Kommerz

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Best Subversive Artist Award 2022 – Laudatio

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And the winner is … Torston e. Höhle.

Jedes einzelne seiner Adbusting-Sujets führt zu einem Déjà vu. Man fühlt sich in die Rolle des John Nada in „Sie leben“ versetzt, der nach dem Aufsetzen einer speziellen Brille plötzlich die Wahrheit hinter der glänzenden Fassade des Kommerz sehen kann. So schrecklich dieser Anblick zunächst auch sein mag, er hat auch etwas Heilsames. Letztlich konnte sich die Menschheit in John Carpenters Film nur durch das Aufsetzen dieser Brille von der unheimlichen Macht befreien, die sie unterjochte. Doch das Aufwachen aus dem gleichgeschaltet-belanglosen Leben, das Nietzsche eher als Tod bezeichnet hat, geht selten sanft vonstatten. Zu süß ist der Traum, den uns eine hochprofessionelle Armada an polit- und konzernwirtschaftlichen PR-Experten träumen lässt. Und zu wirksam das Narkotikum der Infusionsflasche, an der wir fast den ganzen Tag über hängen.

Es braucht also disruptive Ereignisse, um die Kruste zu knacken und wieder Licht in den Kokon zu bringen, der um uns gewoben wurde. Da das, was uns gefangen hält, in Wirklichkeit gar kein Dinosaurier, sondern eher ein aufgeblasenes Gummikrokodil ist, reicht oft ein kleiner Stich, um ihm die Luft auszulassen und das Monster wieder auf handhabbare Größe zusammenschrumpfen zu lassen. Und genau mit diesen Nadelstichen versorgt uns Torston mit seinen Logohacks. Jeder südtäusche Spiegelbildbürger, der sie zu Gesicht bekommt, spürt unweigerlich, wie etwas in ihm, auf das er bislang große Stücke gehalten hat, zusammenbricht. Natürlich ist es starker Tobak und zunächst wie unzumutbar, wenn man z.B. Söders Weißwurst dann als madendurchsetzten Balg mit Gammelfleisch erkennen muss, der selbst für ausgewiesene Aasfresser im städtischen Zoo eine Zumutung darstellt. Doch nachdem der Ärger über diese Desillusionierung verflogen ist, wird man letztlich doch dankbar dafür sein, dass man davon abgehalten wurde, weiter von dieser Wurst abzubeißen bzw. sich den nächsten Booster zu holen.

„Einmal in Generationen wird der perfekte Killer geboren, ein König auf seinem Gebiet …“, erklärt uns eine Stimme aus dem Off im Intro zum B-Movie Actionspektakel „Crying Freeman – Der Sohn des Drachen“. Der Film handelt von einem edlen Attentäter, der sich unter anderem als schlichter Töpfer getarnt an Paten krimineller Syndikate heranschleicht, um ihnen dann eine Kugel zu verpassen oder aus devotionaler Pose heraus plötzlich den mit Kerosin gefüllten Mund zu öffnen und ihnen einen Feuerschwall entgegenzuspucken. Torston wird es mir hoffentlich nicht übelnehmen, wenn ich ihn in diesem Sinne als einen perfekten Killer und Meister auf seinem Gebiet bezeichne. Ich meine den Killer gewiss nicht so, wie ihn Biden Putin an den Latz geknallt hat, sondern in seiner edelsten Bedeutung im Sinne des Tyrannenmords, der ja auch von den großen Geistern unserer Philosophie als gerechtfertigt angesehen wurde. Schließlich schafft Tyrannei ein Milieu, das demjenigen diametral entgegengesetzt ist, was das eigentliche Wesen und die Bestimmung des Menschen ausmacht: Freiheit und empathische Liebe. Wobei die Tyrannei des “megatechnischen Pharao“ (J. Kichhoff), die uns heute droht und die seine Wegbereiter bereits ganz unverblümt an die Wand malen, alles übersteigen würde, was bisherige Tyrannen der Menschheitsgeschichte an Schaden anzurichten vermochten.

