Mittwoch, 13.2.2012. Es ist schon eine Krux mit diesem Land. Oft genug habe ich mich gefragt: warum mußte ich eigentlich ein Deutscher werden? Franzose – hätte ich viel schöner gefunden. Die wirken nicht so blöde. Oder Brite: schon allein das Gefühl der Insellage ist unbezahlbar – die Landschaft, die seit Jahrhunderten nur Frieden kennt, erst recht. Däne, Schwede, Norweger – das wäre ja schon fast ein Adelsschlag. Oder Grieche – die haben tolle Feste. Nun – die Antwort darauf, warum ich Deutscher werden musste, ist im Laufe der Zeit ziemlich klar geworden: Philosophie kann man nur hier studieren – und da die wichtigsten Werke in Deutsch verfasst sind, sollte man die Sprache schon perfekt beherrschen. Und schon sitzt man in einem Land, für das man sich eigentlich nur schämen kann – wie heute zum Beispiel, als ich den Spiegel las, der über die schon üblichen Querelen in der Piratenpartei berichtete:
Die Machtkämpfe bei den Piraten spitzen sich zu: Per Online-Umfrage sollen die Mitglieder entscheiden, ob sie ihren Vorstand noch im Frühjahr austauschen wollen. Hinter der Aktion steckt der Versuch, den umstrittenen Geschäftsführer Ponader rauszukegeln. Der ist nach eigenen Worten „fassungslos“.
Das ist schon fast typisch deutsch zu nennen: der gewählte politische Geschäftsführer soll während seiner Amtszeit durch eine neue Umfrage aus dem Amt geworfen werden, weil … ja, wieso eigentlich? Für eine Außenstehenden eine Frage, die sich eigentlich erübrigt: was soll man sich mit den Querelen einer Zwei-Prozent-Partei auseinandersetzen, es gibt doch andere Probleme? Weil es aber so typisch deutsch ist, lohnt sich vielleicht doch ein kleiner Blick hinter die Kulissen – immerhin ist für mich Johannes Ponader der einzige Pirat, dem ich persönlich meine Stimme geben würde, weil sein Auftritt in der Sendung des Günther Jauch mich von seiner Integrität überzeugt hat. Nun ja – das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb er stört. Der übrige Vorstand der Partei, die einst „Themen statt Köpfe“ wollte, will jetzt „Köpfe statt Themen“ – und zwar am liebsten die eigenen Köpfe.
Das Problem ist nur: die haben kein Gesicht, diese anderen Köpfe. Ponader hat eins. Er hat Mut, Rückgrat, Selbstbewußtsein – und Sendungsbewußtsein, all das, was man sich als Bürger von einem Politiker erhofft. Also löst der Vorstand das Problem ganz brutal: der einzige vorhandene Kopf muss weg, damit die Köpfe anderer Parteikarrieristen besser wahrgenommen werden – man will ja nicht umsonst die CDU verlassen haben, um ganz dick mit den Piraten ´rauszukommen. Hauptsache voll versorgt im Bundestag, der Rest … ist eigentlich egal.
Und gerade das ist ja das Problem mit diesen Deutschen: ihr erbärmlicher Egoismus. Für mich war die Piratenpartei erledigt, als der Spiegel über das Gerangel um die Listenplätze schrieb: man konnte förmlich mit eigenen Augen sehen, wie es ein Gerenne und Gezerre um die Fleischtöpfe gab, die Staatspfründe, die in Reichweite gerückt waren. Jeder verlor Fassung und Anstand und rannte los, um nur einen möglichst günstigen Platz zu bekommen, der ein gesichertes Einkommen, Pensionsansprüche und Zugriff auf die Fahrbereitschaft des Bundestages erlaubte.
Was hätten wir daraus lernen können? Nun – das man die Plätze auf den Listen der Parteien am Besten per Los verteilt … und das die Jobs dort viel zu gut bezahlt sind. Die Hälfte wäre noch zuviel – so ist das Monetäre allein schon Anreiz genug, in die Politik zu gehen – nicht aber die Gerechtigkeit.
