Als Willy Brandt sich in den frühen 70er Jahren dafür entschied, eine eigenständige Ost-Politik zu wagen, wurde das in Washington nicht nur mit Argwohn beobachtet. Für das Pentagon galt der deutsche Bundeskanzler Brandt seither als unberechenbar und „Brandt-gefährlich“. Brandt gefährdete mit seiner authentischen Friedens- und Entspannungspolitik das Geschäftsmodell des Militärisch-Industriellen-Komplexes. Brandt suchte und fand den Frieden, der später unter Kohl in der Wiedervereinigung mündete, während sich das Pentagon bis heute vor allem darauf versteht, den Krieg in alle Welt zu tragen.
Foto: Public Domain/Wikimedia
Auf der Plattform Swiss Propaganda Research ist gerade ein anonymer Bericht eines Top Level Journalisten erschienen. Mit trockenen Worten schildert er, welcher Arbeitsethos heute in den Redaktionen unserer vielgepriesenen Qualitätsmedien herrscht:
„ Ich bin selbst schuldig, Teil des Systems zu sein oder zumindest das Spiel mitzumachen …
Die meisten seilen sich bevor sie 50 werden in die PR ab. Das Angebot von gutbezahlten PR-Jobs ist für erfahrene Journalisten gross. Der Spruch: «jetzt gehe ich dann in die PR, weil das was ich hier mache ist nicht viel anders, einfach schlechter bezahlt», ist nicht unüblich. Wer die Überzeugung hat, mit Journalismus etwas bewirken zu können, ist sehr jung, oder wird ausgelacht von der Mehrheit.
… Vordergründig herrscht in den Mainstreammedien kompletter Meinungspluralismus – abgesehen von Einzelfällen tun sich Journalisten kaum mit festen Überzeugungen hervor: Man ist für alles offen, suspekt ist, wer eine Haltung hat und konsequent aus dieser Haltung berichtet. Die Journalisten mit einer konsequenten Weltanschauung sind rar.
… Es ist nicht so, dass es vor 20 bis 30 Jahren auf den Redaktionsstuben keine Selbstzensur, Gleichschaltung, vorauseilenden Gehorsam und Tunnelblick gegeben hätte. Doch die Rahmenbedingungen in den heutigen „Redaktionsfabriken“ der Mainstream-Medien fördern geradezu den ideologielosen, opportunistischen, Klick-orientierten Journalismus, dem die wichtigen Fragen entgleiten.“
(Quelle: https://swprs.org/bericht-eines-journalisten/ )
Diese als „Geständnis“ betitelte Schilderung eines Leitmedien-Journalisten folgt geraume Zeit auf die legendäre Rede des New York Times-Chefredakteurs John Swinton. Bereits zu Zeiten, in denen die regierungsnahen Leitmedien noch über allen Verdacht erhaben waren und die von ihnen ausgegebenen Texte von fast jedermann/jederfrau täglich konsumiert und weitgehend unreflektiert internalisiert wurden, meinte Swinton:
„Wenn ich mir erlaubte, meine ehrliche Meinung in einer der Papierausgaben erscheinen zu lassen, dann würde ich binnen 24 Stunden meine Beschäftigung verlieren. Das Geschäft der Journalisten ist, die Wahrheit zu zerstören, schlankweg zu lügen, die Wahrheit zu pervertieren, sie zu morden, zu Füßen des Mammons zu legen und sein Land und die menschliche Rasse zu verkaufen zum Zweck des täglichen Broterwerbs. … Wir sind Werkzeuge und Vasallen von reichen Männern hinter der Szene. Wir sind Marionetten. Sie ziehen die Strippen, und wir tanzen an den Strippen. Unsere Talente, unsere Möglichkeiten und unsere Leben stehen allesamt im Eigentum anderer Männer. Wir sind intellektuelle Prostituierte.“ (Quelle: Wikipedia)
Der Vergleich mit dem Gewerbe der Prostitution wird vielen Journalisten, die mit ihrer Berufswahl an sich angetreten sind, um der Wahrheit, Aufklärung und Humanität zu dienen (so denke ich naiver Mensch mir das zumindest), wohl sauer aufstoßen. Man mag darüber streiten, inwiefern zwischen den beiden Gewerben moralische Parallelen bestehen, auf rein monetär-existenzieller Ebene betrachtet, befinden sich Journalisten heute allerdings in der Tat in derselben Zwickmühle des Prekariats wie die Gewerbetreibenden in der Prostitution: Konnte man in guten alten Zeiten noch schnelles Geld machen, wenn man bereit war, seine menschliche Würde aufzugeben und sich unter den Hund zu bringen, so bekommt man fürs Beinebreitmachen heute mitunter gerade mal 15 Euro (Quelle: ZDF Reportage „Bordell Deutschland“), wovon mehr als die Hälfte an den Zuhälter und ans Etablissement gehen. Unterm Schnitt bleibt der Prostituierten also ein mieserer Stundensatz als einer Reinigungskraft, obwohl erstere laut Statistik ein größeres Gesundheits- und Todesrisiko eingeht als ein Soldat, der in den Krieg zieht. Etwas bessere Bezahlung gibt es allenfalls noch im Nobelescort-Service, allerdings ist die Ausschlachtungszeit dort sehr gering, ständig drängt billiges Frischfleisch aus dem Osten heran, während abgehangenes Fleisch von den Metzgern schnell ausrangiert wird.
Gleichermaßen konnte man in guten alten Zeiten als Bezahlschreiber bei den deutschen Leitmedien eine Menge Geld verdienen, wenn man bereit war, sein Herz gegenüber der herrschenden (transatlantisch-neoliberalen) Meinung breitzumachen und seinen Ethos an den Nagel zu hängen (siehe dazu Interview mit dem ehemaligen Welt-Journalisten Dirk C. Fleck bei KenFM: «Wir leben in einem globalen Schweinesystem … Es gibt in Amerika 1.500 Zeitungen, 1.100 Magazine, 9.000 Radiostationen und 1.500 TV-Anstalten. Die sind in sechs Händen konzentriert. Davon sind vier Rüstungsunternehmen und zwei Energieunternehmen. Jetzt wissen Sie Bescheid über „die freie Presse“.» Nun ist aber auch unter denen, die bisher den vollen Rückenwind des Mainstreams genossen haben, Saure-Gurken-Zeit angebrochen. Obwohl sie das mühsame Schwimmen gegen den Strom tunlichst vermeiden wollten, müssen sie nun in unwirscher Strömung um ihr Überleben paddeln. Denn nicht nur billiges Frischfleisch und junge Prekariats-Volontäre drängen in die Schreibstuben der ehemaligen Gutverdiener nach, auch die zunehmende Digitalisierung gräbt dem Nachrichtengewerbe das Wasser ab: Info-News werden von einer der drei Pressekonzerne AP, Reuters und AFP wie vorgebackene Brötchen angeliefert und können per copy & paste übernommen werden (wie lediglich drei globale Nachrichtenagenturen als Zapfsäulen für die nationalen Massenmedien dienen, ist im SWPRP-Medienreport „Der Propaganda-Multiplikator“ nachzulesen).
Um die Tiefkühlbrötchen der Presseagenturen aufzubacken, braucht es allenfalls einen Kosmetiker, aber keinen Journalisten mehr, der wirklich in die Tiefe recherchiert und das macht, wozu er als Journalist eigentlich ausgebildet wurde. Demnächst braucht es sogar nicht einmal mehr den Kosmetiker – smarte Algorithmen übernehmen mitunter bereits das Schreiben kompletter Artikel. So ist es in mehreren US-Zeitungen bereits gang und gäbe, dass man dem Computer nur noch ein Sportergebnis füttert und der Blechkollege dichtet eine Story drumrum, die dann unredigiert abgedruckt wird. Auch auf Wikipedia werden schon seit längerem automatisierte Bots eingesetzt, die im Netz verfügbares Informationsmaterial durchforsten und daraus pro Tag bis zu 100.000 Artikel verfassen, die sogar für das skeptische Auge von Gwup-Nerds und der Sheldon Cooper-Community alle Anforderungen an Wissenschaftlichkeit und Sachzwänglichkeit erfüllen (siehe Spiegel).
Doch nicht nur dem niederschwelligen Boulevardjournalismus stehen wenig rosige Zukunftsaussichten ins Haus. Auch im Nobelescort-Bereich des Journalismus ist die Luft dünn geworden, allerortens wird gnadenlos rationalisiert. Wie aus der Redaktion ausgestiegene Journalisten berichten, sind die Zeiten, in denen man als gewöhnlicher Spiegel-Redakteur wirklich gut verdient hat, längst vorbei und hat auch die Porsche-Dichte in der Tiefgarage deutlich abgenommen. Allenfalls als Chef der Etablissements hat man noch leicht lachen und kann bei abendlichen Gala-Diners von Atlantikbrücke-Verein & Co. entspannt Champagner schlürfen und Schokotrüffeln schlemmen – und das Schulterklopfen der ganz Mächtigen genießen. Dass Putin und Russland in der deutschen Medienwelt die alternativlos Bösen bleiben, lässt man sich in der oberen Liga schon noch etwas kosten.
Für kleine Schreiberlinge und Nachwuchstalente sieht es jedoch traurig aus, denn sie sind in der postfaktischen Medienwelt jederzeit ersetzbar geworden. Niemandem wird es auffallen, wenn sie nicht mehr auf ihrem Arbeitsplatz Dienst verrichten, geschweige denn, ihnen eine Träne nachweinen. Wie der eingangs erwähnte Journalist im SWPRS-Bericht erzählt, herrscht in den Massenmedien mittlerweile Existenzangst und Endzeitstimmung: „Nirgends war das Klima der Angst grösser und expliziter als beim grössten privaten Medienhaus der Schweiz. Die Angst vor der nächsten Sparrunde, Umstrukturierung, vor dem unerwarteten Seitenhieb in der Blattkritik.“ Die Existenzangst führe dazu, dass die Journalisten ihre eigenen Denkmuster nicht mehr hinterfragen und insbesondere einer „US-EU dominierten Sicht- und Erklärweise der Weltereignisse“ unterliegen.
Nichts ist in den Schreibstuben also mehr wie früher. Sogar wenn sich bedingungslos auf Blattlinie schreibende Journalistinnen wie die junge Leonie Feuerbach um Kopf und Kragen schreiben, indem sie mit allem ihnen zur Verfügung stehendem Krallen- und Beißwerkzeugeinsatz politisch nicht korrekte Friedensfestivals an den Pranger stellen (siehe heise) und mit aller gebotenen Härte gegen „Querfrontler“ wie Ken Jebsen, Xavier Naidoo oder Werner Altnickel vorgehen, ist nicht gewiss, ob die eifrigen GedankenpolizistInnen nicht schon übermorgen selbst wegrationalisiert werden. In Zeiten, in denen morgen nichts mehr so ist wie gestern, kann es schnell mal sein, dass sich Leonie Feuerbach als Kühlregalschlichterin beim Lidl widerfindet, obwohl sie doch gerade erst nach stolzer Gutsherren(frauen-)art das Horn zur Jagd geblasen hat und mit einem stattlichen Rudel an Labradoren im Gefolge über die urbanen Äcker des neoliberalen Fürstentums geritten ist.
Wer weiß, vielleicht wird die jagdlustige Dame, die unzähligen Hasen den kalten Angstschweiß aus dem Fell getrieben und ihnen dieses dann über die Ohren gezogen hat, unvermittelt von einem Burnout gestreift … oder die grüne Galle, die sie im Kampf gegen unbotmäßige Friedensaktivisten entwickelt hat, schießt ihr in die Nieren … – und schon kann Schluss sein mit der spitzen Schreibtischtäterschaft und dem Sold am Monatsersten. Wenn man heute nur für kurze Zeit einmal nicht mehr leistungsfähig ist, dann darf man erleben, wie das leistungsorientierte System, für das man zuvor mit aller Verve gekämpft hat, mit einem selbst umgeht. Auch wenn sie jetzt noch im ledergepolsterten Vorzimmer zum Chef sitzt und aus der erhöhten Sitzposition des SUV nach unten blickt, selbst ambitionierte Nachwuchskräfte wie Leonie Feuerbach, die alles gegeben haben, sind heute nicht davor gefeit, schon morgen ausrangiert und auf Hartz 4 gesetzt zu werden. Statt SUVs in der Tiefgarage dürfen sie dann versprengte Einkaufswägen an der Lidl-Kassa parken.
Dabei war der Traum vom kleinen Glück bereits so greifbar nahe: Nachdem die junge Leonie laut ihrer FAZ-Vita dem ehrwürdigen Leitmedium von 2014 bis 2016 als Volontärin gedient und nach dieser zweijährigen Bewährungsprobe schließlich am 1. April 2016 dasjenige Privileg erhalten hat, das für eine Studentin der Politikwissenschaften in heutiger Zeit seltener ist als ein vierblättriges Kleeblatt in einer Sandkiste: eine Festanstellung als Redakteurin. Nach dem Platzen der schillernden Seifenblase, auf die Oma besonders stolz war, wird die junge Leonie dann womöglich auch verdutzt feststellen dürfen, dass die nadelgestreiften Feudalherren, in deren Sold sie früher stand, an der Kassa keinen einzigen Cent Trinkgeld springen lassen, während Friedensaktivisten, denen sie in ihrem früheren Leben den medialen Garaus bereitet hat, sich als unerwartet großzügig erweisen, obwohl diese selbst ein karges Auskommen haben und in zerschlissener Kleidung unterwegs sind. Angesichts der herablassenden Art der nadelgestreifen Herren, mit denen sie früher auf Augenhöhe scherzte und die nun bei ihr einkaufen, wird die geharzte Leonie womöglich sogar an die leibhaftige Existenz von Reptiloiden zu glauben beginnen, obwohl sie solchen Verschwörungstheorien bisher immer sehr abhold war.
Wie sie in ihren FAZ-Artikeln unter Beweis gestellt hat, verstand es Leonie, Verschwörungstheorien mit fachmännischer Journalistenhand zu einem toxischen braunen Cocktail zu mixen, in den als Zutaten neben Chemtrails, den 9/11-Anschlägen, Reichsbürger-, Tiefenstaat- und Überwachungsphantasien, Aluhüten und sonstigem „kruden“ Kraut dann auch noch beiläufig die Namen derjenigen Personen eingestreut wurden, vor denen man als aufgeklärter fernsehender Spiegelbildbürger unbedingt auf der Hut sein sollte (siehe FAZ).
Wären da nicht diese verflixte Digitalisierung und der gnadenlose Ökonomisierungsdruck, die Chefetage hätte Leonie Feuerbach diese Cocktails bis zu ihrer Rente jede Woche aufs Neue weitermixen lassen, um sie dann wie Schrotladungen ins weite Feld des „manufacturing consent“ zu schleudern (siehe Rezension zu Noam Chomsky auf Nachdenkseiten: „Die Wachhunde der Machtelite“), obwohl die Leser solcher Ergüsse bereits überdrüssig sind und sich angewidert abwenden. Jedenfalls wird die neue Smart-App „Leonie 4.0“ das Mixen dieser Cocktails genauso gut beherrschen – und zwar im Bruchteil einer Sekunde und zu einem Bruchteil der betriebswirtschaftlichen Kosten, die momentan noch für Humanressourcen auflaufen. – Humanressourcen, die sich gerade selbst in die Obsoleszenz schreiben.
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Zum Thema Journalismus siehe auch:
Prof. Reiner Mausfeld: „Der leise Tod der öffentlichen Debatte“
Karfreitag, 3.4.2015. Eifel. Wie jedes Jahr: die besten Aprilscherze 2015, diesmal aus redaktionsinternen Gründen mit etwas Verzögerung. Ja, wieder einmal hat es die Medienelite geschafft, das Volk mit geschickt platzierten Falschmeldungen hinters Licht zu führen. Nicht, dass sie das nicht öfter machen: Beliebtheitsumfragen zur Kanzlerin, griechische Stinkefinger, Massenvernichtungswaffen im Irak und aller Welt – wir werden öfter an der Nase herumgeführt, als uns lieb ist, was aber gerade zum 1. April eine ganz besondere Herausforderung darstellt.
Mein Liebling ist dieses Jahr der Spiegel mit seiner Landkarte über Staatsverschuldung (siehe Spiegel): eine Weltkarte der Staatsverschuldung zeigt Deutschland im allerbesten Licht, während der Rest der Welt in Finsternis versinkt. Nun gut, das entspricht noch dem Duktus der Kanzlerin und ihres musikalischen Dauerbrenners „Deutschland geht es gut“, doch nur eine Karte weiter, bei der „Staatsschuldenquote 2015“ wird ganz dick aufgetragen: da soll es doch in der Tat Libyen, dem Tschad, Südsudan und sogar dem völlig verhassten Russland besser gehen als den Spitzen der kapitalistischen Marktwirtschaft? Frankreich, England, USA, Japan tiefrot wie Griechenland, aber Bulgarien, Rumänien, Polen und Weißrussland, Kasachstan, Usbekistan, Nepal, Burma und Bangladesh als Vorzeigeländer?
Ha ha ha – selten so gelacht.
Gleich darunter: der nächste Knaller. Obwohl man sich zuvor noch massiv über die maroden Finanzen der EU beschwert hat, die sogar Kambodscha erschauern lassen, behauptet man doch allen Ernstes, die EU würde sich Milliarden von Euro durch die Lappen gehen lassen, weil Konzerne nicht richtig besteuert werden (siehe Spiegel), ja, der Titel geht sogar davon aus, dass dies Absicht ist: „EU läßt Steuertrickser gewähren“. Fehlte nur noch ein Hinweis auf die tausenden von Konzernlobbyisten in Brüssel und wir hätten eine perfekte Verschwörungstheorie. Wie gut, dass wir wissen, dass es gar keine Lobbyisten gibt – und auch keine Konzerne, die unehrlich gegenüber ihren Gastländer sind.
Wer nun denkt, der Spiegel hätte damit sein Aprilpotential erschöpft, der irrt. Gleich die nächste Meldung zeigt, wie sehr man die Gunst der Stunde nutzt, um weitere Verwirrung zu stiften. Während jeder deutsche Bahnfahrer weiß, dass die Fahrpläne der deutschen Bahn nur unverbindliche Annäherungswerte darstellen, gegen die die Wettervorhersage für die nächsten zwei Monate ein außerordentlich präzises und zuverlässiges Unterfangen darstellt, wird nun der April benutzt, um ganz unterschwellig zu suggerieren, dass ja jetzt nur der Wind schuld hat, dass die Züge zu spät kommen (siehe Spiegel). Bin mir sicher, dass die Reisenden der nächsten Jahre diese Aussage dankbar aufnehmen und daraus ein geflügeltes Wort wird: „Die Bahn hat mal wieder „Niklas“!“.
Eher peinlich aber doch von feiner Ironie durchdrungen war die Meldung, dass Angela Merkel mal wieder die beliebteste Kanzlerin der ganzen Galaxis ist, diesmal, weil sie direkt nach dem Absturz der Germanwings-Maschine als „Kümmer-Kanzlerin“ zum Absturzort geflogen ist, um dort mit brav einstudierter Betroffenheitsmiene selbst nach DNA-Spuren des suizidalen Attentäters zu suchen. Anders als Hollande und Rayoi zeigt das Foto eine Kanzlerin, die sich keine Spur auf dem Boden entgehen läßt (siehe Spiegel): gut getroffen, aber mal ehrlich – wer glaubt dann noch wirklich den manipulierten Umfragen der merkeltragenden Medien? Na ja – 1.April ist 1. April.
Sehr cool war die geschickt platzierte Meldung um den Geniekult von Studienfächern wie Mathematik, Physik und Philosophie (siehe Spiegel), die man wirklich nur zum 1. April bringen kann: jeder Depp weiß, dass Mathematiker bei Versicherungen hängen bleiben, Physiker im Bankenbereich verrotten und Philosophen gleich nach dem Studium einen Dauerparkplatz in den Wartesälen der Jobcenter erhalten.
Noch besser aber – und hiermit hat der Spiegel mal wieder den Preis für das Aprilmonster des Jahres 2015 verdient – war die weit hinten versteckte Meldung, dass Frauen 23 % weniger arbeiten als Männer (siehe Spiegel), weil sie nach der Arbeit nach Hause fahren und sich um Haushalt und Kinder kümmern. Klar: Haushalt und Kinder sind Frauenarbeit und deshalb nicht als „Arbeit“ anzuerkennen. Das geht echt nur am 1. April.
Schlecht hat dieses Jahr die Konkurrenz abgeschnitten:
Allen ernstes will uns die Zeit klar machen, dass unsere Schulen marode sind und präsentiert zum Beweis … eine Leserumfrage, die zeigt, dass der überwiegende Teil der Eltern den Zustand der Schulen als eher gut bezeichnet (siehe Zeit). Ja – das nennt man auch Schweigespirale: die Kanzerlin startet 2008 und 2010 große Bildungsoffensiven … und die Zeit erwartet allen ernstes, dass im Jahre 2015 eine Mehrheit die Wahrheit über deutsche Schulen sagt … als gäbe es in der Republik der angepassten Duckmäuser auch nur einen, der Merkels Wirklichkeitsdeutungskompetenz in Frage stellen würde. Für den 1. April … auf jeden Fall sehr schwach, trotz mutiger Überschrift („Marode Schulen?“)
Besser war da schon die Meldung über den Amazon Dash-Button (siehe Zeit):
„Amazons neues Gerät sieht aus wie eine Türklingel, ist aber vernetzt: Der Dash-Button bestellt ausgewählte Produkte auf Knopfdruck. Shopping wird damit absurd einfach.“
Das wäre ja ein Aprilscherzknüller gewesen … nur leider ist die Meldung wahr. In der Adweek wird schon darauf hingewiesen, dass es sich hier wohl um einen absolut genialen Marketingstreich handelt: da wird eine Horrormeldung in die Nähe eines Aprilscherzes gerückt, damit die Menschen brav in ihren Wohnungen bleiben. So bleiben die Auswirkungen der vierten industriellen Revolution erstmal unbemerkt – dabei wird die Hälfte der Leser in Zukunft arbeitslos. Der Knopf ersetzt Aldi, Lidl und Norma durch Amazonpakete … ein paar tausend Menschen wird es dadurch super gehen, der Straßenverkehr wird entlastet (ein Amazon-Transporteur versorgt ein Dutzend Haushalte, deren PKW´s in der Garage bleiben), Millionen von Verkäufern werden arbeitslos und bekommen Versorgungsprobleme, weil sie sich die teuren Amazon-Möhren von Hartz IV nicht mehr leisten können.
Das verdient einfach einen Sonderpreis für die gruseligste Wirklichkeit im Schatten des Aprilscherzes.
Völlig daneben dieses Jahr die FAZ. Wirklich – da merkt man die Massenentlassungen in den Redaktionsstuben. Schauen Sie sich das mal an (siehe FAZ):
„Der deutsche Staat hat 2014 einen Milliardenüberschuss erwirtschaftet. Trotzdem sind die Schulden weiter gewachsen.
Obwohl der Staat im vergangenen Jahr 18 Milliarden Euro Überschuss verbuchte, erhöhte sich der Schuldenstand nach Angaben der Bundesbank vom Mittwoch gegenüber dem Vorjahr um 2 Milliarden Euro auf 2,168 Billionen Euro.“
Wie billig im Vergleich zum Spiegel, der uns mit der Meldung neckte, dass es Russland, Rumänien und Bangladesh so viel besser geht als uns Deutschen. Noch billiger die Erklärung: der Grieche ist schuld … bzw. die Eurorettung. Als würden unsere Politiker wirklich mehr Geld ausgeben, als sie haben. Wäre Deutschland wirklich so hoch verschuldet, hätte doch kein Bundestagsabgeordneter für die Erhöhung der Diäten gestimmt. Welcher Vater würde sich schon in Zeiten klammer Kassen das eigene Taschengeld erhöhen, während die Kinder hungern? Nein – so etwas Asoziales lasse ich mir nicht verkaufen … auch nicht am 1. April!
Einfach hat es sich dieses Jahr der Focus gemacht: er brachte gleich Juxmeldungen in Serie unter der Bezeichnung „Das ändert sich für Verbraucher am 1. April“ (siehe Focus). Angeblich soll jetzt bei verpacktem Fleisch (es sei denn, es kommt von der gemeinen Kuh) immer draufstehen, aus welchem Land es stammt und wo es geschlachtet wurde … also würde die Industrie das mitmachen. Man stelle sich mal vor, auf der Ziege steht: „geschlachtet in Namibia 1983“ – dass isst dann doch kein Mensch mehr. Wie soll man denn so sein Gammelfleisch loswerden? Nachher verlangen die noch, dass auch wirklich drin ist, was draufsteht … also in diesem Fall wirklich Ziege und nicht alter Hund. Ha ha ha – so funktioniert Rendite nicht. Dafür sollen EU-Landwirte wieder in den Milchsee investieren dürfen, den wir mit Mühe abgebaut haben – die Überflutung der Märkte mit Milch soll aber völlig preisneutral bleiben … ha ha ha. Der beste Joke – neben verkürzter Erste-Hilfe-Maßnahme für Führerscheinneulinge (eigentlich praktisch: bei Unfällen hält sowieso niemand mehr) und mehr Geld für Pelletheizungen vom Pleitestaat (geht der Staat auch pleite: Hauptsache, der Reiche hat´s warm) fand ich die Reduzierung der Rundfunkbeiträge um 48 Cent. Ha ha ha – wovon soll der Jauch dann Millionär werden und der Kleber sich seine Anzüge schneidern lassen? Ich meine: würde man die komplett abschaffen, wäre das eine glaubwürdige Meldung, nach den Klöpsen, die die in den letzten Monaten gebracht haben … aber eine Reduzierung um 48 Cent? Selten so gelacht. Viele Deutsche werden das geglaubt haben und spontan zum Griechen gegangen sein, um die Kohle zu verfressen. War aber nur ein Scherz.
Cool war die Tagesschau mit der Meldung, es gäbe schärfere Regeln fürs Fracking (siehe Tagesschau):
„Die umstrittene Fracking-Technologie soll künftig nur unter strengen Auflagen erlaubt sein. Nach einem Gesetzentwurf des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums ist eine kommerzielle Nutzung ab 2019 aber nicht ausgeschlossen.“
Die strengen Auflagen? Die Arbeiter dürfen keine roten Strapse tragen, es darf nicht in der Nähe von Regierungsvierteln oder Nobelvororten gebohrt werden und der zuständige Lobbyist hat einmal die Woche bei den entscheidenden Stellen vorzusprechen, um seine aktuelle Statusmeldung in Form von Bargeld zu hinterlassen, gerne auch als Parteispende.
Selten so gelacht.
Völlig humorlos hingegen die TAZ mit dem oft durchgekauten Thema „Arbeitslosigkeit“. Angeblich seien die Arbeitslosenzahlen gefälscht, behaupten die, sagen, dass „Vergreisung“ die beste Jobmaschine sei. Wie fad. Wir wissen alle, dass deutsche Rentner noch nie so gesund waren – und noch nie so sehr auf ihren Nebenverdienst angewiesen waren, um dem Hungertod durch Minirente entgehen zu können. Sogar die Griechen sollen eine bessere Rente als die Deutschen bekommen … redet man so hinten herum. Aber deshalb wollen die Deutschen auch die griechischen Renten senken, weil sonst viele merken, dass hier was außerordentlich schief läuft. Nur: als Aprilscherz sehr schwach, gerade von der TAZ.
Besser war da die Dauermeldung der TAZ, man sei auf der Suche nach einem neuen Geschäftsmodell („Kann Journalismus im Netz kostenlos bleiben?“) – dabei ist klar, dass man heutzutage eigentlich dafür bezahlt werden muss, täglich einen dicken Papierstapel durchzuarbeiten, der voller stromlinienförmiger, konturloser Meinungsmache im Sinne der wenigen privaten deutschen Journalistenschulen ist. Das ist die Folge der vierten industriellen Revolution: wer Arbeit hat, hat keine Zeit, keine Muße und keine Kraftreserven mehr fürs Zeitung lesen, wer in Folge von Arbeitslosigkeit Zeit, Muße und Kraft für die Lektüre langweilig geschriebener, nichtssagender Pamphlete hat, hat kein Geld mehr, die Horrorpreise zu bezahlen, die dem Chefredakteur die Pferdezucht sichern sollen. Vierte industrielle Revolution ist kein Mythos – und hat nicht nur Folgen für Lidl-Regalreinräumer auf 450-Euro-Basis.
Ganz doof dieses Jahr: der Stern. Plumpe Kriegspropaganda mit einer aufgeblasenen Meldung über einen neuen, russischen Superpanzer a´la Star Wars. Kann fliegen, tauchen, den Mond umkreisen und wird von Jedirittern gesteuert. Zwei Mann sollen einen super High-Tech-Panzer steuern, der nahezu unbesiegbar ist – einige sollen schon nahe Bielefeld gesichtet worden sein. Gut – da übertreibe ich, aber wer das nicht als Aprilscherz erkannt hat, muss wirklich hinterm Mond leben. Als ob der doofe, böse, geistig zurückgebliebene Russe wirklich Supertechnik produzieren kann – das würde ja unser ganze Weltbild auf den Kopf stellen. Zudem wird behauptet, dass besonderen Wert auf den Schutz der Besatzung gelegt wird … da scheint ein Putin-Versteher durch.
Der schlechteste Aprilscherz jedoch kam aus dem Haus „Süddeutsche„. Völlig geschmacklos, bitter böse und ohne jedes Niveau wurde die Gründung einer neuen Partei angekündigt – ein Scherz, bei dem einem das Lachen im Halse stecken bleibt:
„Die Deutsche-Europäische – PhilosophInnen-Partei will die Philosophie als Liebe zur Weisheit wieder rehabilitieren, jenseits des Elfenbeinturms für alle nutzbar machen und die Gesellschaft durch mehr Weisheit in der Politik wieder lebenswerter machen. Das Motto der Partei: „Geist ist geil!“
DEPP will Weisheit und größtmögliches Glück für die größtmögliche Zahl als Staatsziel, Philosophie-Kurse in Kindergärten, Schulen, und auch nach dem Vorbild Frankreichs Philosophie als Pflichtfach im Abitur einführen. Ein neues Steuersystem soll eingeführt werden mit Bonuspunkten für geisteswissenschaftliches Studium, Belegung von Meditationskursen oder Arbeiten für das Gemeinwohl.
Glück – das sollte auch in der Politik im Mittelpunkt stehen. Bislang bedeuten die meisten politischen Entscheidungen doch mehr Bestimmungen, weniger Geld, weniger Freiheit. Das wollen wir ändern.“
Weisheit in der Politik? Ja, die könnte Frieden und Wohlstand sichern.
Größtmögliches Glück für eine größtmögliche Zahl an Menschen? War mal Ziel jeder demokratischen Bewegung.
Resistenzgewinn gegen jede Form von Medienmanipulation durch profunde Ausbildung in philosophischer Reflexion? Grundbaustein für einen jeden souveränen Charakter.
Weniger Bestimmungen, mehr Geld, mehr Freiheit – mehr Glück? Die würde ich sofort wählen.
Merken Sie, wie bösartig das ist? Ein Angriff auf die selbstbestimmte Meinungsbildung des Souveräns – sowie eine endgültige Abkehr von jeglicher für ihn vorgesehenen Lebensqualität?
Pelletheizungen für Renditepöbel, aber Dummheit als Pflichtzustand für die Masse?
Klar – nur so kann man erklären, wie der Spiegel Philosophie als „Genie-Fach“ darstellt, die Süddeutsche sich aber über die Ausbildung des Deutschen zum Genie öffentlich lustig machen darf.
DEPP … Deutsch-Europäische Philosophen-Partei … das bringt mich auf eine „geniale“ Idee. Nur ein Volk von Genies kann sich auf dem globalen Markt nach dem Ausbruch der vierten industriellen Revolution noch halten … so jedenfalls die Meinung des IBM-Managers Gunter Dueck („Aufbrechen – Warum wir eine Exzellenzgesellschaft werden müssen“. Eichborn 2010). Der Amazon-Knopf zeigt, dass der Abbau der Dienstleistungsgesellschaft gerade beginnt … und bewusst als Aprilscherz getarnt wird.
Wie leicht könnte man dafür sorgen, dass dieser einzig echte Aprilscherz unter den Meldungen keiner mehr ist – und wir anfangen, ein Volk von glücklichen Genies zu züchten … anstatt von arbeitlsosen Frackingopfern, die sich aus lauter Angst vor russischen Star-Wars-Panzern weiter hemmungslos verschulden?
Immerhin: wer glücklich ist, konsumiert nicht – und braucht auch keine Schulden.
Und wie es scheint, brauchen wir mehr geniale, glückliche Deppen, um den Slums der Zukunft zu entkommen.
Konsumieren … können wir dann eh´ nicht mehr.
Dienstag, 17.2.2015. Eifel. Wieder einmal Karneval. Vor sechs Jahren wurde zu einem solchen Zeitpunkt der „Eifelphilosoph“ erfunden – aus purer Langeweile. Nicht im Mindesten war die Absicht, daraus ein Medienportal zu machen oder sich mit den Großen dieser Branche anzulegen, eher war es der Tatsache geschuldet, dass ich aus gesundheitlichen Gründen morgens ein paar Stunden Ruhe brauche, um mein Tagwerk verrichten zu können. Journalist zu werden: welch´ unmögliche Vorstellung – zu nah war noch die Erinnerung an den Blick in Prüfungsunterlagen von Fernschulen, deren geforderte Testantworten schlichtweg unlogisch und sachlich falsch waren … keine Ahnung, was da ausgebildet werden soll. Nach meinem Eindruck: Wesen, die extrem hörig sind und selber nicht mehr denken. Wer seinen Kopf noch zum Denken benutzt, hätte andere Antworten auf die Prüfungsfragen gewählt: stringend logisch, aber im Sinne der Prüfer falsch – was für ein Unfug.
Sechs Jahre später schauen meine Freunde und ich auf eine verblüffende Story: die Geschichte das Nachrichtenspiegels, der von einem guten Dutzend ehrenamtlicher Schreiber und Informationsliferanten betrieben wird – aus Spaß an der Freude. Ja, auch die Politik nimmt uns wahr: regelmäßig erhalte ich persönliche Einladungen zu Pressekonferenzen nach Berlin, ZDF und rtdeutsch wollten mich auf den Bildschirm bringen – und auch einige Journalisten hatten schon mal nach Interviews gefragt … einige wenige sogar mit Erfolg.
Eine davon hat nun einen Artikel geschrieben. Wir hatten vereinbart, dass ich über den Artikel informiert werde, wenn ich zitiert werde – doch ich wurde nicht zitiert, was mich nicht weiter verwunderte. Die Gesprächsführung verlief schon erstaunlich tendenziös – was keine Absicht gewesen sein muss, war die Journalistin doch noch ziemlich jung. Es ist schwierig, in solchen Gesprächen seine eigene Meinung über den bösen Putin und die schrecklichen Russen zurück zu stellen, um den Argumenten des anderen zu lauschen – aber das macht einen guten Journalisten aus. Das würde auch einen guten Diplomaten ausmachen – aber die sind momentan scheinbar völlig in der Versenkung verschwunden.
„Nichts ist wahr, alles ist möglich“ – so lautet die Überschrift des Artikels, im „Falter“ erschienen (siehe „Falter“). Der Satz ist schon fantastisch: die Autorin scheint die Prämissen altgriechischer Philosophie vollständig erfasst zu haben, ebenso scheint vollumfänglich die aus den Ergebnissen der Forschung über Wahrheits – und Erkenntnistheorie stammenden Erwägungen umgesetzt worden zu sein, man ist zum Kernpunkt des urdemokratischen Skeptizismus angelangt …. ja: der Demokrat MUSS immer extrem skeptisch sein, damit er nicht durch eine Informationsdiktatur auf die seichte Art gesteuert und beherrscht werden kann. So etwas stört auch niemanden im demokratischen System: im Gegenteil – es hält den Alltag lustig und lebendig. Leider befasst sich der Artikel nicht mit der absoluten Relativität menschlichen Denkens und Empfindens, sondern mit den alternativen Medien – also mit jenen Lesern, die jetzt selbst zum Stift (bzw. zur Tastatur) griffen, um – ganz demokratisch – ihren eigenen Senf dazu zu geben.