Beim Ausüben seiner Doppelnull-Lizenz braucht sich Torston also wahrlich nicht vor einem schlechten Gewissen zu sorgen. Im Gegenteil: Er folgt zu 100% seinem Gewissen, indem er eben nicht mitmacht beim Ausrollen des roten Teppichs für den KI-Pharao, sondern ihm Sand ins Getriebe streut. Dieser Pharao würde seine kreativen Fähigkeiten zweifellos willkommen heißen und gut honorieren so wie das auch beim Gros der heutigen Kreativköpfe und Influencer gut funktioniert. Sie wähnen sich überlegen lächelnd in einer win-win-Situationen und realisieren nicht, dass sie und ihre Kinder schon demnächst selbst ins Katzenfutter faschiert werden, nachdem sie ihre Funktion als charmante Wegbereiter des Wahnsinns erfüllt haben.

Doch in dunklen Nächten leuchten einzelne Sterne bekanntlich umso heller. Wem es beim Lesen der Leitmedien immer schwärzer vor Augen wurde und schließlich sogar geistige Atemnot einsetzte, der hatte in Torstons Bauchladen zumindest diese Möglichkeit der Frischluftinhalation. Zumindest visuelle Gourmets wussten um diese kleine Oase der sprühenden Kreativität und des Galgenhumors, an der sie nicht nur aufatmen, sondern bei aller Abgründigkeit der visualisierten Themen mitunter auch herzhaft lachen konnten. In einer Zeit, in der Worte weitgehend versagen bzw. kaum noch Ohren finden, die sie hören wollen, greifen solche Visulisierungen wohl viel tiefer, um das Unsagbare zu greifen und damit wieder handhabbar zu machen.

An sich wäre die Situation der letzten beiden Jahre also eine Sternstunde für alle Künstler gewesen. Nahezu jeden Tag wurde ihnen ein neu aufgelegter Elfmeterball vor die Füße gelegt, den sie lediglich verwandeln hätten müssen. Ein Künstler hätte in dieser Zeit so viele Punkte für die Ewigkeit sammeln können wie in einem gesamten langen Leben nicht. Doch zum Erstaunen des Publikums … drehten sich die meisten um und nahmen Reißaus. Die wenigen, die den Ball annahmen, schossen phänomenal daneben – sofern sie den Ball nicht sogar dazu benutzten, um mit besonders hartem Kick und Bananendrall auf das Publikum zu schießen, um „das Pack“ endlich zum Schweigen zu bringen. Nicht nur die herrschende Klasse, auch ihre Statthalter und Hofnarren wollten schließlich so schnell wie möglich wieder weitermachen mit ihrem dekadenten Luxusleben. Der Entzug an Austernschlürfen und Gangbangparties im Berliner Berghain war ihnen bereits unerträglich. Nicht so der Mastermind der E-Gruppe Berlin, Torston e. Höhle. Die Bälle, die in seine Reichweite kamen, hat er ausnahmslos verwandelt. Zielsicher und kompromisslos. Gerüstet nicht nur mit professionellem Handwerkszeug des Grafikers, sondern auch mit Witz, Empathie und meta-philosophischem Auge, geschult unter anderem an den Werken des Giordano Bruno-Exegeten Jochen Kirchhoff, nahm er den Ball an. Nicht, dass er bei diesem Elfmeter-Marathon nicht auch ins Schwitzen und zeitweise ins Strauchlen geraten wäre – wie sollte das auch anders sein, wenn die Schiedsrichter des derzeitigen Finalspiels der Champions-League quer durch die Bank gekauft sind und jedem, der sich dem gerechten Elfmeter annähern möchte, die rote Karte zeigen? Wo die Kameras der millionenschweren Rundfunkkonzerne in geschlossener Front wegschwenken, wenn ein barfüßiger Spieler des Plebs im Match gegen die perfekt trainierten und fürstlich alimentierten Legionäre der Neuen Normalität dann doch ein Tor erzielt. Und wo sich auf den Tribünen jede Menge neoliberale Hooligans tummeln, die jeden wütend ausbuhen, der ihnen den feuchten Traum von Orwells selbstfütterndem Panoptikum austreiben möchte.

