangen, Hexe verbrennen: Fall gelöst, das Paradies ist nah. Geht auch mit Juden, Kommunisten, Zigeunern oder Arbeitslosen, notfalls kann man auch mal Bayern oder Polen nehmen. Einfach mal drauf achten, das Prinzip klappt auch bei Seuchen so: „DIE GURKE WAR ES!“ – und schon landen Nahrungsmittel, die reale Leben hätten retten können im Müll.
Seitdem wir die Gier als Täter identifiziert haben ist es deshalb auch recht ruhig geworden um die Ursachen der Krise. Leider … kann man die Gier nicht verhaften noch erschiessen, weshalb das Volk irritiert vor dem Fernseher sitzt.
Vielleicht mal Zeit, sich um den Täter zu kümmern – die Gier. Ich denke, das Wort braucht man nicht länger zu beschreiben. Jeder hat schon mal Zustände kennengelernt, wo er gierig auf etwas war – und sei es nur das nächste Level bei dem aktuellen Lieblingsspiel.
Aber halt … wenn es jeder kennt, wenn es jeder empfindet – das wäre ja schlimm! Dann wären ja wir alle schuldig – schuldig an einer Finanzkrise, von der wir vorher noch nicht mal wussten das sie droht. Dann kann man aber auch nichts dagegen tun, das sie nochmal wieder kommt – und kennt vielleicht den Grund, warum die Krise keinerlei Folgen für die Banken hatte. War eben die Gier, da kann man nichts machen.
Ich habe dann man einen Test gemacht. Voller Gier habe ich mich in meinen Nachdenksessel gesetzt und gierig gegrübelt. Ich habe die Gier auf ein Maximum gesteigert – hatte ja auch sonst nichts zu tun. Das Ergebnis?
Hätte ich den Versuch nicht abgebrochen, wäre ich im Sessel verhungert.
Gier ohne Tat führt zu nichts, auch wenn sie noch so gewaltig ist. Den Selbstversuch kann ich nur jedem empfehlen. Damit Gier schädlich wird braucht man noch etwas mehr – ein Ziel zum Beispiel. Essen, Frauen, Landbesitz, Goldmedaillen – Gier kommt von allein nicht richtig in Schwung. Es kann aber auch … die Gier nach Gerechtigkeit geben, nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.
Gier kann sogar etwas Gutes anstreben, auch wenn sie sich … generell etwas unbeherrscht anfühlt.
Das paßt aber gar nicht zu Investmentgeschäften. Unbeherrschtheit ist kein Charakterzug von Bankern – ganz im Gegenteil: die seriöse Beherrschtheit ist doch viel eher ihr Metier. Sonst würde denen doch keiner sein Geld anvertrauen. Gier nach Essen, Frauen, Landbesitz oder Goldmedaillen führt zu Mord, Raub und Vergewaltigungen – oder zu sportlichen Höchstleistungen … also zu Berufen und Taten, wo sie sich austoben kann. Oder man wird eben Revolutionär – aus Gier nach Gerechtigkeit. Staatsanwalt geht auch. Oder Kabarettist. Überall dort kann und darf man unbeherrscht sein.
Schließen wir also erstmal … die Gier an sich – war es nicht. Sie steht zwar am Pranger und sieht da gut aus, ist aber nur ein traditionelles Schlachtopfer – wie der Jude, der Kommunist, der Zigeuner oder der Arbeitslose. Sie erfüllt aber einen wichtigen Zweck: sie lenkt von den wahren Tätern ab.
Täter?
Ja. Selbst wenn in der kühlen, emotionslosen Bankerwelt in der Tat „Gier“ zugelassen worden wäre, so bewirkt Gier alleine noch nicht, das man Phantasiekredite auf Werkzeugschuppen zum alltäglichen Geschäft machen kann, diese dann bündelt und für viel Geld weiterverkauft. Dafür braucht es – Vorsatz, Plan, Absicht und Tat. Hat man diese Elemente, so kann man auch ganz ohne Gier viel Geld machen. Um auf diese Art und Weise viel Geld zu machen, braucht man einige Regimenter an Kreditverkäufern, Investmentberatern und Mathematikern, die dafür sorgen, das das Geschäft läuft und … sich rechnet.