„Wissenschaftler beobachten seit Jahren eine steigende Medienverdrossenheit – nur wird über diese, im Gegensatz zur Politikverdrossenheit, so gut wie nie gesprochen. Was Pegida auf den Straßen ist, ist die „alternative Szene“ im Netz: digitale Wutbürger, die sich nicht mehr alles gefallen lassen wollen. Alles im Dienste der Demokratie, versteht sich.“
Ein kleiner, feiner Seitenhieb, ein billiger Trick im Kampf um Marktanteile (und um nichts anderes geht es hier): im Internet schreiben nur Wutbürger mit rechtsradikalem, latent ausländerfeindlichem Hintergrund. Wir erfahren auch, was das für Leute sind, die es wagen, ihre Meinung, ihre Gedanken, ihre Schlußfolgerungen öffentlich zu äußern:
„Keller ist ein fülliger Mann Anfang 40, Taxifahrer und gelernter Elektriker.“
Ich übersetze das mal in die Sprache von Personalchefs: ein dicker, ungebildeter Versager (merke: nur Versager fahren Taxi und arbeiten nicht in ihrem Beruf). Kann man erwähnen, muss man aber nicht.
„Die meisten Artikel dazu stammen aus der Feder von Marco Maier, einem schüchtern wirkenden Bäcker aus Purkersdorf.“
Wie der Herr Maier auf die Autorin wirkt, dürfte eigentlich keine Rolle spielen – aber der aufmerksame Leser bemerkt gleich die weitere, versteckte Diskriminierung: da schreibt nebem dem dicken Versager auch noch ein verklemmter.
Der dritte im Bunde – der Gründer von Neopresse, ausnahmesweise mal nicht dick oder verklemmt, sondern ein Tiroler mitte dreißig, der „Neopresse in seiner Freizeit betreibt“ und im „IT-Sektor“ arbeitet. Möchte man meinen, dass hier noch mit Respekt agiert wird, verschwindet das sofort im nächsten Satz:
„In den Außenpolitik-Redaktionen der etablierten Medien würden durchwegs „Hardliner“ sitzen, die in puncto Ukraine eine klare Linie vorgäben, so Hofbauer. Wie hält „NEOPresse“ da dagegen? „Wir haben einen Autor, der Russisch kann“, ist Hofbauers Antwort.“
Das einfach mal so in den Raum gestellt, wirkt Herr Hofbauer äußert grenzdebil – was wohl Absicht ist. So naiv kann doch nur ein hirnloser IT-Schrauber sein.
So wundert es mich nicht, dass die Autorin mit mir selber nichts anfangen konnte – „weit gereister Akademiker mit Führungserfahrung in der Wirtschaft“: das passt nicht ins Programm. Man will ja Stimmung machen, zeigen, dass man auf „Linie“ ist … und sich so für eine Festanstellung bewerben.
Das soll kein Vorwurf sein.
Die Tatsache, dass Menschen, die sich um das hohe Gut der Information bemühen, um ihr tägliches Brot mit gefälligem Geschreibsel buhlen müssen, ist ein gesonderter Skandal der Moderne, der den demokratischen Staat an seiner Wurzel angreift: ist der Bürger schlecht, falsch oder einseitig informiert, ist seine Meinungsbildung in Gefahr. In so fern machen ALLE „alternativen“ Medien einen guten Job, in dem sie einen Kontrapunkt setzen.
In der Tat: für uns demokratische Bürger ist es nicht so wichtig, dass wir alle in ein Anti-Putin-Gestöhne verfallen, sondern das wir uns unsere eigene Meinung bilden können … und das wir das zarte Pflänzchen Demokratie retten, das in Mitteleuropa noch blüht.
Was ist denn die größte Sünde der medialen „Versager und Volltrottel“?
Sie unterwerfen sich nicht der Deutungshoheit einer akademisch (d.h. von Staatsbeamten ausgebildeten) geprägten Elite, sondern machen sich ihre eigenen Gedanken. Das geht heute, denn dank Internet steht jedem Menschen ein Wissen zur Verfügung, dass einer gut ausgestatteten Universitätsbibliothek gleich kommt. Nun – sicher ist nicht alles so wunderbar wahr und heil, was im Internet steht: das gilt aber auch für Universitätsbibliotheken. Ich selbst war seinerzeit überrascht, als ich in der Universitätbibliothek der Ruhriniversität Bochum Beschwörungsrituale für den von H.P.Lovecraft erfundenen Gott „Nyarlathotep“ fand – oder … von einem renommierte Autor des 19. Jahrunderts … eine Abhandlung darüber, warum der Mond aus grünem Käse sei.
Aber – so die berechtigte Frage: ist es denn überhaupt angesagt, den „Mainstremmedien“ zu misstrauen? Berichten die nicht immer und überall objektiv und stichhaltig, nach bestem Wissen und Gewissen? Haben wir nicht hinreichend Grund zur Annahme, dass sich der etablierte Journalist mit all seinern Qualifikationen einzig und allein in den Dienst der Wahrheit stellt?
Es wäre billig, jetzt auf die Hitler-Tagebücher zu verweisen, denn man muss jedem Journalisten zubilligen, auch mal irren zu können – genauso wie man jedem Leser zubilligen muss, die gelieferten Informationen kritisch zu hinterfragen: geschähe dies nicht – Hitlers Tagebücher wären heute Standardlektüre im Geschichtsunterricht.
Wir Leser haben in den letzten Jahren viel schlimmere Zumutungen erleben müssen, haben erleben müssen, wie leicht und widerstandslos weite Teile der „etablierten Medien“ vorgegebenen Marschrouten folgen. Was sollen sie auch anderes tun – immerhin produzieren sie Nachrichten nicht selber, sondern sind auf Informanten aus der Politik angewiesen … und den Informationen einer Hand voll Nachrichtenagenturen im Privatbesitz. So war es kein Problem – noch hatte es irgendwelche Folgen – eine dreiste „Brutkastenlüge“ in die Welt zu setzen, der viele – auch kritische NGO´s – lange Zeit brav gefolgt sind.
Ebenso dreist war die Lüge über angebliche Massenvernichtungswaffen im Irak – einer Lüge, der mindestens 500 00o Menschen zum Opfer gefallen sind – auch Frauen und Kinder (siehe Süddeutsche). Alle etablierten Journalisten haben diese Lügen kritiklos weitergetragen – auch die großen, öffentlichen Medien, die aktuell durch gezielte, bewusste Manipulationen der öffentlichen Meinung von sich reden machen (siehe Zeit), ein Umstand, der umso bedrohlicher wirkt, wenn man sich ins Gedächtnis ruft, dass sich die Täter der Wirkung der „Schweigespirale“ sehr wohl bewusst sein dürften und somit einen brutalen Akt der politischen Manipulation begangen haben, der die Demokratie in seiner Substanz gefährdet.
Folgen?
Keine.
Jedenfalls keine, die „das System“ gefährden, jene Netzwerke etablierten Absahnertums in der deutschen Gesellschaft, zu der viele gerne dazu gehören wollen – auch viele Journalisten. Das System? Ein Begriff, den ich von dem Universitätsprofessor Hans-Herbert von Arnim geliehen habe (gleichnamiges Buch siehe dhv-Speyer) – also nichts aus den Kreisen der von unserer Journalistin so geschmähten dicken Versager.
Aber wer liest heutzutage schon dicke Bücher, wenn es doch so einfach ist, Merkels Parole „Deutschland geht es gut“ in breiter Front zu folgen – oder dem Aufruf „Stoppt Putin“, der an Qualität dem Satz „Kauft nicht bei Juden“ erschreckend nahe kommt.
Wissen Sie, was sich die britische Regierung und die britische Marine gefragt haben, als das deutsche Schlachschiff „Bismark“ mit wenigen Schüssen die Hood – den Stolz der britischen Marine – versenkte? Sie fragten sich: „was können die sonst noch, wenn sie das schon vermögen“. Die gleiche Frage dürfen sich doch wohl auch deutsche Leser angesichts der bisherigen Erfahrungen mit deutschen (und nicht nur denen) Medien seit dem 11.9.2001 stellen – jenem Datum, das der Weltgeschichte einen ganz neuen Kurs verpasste.
Das Schöne ist: wir bekommen auch gleich eine Antwort (siehe Spiegel):
Das britische Militär hat ein neues Schlachtfeld identifiziert: das Internet. Eine neue Brigade mit 1500 Soldaten soll auf Facebook und Twitter die „Herzen und Köpfe der Menschen gewinnen“.
Die Aufgabe der 77. Brigade sei die Kriegsführung im Informationszeitalter, sagte Armeegeneral Nick Carter der BBC. Er wird die Truppe leiten, die aus regulären Soldaten und Reservisten bestehen soll. Seine Untergebenen sollen über Facebook, Twitter und andere soziale Medien dafür sorgen, dass die britische Armee in bestem Licht erscheint.
Während führende deutsche Printmedien massiven Stellenabbau im redaktionellen Bereich betreiben (z.B. aktuell die FAZ mit 200 Mitarbeitern, siehe Welt), springt das Militär in die Bresche, die dort hinterlassen worden ist. Wo bleibt der Aufschrei der deutschen Medien? Wo bleibt das Entsetzen der Friedensbewegung?
Dürfen wir uns nicht die Frage stellen, die sich die britische Admiralität damals stellte: „was können die sonst noch?“
Nein – denn das führt uns ja in den Bereich der „Verschwörungstheorien“ … d.h. den Bereich der kritischen Intelligenz, die heute nicht mehr erwünscht ist.
„Kritische Intelligenz“?
Ja – in den Kreisen jener verpönten, ja fast schon verbotenen Denker, findet sich jene Vernunft, die der Philosoph schon im alten Griechenland so schätzte und die Grundlage all´ unserer westlichen Kultur darstellt (siehe Forschung und Wissen)
Eine Forschergruppe aus den U.S.A. und Großbritannien, hauptsächlich bestehend aus Psychologen und Gesellschaftswissenschaftlern, haben eine neue Studie vorgestellt, welche darauf schließt, dass Verschwörungstheoretiker entgegen allen Mainstream-Stereotypen vernünftiger sind als Menschen, welche die offizielle Version nicht hinterfragen und umstrittene oder beschrittene Ereignisse einfach akzeptieren.
Das sollte verwundern – und gehört eigentlich auf die Titelseite jedes Mainstreammediums: immerhin geht es hier um die Grundlage unserer westlichen Zivilisation, die sich aufmachte, das Licht der Vernunft in die Welt zu tragen … eine Vernunft, für die „das System“ keinen Platz mehr hat, weil sie die systematische Steuerung der Bevölkerung (ja – darum geht es bei der Benutzung der „Schweigespirale“) nachhaltig stört.
Wundert es da, dass der Begriff „Lügenpresse“ seitens der Leser wieder Relevanz bekommt? Wundert es da, dass jene, die dieses Wort benutzen, leichtfertig in die braune Ecke gestellt werden, die als taktisches Mittel der Verunglimpfung den „Kommunisten“ seit dem Ende der Sowjetunion nahtlos ersetzt hat? Das man die vernünftigen Menschen als Kranke darstellt (siehe Spiegel):
Es braucht nur ein paar Klicks, um in einen merkwürdigen, dunklen Fiebertraum abzudriften, eine schweißnasse Angstfantasie, die von einer Medienverschwörung handelt und einer dämonischen Gewalt, die uns alle manipuliert und systematisch belügt.
Dem Autor – ein Universitätsprofessor – hätte hier in der Tat mit einem einzigen Klick zur 77. Brigade geholfen werden können … wenn er die denn wahrnehmen wollte.
Dunkle Fieberträume, schweißnasse Angstfantasien, dämonische Gewalten? Seltsame Sprache. Ich merke: nicht nur ich habe die Beschwörungsrituale von Nyarlathotep in der Universitätsbibliothek gefunden.
So leicht lassen sich kritische Stimmen als kranke Geister abstempeln … wie soll es da wundern, dass der Leser irgendwann zu einem einfachen Urteil kommt und die gesamte Medienlandschaft als „Lügenpresse“ diffarmiert … einfach, weil er es satt hat, mit billigen, verzerrenden, die Vernunft verhöhnenden Dummkopfparolen hinters Licht geführt zu werden und weil er einen „Sicherheitsabstand“ wahren möchte – ganz nach dem Motto „wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“.
Wer die – inzwischen zunehmend streng zensierten – Kommentarspalten etablierter Medien durchforstet, wird schnell sehen, dass es keine Minderheit ist, die dort ihren Unmut über fortschreitende Verblödung der „Qualitätsmedien“ kund tut – es sind Menschen, die sich allein auf Grund ihrer eigenen Stellung im Leben der Gewalten bewusst sind, auf die Medien Rücksicht zu nehmen haben: die Anzeigenkunden, die Parteien, die Politiker, die „Stars“ – denn nur, wer sich den Gewalten als würdig erweist, kann mit dem seltenen Segen einer Festanstellung rechnen – sei es nun als Journalist, als Pressesprecher einer Partei, eines Konzerns oder eines Verbandes: die Verwendung journalistischen Personals ist inzwischen recht beliebig geworden – wie die des politischen Personals.
Darf man da etwa nicht mehr die Frage stellen, wem das nutzt?
Nein.
Es reicht völlig, wenn man das etablierte Medium kauft – und möglichst von seinem Inhalt keine Kenntnis nimmt.
Soweit sind wir inzwischen.
So hätte man uns Leser gern.
Leider sind wir nur nicht so- und kontern auf die Verblödungsoffensive der „Generatiof doof“ mit einem einzigen Wort: „Lügenpresse“.
Über den Motivationshintergrund jener Menschen informieren die Mainstreammedien gleich mit (siehe Spiegel):
Ernüchterndes Ergebnis einer bislang unveröffentlichten Studie der Bundesregierung: Deutsche Studenten sind demnach eine konservative Gruppe, der finanzielle Sicherheit wichtiger ist als politisches Engagement. „Die Ergebnisse zeichnen das Bild einer stark ichbezogenen Studentengeneration. Berufliches Vorankommen sowie materielle Werte sind für sie sehr wichtig“
Da wird konzentriert neues Absahnerpersonal erzogen – auch im journalistischen Bereich.
Und die können keine Leser gebrauchen, die ihre minderbemittelten Ergüsse nicht klaglos über sich ergehen lassen, dann das stört enorm beim beruflichen Vorankommen und dem Gewinn materieller Werte.
Freitag, 30.1.2015. Eifel. Ich weiß nicht, ob Sie das Nachempfinden können – aber man fühlt sich als mitleidener Mensch der schreibenden Gattung nicht wirklich wohl, wenn man das Elend der Menschheit beobachtet, beschreibt, analysiert und in die Zukunft verlängert. Der Grund ist einfach: man selber sitzt im Warmen und Trockenen, hat genug zu Essen, durch den PC Zugriff auf Milliarden von Daten und Aufnahmen aus allen Teilen der Welt, sogar live, wenn man möchte – oder auch per Satellit .. einem unglaublichen Superreichtum für einen aufmerksamen, dem Denken und Schauen zugetanen Menschen. Man hat Freunde rund um den Globus – dank Facebook, das aktuell seine Geschäftsbedingungen geändert hat.
Ja – darüber gab es viel Geschrei, manche haben den Laden schon verlassen – ohne daran zu denken, was der Laden bislang für Millionen Menschen umsonst getan hat … dass die mal nachschauen, ob man aus den Gratisgaben nicht auch mal Gewinn ziehen kann, halte ich für legitim, ja geradezu notwendig. Nicht überall finanziert die deutsche Rentenkasse einen intensiv gepflegten Internetauftritt wie bei uns – noch wäre sie dazu in der Lage. Ich bleibe bei Facebook – obwohl ich da nie hinwollte, aber das ist eine andere Geschichte.
Weshalb man sich nicht gut fühlt als reiner Schreiber? Nun – das Elend wird nur durch TATEN vermindert, nicht durch Affirmationen, Worte oder Gebete – auch wenn dieses Schlaraffenlandwunschdenken aufgrund tief empfundener Hilflosigkeit aktuell wieder hoch im Kurs steht. Schreibt man nur darüber und bleibt aufrechten Geistes merkt man schnell, dass man in einer Aasgeierposition ist: andere Menschen leiden dafür, dass man selber dank Werbeeinnahmen weit entfernt ist von der Lebenswirklichkeit des kleinen Mannes, man lebt selbst davon, dass man sein Leiden ausschlachtet – nicht immer ein angenehmes Gefühl. Eigentlich sogar: gar kein angenehmes Gefühl.
Darum habe ich die Gelegenheit begrüßt, selbst endlich mal wieder aktiv werden zu können, ohne durch gesundheitliche Einschränkungen gehindert zu werden: WOHNEN kann ich noch, längere Zeit stehen, gehen und sitzen fällt schwer. Was wäre das für eine Geschichte gewesen – arme Familien mit Kindern vertrieben vom Großkapital (oder von anderen Familien mit Kindern, die noch die Hoffnung haben, am Ende ihres Lebens auf der „Gewinnerseite“ des Gottes Geld zu stehen): hier hätte der per Grundgesetz zum Sozialstaat bestimmt Staat zeigen können, wie sozial er noch ist – zumal der Autor dieser Zeilen aufgrund vielfältiger Umstände zu jenem Personenkreis gehört, die er selber nicht als Mieter hätte haben wollen. Quatsch – das muss ich sofort korrigieren: ich war mal Vermieter, habe an sogenannte Sozialfälle vermietet – in Zusammenarbeit mit dem Sozialamt der Gemeinde Roetgen und habe dadurch insgesamt 20 000 Euro verloren … letztlich sogar alles, was ich für meine Familie, Freunde und Verwandte aufgebaut hatte.
Ja – ich nannte einen großen Hof mein Eigen – mit viel Potential für viel mehr. Ein Paradies für Kinder – mit dem Potential, ein sicherer Ort zu werden, der vielen Menschen Zuflucht, Obdach und Schutz bieten konnte – ich hatte da schon einige Pläne und Geld genug, sie zu verwirklichen, immerhin vermeinte ich zu sehen, dass ich die politische und soziale Wirklichkeit in unglaublicher Art und Weise verfinstern wird … was sie auch tat. Wer hätte schon im Jahre 1998 geglaubt, dass wir nochmal eine Feindschaft Russland/Nato bekommen, dass eine Supermacht Krieg gegen eine Religion führt – oder der Deutsche Sozialstaat einen Vernichtungsfeldzug gegen Arbeitslose?
Ach – das ist Ihnen wieder zu hart? Da kann ich Ihnen helfen: bei meinem ersten Kontakt mit der „Arge“ – wohin man als gekündigte chronisch kranke Führungskraft zwangsläufig kommt, wenn das Arbeitslosengeld ausgelaufen ist (den Trick mit der Krankenkasse kannte ich da noch nicht – bin aber auch froh darum. Krankenkassen werden schon genug geplündert) wurde mir nahegelegt, meinen ganzen Besitz zu verkaufen (Bücher, Regale, Schränke, Schallplatten, Filme, Teppiche), damit meine Familie in eine Winzwohnung passt. Einmal so etwas erlebt und man weiß sofort, wohin die Reise geht: es geht nicht darum, wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden: es geht darum, für immer und ewig aussortiert zu werden: Vernichtung durch Mangel.
Nun – ich erwähne das manchmal: das Ende für meinen Hof kam schnell, unerwartet und völlig überraschend, der Ort, an dem sich schon viele Menschen gelegentlich im großen Garten zum Lagerfeuer trafen, war zerstört … und ich wurde ein Vertriebener, der darob auch krank wurde, chronisch und unheilbar. Umsonst der Verkauf der Seele, die Arbeitswochen, die bis zu 120 Stunden dauerten (und von denen ich heute noch Träume), umsonst das Verputzen, Mauern, Schleifen, Steine schleppen um ein 200 Jahre altes Haus am Leben zu halten: der Begriff „Heimat“ wurde für mich auf einmal sehr bedeutsam … weil sie fort war.
Das war eigentlich die erste Vertreibung aus dem Paradies, das ich für meine Kinder geschaffen hatte – und die Erfahrung hat Spuren in meiner Seele hinterlassen, die es mir ermöglicht, mit Vertriebenen mit zu empfinden. „Heimat“ – ist ja heute schon ein verpönter Begriff, weil kackbraune Scharen zwischen 1933-1945 ihn und viele andere Begriffe missbraucht und für immer zerstört hatten – dabei ist „Heimat“ für einen Menschen was Wichtigste, was es gibt: Heimat gibt Obdach, Wärme, Schutz und Geborgenheit. Manche finden ihre Heimat in Gott, andere in der Anderwelt – aber wer das nicht hat, braucht eine Heimat vor Ort, einen Ort, an den man sich zurückziehen kann, wenn draußen schlimme Stürme toben, einen Ort, der vertraut ist – und Urvertrauen in die Welt erzeugt, in das Leben, das Sein, weil er unveränderlich immer da ist und immer Sicherheit und Vertrautheit bietet, wenn man sich mal verlaufen hat.
Mir dünkt, das ein Volk, dass diesen Heimatbegriff verloren hat, zu den Vertriebenen gehört – selbst wenn sie als Deutsche noch in Deutschland wohnen.
Kann Deutschland überhaupt Heimat sein? Aktuell veröffentlicht das ARD neues Bildmaterial zum Holocaust – und ich erfahre mit Erschrecken, dass eine Mehrheit der Deutschen diesen Zeitabschnitt der deutschen Geschichte gerne „in den Skat drücken“ würden … also für immer und ewig vergessen wollen. Ich denke, es ist noch nicht im Mindesten verstanden worden, was hier in Deutschland geschah – auf der Ebene der Prinzipien, die für Philosophen ja so wichtig ist und von Nicht-Philosophen nicht wahrgenommen wird, weil sie im „Dschungelcamp“ (auch eine Verletzung elementarer menschlicher Prinzipien – und Folter für jeden emphatischen Geist, der gezwungen wird, sich dieses Leid hilflos anzusehen) keine Verwendung dafür haben. Kaum jemand hat begriffen, was es bedeutet, dass es wirklich ein Land gab, in dem die industrielle Massenvernichtung Gestalt angenommen hat … und deshalb JEDERZEIT wieder möglich ist, solange wir nicht begreifen, was genau zwischen 1933 und 1945 schief gegangen ist.
Wir wissen schon ziemlich viel – doch das ist einer kleinen, zumeist akademischen Elite vorbehalten. Wir wissen, dass der Normalbürger in Serienproduktion zum Serienkiller umerzogen werden konnte – in atemberaubender Geschwindigkeit. Wer in Prinzipien denken kann bzw. das noch nicht verlernt hat, der sieht, dass „Dschungelcamp“ und „Hartz IV“ etwas gemeinsam haben: beide Erscheinungsformen der Moderne enthalten den düsteren Schatten der brutalen Verrohung des Normalbürgers – einer Verrohung, die – wenn sie nicht aufgehalten wird – wieder in Vernichtungslagern enden wird.
Wieder wird man sagen: „Wir haben von allem nichts gewusst“ – so wie heute junge Leute, die von ihren Eltern in sichere berufliche Positionen gehieft wurden, erstaunt sind, wenn ich ihnen von Hartz IV erzähle: von Sanktionen, die tödlich enden können, von mitleidlosen Beamten, die sie verhängen, von drastischen Beschneidungen der Reisefreiheit und der völligen Vernichtung jeglicher Zukunftsperspektive … obwohl die Behörde diese eigentlich verbessern sollte. Für eine solche Verbesserung bräuchte man allerdings kreative Unternehmertypen (ein Berufstand, den man heute kaum positiv erwähnen kann, weil er sich durch die flächendeckende Ausbeutung seiner Mitmenschen unmöglich gemacht hat) und keine zwangsversetzten Friedhofsbeamten … wiewohl das mit dem Friedhof langfristig gesehen ja Sinn ergeben mag.
Ja – wer Hartz IV bezieht, stirbt fünf Jahre früher (siehe Heilpraxis.net): als jemand, der noch eine profunde Ausbildung in Ethik und Moral hat, darf ich mir erlauben dies als „bewusste und zielgerichtet durch Mangelversorgung und Entwürdigung herbegeführte Vernichtung“ zu beschreiben – und ich bin mir sicher, dass zukünftige Historiker nach dem nächsten Krieg dies so sehen würden.
In Deutschland wiederholt sich die Nazi-Aktion „Arbeitsscheu Reich“ – und keiner will es merken. Die Aktion heißt ja auch anders. Früher machte ja auch keiner laut Propaganda mit der Massenvernichtung unwerten Lebens (was neben Juden auch Linke, Behinderte, Kriegsversehrte, Roma und sonstwie unbequeme Nachbarn waren), man nannte es „Umsiedlung“ … und alle lauschten weiter glücklich und zufrieden den beruhigenden Klängen aus dem Radio.
Hach – ich merke: ich bin ausschweifend geworden. Das aber … ist der Job des Philosophen: den Schmetterlingsschlag sehen, der später (laut Chaosforschung) zum Tornado wird, in dem man die Vernetzungen aufzeigt, in denen sich der Flattermann befindet.
Bleiben wir bei der Geschichte der Vertreibung des Philosophen aus dem Paradies, die spontan und unerwartet endete. Ja – zu schnell. Was wäre es für ein Werk gewesen, eine dieser Entmietungen mal in aller Öffentlichkeit live kommentieren und beschreiben zu können. Tausende Arme werden so aktuell aus den Städten vertrieben … aber wir nennen das nicht so. Will ja auch keiner gerne mehr öffentlich als Gauleiter auftreten … nur die Funktion würden sehr viele im Geheimen gerne ausüben.
Dem Philosophen wurde neuer Wohnraum angeboten: absolut ideal für meine Bedürfnisse. Endlich keine Gartenarbeit mehr – mit meinem Rücken war das Selbstfolter. Endlich öffentlicher Nahverkehr, der hält, was er verspricht – und hält, anstatt vorher abzubiegen, weil ihm das Minidorf am Ende der Straße zu doof ist. Endlich keine Abhängigkeit mehr vom eigenen PKW – der größte Kostenfaktor meines Lebens.
Ja – es ist eine wunderbare Wendung der Geschehnisse, die die Reihe „Die Vertreibung des Philosophen aus dem Paradies“ schnell enden läßt: er wohnt bald besser als hier, wo beständige Verkaufsabsichten Unruhe ins Leben brachten … eine Unruhe, die nur schon mal Vertriebene in vollem Umfang verstehen können – ebenso, wie nur sie die permanente, irrationale und schleichende Angst vor Obdachlosigkeit nachvollziehen können.
Man landet in Deutschland inzwischen schneller auf der Straße als man denkt.
Nun – was bleibt?
Der Wunsch, in Zukunft mehr die Tat in den Vordergrund zu stellen. Ob der neue Wohnort einen Eifelphilosophen erzeugen kann, wird sich erst noch zeigen. Ja – dieser Philosoph lebte von der Einsamkeit, der Abgeschiedenheit und der Distanz zum Alltagsleben – in Zukunft wohne ich mitten im Dorf. Das Denken von Menschen – so meine Erfahrung – ist direkt abhängig von seinem Umfeld, das wussten schon die US-Philosophen, die der Meinung waren, es seien die tiefen, dunklen deutschen Wälder, die die schwere, gründliche deutsche Philosophie überhaupt erst möglich gemacht haben.
Wer weiß, was das Dorf aus mir macht? Verführt mich vielleicht dazu, das zu machen, was alle machen: Dschungelcamp gucken, Bier trinken, Gehirn eintrüben wo immer es geht, damit man nicht merkt, in welchem Zug man gerade sitzt.
Oder aber es gibt mir die Kraft dazu, etwas ins Leben zurück zu rufen, was wir als Bloggergemeinschaft 2009 ins Leben riefen, wozu mir allerdings die Ressourcen (sprich: Mitarbeiter) fehlten: den Menschenschutzbund, der meiner Meinung nach aktuell notwendiger denn je ist, bevor der Hass die Menschheit ganz auffrisst. Machen – würde ich das sehr gern, doch nicht nochmal fast völlig allein.
Dazu aber später mehr, denn jetzt: wird erstmal umgezogen. Tausende von Büchern (ALLE unverzichtbar!) brauchen ein neues Heim. Blöd wie ich bin, werde ich sie selbst transportieren – es sind gute Freunde, die nicht in fremde Hände gehören … außerdem kann ich so mal wieder Ordnung ins Gewühl bringen
Es mag sein, dass es jetzt etwas ruhiger um den Philosophen wird – jedenfalls hier. Bevor man nun denkt, mir wäre was passiert – oder, noch schlimmer: ich hätte die Lust am Engagement verloren – erzähle ich lieber, dass ich von einem Paradies ins andere ziehe. Welches schöner ist? Urteilen Sie selbst. Oben ist meine neue Arbeitsplatzaussicht – unten meine alte, jetzt frisch zugebaute.
Mal sehen, was die neue Aussicht für Gedanken produziert.
Eitelkeit eindeutig meine Lieblingssünde.
Für wen trägst Du eigentlich diese schwere Steine durch die Gegend – für den „Frieden“? Ist es dass – „Frieden“?. Dann pass mal gut auf. Ich geb Dir jetzt einmal ein paar Insider-Informationen über die Demokratie. Die Demokratie sieht gerne zu, sie ist ein Voyeur, denk mal darüber nach. Sie gibt den Menschen Vertrauen und Halt. Die Demokratie gibt Euch diese außergewöhnlich fantastische Freiheit und was tut es dann? Ich schwöre Dir, nur zu seinem eigenen Vergnügen, als sein eigenes privates kosmisches Schmierentheater, verändert es die Regeln, stellt sie einfach um – der größte Beschiss aller Zeiten.
Denken, aber nicht hinterfragen, erkennen aber nicht demonstrieren, demonstrieren aber nichts verändern. Und während Ihr verzweifelt von einem Fuß auf den anderen springt, was tut es da? Es lacht sich seinen kranken verfluchten Arsch ab – das System ist ein Spießer, es ist ein Sadist, es lässt Euch allein hier unten, so etwas verehren niemals. Ich habe hier auf der Erde von Anfang an meine Finger im Spiel.
Ich habe alle Empfindungen genährt und gefördert zudem der Mensch je inspiriert worden ist. Ich zeigte Interesse für seine Wünsche und habe Ihn niemals verurteilt – wieso? Weil ich Ihn niemals zurückgewiesen habe, obwohl er all diese Schwächen und Fehler hat. Ich bin ein Fan der Menschheit. Ich bin Humanist vielleicht ja sogar zuletzt Humanist. Wer, der noch bei Verstand ist, kann mit reinem Gewissen leugnen, das das 20. Jahrhundert alleine mir gehört hat? Alles, was war – gehörte mir. Ich bin auf dem Höhepunkt. Das ist meine Zeit …
In Anlehnung: im Auftrag des Teufels
Samstag, 17.5.2014. Eifel. Mal wieder Zeit für eine traurige Nachricht – die Nachricht vom Tod des unabhängigen Journalismus in Deutschland. Offiziell wurde er noch nicht zu Grabe getragen, aber der Leichenduft erfüllt die ganze Republik. Aktuell tritt er etwas deutlicher zutage und erfüllt die Kommentarspalten im Internet mit Spott und Hohn über eine außerordentlich einseitige Berichterstattung zum Thema Ukraine, zudem erleben wir Erscheinungen in der deutschen Presselandschaft, die man sonst nur in autokratischen Ländern gewohnt ist … wie zum Beispiel Russland.
Die Gleichschaltung der deutschen Presse – und damit der Tod des bundesdeutschen Journalismus und das Ende der „Vierten Gewalt“ – ist öffentlich bestätigt worden: hätte es noch eine freie, unabhängige Presse gegeben, wäre ein Aufschrei durch die Republik gegangen: wie ein russischer Autokrat hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Chefs des deutschen – bezahlten – Journalismus zusammengerufen und sie auf eine gemeinsame Linie eingeschworen. Ähnliches erlebt man sonst in Bananenrepubliken, wenn Putschisten die Radiosender besetzen, um IHRE Wahrheit unters Volk zu bringen. Anstatt eines Aufschreis deutscher Journalisten gab es jedoch … nur Stille und regierungskonforme Berichterstattung. Erinnern wir uns noch mal daran, wie der Skandal nebenbei erwähnt wurde, siehe Jakob Augstein im Freitag:
Ein paar Monate zuvor, am 8. Oktober 2008, hatte es ein sonderbares Treffen gegeben, das in diesem Zusammenhang Erwähnung finden soll. Die Bundeskanzlerin hatte an jenem Tag die bedeutenden Chefredakteure der bedeutenden Medien eingeladen. Es war die Zeit, in die der Ausbruch der großen Finanzkrise fiel. Man findet keinen ausführlichen Bericht über dieses Treffen, der veröffentlicht worden wäre und überhaupt nur wenige Erwähnungen in den Archiven, nur hin und wieder einen Nebensatz, eine knappe Bemerkung. An einer Stelle liest man in dürren Worten, worum es an diesem Abend im Kanzleramt ging: Merkel bat die Journalisten, zurückhaltend über die Krise zu berichten und keine Panik zu schüren.
Was geschah? Die Chefs der Presse folgten der Kanzlerin. An einem einzigen Tag zerschmetterte Angela Merkel den freien Journalismus (nach ihren eigenen Worten – siehe Freitag – das „Lebenselixier der Demokratie“) und degradierte ihn zum ausführenden Organ einer – verlogenen – Regierungspolitik. Warum die Chefs – und ihre Stiftebüttel – folgten, ist klar ersichtlich:
Der soziale Aufstieg hat die Journalisten selber in die herrschende Klasse gespült: Ihre Kinder besuchen die selben Schulen, sie wohnen in den selben Vierteln, sie gehören zu den selben Clubs: „Es gibt zwischen den Medien und der Macht heute eine Verwandtschaft, die es früher nicht gab. Einen Mangel an Skeptizismus.“
Jakob Augstein zitiert hier Gay Talese, der ganz besondere Vorstellungen von einem Journalisten hatte:
Talese hat ein eindringliches Bild dafür gefunden, was Journalisten sein sollen, wie sie arbeiten sollen: „Wir Journalisten sollten eine Religion der Ungläubigkeit predigen! Ein Heiliger Orden der Ungläubigen, das sollten wir sein. Wir sollten unseren Dienst in Klöstern der Wahrheit tun, über die Schriften gebeugt. Und diese Klöster sollten weit, weit weg sein von den Palästen.“
Gleich einem Mönch muss der Journalist das Gelöbnis der ewigen Armut ablegen, gleich einem Philosophen muss er so weit wie möglich hinaustreten aus der Gesellschaft sie von weitem – oder von oben – betrachten. Will er seine Arbeit korrekt machen, dann sitzt er weit draußen allein in seiner Blockhüte, um unabhängig zu bleiben. Unterwirft er sich einem Chefredakteur, kann er den Begriff „Journalist“ gleich an der Pforte abgegeben. Besucht der dann noch den „Bundespresseball“, kann man ihn zurecht als Regierungsagenten bezeichnen.
Was sehen wir aber noch an dieser Aufgabenbeschreibung des Journalismus? Was ist diese „Religion der Ungläubigen“?
Ich möchte mal einen modernen Begriff dafür nehmen: „Verschwörungstheorien“.
NICHTS ANDERES ist die heilige Aufgabe des „Journalisten“: beständig GEGEN Wirtschaft und Politik Theorien zu entwickeln, die GEGEN die PR-Agenten von Konzern und Partei angehen. NUR DAS macht sie zur VIERTEN MACHT im Staate – und nur so können sie Regierungshandeln KONTROLLIEREN. Ohne Theorien, die beständig und immerdar „amtliche“ Wahrheiten in Frage stellen, lassen sie keine Lügen der Regierung aufdecken.
Jetzt frage ich Sie als Leser: was würden Sie von Journalisten halten, die Ihnen beständig Verschwörungstheorien liefern? Richtig – im Jahre 2014 würden sie diese Menschen, die „in den Klöstern der Wahrheit“ „die Religion der Ungläubigen predigen“ als „rechtsradikale Spinner“ gesellschaftlich isoliert werden. Orwells 1984 hat schon lange Gestalt angenommen, die deutsche Bundeskanzlerin hat den Oberbefehl über das Nachrichtenwesen an sich gerissen – und ohne Jakob Augstein (Mitbesitzer des „Spiegel“) hätten wir von diesm Tag, der das Ende des Journalismus in Deutschland bedeutete, nie etwas erfahren.