Wer sich inmitten eines solchen massenmedialen Infernos ganz ungerührt gibt, wäre wohl nicht ganz ehrlich mit sich selbst. Sogar Herkules würde angesichts eines solchen Augias-Stalles zunächst schlucken. Worauf es ankommt ist allerdings, in Bewegung zu bleiben, nicht in Schockstarre vor dem vermeintlich übermächtigen Gegner einzufrieren, immer wieder aufzustehen, sich nicht zuviel zuzumuten, denn es ist hochtoxisch, aber das an sich Unverdauliche zumindest in kleinen Dosen kreativ zu verarbeiten und aus der Erkenntnis des Destruktiven vielleicht sogar einen Baustein für die Zukunft zu formen. Torston E. Höhle hat diesen Sportsgeist unter Beweis gestellt. Entgegen allem Gegenwind und zeitweise ganz allein auf weitem Flur in Berliner Metropole, in der er bei Verlassen seines Ateliers jederzeit damit rechnen musste, dass Sascha Lobo oder andere Widergänger mit ihren Wadenbeißern um die Ecke biegen, um zu „äußerln“. Nicht nur Bäumen, Sträuchern und Hosenbeinen wurde auf diese Weise der Garaus gemacht. Auch unzählige Gehirne, die sich in den Strahl stellten, wurden verätzt und dysfunktional gemacht. Doch Torston schaffte es immer rechtzeitig, einen Haken zu schlagen und auch nicht in die semiintellektuellen Hundewürste hineinzutappen, die wie Tretminen den Gehweg übersäen.

In dieser hostilen und mittlerweile auch für überzeugte Maskenträger zum Himmel stinkenden Atmosphäre hat sich Torston ein kleines Labor der Kreativität aufgebaut, aus dem er regelmäßig seine Pfeile abfeuert. Nicht nur virtuell. Es gab auch eine Zeit, in der seine Logo-Hacks in Stickerform die Straßenlaternen und U-Bahnfenster zierten. Freunde seiner Kunst konnten sie erwerben und beim Vorbeigehen dezent platzieren. Diese Form des analogen Protests bleibt eine reale Möglichkeit des Widerstands. In einer Zeit, in der der digitale Raum zunehmend der Zensur unterworfen wird, müssen wir vielleicht wieder mehr auf analoge Mittel der Ausdrucksgebung zurückgreifen. Bevor sich also jemand der Depression hingibt, da er in den sozialen Medien wieder gesperrt, shadowgebannt oder gelöscht wird: Vielleicht einfach bei Torston anklingeln und einen Bogen Sticker ordern. Eine kleine Spende für seine vom Mainstream verschmähte Arbeit ist dabei wohl nicht am falschen Platz investiert und hilft beim Nachdrucken.

Oder man kauft sich einen Packen A4-Klebepapier und bedruckt dieses im Heimdrucker in Eigenregie mit den Bonmots von Torstons Website (raum-e.tumblr.com). Macht aus eigener Erfahrung gewaltig Spaß, derartige Sticker im öffentlichen Raum anzubringen und dann eine Weile zuzugucken, wie fernsehende Spiegelbildbürger daran kurzzeitig aufschrecken und kognitive Dissonanz spürbar wird. Wer in den sozialen Medien wenig Likes erhält, hat mit solchen Stickern im Übrigen wesentlich mehr Erfolgserlebnisse und darf sich manchmal sogar den Bauch halten, wenn er sich ausmalt, was im Kopf von Bürgern vorgeht, die immer noch krampfhaft versuchen, den Traum des „besten Deutschland, das wir je hatten“ zu träumen, wenn sie verstört einen von Torstons Adbustern zur Kenntnis nehmen und damit einen Nadelstich in das aufgeblasene Gummikrokodil davontragen, das sie am Rücken tragen.