Man sollte fair sein mit den Piraten: wie es aussieht, haben sie das Establishment ganz schön durcheinandergewirbelt und ordentlich beunruhigt. Das verwundert nicht – jeder Pirat nimmt einem ordentlichen Systempolitiker einen der ganz dicken Fleischtöpfe weg … und einen Schleudersitz in den Himmel des Big Business für die Zeit nach dem Amt. So verwundert es nicht, das es gegen die Piraten eine richtige Kampagne gab, siehe Indiskretionehrensache:
Keineswegs also sollte man – Ende der Vorschreibe – die Piratenpartei frei von Kritik lassen. Doch die Art und Weise, wie dies passiert, hat die Züge einer undemokratischen Medienkampagne. Und als jemand, der eine ordentliche Zeit seines Lebens in der Medienbranche verbracht hat, behaupte ich: Es ist eine Kampagne. Wer glaubt, die einzelnen Zeitungen und Zeitschriften arbeiteten brav gegeneinander im Sinne einer publizistischen Marktwirtschaft, der irrt. Deutschlands Chefredakteure treffen sich regelmäßig in kleinen Runden, zum Beispiel bei “Kamingesprächen”, organisiert von Großkonzernen. Und dort gibt es durchaus Seilschaften, die beschließen, in bestimmte Richtungen voranzuschreiben.
Die Art und Weise, wie über die Piratenpartei berichtet wird, trägt deutliche Züge einer solchen Kampagne.
Die Medien haben verschiedene Gründe, eine solche Kampagne zu fahren, einer davon ist ziemlich persönlich: die jahrzehntelange Kumpanei zwischen den „Eliten“ ist in Gefahr:
“Natürlich hassen in Berlin alle die Piraten”, sagte mir vor einiger Zeit ein Hauptstadt-Berichterstatter. Schließlich existierten nicht all die schönen Informationswege, die Redaktionen sich über Jahrzehnte in die angestammten Parteien erarbeitet haben. Bei den Piraten muss man bei Null anfangen – “und dann wollen die nicht mal”. Sprich: Sie verschließen sich dem Ansinnen vieler Journalisten, mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Und außerdem … bedrohen die Piraten auch einige der gesicherten Pfründe des medialen Establishment – deshalb müssen sie weg.
Das sehen wir nicht nur bei dem Thema „Piratenpartei“, sondern auch beim Thema „Lobbyismus“. Hier hat die FAZ gerade einen Film-Verriss geschrieben, der wichtige Fragen unbeantwortet lässt:
15 000 Lobbyisten gibt es in Brüssel – wie viele genau, weiß niemand. Ein verpflichtendes EU-Lobbyistenregister gibt es nicht. Es liegt in der Natur des Lobbyisten, dass er Entwurf und Verabschiedung neuer Gesetze meist möglichst jenseits der öffentlichen Wahrnehmung zu beeinflussen versucht. Die Öffentlichkeit wird erst gesucht, wenn alles andere misslungen ist.
Das wirft Fragen auf: Untergräbt die Lobby die demokratischen Entscheidungsprozesse? Wo ist die Grenze zur Korruption überschritten? Dürfen EU-Kommissare und Botschafter nach der Amtszeit ihre alten Kontakte nutzen, um für Unternehmen zu lobbyieren?
Statt das man selber den Fragen nachgeht, selber recherchiert, wie sehr eigentlich der „European Round Table“ politische Wirklichkeiten in Europa weit jenseits des Interesses von Millionen von Bürgern steuert, zieht man lieber über die Macher des Filmes her, die „hinter jeder geschlossenen Tür eine Verschwörung wittern“.
Nun – gäbe es keine Verschwörungen … wozu brauchte man dann noch verschlossene Türen? Gäbe es keine Verschwörungen … wir kommt es dann, das regelmäßig „Kampagnen“ in den Medien gefahren werden – zum bösen Islamisten, zum faulen Arbeitslosen, zur göttlich-glänzenden deutschen Wirtschaft oder zur Alternativlosigkeit militärischer Inverventionen deutscher Truppenverbände im Ausland?
Nun – SPD und Grüne haben gerade gemerkt, das die Wirtschaft nicht ganz so glänzend ist, sie wollen ein neues Wirtschaftsprogramm entwickeln, ein „neues magisches Viereck“ (siehe Süddeutsche Zeitung), mit dem alles wieder ganz heil wird.
Der Hintergrund?
Piratenpartei und FDP kommen nicht in den Bundestag – und das führt dazu, das Frau Merkel die ABSOLUTE MEHRHEIT bekommt (siehe aktuelle Forsa-Umfrage in der Zeit). Viele arme Sozis und Grüne kämen so ebenfalls nicht mehr in den Bundestag … und ihrer Fleischtöpfe in die Hände des gierigen Klassenfeindes. Das darf nicht sein!