Wir dulden sehr seltsame Erscheinungen in unserem Lande, die wir – würden sie in Russland stattfinden – als Beweis für Putins Autokratismus anprangern würden. Obwohl der Beruf des Journalisten – nach den Erfahrungen im Dritten Reich – absichtlich keinen Namensschutz hat, was seine Freiheit und Unabhängigkeit jederzeit garantiert … und jederzeit die Möglichkeit beeinhaltet, dass er sich neu definiert … haben wir in Deutschland „Anstalten“ für die gezielte Züchtung von Journalisten – „Oberschichtsjournalisten“, um es genau zu sagen. Für einen Beruf, der absichtlich keinen Namensschutz genießt, ist es schon verwunderlich, dass hier – im Anschluss an ein Hochschulstudium, das allein schon zur Berichterstattung qualifiziert – eine „Zusatzausbildung“ angeboten wird, in der man „richtiger“ Journalist werden kann.
Journalismus.com – das „Portal für Medienprofis“ – beschreibt deutlich, warum kein Weg an diesen Schulen vorbeigeht:
Die meisten Journalistenschulen in Deutschland genießen einen exzellenten Ruf. Hier lernen Journalisten das Handwerk von der Pike auf. Wer Absolvent einer Journalistenschule ist, findet in den meisten Fällen einen Job.
Der letzte Satz ist wichtig – das „Handwerk“ des Schreibens beherrscht jeder Geisteswissenschaftler. Aber das „besondere“ Handwerk … bedarf spezieller Ausbildung, über die auch ganz offen gesprochen wird – zum Beispiel bei der Kölner Journalistenschule:
Das Sponsoringkonzept der Kölner Journalistenschule gibt Unternehmen die Möglichkeit,
Hier können sich Unternehmen schon während der Ausbildung genehme Journalisten kaufen, mieten oder warm halten, hier kann man angehende Meinungsbildner in Deutschland „von der Pike auf“ formen, damit es später keine bösen Überraschungen gibt. Den Service nehmen folgende Unternehmen in Anspruch: Bayer, Ergo, RWE, Henkel, Telekom, BP und einige andere hochrangige Konzerne in Deutschland. Der Fettdruck wurde von der Schule selbst vorgenommen – und sagt genug aus. Hier kauft man sich als Konzern Politik- und Wirtschaftsmeinung.
Die Ukrainekrise hat gezeigt, wie erfolgreich die Züchtung von „Systemjournalisten“ betrieben worden ist: 2014 ist es gar nicht mehr notwendig, das die Kanzlerin die Chefredakteure zur Befehlsausgabe ruft – das Meinungsbildungspersonal wird gezielt geschult und schon im Vorfeld selektiert.
Es kommt auch zu gezielten „Säuberungen“ – wie bei Zeit-online, wo freie Journalisten diszipliniert („gefeuert“) werden, die früher mal für „den Feind“ geschrieben haben (siehe den aktuellen Fall von Alisa Bauchina bei Heise, – oder den Fall Moritz Gathmann, ebenfalls bei Heise) …. obwohl es im Prinzip zum „Lebenselixier der Demokratie“ gehört, bei jeder Art von Konflikt die Interessen BEIDER SEITEN herauszuarbeiten.
Kennzeichnend für den Tod des deutschen Journalismus mag ein Artikel sein, der nun in der „Jungen Welt“ erschien – einem Presseorgan, das als ehemaliges FDJ-Blatt mit 50000 Lesern (siehe Süddeutsche) noch eine kapitalunabhängige Berichterstattung leistet. Nur hier traut sich ein bezeichnenderweise „anonymer“ Redakteuer der „Deutschen Welle“ über unheimliche Erscheinungen in diesem Sender zu berichten (siehe JungeWelt vom 15.5.2014):
Immer konform mit dem Kanzleramt: Bei der Deutschen Welle dürfen nur »geeignete« Journalisten Kommentare schreiben. Aktuell ist z.B. die Vorgabe, den Begriff »Referendum« – gemeint ist die Abstimmung in der Ostukraine – immer in Anführungszeichen zu schreiben oder mit dem Zusatz »illegal« oder »sogenannt«. Dieser unsinnige Eingriff in unser journalistisches Vokabular ist ein Beispiel für direkte Zensur.
Ähnlich wie die meisten Medien in Deutschland; die Kommentare dürfen nur Redakteure schreiben, die als dafür »geeignet« gelten.
Wir finden auch ein offenes Bekenntnis des Redakteurs zu seiner eigenen Unabhängigkeit:
Es ist halt ein fruchtbarer Boden für die Zensur, wenn man als Journalist eine Familie mit zwei Kindern ernähren muß und auf Basis von Zeitverträgen arbeitet. Irgendwann ertappt man sich bei der Selbstzensur – weil man seinen Job behalten will, schreibt man so, daß es keinen Anstoß erregt.
Darum favorisiert wohl Gay Tanese die religiöse Terminologie, den „Heiligen Orden der Ungläubigen“, der in Deutschland gezielt ausgerottet wurde. Spätestens am 8.10.2008 hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Hoheit über die Chefredakteure übernommen. Die Folgen der fortschreitenden Gleichschaltung der Medien lassen sich sehr gut an der Alltagswirklichkeit des Redakteurs erkennen, der sich erkennbar vor den Folgen fürchtet, die er zu erleiden hätte, wenn er sich nicht an die „offizielle Sprachregelung“ halten würde: eine Überstellung ans örtliche „Jobcenter“ zwecks „Sonderbehandlung“ scheint sicher zu ein.
Und so erlebt der deutsche Bürger im 21. Jahrhundert den Tod des Journalismus, der ganz eng an die Paläste angebunden wurde, um das Volk dirigieren zu können, wie man es gerade möchte. Gleichzeitig wissen wir aber auch, wie wir uns als Bürger dagegen wehren können: wir brauchen wieder den „Heiligen Orden der Ungläubigen„, der „weit weit weg von den Palästen“ „Dienst in den Klöstern der Wahrheit“ leistet. Im Gegensatz zu den Definitionen des deutschen Journalismusverbandes wird man jedoch nicht damit rechnen können, das man seinen Lebensunterhalt damit bestreiten kann – ganz im Gegenteil: das Geld vernichtet die Heiligkeit des Berufsstandes.
Sonntag, 11.5.2014. Eifel. Wieder mal Sonntag. Ein Tag der Besinnung – doch nicht heute. Heute liegt das fehlende Puzzlestück auf dem Tisch, das uns helfen wird, einen kurzen Blick auf die Zukunft zu werfen. Mal wieder. Wer diesen Blick zuerst gewagt hatte, war Vivianne Forrester in ihren beiden Schriften „Terror der Ökonomie“ (1997) und „Diktatur des Profits“ (2000). Ich hatte sie damals gelesen und mir war schon nach dem ersten Buch klar, dass Hartz IV kommen würde … 1997, während der Rest der Republik noch Privatfernsehen erforschte. Wo ich für meine Erkenntnisse Gesprächspartner fand? Im Topmanagement der Pharmaindustrie. In Managementkreisen war die Entwicklung bekannt, immerhin war man im direkten Kontakt mit den Priestern der neuen Religion, den Unternehmensberatungen, die im Auftrag des Kapitals die Wirtschaftswelt umbauten. Die Reaktion? Soviel zusammenraffen wie nur irgendwie ging, damit man genug hat, wenn es richtig losgeht, wenn der totale Zusammenbruch der US-Wirtschaft politisch ganz neue Realitäten schaffen wird. 17 Jahre später zeigt sich, dass Vivianne Forrester richtig lag – anders als viele Ökonomen, Politforscher und Freizeithellseher. Ihre Horrorvision der Zukunft wird langsam unser Alltag, es gibt auch immer mehr Menschen, die das wahrnehmen, immer mehr Bücher beschreiben die Ungeheuerlichkeiten, die sich auf internationaler Ebene Bahn brechen, mehr und mehr wundern wir uns über unsere eigene Machtlosigkeit – sogar ein neuer blutiger Krieg mit Russland steht aktuell auf dem Speiseplan.
Das ist schön – aber zu spät. Das dürften wir seit dem Genmaisdebakel dieses Jahr erfahren haben: keiner wollte ihn, die große Koalition versprach, Rücksicht auf den Willen des Volkes zu nehmen – jetzt kommt er. Die Zukunft ist alternativlos geworden. Ich denke: die Menschen wissen das. Politisches Engagement wird geringer, die Wahlbeteiligung sinkt, Friedensdemonstrationen von Millionen von Menschen gehören trotz akuter Kriegsgefahr der Vergangenheit an: man ist sich seiner Machtlosigkeit bewusst.
Zeit, sich diese alternativlos Zukunft mal anzuschauen. Ich habe es da leicht, ich brauche nur in das Werk „Terror der Ökonomie“ zu schauen (Paul Zsolnay Verlag, Seite 202):
Unser Jahrhundert hat uns gelehrt, daß nichts andauert, auch nicht das starrste Regime Es hat uns aber auch gelehrt, daß an Grausamkeiten alles möglich ist. Die Grausamkeit kann sich heute schneller verbreiten als je zuvor. Wir wissen, daß sie mit der neuen Technologie heute über gigantische Möglichkeiten verfügt, angesichts derer die vergangenen Greuel nur schüchterne Entwürfe wären. Wir können uns unschwer Szenarien ausmalen, die unter einem totalitäten Regime möglich wären, das keine Schwierigkeiten hätte, sich zu „globalisieren“ und über Vernichtungsmittel von nie geahnter Effizienz, Weite und Schnelligkeit verfügen würde: schlüsselfertige Völkermord.
Das war 1997. Der 11.9.2001 war zwar schon abzusehen – als Startschuss des neuen, globalen, totalitären Regimes – aber von Drohnen und dem unaufhaltsamen Überwachungsmonstrum NSA war noch nicht die Rede, völkerrechtswidrige Angriffskriege durch „demokratische“ Staaten wie z.B. auf den Kosovo, Afghanistan oder dem Irak lagen noch in weiter Ferne – oder zumindest war es undenkbar, das Krieg mal zum Instrument eines entarteten Völkerrechts werden könnte. Doch lauschen wir Vivianne noch weiter – schauen auf die nächsten Jahre.
Vielleicht würden es bestimmte Gruppen aber auch bedauern, von den menschlichen Herden nicht besser profitieren zu können und sie für verschiedene Zwecke am Leben lassen. Zum Beispiel als Vorrat für Organtransplantationen. Eine menschliche Herde als Schlachtvieh, ein lebender Organvorrat, aus dem man nach Belieben und je nach Bedarf der Priviligierten schöpfen darf.
Als ich das 1997 weiter erzählte, erntete ich absolutes Unverständnis (nicht innerhalb der Führungsebene der Konzerne, deren Job es war, weiter zu denken als der Betriebsrat): so sehr können wir zivilisierten Menschen überhaupt nicht degenerieren. Heute haben wir uns daran gewöhnt, Organe durch Jagd auf freies Wild (im Sinai, siehe Zeit) oder durch Zugriff auf inhaftierte Menschen (in China, siehe Zeit) zu „ernten“. Es gibt einen zahlungskräftigen Markt dafür. Kaum jemand stört sich daran. Dort, wo das Böse reale Gestalt annimmt, sind die Salonlinken schnell leise: die Existenz menschlicher Bosheit schreckt ab, will ignoriert werden. Nur – sie verschwindet dadurch nicht.
Auch wir in Deutschland haben uns seitdem an vieles gewöhnt. Im Jahre 2000 hätten wir noch groß über „Veschwörungstheorien“ gemeckert … wenn das Wort damals überhaupt eine Bedeutung gehabt hätte. Damals hatte man noch gewusst, dass die Verschwörungstheorien von heute die Geschichtsbücher von morgen füllen. Lauschen wir der herzallerliebsten Vivianne zu diesem Thema (Diktatur des Profits: Paul Zsolnay Verlag 2000, Seite 202 – 203):
Nun geht es darum, der Allmacht eines uniformierten, weltweiten Regimes ohne Gegenmacht, das ich jeden Tag durch seine Räubereien, seine mehr oder minder verschleierten Gewaltstreiche stärkt und sich aus seinen eigenen Erfolgen nährt, unverzüglich entgegenzutreten. Das Regime ist bereits zu weit gegangen, und wenn es sich weiterentwickelt, besteht die Gefahr, daß es uns zu jenem Schlimmsten treibt, auf das es uns geradezu abrichtet, in dem es alles, was dorthin führt, alltäglich erscheinen läßt.
Ja – das hätten wir damals machen können. Das hätten wir damals machen müssen. Hartz IV hätte damals – im Jahre 2000 – bekämpft werden müssen. Aber wer hätte damals schon geglaubt, dass es so was gibt? Nun – die liebe Vivianne:
Man kann es nicht oft genug wiederholen: Es hinzunehmen, daß Menschen als überflüssig angesehen werden und daß sie selbst soweit kommen, sich als störend zu empfinden, bedeutet zuzulassen, daß sich die Vorraussetzungen für die schlimmstmögliche Entwicklung ausbreiten. Es ist keineswegs lächerlich zu behaupten, daß am Anfang aller Totalitarismen diese Verweigerung von gegenseitigem Respekt steht: sie ist es, die allen Faschismen den Weg ebnet; und auf diesem Wege breitet sie sich aus.
Was haben wir seitdem erlebt – allein in Deutschland? Arbeitslose wurden – aus Regierungsmunde – zu „Sozialschmarotzern“ und „Parasiten“, Menschen an sich zu „Kosten auf zwei Beinen“, christliche Nächstenliebe (der Basiswert unserer Demokratie, für den wir viel Kirchensteuer bezahlen) wurde „Sozialromantik“, Politik wurde „alternativlos“, der Marsch zu den menschlichen Organherden ist alltäglich geworden – dank „nine-eleven“. Die Oligarchien der Welt sollten Osama bin Laden auf Knien danken, dass er da aktiv geworden ist: er hat ihnen den größten Gefallen überhaupt getan und Dinge möglich gemacht, die sonst nie zu realisieren gewesen wären. Kein Wunder, dass die Theorie nicht unterzukriegen ist, dass es US-amerikanische Putschisten waren, die den Coup geplant hatten.
Oh ja – ich weiß, da darf man nicht mal daran denken, des ist „Verschwörungstheorie“. 2014 gibt es nur noch zwei Arten von Aussagen: Regierungsmeinung und ihr Gegenteil – und das Gegenteil nennt man „Verschwörungstheorie“. Darum gibt es auch nur noch zwei Arten von Journalisten im Land: Regierungssprecher sowie ihre ausschließlich durch private Institute genormten Kollegen in den ausgelagerten Pressestellen der großen Medienkonzerne …. und die arbeitslosen. Gerade in der aktuellen Krise um die Ukraine haben die meisten Deutschen deutlich vor Augen geführt bekommen, wie differenziert die Aussagenvielfalt zwecks eigener Meinungsbildung ist: gar nicht.
Der Journalist bekennt sich schon lange in seinem Selbstbild dazu – es hat nur wieder keiner gelesen, siehe Wikipedia:
Das Rollenselbstbild, wie die Akteure im Journalismus ihre Aufgabe in der Gesellschaft sehen, hat sich gemäß zweier repräsentativer Journalistenbefragungen von 1993 und 2005 in Deutschland ebenfalls gewandelt: Die Ambitionen von Kritik und Kontrolle haben abgenommen, es dominieren die reinen Informationsjournalisten und News-Manager.
Der Anteil der Journalisten, die „Kritik an Missständen üben“ als Ziel angeben, ist von 63 Prozent auf 57 Prozent gesunken. Der Anteil der Journalisten, die „sich einsetzen für die Benachteiligten in der Bevölkerung“ ist von 43 auf 29 Prozent gesunken und der Anteil jener, „die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kontrollieren“ von 37 auf 24 Prozent.
Umgekehrt stieg der Anteil der Journalisten, die „möglichst neutral und präzise informieren“ wollen von 74 auf 89 Prozent. Der Anteil der Journalisten, der „komplexe Sachverhalte erklären und vermitteln“ wollen, stieg von 74 auf 80 Prozent und jener, welche „die Realität genau so abbilden wollen, wie sie ist“, von 66 auf 74 Prozent.
D.h. 74 % der Journalisten haben gar kein Verständnis mehr dafür, dass „Realität“ immer von der Perspektive des Betrachters abhängt. Man bekennt sich offen dazu, Propaganda von Regierung und Wirtschaft ungefiltert – gegen Bezahlung – zu verbreiten. Das passt überraschend gut zu jenen 24 %, die noch nicht auf die Kontrollfunktion von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft verzichtet haben.
Das uniformierte globale Regime hat still und heimlich die vierte Macht gefressen, der Putsch läuft weiter – still und leise, dank vollständiger Kooperation der journalistischen Huren, die als Wachhunde nebenbei auch die Denkverbote hinsichtlich der Verschwörungstheorien durchsetzen. Diese Vernichtung der freien Berichterstattung und Meinungsbildung ist der zentrale Punkt der Revolution, das hat das Regime von den Kommunisten gerlent: immer erst Radio und Fernsehen besetzen: damit steuert man die Millionen.
Gelegentlich fallen noch Informationskrumen aus dem Diskurs heraus, die versehentlich nicht gründlich genug bearbeitet worden sind – Jürgen Roth hat in seinem Buch „Der stille Putsch“ einige davon aufgesammelt, siehe Amazon:
Was derzeit in Griechenland, Portugal, Spanien und Italien passiert, ist erst der Anfang. Auch Deutschland und anderen europäischen Staaten soll es so ergehen: Durch drastische Sparprogramme werden die Löhne gesenkt, Einschnitte in die Sozial-, Gesundheits- und Bildungssysteme durchgesetzt, die Arbeitnehmerrechte reduziert und der Verkauf öffentlichen Eigentums vorangetrieben.
Unter dem Vorwand der Krisenbewältigung geht es um die gnadenlose Durchsetzung einer marktfundamentalen Politik – ein kalter Putsch gegen die europäische Zivilgesellschaft. Doch wer steckt dahinter? Eine mächtige Elite aus Wirtschaft und Politik, der nur ausgewählte Personen angehören und deren Ziel die Durchsetzung langfristiger wirtschaftsfreundlicher Strategien und die Entmachtung des Staates ist. Jürgen Roth nennt die Putschisten und ihre Helfershelfer beim Namen, er deckt auf, wie sie über das Schicksal Europas entscheiden, und zeigt, warum wir uns nicht länger belügen und täuschen lassen dürfen.
Nur eine Momentaufnahme – aber man erfährt, was man leisten muss, um zu den Dirigenten des Putsches zu gehören: 500 Millionen Euro Umsatz. Das ist der Eintrittspreis, ab dann gehört man zu jener Elite, die Europa gerade umgestaltet. Frank Bürger zeichnet in seinem Kommentar zu diesem Buch in groben Umrissen die aktuellen Dynastien nach:
Es ist lohnenswert, mit dem Autor auf Reise zu den international agierenden Machtzirkel der Welt zu reisen. Mitglieder des in der Schweiz beheimateten „Entrepreneurs’ Roundtable“ treffen sich auf privater Ebene und sind laut Roth alle per Du. Mitglieder der Kategorie
I müssen pro Jahr mindestens 500 Millionen Jahresumsatz machen beziehungsweise Vorstandsvorsitzende sein“, erzählt ein Insider. „Wer nicht so viel bringt, wird nicht mehr eingeladen“, fügt er hinzu. Die Treffen sollen sieben- bis achtmal im Jahr an unterschiedlich exklusiven Orten stattfinden. Anfang 2013 zählte der „Entrepreneurs’ Roundtable“ in der Schweiz nach Recherchen mindestens 100 und in Deutschland mindestens 90 Mitglieder – ausschließlich die Elite insbesondere der Finanzindustrie, aber auch Vorstandsvorsitzende von Pharmaunternehmen und Lebensmittelkonzernen sowie Medienrepräsentanten.
Ja – das ist eine Verschwörung. Sie ist auch nicht mehr aufzuhalten – erst recht nicht, wenn man sich beständig nur noch „unterhalten“ und „beschäftigen“ lässt.
Aber auch den „anerkannten Journalisten deutscher Leitmedien“ entfleucht gelegentlich eine Information, die von außerordentlicher Brisanz ist – siehe Spiegel:
Der amerikanische Journalist George Packer hat in seinem Buch „The Unwinding“, das demnächst auch auf Deutsch erscheint, beschrieben, wie sehr sich die USA schon zu einer Oligarchie hin entwickelt haben. Er hat auch beschrieben, dass die Zeit der an Gerechtigkeit und Partizipation orientierten Demokratie eine recht kurze Phase gewesen sein könnte, von Roosevelt bis Reagan in etwa – fünfzig Jahre, weniger die Regel als die Ausnahme, um eine Formulierung von Thomas Piketty zu verwenden, dem Kapitalismuskritiker der Stunde.
Piketty schildert in seiner jetzt schon klassischen Analyse „Le capital au XXIe siècle“, wie das Kapital, wenn man es ungezügelt lässt, die Gesellschaft unvermeidlich zu immer mehr Ungleichheit hin verändert – Gleichheit ist eher eine Anomalie des Kapitalismus, die Mittelschicht eine Erfindung des 20. Jahrhunderts: Prinzipiell, so Piketty, sind alle Errungenschaften und Emanzipationsprozesse umkehrbar, nichts ist sicher. „Es ist eine gefährliche Illusion zu glauben“, sagt er im SPIEGEL-Gespräch, „die Demokratie würde der wirtschaftlichen Entwicklung folgen.“
Na und? Wusste Vivianne Forrester schon vor 17 Jahren. In nochmal 17 Jahren werden wir solche Äußerungen nicht mehr hören. Wie von Frau Forrester beschrieben, greift das Regime der Konzerne weltweit nach der Macht. Erst Wirtschaftsmacht, dann Regierungsmacht, dann Medienmacht. 2004 durfte das letzte Mal ein Journalist über den laufenden Putsch schreiben – Arno Luik im Stern. 2014 wird das letzte mal ein Buch zu dem laufenden Putsch erscheinen – das von Herrn Roth. 2024 ist die Machtübernahme abgeschlossen: die Militärmacht wird direkt von privaten Konzernen ausgeübt, weil die Staaten sich das gar nicht mehr leisten können. Kommen wir zu der Meldung, die oben versprochen wurde, siehe Spiegel:
Laut „Bild am Sonntag“ werden die ukrainischen Sicherheitskräfte von 400 Academi-Elitesoldaten unterstützt. Sie sollen Einsätze gegen prorussische Rebellen rund um die ostukrainische Stadt Slowjansk geführt haben.
Gab ja auch schon Aufnahmen von perfekt italienisch sprechenden „ukrainischen Soldaten“ – und Aufnahmen von Truppen in US-Jeeps. Was meinte die Firma selbst noch kürzlich:
Es war ein eindeutig formuliertes Dementi. „Unverantwortliche Blogger und ein Onlinereporter“ hätten „Gerüchte“ verbreitet, wonach Angestellte der Firma Academi in der Ukraine im Einsatz seien. Das sei falsch und nichts mehr als ein „sensationalistischer Versuch, eine Hysterie zu kreieren“. So äußerte sich der US-Militärdienstleister, ehemals unter dem Namen Blackwater zu unrühmlicher Bekanntheit gelangt, am 17. März auf seiner Webseite.
Unverantwortliche Blogger scheinen die letzten Partisanen im Informationskrieg geworden zu sein. Sie – und ein paar verantwortliche Journalisten, die zwischendurch ein paar Informationen unters Volk streuen, die zeigen, dass die von Vivianne Forrester prognostizierte Zukunft unabänderlich eintritt – bis hin zu den Herden aus Menschenvieh. Bald werden führende Entscheider, flankiert von Journalisten, Wissenschaftlern und Politikern, das Wort „Sozialballast“ einführen – mit dem nichts anderes gemeint sein wird als Rentner, Kranke und Behinderte. Das Wort wurde durch das Wort „Minderleister“ schon vorbereitet.
Und was so entscheidend ist an der Meldung aus der Ukraine? Jenseits jeglicher Politik schaffen Konzerne mit Militärmacht Fakten, erschießen Zivilisten, machen Stimmung, üben Druck aus, ziehen ungebremst als Mörderbanden zwecks Disziplinierung der Bevölkerung durch die Lande. Dabei ist es egal, ob sie das im Auftrag der US-Regierung tun – oder auf Wunsch der Oligarchie. Es ist die Demonstration, dass Konzerne die letzte Macht auch noch erobert haben: die Exekutive, Militär- und Polizeimacht.
Der Mittelstand – heute noch Träger unserer Gesellschaft – wird bald der Vergangenheit angehören, er war nur ein kurzes Zwischenspiel. Die Welt unserer Enkel ist allerdings schon als Film zu erleben: „Die Tribute von Panem“ oder „Oblivion“ zeichen inzwischen überzeugend zwei Versionen von Zukunft, die mit großer Wahrscheinlichkeit bald Realität werden … oder schon längst Realität sind: eine kleine Kaste von äußerst dekadenten Superreichen ohne jegliche Moral herrscht in verwüsteten Ländern über Herden von „Restmenschen“, deren einziger Lebenszweck die Organspende ist.
Bald wird man merken, dass „1984“ eine sehr liebliche, sozialromantische Utopie wahr. In Wirklichkeit will man die Massen verwerten … nicht beherrschen. Sie sind überflüssig … zerstören aber die Umwelt.
Ist also logisch, welche Zukunft unsere Enkel nach der endgültigen Eliminierung christlicher Werte erwartet – oder?
Und ebenso … dass sie uns und unsere „Spaßgesellschaft“ abgrundtief hassen werden.
Samstag, 3.5.2014. Eifel. Die aktuelle Print-Ausgabe (18/2014) des „Spiegel“ stellt die Frage nach einem Krieg in Europa. Auf dem Umschlagbild sehen wir einen Soldaten, der auf uns – die Leser – zielt. Man braucht ihn nicht zu kaufen, das Geld wäre bei WSWS besser angelegt: die haben ihn für uns gelesen und – leider ohne korrekte Seitenangabe – die zentrale Stelle herausgearbeitet, siehe WSWS.org.
„Drei Viertel der Deutschen sind gegen ein militärisches Eingreifen der Nato. Ein Drittel zeigt Verständnis für Putins Annexion der Krim. Auch in diese Zahlen fließt die Angst vor dem Krieg hinein.“
Die Spiegel-Autoren bezeichnen diese Haltung nicht nur als falsch, sondern auch als moralisch bedenklich. „Die Ukraine rutscht in einen Bürgerkrieg, den Russland befeuert. Der Westen wird mit Wirtschaftssanktionen antworten, mehr nicht“, schreiben sie. „Das ist für die Westeuropäer nicht so schlimm wie ein Krieg, den sie am eigenen Leib erfahren müssen. Es sterben dann die anderen. Aber es ist auch eine unerträgliche Situation, dem Töten auf dem eigenen Kontinent zuzusehen. Moralisch steht man nicht besser da, als wenn man zu den Waffen griffe.“
An anderer Stelle berufen sie sich auf den Politikwissenschaftler Herfried Münkler, der zwischen „heroischen“ und „postheroischen“ Gesellschaften unterscheidet. Der „Postheroismus“, fasst der Spiegel Münklers Standpunkt zusammen, sei „auch ein Ausdruck von Wohlstand“: „Wer viel hat, möchte das nicht aufs Spiel setzen. In ärmeren Gesellschaften würden Männer ihren Stolz dagegen auch aus heroischen Idealen beziehen und wären daher leichter für einen Krieg zu begeistern.“ Mit den „heroischen“ Gesellschaften kann nur eines gemeint sein: die Glorifizierung des Heldentods durch die Nazis.
Neun Spiegelautoren haben den dreiseitigen Artikel unterschrieben, um zu demonstrieren, wie einig man sich in dieser Sache ist: in der moralischen Verurteilung des Pazifismus in Deutschland. Der Spiegel ist nun kein kleines Provinzblatt, sondern das führende Nachrichtenmagazin in Deutschland. Früher durch Konrad Adenauer persönlich verspottet als „Bildzeitung für DOKTOR Lieschen Müller„, ist es heute das Informations- und Identifikationsportal der deutschen „Elite“ – genauer gesagt: der Funktionselite.
Nähern wir uns dem Thema vorsichtig – und wissenschaftlich. Wer sind diese „Eliten“?
Nun – Hören wir dazu einen Wissenschaftlier, hier aus der Sendung Markt vom 28.4.2014:
„Eliten sind diejenigen Personen, die qua Amt oder qua Eigentum die wesentlichen Entscheidungen in diesem Land treffen. Das sind hohe Bundesrichter, hohe Ministerialbeamte in Berlin, das sind Spitzenmanager großer Unternehmen, die Intendanten, die Chefredakteure von wichtigen Medien und Spitzenpolitiker, vor allem die der Bundesregierung in Berlin. Diese Eliten stammen zu fast zweidrittel aus den oberen dreieinhalb Prozent der Bevölkerung, sind also sozial sehr geschlossen“, sagt Eliteforscher Michael Hartmann.
Eine sozial sehr geschlossene Schicht – in einer Demokratie? Undenkbar. Und doch – bestimmen sie in all´ ihren Funktionen unser Leben: wie und wie lange wir arbeiten, wieviel Nahrung, Kleidung und Energie wir zugeteilt bekommen (über Lohn und Sozialleistungen), wie wir zu denken, fühlen, leben und zu lieben haben. Einfach mal einen kritischen Blick durch die Werbung streifen lassen (oder durch die Welt der Illustrierten): man erfährt hier sehr detalliert, wie MAN zu leben hat. Tagaus tagein, in 20 000 Werbespots pro Jahr, die zum Beispiel einen US-Amerikaner in seiner ganzen Anschauungswelt formen. Nur selten liegt die Elite mal daneben – und dann tritt sie gleich sehr geschlossen auf.
Beim Krieg in der Ukraine – ich denke, nach dem Einsatz von Panzern und Hubschraubern gegen Zivilisten kann man doch jetzt endlich auch offiziell von „Krieg“ reden – lag man daneben. Der Friedenswillen des deutschen Volkes war noch nicht gebrochen, man roch – gerade beim kommenden Jahrestag des ersten Weltkrieges – das wieder Blei in der Luft lag. Das Volk tobte in Kommentaren, siehe Heise:
Zwei Machtblöcke prallen in der Ukraine derzeit aufeinander. Zugleich tobt in den deutschen Medien ein Kampf um die Deutung des Konflikts. Der Graben scheint dabei weniger zwischen einzelnen Zeitungen oder Sendern zu verlaufen, als vielmehr zwischen den Journalisten der Leitmedien insgesamt und ihren Lesern bzw. Zuschauern.
Diese Front im Informationskrieg war neu. Natürlich wurde sofort gekontert: in einer Weise, die in Deutschland immer zieht: Spiegel-Online zehrte eine Verschwörungstheorie aus den Archiven, nachdem das ganze deutsche Volk von einer rechtsradikalen Facebookgruppe kontrolliert wird, die sich einen „Anonymus-Account“ gekapert hat. Diese Verschwörungstheorie zeigt auch auf, wer der neue Feind ist: Esoteriker, Verschwörungstheoretiker und – zieht immer – Antisemiten. Das es sich hierbei auch nur um eine Verschwörungstheorie handelt, interessiert im Moment nicht, man hat seine Arbeit zu tun.
Seine Arbeit? Will ich jetzt etwa dem Spiegel unterstellen, er würde im Auftrag handeln?
Na – was sollte ich sonst tun? Ich kann gar nicht anders – ich habe die Befehlsketten der neuen Weltordnung wahrgenommen – nicht aus kruden Verschwörungsorganen im Internet, sondern aus der „Reichtumsforschung“ der Uni Münster. Hier erfährt man, dass die „Elite“ nicht aufgrund ihrer Leistung in ihre Positionen kommt, sondern aufgrund ihres Engagements der Beförderung einer neuen Weltordnung, in deren Mitte die Hege und Pflege der Kapitalmassen des Superreichtums steht (siehe: UniMünster).
Es gibt hier ein Ringmodell, das sich auswendig zu lernen lohnt, wenn man die Absichten von Informationen und ihren Sendern verstehen möchte. Kern dieses Models – die „Herrschaftsschicht“ – sind die Superreichen, die „Plutokraten“, die einen Apparat geschaffen haben, der ihnen quasi göttliche Allmacht zuteilt:
Theoretisch gesprochen verkörpert die Geldelite – ultra-high-net-worth-individuals (UHNWIs) – im gegenwärtigen Zyklus finanzieller Expansion also die Befreiung großer Geldmengen aus der Warenform und die direkte Umwandlung von Reichtum in die Machtform. Nicht nur wird Politik, Herrschaft, Macht monetarisiert, sondern die Geldelite ist in der Lage, Geldwerte auf vielfältigste Weise zu vermachten. Das ist im Grunde ein uralter Prozess auf der Grundlage der Tatsache, dass man mit Geld nicht nur mehr Geld, sondern eben ‚alles‘ machen kann.
Um diese Macht praktisch umzusetzen – ohne idealistische Gegenkräfte wie Religion, Humanismus oder Kommunismus aufzuwecken – bedarf es einer Funktionselite, die sich hierarchisch um die neuen Machthaber schart. In erster Linie haben wir dort … die Verwertungselite, d.h. die Kaste der Manager oder CEO, eine Gruppe, die Günter Ogger in seinem Werk „Nieten in Nadelstreifen“ für Deutschland auf 400 Personen beziffert. Sie bestimmen, wer in Deutschland wieviel Geld wofür bekommt, sofern er unter direkter Kontrolle der „Wirtschaft“ ist – also durch Arbeitsverträge zu einem gewissen Sozialverhalten (und auch Wahlverhalten) angeleitet werden kann.
Sie haben nicht unbedingt ein einheitliches strategisches Bewusstsein (wie man es traditionellerweise etwa der ‚Kapitalistenklasse‘ zuschrieb). Was sie verbindet, ist die Maxime der kurzfristigen Gewinnsteigerung auf der Basis der neoliberalen Ideologie.
Die nächste, untergeordnete Führungsschicht ist die Kaste der Politiker, die „Verteilungselite“. Sie steuern per Ressourcenzuteilung (Rente, Subventionen, Sozialleistungen) die Handlungsmacht des Volkes. Hat das Volk viel Geld, ist es frei, hat es wenig Geld, ist es unfrei.
Alle Parlamente, alle Regierungen haben aus der Sicht des Geldmachtapparats die Funktion der Verteilung des Reichtums von ‚unten‘ nach ‚oben‘. Anders ausgedrückt: der Geldmachtapparat wirkt durch Lobbyismus und Korruption in dieses Feld der politischen Eliten hinein, das dadurch hochgradig differenziert und konfliktualisiert wird.
Diese Umverteilung von unten nach oben erleben wir in allen Ländern, deren Politiker unter der Regierungsgewalt der Plutokratie stehen und die sich durch regelmäßige Teilnahme an den „Außendiensttagungen“ des Geldmachtapparates auszeichnen, Tagungen, auf denen – wie in Davos oder Bilderberg – nur die Loyalität des Personals geprüft wird. Irgendwelche geheimen, verschwörerischen Aktivitäten braucht man dort gar nicht, denn alle haben schon längst ihre Befehle in der Tasche. Die sind auch ganz offiziell nachzulesen – und jeder kann die Bestätigung dazu JEDERZEIT in ALLEN MEDIEN einholen:
Das die Welt beherrschende US-amerikanische Kapitalismusmodell hat seit den Siebzigern zwei Veränderungen erfahren. Erstens wurde der mit dem New Deal eingeführte, staatlich regulierte stakeholder-Kapitalismus durch ein neues Modell konzerngesteuerter Zielsetzungen und Verantwortungen ersetzt. In diesem Modell ging es zweitens nicht mehr um das Wohlergehen der Beschäftigten und die Wohlfahrt der Kommunen, sondern darum, für die shareholder kurzfristig den Wert der Aktien und die Dividendenauszahlungen zu steigern. Die praktischen Folgen sind ein stetiger Druck, die Löhne und sonstigen Ansprüche der Beschäftigten zu kürzen (was in manchen Fällen zum Diebstahl der Pensionen und zu anderen Verbrechen führte) sowie politische Propaganda und Lobbyismus zugunsten der Senkung von Unternehmenssteuern, mit denen staatliche und öffentliche Aufgaben finanziert werden könnten.
Diesen Befehl der obersten Heeresleitung kennen wir doch – er wird gerade weltweit durchgesetzt … und darum werden immer mehr Kriege mit immer mehr Ländern (und Religionen) geführt, die dem großen Ziel im Wege stehen.
Dabei hilft die letzte Kaste der Funktionselite – die einzige, die mit uns direkt in Kontakt tritt und hauptverantwortlich für die Kontrolle unseres Denkens ist:
Den Außenring schließlich bilden die bereits erwähnten, für die Entstehung und Expansion des Geldmachtapparats unentbehrlichen Technokraten und Experten aller Art, kurz: die Wissenseliten.