Selbstausgedruckte Bildchen sind zwar nur begrenzt haltbar und halten keinen Regen aus. Bis sie verblassen oder entfernt werden, haben sie aber bereits viele hunderte oder tausende Menschen gesehen. Viel mehr Reichweite also, als man als User mit einem durchschnittlichen Blogpost erzielt – wobei wir ja inzwischen von den Softwareingenieuren von Twitter, Facebook & Co. wissen, dass mitunter auch all die ausgeteilten Kommentare, Views und Likes nur Algorithmus-Fakes sind und man sich mit unerwünschter Meinung in Wirklichkeit wie in einer virtuellen Gummizelle befindet, wo man sich austoben darf, aber wo einen in Wirklichkeit kaum jemand hört.

Wohl kaum einem Künstler ist es gelungen, die derzeitige Realsatire dermaßen treff- und stilsicher ins Bild zu bringen. Während wir Zeugen sein mussten, wie nahezu alle Helden unserer Jugend wie Dominosteine nacheinander umpurzelten und wir sie schweren Herzens abtakeln und in den Keller packen mussten, lief Torston im Angesicht des massenmedialen Molochs zu seiner Hochform auf. Nur noch wenige Ikonen des Kommerz gibt es, die er mit seiner Crossover-Adbusting-Lanze nicht sauber aufgespießt und gehäutet hätte. Die meisten dieser Edelwildschweine leben zwar noch, galoppieren munter durch den Wald und richten weiterhin beträchtlichen Schaden an. Sie haben nur noch nicht zur Kenntnis genommen, dass die Lanze bereits in ihnen steckt und sie demnächst auf der Strecke bleiben werden. Auch noch so viele mRNA-Impfungen werden sie nicht vor ihrem Schicksal bewahren. Auch nicht all ihr Geld, Macht und das bezahlte Lachen ihrer Influencer-Clowns.

Obwohl (vielleicht gerade weil) selbst passionierter Techno-Freak, hat Torston messerscharf erkannt, was uns mit der schönen neuen Technowelt blüht: Nichts weniger als Dantes Eishölle und Orwells Alptraum in einem Aufguss, die Abschaffung von Individualität, Selbstbestimmung, Kreativität und Kultur, d.h. die Ausmerzung  des Homo sapiens wie wir ihn kennen. Und dass es falsch verstandene Coolness wäre, diesem versuchten Kehlenschnitt tatenlos zuzusehen. Dass Kirchhoffs „megatechnischer Pharao“ kommen wird, lässt sich womöglich kaum noch verhindern. Die Vorbereitungen für seine Inthronisation laufen auf Hochtouren und seine Followerscharen sind bereits unübersehbar. Doch all das wäre noch nicht schlimm. Es hat so kommen müssen und wir könnten die Konfrontation mit dem Abgrund auch als Reifeschritt nutzen. Schlimm wäre es nur, wenn wir dem schlafend gegenüberstehen. Jeder kleine Stups, der uns aus unserem massenmedialen Schlummer reißt, ist daher Gold wert. Und es sind mittlerweile zahllose Stupse, die uns Torston geliefert hat. Wer seine Timeline durchscrollt, gelangt bis ins Jahr 2012, wo für die meisten von uns der Fußball noch rund, der Rasen grün und die Weißwurst schmackhaft war. In diesen scheinbar idyllischen Verhältnissen hat er bereits den Wurm ins Bild gebracht, der sich geduldig Richtung Kern unseres Apfels fraß und dessen Fäulnis erst 10 Jahre später mit voller Wucht zutage getreten ist.

Nach einstimmigem Beschluss des Kulturressorts des Nachrichtenspiegel geht daher der diesjährige „Best Subversive Artist Award“ an den Mastermind der E-Gruppe Berlin, Torston E. Höhle. Das Preisgeld von EUR 500.- wurde aus einem Fonds mittelständischer Unternehmer bereitgestellt, die sich für den Erhalt von Diskurs- und Meinungsfreiheit einsetzen. Der Betrag wird ausgezahlt in Krugerrand-Silbermünzen. Wir wünschen Torsten weiterhin alles Gute und frohen Mut. Wie jeder Marathonläufer weiß, muss man sich seine Kräfte gut einteilen. Denn was wir die letzten beiden Jahre erleben durften, war womöglich nur die Ouvertüre zu dem, was jetzt noch kommt. Auch eine Atempause sei daher gestattet.

