Wir von 451° waren bisher wohl zu zimperlich. Anders können wir es uns nicht erklären, warum Annegret Kramp-Karrenbauer, Franziska Giffey, Laura Hofmann und der weiße Cis-Mann uns so auf der Nase herumtanzen.
Stauchen wir doch gleich einmal unsere Freunde von CDU, SPD, FDP und den Grünen zusammen. Für diese Parteien ist klar: Die Denkfabrik Deutschland sollte in der Sicherheitspolitik mehr Verantwortung übernehmen. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer spricht sogar von einer militärischen Machtdemonstration. So ein Soldat von der Bundeswehr muss bereit sein zu kämpfen, zu töten und, wenn es nach Carlo Masala geht, auch zu sterben. Nicht immer nur ein paar Sandsäcke von A nach B hiefen oder in Zeiten von Corona aushelfen. Nix da. Schön mit Krieg das dicke Geld machen! Also bitten wir die neue Europa-Armee: Ran an die Wummen und auf sie mit Gebrüll! #Sicherheitspolitik ist doch ein schönes Wort. Man kann es auslegen, wie man will, nicht jeder ist unter dieser Bezeichnung sicher. Das wird euch die Tagesschau so nicht verkaufen, aber dafür habt ihr ja uns von 451°.
Den nächsten Anpfiff kann sich Franziska Giffey abholen. Eigentlich gehört ja ein #Doktortitel vor ihren Namen. Aber den haben wir jetzt mit Absicht weggelassen. An der Freien Universität Berlin wird das Plagiieren nämlich nicht geduldet. Hat Frau Giffey trotzdem gemacht und direkt Schimpfe vom Prüfungsbüro bekommen.
Und wer jetzt glaubt, sich einen Doktortitel zu erschleichen, wäre heuchlerisch, kennt Laura Hofmann noch nicht. Als Pressesprecherin der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus muss man zwei Dinge sein: gegen Polizisten und gegen Flugzeuge. Unsere Laura ist nämlich so gar kein Fan vom Flugverkehr. Komischerweise reist Laura richtig gerne um die ganze Welt. Sie hat schon Kuba, Portugal, Sizilien, Paris, Spanien, Malaysia, Granada und New York besucht. Findet ihr das nicht auch komisch? Flugzeuge abstrafen, sie aber ständig benutzen? Fliegen und Reisen haben anscheinend nicht das Geringste miteinander zu tun. War uns auch neu, Laura. Deine große Schwester Luisa ist bestimmt stolz auf dich.
Zu guter Letzt möchten wir noch ein paar Worte zu den Problemen der alten deutschen weißen Männer verlieren. An die, die da versuchen, unsere Brüder zu vergiften und zu vernichten, und mit Grimm werden wir sie strafen. Oh. Jetzt waren wir kurz woanders. Eigentlich ist es wirklich nur ein kleines Problem. Deutschland hat Ärger mit dem #Islamismus. Und daran sind einzig die ganzen weißen Cis-Männer schuld. Ein weißer Mann ist auch daran schuld, dass Obdachlose aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden und Filme wie: Keine Zeit zu sterben, Halloween Kills und Dune verschoben wurden. Dieses Patriarchat macht uns krank. Pfui!
Samstag, 24.1.2015. Eifel. Heute vor fünfzehn Jahren ist mein Vater gestorben – im Alter von 69 Jahren. Er war Handwerker, hat sich mühsam einiges aufgebaut – durch unermüdliche Arbeit. Sein Arbeitsleben musste er – wie so oft im Handwerk – vorzeitig beenden: Verschleiß hatte ihm die Kniescheiben zerschossen. Ich bin froh, dass er gestorben ist – nach vielen häßlichen Erfahrungen in der Jugend und im Krieg hatte er – als politisch interessierter Mensch – immer noch die Hoffnung, dass sich alles mal zum Besseren wenden wird, dass für den „kleinen Mann“ irgendwann mal das Ende des Leidens erreicht sein wird. Ich bin froh, dass er die Verwerfungen, Verrohungen und Vernichtungsfeldzüge gegen den „kleinen Mann“ nicht miterleben musste, das hätte ihn sehr mitgenommen – so konnte er ruhig einschlafen: im Jahre 2000 hatte er noch einen erfolgreichen Sohn, fünf Enkel, die ihn vergötterten und eine Ehefrau, für die er mit äußerster Sparsamkeit sehr gut vorgesorgt hatte.