Das Geschäft selbst können sie auch ganz ungierig erledigen – trotzdem haben sie einen Charakterzug, der sie vereint.
Es ist ihr erklärtes Ziel, auf Kosten anderer reich zu werden – zur Not vernichten sie eben auch die komplette wirtschaftliche Existenz einer ganzen Familie. Ohne ihre wirtschaftliche Grundlage (essen, trinken, schlafen, warm und trocken haben) leben die allerdings auch nicht lange. Ein- bis drei Tage … wenn niemand hilft. Kinder erziehen ist in dem Klima erst recht unmöglich, das ist ein psychisches Klima wie in einer belagerten Burg.
Wir sehen also: ohne Täter funktioniert das System nicht. Kredite laufen nicht von selbst durch die Welt. Sie landen vielleicht mal in der Post, aber hinter dem kleinen unverbindlichen Angebot steckt eine ganze Maschine, viele nüchterne, rationale Überlegungen, deren Gewinnträchtigkeit abgesichert wurde von den besten Mathematikern des Landes.
Wer nun seinen Hauptschulabschluss nicht gerade im Kongo gemacht hat oder dafür bezahlt wird, absichtlich und boshaft Informationsnebel zu erzeugen, der die Täter weiterhin verschleiert, wird diese Zusammenhänge schnell einsehen und in Folge verstehen, warum die Griechen sich so ihre Gedanken machen. Die dürfen das noch – hier in Deutschland tritt sofort und umgehend aus irgendeiner bezahlten Ecke die Gedankenpolizei auf den Plan, wie aktuell in der Welt, die uns darüber aufklärt, das in Griechenland nur Verschwörungstheorien blühen. Es lohnt sich, den Artikel zu lesen, steigert den Blutdruck und die Gier nach Wahrheit und Gerechtigkeit.
Man merkt auch, das man den gemeinen Normalbürger für ziemlich blöde hält, wenn man erfährt, das es da die reichen Unternehmertypen gibt, die sich ihr Geld im Bauwesen verdient haben und sich darüber aufregen, das der Staat sein Geld für unnütze Bauarbeiten ausgegeben hat. Zusammenhänge zwischen der Staatsverschuldung und dem Reichtum einzelner Bürger werden da erst gar nicht wahrgenommen – das ist dann schon Verschwörungstheorie.
Die Verschuldung Griechenlands kam nämlich vom Himmel oder ist … wie es einer der besonders dämliche Kommentatoren des Artikels betont … unser aller Schuld. Da sieht man, was geschieht, wenn Konzernpropaganda auf reformierte gymnasiale Oberstufe mit technisch-naturwissenschaftlichem Schwerpunkt trifft: es wird geist- und sinnlos, aber man bekommt eine gute Note für sonstige Mitarbeit. Da merkt man, welche Folgen die Informationsnebel im Gehirn der Menschen anrichten – gerade jener Menschen, die ihre Bildung aus dem Fernseher beziehen und es selten unterlassen können, über das Internet herzuziehen, das als Quelle des Bösen abgeschafft gehört.
Wer aber nun Menschen dieser Art gerne folgen möchte, dem möchte ich als „Realitätscheck“ einen weiteren Selbstversuch empfehlen. Geht auch mit Gier, besser ist aber, man tritt möglichst beherrscht auf, das gilt in unseren gesellschaftlichen Kreisen als extrem seriös. Einfach mal zur nächsten Bank gehen und sagen: „Ich möchte einen Kredit über 65 Milliarden Euro!“. Soviel kostet uns Deutschen die Griechenlandkrise.