Überhaupt sollte man „Erfolg“ in solch präapokalyptischen Zeiten keinesfalls in Google-Maßstäben messen. Wer sich in Quantität und Masse misst, müsste heute unweigerlich verzweifeln. Weiterkämpfen kann man wohl nur, wenn man die unangenehme Realität schlicht zur Kenntnis nimmt: Die Zerstörung ist bereits passiert, im Großen und Ganzen wurden wir vernichtend geschlagen. Wir wurden auf so vielschichtige und unablässige Weise vergiftet, dass dies kaum noch rückgängig zu machen ist. Doch gerade davon darf man sich keinesfalls entmutigen lassen. Für die breite Mehrheit ist das Spiel gelaufen. So tragisch dieser Verlust bzw. ihr Schicksal sein wird, aber um diese Mehrheit geht es nicht. Es wäre wiederum eine erzkapitalistisch-materialistische Haltung, wenn man seinen Erfolg nur im Retten der großen Masse sieht. Wenn es gelingt, dass sich zumindest eine Minderheit vom nicht mehr zu reformierenden System der Ausbeutung und Heuchelei lossagt und den beschwerlicheren Weg der Wahrheit (ich weiß: was für ein ekelerregendes Wort, das jeder posthumanistische Hariri-Harakirist nur mit einem zynischen Verziehen seines Mundwinkels quittieren wird) wählt, dann wird es eine Zukunft geben. Auch wenn es nur eine Handvoll Menschen wäre. – In Wirklichkeit sind es nicht Tausende, sondern bereits Millionen. Und das darf Hoffnung geben.

Und wer weiß, bei wie vielen Menschen der Anblick eines der oben gezeigten Kunstwerke den entscheidenden Tropfen abgegeben hat, um das Fass zum Überlaufen zu bringen, um zu realisieren: Dieses „kannibalische System“ (Jean Ziegler) hat fertig. Es braucht jetzt eine vollkommene Kehrtwende. Und wenn ich diese auch ganz alleine gehe und es mich alles kostet. Aber in das bodenlose Schwarz dieses Abgrunds werde ich nicht weitermarschieren.

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P.S.: Einige von Torstons Sujets gibt’s übrigens als T-Shirts im harlekinshop (Kollektion “ADBUSTING & GUERILLA”):

Gewinne aus dem Kauf dieser Produkte kommen nicht nur Bürgerrechtsvereinen und investigativem Journalismus zugute, sondern werden allgemein an Menschen, Initiativen und Projekte vergeben, die dringender Unterstützung bedürfen. Z.B. wurden schon vor offiziellem Ausbruch des Ukraine-Krieges, als die Zivilbevölkerung des Donbass unter täglichem Beschuss nationalistischer Verbände und Söldner stand: Küken geliefert. Nicht Waffen wie von den „Grünen“:

(Bilder: E-Gruppe Berlin, harlekinshop.com)

 

 

 

 

 

 

Video der Woche – Steve Cutts uncut: Der Schatten der nerdigen Smartphonebürger … lässt sich nicht mehr verdrängen

(Warnung: Splattervideo -nichts für schwache Nerven!)

Video by Steve Cutts (siehe Galerie)

in memoriam Steve Geshwister

Video der Woche – Steve Cutts uncut: „Wake up call“

Video (c) Steve Cutts

in memoriam Steve Geshwister

Live von der IAA: BMW-Chef von selbstgezüchteter Bestie überwältigt

17_Oltimer+BMW

17_Oltimer+BMW

Vehikel gestern und heute (Fotorechte s.u.)

Nostalgiefreunde erinnern sich oft mit Wehmut an die Oldtimer-Zeit. Als die Designer der ersten Automobile sich noch bemühten, ihren Vehikeln ein Gesicht zu geben, das die Herzen der Menschen, die ihnen ins blecherne Visier sehen, trotz unvermeidlichem Lärm und Gestank ein wenig erfreut. – Drollige runde Augen als Scheinwerfer und gutmütige Kühlergrill-Stupsnasen blickten einem entgegen, auch sonst konnte man sich bei den gerade ihren Siegeszug über die Landschaft antretenden Vehikeln recht harmonischer Formgebungen erfreuen. Noch die Modelle der 80er Jahre hatten etwas von diesem Chic und klassischer Ästhetik.