Da erinnert man sich lieber doch mal wieder an die sieben Millionen Hartz-IV-Empfänger, die drei Millionen Arbeitslosen, die vielen Millionen Leiharbeiter und jene, die sonstwie beschäftigt sind oder sich als Ein-Mann-Konzern im Gelübde der ewigen Armut durch die Welt schlagen, um dem vierten Gabelstaplerschein des Jobcenters zu entkommen, ganz zu schweigen von jenen Millionen, die Vollzeit arbeiten gehen (manche mit 48 Stunden-Wochen) und von dem Geld nur die Hälfte aller Rechnungen bezahlen können, die die Konzerne zur Pflege der Boni und der Pfründe der Reichen so aufmachen. Man braucht sie ja nur für kurze Zeit, wie damals, als Gerd und Joschka einfach mal so überraschend wie ein Papstrücktritt den gesamten Sozialstaat abgebaut hatten. Ging ja auch ganz einfach: eine Partei der Arbeiter braucht keine Arbeitslosen – und Arbeitslose sind auch keine schützenswerten Frösche.
Es gab eine nie dagewesene Enteignungswelle in Deutschland … wenn man mal von den Enteignungen jüdischer Mitbürger absieht, deren Eigentum auch heute noch vielen Kriegsgewinnlern satte Erträge liefert. Es sind wohl genau Polster jener Art, von denen man dann aus gut und sicher über Mitbürger herziehen kann – hasserfüllt, nach bester asozialer Stürmermanier. Da machen auch gerne angesehene Autoren der FAZ mit, wie hier bei DirkvonGehlen dokumentiert: der FAZ-Autor Luebberding vergleicht Johannes Ponader mit Adolf Hitler – und ist auch noch stolz auf diesen Vergleich:
Nur zur Klarstellung: Es ging nicht um Gleichsetzung, sondern um Milieubeschreibung. Darüber darf jeder nachdenken.
Soviel abartige Asozialität darf man sich als Eliteschreiber deutscher Elitemagazine erlauben. „Millieubeschreibung“ … das Prekariat als Brutstätte des Bösen, und die gute germanische Edelfeder als Held der Zivilisation. Tauscht man Prekariat durch „Juden“ aus, merkt man: die Zeit hat uns wieder ein.
Hat sie auch. Einfach mal die Kommentare zum oben zitierten Spiegelartikel über die Querelen bei der Piratenpartei lesen:
Einen professionellen Schnorrer wir Ponader kann sich diese Parte auch ganz einfach nicht leisten. Leute die stolz darauf sind, auf Kosten anderer zu leben, sollten bei uns auch nicht so viel Beachtung finden.
Die Piraten haben wahrlich jemand besseren verdient als Ponader, schmeißt ihn bitte raus.
Spätestens nach dem ersten Fernsehauftritt war jedem vernünftigen Menschen klar, das Herr Ponader die erste Wahl war, wenn man den Piraten maximal schaden wollte. Sorry, noch ein Schnorrerpartei mit BGE braucht nun wirklich niemand. Und Herr Ponader ist der Archetyp des geborenen Schnorrers, so jemanden ernsthaft in ein politisches Amt zu wählen zeigt nun mehr als deutlich, das die Piraten in der Politik nichts zu suchen haben, sondern eher im Sandkasten.
Als professioneller Schnorrer, Berufsversager mit Grossmaul hat er natürlich Profil. Wo aber ist die Leistung für die man ihn wählen könnte? Je schneller die Partie ihn los wird, desto schneller sind sie wieder wählbarer.
Erstaunlich, wie oft das Wort „Schnorrer“ verwendet wird – konfliktfrei synonym mit dem Begriff „arbeitslos“. Keinem fällt es auf, keiner widerspricht. Was aber manchen auffällt: mit Johannes Ponader hätte ein Mensch im Bundestag sitzen können, der den Sozialstaat auch mal von unten gesehen hat – und nicht nur in schicken Limousinen mit verdunkelten Scheiben daran vorbeifährt.
Ich kann nicht umhin, das Gefühl zu entwickeln, das sich hier etwas typisch deutsches Bahn bricht. Vielleicht sind wir wirklich so. Vielleicht haben wir all´ das glauben können, was Hitler und die Nazis über Juden gesagt haben, weil WIR SELBER SO VERROTTET SIND … und uns gleich wiedererkannt haben. So konnten wir unsere eigenen Abartigkeit auf andere projezieren – und sie als Strafe für unser eigenes misslungenes Sein vergasen.