Hier … haben wir die Jungs vom Spiegel. Jene Journalisten, die so gut betucht sind, dass sie sich eine eigene Pferdezucht leisten können, deren Kostendruck dazu führt, dass sie auch weiterhin mit aller Macht am großen Ziel arbeiten – ausführender Arm der Plutokratie zu sein. Wer nicht mitmacht, wird entlassen.
Wer sich nun fragt: was hat das alles mit der Ukraine zu tun?
Nun – sie ist nur ein weiterer Punkt der weltweiten Säuberung, die seit Jahrzehnten läuft – so wie der Krieg gegen den Irak, siehe UniMünster:
Der Krieg gegen den Irak ist zum klarsten Beispiel für den Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes geworden, vor dem Präsident Dwight Eisenhower in seiner Abschiedsrede 1961 so eloquent warnte. Dieses eherne Beziehungsgeflecht zwischen mächtigen Individuen innerhalb und außerhalb der Regierung operiert weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ist von Interessenkonflikten durchtränkt. – Die Ziele dieser Gruppe mögen oder mögen nicht mit den besten Interessen des amerikanischen Volkes zusammenfallen. Denken wir, zum Beispiel, an die Interessen der einfachen Soldaten, die in diesem Krieg gekämpft, Sand gefressen und ihr Blut in der Wüste vergossen haben, und an die ganz anderen Interessen jener Händler der Macht, die wie verrückt für die Realisierung dieses Krieges kämpften und in jeder Phase an ihm profitieren.
Die Leute kämpfen immer noch wie verrückt um die Realisierung von Kriegen, weil man in jeder Phase von ihm profitieren kann – und all ihre Funktionseliten kämpfen auf jeder ihrer Positionen genau dafür. Wo das endet – wissen wir schon – siehe Krysmanski in einem Artikel über die Mobilmachung der Geldeliten aus dem Jahre 2003, wieder UniMünster:
Inzwischen zum Berater des Verteidigungsministeriums aufgestiegen, sieht Barnett »die Mission des amerikanischen Militärs heute darin, die Kluft zwischen den an die internationalen Finaströme angeschlossenen Ländern und dem Rest zu schließen. Alle Regionen, die nicht mit der von der amerikanischen Wirtschaft dominierten Globalisierung verbunden sind … stellten also eindeutiges Sicherheitsrisiko und mithin einen Fall für ›unsere Streitkräfte‹ dar.
Nach dem Irak kam Lybien. Nach Lybien nun Russland. Alle Regionen, die nicht mit der von der amerikanischen Wirtschaft dominierten Globalisierung verbunden sind, stellen ein Sicherheitsrisiko dar und werden eliminiert – was selbst ein Riesengeschäft ist:
Der Vierte Weltkrieg wird die größte »business opportunity« aller Zeiten. Frühere Spitzenpolitiker, Washingtoner Insider usw bereichern sich ungebremst am Krieg gegen den Terrorismus.
Das sind Darstellungen, die sich im akademischen Bereich finden. Die vom globalisierten Kapital abhängigen (und gezielt gesteuerten) Medien erfüllen so – wie die oben genannten Spiegelredakteure – ihren Auftrag, alles zu unternehmen, was dazu führen kann, dass die Völker Europas und der USA sich gegen die „Sicherheitsrisiken“ der Philosophie der kurfristigen Wertsteigerungen zu einer „business opportunity“ mobiliseren lassen …. einem Krieg in Europa, den die „Herren der Welt“ auf einsamen Inseln fernab jeden Getöses hinter sich bringen werden.
So erklärt sich die unheimliche Gleichschaltung der Medien in Deutschland sowie der Aufstand der Bürger dagegen. Es ist nur ein weiteres Kapitel im großen Feldzug der Vernichtung der Sicherheitsrisiken einer neuen Weltordnung – die eigentlich nur eine neue, kapitalertragsmaximierende Wirtschaftsordnung ist. 3,5 % der Deutschen dienen dieser Wirtschaftsordnung, verdienen ordentlich daran und sorgen permanent dafür, dass alle Machtpositionen aus ihren Reihen besetzt werden, sorgen für permanenten Sozialabbau, Verarmung der Gemeinden, Privatisierung des Gemeinschaftseigentums und gezielte Desinformation der Bevölkerung.
Ein abschließendes Beispiel dazu? Ich zitiere nochmal WSWS dazu:
Der Stanford-Historiker Ian Morris geht noch einen Schritt weiter. Er kann der Schlächterei des Ersten und Zweiten Weltkriegs Positives abgewinnen. In der Washington Post veröffentlichte er am 25. April einen Artikel mit dem Titel „Langfristig bringen uns Kriege mehr Sicherheit und Reichtum“.
Darin rechnet er vor, dass im Steinzeitalter 10 bis 20 Prozent aller Menschen durch andere Leute umgebracht wurden. Die 100 bis 200 Millionen Opfer der beiden Weltkriege machten dagegen nur ein bis zwei Prozent der 10 Milliarden Menschen aus, die im Laufe des Jahrhunderts auf der Erde lebten. „Es kann gut sein, dass Krieg der schlechteste Weg ist, den man sich vorstellen kann, um größere, friedlichere Gesellschaften zu schaffen, aber die deprimierende Tatsache ist, dass er so ziemlich der einzige Weg ist“, folgert er.
Krieg ist alternativlos – predigt uns die dritte Klasse der Funktionselite der Plutokratie. 200 Millionen Tote sind durchaus aktzeptabel, wenn es um Sicherheit für Reichtum geht – aber unsere Feinde sind Verschwörungstheoretiker, Esoteriker und Antisemiten?
Das solte man immer im Hinterkopf behalten, wenn man die aktuelle geopolitische Entwicklung beurteilen will.
Wer das macht, versteht auch, warum die journalistische und politische Funktionselite so gegen die Volksabstimmung aus der Schweiz geschossen und dem Land offiziell deshalb mit Sanktionen gedroht hat wie jetzt Russland (siehe Spiegel).
Und man versteht, warum der amerikanische Russlandexperte Stephen F. Cohen aktuell in der TAZ vor einem Krieg mit Russland warnt … der genau genommen schon alternativlos ist. Cohen sieht die gezielte Kriegstreiberei schon seit geraumer Zeit (siehe Wikipedia) – wenn auch aus anderer Perspektive als die Reichtumsforscher.
Wollen wir die „Power“ der Superreichen mal in Zahlen ausdrücken? Hier Krysmanski im Managermagazin:
Nur eine Information zur allgemeinen Steuermoral dieser Schicht: Nach einer Untersuchung des seriösen Tax Justice Network haben die Reichen der Welt Finanzvermögen von 21 bis 32 Billionen Dollar in Steueroasen gebunkert. Das entspricht mehr als dem gesamten Bruttoinlandsprodukt der USA.
Die stellen selbst die größte Supermacht auf Erden mit ihren Möglichkeiten in den Schatten. Warum erfahren wir davon nichts? Nun – das haben wir in Deutschland den Journalisten zu verdanken:
In Deutschland dagegen werden selbst diejenigen aber, die im Jahr pro Familie 600 Millionen Euro Dividende einstreichen, als ein harmloses, teils spießiges, teils irgendwelchen Luxushobbies wie Pferdesport oder Oldtimer-Sammeln frönendes Völkchen verkauft.
Und – nur um keine Irrtümer aufkommen zu lassen: die „Steueroasen“ sind der kleinste gemeinsame Nenner der Superreichen (zu denen auch die Mafia gehört). „Juden“ stellen nur einen winzigsten Bruchteil jener Clique dar, die sich gegen die ganze Weltbevölkerung stellt – aber sie werden gerne als Opferlämmer geschlachtet. Das lenkt immer super von den eigentlichen Tätern ab. Funktioniert immer.
Währenddessen werden – ganz öffentlich – die Pläne für den Vierten Weltkrieg ausgearbeitet. Im September, siehe Spiegel:
Hintergrund ist die Nato-interne Debatte um eine strategische Neuausrichtung des Bündnisses, die sich an einer anhaltenden, auch militärischen Konfrontation der Nato mit Russland orientieren soll. Sie wird, so verlautet es aus diplomatischen Kreisen, anders als bislang geplant im Zentrum des Nato-Gipfels der Staats- und Regierungschefs im September stehen.
Wir haben jetzt Mai.
Sie sehen: Putin (oder Russland) – kann machen, was er will: der Kriegskurs der Nato wird im September von der Funktionselite beschlossen. Merkt man aber nur, wenn man die Hintergründe kennt.
Die findet man bei der Uni Münster.
Noch. Bald wird die klassische „Power Strukture Research“ sicher auch „Verschwörungstheorie“ sein oder Antisemitisch. „Esoterisch“ … also nur einer kleinen, ausgewählten Gruppe zugänglich – ist sie eigentlich jetzt schon.
Donnerstag, 27.2.2014. Eifel. Sie sind Deutscher? Mein Beileid. Nein – wirklich. Die Lage in Deutschland ist schlimmer als in anderen Ländern – sie dürfen das nur nicht wahrnehmen, das würde das Wohlfühlklima der Lumpenelite empfindlich stören – jener selbsternannten Elite, die sich selbst dadurch definiert, dass sie sich in elitärem Ausmaße Volksvermögen aneignet, also: privatisiert – was übersetzt soviel wie „rauben“ heißt. Darum ja: Lumpenelite.
Beklaut zu werden ist nicht schön. Neben dem Verlust der schnöden Dinge ist es vor allem das Gefühl der Ohnmacht, des mangelnden Respektes und der fortdauernden Bedrohung, die das Lebensgefühl vermiest – das ist nicht schön. Beklaut zu werden, aber trotzdem lustig ohne groß zu klagen Karneval feiern zu müssen, ist schon ein besonderer Akt der Grausamkeit, der anderen Völkern erspart bleibt. Die können wenigstens noch solidarisch Mautstellen anstecken wie in Griechenland (siehe Freiheitsliebe) und erfahren so die heilsame Wirkung von Solidarität und Gemeinschaft, während man in Deutschland dank einer Presse, die vollständig unter der Knute einer Lumpenelite steht und beständig von Arbeitslosigkeit bedroht wird auch noch zum Opfer von Spott und Häme aus den „besseren Kreisen“ wird – oder zum Opfer jener, die meinen, sie würden zu den „besseren Kreisen“ gehören, wenn sie auch Spott und Häme austeilten.
Ja – der Deutsche ist nicht nur arm – er wird auch noch grausam gefoltert … jedenfalls psychisch. Nehmen wir zum Beispiel jene Nachricht bei Yahoo, nach der „das Interesse der jungen Leute an Neuwagen abgenommen hat“. Wäre Deutschland Griechenland, so würden wir andere Formulierungen hören, siehe Süddeutsche:
Keine Perspektive, kein Geld, keine Liebe? Die Finanzkrise trifft junge Griechen in allen Lebenslagen, auch im Privatleben. Die Zahl der Hochzeiten sinkt und viele Paare wissen gar nicht, wie sie zwischen Zweitjob und Existenzangst noch eine Familie gründen sollen.
Keine Perspektive, kein Geld … also auch kein Auto. Jedenfalls kein Neuwagen. Das ist jedem plausibel, der nicht extra noch nach dem Studium bei einer Privatschule „richtigen“ Journalismus gelernt hat. Dort lernt man dann, „kein Geld“ mit „keine Lust“ zu umschreiben.
Dabei ist die Armut keinesfalls versteckt – sie wird sogar noch größer werden. Während die Politik und die Wirtschaft alle Türen weit geöffnet haben, um die Niedriglöhner aus ganz Osteuropa freudig zu empfangen, verliert der Wirtschaftsraum Deutschland enorm an Substanz, siehe Spiegel:
„Deutschland verliert viele der besten Wissenschaftler durch Abwanderung. Zwar gibt es Rückkehrer, jedoch können nicht Wissenschaftler gleicher Qualität zurückgewonnen werden“, schreiben die sechs von der Bundesregierung als Berater bestellten Wirtschaftsprofessoren. „Insbesondere für die Besten scheint das deutsche Forschungssystem derzeit nicht attraktiv genug zu sein“, kritisieren die EFI-Experten.
Befristete Verträge, schmale Gehälter und ein Mangel an Alternativen – damit haben viele Jungforscher zu kämpfen.
Die Politik scheint entschieden zu haben, dass Deutschlands Wirtschaft 2030 einen Schwerpunkt in Billigstarbeit zu haben hat: wir nähen für Thailand die Hemden, während sich unsere Lumpenelite Irlands Schlösser und Herrenhäuser kauft (siehe Manager Magazin), um sich nach getaner Tat fernab des Ortes des Verbrechens gepflegt zur Ruhe setzen zu können. Das wird auch nötig sein – denn eine Zukunft als erstklassige Industrienation haben wir dank Akademikerflucht nicht mehr zu erwarten.
Eine Studie zeigt nun, das wir in punkto Armut inzwischen einen ganz besonderen Rang in Europa erreicht haben, siehe Spiegel:
Manche haben Millionen, andere nur Schulden: Laut einer DIW-Studie sind die Vermögen in keinem Euro-Land so ungleich verteilt wie in Deutschland. Der durchschnittliche Besitz von Arbeitslosen hat sich seit 2002 fast halbiert.
Besonders wichtig für Journalisten – die Positionierung der Arbeitslosen:
Schlechter geht es dagegen den Arbeitslosen: Ihr Nettovermögen ist seit 2002 von 30.000 auf 18.000 Euro gesunken. „Das ist die einzige soziale Gruppe, die in den letzten zehn Jahren signifikant Vermögen eingebüßt hat“, sagt DIW-Forscher Markus Grabka, einer der Autoren der Studie.
12000 Euro Vermögensverlust durch Arbeitslosigkeit – was macht das eigentlich aus bei … ja, wie viele Arbeitslose haben wir eigentlich? Wer ist alles in den letzten zwölf Jahren arbeitslos geworden? Nehmen wir einfach mal die Zahl der offiziell anerkannten Arbeitslosen: das wären allein schon 36 Milliarden Euro, die man dort zum Kauf irischer Herrenhäuser abgreifen konnte. In zwölf Jahren sind die Zahlen aber kumulativ zu sehen: die meisten Arbeitslosen bleiben ja nicht ewig arbeitlos. Da kommt locker ein dreistelliger Milliardenbetrag für jene heraus, die sowieso schon durch Leih – und Billigarbeit profiziert haben. Vielleicht muss man die Zahl ja auch gleich mit 12 multiplizieren, um die konkrete Summe der Beute beziffern zu können?
Das Geld wird dann investiert in Diäten und sich endlos verteuernde Bauprojekte der öffentlichen Hand (an denen wer noch mal gut verdient?) und so von unten nach oben umverteilt, während man sich unten neben der Armut auch noch schuldig fühlen soll und öffentlich als Täter dargestellt wird: was muss das für ein Gelächter geben in den Führungsetagen der Wirtschaft.
Das unterscheidet die armen Deutschen von den armen Griechen: während der Grieche sich zurecht als Opfer fühlen darf, wurde der Deutsche von der Politik zum Täter erklärt, seine Armut ist selbstverschuldet und mit völliger Absicht durch ihn selbst angestrebt worden, weshalb er zum Volksfeind im eigenen Land wird – auch wenn sogar Frau Lagarde vom IWF öffentlich zugibt, dass es seit fünf Jahren eine gewaltige Schieflage bei der Ausgabe der Tauschmittel gibt, siehe Spiegel:
Lagarde beklagte auch, dass zu wenige neue Arbeitsplätze geschaffen würden und dass Einkommensanstiege seit 2009 meist nur auf das Konto der Wohlhabenden gegangen seien.
So werden im beklauten Segment der Bevölkerung selbstverständlichste Lebensnotwendigkeiten langsam unerschwinglich, siehe Spiegel:
Strom, Heizung und Warmwasser sind für immer mehr Bundesbürger kaum noch bezahlbar. 6,9 Millionen Haushalte müssen nach Informationen von SPIEGEL ONLINE mehr als jeden zehnten Euro für Energie ausgeben – 2008 waren es erst 5,5 Millionen Haushalte.
Es ist klar, wo die Reise endet, oder? Die Slums von Thailand – in Bielefeld, Wuppertal und Augsburg, aber eine kleine Elite ist so übersättigt, dass sie Immobilien in Irland sammelt: nur Schlösser, versteht sich. Oder man fördert den Bau von immer dekandenter werdenden Luxusyachten, siehe ManagerMagazin:
Bei den aktuellen Entwürfe der großen Yachtbauer fällt vor allem eines auf: Die Aufwertung des Außenraums. Ohne mindestens einen Beachclub, also eine meist mit großzügiger Terrasse ausgestattete Badeanlage am Heck, geht gar nichts; oft lassen sich an den Kabinen noch Balkone ausklappen, fließende Übergänge zwischen Decks und Innenräumen sind Standard – man sitzt im Freien, kann aber bei Bedarf von der Crew vor Wind und Wetter schützende Glaswände ausklappen lassen.
Mindestens ein Helikopterlandeplatz, Unterwasserfenster, üppige Spa-Bereiche und jede Menge Spielzeug wie Jetskis und Tauchboote gehören ebenfalls fast schon zum Standard. Weit verbreitet ist es, der eigentlichen Yacht ein sogenanntes Shadowboat an die Seite zu stellen – ein nicht ganz so opulent gestaltetes Zweitboot, auf dem ein Teil der Crew wohnen kann, damit es an Bord der Eigneryacht nicht so eng wird.
Die Welt der Armen sieht hingegen anders aus: die Sparprogramme der Regierungen treffen keine Yachtbesitzer, siehe Spiegel:
Wegen rigider Sparpolitik haben viele Bürger in EU-Krisenländern keinen Zugang zu medizinischer Versorgung mehr. Einer Studie der Fachzeitschrift „Lancet“ zufolge breiten sich Infektionskrankheiten in bislang unbekanntem Ausmaß aus, die Zahl der Selbsttötungen steigt rapide.
Im Zeitalter der Globalisierung weiß man auch, wo das Geld bleibt (siehe Spiegel)
Aktuelle Zahlen der US-Banken zeigen, wie gut ihre Geschäfte laufen. Amerikas Geldhäuser haben im vergangenen Jahr rund 154,7 Milliarden Dollar verdient, teilte die US-Einlagensicherung FDIC (Federal Deposit Insurance Corporation) mit.
Viel davon kommt direkt aus den Taschen der deutschen Arbeitslosen – und den Taschen der deutschen Steuerzahler, denn die Regierung braucht zur Finanzierung ihrer Luxusdiäten beständig neue Kredite – 2013 schreibt Deutschland trotz öffentlicher Jubelmeldungen über sprudelnde Steuereinahmen und eine brummende Wirtschaft wieder rote Zahlen (ebenfalls: Spiegel):
Ein Grund für das Minus in den Staatskassen ist auch das schwächste Wirtschaftswachstum seit dem Rezessionsjahr 2009. Den amtlichen Statistikern zufolge legte das BIP in Deutschland im vergangenen Jahr nur um 0,4 Prozent zu. 2012 hatte es noch zu einem Plus von 0,7 Prozent gereicht, 2011 waren es sogar 3,3 Prozent.
Begleitet wird diese Schrumpfung der Wirtschaftskraft von einem Chor von Journalisten, die voller enthusiastischer Begeisterung täglich über die Erfolge des Systems Deutschland schreiben – ständig auf der Flucht vor der eigenen Arbeitslosigkeit.
Sie teilen da die Erfahrungen mit deutschen Autohändlern. Obwohl die Automobilwirtschaft eine zentrale Säule unserer Wirtschaft darstellt, kann man mit Autos in Deutschland nur noch selten Geld verdienen, siehe Manager-Magazin:
In Deutschland hat laut McKinsey 2013 mehr als jeder vierte Händler (27 Prozent) einen Verlust eingefahren. 2012 waren es noch 9 Prozent. Eine Konsolidierung der Branche ist nach Einschätzung von Experten daher unausweichlich.
Dafür kann man mit Leibesübungen schnell Multimillionär werden (siehe Wofam): Rennfahrer, Fußballspieler und Models liegen bei 9 – 25 Millionen Euro jährlich – bezahlt von Konzernen, die ihre Zuwendungen von der Steuer absetzen können, ebenso können sich Günther Jauch, Harald Schmidt oder Johannes B. Kerner zu den Gewinnern zählen: öffentliche Gebühren und Zahlungen der Konzerne machen es möglich.
Investitionen in Sport und Unterhaltung sind natürlich auch viel wichtiger als Investitionen in Wissenschaft, Gesundheit und allgemeiner Lebensfreude: wir wollen mit Spaß und guter Unterhaltung in die Hölle fahren. Oder werden diese Gestalten extra dafür bezahlt, uns abzulenken, bevor das Aufblühen von Pest und Cholera in Duisburg, Oldenburg und Berlin unübersehbar wird … neben der zu erwartenden Suizidwelle des deutschen Mittelstandes?
Was dort exerziert wird, ist grausam. Mache Gangsterrap, spiele Fußball, fahre Auto, gehe über den Laufsteg oder gewinne eine Million bei Jauch und du bist der Held. Ist doch ganz einfach.
Werde Akademiker, Journalist oder Autohändler … und du gehst vor die Hunde. Arbeit muss sich wieder lohnen … tut sie aber nicht, weil das Geld woanders verfeuert wird: zum Wohle der US-Banken, die in Europa groß abräumen.
Darum: mein Beileid, Deutsche. Nicht nur arm – sondern auch verarscht nach Strich und Faden … mit voller Absicht. Darf ich zu dieser Theorie noch einmal die jetzige Arbeitsministerin Frau Nahles zitieren (siehe Welt vom 23.6.2013):
„Wer SPD wählt, entscheidet sich gegen Frau Merkel und nicht für sie. Alles andere ist eine bösartige Unterstellung. Die SPD will Merkels Kanzlerschaft in drei Monaten beenden. Wir wollen den ganzen Regierungswechsel.“
Seit dem 15. Dezember ist Frau Nahles Mitglied im Kabinett Merkel, zehn Jahre lang war ihr Lebensgefährte der VW-Arbeitsdirektor und Audi-Vorstand Horst Neumann (siehe Wikipedia).
Will man da wirklich noch an Zufall glauben, wenn man auf ihrer Seite ein CDU-Spendenformular findet (siehe Focus):
Wer sich bis Mittwoch Abend auf der Seite www.andrea-nahles.de unter dem Punkt „Wahlkreis“ – „Spenden für den Wechsel“ über die steuerliche Absetzbarkeit von Parteispenden informieren wollte, bekam ein CDU-Formular zum Download angeboten.
Wie ich schon sagte: mein Beileid. Es macht wirklich keinen großen Spaß, in diesen Zeiten Deutscher zu sein – Deutsche ohner Million, versteht sich.
Samstag, 8.2.1014. Eifel. Es ist ein seltsamer Tag. Der Kopf ist noch voller Gedanken – und dabei habe ich eine Kleinigkeit vollkommen übersehen, beiseite gelegt und weitergeleitet. Erst Tage später fiel mir ein: oh – das wäre aber wichtig für viele – jedenfalls viele „politische Blogger“. Die Berufsbezeichnung „Blogger“ – das sei vorhergeschickt – mag ich allerdings inzwischen überhaupt nicht mehr. Nicht nur, weil es ein abwertender politischer Kampfbegriff der Bezahlmedien geworden ist, sondern weil er schlichtweg „dumm“ ist.
Ein Beispiel?
Gut. Nehmen wir mal an, ich würde Ihnen von den Holzern erzählen, Beispiel dafür nennen, wie unseriös Holzer arbeiten, das Holzer sozial anders sind als andere und sich hauptsächlich mit holzen beschäftigen – Sie würden nicht wissen, wovon ich rede, mir aber nach einer Weile folgen, ganz allein deshalb, weil die Holzer Kinderpornographie bringen, nationalsozialistische Gedankengut verbreiten und Falschmeldungen am laufenden Band produzieren … um Aufmerksamkeit zu bekommen, weil sie für entsprechene Darstellungen direkt bezahlt werden oder weil ihre heimliche Zustimmung zum allumfassenden Wahn der Gegenwart Bedingung für den Fortbestand des Arbeitsvertrages ist.
Dabei sind „Holzer“ nur Menschen, die ihre Meinung auf Papier (also: Holz) schreiben. Sie sind so vielfältig wie die Menschheit selbst, haben nur die Neigung, den Hang, die Sucht oder das Talent Worte so sinnvoll aneinander zu reihen, dass es dem Geist eine Freude ist, sie zu lesen. Das „Holzer“ in irgend einer Form anders als „Blogger“ sind, ist vollkommener Mumpitz – das Medium, auf dem veröffentlicht wird, ist anders – und der Blogger ist im Prinzip unabhängiger von Geldgebern, deren Meinung er vervielfältigen muss … das ist alles.
Natürlich braucht unsere Umwelt einen Sprachcode, damit man einen Menschen einsortieren kann. Dieser Anforderung musste ich mich auch persönlich stellen, als ich ohne großes Ziel oder Motivation anfing, Worte ins Netz zu stellen – dabei habe ich den Fehler gemacht, mich einfach als „Blogger“ bezeichnen zu lassen, weil mir die Bezeichnung eigentlich völlig egal ist: die Botschaft ist es, um die es geht, die Perspektive, die im öffentlichen Dialog der Meinungsbildner nicht mehr abgebildet wird … wie man denjenigen nennt, der die Worte macht, ist dabei höchst unbedeutend, ebenso wie seine Person, sein Lebenslauf oder seine familiären Verhältnisse.
Nun – ich kann es mir leicht machen: ich habe da noch einen Philosophen in der Kiste für Berufsausbildungen – und der hängt demnächst auch offen an der Eingangstür – zwar nur ein Eifelphilosoph, aber die Eifel hat halt auch ein Recht auf Weisheitsliebe.
Was aber mit denen, die sich nicht auf ihren akademischen Loorbeeren ausruhen können, die nicht Artikel für Printmedien schreiben können, jene, die glauben, sie müßten die ganze Familie einspannen, um gelesen zu werden?
Die sehen die Welt eher so wie die Initiatoren des Webprojektes „Ausguck“ … das mir auf den ersten Blick schon mal gut gefällt:
Ein Blog definiert sich dadurch, dass er allermeistens nicht gelesen wird. Wenn man sich nicht als Person an exponierter Stelle befindet, die irgendwelche Mitmenschen dazu bewegt, der eigenen Schreibe Aufmerksamkeit widmen meinen zu müssen, bleibt ein Blogger fast immer zuverlässig mit sich allein. Versuche, der Insel zu entkommen und ein Blog bekannter zu machen, sind zum Beispiel das Einbinden “unentbehrlicher” bzw. brisanter Information oder die Wahl eines ungewöhnlichen Tonfalls bei der Ansprache des Lesers. Möglich ist auch, per Bilderflut ein Blog zu erstellen, das eigentlich eher geschaut als gelesen wird.
Das kann sehr hübsch gemacht sein und hat so was Offenes und Entspanntes- und interessiert bis auf genötigte Familienmitglieder wieder keine Sau.
Warum also bloggen? Warum in relativ hochtechnisierter Form etwas herstellen, das mutmaßlich zuverlässiger unter Dach und Fach bleiben wird als seinerzeit ein Tagebuch mit Messingschlösschen, das die Geschwister einem klauten… um vom nächsten Klettergerät herab Liebesgeschichten in die Gegend zu grölen?
Weil jeder Mensch tatsächlich etwas zu denken und zu sagen hat und damit verstanden werden möchte. Deshalb murkeln wir uns durch unsere Selbstansprüche und Ängste und durch unser Lampenfieber in Anbetracht der Möglichkeit, gegen jede Wahrscheinlichkeit doch mal gelesen und vom Leser zur Verantwortung gezogen zu werden. Wir wünschen Mehrwert und riskieren Langeweile. Wir exponieren uns emotional und riskieren Spott. Wir engagieren uns und riskieren Desinteresse an Dingen, an denen uns viel liegt.
Das alles ist wundervoll herausfordernd. Lasst uns loslegen.
Hätte ich Zeit, würde ich glatt mitmachen – aber Zeit habe ich gerade nicht.
Natürlich verstehe ich die Ablehnung des offiziellen Journalismus gegen die unliebsame Konkurrenz aus dem Nichts, die sorgsam gewachsene Pfründe in Gefahr bringt und die Fleischtöpfe der schreibenden Zunft belagert: wie soll man denn seine Pferdezucht weiter bezahlen, wenn nicht als Chefredakteur des „Spiegel“? Und während die „Blogger“ („Online-Journalisten“ war hier mein erster Versuch, den politischen Kampfbegriff durch eine seriöse und neutrale Beschreibung der reinen Tätigkeit zu ersetzen) sich noch Gedanken darüber machen, wie sie ihre Oma dazu kriegen, die eigenen Worte in der Elektrozeitung zu lesen, sehen Journalisten schon, dass die gesamte Jugend sich von ihnen verabschiedet und im Internet die Zukunft sieht.
Ja – sie sehen die Warnsignale der Statistik: die Zeit, die der Deutsche vor dem Fernseher hängt, nimmt ab (siehe: Statista): letztes Jahr waren es nur noch (unglaubliche!!) 221 Minuten JEDEN TAG. Das sind zwei Spielfilme und eine Folge einer Serie … AM TAG. Alles gefüllt von bezahlten Journalisten, die die Meinung ihrer Auftraggeber in Politik und Wirtschaft verbreiten. Verantwortlich für den Rückgang ist die Jugend: zwischen 14 und 29 Jahren nimmt die Sehdauer signifikant ab: man informiert sich lieber durch das Internet.
Das ist die Zukunft: die Menschen machen ihre Nachrichten selber. Vorbei die Zeiten, wo Wirtschaft, Kirche und Politik über „Journalistenschulen“ den journalistischen Nachwuchs jahrelang unter Laborbedingungen beobachten (mehr dazu auf Neopresse: Journalismus als professionelle Auftragslüge), um für sich die passendsten Charaktere und Weltanschauungen herauszufiltern, die dem Volk dann eine allen Mächtigen genehme Meinung präsentieren, der unbedingt zu folgen ist: beim Essen, Trinken, Reisen, beim Hausbau und der Wohnungseinrichtung, beim Sport, der Gesundheitspflege, beim Geschlechtsverkehr sowie bei der Geldanlage.
Nebenbei bemerkt: wie viele „Führer für jeden Lebensbereich“ hier inzwischen bewusst und gezielt installiert worden sind, fällt niemandem auf – ruft man aber auf, ein paar (oder wenigstens EINEN) Rebellenführer zu installieren, ist der Aufschrei aus dem Volke groß: „nie wieder ein Führer in Deutschland“ – aber die allen Journalisten und Politikern bekannte „Schweigespirale“ wird intensiv gelebt … und führt dazu, dass das Lügenbild vom Arbeitslosen als „faulem Sozialschmarotzer“- obwohl in einem 80 Millionen-Volk inzwischen 42 Millionen Menschen beim Jobcenter registriert sind – weiter fleißig die öffentlichen Meinung penetriert, während gleichzeitig immer verstärkter die große Kriegstrommel gerührt wird.
Man sieht: den „Ver-Führern“ folgt man immer noch gerne, täglich 221 Minuten lang.
Dieses Umfeld muss man berücksichtigen, wenn man folgende Nachricht liest, die mich letzte Woche erreicht hat:
Sehr geehrte Damen und Herren, > > liebe Kolleginnen und Kollegen, > > > > wir möchten Sie gerne zu einem Hintergrundgespräch zum > NSA-Untersuchungsausschuss und zur Frage der Minderheitenrechte im > Deutschen Bundestag mit Britta Haßelmann, Erste Parlamentarische > Geschäftsführerin, und Hans-Christian Ströbele MdB einladen. >
Eingeladen war ich als „Eifelphilosoph“ im Rahmen einer allgemeinden Einladung an die gesamte Presse. Hätte ich mich angemeldet, hätte ich über das Gespräch berichten können.
Leider … zahlen meine Leser nicht für die Artikel im Nachrichtenspiegel.
Leider … musste ich an dem Tag auch arbeiten.
Leider … macht mein Rücken eine Spontanreise nach Berlin nicht mehr so leicht mit – und in meinem persönlichen Budget sind die Reisespesen auch nicht so leicht abbildbar. Kostet nämlich nicht wenig, dieses „reisen“.
Deshalb konnte ich nicht an dem Event teilnehmen, konnte nicht die Kreise der akreditierten Journalisten verunsichern und auf politischem Parkett eine ansonsten ungewohnte Meinung vertreten, unliebsame Wahrheiten verbreiten oder Fragen stellen, die man schon immer gerne beantwortet haben wollte.
Es geht aber nicht um mich – sondern um die Akzeptanz der vielgescholtenen „Bloggerei“ … und das fiel mir halt erst Tage später auf.
Ich weiß nicht, wie oft es geschieht, dass der „politische Blogger“ gleichrangig mit der nationalen Presse behandelt wird, ich weiß aber, dass über die Qualität unserer Arbeit, über unsere gesellschaftliche Akzeptanz nur eine Instanz entscheidet: der Leser. Hat er einen Gewinn durch die Lektüre, war der Job gut.
Und auch wenn die bezahlten Journalisten nun um ihre Pferdezucht bangen – oder um die vielfältigen Vergünstigungen, die der „Presserabbat“ ihnen gewährte (allein 1154 Angebote, sich den Journalismus gefügig zu kaufen, gibt es bei Pressekonditionen, laut Ver.di hat VW sogar eine eigene „Vertriebstabteilung für Medienprofis“), dreht sich der Wind gerade … der unbestechliche, unabhängige Schreiber gewinnt an Einfluss, auch wenn er selber glaubt, nur für die Oma zu schreiben.
Und – nüchtern betrachtet – gibt es keinerlei Grund, Holzmedien als „gut“ und Elektromedien als „schlecht“ darzustellen … es sei denn, man fürchtet um seine Presserabatte.
Insofern – sollte ich diese Einladung nicht für mich behalten (halte aber den Termin – wie versprochen – geheim). Es wäre schön, wenn der Nachrichtenspiegel sich konstruktiv weiterentwickelt hätte und wir – wie angedacht – nun einen Bloggerkollegen in Berlin sitzen hätten, der für uns als „Bloggergemeinschaft“ (oder als Kollektiv der „Online-Journalisten“) an dem Event hätte teilnehmen können um „Flagge zu zeigen“ … doch die Zeit ist wohl noch nicht reif für solche Entwicklungen, die Notwendigkeit der Selbstorganisation des „Graswurzeljounalismus“ noch nicht flächendeckend angekommen.
Dabei bräuchte das Volk, der Staat und die Bürger gerade eine unabhängige Alternative zu den wohlgefütterten Fleischtopfschreibern, die – aktuellen Umfragen gemäß – ihre Wandlung zum Pressesprecher der Reichen, Mächtigen und Schönen vollenden – siehe Wikipedia:
Das Rollenselbstbild, wie die Akteure im Journalismus ihre Aufgabe in der Gesellschaft sehen, hat sich gemäß zweier repräsentativer Journalistenbefragungen von 1993 und 2005 in Deutschland ebenfalls gewandelt: Die Ambitionen von Kritik und Kontrolle haben abgenommen, es dominieren die reinen Informationsjournalisten und News-Manager.
Der Anteil der Journalisten, die „Kritik an Missständen üben“ als Ziel angeben, ist von 63 Prozent auf 57 Prozent gesunken. Der Anteil der Journalisten, die „sich einsetzen für die Benachteiligten in der Bevölkerung“ ist von 43 auf 29 Prozent gesunken und der Anteil jener, „die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kontrollieren“ von 37 auf 24 Prozent.
Umgekehrt stieg der Anteil der Journalisten, die „möglichst neutral und präzise informieren“ wollen von 74 auf 89 Prozent. Der Anteil der Journalisten, der „komplexe Sachverhalte erklären und vermitteln“ wollen, stieg von 74 auf 80 Prozent und jener, welche „die Realität genau so abbilden wollen, wie sie ist“, von 66 auf 74 Prozent.
Die Realität so abbilden, wie sie ist, ist unmöglich. Das lernt man in der Philosophie. Aber sie so abzubilden, wie die Sponsoren sie gerne hätten: das geht, wenn man auf die Kontrollfunktion verzichtet und die Opfer der Mächtigen sich selbst überlässt.
Wer das versteht – bekommt Rabatte.
Was aber die Politik versteht, ist: die Rabattsauger und Worthuren verlieren beständig mehr an Glaubwürdigkeit. Darum lädt man jetzt auch die ein, die unabhängig vom Geld Meinungen publizieren … und so Meinungen bilden. Eine wichtige – und tröstliche – Information für all´ jene, die meinen: „das bringt ja sowieso nichts“.