In den 90er Jahren begann dann ein ganz anderer Wind zu wehen. Mazda brachte einen Werbespot, in dem das neue Modell „6“ an einer urbanen Betonlandschaft vorbeifuhr und dorthin einen haifischförmigen Schatten warf. Der Werbefritze, der damals den Mazda-Video gedreht hat, war wohl ein Goethe-Kenner – er wusste, dass man im Schattenwurf das Wesen der Dinge erkennen kann.

Spätestens mit der Milleniumswende war dann Schluss mit lustig, die jungfräuliche Phase des Automobildesigns ist heute ein für allemal vorbei. Unter einem Zeitgeist, dessen erklärtes Ziel es ist, jedwedes Gutmenschentum auf Teufel komm raus auszurotten, ist natürlich kein Platz für gutmütiges Autodesign.

Sonst vergisst der Bürger womöglich auf seine oberste Pflicht: der totalen Effizienz und dem Verdrängungswettbewerb zu dienen.

Das folgerichtige Autodesign trägt heute also die Signatur Marke „böser Wolf“. Nachdem BMW den Anfang mit richtig „tierischer“ Automobilimpressionistik gemacht hatte, überbieten sich inzwischen auch alle anderen Blechschmieden im stillen Wettbewerb, wer die gerissenste und aggressivste „böse Wolf“-Visage designen kann.

Die ehemals runden Frontscheinwerfer fast aller Marken sind mittlerweile von grimmig nach unten gezogenen Augenbrauen verengt, die Mundpartie der Autovisage erinnert an gebleckte und zu allem bereite Zähne eines Raubtiers. Das unausgesprochene Signal des hinterm Steuer sitzenden Herrl dieses Hundes: „Wer sich mir in den Weg stellt, den mach‘ ich platt!“ – frei nach dem Wahlspruch des Chefs der US Bank Lehman Brothers, dessen T-Shirt den Aufdruck „Get out of my way!“ trug.

Ja, die von Thomas Hobbes postulierte Gesellschaft, in der „jeder Mensch des anderen Menschen Wolf“ sei, ist scheinbar schon näher als uns bewusst ist.

Besonders detailverliebt wird das böse Wolf Design neuerdings vom Autobauer Audi zelebriert, wo die Aggressivität des Motortieres nicht bloß durch gnadenlose Blechgestik demonstriert wird, sondern diese selbst in der Formgebung seiner Pupillen ihren Ausdruck erhält: die Scheinwerferelemente sind in Form mehrerer nebeneinander angeordneter LED-Elemente gestaltet, deren Linienzug an wütend nach unten gezogene Augenbrauen erinnert.

Hat man einen Audifahrer auf der zweiten Autobahnspur im Nacken und er lässt mit einem lässigen Fingerschnipper diese „Böse Wolf“-Augen kurz aufleuchten bzw. verpasst einem einen visuellen „Get out of my way!“-Warnschuß in den Rückspiegel, dann ist leichte Gänsehaut die nicht unerwünschte Nebenwirkung – zumindest wenn man einen alten Fiat fährt und nicht mit einem kurzen Tipper auf die Bremse die eigenen, ebenfalls zur grimmigen Visage verzogenen Flugabwehrgeschütze in Form von „Böse Wolf“-Bremslichtern aufleuchten lassen und dem von hinten herannahenden Feind eine standesgemäße Antwort verpassen kann.

Insbesondere mit einem SUV hat man hier leicht lachen. Viele SUV-Heckteile wirken wie grimmig-schmerzvoll zusammengekniffene Hintern, aus denen per Pedaldruck jederzeit ein tödlicher Gärgas-Furz entweichen kann.