Wie war es denn mit den Hexenverbrennungen?
Da war der Deutsche doch gleich ganz vorne mit dabei – und zwar der Ottonormalbürger. Scheiterhaufen wurde Volksfest – und wehe, der Priester stellte sich dem entgegen: da konnte er gleich selbst mit in die Glut steigen.
Wie war es mit den Judenverfolgungen? Als ihr Eigentum auf offener Straße versteigert wurde, kamen Deutsche aus allen Löchern gekrochen, um noch schnell ein Schnäppchen zu machen.
Und wie war es mit den Arbeitslosen? Anstelle von Mitleid, Fürsorge und Nächstenliebe bekamen sie Hass, Verachtung und entwürdigenden Maßnahmen, die man keinem Hund zugemutet hätte … und das war allen noch viel zu wenig! Scheiterhaufen für die Schnorrer (und ihr Eigentum ganz billig versteigert, natürlich): dafür kann man nur in Deutschland Mehrheiten gewinnen.
Wenn ich dann so die Mythen und Legenden wahrnehme, die mir berichten, das wir ja immer noch von den Alliierten besetzt sind, dann kann ich doch nur sagen: SEID DOCH FROH! Wer weiß, wie es hier schon wieder aussehen würde, wenn die westlichen Demokratien kein wachsames Auge auf uns werfen würden … wir hätten sicher schon wieder Lager und Judensterne – diesmal für Arbeitslose, Künstler, Roma, Schüler, Studenten und Behinderte.
Wissen Sie, wer da äußerst positiv aus dieser Deutschtümelei hervorsticht?
Dieter Bohlen.
Ja, genau. Der Schlagerkasper, über den alle Intellektuellen so gerne lachen und seine Sendungen mit einem wohligen Schauer genießen. Der sagte kürzlich was in der schweizer Handelszeitung:
Ich mag diesen hässlichen Unternehmer nicht, der über Leichen geht. Und Leute verarschen finde ich doof. Man soll als Unternehmer Erfolg haben, weil man besser ist, aber man muss eine hohe moralische Integrität behalten. Ein Deal muss für beide Seiten gut sein. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie jemanden beschissen, nicht um einen Cent. Das geht auch. Ich habe Erfolg, habe ganz gut Geld, aber dazu musste ich niemanden belügen, betrügen oder irgendwie verarschen. Man muss nicht über Leichen gehen.
Ein Deal muss für beide Seiten gut sein. Also nicht nur Steuern festsetzen, Diäten kassieren sondern auch im Falle einer Arbeitslosigkeit die Arbeitslosenversicherung auszahlen … UND NICHT DAS OPFER ENTEIGNEN! Niemanden belügen, betrügen oder sonstwie verarschen … kann man den Mann wählen?
Anders als die Parteiprogramme, die nach einer Studie ALLE kaum verständlich sind (siehe helgeeichelberg), spricht der eine deutliche Sprache. Genau wie Martin Winterkorn, der Chef des VW-Konzerns, siehe Spiegel:
Das Gehalt von Volkswagen-Chef Martin Winterkorn dürfte 2012 auf gut 20 Millionen Euro steigen – doch der Top-Manager will gar nicht so viel haben. Eine derart hohe Vergütung sei „den Menschen nicht mehr zu vermitteln“, sagt er im SPIEGEL.
Zwei reiche Menschen – mit hehren Meinungen. Ist der Deutsche so? Wird er erst dann sozial, weise und gerecht, wenn er reich ist?
Nun, dann ist es ja gut, das wir in eine Zukunft marschieren, in der eine kleine Elite aus Bohlen und Winterkorns den asozialen Rest des dreckigen Packs regieren, die im Slum leben … wie sie es verdient haben. Und dann ist es auch nur gut, wenn via ESM das Vermögen der Asozialen in zivilisierte Länder geleitet wird. Wie Reuters meldet, brauchen wir ja aktuell nochmal 300 Milliarden Euro für die Bankenrettung.
Ist vielleicht sogar bei den Banken besser aufgehoben als im Mutterland der Asozialen.
Und viele dieser Gelder … stammen doch aus den Profiten, die man damals aus den Versteigerungen jüdischen Besitzes gezogen hatte – oder heute aus den Zwangsversteigerungen der Immobilien arbeitsloser Menschen.