Es bringt viel mehr als ihr glaubt … wenn ihr nicht aufgebt – und einen Heidenspaß daran habt, den David in einer Welt von Goliaths zu geben.
Und außerdem: die vierte Macht steht gerade günstig zum Verkauf. „Journalisten“ wollen sie nicht mehr ausüben … da braucht es freiwillige Helfer aus der Bevölkerung, die hier einspringen. Kostet inzwischen – dank Elektromedien – auch nicht mehr soviel, dass man unbedingt einen Sponsor braucht, der Totholz bezahlt.
Bäume mögen das.
Donnerstag, 21.3.2013. Eifel. Gestern – zum Frühlingsanfang – kam nicht nur der Winter zurück, ich hatte auch noch ein Erlebnis der besonderen Art: eine kräftige Portion Wirklichkeitsdissonanz. Das erste Mal, das ich so etwas erlebt hatte, ist schon Jahre her. Jahrzehnte. Ich sah einen Bericht über Stephen King, einen Autor, den ich vor allem wegen seiner Beschreibungen der Gefühlswelt des Mittelstandes schätze – seine metaphysischen Experimente (die heutzutage nur noch als „Horrorliteratur“ erlaubt sind) sind eher trivial und kaum als durchschnittlich zu bezeichnen. In diesem Bericht erzählte er viel über sein Alkoholproblem, seinen fast tödlichen Autounfall … und über den Tod seiner Frau Tabitha. Letzteres hatte mich – damals wähnte ich mich noch glücklich verheiratet – besonders mitgenommen. Sie können heute nachschauen – überall: Tabitha ist nicht tot, war es auch nie. Ich habe den Film nicht allein gesehen – trotzdem habe ich den Vorfall als kognitive Fehlreaktion verbucht. Erst später erfuhr ich von Theorien aus der wunderbaren Welt der Quanten, das wir mit jeder Entscheidung eine eigene Welt kreieren, einen Ableger sozusagen – und das man manchmal möglicherweise von einer dieser Billiarden Welten in eine andere rutscht. Versehentlich. Ich habe mir vorgenommen, mich einmal mehr damit zu beschäftigen, doch die zunehmende Degeneration der Zivilgesellschaft hält mich seit langer Zeit so sehr auf Trab, das für die Metyphysik kaum Platz bleibt. Gestern jedoch habe ich mich an dieses Erlebnis erinnert: wieder einmal fühlte ich mich wie in eine ganz andere Welt versetzt, die meiner bis aufs Detail gleicht … mit einer kleinen Ausnahme. Diesmal ging es jedoch um etwas Banales: Zypern.
Meine Mutter ist schon 78 Jahre alt, geistig aber hellwach. Sie ist politisch sehr interessiert, läßt keine Nachrichtensendung aus. Wir telefonieren jede Woche stundenlang miteinander (weil wir real etwas zu weit voneinander weg wohnen), und regelmäßig ist dann auch Politik Thema. Beim vorletzten Telefonat war sie ganz verblüfft: davon, das die Entscheidung aus Brüssel auch den normalen Kleinsparer betraf und nicht nur den russischen Mafiosi, wusste sie nichts. Offensichtlich hatten jene Medien, die ich nicht mehr konsumiere, die Meldungen etwas umgedreht. Ich habe nochmal nachgeschaut: der Spiegel meldete folgendes:
„Wir fanden es gerechtfertigt, um die Lasten zu teilen“, sagt der Eurogruppen-Chef. EU-Kommissar Rehn betonte: „Diese Gebühr gilt für ansässige wie auch für ausländische Kontoinhaber.“ Nun sollen Sparer mit Einlagen von mehr als 100.000 Euro eine einmalige Abgabe von 9,9 Prozent zahlen. Unterhalb dieser Schwelle fallen 6,75 Prozent an. Insgesamt soll allein diese Abgabe nach Dijsselbloems Worten 5,8 Milliarden Euro einbringen. Die Forderung nach einer Abgabe auf große Sparguthaben kam vor allem aus Deutschland.
Das sind doch deutliche Aussagen gewesen. Der Impuls dazu kommt eindeutig aus Brüssel, eindeutig sind auch die Kleinsparer betroffen.
Nun ja, dachte ich: meine Mutter ist 78. Vielleicht versteht sie nicht immer alles so, wie es erzählt wird. Andererseits … handelt es sich mal wieder um einen ganz großen Tabubruch, einen Präzedenzfall der besonderen Art – wie der Jugoslawienkrieg. Dort haben wir auch einen Tabubruch begangen und warfen Bomben auf Zivilisten – aufgrund von Regierungslügen im großen Stil (siehe die TV-Reportage „Es begann mit einer Lüge“).
Vielleicht wurde das in den Nachrichten ja nur etwas anders dargestellt? Mit Fokus auf die russischen Milliardäre? Wieso die allerdings als Nicht-EU-Bürger auf einmal für die EU haften sollen, bleibt auch ein Rätsel.
Gestern kam es dann, dieses Erlebnis der besonderen Art: meine Mutter erläuterte mir detalliert, das es ja gar nicht die EU war, die den Kleinsparern in die Tasche greifen wollte – das waren die Zyprioten selbst …. also genau jene, die diese Auflagen der Troika abgelehnt hatte, weshalb der Staat jetzt in großer Bedrängnis ist.
Ich war geneigt, wieder meinen Sinnen die Schuld zu gegen – oder davon auszugehen, das sich bei meiner Mutter langsam das Alter breit macht.
Aber dann las ich den Schäuble im Handelsblatt:
Die Bundesregierung hätte nach Worten von Finanzminister Wolfgang Schäuble bei dem Rettungspaket nicht auf die Ersparnisse von Kleinsparern zurückgegriffen. Die Bundesregierung hätte die Einlagensicherung respektiert erklärte Schäuble in einem „Tagesthemen“-Interview. „Das war die zyprische Regierung, auch die Europäische Kommission und die EZB, die haben sich für diese Lösung entschieden und das müssen sie nun dem zyprischen Volk auch erklären“, sagte Schäuble.
Klarer Fall, oder? Die guten Deutschen gegen den bösen Rest der Welt. Die schlimme EU war es. Hat der Spiegel jetzt etwa gelogen – das große Zentralorgan des politischen Deutschlands? Immerhin, dort hatten wir doch gelesen:
„Die Forderung nach einer Abgabe auf große Sparguthaben kam vor allem aus Deutschland.“
Der Schäuble wird aber noch besser – nachdem er umfangreich erklärt, warum jetzt die Zyprer und die EU den Schlamassel angerichtet haben, erklärt er uns, warum dieser Schlamassel alternativlos ist … und hier kommen wir zu einem der gefährlichsten und wahrsten Sätze der EU-Politik der letzten zwanzig Jahre:
Auf die Frage, ob nicht auch ein Freibetrag möglich gewesen wäre, um die Zwangsabgabe sozialer zu gestalten, antwortete Schäuble, dass eine bestimmte Summe an Finanzmitteln zusammenkommen musste. „Wenn man auf der einen Seite nicht zu hoch gehen wollte in der Belastung der großen Investoren, dann kommt man auf die Summe nur, wenn man sie breit anlegt.“ Schäuble warnte das zyprische Parlament vor einer Ablehnung des Rettungspaketes. Im Falle eines „Nein“ seien die zyprischen Banken nicht mehr zahlungsfähig. „Und dann kommt Zypern in eine sehr schwierige Lage.“
Äähh … nochmal jetzt.
„Das war die zyprische Regierung, auch die Europäische Kommission und die EZB, die haben sich für diese Lösung entschieden und das müssen sie nun dem zyprischen Volk auch erklären“
Aber:
Schäuble warnte das zyprische Parlament vor einer Ablehnung des Rettungspaketes.
Ja, was denn nun? Hat jetzt das zypriotische Parlament den Angriff auf den Kleinsparer beschlossen – oder war das die EU samt Schäuble, weil die „Summe nur zusammenkommt, wenn man sie breit anlegt?“
Ökonom Polleit nannte es bedenklich, dass die Zypern-Entscheidungen ganz offensichtlich nicht der nationale Souverän getroffen habe, sondern ein „internationaler Regierungsverbund“, der nicht die Interessen der national Betroffenen im Auge habe. „Das kann dauerhaft kein gangbarer Weg zur Krisenbewältigung sein.“
Ökonom Polleit lebt – zu meiner Erleichterung – also in meiner Welt, während der Schäuble aufgrund einer Quantenverschiebung in einer Parallelwelt herumrotiert.
Es war also eher nicht das zypriotische Parlament – sondern ein „internationaler Regierungsverbund“ – mit Deutschland mittendrin. Ein Tabubruch sondergleichen, das sich ausländische Regierungen bei den Sparern eines anderen Landes bedienen – mit drastischen Folgen in deren Alltag, siehe Handelsblatt:
Die Details über die Zwangsabgabe für zyprische Sparer sind noch nicht beschlossen, aber fest steht: Im Zuge des Rettungspakets werden Bankkunden mit Guthaben bei zyprischen Banken zur Kasse gebeten. Geldautomaten sind bereits gesperrt, Transaktionen etwa per Online-Banking unterbunden, um einen Bankensturm zu verhindern. Das Parlament soll heute abstimmen, wie viel des Guthabens zur Finanzierung des Rettungspakets zurückgehalten wird.
Natürlich sind die Banken jetzt besonders nervös. Wenn alle Sparer jetzt ihr Geld abheben wollen, wird sich zeigen, dass es schon gar nicht mehr da ist, das wäre fatal.
Natürlich müssen die Sparer jetzt beruhigt werden:
Viele Handelsblatt-Online-Leser kommentieren etwa auf der Facebook-Seite den Entschluss mit großer Sorge, da er Symbolcharakter habe und die Möglichkeiten zeige, die ein Staat beim Zugriff auf private Vermögen habe. Die deutsche Finanzbranche beruhigt jedoch. „Deutsche Sparer müssen sich keine Sorgen machen“, sagte Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), dem Handelsblatt. Nach Einschätzung des DSGV habe die Lage in Zypern nichts mit der Lage in Deutschland zu tun. „Die Situation zeigt, dass es sehr gut ist, keine einheitliche europäische Einlagensicherung zu haben“, so Fahrenschon.
„Die Situation zeigt, das es sehr gut ist, kein einheitliche europäische Einlagensicherung zu haben“ – ja, WO LEBEN WIR DENN? Wo bleibt denn der natürliche Respekt vor der natürlichen Person des europäischen Mitbürgers!!! Freuen wir uns jetzt, das wir es versäumt haben, auch Sparer in Zypern vor den Angriffen der EU zu schützen?
Welche Charaktere kommen eigentlich auf die Idee, einfach mal so dem Bäcker, Metzger, Klempner oder Busfahrer von nebenan Geld zu klauen?
Kriminelle, sonst niemand.
NUR KRIMINELLE.
Nochmal eine Stimme aus Zypern, um ganz sicher zu sein? Gut, hier, frisch aus dem Handelsblatt:
Die Vermögensabgabe auf zyprische Sparkonten war in allen Parteien in Zypern auf Widerstand gestoßen. Sogar einige Abgeordnete aus der Regierungskoalition wollten dagegen stimmen, hieß es in Brüssel.
Die wollen diesen Tabubruch nicht. Entweder phantasiert die Schäuble jetzt schon in aller Öffentlichkeit, oder aber Deutschland ist als größter Zahler in der EU erschreckend machtlos gegen die Strukturen, die sich dort gebildet haben.
Welche Strukturen?
Nun – die sind jetzt beschrieben worden – und haben einen entsprechenden Eindruck beim Volk hinterlassen, siehe sciencefiles.org
So langsam gehen mir die Superlative aus, wenn ich versuche zu beschreiben, was für ein institutionelles und undemokratisches Ungetüm sich in Brüssel entwickelt hat. Und das Ausmaß der Manipulationsversuche, mit denen die EU-Kommission versucht, populär und in ihrer politischen Arbeit als legitim zu erscheinen, hätte vermutlich selbst einen Joseph Goebbels vor Neid erblassen lassen.
Was ist der Hintergrund zu diesem offensichtlichem Entsetzen? Ganz merkwürdige Praktiken:
Eine demokratisch nicht legitimierte Institution, die EU-Kommission, benutzt Steuermittel, die von Europäern gemeinsam aufgebracht werden dazu, um demokratisch nicht legitimierte Organisationen zu finanzieren, die ihrerseits für die Politik der EU-Kommission werben und eine Erhöhung des Budgets der EU fordern.
Das deutet auf ein ethisches Niveau hin, das wir hier in der Eifel „kriminell“ nennen würden – ein Niveau, das auch kein Problem damit hat, dem Bäcker von nebenan Geld zu stehlen, damit genug zusammenkommt. Darf ich nochmal an Dr. Wolfgang Schäuble erinnern … und den wichtigsten Satz der letzten Jahrzehnte:
„Wenn man auf der einen Seite nicht zu hoch gehen wollte in der Belastung der großen Investoren, dann kommt man auf die Summe nur, wenn man sie breit anlegt.“
Wieso will man eigentlich nicht zu hoch gehen in der Belastung der großen Investoren? Warum müssen Kleinsparer herhalten, um große Investoren zu schützen? Wie nennt man die Krankheit, die solche kognitiven Verzerrungen im Hirn auslöst? Schäubleritis?
Ist man sich auch dessen bewußt, das die EU auch in Deutschland schon den Souverän entmachtet hat? Findet man kaum in den öffentlichen Medien – aber bei lost in europe, dem Blog aus Brüssel:
Das Europaparlament hat grünes Licht zum “Two Pack” gegeben. Damit erhält die EU-Kommission künftig das Recht, Budgetentwürfe zu prüfen, noch bevor sie den nationalen Parlamenten vorgelegt werden. Sogar die Grünen haben dafür gestimmt – warum eigentlich? Für ein Linsengericht geben sie Brüssel mehr Macht.
Die EU-Kommission ist nicht gewählt. Der Währungskommissar muss sich keiner demokratischen Kontrolle stellen. Er setzt sich regelmäßig über das Europaparlament hinweg.
Dennoch soll O. Rehn, der dieses Amt derzeit ausübt, bald darüber befinden, ob der Bundeshaushalt den EU-Regeln entspricht. Wenn er Zweifel hat, kann er Nachbesserungen fordern.
Da bestimmt bald ein nicht gewählter Funktionär über unseren Bundeshaushalt – und kann Nachbesserungen fordern.
Was wenn der es auch auf das Geld der kleinen Sparer abgesehen hat? Kann ihn jemand aufhalten? Immerhin: Schäuble hat die Richtschnur vorgegeben:
„Wenn man auf der einen Seite nicht zu hoch gehen wollte in der Belastung der großen Investoren, dann kommt man auf die Summe nur, wenn man sie breit anlegt.“
Man bekommt die Summe nur, wenn man sie breit anlegt.
Die Forderung nach einer Abgabe auf große Sparguthaben kam vor allem aus Deutschland.
Aber in Deutschland weiß man auch, das man nur „auf die Summe“ kommt, wenn man sie breit anlegt.
Was folgt daraus? Meiner Mutter geht es noch blendend – und wir werden hier nach Strich und Faden eingenebelt. Das ist jetzt auch wissenschaftlich untersucht worden, siehe Medienwoche.ch
Die Doktorarbeit von Uwe Krüger untersucht, welchen Einfluss Eliten auf die Berichterstattung haben und zeigt die Sozialen Netzwerke der Ranghöchsten in Wirtschaft, Politik und Journalismus offline. Statt einen offenen Marktplatz an Ideen abzubilden, vertreten Journalisten oft die Positionen der Herrschenden und Agierenden.
Darum muss ich stundenlang Artikel über Artikel lesen, um mühsam herauszufiltern, was wirklich um uns herum vor sich geht. Dabei lässt sich schon jetzt erkennen, woher der Wind weht, der in Brüssel zu Tabubrüchen ohne Ende führt, siehe Spiegel:
Der Internationale Währungsfonds richtet deutliche Worte an Europas Bankenretter: Die EU müsse mehr für die Stabilität des Finanzsektors unternehmen, die Geldhäuser seien weiterhin anfällig für Krisen.
Da müssen richtig große Summen zusammenkommen. Da reicht das Geld des Steuerzahlers nicht aus. Wir sollten uns auch in Deutschland darauf einstellen, das – aller beruhigenden Worte des staatstragenden Journalismus zum Trotz – bald ein Rasenmäher über unsere Konten fährt. Was das bedeutet, merken die Zyprioten gerade jetzt, siehe Tagesschau:
Für die zyprische Regierung geht es bei den Verhandlungen mit der EU um einen Bankrott der Banken – womöglich auch des Staates. Die Krise hat aber auch ganz konkrete Auswirkungen auf das Leben der Menschen in dem Land. So bleiben die Bankfilialen bis auf weiteres geschlossen.
Leben ohne Bargeld – von heute auf morgen. Wann wohl die ersten sterben werden?
Nun – egal. Der Bankrott der Banken muss verhindert werden – wen interessieren schon noch die Menschen.
Ach ja – was die großen Investoren betrifft: das warnt schon Moody´s laut Managermagazin vor einer Kapitalflucht und schlechtem Rating. Die großen Investoren werden also wahrscheinlich noch nicht mal einen kleinen Teil der „großen Summen“ aufbringen müssen, das wird jetzt im Vorfeld schon mal klar gemacht.
Und wer wird dann die Zeche letztlich bezahlen?
Der, der jetzt nicht gleich zur Bank geht und all´ sein Geld abholt – denn der Zugriff auf die Sparkonten ist auch in Deutschland legal und … möglich, wie der Spiegel heute informiert. Wie man auch erfährt, sind aber die großen Investoren durch internationale Verträge gut geschützt…
Bleibt nur: die Sammlung breit anzulegen.
Dienstag, 26.2.2013. Eifel. Gestern erfuhr ich durch Zufall von Mißständen in meiner Wahlheimat. Ich darf aber nicht über sie berichten. Wie überall in Deutschland macht sich auch hier die Angst breit, was „DIE“ alles noch tun könnten. Einmal geht es um eine arbeitslose alleinerziehende Mutter, der man etwas ganz besonderes nahegelegt hat: sie solle doch mit Hinsicht auf ihre Wettbewerbsfähigkeit ihre beiden kleinen Kinder in Pflegefamilien abgeben uns selber erstmal ihre Wohnung kündigen – ihre Zukunft würde sich schon (ganz magisch) ganz von allein neu formieren. Wer das empfohlen hat, bleibt geheim – aber das ist auch erstmal egal. Schon allein die Tatsache, das Menschen wieder so denken – das absolute Primat der eigenen Vermarktbarkeit vor Vernunft, Mutterschaft und Kinderliebe – lässt einen erschauern, weil es einen Ausblick gibt auf die Tiefe der Degeneration deutschen Denkens. Die nächste Horrorstory kommt aus einem Kindergarten ganz in der Nähe. Dort hat die schwarze Pädagogik Einzug gefeiert, ohne dass sich die Öffentlichkeit zu wehren weiß. Die Kinder müssen morgens absolut still am Frühstückstisch sitzen, wer das Kinn auf seinem Arm abstützt, dem wird der Arm mit Gewalt auf den Tisch geknallt. Weint ein Kind, weil es sich nicht von der Mutter trennen kann, so stellt sich die Leiterin davor, äfft es nach und macht es vor der ganzen Gruppe lächerlich. Macht es dann immer noch Zicken, kann den Mund nicht halten oder macht sonst keinen devoten Eindruck – gibt es eben kein Frühstück. Deutschland 2013 – der Horror erreicht die letzten heilen Winkel des Landes und schreitet weiter fort. Wohin? Das kann man bei der FDP erfahren – doch davon später.
Angesichts einer Talkshow zu dem Buch „Ego“ von Frank Schirrmacher berichtet die Autorin Julia Friedrich über ihre Erfahrungen, siehe Spiegel:
Wie es in dieser neuen, nur noch von Konkurrenz und Effizienz und Vorteilsstreben geprägten Welt konkret zugeht, darüber wusste die junge Autorin Julia Friedrich zu berichten. Sie sprach von einem „Wettrüsten“ auf dem Bildungsmarkt, das bereits bei Kleinkindern einsetze, über das Fehlen aller Moral in den Kreisen etlicher Mitwirkender im großen Spiel, die sie bei den Recherchen für ihr Buch „Ideale“ getroffen hat. Da gab es diese jungen, klugen, netten Männer auf den Cayman Islands mit ihren dubiosen Geschäften, die sie nach solchen Dingen wie Verantwortung und Gewissen befragt hat. Anschließend habe sie „den Club der leeren Augen“ vor sich gehabt.
Dieser Club der leeren Augen wird auch in der ansonsten eher rückständigen und unmodernen Eifel herangezüchtet. Auch hier hat das Wettrüsten auf dem Bildungsmarkt unglaubliche Auswüchse erreicht, die auch mich als Vater und Philosophen vor unlösbare Probleme stellen: die optimale Anpassung an das System (eigentlich Aufgabe eines Vaters) kollidiert frontal mit der Tatsache, das sie nur unter völliger Vernichtung vieler wertvoller Charakterzüge (Nächstenliebe, Toleranz, Mitleid, Selbstverwirklichung, Empfindungsfähigkeit, Verantwortungsgefühl, Gemeinschaftssinn – um nur einige zu nennen) möglich ist. Der Vater verliert in diesem Spiel immer, weil die Reduktion von Empfindungsfähigkeit in breiter Front eine signifikante Abnahme der Lebensqualität bedeutet und deshalb für liebende Eltern unmöglich zu tolerieren ist – es sei denn, man fühlt sich wohl dabei, einen „Robota“ in die Welt gesetzt zu haben – slawisch für „Frondienst“ und „Zwangsarbeiter“.
In dieser Talkshow kam aber noch jemand anders zu Wort – die FDP, die sich an die positiven Seiten ihrer liberalen Tradition erinnert:
Fast wie ein Linker klang derweil der Altliberale Gerhart Baum, der die zunehmende Unbarmherzigkeit und Kälte beklagte und befand: „Die Fixierung auf die Märkte hat uns in die Katastrophe geführt.“ Schirrmachers Buch sei ein „Augenöffner“ für den Blick auf das neue Zeitalter, das ihn fasziniere, aber auch erschrecke. Es drohe angesichts der nicht nur kommerziellen, sondern auch staatlichen Datensammlungen ein „Weltpolizeistaat“.
Ein „Augenöffner“, der auf den vielen politischen Blogs in diesem Land schon längst Alltag ist. Der Marsch in einen globalen Polizeitstaat unter US-Führung ist unaufhaltsam – seit dem 11.9.2001. Nicht umsonst ist vielen dieser „Zufall“ zu zufällig, zumal schon ganz offen der Wunsch nach einem neuen „Pearl Harbour“ geäußert wurde.
So etwas kann in einer ganz normalen deutschen Talkshow inzwischen geäußert werden. Da wir aber hier inzwischen mehr so dieses Sozialarbeiterkuschelfeeling etabliert haben („gut, das wir mal drüber geredet haben„) erschöpft sich der Widerstand gegen diese Entwicklung in Worthülsen. Dabei steht der Untergang der gesamten abendländischen Tradition auf dem Spiel, unser aller Wohlstand und erst recht der Frieden. Wir hätten allen Grund, gleich morgen zum Generalstreik aufzubrechen. Das tun wir aber nicht. Streik für die Demokratie? Undenkbar. Für mehr Geld – immer. Aber für eine gerechtere Welt? Da bleiben wohl nur die Arbeitslosen als letzte Hoffnung – und die sind in Deutschland in breiter Front entrechtet worden, damit die ihre Freizeit nicht in politische Arbeit investieren.
Hören wir doch einfach mal den DGB-Chef Sommer zur globalen politischen Lage – hier in einem Interview im Stern vom 21.8.2004 zum Thema Hartz IV:
Was einige noch nicht kapiert haben, ist, dass es eine informelle, eine ganz große Koalition in Deutschland gibt.
Diese ganz große Koalition reicht von FDP, SPD über die Union und die Grünen zur PDS, wenn sie in Regierungen sitzt. Und sie reicht vor allem weit in die Medien hinein.
Ja, es herrscht eine bemerkenswerte Einfallslosigkeit, ein verblüffender Gleichklang. Es gibt doch in den großen deutschen Blättern kaum noch einen Wirtschaftskommentator, der über Umverteilung, einen modernen Keynesianismus schreibt und ernsthaft über Alternativen nachdenkt. Die neue Heilslehre heißt unisono Neoliberalismus – und niemand wagt, sie infrage zu stellen! Stattdessen wird rituell die Entfesselung des Marktes verlangt, und die Rettung aus der Krise heißt: Sozialabbau. Den Arbeitgebern ist es mit Initiativen wie der „Neuen Sozialen Marktwirtschaft“gelungen, den Sozialstaatsgedanken systematisch zu stigmatisieren.
In der Tat: zwei Monate nach dem Interview veröffentlichte der Stern einen Artikel von Arno Luik, den ich für den bedeutendsten Artikel in Deutschland halte, der damals geschrieben wurde – in der Einführung hat sich der Chefredakteur auch für den Artikel entschuldigt. Immerhin können die Jungs vom Stern aber jetzt sagen: wir haben es gesagt, hier noch lesbar bei Tacheles:
Verteidigen also die CDU/
SPD/CSU/FDP/Grünen-Politiker ihre
Reformphilosophie deshalb so vehement, weil sie wissen, dass sie einen
Putsch von ganz oben machen? Einen
Putsch? Ja, die Agenda 2010 und Hartz
IV sind Chiffren für den konzertierten
Angriff von ganz oben auf den Sozialstaat. Sie nennen es „Umbau“ – doch die
Wortwahl kaschiert nur den qualitativen
Sprung in ein anderes Gemeinwesen.
Die Berliner Republik steht für den Abschied von der Solidargemeinschaft.
Und nichts wird von den grundgesetzlich festgeschriebenen Idealen bleiben –
außer auf dem Papier und gelegentlich
noch in schönen Reden.
Und so herrscht nun eine fast hysterische Zerstörungslust. Strukturen, die
über Jahrzehnte mühsam aufgebaut
wurden, werden demontiert, sämtliche
sozialen Sicherungen werden abgebaut;
nahezu alles, was politische Bewegungen in mehr als 100 Jahren
(Kündigungsschutz, Ausbildungs- und
Mitbestimmungsgesetze usw.) für die
Staatsbürger erkämpft haben, wird nun
verteufelt.
Ein Putsch von oben – ganz offen durchgeführt. Der DGB weiß es, Journalisten wissen es – aber die gesamte Gesellschaft schweigt, weil man weiß, das „DIE“ sehr mächtig sind. Übermächtig. Darüber kann auch offen gesprochen werden, wie zum Beispiel in der Süddeutschen Zeitung, in der viele Stimmen die Radikalisierung des öffentlichen Rundfunks fordern:
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss vom Einfluss der politischen Parteien befreit werden. In seinen Gremien sollten Vertreter gesellschaftlicher Gruppen sitzen, keine Regierungsmitglieder oder Abgeordneten. Nur so ist sichergestellt, dass Kritik an Politikern, Parteien und politischen Entscheidungen möglich ist. Dann würden keine Landtagsabgeordneten mehr „Vorschläge“ zu Programminhalten unterbreiten, und es würden nicht mehr die immerselben Abgeordneten in den Talkshows sitzen. Dann wäre es auch nicht mehr möglich, dass Verträge politisch unliebsamer Journalisten nicht verlängert werden, wie es dem ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender erging.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss nicht nur staatsfrei sein, damit er nicht zum Propagandainstrument verkommen kann, sondern er muss auch dem Parteienproporz entzogen werden, weil nur dann die Freiheit der Meinungsäußerung geschützt ist.
Das meint Professor Joachim Wieland. Darf ich aus diesen Forderungen eine Beschreibung des „Ist-Zustandes“ ableiten? Das würde ungefähr so lauten:
Öffentliche Medien in Deutschland werden von einer kleinen Gruppe von Parteifunktionären vollständig kontrolliert, Widerstand gegen die Kontrolle wird durch Entzug des Arbeitsplatzes bestraft, Fernsehen ist zum Propagandainstrument verkommen.
Das merken Journalisten, Gewerkschafter und Professoren, aber das Ergebnis dieser Erkenntnis ist gleich Null, weil in Deutschland schon längst ein System totaler Kontrolle aufgebaut wurde. Die meisten Deutschen haben (von McKinsey und Konsorten ausgebildete) „Unternehmer“ und ihre Büttel als Vorgesetzte – und wer das nicht hat, bekommt vom Staat einen Fallmanager gestellt. So ist sichergestellt, das man jeden, der aus der Reihe tanzt, wirtschaftlich sanktionieren kann – bis hin zu Obdachlosigkeit und zum Tod durch Hunger und Kälte.
Immer mehr Menschen stolpern zielgerichtet in die Hartz-Falle, in der man ihnen nebenbei einige zentrale Menschenrechte aberkennt, ohne das die Medien ihre Wächterfunktion wahrnehmen. Wie auch – Propagandainstrumente haben keine Wächterfunktion mehr … mal abgesehen von gelegentlichen Feigenblätter, die dazu dienen, die Rundfunkgebühren und die eigene Existenz zu legitimieren. Deutschland wird zum Dritte-Welt-Land umgebaut, siehe Spiegel:
Weil ihr Arbeitslosengeld zum Leben allein nicht ausreicht, sind inzwischen etwa ein Zehntel der kurzzeitig Erwerbslosen einem Zeitungsbericht zufolge zusätzlich auf Hartz IV angewiesen. So gab es im Oktober bundesweit 83.118 Menschen, die zusätzlich zu ihrem Arbeitslosengeld I auch noch Hartz IV beziehen mussten. Ein Jahr zuvor lag diese Zahl bei nur 73.178 – ein Anstieg um 14 Prozent, berichtet die „Saarbrücker Zeitung“ unter Berufung auf aktuelle Zahlen derBundesagentur für Arbeit (BA).
Die Bundesanstalt für Arbeit zahlt währenddessen Spitzengehälter, baut luxuriöse Verwaltungspaläste und erwirtschaftet aus dem Einsparen von Versicherungsleistungen Gewinne für die Bundesregierung, mit denen die dann erfolglose Neureiche subventionieren kann.
Wer sich nun fragt, ob das ganze Gesamtbild nicht fatal an eine Verschwörung erinnert, wird schnell merken, das der Propagandafunk gerade diese Frage mit einem großen Tabu belegt hat – ganz einfach, weil hinter der Entwicklung ein gezielter und gewollter Putsch steht, der umso länger und erfolgreicher durchgeführt wird, je weniger sich die Bürger darüber bewußt werden.
Wir sind uns auch der Folgen dieses Putsches deutlich bewusst: es geht nicht nur um Hartz IV. Die gesamte deutsche Ökonomie ist Ziel des Angriffs, siehe Klartext:
Der ausufernde Niedriglohnsektor verändert auch den Einzelhandel. Minderwertige und billige Produkte, weder nachhaltig noch nach Prinzipien menschenwürdiger Arbeit produziert, werden von immer mehr Discountern angeboten. Deutsche Unternehmen mit hochwertigen und dadurch teuren Produkten geraten so unter Druck. Werden Niedriglohnpolitik und Ramschökonomie die neuen Exportschlager „Made in Germany“?
Die wachsende Armutszone spaltet auch den deutschen Einzelhandel. Die Gutverdiener können sich hochwertige Güter und Bio-Produkte leisten. Doch die Abgehängten sind meist auf Ein-Euro-Shops und Discounter für Textilien und Lebensmittel angewiesen. Allmählich entsteht ein Markt für minderwertige und billige Produkte, eine Ramschökonomie, die weder nachhaltig noch mit Prinzipien menschenwürdiger Arbeit zu vereinbaren ist. Die Ramschökonomie fordert auch die deutschen Unternehmen mit ihren hochwertigen, technologieintensiven, aber teuren Produkten heraus. Denn Innovationen, komplexe und nachhaltige Produkte werden immer weniger rentabel, wenn die Nachfrage schleichend schwindet.
Das bedeutet aber auch schlichtweg des Ende der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Eigentlich historische Zeiten – Arbeiter, Unternehmer, Arbeitslose, ja sogar die Kirche murren über die Zustände, siehe Bischoff Zollitsch bei Wikipedia:
Auf Distanz ging er im gleichen Interview zur CDU, sie habe sich „stärker neoliberalen Thesen angenähert“ und stehe dabei „in der Gefahr, die soziale Marktwirtschaft oder das Soziale nicht mehr genügend im Blick zu haben.“ Die Nähe zwischen CDU und katholischer Kirche sei „deshalb geringer geworden“ und andere Parteien wie SPD und Grüne nähmen „Dinge, die uns wichtig sind, stärker auf als früher“.
Wer so die historische Allianz zwischen Kirche und Kapital in Deutschland in Frage stellt, muss sich nicht wundern, wenn er auf einmal als Kinderschänder öffentlich an den Pranger gestellt wird, während andere Kinderschänder ungestraft davonkommen.
Dabei ist das eins der Elemente, das „DIE“ zusammenhält: das Versprechen, das in der Neuen Weltordnung alle Gelüste der Reichen sofort und ohne jegliche moralische Bremse erfüllt werden. Der BBC-Skandal um den Kinderschänder Jimmy Savile (siehe FAZ) fördert schon wieder Netzwerke von Kinderschändern zutage, Popstars, Komödianten und Publizisten geraten zunehmend ins Visier der Ermittler – und man kann schon jetzt vermuten, das die Ermittlungen wie im Fall der portugiesischen oder belgischen Kinderschänder ganz schnell ein Ende finden … obwohl es hinreichend Anzeichen für eine internationale Pädophilenkaste im Bereich der Mächtigen gibt, die systematischen Missbrauch betreiben.
Vielleicht auch ein Grund dafür, das man Frauen empfiehlt, ihre Kinder in „Pflege“ zu geben, damit sie besser arbeiten können.
Ich wäre ja geneigt, das Gerede um groß angelegte Verschwörungen in den Bereich hysterischer Reaktionen auf Krisen zu verbannen, gäbe es nicht mehr als hinreichende Beobachtungen zu ganz konkreten, öffentlich weit bekannten „Steuerungsinstrumenten“ : Atlantikbrücke , Bilderbergertreffen oder die trilaterale Kommission, die nur in erstklassigen (aber inzwischen leider eingestellten) Politkblogs der Öffentlichkeit präsentiert wird, siehe TheIntelligence:
Noch seltener als die Bilderberg-Gruppe findet die Trilaterale Kommission in der Öffentlichkeit Erwähnung, obwohl sie durch Namen wie Rockefeller, Kissinger, Sutherland oder auch Klaus-Dieter Frankenberger von der FAZ glänzt. Wer findet sich noch in der Liste der ständigen Mitglieder? Lucas Papademos, der neue Chef der Regierung Griechenlands. Und wer führt den Vorsitz? Mario Monti, der nach Berlusconis Rücktritt nun mit der Bildung einer neuen Regierung in Italien betraut wurde. Die Trilaterale Kommission ist eine private Vereinigung, in der sich eben „zufällig“ 300 weltweit überaus einflussreiche Menschen zusammen finden. Wer würde sich dafür schon interessieren?
Nebenbei gibt es aber auch noch eine Flut von informellen Netzwerken, die Deutschland nach und nach zersetzen.
Und wo finden wir aktuell die Putschisten wieder?
Einerseits in der Befürwortung der großen transatlantischen Freihandelszone, die den mit niedrigen Energiekosten bevorteilten US-Unternehmen freien Zugang zu den europäischen Märkten garantiert.
Andererseits in der Wahlberichterstattung über die Wahl in Italien. Der Wähler hatte dort die Nase voll – und wählte interessante Alternativen, siehe Spiegel:
Sie wettern gegen Wasserprivatisierung, wollen die enormen Diäten der Abgeordneten halbieren und das Volk über einen Euro-Austritt abstimmen lassen. Aber vor allem wollen sie die „korrupten Politiker“ überwachen.
Hinter der Bewegung steht ein TV-Star, der die Macht der Politik in den Medien deutlich zu spüren bekam, siehe Wikipedia:
Der Gründer der Bewegung Beppe Grillo zählte in den 1980er Jahren zu den bekanntesten TV-Entertainern Italiens. Seine Auftritte hatten mitunter politische Züge bis hin zur Satire, wobei er italienische Politiker direkt angriff. Auf deren Betreiben erhielt Grillo ein faktisches Auftrittsverbot im italienischen Fernsehen.