Hätte man in den 80ern hierzulande noch über das aufgeblasene Krapfen-Design der SUVs gelacht und auch die PKWs im Böse-Wolf-Look wieder zurück in die Faschings-Requisitenkammer geschickt, so sind sie heute state of the art.

Und auch wenn ihn manche Spötter als „Hausfrauenpanzer“ bezeichnen und sich sogar Automobilfreunde weitgehend einig darüber sind, dass SUVs außer für den, der drinnen sitzt schrecklich sind – der Erfolg gibt dem SUV Recht: Fast jeder zehnte gekaufte Neuwagen ist heute ein SUV. Dass ein SUV bei gleicher Fahrleistung wie ein PKW ungleich mehr Sprit verbraucht und ein Vielfaches an Schadstoffen ausstößt, stört unsere Politiker keineswegs. Politiker, die im Gegenzug durch mittlerweile absurde Energiespar-Verordnungen und Dämmvorschriften jedem ehrlich arbeitenden Menschen die Errichtung eines Eigenheimes fast verunmöglichen.

Warum die Politik in Zeiten verknappender Ressourcen und eskalierender Feinstaubbelastung kein Problem mit SUVs und auch nicht mit der visuellen Umweltverschmutzung durch die Böse-Wolf-PKWs hat? Nun, ich weiß mir als Techniker auch keine andere Antwort als die, dass der SUV und der Böse-Wolf-PKW womöglich einfach das beste und billigste Werbe-Sujet für das neoliberale Politdogma sind. Omnipräsent vermitteln sie die Botschaft, die man auf Werbeplakaten schwer transportieren könnte: „Der Stärkere setzt sich durch, also pass bloß auf, dass du nicht auf der Strecke bleibst.“

Manchmal ist das Schicksal jedoch gerecht und es bleibt nicht der Schwächere auf der Strecke sondern auch einer der wohlbeleibten SUVeranten. So geschehen dieser Tage bei der Frankfurter Automesse IAA, wo es den BMW Chef Harald Krüger höchstpersönlich umgelegt hat.

Bevor Sie sich das unten gezeigte Video des grausamen Ereignisses ansehen, mag sich mancher vorher kurz in bewegten Bildern auch die Atmosphäre vergegenwärtigen, in der sich die Tragödie abgespielt hat: http://iptv.orf.at/#/stories/2299504/

Die IAA-Messehalle, ein diesmal unter dem Thema „vernetzte Mobilität“ unter Strom gesetzter Hochglanztempel, vollgefüllt mit allem, worauf Deutschmänner stolz sein können: Technik, Elektronik, Autos, verschmolzen zu einer futuristischen Performance, gegen die Captain Kirk auf seiner Enterprise wie ein Waisenknabe wirkt. Smarte Businessmänner in grauem Zwirn, die mit ebenso smarten Funkarmbanduhren selbstfahrende Autos herbeikommandieren, die Luft durchschnitten von Laserstrahlen und in die Luft projizierten Beamer-Zauberbildern, auf denen für Presse und kaufstarke Kunden die neuesten Böse-Wolf-Modelle zu bewundern sind. Das alles in einer kühl-frostig technoblaugrau gehaltenen Kulisse. Menschen krabbeln vor der gigantomanischen Technikmaschinerie herum wie kleine Ameisen und kommen im bewundernden Staunen davor, wie weit wir es gebracht haben, gar nicht mehr heraus. Im Cockpit der neuen Fahrzeuggeneration laufen Kameras, die jede Bewegung der Insassen in Echtzeit auswerten: Mit einer Handbewegung in der Luft kann man eingehende Mobilanrufe annehmen oder zurückweisen. Genauso wird jedes im Cockpit gesprochene Wort per WLAN zu einer Cloud in den Himmel geleitet und von dort aus den Insassen jeder Wunsch von den Lippen abgelesen. „Siri, lad‘ mir die neueste Schwubbeldupp-App runter!“ – „Schon geschehen.“ Gegen die digitalen Dienste von Siri war der bezaubernde Jeannie-Flaschengeist von Larry Hagman noch eine richtiggehend lahme Ente. Gäbe es noch eine Fußball-Leinwand in der Halle – die Seligkeit wäre perfekt und alle Menschen wunschlos glücklich. Im obigen Video sieht man, wie natürlich auch Deutschlands „Frau ohne Eigenschaften“ Angela M. vorbeikommt und dem fortschrittlichen Treiben ihren Tribut zollt.