Ist doch irgendwie der letzte Dreck, dieser Deutsche – oder?
Samstag, 7.7.2007. Eifel. Ein Blick in die Medien offenbart Fürchterliches. Deutschland ist wieder in der Nazizeit angekommen. Leider dürfen wir im Internet darüber nicht diskutieren, weil dort Gesetze herrschen, die solche Diskussionen verbieten – informelle Gesetze. Irgendwo gibt es sie, diese ungeschriebenen Gesetze, mit denen sich moderne Unmenschen vor der Entdeckung tarnen und sich der Diskussion mit Hinweis auf diese Gesetze entziehen: „Wann immer ein Thread Richtung Nazi läuft, ist er tot.“ Das habe ich von den Internetmenschen gelernt. Ich werde jetzt bewußt gegen dieses Gesetz verstoßen müssen, weil in Deutschland gerade wieder ein Mensch aufgrund politischer Aktivitäten verfolgt wird – diesmal nicht von der Gestapo sondern von der neudeutschen Arbeitspolizei, dem so freundlich klingenden „Jobcenter“. Der Mensch ist Johannes Ponader, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei. Seine Erfahrungen schildert er selbst in einem Artikel der in der FAZ:
Wenige Tage nach der Sendung erhält Bernd Schlömer, Parteivorsitzender der Piraten, einen Anruf von Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit. Er fragt, warum die Partei mich nicht bezahlen könne, deutet an, dass das Jobcenter mich härter anpacken müsse, wenn öffentlicher Druck entsteht. Er spricht von Eingliederungsmaßnahmen und Sanktionen. Später, als Journalisten nachfragen, wird Alt leugnen, dass ich der Grund für diesen Anruf war, und statt dessen ein generelles Interesse an der Piratenpartei als Grund angeben.
Welche Sendung? Nun – die neue Talkshow des Multimillionärs Jauch, der seine Millionen unter anderem der GEZ verdankt, eine Art HARTZ IV für Medienleute – aber auf ganz anderem Niveau. Es war einer der hässlichsten Momente deutscher Mediengeschichte: ein durch Beitragszahlungen vollgefütterter mehrfacher Millionär wollte mit verbaler Gewalt einem Arbeitslosen ein Geständnis entlocken … er sollte das böse Wort sagen, den Judenstern öffentlich tragen.
Der „Jude“ … wollte nicht.
Es lohnt sich, das Geschehene zu zitieren, damit es nicht für die Nachwelt verloren geht:
Günther Jauch fragt mich: „Sie bekommen Hartz IV.“ Ich bestätige das, sage: „Ja, ich beziehe auch Sozialleistungen.“ Jauch insistiert: „Also Hartz IV.“ „Ja, ich beziehe Sozialleistungen.“ – „Hartz IV.“ – „Man nennt es ArbeitslosengeldII.“ Jauch: „Also bekommen Sie HartzIV.“
Punkt. Der politische Geschäftsführer der Piratenpartei ist ein Hartz-IV-Empfänger.
Und damit ist klar, „was das für einer ist“: er ist faul, sitzt den ganzen Tag vor der Glotze, säuft wie ein Loch und stinkt aus allen Löchern. Wir kennen dieses Gesochse ja genug. Vielleicht hätte Johannes Ponader erwähnen sollen, das Jauch´s Politiktalkshow 40 % teurer wurde als das Vorgängerformat: die Frage, „Wer wird Millionär“ (auf Kosten der Gebührenzahler) ist hier schnell beantwortet und hätte für eine gewisse Ausgewogenheit gesorgt.
Sicher, Herr Jauch ist einer der beliebtesten Deutschen. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn als Engel des Herrn verteilte er lange Zeit Millionen unter das Volk – im Dienste seines Senders, der dem Volk viele Jahre lang gezielt Vorstellungen von „gut“ und „böse“ vermittelte: nachmittags sah man „die Bösen“, abends dann „die Guten“. „Die Bösen“ bekamen HARTZ IV (und damit ihre gerechte Strafe), „die Guten“ waren Millionär.
Diese Vorstellung trifft direkt ins Herz eines seit Jahren laufenden gezielten Umbaus der Gesellschaft von einem demokratischen Rechtsstaat in eine marktkonforme „Dienstleistungsgesellschaft“ – ich nehme an, von dieser Gesellschaft, in der wir uns – um es mit Ronald Reagans Worten zu sagen – „alle gegenseitig Hamburger servieren“, hat jeder schon gehört?