Außerdem verspricht die Bewegung Geld für alle, ebenfalls Spiegel:
Grillo lobte 1000 Euro im Monat als Grundeinkommen für jeden Italiener aus. Doch vor allem wollen sie „korrupte Politiker“ kontrollieren. Sie sind gegen das System, gegen die Massenmedien, gegen die Feinde, die überall lauern. Der Zorn der Straße sitzt nun im Parlament.
Und wie reagiert der deutsche Propagandafunk? Nun – wie die Süddeutsche:
Nun regieren wieder der Populismus, das Geschrei und die Lüge. Fast schon muss man dankbar sein, dass die längst überfällige Wahlrechtsreform nicht umgesetzt wurde. Sie hätte vielleicht die Kräfteverhältnisse auch im Abgeordnetenhaus zugunsten der Populisten Grillo und Berlusconi verschoben.
„Populismus“ – ein Synonym für Demokratie, die in Deutschland selbst immer verpönter wird. Immer, wenn das Volk anders wählt, als die Bundesregierung wünscht (siehe FAZ) droht die „große Instabilität“ (siehe Manager-Magazin), das ganze italienische Wahlsystem wird als „Schweinerei“ bezeichnet (siehe Spiegel). Italien wählt das Chaos (siehe Handelsblatt) und der DAX (eigentlich nur interessant für einige wenige Großanleger) bestraft auch das deutsche Land durch Talfahrt (ebenfalls: Handelsblatt).
Die Putschisten sitzen in Deutschlands Medien immer noch fest im Sattel und üben über den wirtschaftlichen Hebel totalitäre Macht aus.
In Italien gelang es einem Komiker, mithilfe von Blogs eine starke gesellschaftliche Kraft zu etablieren, die vor allem eins zum Ausdruck bringt: den absoluten Willen, den Putsch, der in Deutschland die Demokratie und den Sozialstaatsgedanken ausgelöscht hat, in Italien zum Stehen zu bringen.
Wäre das in Deutschland auch nur denkbar?
Eher nicht. Uns ist die Rolle des neoliberalen Musterländles zugeteilt worden – und wieder soll „am deutschen Wesen die Welt genesen“. Zumindest die europäische Welt.
Am Ende steht ein verharzter Kontinent, beherrscht durch ein paar vernetzte Lakaien des Superkapitals, die via Medienmacht jede gesellschaftliche Bewegung im Keim ersticken – wie es ein Johannes Ponader beim Millionär Günter Jauch erleben durfte.
Wollen wir das wirklich?
Nein.
Aber wir finden keine Format der bürgerlichen Gegenwehr.
Uns fehlen dazu die Komiker.
Mittwoch, 30.Januar 2013. Eifel. Gute Meldungen aus Davos: wir können die Berichterstattung über wirtschaftliche Verwerfungen endlich einstellen. Das freut mich sehr – beunruhigt mich doch die Entwicklung der Wirtschaft sehr: ohne Essen und Trinken hält auch die Demokratie nicht lange durch. Die Süddeutsche jubelt geradezu: deutsche Konzerne machen gute Gewinne, die Krise ist vorbei, Spanien, Portugal, Griechenland geht es super, alle haben Optimismus und vor allem: das Vertrauen hat sich dramatisch verbessert. Was man in dem Artikel vergeblich sucht, ist die Information darüber, wer denn jetzt wem mehr vertraut als vorher. Es gibt Hinweise darauf, das vielleicht Politik und EZB die Sache so richtig im Griff haben sollen … schaue ich auf die wachsenden Staatsverschuldung, so kann ich in erster Linie nur eins feststellen: die Banker können jederzeit darauf vertrauen, das das ganze Volk hinter ihnen steht, wenn es gilt, ihre Spielschulden zu bezahlen.
Das ist Presse in Deutschland. In der Schweiz selbst sieht es schon anders aus. Dort zitiert die Handelszeitung den Herrn Stiglitz, Träger des Nobelpreises für Wirtschaft, der die Schweizer schon mal darauf vorbereitet, das der deutsche Jubel von kurzer Dauer sein wird, weil eigentlich noch überhaupt kein Problem gelöst ist.
Wir Deutschen konnten jahrelang unsere Autos gut an Griechen, Spanier und Portugiesen verkaufen, haben mit unseren Produkten die einheimischen Industrien kaputt gemacht und jetzt das Problem, das wir ineffektive Volkswirtschaften in der Eurozone haben: das ganze Europrojekt entpuppt sich als Riesensubvention für deutsche Konzerne (die sich hauptsächlich in ausländischen Händen befinden – was wir hier mal gegen allen Jubel nicht unerwähnt lassen wollen). Mit dem auf diesem Wege abgegriffenem Geld machen die Raubritter der Moderne in Deutschland vor allem eins: sie machen uns die Mietpreise kaputt, was zu extremen Verzerrungen und Verwerfungen auf den Märkten führt, siehe Handelsblatt:
Deutschland erlebt einen sagenhaften Boom, einen Immobilienboom. Wobei „Boom“ nur eine freundliche Umschreibung dafür ist, dass die Preise und Mieten steigen. In Wahrheit herrscht in deutschen Großstädten ein Verdrängungswettbewerb. Wer sich die steigenden Mieten nicht mehr leisten kann, muss wegziehen, an den Rand der Stadt. Und wer schon am Rand wohnt, hat ein Problem. Dort kann eine Mieterhöhung von 5,50 Euro auf sechs Euro pro Quadratmeter zur existenziellen Frage werden.
Wer von Opa ein Mietshaus geerbt hat, ist der König – und bleibt es auch. Wer sich neu eine Existenz ohne Opa aufbauen muss, ist der Verlierer. Viele erfolgreiche Systembüttel können dank Zugriff auf die Staatsfinanzen alles zahlen, was die Mietgeier fordern – und die haben viel Phantasie. Wer einen normalen Job hat und nicht an der Vernichtung außerdeutscher Volkswirtschaften verdient oder Millionen mit Spekulationen einfährt, für deren Risiken (und Verluste) der Steuerzahler aufkommt, der gehört zu den neuen Vertriebenen.
So lesen wir das aber nicht in den Medien. Obwohl uns dort eigentlich alles vorgekaut wird, kommt niemand mehr dazu, die vielen Informationen zu einem einheitlichen Bild zu verbinden, einem Bild, das Angst machen kann – was auch gut ist. Angst kann enorme Kräfte frei setzen … und viel zerstören. Daran musste ich denken, als ich heute das Manager-Magazin las, eine neue Rekordeinwandererwelle droht:
Deutschland steht vor der größten Immigrationswelle seit einer Generation. Ein Segen für die heimische Wirtschaft, aber auch Stress für die Boomregionen. Die Neubürger werden das Land verändern – zum Besseren.
Die Jubelmeldungen kommen für Deutschland gerade recht – wir Deutschen sterben aus. Was die Jubelmeldungen verschweigen: die vielen Fachkräfte aus Spanien und Griechenland, die nun hier einmarschieren, fehlen in der Wirtschaft ihrer Länder. Für die deutschen Rentner ist das gut – die Frage ist nur: wie lange müssen die in Zukunft freiwillige Spenden leisten, um die Rettungspakete für jene Länder zu bezahlen, denen wir jetzt die Jugend absaugen?
„Wirtschaftsemigranten“ waren uns früher mal ein Gräuel. Wir wollten politisch Verfolgte aufnehmen, Menschenleben retten – und nicht jene, die sich am deutschen Wohlstand gesundstoßen wollten. Und nun? Jubelt die gleiche Presse über jeden Wirtschaftsflüchtling aus den Beutestaaten, der hier sein Heim sucht.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: ich mag Griechen und Spanier, so wie ich Europa generell sehr mag. Sogar an den Euro habe ich mich gewöhnt – obwohl der alles doppelt so teuer gemacht hat. Aber ein Deutschland, das den anderen Ländern die Spitzenleute klaut, wird ewig für die darbenden Wirtschaften in deren Heimat zahlen müssen – zur Rettung unserer Rentenkasse.
Natürlich müssen wir den Jubel in Davos auch aus der richtigen Perspektive betrachten: für alle diejenigen, die dort sind, sind die Aussichten sicher super. Deren Miete zahlt ja auch der Staat – wenn auch manchmal über den Umweg des fleißig subventionierten Konzernkontos. Aber auch diese Zusammenhänge werden selten gelehrt.
Schlimmer noch ist ja Mali – auch dort mordet jetzt deutsches Geld mit. Laut Manager-Magazin sind wir dort der größte Geldgeber. In Deutschland fehlen Lehrer, die unsere Kinder zur Fachkräfteausbildung fit machen sollen, aber für Morde in Mali haben wir immer etwas übrig. Der Spiegel berichtet dann, was mit diesem Geld angerichtet wird:
Anhand der Aussagen der Mutter und mehrerer anderer Bewohner von Konna lässt sich ein bisher unbekanntes Bild der heftigen Kämpfe zeichnen, die sich zu Beginn des Kriegs abspielten. Interviews mit Anwohnern legen nahe, dass nach den Bombenangriffen bei Gefechten in Konna möglicherweise Hunderte Menschen starben. Einige Anwohner erhoben dabei teilweise auch Vorwürfe gegen die malischen und französischen Soldaten. Bei der Jagd auf die Islamisten, die sich nach den Luftangriffen teilweise auch in Wohnhäusern versteckten, sind ihnen zufolge auch unbeteiligte Bewohner der Stadt entweder gleich erschossen oder von den Maliern verschleppt worden. Viele von den Verschleppten, so die Bewohner, seien bis heute nicht zurückgekehrt.
Ähnliches habe ich über Polen gelesen – nach dem Einmarsch der Waffen-SS. Waren wir als zivilisierte Westeuropäer nicht irgendwann mal für humane Kriegsführung? Genver Konvention und so? Sieht die etwas so aus:
„Nach den Detonationen flohen viele der Kämpfer aus ihren Verstecken“, sagte ein greiser Bewohner am Montag, „sie wurden von den französischen Special Forces sofort erschossen“
Im Weiteren erfährt man auch von der Exekution zweier Schafhirten – Kopfschuß. Dafür geben wir unser Geld? Hat sich deshalb das Vertrauen in Davos dramatisch verbessert? Immerhin unterstützen wir da eine … brutale Militärjunta. Also sowas, was wir früher nicht mit der Zange angefasst hätten, weil die einfach Pfui sind. Wir hätten uns lieber den „Freiheitskämpfern“ aus dem Norden zugewandt, die jetzt so richtig fiese böse Ungeheuer sind, Orks, Zombies auf zwei Beinen, Islamisten eben, Unmenschen, Untermenschen, Wesen, die weit unter uns stehen und deren Entmenschlichung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann … so jedenfalls der Eindruck, den ich bekomme, wenn ich die von Journalisten verschiedener Magazine abgetippten Meldungen der Presseagenturen lese.
Überall tauchen diese Monster auf einmal auf: Lybien, Ägypten, Algerien, Tunesien, Mali, Indonesien, Bonn – aus sicherer Quelle weiß ich auch, das wir in der Eifel jetzt ebenfalls einen Busfahrer mit Turban haben. Dabei dachte ich eigentlich … wir hätten unser Asienkorps deshalb nach Afghanistan geschickt, um genau das zu verhindern.
Wo kommen die ganzen Terrororks auf einmal her? Ihre zentralen Ausbildungslager wurden doch schon vor zehn Jahren zerbombt?
Ist aber natürlich eine schöne Sache für die Außenpolitik imperialer Länder, denen der europäische Dauerfriede zu langweilig ist: einfach mal den Islamisten aus dem Sack geholt – schon kann man kräftig Ziegenhirten erschießen.
Mit deutschem Geld.
Nebenbei erledigt man einige Züge im geopolitischen Schachspiel, das Frankreich und die USA mit China um die afrikanischen Rohstoffe führt. Mit „Islamisten“ – die ihren Ursprung den USA verdanken, als sie als Terrorgruppe gegen die Russen in Afghanistan aufgebaut worden sind (was man auch an jeden Artikel heften sollte, der sich mit „islamischem Terror“ beschäftigt) – wurde schon der gesamte arabische Norden Afrikas destabillisiert … mit schrecklichen Folgen für die Bevölkerung.
Die Aktionsmöglichkeiten bewaffneter Terrorbanden in diesen Ländern hat sich auf jeden Fall durch den Zusammenbruch der Ordnung deutlich verbessert. Wer dort jetzt gegen den Terror der Nato anschreien will, kann jederzeit mit dem Besuch einiger zorniger, brutaler junger Männer auf japanischen Geländewagen rechnen, die ihn foltern und verstümmeln. Um die Gesellschaft richtig zu zerrütten, kann der Besuch samt Folter und Verstümmelung natürlich auch grundlos erfolgen.
Was dort im Norden Afrikas groß gezogen wird, ist ein Haufen verwahrloster Banden, die auch schon mal nur so aus Spaß historisch wertvollste Dokumente vernichten, siehe Neue Züricher Zeitung.
Das hat eine interessante Nebenwirkung, über die die Tagesschau berichtet:
88 hauptberufliche Jornalisten sowie 47 Blogger und sogenannte Bürgerjournalisten sind in diesem Jahr getötet worden – so viele wie noch nie, seit die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) 1995 ihre erste Bilanz veröffentlichte.
So viele wie noch nie, seitdem unbekannte Finanziers (also: unter anderem WIR) „Rebellen“ in aller Welt mit Waffen ausstatten, damit sie so ein wenig ihre Gesellschaften aufmischen. Das kann natürlich Zufall sein … vielleicht haben aber auch die Konstrukteure dieser Realitäten einfach Spaß an apokalyptischen Zuständen in anderen Ländern.
Aber Journalisten und Blogger – die mag man nicht. Und die barbarischen Horden, die plötzlich wie aus dem Nichts auftauchen, mögen auch keine Journalisten – nachher hört noch einer von denen die Gespräche mit, die man mit den eigenen Finanziers führt (meist Saudi-Arabien, der große Freunde der Familie Bush aus den USA). Oder die machen sich vielleicht noch selber Gedanken.
In Deutschland ist man ebenfalls dabei, dieses Problem elegant zu lösen: man schmeißt die Journalisten einfach ´raus. Hier hat man verstanden, das „Wirtschaft“ ja auch Waffe sein kann: nur ein arbeitsloser Journalist ist ein guter Journalist, siehe Tagesschau:
Deutschland steht in einer weltweiten Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 17. „Problematisch ist hier vor allem die abnehmende Vielfalt der Presse“, kritisierte die Organisation Reporter ohne Grenzen. Aus Geldmangel arbeiteten immer weniger Zeitungen mit eigener Vollredaktion, mehrere Redaktionen seien 2012 komplett geschlossen worden. Auch an den Behörden äußerte ROG Kritik, denn Journalisten gelangten oft nur schwer an Informationen.
Aus diesem Grund arbeiten Blogger wie wir immer mehr, um die existierenden Lücken zu füllen: die Notwehr des kleinen Mannes. Finnland ist von den Reportern ohne Grenzen übrigens auf Platz 1 gewählt worden – da waren die auch zweimal wegen ihrer Bildungspolitik. Das hatte auch einen besonderen Grund, siehe Spiegel:
Gleich zweimal wurde Finnland Pisa-Weltmeister. Wie machen die Finnen das bloß? Sie geben Kinder mit Lernproblemen nicht einfach auf – sofort rückt eine Art Schlechte-Schüler-Feuerwehr aus und leistet erste Hilfe. „Keiner darf zurückbleiben“, lautet das Erfolgsmotto für das kluge System pädagogischer Fürsorge.
Keiner darf zurückbleiben … ganz schön sozialromantisch, die Finnen, oder? Wie könnten wir dastehen, wenn wir das gleiche Motto hätten. Stattdessen sortieren unsere Schulen schlechte Schüler ´raus wir der Teufel … und die Jobcenter freuen sich dann über jene, die ohne Schulabschluß eine Arbeit finden sollen. Das es so beknackt, darüber darf auch nie geschrieben werden: der blasphemische Ruf nach Diätenkürzungen für Pappnasen wg. erwiesener Unfähigkeit könnte durchs Land gehen … und wir wären auf einmal aufgerufen, die Fachkräfte, die wir brauchen, auch selber zu produzieren.
Darf ich noch ein wenig über Jamaika schreiben? Doch, das muss sein. Wenn wir schon deren Niveau in Pressefreiheit haben, kriegen wir doch vielleicht auch deren Sozialniveau in anderen Bereichen, siehe Wikipedia:
Die schlechte Lebensqualität fördert die Kriminalität, die heute das größte Problem der Insel ist. In den Städten haben sich Banden gebildet, die durch Drogenhandel und Schutzgelderpressung Geld verdienen. Seit den 1970er-Jahren unterhalten auch die Gewerkschaften und die eng mit ihnen verbundenen Parteien bewaffnete Banden, die Viertel kontrollieren, in denen besonders viele der eigenen Anhänger leben. Gerade junge Menschen sehen in den Banden die einzige Möglichkeit, schnell an Geld zu kommen. Im Jahr 2009 starben 1683 Menschen als Opfer von Kriminalität, was etwa 60 Toten pro 100.000 Einwohner entspricht. Zum Vergleich: Im Jahr 2002 lag die Quote in den USA bei 5,7 pro 100.000 Einwohner.
Die Kriminalitätsrate ist eine der höchsten der Welt; die Aufklärungsrate liegt bei etwa 40 %.
Die Aufklärungsrate … hat natürlich auch ein wenig mit der Pressefreiheit zu tun, oder? Die ist ja aber klasse, weil die in etwa so ist wie die in Deutschland … ha ha ha. Und die Banden, die wir in Mali finanzieren (oder Saudiarabien – die finanzieren gerne die Gegenseite, damit der Waffenumsatz so richtig in Schwung kommt), haben die auch schon.
Und die haben wie wir eine Königin und werden zentral von England aus gesteuert … ach nee, Königin haben wir nicht, oder? Frau Merkel ist doch noch bürgerlich, nicht wahr?
Aber jetzt kriege ich auch die Botschaft von Davos auf eine Reihe:
Das Vertrauen hat sich dramatisch verbessert … weil die Pressefreiheit in Deutschland auf Jamaikaniveau ist.
Und die wenigen Journalisten, die hier überhaupt noch arbeiten, werden gut bezahlt, siehe Zeit:
Die Organisation berichtet auch, dass Unternehmen und PR-Agenturen stärker versuchten, auf die Berichterstattung Einfluss zu nehmen. Sie würden steigende Summen dafür ausgeben, um ihre Inhalte in den Medien unterzubringen.
Was ist Wahrheit?
Wofür am meisten gezahlt wird. Das verbessert das Vertrauen der Elite dramatisch.
Jetzt wissen wir aber auch, was wir machen müssen, um für die Zukunft gerüstet zu sein: einfach Banden bilden.
Ich gehe jetzt mal los und gründe die Vennpartisanen im Deutsch-Belgischen Grenzgebiet.
Warum?
Wir haben Wasser.
Ihr nicht.
Und das wird bald knapp.
Donnerstag, 3. Januar 2013. Persönlich mag ich dieses Jahr schon jetzt nicht. Telefon kaputt, Wasserrohrbruch, Auto stottert und der Computer fährt nicht hoch. Sollte es also in den nächsten Monaten ein wenig ruhiger um mich werden: keine Sorge, ich spare nur für mehr Technik. Schlimmer noch ist die Augenwischerei bei der Bewältigung der amerikanischen Fiskalklippe: nichts ist bewältigt – und die Tatsache, das die Schulden der USA explodieren, wird klammheimlich unter den Tisch fallen gelassen. Am 7.7.2011 meldete die Welt eine Rekordverschuldung von 14 Billionen Dollar. 18 Monate später sind es 2000 Milliarden Dollar mehr, Tendenz: explodierend. Maßnahmen dagegen? Schuldenobergrenze erhöhen. Resultat: Aktienmärkte explodieren, weil jeder für sein bald wertloses Geld Firmenanteile kaufen will. Die lassen sich demnächst ganz toll in neue Währung umtauschen. Außerdem explodieren die Zahlen der Waffenverkäufe in den USA (siehe Spiegel), der einfache Bürger weiß, worauf er sich einstellen muss: Einkäufe ohne Kalaschnikow werden bald schwer werden. Mittendrin in dieser Weltkrise: die Bundesrepublik Deutschland, gehalten unter einer Käseglocke der Desinformation, die aktuell wieder groß tönt: KAUM NOCH ARBEITSLOSE IM LAND!
41,5 Millionen Menschen sollen in Deutschland aktuell beschäftigt sein (siehe Spiegel), die Zahl der Arbeitslosen sinkt auf 2,34 Millionen: ein HURRA dem deutschen Wirtschaftswunderland, wo an der Arbeitsfront alle mit anpacken, um den Märkten ein Sonderopfer zu bringen. Die Bundesanstalt für Arbeit selbst ist nicht so optimistisch wie der Spiegel – sie beziffert heute aktuell 2 988 219 Menschen als arbeitlos – bei 673 874 offenen Stellen. Das Handelsblatt wählt hier heute den goldenen Mittelweg und meldet einen blühenden Arbeitsmarkt: 2,84 Millionen Deutsche sind ohne Job. Ganz andere Daten hat das Bundesamt für Statistik (wir berichteten):
Bis 2005 war die Zahl der Personen in Normalarbeitsverhältnissen stetig gesunken. Seit dem Jahr 2006 ist wieder ein Anstieg zu verzeichnen, der 2011 besonders deutlich ausfiel. Dennoch lag im Jahr 2011 die Zahl der Normalbeschäftigten mit 23,67 Millionen noch niedriger als vor zehn Jahren (2001: 23,74 Millionen) und deutlich unter der von 1991 (26,83 Millionen).
Die Zahl der atypisch Beschäftigten war im Jahr 2011 ebenfalls höher als im Vorjahr und erreichte mit insgesamt 7,92 Millionen Personen einen neuen Höchststand. Mit einem Plus von gut 80 000 Personen stieg sie jedoch in deutlich geringerem Umfang als die Zahl der Normalbeschäftigten. Zu den atypisch Beschäftigten werden in Abgrenzung zum Normalarbeitsverhältnis Erwerbstätige in befristeten, geringfügigen und Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen mit weniger als 21 Wochenstunden sowie solche in Zeitarbeit gezählt.
Durch den stärkeren Anstieg der Anzahl der Normalbeschäftigten ging der Anteil der atypisch Beschäftigten an den Erwerbstätigen im Jahr 2011 leicht zurück und zwar von 22,4 % auf 22,1 %. Knapp zwei Drittel (66,2 %) der Erwerbstätigen befanden sich in einem Normalbeschäftigungsverhältnis. Die verbleibenden 11,7 % der Erwerbstätigen waren Selbstständige und unbezahlt mithelfende Familienangehörige.
Über Lügen mit Zahlen sind schon ganz Bücher geschrieben worden, eine Internetseite dazu gibt es auch. Die Richtlinie: wenn wir schon keine funktionierende Wirtschaft mehr haben, denn stellen wir das eben einfach so da, als hätten wir eine, geben Pressemitteilungen heraus, die einfach irgendwelche Behauptungen aufstellen, die der überbeschäftigte Bürger sowieso nicht nachvollziehen kann. Zur Not operieren wir eben mit Stellgrößen wie „unbezahlt mithelfende Familienangehörigen“ – denn das kann nahezu jeder sein … oft ist es aber die Ehefrau, die aus Steuergründen ein Scheinarbeitsverhältnis hat, das der Mann dann von der Steuer absetzen kann.
Widerstand gegen diese Käseglocke der Arbeitslosenlügen gibt es wenig. Hartz IV war von vielen gewollt, die leistungslose Lumpenelite der Republik stand wie ein Mann hinter jener Sozialreform, die bislang mehr Menschenleben gekostet hat als jede andere Sozialreform der Republik. Aber: was wäre das für eine Blamage, wenn sich herausstellen würde, das das ein großer Murks war? Auch noch so viel Druck bekommt aktuell 2,9 Millionen Arbeitslose nicht auf 600 000 Stellen – das merkt man als Normalbürger auf den ersten Blick. Aber: wenn man unvermeidbaren (und gelegentlich auch tödlichen) Druck auf Arbeitslose ausübt, hat man einen schönen Nebeneffekt: der Bürger ist auf einmal damit beschäftigt, bloß irgendwie diesem Druck auszuweichen.
Das gilt im Zeitalter des großen Zeitungssterbens auch und gerade für Journalisten, jene Berufsgruppe, die über dieses Land, das Grundgesetz und ihre Bürger real wachen sollen um jenen Missbrauch von Macht aufzudecken, der uns mit immer neuen Kostenexplosionen im öffentlichen Bereich überhaupt erst in die wirtschaftliche Katastrophe gebracht hat.
Einer dieser Journalisten ist Fabian Presler – ein Mensch aus Hessisch-Lichtenau. Er arbeitet in der Sendeleitung von Antenne Hessen, wo man einen erstaunlichen Selbstversuch unternommen hatte: man testete 100 Jobcenter persönlich. Die Ergebnisse waren … grauenerregend, siehe Tagesmeldungen:
100 Jobcenter wurden in ganz Deutschland unter die Lupe genommen und getestet. 84 der 100 Jobcenter sind negativ und zum Teil völlig überfordert aufgefallen. So reagierte man auf gereizte Situationen mit Ausbrüchen und Drohungen. Oftmals wollte man dem Probanden das gesamte Geld Streichen, wenn er sich nicht sofort beruhigen würde.
Auf Situationen in denen man traurig und verstört war, (zum Beispiel durch Angst die Existenz zu verlieren) reagierte man mit Unwissenheit oder Stress, da man nicht wusste, wie man die Person beruhigen solle.
Ausgefertigte “Eingliederungsverträge” wurden oftmals nur mit den Pflichten des arbeitslosen bestückt, jedoch nicht mit den Pflichten der Jobcenter.
16 von 100 getesteten Sachbearbeitern /Jobcenter gelangen ein gutes und sachliches Gespräch, auch innerhalb der gestellten Situationen. Dies ist jedoch eine ernüchternde Zahl!
Die Ergebnisse sind absolut erbärmlich: immerhin handelt es sich bei den Minderleistern um Menschen, die zu 100 % von unseren Beiträgen leben. Als Dank dafür reagieren sie mit Ausbrüchen, Drohungen, Inkompetenz und weit überwiegender Unsachlichkeit – man denkt, des Führers Sturmabteilungen sind wieder zurück.
Das Verblüffende: das Jobcenter in der Ecke von Hessisch-Lichtenau sieht auch so aus. In einer Jubelmeldung der Hessischen Allgemeinen Zeitung über das „Jobmobil für Arbeit“ finden wir ein Bild der Mitarbeiter der Jobcenter: die Frauen in schwarz-grau mit orangenem Halstuch, die Männer in schwarz-grau mit orangener Krawatte. Die neue Uniform für Jobcentermitarbeiter? Ach ja: das Jobmobil – eine einzigartige Erfindung der Jobcenter in den waldreichen Gebieten um den Wohnort der Frau Holle: da fährt ein Auto herum und hat in der Tat ECHTE JOBS für Arbeitslose … eine Leistung, die die nicht rollenden Jobcenter auch nach Jahren nicht hinbekommen.
Dafür schaffen die Jobcenter dort einiges – und können wohl als typisch gelten für die Murkserei der Jobcenter in ganz Deutschland, die alle das gleiche Problem haben: fünf Arbeitslose, die keiner will auf einen Arbeitsplatz zu bekommen, für den sie nicht qualifiziert sind.
Was macht man stattdessen?
Steuergeldkonfetti – wie üblich. Eine beliebte Methode aus jenen Zeiten, in denen das Geld im Lande noch reichlich sprudelte. Das Jobcenter Witzenhausen hat sich da etwas besonders Schönes ausgedacht, siehe HNA:
„Andiamo“ begleitete 121 Frauen aus dem Werra-Meißner-Kreis in den vergangenen drei Jahren bei genau diesen Fragen. Das Projekt ist Teil des Bundesprogramms für „Gute Arbeit für Alleinerziehende“ und soll arbeitslose Single-Eltern wieder in den Beruf bringen.
Die arbeitslosen Damen posieren Stolz vor großformatigen Postern, auf denen sie selbst in ansprechenden Kostümen zu sehen sind: das hat sicher Spaß gemacht – vor allem konnte man für die teilnehmenden Arbeitslosen nochmal ein Dutzend andere Menschen beschäftigen. Was kostet das?
Andiamo lief parallel in Witzenhausen und Eschwege und wurde vom Staat mit einer Millionen Euro gefördert. Regional kamen noch zirka 250 000 Euro vom Jobcenter hinzu.
Macht 10330 Euro pro Frau.
Damit die ein Selbstbild haben.
Der Regelsatz dieser Frauen beträgt aktuell 382 Euro monatlich – nur mal so zum Vergleich. Auf das Photo verzichtet, das Geld direkt dort ausbezahlt, wo es gebraucht wird … was hätte man da Not lindern und die Schicksale der Kinder der alleinerziehenden Mütter positiv beeinflussen können … aber die Jobcentermitarbeiter wären dann halt nicht so schön beschäftigt gewesen, die Statistiken nicht so wirkungsvoll entlastet. Ja – die Frauen waren ja in einer „Maßnahme“. Dort versteckt man ebenfalls immer gerne ein paar Arbeitslosenkolonnen.
Die Bewertung des Jobcenters Witzenhausen bei Sozialhilfe 24 ist auch gleich eine dementsprechende Katastrophe: unfreundlich, inkompetent, langsam, schlecht erreichbar, pingelig – die Noten liegen unter „4“, bei der Bearbeitung von Beschwerden sogar unter „5“. Aber: man ist schnell wieder draußen und das Gebäude scheint auch ansprechend zu sein. Sich selbst gegenüber scheinen die Mitarbeiter des Jobcenters aber wesentlich großzügiger zu sein: sie haben mehr Feiertage als der Rest Deutschlands. Einem Pressedisplay entnehme ich, das das Jobcenter Witzenhausen an den „Feiertagen“ 24. Dezember und 31. Dezember geschlossen ist … einfach mal bei Aldi, Lidl oder Rewe nachfragen: diese Luxusfeiertage gibt es dort nicht.
Dafür hat das Jobcenter dort andere Zahlen, mit denen es sich brüstet, siehe HNA:
Mehr als doppelt so stark wie im Bundesschnitt sind die Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger im Werra-Meißner-Kreis gestiegen. Registrierte und ahndete das Jobcenter Werra-Meißner im Jahr 2010 noch 1168 Verstöße, waren es im vorigen Jahr bereits 1451.
Dort wird „hart durchgegriffen“, wohl ganz im Sinne des schon mal als „Wadenbeisser der CDU“ bezeichneten Bürgermeisters, der auch einen Vertreter im Beirat des Jobcenters hat. Nun gibt es ja für Sanktionen zweierlei Gründe: entweder ist der Arbeitslose nicht kooperativ – oder der Mitarbeiter inkompetent. Bei einer Inkompetenzquote der Jobcentermitarbeiter von 84 Prozent sollte das nicht weiter verwundern.
Und da kommt jetzt wieder Fabian Presler von Radio Hessen ins Gespräch, denn der beobachtete Ungeheuerliches, siehe Antenne Hessen:
Das Jobcenter ist ein Ort an dem man nicht gerne hingehen möchte. In Witzenhausen ist es für einige sogar eine Tortur! Dafür verantwortlich ist eine Sachbearbeiterin der Behörde, die Willkürlich handelt und dabei ohne Rücksicht auf Verluste, gegen ihre Kunden vor geht. Die Eingliederung in Arbeit wird nicht ermöglicht und mit Sanktionen wird um sich geschmissen! Als teils hysterisch und aber auch zu keiner Übereinkunft zugänglich, ist die Mitarbeiterin bekannt. Laut Angaben von Hilfesuchenden Kunden, wird immer wieder erwähnt, dass sie “Schwierigkeiten” haben würden. “Das Sperren und die Ausgabe von Sanktionen, ist nur eine absolut, letzte Variante, um eine fehlende Mitarbeit zu bestrafen, aber nicht um Menschen, die sowieso am Existenzminimum sind, willkürlich zu behandeln!” So die Aussage eines Experten zu den Vorfällen. “Auch das Jobcenter hat sich an Richtlinien zu halten und sollte erkennen, dass es sich hier um Menschen handelt, deren Existenz zum Monatsende am Abgrund steht!” – Führt er fort…
Immer wieder wird von Übergriffen auf Mitarbeiter der Jobcenter berichtet, wofür oftmals auch die falsche Behandlung der gemeldeten Personen ein Grund darstellt. Bei einem Testgespräch, mit einem unserer Mitarbeiter, erwies sich die Mitarbeiterin der Behörde, als äußerst unzugänglich und lies uns nicht mal ausreden. Es werden offen mit Sanktionen herumgespielt und Gelder bis auf den buchstäblich letzten Cent gekürzt!
So war Demokratie nie gedacht gewesen. In der Tat sind wir vor zweihundert Jahren dafür auf die Straße gegangen und haben dem Adel die Köpfe abgeschlagen, damit nie wieder ein Mensch im normalen Alltag mit Leib und Leben von einem anderen Landsmann abhängig und in seinem Überleben völlig der Willkür eines anderen ausgeliefert ist.
SPD und Grüne sahen das anders – eine altbekannte Geschichte.
In Witzenau wurde das sogar noch grausamer praktiziert, nochmal Antenne Hessen:
Ein weiterer Fall ist bekannt, wo man von einem hochschwangeren Teenager verlangt, trotz Mutterschutz einer Arbeit nachzugehen. Da dies durch die Schwangerschaft nicht möglich ist, sanktioniert Frau S. den 16-Jahre jungen Teenie mit 30% der Leitungen. Eine Katastrophe für die werdende Mutter.
Erbärmlich, oder? Völlig erbärmlich überhaupt nur daran zu denken, so einem hilflosen Mädchen so etwas in einer solchen Situation anzutun – vom Kind mal ganz zu schweigen.
Der Leser fragt sich: was ist da los in Witzenhausen und Umgebung, wo doppelt so viele Arbeitslose sanktioniert werden wie im Rest Deutschlands? Sind die Hessen etwa richtig arbeitsfaule Schweine – vor allem die im Werra-Meißner-Kreis? Oder sind die schwarz-grau gekleideten Brigadiere der Jobcenter mit ihren orangenen Accessoirs vielleicht anderen Grundsätzen verpflichtet als denen jenes Landes, dessen Geld sie so großzügig ausgeben?
Der Steuerzahler erhoffte sich Aufklärung.
Nun gut, die Hoffnung hat man eigentlich angesichts des Normalzustandes der Bezahlmedien schon aufgegeben, aber immerhin hatte sich Fabian Presler von Antenne Hessen mutig vorgewagt und man konnte auf weitere Informationen hoffen.
Allerdings …. hatte man da die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Die Wahrheit über die Arbeitslosen in Deutschland und ihre Behandlung ist ein Geheimnis – und so soll es auch bleiben. Aktuell haben Antenne Hessen und Herr Fabian Presler eine Klage vorliegen:
Nach dem Bericht “Willkür auf dem Jobcenter Witzenhausen” reagiert dieses nun und setzt ihre Rechtsanwälte in Kontakt. Eine Unterlassungsanordnung in Höhe von 25.000,00 EUR soll gegen die Antenne Mediengesellschaft und den Journalisten Fabian Presler erwirkt werden. Als Grund für die Unterlassung wird die angebliche Identifizierbarkeit der Jobcenter-Mitarbeiterin betitelt.
Personenschutz und Datenschutz sind wichtig in diesem Land – keine Frage. Aber wie viele Missstände in diesem Land können wir eigentlich noch aufklären, wenn wir die Namen der Täter nicht nennen dürfen, sondern auch noch das Beste tun müssen, damit die auf gar keinen Fall identifizierbar sind? Was hier viel eher als Missstand ins Auge springt – auch ohne Zutun von Antenne Hessen: eine privat uniformierte Truppe von Staatsdienern mit Sonderfeiertagen erzielt dort Sanktionsergebnisse, mit doppelt so schnell gestiegen sind wie im Bundesdurchschnitt. Über die Hintergründe wäre ich gerne informiert.
Auch soll die Antenne jegliche Behauptung zurück nehmen, dass es zu willkürlichen Sanktionen und anderen, beweisbaren Zwischenfällen gekommen sei. So sollen die Behauptungen zu dem Vorfall des hochschwangeren Teenagers zurückgezogen und jegliche Aussagen seitens des Medienunternehmens revidiert werden.
Lieber wäre mir, das Jobcenter Witzenhausen würde beweisen, das es eine solche Grausamkeit nicht gegeben hätte – aber das Prinzip kennen wir ja: Käseglocke Deutschland.