Mit einem Wort, der Schauplatz des tragischen Geschehens ist eine technokratische Markthalle, vollgefüllt mit Dingen, über die Sokrates achselzuckend gesagt hätte „Was es alles gibt, was ich nicht brauche“, während jeder Nichtsokratiker mit offenem Mund und gefalteten Händen vor ebendiesen Dingen steht und sagt: „Willhabähn!“

Mitten in diesem Treiben kommt nun der BMW Chef auf die Bühne und will der sehnsuchtsvoll wartenden Menge das neueste goldene – in diesem Fall metallic blau lackierte – Kalb aus seinem Münchner Stall präsentieren.

Er hat nur leider denselben Fehler gemacht, den auch die Las Vegas Showmaster Sigfried and Roy gemacht haben, als einer der beiden Löwendompteure von seinem Tier hinterrücks niedergerissen und übel zugerichtet wurde: Auch der Münchner Autobauer hat seiner Bestie den Rücken zugewendet. Und das ist ihm dann auch zum Verhängnis geworden.

Wer das folgende Video aufmerksam betrachtet, der kann wahrnehmen, wie das hinter ihm lauernde Tier langsam seine kalten, technokratischen Tentakeln nach dem Redner ausstreckt. Es legt sie ihm um Hals, Hüfte und Beine. Man merkt zwar, dass der gute Mann etwas blass bei dieser Umarmung wird, aber noch weiß er nicht, wie ihm geschieht und setzt deshalb seine Lobeshymne auf das goldene Kalb fort.

Schließlich der Schock: Die Bestie vollzieht ihren Würgegriff und legt ihren ehemaligen Meister um. Er taumelt, stürzt zu Boden und ringt röchelnd nach Luft, eine Anzahl grauer Männer befördert ihn schließlich von der Bühne.

Die Botschaft, die die eigenläufig gewordene Technik auf der unter dem Motto „Vernetzte Mobilität“ stehenden Automesse mit dem Abservieren des BMW Chefs an die Menschen gesendet hat, ist eindeutig: Wir werden nicht mehr gebraucht. Nicht nur die Autos werden demnächst selbst fahren, auch die derzeit auf Teufel komm raus entwickelte Künstliche Intelligenz wird uns ineffiziente Zweibeiner bald abservieren (siehe auch ARTE Doku „Welt ohne Menschen“).

 

Copyright Fotos (Wikimedia Commons): VW (li.): Silar, CC BY-SA 4.0 – Link; BMW (re.): Navigator84, CC BY-SA 4.0 –Link

Liebe Webseitenbetreiber

fefe schreibt mir hier aus der Seele:

Liebe Webseitenbetreiber. Nein, ich will keinen Newsletter subscriben. Nein, ich will nicht an eurer Umfrage teilnehmen. Nein, ich will nicht eure einzigartigen Angebote sehen. Und ich will auch nicht euer Freund auf Facebook werden. Und diese SEUCHE von Javascript-Pseudopopups, die man nicht blocken kann, weil es keine echten Fenster sind, dafür gehört ihr alle gehauen, getreten, geteert und gefedert. Wer das macht, ist mich als User los. Zum KOTZEN. Spammer, widerliche, allemiteinander.

Und ich mag noch hinzufügen:

Nein, ich will keine Mails mit schlecht als Gastbeiträge getarnter Werbung für Bücher, Webseiten oder Fitnessgeräte(?). Auch keine Anfragen zur Zusammenarbeit mit Firmen, die die Funktion eines Blogs als Werbeträger entdeckt haben und nun dringend Verlinkungen oder Artikel benötigen. Und den Kommentar-SEO-Spam könnt ihr euch auch sparen, irgendwann schreibe ich Rechnungen dafür.

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