Im Phantasieunviersum der Giertheoretiker bekommt man sein Geld selbstverständlich sofort. In der normalen Welt jedoch … wird erstmal die Bonität geprüft. Das geschieht bei Banken schon bei Summen von hundert Euro – einfach mal einen kleinen Konsumkredit beantragen: schnell wird man merken, das die kein Geld verschenken. Wie kommt es also, das Griechenland solche enormen Schulden hat? Wer hat denen denn die Kredite verkauft? Wieso haben wir jetzt bei Griechenland, Portugal, Irland, Island, Italien, Frankreich, England und den USA die gleichen Erscheinungen wir bei dem Immobiliencrash in den USA?
Geht man diesen Fragen nach, kommt man in eine Welt, wo nüchtern kalkuliert worden ist. Da wurden Riesensummen an ein Land gezahlt, von dem bekannt ist, das es außer Oliven nichts zu bieten hat – und jetzt wundert man sich ernsthaft, das die ihre Kredite nicht bezahlen können? Dachte man etwa, die Oliven würden sich über Nacht in Diamanten und Rohöl verwandeln?
Wer hat denn da die Bonität geprüft, wessen Unterschrift steht unter den Verträgen? Das ist doch wohl leicht zu überprüfen, oder?
Es ist garantiert nicht meine Unterschrift.
Es gibt aber ganz klar MENSCHEN, die dies zu VERANTWORTEN haben. Keine Gier, keine Götter, keine unsichtbaren Hände des Marktes, sondern Manager und Banker, die in Zusammenarbeit mit Politikern Kreditzusagen gegeben haben, für die nur sie alleine verantwortlich sind – UND NICHT WIR!.
Wäre dann doch auch schön, wenn man dann eben genau jene zur Verantwortung zieht und zur Kasse bittet, die den Schlamassel verursacht haben, in dem sie Milliarden für Oliven geboten haben. Ein Rückzahlung der Kredite in Olivenform kann man aber gnädigerweise ebenfalls erwägen. Sollen dann die Täter sehen, das sie die Oliven gewinnbringend verkaufen können.
KEIN EINZIGER EURO des deutschen Steuerzahlers sollte zur Rettung dieser Kredite verwendet werden. Es wäre etwas anderes, wenn die 65 Milliarden den Griechen selbst zu Verfügung stehen würden, um Obdachlosigkeit und Hunger zu verhindern – immerhin, bei 11 Millionen Bürgern wäre allein der Anteil aus Deutschland 6000 Euro pro Bürger. Davon könnte man schon wieder eine Wirtschaft am Laufen halten. Ich bin mir aber sicher, das die Bürger selbst keinen einzigen Euro erhalten werden: die müssen nämlich sparen.
Das Geld landet bei denen, die die unmöglichen Kredite vergeben haben, Kredite, an deren Rückzahlung – wegen den Oliven – niemand glauben konnte, der ohne Taschenrechner bis drei zählen kann.
Und das ist der einfache, überschaubare und überhaupt nicht phantastische Nährboden für Verschwörungen, die nur deshalb blühen, weil die Medien in ihrer Aufgabe der Aufklärung und Mobilisierung der Bevölkerung so sehr versagt haben wie die Parteien bei der Aufgabe, den Willen des Volkes zum Ausdruck zu bringen oder die Wirtschaft, für den Wohlstand des Landes zu sorgen.
Bedauerlicherweise ist – eher zufällig als geplant – aus dem Internet eine gigantische Kommunikations- und Wissensmaschine geworden. Sicherlich enthält sie auch viel Müll, im Gegensatz um Privatfernsehen findet man hier aber auch alles, was man braucht, um sich eine eigene Meinung bilden zu können – und es ist genau diese eigene Meinung, die stört. Sie könnte dazu führen, das wir sehr zornig werden, wenn wir in unser Portemonai schauen und dort nur Ebbe finden, mit der wir die aktuellen Preisanstiege nicht mehr bewältigen können.
So jedoch zucken wir mit den Schultern, denken uns „Ach so, ja, die GIER!“ … und schnallen den Gürtel noch enger.