Das die Berichterstattung nachvollziehbar und angekündigt war, wurde von Seiten der angegriffenen Sachbearbeiterin nicht mitgeteilt. Vielmehr sieht sie sich “in ihrer Würde verletzt” und die Antenne, wie Presler haben eine “schwerwiegende Rechtsverletzung” begangen. Sowohl die Ehre und Würde der benannten Sachbearbeiterin und der Behörde sollen verletzt worden sein. Als Kläger gilt hier jedoch nicht das Jobcenter Witzenhausen, sondern das Jobcenter Eschwege, welches als übergeordnete Stelle fungiert. Das eigentliche Jobcenter gibt sich bedeckt und traf zu den Vorwürfen keine Aussagen.
Seltsam, das das übergeordnete Jobcenter hier deckend eingreift. Schön wäre es, wenn man mit gleicher Energie die Würde der Sanktionierten schützen würde und uns Bürgern mal über den Ursprung dieser eigenartigen Uniformen informieren könnte. Mich interessiert besonders das Schicksal des sechzehnjährigen Mädchens. Man sollte es im Auge behalten, um dem Kind später die Möglichkeit zu geben, eine Schadensersatzklage gegen die Behörde zu führen. So was können Kinder inzwischen. Ein Anzeige wegen Kindswohlgefährdung wäre jetzt ebenfalls angemessen – die kann ich von hier aber nicht führen.
Oder tragen das jetzt alle Arbeitslosendrückerkolonnen (ich nenne die mal so, weil das ja ihre Aufgabe ist: Druck machen. Wird nur allzu oft vergessen.)?
Aber wir können verstehen, warum hier eine so kleine Angelegenheit mit großem Steuergeldeinsatz niedergeklagt wird, wenn wir den Rahmen verstehen: die Käseglocke über den Finanzstandtort Deutschland muss dicht bleiben, damit die Märkte nicht schon Morgen die Konsequenz aus den Realitäten sehen – und deshalb dürfen wir nicht erfahren, was im Jobcenter Witzenhausen eigentlich los ist.
Unter gar keine Umständen darf in diesem Hornissennest herumgestochert werden.
Wir lösen keine Probleme mehr … wir erschießen einfach die Boten, die uns die Nachricht von Problemen bringen.
Das ist eine Frage das neuen Informationsprinzips in Deutschland, ein ganz zentrales Thema – hier gilt nach wie vor der Wunsch der Kanzlerin, über die Krise verhalten zu reden.
Eine Weile kann man damit ganz gut leben und sein Geld an der Börse vermehren.
Journalisten haben aber etwas anderes zu tun:
Wozu Journalismus? Journalismus muss Tabubrecher sein. Er verlässt die sichere Distanz und wendet sich menschlichen Schicksalen zu. So ermöglicht er Miterleiden und Miterleben und schafft Empathie. Aufklärung ist keine Buchstabenfrage. Auch Emotionen können Argumente sein.
Das meint jedenfalls Professor Ernst Elitz, Gründungsintendant des Deutschlandradios in der Süddeutschen.
Wäre schön, wenn das auch eine Behörde wie das Jobcenter Eschwege respektieren könnte, anstatt – mal wieder auf Kosten der Steuerzahler – zu versuchen, den Jounalismus mundtot zu machen oder niederzuklagen.
Aber … was wird denn dann nur aus den schönen Sonderfeiertagen, Maßnahmen und den schicken neuen Uniformen … wenn da alle drüber Bescheid wissen?
Und wenn die Inkompetenz erstmal bei allen bekannt ist, dann rollen sowieso erstmal wieder Köpfe.
Wird vielleicht auch Zeit dafür.
Wenn wir nämlich in die USA schauen, dann merken wir, das es höchste Zeit wird für eine Kultur der Wahrheit, eine Kultur der Gerechtigkeit und Ehrlichkeit – und das wir keinen Platz mehr haben für das übliche Steuergeldkonfetti, mit der Behörden ihre Hilflosigkeit und Inkompetenz vertuschen wollen … oder ihre heimlichen Hinrichtungen.
Samstag, 15.12.2012. Eifel. Gestern habe ich tief in die Wälder zurückgezogen und über das Ende des Eifelphilosophen nachgedacht. Das mag vielleicht überraschend kommen, gelte ich doch als enthusiastischer Schreiber, aber es gab auch zwei konkrete Anlässe. Der erste ist finanzieller Natur. Nun – ich lebe sehr glücklich mit wenig Geld, weil ich noch nie viel zum Glücklichsein brauchte. Natur, Stille, Licht, Wind, Kerzenschein – diese Dinge erfreuen mein Herz. Ich kann also gut und viel umsonst schreiben, einfach auch aus Dankbarkeit und Liebe zu einem Land, das so ein Leben ermöglicht: immerhin hat dieses Land meine Ausbildung und mein Studium finanziert: Zeit, ihm ein wenig zurückzugeben. Ich habe zwar auch enorm viel Steuern bezahlt – aber diese Steuern stammten alle aus Beiträgen der Bürger für die Gesundheitsversorgung. Aus Scham über diese Tatsache habe ich auch keinen Steuerberater genommen, um die persönlichen Erträge zu maximieren: das war doch eh´ alles Raubgeld. Jetzt aber wird dieses Geld langsam nötig: TAZ, junge Welt, Wallstreet Journal und Welt fangen an, Geld für Artikel zu fordern – was ich denen auch gerne geben würde, doch leider nicht mehr habe. Ich nehme an, das andere Zeitungen dem Nachfolgen werden.
Für einen Artikel hier durchstöbere ich gut 80 weitere – was keiner mitbekommt. Wenn ich einen schreibe -wie diesen hier, sind oben 20 Fenster geöffnet (manchmal auch 40), die Informationen erhalten, die dem Thema nützlich sind. Zahle ich also die 99 Cent pro Artikel, die gerade aufgerufen werden, kostet mich ein Artikel insgesamt (vom Strom und Arbeitszeit mal abgesehen) 80 Euro. Das werde ich nicht lange durchhalten. 2000 Euro pro Monat, um Nachrichten lesen zu dürfen, wird mich überfordern … und es ist ein sehr bedenklicher Trend, weil er mein „Geschäftsmodell“ unmöglich macht, das im Prinzip ja gerade daraus besteht, gegen die Regierungslügen anzugehen, in dem ich die Wahrheit aus Bruchstücken vieler Einzelmeldungen rekonstruiere um einen Gegenpol zu dem zu erhalten, was die Medien uns verkaufen wollen – even the worst case halt. Wenn Infomation zur Ware wird, wird mir meine Bescheidenheit zum Fluch.
Doch nicht nur das bringt mich sehr ins Grübeln, denn ich werde noch ziemlich lange durchhalten können – das Internet ist riesengroß. Nur: die Ziele der Meinungsbildung der Mainstreammedien werde ich dann nicht mehr ausloten können. Was mich nebenbei sehr getroffen hat, ist der Fall Boes, durch den ich mich ziemlich lächerlich gemacht habe. Immerhin habe ich für ihn geworben, aus ihm einen neuen Stauffenberg gemacht (die Mehrheit der Deutschen hätte das als eine Ehre empfunden – Widerstand gegen unmenschliche Systeme und den Namen Stauffenberg kann man hier synonym verwenden). Dabei habe ich den – unverzeihlichen – Fehler begangen, das ich ihm einfach so getraut habe. Ein Philosoph mit Geistesschulungen, prämiert von der Bundesanstalt für politische Bildung – was kann da schon schiefgehen?
Schiefgegangen ist eigentlich alles – und der Fernsehauftritt (seit dem die Spendenflut für Herrn Boes deutlich zurückgegangen ist) bestätigte diese Katastrophe. Gut, ich wusste, das er sich eine Position erarbeitete hatte, die einen großen Schlag möglich gemacht hätte – bei breiter Unterstützung der sozial engagierten Kreise in diesem Land – doch die war nicht gewünscht. Daraus hätte – wie aus der Piratenpartei – viel werden können. Denen hatte ich 2008 15 % vorhergesagt – und es hat sich gezeigt, das dieses Potential da war. Boes hätte den Auftritt des Herrn Ponader noch übertreffen können (sein Auftritt bei Jauch hat der Partei meine Stimme für die nächste Wahl gesichert), aber er hat sich zu einer anderen Art Auftritt entschieden. Heute entschuldigt er sich schon bei seinen Fans dafür, die noch glauben, er hätte etwas anderes im Sinn als seine persönliche Karriere zu fördern.
Nun Ralph Boes ist nicht von der Bundesanstalt für politische Bildung prämiert worden, er war nur als Referent da, als die BpB eine Qualitätssicherung des Veranstalters durchgeführt hat. Solche kleinen Lügen mag man noch verzeihen – allerdings bekomme ich dann doch Magenschmerzen, wenn ich sehe, das sich hier jemand als Alternative zum etablierten politischen System aufstellt (immerhin habe auch ich eine E-Mail mit der Bitte um Unterstützung bekommen), aber selber seinen Weg schon mit den handelsüblichen Schwindeleien eines Guttenberg beginnt.
Das ganze wurde aber noch schlimmer, denn der sogenannte Philosoph hat sich nur selbst dazu ernannt, ein Studium hat er nie abgeschlossen, siehe Zeit:
Boes begann ein Philosophie-Studium in Heidelberg, aber das war nichts für ihn: »Da steht man wie das dumme Vieh und muss immer gucken, was der eine und was der andere gesagt hat.« Das Universitätsstudium barg ihm zu wenig »innere Selbstbegegnung«, wie er sagt. Also verließ er die Universität. »Ich bin da nicht gescheitert, ich bin da ausgestiegen, weil die Universitäten vor meinem inneren Blick gescheitert sind.«
Das Studium war nichts für ihn – das hat er nach fünfzehn Semestern gemerkt, anderen zuhören zu müssen, war nichts für ihn und seine Perspektive ist die eines Königs oder Gottes, vor dessen „innerem Auge“ die Krönung der abendländischen Kultur scheitert. Aufgrund dieser nicht mehr zu übertreffenden Arroganz ist er auch bei Maischberger gescheitert und wird auch weiter scheitern: wenn man ein Produkt einer breiten Masse verkaufen will (nichts weiter ist die Verbreitung der Idee des allgemeinen Grundeinkommens), sollte man sich für seine Kunden interessieren.
Für einen „Eifelphilosophen“ ist dieser inflationäre Gebrauch des Titel des „Philosophen“ schwer zu ertragen – und bevor ich (nach dem Verrat der Linken) 2008 auf die Piratenpartei gestoßen bin, habe ich mir viel Gedanken darüber gemacht, ob ich es mir anmaßen kann, dieses Pseudonym dort zu verwenden. Da ich ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Philosophie vorweisen kann (also außer mir selbst auch andere der Meinung waren, das ich die Kunst der Philosophie in Grundzügen beherrsche – es stand auch ein „sehr gut“ auf dem Zeugnis), dachte ich mir: na, das geht schon. Hätte ich ein Physikstudium abgeschlossen, hätte ich mich Physiker nennen können – aber ohne abgeschlossenes Medizinstudium sollte sich … der Gesundheit seiner Patienten zuliebe … auch keiner Arzt nennen.
So aber schadet die Titelanmaßung des Herrn Boes einem ganzen Berufsstand, der hart für seine Abschlüsse gearbeitet hat – was nicht immer angenehm war. Wie viele würden ihm noch folgen, wenn sie von dieser Lüge erfahren würden? Welchem „Philosophen“ wird man noch zuhören, wenn solche Typen auf der Szene erscheinen?
Nun – für die Arroganz dem kleinen Mann gegenüber, den er mit seinem erschlichenen Titel blenden wollte, bekommt er jetzt Hassmails, die ihm bei Begegnung Gewaltanwendung versprechen – und ich verstehe, warum Katja Kipping diese Gestalt nicht bei den Linken sehen will: jegliche Seriösität wäre sofort flöten – und das kostet Wählerstimmen.
Fehlendes Geld, fragwürdige Reputation – gibt es noch etwas, das an das Ende denken läßt? Nun – das Thema Arbeitslosigkeit hat sich bald erledigt. Die Situtation kumuliert in einem bald nicht mehr zu versteckendem Ausmaße – und die ersten wahren und echten Arbeitslosenzahlen erreichen die Öffentlichkeit. 3,4 Millionen Deutsche verschulden sich für Weihnachten (siehe Handelsblatt), Deutschlands Mittelschicht schrumpft dramatisch (siehe Spiegel) das Lieblingskind des Deutschen – die Lebensversicherung – gerät ins Wanken, siehe Handelsblatt:
Der Garantiezins ist den Versicherern schon länger ein Dorn im Auge. Denn er steht bei Vertragsabschluss für die gesamte Laufzeit des Vertrages fest – doch den Versicherern fällt es schwer, Anlagen zu finden, die über eine so lange Zeit sichere Renditen abwerfen.
Was im Klartext heißt: das Kasino ist im Eimer, sichere Geldanlagen gibt es nicht mehr, das Kartenhaus stürzt in sich zusammen. Sagt man uns nur noch nicht so deutlich. Wir hätten das Wissen können, wenn man uns früh genug gesagt hätte, wie viele Arbeitslose wir wirklich haben: aber anstatt einer Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hatte man sich – mit großem Erfolg – der Bekämpfung der Arbeitslosenstatistik zugewandt. Hier hat man interessante Tricks angewandt: siehe Destasis:
Zu den Normalarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern zählen abhängig Beschäftigte mit einer unbefristeten und voll sozialversicherungspflichtigen Vollzeittätigkeit, die direkt für ihren Arbeitgeber, also nicht über eine Zeitarbeitsfirma vermittelt, arbeiten. Als Vollzeitbeschäftigte gelten hier Erwerbstätige mit einer wöchentlichen Arbeitszeit ab 21 Stunden. Betrachtet werden dabei nur Erwerbstätige im Alter von 15 bis 64 Jahren, die sich nicht in Bildung oder Ausbildung befinden (Kernerwerbstätige).
Ein Vollzeitarbeitsverhältnis mit 21 Stunden die Woche?
Dennoch lag im Jahr 2011 die Zahl der Normalbeschäftigten mit 23,67 Millionen noch niedriger als vor zehn Jahren (2001: 23,74 Millionen) und deutlich unter der von 1991 (26,83 Millionen).
Wie es aussehen würde, wenn man nur noch die Berufe zählen würde, in der ein Arbeitnehmer Kinder und Ehepartner mitfinanzieren kann (das klassische Familienmodell, auf dem unser aktuelles Grundeinkommen geplant war), kann man sich ausmalen. Da weiß man auch, was von den Meldungen zu halten ist, das 40 Millionen Deutsche „beschäftigt“ sind. Halbwegs richtige Arbeit haben nur noch 24 Millionen Deutsche – und einige davon sind Aufstocker, weil die 21-Stunden-Jobs nicht mehr soviel einbringen.
4,6 Millionen davon sind im öffentlichen Dienst beschäftigt – reduziert die Zahl auf 19 Millionen, zieht man noch die 1,7 Millionen Beamte ab, dann arbeiten nur noch 17, 3 Millionen – und viele davon nur noch 21 Stunden.
Diese finanzieren ein System, das beständig mehr Milliarden in den Sand setzt (wie Stuttgart 21, siehe Handelsblatt), das aus Steuern sparen einen Volkssport macht (ebenfalls Handelsblatt) und die Wohnungen der Bürger an Investoren verschachert (siehe Verkäufe des Bundes in diesem Jahr, Quelle: Bildzeitung).
Vor diesem Hintergund versteht man, warum die Springerpresse auf breiter Front die Agenda 2020 propagiert – mit deutlich gekürzten Regelsätze für Arbeitslose – siehe Gegen-Hartz. Viel Hilfe aus dem (echten, nicht eingebildeten) akademischen Sektor wird man beim Widerstand gegen diese Entwicklung nicht mehr bekommen, zunehmend drängen sich die Konzerne an die Universitäten, siehe Spiegel:
Die Sorge der Kritiker: Externe Geldgeber könnten verstärkt Einfluss nehmen auf Lehre und Forschung, deren Freiheit im Grundgesetz festgeschrieben ist. Tatsächlich werden bereits 660 Lehrstühle von Finanziers mit Eigeninteressen bezahlt. Die setzen dann zuweilen sogar durch, dass Gebäude und Räume nach ihnen benannt werden. So gehen Studenten in Wiesbaden, Düsseldorf und Würzburg zur Vorlesung eben in den Aldi-Süd-Hörsaal.
Die haben bald ihre eigenen Philosophen, die dann ihre Job für Aldi machen: die Welt verändern. Und was die tun werden, beschreibt Subcommandante Marcos aus seinem Versteck in den Bergen von Mexiko, siehe Freitag:
Wenn sich im Supermarkt der Globalisierung der Nationalstaat als ein weiteres Unternehmen versteht, die Regierenden sich als Geschäftsführer, die Polizisten sich als Wachschutz sehen, dann fällt den intellektuellen Rechten der Bereich der PR zu – sie sind die theoretischen Bodyguards des Fürsten, die Ansager der „neuen Geschichte“.
Die Entwicklung war spätestens seit 1996 bekannt – Vivianne Forrester schildert sie in ihrem Werk „Terror der Ökonomie“, ein weiterer Mahner bringt die Realität im Jahre 2012 auf den Punkt, siehe Junge Welt
Laut ECOSOC-Statistik sind vergangenes Jahr 52 Millionen Menschen Epidemien, verseuchtem Wasser, Hunger und Mangelkrankheiten zum Opfer gefallen. Der deutsche Faschismus brauchte sechs Kriegsjahre, um 56 Millionen Menschen umzubringen – die neoliberale Wirtschaftsordnung schafft das locker in wenig mehr als einem Jahr.
Für die Völker des Südens hat der dritte Weltkrieg längst begonnen. Solange wir schweigen, sind wir Komplizen der Mörder. Che Guevara hat gesagt: »Auch die stärksten Mauern fallen durch Risse« – und diese Risse werden zunehmend sichtbar!
Auch die stärksten Mauern fallen durch Risse – allerdings starb Che Guevarra derzeit in Bolivien, weil er die Lage völlig falsch eingeschätzt hat: ein Riesenfehler für Revolutionäre. Auch wir in Deutschland schätzen die Lage völlig falsch ein: der Anfang der achtziger Jahre begonnene Krieg des Kapitals gegen die Demokratie kommt jetzt langsam in sein Endstadium, sie fahren den Endsieg ein. Augenwischereien vom deutschen Mittelstand sind weit verbreitet, das Privatfernsehen verschenkt schon aus Spaß Millionen, um diese Illusion des Reichtums aufrecht zu erhalten – dabei sind wir bitterarm.
Mittelstand, dafür sind in Deutschland schon ein paar Millionen nötig, das hat the intelligence schön ausgeführt:
Wenn wir von Reichtum sprechen, dann bezieht sich der Begriff auf jene Familien, die über den wahren Reichtum herrschen. Diese Tatsache respektierend, wird die Gruppe der „Schmalspur-Millionäre“ zweifellos zum Mittelstand. Und wir, ungeachtet, ob wir nun 1.000, 2.000 oder 5.000 Euro im Monat verdienen, wir sind das Humankapital. Wir sind die arme Masse, die nur überlebt, wenn sie ihre wertvolle Zeit damit verbringt, sich als bezahlte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen.
Und was diese Familien so besitzen, ist schon atemberaubend:
Allein der Crown Estate in Großbritannien repräsentiert einen Wert von sieben Billionen Pfund (€ 8.674 Milliarden). Dazu kommt noch der Kronbesitz in den Commonwealth-Staaten wie Kanada und Australien.
Konformisten mögen diesbezüglich behaupten, dass der Kronbesitz ja gar nicht dem Königshaus gehöre. Wem denn? Dem Volk gehört er nicht!
Das ist die Realität unserer Vermögensverteilung. Wir erfassen als Reiche nur die, die erfasst werden wollen. Die, die richtig Geld haben, sehen wir noch nicht mal – wir können nur in groben Zügen erfahren, was das bedeutet:
147 Unternehmen herrschen über die Weltwirtschaft, ist bei einer in der Schweiz durchgeführten Studie ans Tageslicht gekommen. Recherchen bezüglich der Besitzverhältnisse bringen immer wieder nur Namen von Konzernen hervor. Am häufigsten tauchen dabei „State Street Corporation“, „Vanguard Group“, „BlackRock“, „FMR, „J. P. Morgan“, „Capital World Investors“ und „Bank of New York Mellon Group“ auf. Ein Teil der Aktien befindet sich im Streubesitz. Doch wem diese Vermögenswerte, die hier geballt sind, nun tatsächlich gehören, ist nicht eruierbar.
Dabei sind die Informationen über die Besitzverhältnisse entscheidend, wenn man die reale politische Macht dieser Gruppe einschätzen will – hierzu nochmal Ziegler aus der (bald bankrotten) jungen Welt:
Wer also sind die Herren dieser kannibalischen Weltordnung? Da möchte ich zunächst die zehn größten multinationalen Konzerne nennen, die 85 Prozent der weltweit gehandelten Lebensmittel kontrollieren – sie entscheiden jeden Tag, wer ißt und lebt, wer hungert und stirbt. Ihre Strategie ist die Profitmaximierung.
Wenn wir das Grundeinkommen durchgesetzt haben, werden die die Preise erhöhen, weil sie nicht mehr genug aus diesem Land herausziehen. Wir werden gar nicht so schnell rennen können, wie die die Nahrungsmittel aus dem Euroraum herausziehen. Das erfahren wir aber nicht – nur der wirkliche Mittelstand in Deutschland hat Geld und Muße genug, sich – fernab von den Belästigungen durch Erwerbsarbeit – mit solchen Themen beschäftigen zu können … und die kommen dann zu dem Schluss, das es sinnvoller ist, so viele Millionen für sich an die Seite zu raffen, bevor der unvermeidliche große Knall kommt und der neoliberale Finanzfaschismus auch in Europa Massenmorde begeht … die Südfront Europas bricht gerade gewaltig zusammen.
Aber was geschieht hier? Wir werden belogen, siehe Zeit:
In der Öffentlichkeit finden Hartz-IV-Empfänger vor allem Beachtung als Jammerlappen, Fertiggerichtekocher, Flachbildschirmkäufer. Manchmal wird in Talkshows und Reportagen auch das Gegenbild vorgeführt, meist in Form einer tapferen Alleinerziehenden, die ohne Schuld in Not geraten ist. Meine Eltern gehören weder zur einen noch zur anderen Gruppe: Sie haben ein mittleres Bildungsniveau, sie legen Wert auf gesunde Ernährung, und sie hören Kulturradio, statt Bild zu lesen.
Wir haben die Rückkehr des Neger, des Juden, des Untermenschen zu verzeichnen, des niedrigen Insekts, das zertreten gehört. Das liest man aber nie in den Medien, obwohl es ein Superminister (SPD) in Deutschland war, der diese Klassifikationen eingeführt hat und damals für alle gebildeten Menschen deutlich verkündete, das der Dritte Weltkrieg (der in Europa noch ein Geldkrieg ist) ab sofort auch in Deutschland stattfindet. Und die Erfolge dieser Berichterstattung? Hören wir Dirk Mergel, ebenfalls Zeit:
Ich oute mich. Ich habe es lange vor meinen Freunden und Bekannten geheim gehalten. Ja, ich beziehe Hartz IV. Es ist ein erniedrigendes Gefühl. Es ist, als ob jemand dir den Boden unter den Füßen wegzieht. Es ist beschämend, sich auf dem Amt nackig zu machen, Kontoauszüge der letzten sechs Monate vorlegen zu müssen, bei einer Mitarbeiterin, die wahrscheinlich grade so die mittlere Reife geschafft hat, sich dir gegenüber jetzt aber wie eine Göttin aufführt.
So fühlt der Neger gegenüber dem weißen Massa. Erleben Millionen Menschen gerade – 42 Millionen in Deutschland, um es genau zu sagen. Diese erst unglaubliche Zahl, die man gar nicht oft genug nennen kann, wird nun plausibler, wenn man sieht, wie wenig Menschen noch einen echten Arbeitsplatz haben. Und die Superreichen, für die Neoliberalismus vor allem die liberale Freiheit bedeutet, mit ihrem Geld die gesamte westliche Wertegemeinschaft zu vernichten und hunderte Millionen von Menschen in den Hungertod zu schicken (zur Not – wie in Deutschland – auch per Gesetz).
Wenn es uns nicht schnell gelingt, eine Sammelbewegung zu schaffen, die sich gegen die treibenden Kräfte der Globalisierung zur Wehr setzt, dann werden wir jenes barbarische Zeitalter nichtaufhalten können, vor dem Herrmann Scheer so eindringlich gewarnt hat:
„Wenn wir so weiter machen, dann kommen neue Selektionsmechanismen zwischen Staaten, zwischen Rassen, zwischen Religionen, zwischen berechtigten Menschen und unberechtigten, zwischen wertvollen und nicht wertvollen Menschen, dann wird der monetäre Wert des Menschen irgendwann in den Vordergrund geschoben und dann beginnt ein neues Zeitalter der Barbarei. Das ist unausweichlich.“
Aktuell merken wir wieder, wie diese Barbarei aussehen kann: 20 Kindergartenkinder sind erschossen worden, der wie üblich aus gut situierten Verhältnissen stammende Täter galt als Genie (siehe Spiegel). Bevor man nun in großes, berechtigtes Wehklagen ausbricht, sollte man sich im Jahre 2012 mal eine Frage stellen: warum sollte der das eigentlich nicht tun dürfen? Er tut doch nur, was seine Eltern ihm vorleben: er macht, worauf er Bock hat, ohne Rücksicht auf die anderen.
Die Kultur der Eltern tötet jährlich 50 Millionen zur Finanzierung unseres Reichtums – was zählen da schon zwanzig Kinder mehr oder weniger?
Die Antwort auf diese Frage „warum eigentlich nicht“ wird den meisten Menschen von Jahr zu Jahr schwerer fallen, weil der Neoliberalismus zusehends die Moral verdrängt und einfach rücksichtslos die ganze Welt umbaut, fort von einer Welt der Moral hin zu einer Welt der … Barbarei der Stärkeren.
Und wenn man gegen diese Barbarei angehen will, dann ist es sehr förderlich, auf Moral zu bauen – und nicht auf Lügen.
Nun – das ich diese Lügen mitgetragen habe, sie empfohlen und befördert habe, schockiert und beschäftigt mich persönlich sehr – es ist ja nicht das erste Mal, das dies durch Politiker (oder solche die es werden wollen) geschieht. Ich werde heute wohl wieder grübelnd in meine tiefen Wälder zurückkehren und jene Pfade betreten, die mich über die grüne Grenze sicher ins Ausland bringen.Früher wurden hier Juden aus Berlin sicher über die Grenze gebracht, es scheint mir, als wäre es sinnvoll, jene geheimen Pfade lebendig zu erhalten.
Außerdem gibt es auch andere Entwicklungen, die zeigen, das meine Arbeit in dieser Form vielleicht auch gar nicht mehr benötigt wird: ein neues Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum hat die Bühne betreten, um die Armut in Deutschland bekämpfen zu können. Deutschlands führenste Erwerbslosenforen sind dabei. Das sagt eigentlich schon alles.
Dienstag, 12.6.2012. Eifel. Schauen Sie noch Fernsehen? Lesen Sie noch Zeitung? Besuchen Sie die Internetportale großer Nachrichtenmagazine? Nein? Sie glücklicher, ich muss. „Nachrichtenspiegel“ ohne Nachrichten ist schlichtweg undenkbar. Nun – ich beschränke mich auf die Onlinemedien (das schont den Wald und meine Nerven). Manchmal – vor allem beim lästigen Autofahren – bevorzuge ich ehemals reine Wortsender wie WDR 5. Da fällt mir dann etwas auf, was es dereinst beim „Frühstücksfernsehen“ gab. Da sitzen gut gelaunte Moderatoren mit einer Ich-könnte-platzen-vor-Glück-das-ich-diesen-Job-habe-und-ihr-nicht-Laune und flöten die aktuellen Nachrichten in feinstem Gewande durch den Äther. Das ist der staatliche Wohlfühlfunk. Ich noch niemand aufgefallen, das diese Art der Präsentation eine massive Manipulation ist? Wo sind die Menschen, die in der Schule noch gelernt haben, das eine Botschaft durch die Form der Präsentation ihren Wert verändern kann – weil es halt noch etwas anderes als die reine Sachebene gibt?
Die Botschaft, die so permantent verkündet wird, ist: Wir sitzen hier im Studio (und ihr Zuschauer irgendwie auch) – und dieser Ort ist absolut sicher. Da draussen, ja, da geschehen noch schreckliche Dinge, die wir – sehr eingeschränkt – auch mal zeigen, aber über die wollen wir uns keine Gedanken machen, das lenkt uns nur von den absolut phantastischen Ergebnissen der neuen Spielsaison im Fußball ab.
Schlimmer noch ist der („private“) Nutzviehfunk, den ich so nenne, weil der das Publikum eher wie Nutzvieh betrachtet. Da sie keine Gebühren einkassieren und somit vollständig von „der Wirtschaft“ und vor allem von „den Märkten“ abhängig sind, stellen sie das direkte Herrschafts- und Propagandainstrument der neuen Weltordnung da, die den Menschen wie eine Herde Nutztiere betrachtet. Alle sollen eng beieinander in die gleiche Richtung laufen, gelenkt von den Hunden des Privatmedien, die darauf achten, das jeder sich so einrichtet, wie man soll, seine Kinder so erzieht, wie man soll, seine Partner so wählt, wie man soll, sein „Outfit“ so wählt, wie man soll, seine Freizeit so verbringt, wie man soll, hasst wen man soll und anbetet wen man soll. Wer aus der Reihe tanzt kommt ins Dschungelcamp oder in den Big Brother Container – da hat unsere Medienschickeria schon längst dereinst utopisch klingene Horrorbilder von Gesellschaft mit realem Leben gefüllt.
Was die Protagonisten dieser Schein- und Täuschreporterszene eint, ist die Kleidung.
Die Kleidung – (der feine Zwirn) – hat eine weitere Botschaft, die über das Radio natürlich nicht so gut ´rüberkommt: WIR GEHÖREN DAZU – IHR AUCH?
Bei den Nutzviehmedien wurde das lange Zeit ganz offen gehandhabt (ich habe seit jetzt acht Jahren nichts mehr von denen gesehen, bin deshalb etwas schlecht informiert über die aktuelle Lage): unser Moderatoren wurden ausgestopft von Dings & Bumms, Karl Lagerware und Chef Boss, damit auch jeder Zuschauer wußte, WAS MAN SO TRÄGT.
Das System ist etwas komplizierter als das frühere mit den Hakenkreuzarmbinden, hat aber den gleichen Sinn: das man auf der Straße, im Geschäft, im Personalbüro und auf der Behörde gleich erkennt, wer dazugehört … oder einfach bereit ist, alles – aber auch wirklich alles – zu geben, um dazu zu gehören.
Was die mediale Wirkung angeht, so arbeiten alle zusammen – die einen sorgen mit brutalen Hirtenhundgebelle für die Disziplin der Herde, die anderen sorgen dafür, das die sich auf dem Weg wohl fühlen.
Und wohin führt dieser Weg wohl? Dahin, wo alle Wege von Nutzvieh führen: auf die Schlachtbank. Das sieht man aber nur, wenn man mal aufsteht, mutig den Kopf über die gebeugten Rücken der anderen erhebt und weit nach vorne schaut. Das kann jeder machen – einfach mal ausprobieren. In der Schweiz ist man ja schon der Meinung, das Deutschland hier gerade eine europäische Vorreiterrolle innehat, siehe Schweiz Magazin:
Die deutschen Massenmedien haben den Einfluss auf ihre Leserschaft verloren. Kaum noch ein Beitrag der den Redakteuren nicht links und rechts um die Ohren gehauen wird und kein Tag an dem der „Dritte-Macht“ Anspruch der Journaille brutal immer und immer wieder scheitert.
Nun, ich dachte immer, es wäre die Vierte Macht – aber die zählen in der Schweiz vielleicht anders. Ich habe diesen Beobachtung gleich mal ausprobiert – bei zwei sehr wichtigen Themen: Weltkrieg und Korruption. Das eine zerstört ein Land von außen, das andere zerstört es von innen – also eigentlich wichtige Themen.
Über die Weltkriegsgefahr habe ich ja schon öfter geschrieben – und in der Tat ist dieses Thema jetzt in den Bezahlmedien aufgetaucht (was mir übrigens häufiger begegnet – ich glaube, die holen sich ihre Ideen auch aus den vielgescholtenen Blogs, weil ihnen sonst nichts mehr einfällt): endlich nimmt man die neue Machtballung im Osten war – hier im Handelsblatt wird die „unbemerkte Allianz“ zwischen Russland und China offiziell für die Öffentlichkeit mit einer neuen Abkürzung (SCO statt SOZ) als Gesprächsgegenstand eingeführt.
Was meint der Leser dazu – hier der „Numismatiker“?
Unbemerkt?
Wer in den letzten fünf Jahren Zeitung lesen/fernsehen konnte, hat bestimmt immer mal wieder Meldungen registrieren können, daß Rußland und China immer mehr zusammenrücken. Aber unsere Politiker und Firmenbosse, die sich selbst in ihrem Wahn gerne als „Elite des Landes“ bezeichnen, nehmen längerfristige Entwicklungen eben nicht wahr.
Das würde ich als Nachrichtenkonsument auch so sehen. Da ich aber auch Blogkonsument bin, wurde ich schon früher informiert – zum Beispiel durch die AG Friedensforschung der Uni Kassel, die den neuen Machtblock schon 2005 wahrnahm:
Das Treffen der Regierungschefs der Mitgliedsländer der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) hat ein starkes Echo ausgelöst. Zunächst sah die „Christian Science Monitor“ darin einen Versuch, ein östliches Gegengewicht zur Nato herzustellen. Danach erklärte Russlands Präsident Wladimir Putin ohne Umschweife, die Organisation sei in den fünf Jahren über den Rahmen der „ursprünglich erklärten Aufgaben“ hinausgegangen, schreibt die „Nowyje Iswestija“ am Donnerstag [27. Oktober].
Sieben Jahre hinken Wohlfühlfunk und Nutzviehmedien hinter der Realität her – mindestens sieben Jahre. Deshalb lohnt es sich, weiter im aktuellen Internet zu bleiben, um zu sehen, worüber ARD und ZDF im Jahre 2019 berichten werden. Zum Beispiel bei Antikrieg.com:
Die Vereinigten Staaten von Amerika richten ihre Kanonen auf China
Die Gesamtstrategie der Vereinigten Staaten von Amerika ist jedoch klar. Nicht anders, als die Vereinigten Staaten von Amerika seinerzeit versuchten, die Sowjetunion in den Griff zu bekommen, indem sie sie mit amerikanischen Alliierten und Stützpunkten einkreisten, plant Washington mit China in gleicher Weise vorzugehen.
Amerika schafft einen umfassenden Bogen von Alliierten und Basen, der in Singapur beginnt, sich nordöstlich zu den Philippinen fortsetzt, dann nach Taiwan, Okinawa, Japan und Südkorea weitergeht, wodurch er Chinas expandierende Seestreitkräfte umfasst.
Und – so denkt sich der informierte Leser – schafft so eine Basis für „Zwischenfälle“, die ganz schnell „eskalieren“ können. Weil das nicht nur der Leser sieht, sondern neben China und Russland auch Indien, sein Erzfeind Pakistan, der Iran und Afghanistan, die aktuell „Beobachterstatus“ haben, hat man eben mal einen Verein gegründet, der im Notfall Beistand leisten und vor Eskalationen schützen soll – ein Angstbündnis, sozusagen.
Angesichts dieser Front wirkt die Drohung Chinas, US-Angriffe auf Pakistan militärisch zu beantworten, viel ernster als sonst. Hier sammeln sich die US-Opferstaaten zum Widerstand, gegen den wir Deutschen die USA dann im „Rahmen der Bündnisverpflichtungen“ verteidigen dürfen. Das heißt dann: Dschungelcamp für alle, während daheim „Big-Brother“-Verhältnisse eingerichtet werden.