Weniger bekannt dürfte sein, das diese Gesellschaft, die auf Dienstleistungen basiert, auch Menschen braucht, die diese bezahlen können. Das ist jener Ansatzpunkt, den man auch von Regierenden gehört hat: „Leistung soll sich wieder lohnen„.
Das Prinzip ist schnell erklärt: man ändert das Verteilungsgleichgewicht des Geldflusses so, das Entertainer, Models, Fussballspieler, konzernfinanzierte Rockstars und ähnliche „Profis“ Millionäre werden und dann selbst das ganze Geld an den Rest des Volkes verteilen, das ihm zu Diensten zu sein hat.
Die Idee war genial – viele Leute, die unter normalen Arbeitsbedingungen schrecklich versagt hätten (und auf einer einsamen Insel mangels Ideen, Tatkraft und Einsatzbereitschaft kläglich verhungern würden) wurden auf einmal Millionär. Den Clown spielen, magersüchtig sein, weiterhin kindlichen Ballspielen hinterherhängen – nichts war zu blöde, um nicht mit vielen Millionen bedacht werden zu können. Eintrittsbedingung? Man musste jemanden kennen, der jemanden kennt, bei Jauch oder im Lotto gewinnen oder ganz einfach gezielt kriminell sein.
Das in einem solchen Tollhaus ein Krimineller dann Sozialgesetze macht, sollte nicht weiter verwundern – ich zitiere nochmal Herrn Ponader:
Später wird man mir auch unterstellen, ich hätte mich bei Jauch geziert, meinen ALG-II-Bezug zuzugeben. Aber Jauch musste aus einem ganz anderen Grund dreimal nachfragen: Ich lehne den Begriff „Hartz IV“ ab und weigere mich, für ein Arbeitslosengeld, das der Existenzsicherung dient, diesen Namen zu benutzen. Peter Hartz, der Namensgeber, ist wegen Untreue in 44 Fällen vorbestraft. Im Namen „Hartz“ schwingt der Verdacht mit, dass da irgendjemand andere hintergeht. Doch wer hintergeht wen? Bei Peter Hartz betrug die veruntreute Summe 2,6 Millionen Euro. Davon könnte man einem Menschen 6948 Monate lang den aktuellen ALG-II-Regelsatz bezahlen, das sind 579 Jahre, oder drei Menschen lebenslang ein Grundeinkommen von knapp 1000 Euro.
Niemand fragt dreimal den Ex-Bundeskanzler Schröder, ob er seine Sozialgesetzgebung von Kriminellen hat inspirieren lassen.
Warum auch?
Man weiß, das es so ist – und das war politisch so gewollt.
Wir wollten eine Dienstleistungsgesellschaft. Dazu brauchten wir Millionäre. Die wiederum musste jemand bezahlen … und das sind all diejenigen, die noch richtig arbeiten und nicht als Lebensideal haben, ein leistungsloses Einkommen auf Halbgottniveau zu erzielen und den lieben langen Tag nichts anderes zu tun, als andere für sich arbeiten zu lassen.
Natürlich macht diese Dienstleistungsgesellschaft den Staat bankrott. Eine breite Schicht von Menschen macht es sich supergemütlich und tut nichts Produktives mehr … ausser Arbeitslosen öffentlich einen Judenstern umzuhängen. Davon kann man reich werden in einer Gesellschaft, die immer mehr Lebenszeit vor dem Fernseher verbringt (siehe Heise) und eine unglaubliche Medienjauche über sich ausgießen lässt.
Die „Dienstleistungsgesellschaft“ ist die Wiederauferstehung des alten feudalistischen Gesellschaftskonzeptes, in dem ein Graf einen ganzen Landstrich „beschäftigte“ – hauptsächlich damit, ihm Reichtümer aufzuhäufen. Grundlage für dieses Konzept waren Herrschaftsansprüche von Räuberbanden, die in die friedlichen Ackerbaugesellschaften einfielen und es sich auf ihre Kosten gut gehen ließen – diese Perspektive wird von der Geschichtsschreibung der Reichen gerne vernachlässigt.