Dieser Weltkrieg wirft schon jetzt seine Schatten voraus – Schatten, die die Wohlfühlmedien durch günstige künstliche Beleuchtung ausblenden – siehe nochmal Antikrieg.com:
Nachdem ans Licht kommt, dass die Gewalt in Syrien von Planern des Westens vorbereitet wurde, Jahre ehe der arabische Frühling losging, und nachdem die Fassade von „demokratischen Hoffnungen“ zusammenbricht angesichts eines religiös angestifteten Blutbads, haben Vertreter der Vereinigten Staaten von Amerika und westlicher Denkfabriken im Gespräch mit Bloomberg festgestellt, dass ihre Botschaft an Russland in Hinblick auf den Beginn eines Regimewechsels grundsätzlich diese ist: die Gewalt wird weiterhin gezielt gesteigert werden, bis der Regimewechsel erreicht ist – Russland kann jetzt nachgeben und dabei mitreden, wie ein Übergang stattfinden soll, oder später nachgeben und ausgeschlossen werden wie im Fall Libyens.
So in etwa wird „westliche“ Aussenpolitik im Rest der Welt wahrgenommen … und deshalb schließen sich die zukünftigen Opfer jetzt zusammen, obwohl sie seit Ewigkeiten untereinander verfeindet sind: um das zu erkennen, braucht man doch wohl noch nicht mal Abitur, oder?
Doch wir wollten ja nicht über den neuen Weltkrieg reden (hier schreiben wir analog gerade das Jahr 1913 bzw. 1938), sondern über die deutschen Medien und ihre Leser, weshalb wir uns jetzt dem zweiten Beispiel zuwenden: der Korruption.
Da hat ja jetzt – laut Handelsblatt – ein großer Energiekonzern zur Schaffung eines „günstigen Klimas für Gas“ 200 Millionen in den Bilanzen versteckt, die als Korruptionskapital nach Russland geflossen sind. Zu dem Artikel gibt es zwei Kommentare. Da schreibt zum Beispiel „Thomas“:
Deutschland ist ein Sumpf wie jeder Bananenstaat. Hier werden Arbeitsplätze gestrichen, die Strompreis ins unendliche getrieben und zeitgleich werden hunderte Millionen verschenkt. Wie die Verteilung stattgefunden hat, sollte man auch prüfen.
Oder „babsack69“:
Wie bitte? Gibt man sich jetzt nicht mal mehr Mühe den Schein von Seriosität zu waren und geht gleich zum Kasperltheater über?
Diese alten Stromkonzerne haben wirklich ihren Zenit überschritten.Schluß mit dieser Mischpoke und zwar so schnell wie möglich.
Man versteht, warum der „Stern“ seine Kommentarfunktion zu Artikeln ganz eingestellt hat – jedenfalls verstehen es die Stern-Leser:
Leider antwortet die Stern Redaktion selten bei unangenhemen Fragen.
Früher war es ja so, dass bei bestimmten Artikeln die Kommentarfunktion von Anfang an deaktiviert war.
Ich habe mehrmals angefragt, welche Person im Vorraus entscheidet, wann die Kommentarfunktion zu deaktivieren ist – und aus welchen Gründen.
Doch das mag leider niemand beantworten…
Die Gründe für das ganzheitliche Abschalten der Kommentarfunktion sind eigentlich klar.
Die Kommentare der Leser standen in letzter Zeit im straken Kontrast zu den Artikeln und vorallem zu den Interessen der Verlagsgruppe (G+J gehört zu fast 80% der Bertelsmann-Gruppe, einfach mal den Wikipedia-Artikel über Bertelsmann lesen)
Ohne gegenteilige Kommentare wirken die Artikel wahrscheinlich besser und werden eher als „Wahrheit“ als als „Meinung“ betrachtet.
Man sieht – die Schweizer scheinen Recht zu haben: der Leser ist längst nicht mehr so blöde wie die Medien ihn gerne hätten. Der Leser scheint den Beruf des Journalisten genau zu kennen. John Swinton hat dazu mal etwas gesagt, hier bei Eu-Austritt zitiert:
«Eine freie Presse gibt es nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Weltgeschichte. Sie wissen das, und ich weiss es. Nicht ein einziger unter Ihnen würde es wagen, seine ehrliche Meinung zu schreiben, und wenn Sie es täten, wüssten Sie im voraus, dass es nie im Druck erscheinen würde. Ich werde wöchentlich dafür bezahlt, meine ehrlichen Auffassungen aus der Zeitung draussen zu halten, mit der ich verbunden bin. Andere von Ihnen erhalten ähnliche Saläre für ähnliche Dinge, und jeder von Ihnen, der so töricht wäre, ehrliche Überzeugungen zu schreiben, wäre auf der Strasse, um sich nach einem anderen Job umzusehen. Wenn ich zulassen würde, dass meine ehrlichen Meinungen in einer Ausgabe meiner Zeitungen erscheint, ginge es keine 24 Stunden und meine Berufstätigkeit wäre vorbei. Das Geschäft des Journalisten ist es, die Wahrheit zu zerstören, rundheraus zu lügen, zu verdrehen, zu verleumden, zu Füssen des Mammons zu kriechen und sein Land und sein Geschlecht für sein tägliches Brot zu verkaufen. Sie wissen es, und ich weiss es. Und was für eine Dummheit ist dieses Anstossen auf eine freie Presse? Wir sind die Hampelmänner, die tanzen, wenn sie an den Fäden ziehen. Unsere Fähigkeiten, unsere Möglichkeiten und unsere Leben sind alle das Eigentum anderer Leute. Wir sind intellektuelle Prostituierte.»
Damit wäre der Journalist der natürliche Feind der Philosophie – und das schon seit dem 19. Jahrhundert … so alt ist dieses Zitat nämlich. Es führt uns aber zu der Kerneinsicht, das alle Artikel des 21. Jahrhunderts darauf untersucht werden müssen, inwieweit sie eher der Börse des Journalisten als der Wahrheit dienen und man gut beraten ist, jeden Artikel als Ergebnis erfolgreicher Korruption zu betrachten, für den sich auch leicht Geldgeber ausmachen lassen: „die Märkte“.
Heute gibt es eine freie Presse in Deutschland – jenseits des Mammon.
Sie lesen gerade etwas von ihr. Sie versucht mit viel geringeren Mittel die Verzerrungen der intellektuellen Prostituierten in den Medien zu entflechten – wie zum Beispiel jener „Thinktankjunk„, der dem ZDF auf die Finger schaut:
Rechtzeitig zur Primetime um 23:45 (04. Juni 2012), wo Otto Normalbürger bereits schlafen, publizierte das zweite deutsche Fernsehen ein Bericht zum Meeting, das dem Sender satte drei Minuten wert war. Dabei wurden acht Mal die Begriffe Verschwörung und Angst verwendet. Die Demonstranten (Verschwörungstheoretiker) hätten so große Angst und darum würden sie gegen die Bilderberger demonstrieren.
Ja, so wird „Stimmung gemacht“ und für ein „günstiges Klima“ gesorgt – genau genommen ist es eine Form der Psychiatrisierung von Gegenmeinungen … und etwas eleganter als die Komplettsperrung der Gegenmeinungen im „Stern“.
Es ist „normal“, das sich wichtige Funktionäre (und solche, die es werden wollen) hinter verschlossenen Türen mit der Großfinanz treffen, aber zeugt von krankhafter Angst, sich dagegen auszusprechen, dabei ist genau das Gegenteil der Fall: es gibt schlichtweg keinen vernünftigen Grund für diese Treffen, weshalb es im Prinzip krankhaft (im Sinne von „zwanghaft“) ist, seit sechzig Jahren an dieser Tradition festzuhalten und wertvolle Zeit mit „Meinungsaustausch“ zu verschwenden, für den jede Person im Schnitt während der Treffen sowieso nur siebzehn Minuten Zeit hat.
Normal ist es, zu vermuten, das mit der dort eingesetzten Energie eine ganz böse Suppe gekocht wird, deren Gerüche wir immer wieder wahrnehmen können. Sie reichen von der Angleichung der EU an die Regierungspraktiken des „obersten Sowjet“ (Bukowski zitiert bei Bundesblog) über Zunahme der Polizeistaatgesetze in den USA (hier bei Heise, denkwürdigerweise ist es ein Autor jenes „Christian Sciene Monitor“, der auch als erkennbar erstes Blatt über die neue Gegen-Nato im fernen Osten berichtet hatte, der hier gegen die USA klagt) bis zur vollständigen Demontierung der Zivilgesellschaft in Europa, die bis zur kompletten Auslöschung des Gesundheitssystems führen soll (hier hat Griechenland – siehe Welt – eine Vorreiterrolle übernommen). Gleichzeitig sollen zunehmend mit Gewalt zusätzliche private Rentengelder eingetrieben und das Renteneintrittsalter kontinuierlich heraufgehoben werden (siehe die Welt über die neue OECD-Forderung), während uns eine Zukunft droht wie den Londoner Bürgern, die bei den von den Banken diktierten Preise „der Märkte“ nicht mehr mithalten können, siehe Freitag:
Im Londoner Stadtteil Newham müssen Menschen in Gartenhäusern, Garagen, Schuppen, Hütten oder sonstigen Anbauten leben, weil sie eine andere Bleibe nicht bezahlen können
Wohl gemerkt: wir reden hier nicht über Eritrea, Bangladesh oder Biafra, sondern von einer der reichsten Städte Europas – und DEM europäischen Finanzzentrum.
Wie reagiert der Bürgermeister von London im Übrigen auf diese Entwicklung?
Vorbildlich, wie ein Sportkanal des österreichischen Fernsehens berichtet:
Wegen drastisch gestiegener Mieten hat der Bürgermeister des Londoner Stadtteils Newham zu drastischen Mitteln gegriffen: Er will 500 der ärmsten Familien, die Sozialleistungen der Kommunen beziehen, einfach ausweisen. Die Gemeindeverwaltung von Newham habe 1.179 Sozialwohnungsgesellschaften angeschrieben, mit der Bitte, die Menschen aufzunehmen. Teilweise liegen sie mehr als 200 Kilometer entfernt.
Da setzt ein Mann der Tat Zeichen, die zukunftsweisend sind.
Das wird uns in Zukunft auch drohen, wenn wir uns nicht genügend prostituieren: wegen Altersarmut Ausweisung nach Eritrea, Bangladesh oder Biafra.
Von dieser Zukunft werden Sie aber in den etablierten Medien nichts hören.
Niemand würde für diese Nachricht bezahlen …. aber dafür, das sie verschleiert wird, schon.
Deshalb werden wir von samtweichen Stimmen in völlig entspannter Stimmung vollgeflötet mit Nachrichtenbröckchen, die uns dazu bringen, das wir uns informiert fühlen, während rund um uns herum fleissig an der „Endlösung“ der Bürgerfrage gearbeitet wird – von aussen durch Krieg, von innen durch Korruption.
Und wir dachten, mit „1789“ wäre das Theater vorbei.
Dabei erleben wir gerade das Rückspiel „Edelmann“ gegen „Bürger“ – und wie es aussieht, verlieren wir diesmal ganz groß.
Aber: wir reden nicht mehr darüber.
Außer hier … und an vielen ähnlichen Orten.
Montag, 20.2.2012. Eifel. Gestern habe ich ein Datum verpasst: meinen Bloggerjahrestag. Sozusagen mein Geburtstag in der virtuellen Welt. Ich bin nun kein Karnevalsnarr – und selbst, wenn ich einer wäre, hätte ich in unserem kleinen Tal keine Möglichkeit, mich unter den Augen der Öffentlichkeit völlig gehen zu lassen, mich in die Vorgärten der Nachbarn zu erbrechen oder an ihre Haustüren zu urinieren. Hier wohnt halt sonst keiner – und Füchse, Rehe, Wildschweine, Milane (meine liebsten Nachbarn) interessieren sich nicht für solche Narreteien. So kam es, das ich an einem Karnevalstag einen Blog anfing – einen persönlichen Eifelphilosophblog. An und für sich lässt mir mein Alltag für solch einen eitlen Unsinn keine Zeit, aber zu Karneval dachte ich: sei doch auch mal ein Narr. Drei Jahre ist das jetzt her – die Anzahl der Artikel geht in die Tausende – da steht mitlerweile schon ein dickes Buch im Internet. Fragt man sich jetzt, warum man das macht – in einem an sich schon übervollen Tag noch ein wenig Wörter unterzubringen – so ist die Antwort einfach: die Bude brennt, jemand sollte die Feuerwehr holen. Das ist mir aber erst aufgefallen, als ich mich gezwungen sah, mich wegen der Artikel sorgfältiger mit den Nachrichten auseinander zu setzen. Schauen wir uns doch heute mal die Brände im Detail an:
da merken wir zum Beispiel, das wir uns den Mittelstand nicht mehr leisten können. Wie anders soll ich die Tatsache beschreiben, das die Deutsche Mittelstandsbank IKB ihre Verluste vervielfacht hat, siehe Handelsblatt:
Ausgerechnet am Rosenmontag, an dem im Rheinland Ausnahmezustand herrscht, hat die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB ihre Neunmonatszahlen präsentiert. Ihr Verlust hat sich fast verdreifacht.
Toll, wie die leben können, oder? Wenn ich als Familienvater meine Verluste vom Vorjahr verdreifache, dann bin ich schon seit sechs Monaten verhungert. Toll ist auch die Begründung für die Verluste: von „hohen Abschreibungen“ ist da die Rede. Dahinter verbirgt sich – vermute ich jetzt mal – eine Vielzahl von Unternehmen, die wegen der Kreditklemme in den Konkurs gegangen sind. Darüber redet die Presse aber nicht mehr. Das kann man auch ganz öffentlich nachlesen – nur: an Stelle eines Sturmes der Entrüstung herrscht hier Schweigen. Die wichtigste Information der letzten vier Jahre findet man in einem Artikel von Jakob Augstein – einem Artikel, den ich schon oft zitiert habe und noch öfter zitieren werde:
Ein paar Monate zuvor, am 8. Oktober 2008, hatte es ein sonderbares Treffen gegeben, das in diesem Zusammenhang Erwähnung finden soll. Die Bundeskanzlerin hatte an jenem Tag die bedeutenden Chefredakteure der bedeutenden Medien eingeladen. Es war die Zeit, in die der Ausbruch der großen Finanzkrise fiel. Man findet keinen ausführlichen Bericht über dieses Treffen, der veröffentlicht worden wäre und überhaupt nur wenige Erwähnungen in den Archiven, nur hin und wieder einen Nebensatz, eine knappe Bemerkung. An einer Stelle liest man in dürren Worten, worum es an diesem Abend im Kanzleramt ging: Merkel bat die Journalisten, zurückhaltend über die Krise zu berichten und keine Panik zu schüren.
Sie haben sich daran gehalten, die Chefredakteure. Noch im Februar 2009, vier Monate später, wunderte sich die taz über die Medien: „Sie halten die Bürger bei Laune, auf dass diese stillhalten. Wie viel Geld bereits in die Banken gepumpt wurde, wie viele Milliarden Bürgschaftszusagen vergeben wurden (und wie viele Hartz-IV-Monats“löhne“ das sind), das steht auch nicht in der Zeitung. Die Süddeutsche (vom 15. 1.) beispielsweise versteckt die Mitteilung, dass die Hypo Real Estate zum vierten Mal in vier Monaten Milliarden Bargeld und Bürgschaften braucht, unter der Überschrift „Wenn Steinbrück an die Tür klopft“.“
Während der Journalist – die angeblich „vierte Macht“ im Staate – sowieso schon den ganzen Tag aufpassen muss, das er nicht auf irgendwelche Minen tritt (Anzeigenkunden, Parteivertreter, Chefredakteure, Eigentümer, neidische Kollegen und „feindliche“ Anwälte) und insofern nur noch eine gründlich vorgereinigte Berichterstattung den Kunden Bürger erreicht, haben wir inzwischen Verhältnisse, in denen die Kanzlerin des Deutschen Reiches ihre Direktiven direkt an die zuständigen Chefredakteure durchreicht – ohne das gleich tausend Zeitungen aufschreien, das die Demokratie damit ihr Ende gefunden hat – und dies der Todestag der deutschen Medien war, die in Folge nur noch Hofberichterstattung machen – etwas, wovon „Der Spiegel“ schon seit zwanzig Jahren gut lebt.
Von diesen Leuten werden wir nicht erfahren, das „wir“ uns – neben den Arbeitslosen und den Griechen – auch bald den Mittelstand nicht mehr leisten können. Es ist ja dieser Scheiss-Mittelstand, der seine verdammten Rechnungen nicht mehr bezahlen kann. Ja, da muss man mal auf die Fäkalsprache ausweichen, da muss man mal ganz deutlich werden: diesen Scheiss-Mittelstand, den wollen wir nicht mehr. Deutschland braucht Menschen, die von den Zinsen ihres Kapitals leben können. Die können sich den ganzen tollen Freizeitzirkus auch leisten, die haben Zeit, sich die tollen Talk-Shows anzuschauen, die können mit unwirtschaftlichen und ökologisch kriminellen SUV´s drei Parkplätze auf einmal belegen, die haben Zeit, allen möglichen Ramsch zu kaufen, den sich die Konzerne ausgedacht haben … der langweilige Mittelstand jedoch, diese erbärmlichen Kretins, die blöd glotzend auf Bootsmessen ihre stinkenden Billigfüsse auf die noblen Hölzer edelster Yachten abtreten, die auf Autoshows bierrülpsend ihre Sozialneidkommentare abgeben und ansonsten die schönsten Traumziele der Welt mit ihrer Anwesenheit belästigen: die brauchen wir nicht, die wollen wir nicht und die können wir uns auch nicht mehr leisten.
Was wir brauchen, sind Menschen, die sich den schönen Dingen unserer Kultur widmen, erfolgreiche, wohlriechende Menschen von edler Gestalt und makellosem Äusserem, die auch genug Geld haben, sich mit den Kunstprodukten der Medienwelt zu umgeben – siehe Krone:
Das Geschäft mit Leasing-Promis boomt. Bezahlte Gäste sorgen für Glanz und Glamour bei Bällen, Partys undBoutiquen-Eröffnungen…
Der britische „Daily Star“ veröffentlichte kürzlich eine Liste von angeblichen Tarifen und taxierte Brigitte Nielsen auf unglaubliche 190.000 Euro (ohne Rabatt). Paris Hilton wird mit 100.000 Euro pro Abend ausgepreist. Rund 30.000 kosten Borderline-Celebrities wie Kim Kardashian oder Katie Price.
Was nun ein „Borderline-Celebritie“ ist, weiß ich nicht, das bleibt das Geheimnis des Autors des Artikels, den ich nur zitierte, um zu zeigen, welche Menschen in Deutschland „In“ sind, welche von der Presse hofiert werden: das sind die, die sich „Promis“ leasen können. Was nun „Promis“ eigentlich sind? Nun, das sind jene Menschen, deren Gesichter für viel Geld in die Medien gebracht werden, damit sie nachher für viel Geld verkauft werden können.
Während hier das Geld sinnvoll weitergereicht wird und die „Schönen“ an die „Reichen“ bindet, verschleudert der Mittelstand sein erbärmlich knappes Geld für etwas ebenfalls völlig erbärmliches: zum Zwecke der Fortpflanzung seiner eigenen Erbärmlichkeit, die selbst dadurch unsterblich wird: 120 000 Euro gibt er nach Angaben der Welt für seinen Nachwuchs aus: dafür hätte er sich fast einen Abend mit Paris Hilton und Katie Price ZUSAMMEN leisten können. Für die Pflege seiner Brut ist genug Geld da – aber nicht für die Begleichung der Forderungen der IKB-Bank, oder? Wie unverantwortlich ist das denn?
Dabei muss man mal ganz klar sehen, das der Mittelstand – die Ärzte, Handwerker, Unternehmer, Lehrer, Beamte, Verkäufer, Bauern, Wissenschaftler und was es da sonst noch an Gesochse gibt – allein nicht ausreicht, um ein Land überleben zu lassen. Schauen wir uns doch mal Griechenland an – nur als Beispiel. Hier hat der „Starökonom“ (diesen Titel vergibt der „Spiegel“ im Auftrag neoliberaler Verbände) Hans-Werner-Sinn ein wahres Wort gesprochen, als er die Folgen eines denkbaren Ausschlusses der Griechen aus der Eurozone skizziert hat:
Die reichen Griechen, die zig, wenn nicht hunderte von Milliarden Euro in der Schweiz deponiert haben, fänden es angesichts der gesunkenen Immobilienpreise und Löhne wieder interessant, in ihrem eigenen Land in Arbeitsplätze zu investieren.
Das sind halt die echten Menschen, die richtigen Menschen, Menschen, die selbstständig aus der Kraft ihrer eigenen Zinseinkünfte leben können und nicht von Transferleistungen von Krankenkassen, Kunden oder Arbeitgebern abhängig sind wie der ganze widerwärtige Mittelstand (samt reicher bundesdeutscher Ärzteschaft), der nichts anderes kann als vom Geld anderer zu leben und dann noch großartig von Demokratie faselt. Gut, das der Schäuble diesem Gerede jetzt ein Ende gesetzt hat – auch wenn das wieder keiner bemerkt. So findet sich im Spiegel:
Schäuble sagte, es bedürfe nun einmal schmerzlicher Prozesse, um Griechenlands Probleme zu beseitigen. Das sei einer der Gründe, warum die Umsetzung „nicht immer so umfassend und schnell und überzeugend“ klappe wie gewünscht. „So etwas nagt dann auch an der Glaubwürdigkeit.“ Doch die sei das wichtigste Gut gegenüber den europäischen Partnern, den Märkten, potentiellen Investoren und dem eigenen Volk.
Zugleich wies der Finanzminister den Vorwurf der Einmischung in innere griechische Angelegenheiten zurück. Die Staaten der Euro-Zone und die Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) brauchten „eine hinreichende Gewähr dafür, dass das Vereinbarte unabhängig vom Ausgang von Wahlen eingehalten wird“.
Na – toll formuliert, oder? Dieser Mann ist sein Geld wert … bzw. sein Pöstchen, das er nach seinem Ausscheiden aus dem Amt erhalten wird. Schröder, Fischer und Clement haben das ja vorgemacht. Wir können uns den Mittelstand auch politisch nicht mehr leisten – wo kommen wir dann dahin, wenn diese Kretins auf einmal anfangen, jene Schulden nicht mehr zu bezahlen, die Banken und Politiker ihnen aufgedrückt haben?
Das würde nur die echten, guten, richtigen Menschen davon abhalten, in ihrem Land zu verbleiben – das ging ja gar nicht. Man sieht ja am Beispiel Griechenlands, was geschieht, wenn die gehen: das Land ist pleite!!!
Das kann uns in Deutschland genau so schnell gehen, wenn wir diesen mistigen Mittelstand weiter mit durchfüttern. Politische Reformen stehen auch hier an: Wahlrecht (aktiv und passiv) sollte nur noch jenen zustehen, die ihren Lebensunterhalt allein aus Zinseinkünften bestreiten können – die haben ja auch Zeit dafür und sind von anderen Geldgebern unabhängig. Sie sind die wahren freien Menschen unserer Gesellschaft – und auch nur ihnen sollte es gestattet sein, ihre Meinung offen und öffentlich zu äußern. Es wäre gut, hier Lizenzen zu vergeben, die ebenso Sinn machen wie hochpreisige Gebärlizenzen, die in den USA schon angedacht sind.
Wir können uns dieses ganze Mittelstandsgesochse einfach nicht mehr leisten, ihre erbärmlichen Ansprüche, ihr Geld mit primitiver Arbeit verdienen zu wollen – ein Anspruch, der zeigt, das man es hier wirklich und in der Tat mit einer besonders minderwertigen und mittellosen Kaste zu tun hat, ja, mit einer kulturgeschichtlich und historisch ganz anderen Art von Mensch, der sich einfach überlebt hat.
Wir können es uns auch politisch nicht mehr mit diesem Ballast abgeben, der meint, zu jeder Entscheidung der Regierung seinen unqualifizierten Senf hinzugeben zu müssen. Das ganze Land kann sich diesen Pöbel nicht mehr erlauben, der mit seinen billigen Autos die Bahnen des Führers verstopft, mit seinen Abgasen die Innenstädte vergast und mit seinen großen gelben Mülltonnen die Straßen hässlich macht.
Wir brauche einfach ein Gewähr dafür, das das Vereinbarte unabhängig von Wahlen beibehalten wird – hier und überall in der Welt: niemals wieder dürfen wir es zulassen, das die Arbeitsbienen den Zinskönigen das Leben schwer machen.
So jedenfalls … ist das Credo der neuen Aristokratie. Sie bildet sich vor unser aller Augen … aber die Presse verschweigt, wie mächtig sie sind. Sie sind in aller Munde, aber keiner redet wirklich über sie. Sie sitzen an allen Tischen, ihre Berater sind in allen Gremien, aber trotzdem liest man immer seltener kritische Kommentare zu dieser grandiosen Rückentwicklung in Zeiten des Feudalismus und der Leibeigenschaft.
Eigentlich ist es ein großer Flächenbrand, der durch das Land tobt, ein Flächenbrand, den man tagtäglich überall beobachten kann. Es wäre Zeit für Löschflugzeuge. Da die Medien den Brand jedoch als grandioses Feuerwerk verkaufen und auch noch Beifall klatschen, bleiben die notwendigen Gegenmaßnahmen aus – sonst kämen wir ja einfach auch auf die Idee, das Problem „Griechenland“ den Kreditausfallversicherungen der Privatwirtschaft zu überlassen: wenn die so blöde sind, den Pleitegriechen Geld zu leihen, dann sollen die auch dafür zahlen.
Ich denke: so lange der Brand tobt, werde ich meinen kleinen Eimer Löschwasser Tag für Tag zur Verfügung stellen – mehr ist mir mit meinen begrenzten Mitteln nicht möglich.
Wenigstens eins möchte ich diesmal bewirken: das nachher niemand mehr sagen kann:
WIR HABEN VON ALL DEM NICHTS GEWUSST!
Darum möchte ich heute auch meinen persönlichen Jahrestagsartikel mit einem Zitat des neuen Präsidenten der Bankenrepublik Deutschland aus dem Handelsblatt beenden:
Der Traum von einer Welt, in der man sich der „Bindung“ der Geldmärkte entledigen könne, sei eine “romantische Vorstellung”, sagte Gauck bei einer Veranstaltung der Wochenzeitung „Die Zeit“ im vergangenen Oktober. Die Protestbewegung „Occupy Wall Street“ und ihre deutschen Pendants würden rasch verebben, sagte er voraus. Und er macht klar, dass er auch die Freiheit der Banken verteidigen will: “Ich habe in einem Land gelebt, in dem die Banken besetzt waren.”
Einen Präsidenten, der die Freiheit der Banken verteidigt: so etwas haben wir wirklich dringend gebraucht. Die Zinskönige brauchen auch Schutz vor dem Pöbel – so muss das sein.
Den Mittelstand jedoch – können wir uns nicht mehr leisten: deshalb kommt unser Führungspersonal bald geschlossen aus der DDR: die hatten nie eine Chance zu merken, das hier Demokratie gezielt abgebaut wird – für die stellen selbst die Reste noch einen Gewinn dar.
Dienstag, 25. Oktober 2011. Eifel. Gestern erfuhr ich, das die Welt Ende der Woche untergeht – und nicht erst 2012. Man hatte sich mit dem Mayakalender verrechnet – nicht der 21.12.2012 ist der Tag der Entscheidung, sondern der 28.10.2011. Wir wissen auch warum: treffen „wir“ jetzt die falschen Entscheidungen, dann landen „wir“ in einem Abgrund. Es geht um viel: die Rettung Griechenlands steht auf dem Spiel. Gut, Portugal, Spanien, Irland und Italien stehen schon Schlange, Frankreich läuft sich auch schon warm, aber darüber wollen wir jetzt mal nicht reden, solche kapitalistischen Perversionen machen nur schlechte Laune. Das wir in Deutschland überhaupt nicht mehr informiert sondern nur noch indoktriniert werden, hat seinen Grund, wie der isländische Genforscher Stefánsson in der Welt erläutert:
Ich will mir kein Urteil über das Fachwissen deutscher Journalisten erlauben. Ich möchte nur sagen, dass sie alle ohne Ausnahme Arschlöcher („pieces of shit“) sind. Vielleicht sind sie sehr gebildete Arschlöcher, aber das ist mir gleich.
Der Mann weiß, wovon er spricht. Wer nun viel Zeit und Muße hat, sich den deutschen Medien zu stellen, wird auch schnell erfahren, warum die noch den üblichen Kadavergehorsam der Hitlerjugend an den Tag legen: sie wissen einfach, wo es lang geht. In Zukunft … wird es nur noch ganz wenige geben, die was haben, während immer mehr gar nichts haben. Warum das so ist, kann man in Cicero nachlesen:
Historisch gesehen ist es den Wirtschaftseliten zumeist gelungen, den Großteil des Mittelstands für seine Interessen zu gewinnen, da es galt, sich gemeinsam gegen die organisierte Arbeiterschaft zu verteidigen. Dieses Bündnis war stets die Teilnahmebedingung der Wirtschaftseliten am demokratischen System: Wann immer sie sich isoliert und abgedrängt fühlten angesichts einer sich verbündenden Mittel- und Arbeiterschicht, wandten sie sich gegen die Demokratie; sobald es ihnen gelang, sich mit dem Mittelstand zu verbünden, schlossen sie sich dem demokratisch-konservativen Block an, der in allen Industriestaaten außerordentlich erfolgreich ist.
Das wird sich nun möglicherweise ein wenig ändern, als Antwort auf mehrere Entwicklungen. Erstens sind die reichen Unternehmereliten sozusagen „denationalisiert“; ihr Besitz erstreckt sich über die Welt, sie operieren global. An der Innenpolitik eines Landes haben sie kein Interesse. Allianzen mit dem Mittelstand sind für sie nicht wichtig. Und zweitens hat sich die Bedrohung des Mittelstands durch die organisierte Arbeiterschaft stark verringert, da diese vor allem in der Fertigungsindustrie immer mehr geschrumpft ist.
So einfach kann Politik sein. Der deutsche Journalist weiß von dieser Entwicklung – und er weiß, das letztlich ganz viele über die Klinge springen müssen, damit sich einige wenige Wohnwagen für 2,15 Millionen Euro leisten können. Schon jetzt ist im Gespräch, das sich auch Arbeitslose verschulden sollen, um der Hartz-IV-Falle zu entkommen.
Ein denkbarer Satz, den ich dankbar aufnehme: selten geben die Verantwortlichen zu, das Hartz IV als Falle gedacht war, als Peitsche, mit der man den Mittelstand durchs Leben jagen möchte. Darüber, was man von einer Regierung halten soll, die für ihre Bürger potentiell tödliche Armutsfallen aufstellt, wird – dank der Arschlöcher in den Medien – in Deutschland nicht gesprochen, selbst dann nicht, wenn eine Regierung nach der anderen den ehemaligen Sozialstaat in ein Arbeitslager mit offenem Vollzug verwandelt, siehe Telepolis:
Der Abbau des Sozialstaates ist fortgesetzt worden, manchmal sogar verschärft und teilweise mit anderen Akzentsetzungen. Damit hat man eben nicht erreicht, dass der wirtschaftliche Aufschwung bei allen ankommt, wie die Regierung tönt, sondern dafür gesorgt, dass dieser manche noch reicher gemacht hat, während die Armen noch zahlreicher geworden sind.
Früher hätten wir so etwas einfach „Diktatur“ genannt.
Früher hätten wir aber auch Diktatoren wie Gaddafi menschlich behandelt – das zeichnete uns damals aus, deshalb waren wir „besser“ als die Tyrannen der Weltgeschichte: wir gingen sogar mit Mördern sozial um – sogar sozialer als mit Arbeitslosen. Das ist auch heute noch so: jeder Tag Haft kostet den Steuerzahler 80 – 90 Euro, für die Ernährung der Kinder von Arbeitslosen geben wir täglich 2,67 Euro aus. Wozu soll das die Jugend wohl motivieren?
Heute stellen wir die gemeuchelten Feinde der „Demokratie“ öffentlich zur Schau, unter dem Bombenschirm der Nato erlebt der islamistische Fundamentalismus eine neue Blüte in Nordafrika und erhält eine Macht, die er ohne Nato-Bomben nie gehabt hätte. Dafür verschwindet der Sozialstaat Libyen von der Bildfläche wie auch der Sozialstaat Deutschland.
Wer sich nun fragt, warum das so ist, der lese nochmal sorgfältig die o.g. Zitate.
Die globale Elite verabschiedet sich vom Mittelstand in Europa, er wird entsorgt wie der morgendliche Stuhlgang. Für den globalen Millionärspakt sind nordafrikanische Islamisten sehr nützlich: sie lenken den Mittelstand von seinen eigentlichen Feinden ab. Gerne zahlen wir Katzen- Bräunungs- und Sexsteuer zur Rettung des Abendlandes, gerne sehen wir uns mit Banken und Politik in einem Boot im Kampf gegen die islamistische Gefahr, die wir schon im Irak und Afghanistan erfolglos bekämpft haben, wobei uns der deutsche Journalist die Wahrheit erspart, das neben den nordafrikanischen Tyrannen auch Saddam Hussein ein Bollwerk gegen den „bösen“ Islam waren, der nun in großem Stil durch Natobomber deutlich näher an Europa herangerückt ist.
Das wird jene Verschwörungsanalytiker freuen, die schon immer meinten, das Al-Kaida bis heute ein CIA-Ableger geblieben ist. Verstehen kann man es nur vor dem Hintergrund, das die „globale Elite“ sich eben schon völlig vom bürgerlichen Denken des Mittelstandes verabschiedet hat. Das demonstriert sie ja auch immer wieder gern, ob es ich nun um Steuerhinterziehung im großen Stil oder um Korruption, Bestechlichkeit und Untreue handelt: „amüsiert und von oben herab“ beobachten die Täter die niedlichen Bestrebungen des bürgerlichen Rechtsstaates, sich gegen die kriminelle Internationale zur Wehr zu setzen: sie wissen längst, das der Staat verloren hat, das eine neue Ära des internationalen Feudalismus kommt, das nach tausend Jahren bürgerlicher Freiheit in den Städten der Feudalstaat zurückkehrt – diesmal als weltumspannendes Imperium, in dem Stadtluft nicht mehr – wie noch im Mittelalter – frei macht.
Der deutsche Mittelstand wähnt sich – dank der kontinuierlichen Wühlarbeit der journalistischen „Arschlöcher“ – noch in Sicherheit … oder beschäftigt sich mit Fußball, Frauen und Alkohol – während der globale Millionärspakt in Griechenland seine Macht demonstriert und die Ohnmacht des Staates feiert, dem jetzt schon das Geld für die Druckertinte zum Ausstellen der Steuerbescheide fehlt. Dort wird gezeigt, wie man einen Staat zerfallen lassen kann – ist wird der erste europäische Staat sein, der zerfällt und – vielleicht – auch überraschend eine neue Heimat für islamistische Fundamentalisten werden wird, die dann wie in Nordafrika die zentrale Gewalt im Staat und auf den Straßen darstellen.
Man sollte auch nicht übersehen, das der globale Millionärspakt auch vor der Zerrüttung der zivilgesellschaftlichen Strukturen der USA nicht zurückschreckt, siehe Handelsblatt:
Gerade die Demonstranten in den USA haben allen Grund, sich über Alternativen Gedanken zu machen. Das Land steht am Rande eines wirtschaftlichen und moralischen Bankrotts, verursacht durch das wachsende Wohlstandsgefälle, steigende Bildungskosten, hohe Arbeitslosigkeit, extrem polarisierende Wahlkämpfe, Abhängigkeit der Politiker von privaten Spenden, den großen Einfluss der Konzerne (insbesondere der Banken) durch ihre Lobbyisten, ein parteiisches Oberstes Gerichtshof und einen sehr teuren Krieg gegen den Terror.
Das Ende des europäischen Mittelstandes wird – alternativlos – mit großer Gewalt, gezielt und umfassend durchgedrückt, schon jetzt ist Journalisten klar, das auch der Billionenrettungsschirm zu klein ist … und das der Mittelstand zudem mit der kalten Entwertung seiner Kaufkraft zu rechnen hat.
Deshalb ist es falsch zu sagen, das „der Deutsche gegen die Krise ankauft“ – viel mehr müsste man sagen, das er noch schnell wertlose Euro in …. irgendetwas Haltbares umtauschen möchte. Irgendwo hat der Mittelstand in der Tat schon gemerkt, das das nicht mehr lange gehen wird und das Hartz IV in naher Zukunft der Standard der Mehrheit der Deutschen sein wird – finanziell, rechtlich und … vom Ansehen her.
Da wird es in der Tat Zeit, sich schon jetzt mit Reserveelektrogeräten für die nächsten zwanzig Jahre einzudecken, bevor … ja, bevor … gar nicht mehr geht.