Wir dürfen uns deshalb auch nicht wundern, das der moderne Feudalismus dazu führt, das auch andere Erscheinungen des Mittelalters wieder zurückkehren: in Niedersachsen sollen sich die Kinder wieder an Wölfe gewöhnen (siehe Welt), im einst so reichen Europa hat man wieder Angst vor der Hungersnot (siehe Spiegel), die Kämmerer der Städte verkaufen ihre Töchter an die Pornoindustrie, um die Bilanzen auszugleichen (siehe Welt), während am Königshofe fürstlich zugegriffen wird: der neue ESM-Adel lässt es sich laut Welt so richtig gut gehen, da wird sogar die reiche deutsche Kanzlerin neidisch angesichts der Gehältern, die die sich gönnen werden. Viele Parteien und Verbände werden sich freuen, das jetzt wieder eine neue Selbstbereicherungsquelle erschlossen wurde, an der sich ihre „Profis“ laben können.
Das alles läuft nicht zufällig so. Die Lenkung der Geldströme hin zu einer kleinen Finanzelite, zur gezielten Züchtung einer Millionärskaste, die das Land von innen beherrscht, ist eine politische Entscheidung, deren Folgen wir alle merken. Es sind ganz konkrete, nachweisbare Besoldungsentscheidungen in Wirtschaft (Boni und Gehälter) und Politik (Diäten und Besoldung), nichts davon hat irgendetwas mit Leistung zu tun. Ein Jauch kriegt wegen ein paar witzig gemeinter Sprüche Millionen – auch wenn er noch nicht mal mittelmäßige Arbeit abliefert, siehe Spiegel:
Jauch polarisiere „unnötig, schürt mit seinen Suggestivfragen teilweise Politikverdrossenheit und kommt damit der Verpflichtung zur journalistischen Sorgfalt nicht nach“. „‚Günther Jauch'“ sei „eher eine Show als ein politischer Talk – eine beunruhigende Entwicklung für ein öffentlich-rechtliches Format!“
Das diese beunruhigende Entwicklung im ganzen Land zu bemerken ist, hat man wohl im ARD-Programmbeirat noch nicht festgestellt – kein Wunder, wenn immer mehr Deutsche Wirklichkeit nur noch als Show im TV erleben – die sind bald auf vier Stunden täglich, was zeigt, das es hauptsächlich Arbeitslose sind, die der Jauch unterhält. Vielleicht sind auch ein paar Millionäre darunter, aber die haben eigentlich andere Hobbys.
Wer richtige Arbeit hat, hat wohl keine Zeit, vier Stunden am Tag diese Jauche zu inhalieren.
Richtige Arbeit hat zum Beispiel Johannes Ponader. Theaterprojekte, Parteiarbeit, Wahlkampf – Millionäre würden für das, was der Mann leistet, zehn Leute einstellen müssen. Der bekommt aber – wie viele andere auch – kein Geld dafür, sondern interessante Besuche, ich zitiere nochmal Herrn Ponader:
Zwei mal war der Prüfdienst der Bundesagentur schon bei mir. Beide Male wurden meine Grundrechte mit Füßen getreten. Eine Prüfung durch den Außendienst darf nur erfolgen, wenn es einen Anfangsverdacht auf Leistungsmissbrauch gibt, und auch dann nur, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen. In meinem Mietvertrag steht eine falsche Angabe bezüglich meiner Warmwasserversorgung. Ich stehe im Verdacht, 8 Euro monatlich zu Unrecht zu beziehen. Eine einfache Nachfrage bei mir und eine Bestätigung des Vermieters könnte den Fehler aufklären. Statt dessen steht der Prüfdienst vor der Tür.
Ich frage nach dem Grund. Mir wird der Boiler genannt. Tatsächlich soll der Prüfdienst auch die Zahnbürsten zählen, feststellen, ob ich tatsächlich alleine in der Wohnung wohne – das geht aus dem schriftlichen Prüfauftrag hervor, den ich mir zeigen lasse. Die Prüfer lügen mich also an. Auch sonst wirkt es, als hätten die Prüfer die entsprechende Durchführungsanordnung der Bundesagentur noch nie zu Gesicht bekommen.
Viele werden sich fragen: „Wer wird jetzt der Nazi?“.
Etwa der Jauch?
Nun – sein Umgang mit Herrn Ponader zeigt schon ein recht seltsames Verständnis von Bürgerrechten und einen ziemlich respektlosen Umgang mit Menschen, die keine Millionäre sind. Man fühlt sich an Zeiten erinnert, wo der Gauleiter im Wirtshaus residiert. Was früher der Gauleiter war (oder der Politkommissar), ist heute der Millionär. Und noch früher?
Wars der Graf und der Baron.
2012 können wir Deutschen merken, das wir immer noch mitten drin sind in dem, was 1789 angefangen wurde. Der anfangs so erfolgreiche Versuch, Idioten, Sadisten und Kriminelle aus Machtpositionen zu entfernen, ist noch nicht beendet, Parteien und Konzerne geben ihr Bestes, den alten Zustand wieder herzustellen – eine beunruhigende Entwicklung nicht nur für öffentlich-rechtliche Sendeformate.
Ich denke, wenn man nach dem Nazi sucht, braucht man gar nicht weit zu schauen – Herr Ponader offenbart da selbst pikante Details aus dem Alltagsleben des Arbeitsamtes, das sich langsam in einen äußerst bedenklichen Machtapparat verwandelt:
Die Mitarbeiter sind oftmals auf Grund der vielen Änderungen überfordert. Zudem werden sie unter enormen Druck gesetzt. Morgens müssen sie sich erst Videobotschaften aus Nürnberg ansehen, bevor sie sich in ihre Rechner einloggen können – ein Abbruch oder Vorspulen ist nicht möglich.
„Führeransprachen“, „Prüfdienste“, gezielte Verfolgung – das alles kennen wir schon.
Was wir auch kennen?
Den Preis der Misswirtschaft feudalistischer Systeme: die aktuellen Warnungen des IWF an Deutschland (siehe Spiegel), der scheinbar unaufhaltsame Zusammenbruch der Euro-Märkte (siehe Welt), der Niedergang der Weltwirtschaft (siehe Spiegel) sind Symptome eines Systems, das den Luxus weniger auf Kosten vieler wollte und dessen unaufhaltsames Ende jetzt immer mehr Menschen ins Bewußtsein rückt (Handelsblatt) – nicht nur den Schweizern, die sich schon jetzt auf des Ende des Euro vorbereiten.
Und jene wenige haben nun offensichtlich ein System etabliert, mit dessen Hilfe man zentral gesteuert den anstehenden Massen von Arbeitslosen den „Prüfdienst“ ins Haus schicken kann … jenen Dienst, der ganz real prüft, ob denn der „Lebensberechtigungsschein“ überhaupt noch verlängert werden muss.
Das kann man als „nationalsozialistisch“ empfinden, andere sehen die Auferstehung der „EUdSSR“, wieder andere gehen zu den Wurzeln zurück und sehen eine schlichte Wiederholung der feudalistischen Zeit … und eine bevorstehende Wiederholung ihres blutigen Endes.
Das die Kanzlerin sich große Sorgen macht, verstehe ich da schon. Vielleicht ahnt sie, das wir uns an Bilder von erschossenen Gerichtsvollziehern gewöhnen müssen, wenn die wirtschaftliche Krise auch die bewaffneten Teile der Bürgerschaft in die Obdachlosigkeit treibt – siehe WSWS:
In der Karlsruher Nordstadt kam es am Mittwoch im fünften Stock eines Mehrfamilienhauses zu einem Blutbad. Der arbeitslose 53jährige Bernard K. erschoss bei der Zwangsräumung der Wohnung seiner Lebensgefährtin fünf Menschen: den Gerichtsvollzieher, einen Mitarbeiter des Schlüsseldienstes, den neuen Wohnungseigentümer, sowie seine Freundin und sich selbst.
Alle Einzelheiten des Tathergangs deuten darauf hin, dass es sich hier um die Verzweiflungstat eines Menschen gehandelt hat, der seine Situation als ausweglos empfand. Von der jahrelangen eigenen Arbeitslosigkeit zermürbt, wurde Bernard K. am Mittwoch auf die härteste Weise mit der sozialen Realität in Deutschland konfrontiert.
Der neue Besitzer kam mit Unterstützung der staatlichen Justiz in Form des Gerichtsvollziehers an diesem Tag in die Wohnung und forderte Zugang zu seinem Eigentum. Beide waren weder an persönlichen Umständen, noch an der offenbar schwierigen Lebenssituation der Betroffenen interessiert.
Vor dieser „ausweglosen Situation“ steht inzwischen ganz Europa … wenn nicht sogar die ganze Weltwirtschaft. Zweimal (1914 und 1939) schon durften wir erleben, wo das dann endet.
Könnten wir das nicht endlich mal … anders handhaben? Bevor es noch mehr Tote gibt?