Was hätte es ihn getroffen, wenn er hätte miterleben müssen, wie der Staat die flächendeckende Zwangsenteignung von Arbeitslosen eingeführt hat. Er – als jemand, der schwere Küchen bei fremden, reichen Leuten aufbauen musste – wusste genau, dass man sich mit dieser Arbeit die Gesundheit ruiniert wie ein Leibeigener im alten Rom … und das der „kleine Mann“ deshalb den Schutz des Staates benötigte. Das dieser Staat – der eigentlich demokratisch und rechtsstaatlich sein sollte und laut Grundgesetz ein sozialer Staat sein sollte, fünfzehn Jahre später ein Terrorstaat ist, ein Staat, der mit sadistischer Freude „Druck ausübt“ … wie es vornehm in Regierungskreisen heißt hätte ihn sehr getroffen. Man Vater hätte noch gewusst, welches Wort der kleine Mann für diesen „Druck“ hat: Folter!
Ja – als jemand, der Hitlerjugend noch live miterlebt hat, hätte er gewusst, dass es Zeit zum Fürchten gewesen wäre, wenn er erfahren hätte, warum sich eine Freundin von mir von Facebook verabschiedet hat: sie hatte von einer Bekannten erfahren, dass das Jobcenter Arbeitslose über Facebook kontrolliert – und nach zwei Wochen Facebook-Abstinenz empfing der Sachbearbeiter die Bekannte mit den Worten „Na – man hat ja lange nichts mehr von ihnen gelesen!“. Laut einem Bericht von „gegen-Hartz“ ist die flächendeckende Onlineüberwachung von Arbeitslosen immer wieder angestrebt doch offiziell gescheitert (siehe gegen Hartz) – inoffiziell jedoch gehen die Mitarbeiter ganz aus eigenem, perversem Antrieb heraus dieser Arbeit gerne nach.
Als jemand, der noch live die Zeit miterlebt hat, als in Deutschland jeder jeden ausspionierte und man sich nicht den aller kleinsten Fehler erlauben durfte, weil selbst das geringste Maß von Nonkonformismus tödliche Folgen hätte haben können, hätte er gewusst und folgerichtig beurteilen können, was es bedeutet, wenn Hartz IV-Bezieher zwangsweise vorgeführt werden (siehe gegen-Hartz).
Was Nationalsozialismus im Alltag wirklich bedeutet – dafür hat der kleine Mann ein besonderes Gespür, denn er wird das erste Opfer. Die pseudointellektuellen Schöngeister und Feinbieger der Historie werden als Funktionselite in jedem System gebraucht – und es ist schauderhaft zu sehen, wie sie heute jeden Vergleich mit den dunkelsten Jahren der deutschen Geschichte scheuen und so Wegbereiter für die Wiederholung werden.
Die Folgen, die dieser Ausfluss gelebten Unmenschentums nach sich zieht, sind gruselig – so gruselig, dass zehn Jahre später sogar die ansonsten äußerst regierungskonformen Bezahlmedien kritische Bemerkungen zulassen (siehe Süddeutsche):
„Die vergangenen zehn Jahre zeigen: Das Hartz-IV-System ist ein unglaublich rigides Armutsregime. Deutschland lebe über seine Verhältnisse, heißt es doch immer. In Wahrheit geben sich immer mehr Menschen mit immer weniger zufrieden – in einer Gesellschaft die ansonsten immer reicher wird. „Hartz IV bewirkt eine Anspruchsreduktion, die mit einer Traumatisierung einhergeht“, sagt Butterwegge. Die Menschen nähmen sich selbst zurück. „Sie werden gedemütigt und demoralisiert“.“
Die Ausmaße, die dieses Armutsregime angenommen hat, erreichen Dimensionen des NSA-Skandals – nur werden die in den etablierten Medien mit Rücksicht auf das Establishment (dem man ja selber angehört) nicht veröffentlicht, wer nach der Wahrheit sucht muss akribisch nach Details fahnden … und manchmal hilft nur der Zufall: 2012 schreib Alan Posener für die Welt einen Artikel über Beamte, einer davon war beim Jobcenter tätig. Nebenbei erfuhr man Erstaunliches (siehe Welt):
Herr Jacobi hat via Computer den Zugriff auf 42 Millionen Datensätze. Das entspricht der Hälfte der Bevölkerung. Wer staatliche Leistungen beantragt, verzichtet faktisch auf die Privatsphäre.
Das war 2012. Wie viele sind es heute?
Vielleicht stößt die Zahl auf Unglauben – aber in einem Artikel des Spiegel aus dem Jahre 2015 erhalten wir eine Bestätigung seitens des DGB, dem langsam einfällt, dass das System Hartz IV dem kleinen Mann das Genick gebrochen hat … damals noch mit Zustimmung der Gewerkschaften (… und der Kirchen) (siehe Spiegel):
Rund 15 Millionen Menschen haben demnach in den vergangenen zehn Jahren zumindest zeitweilig Hartz IV bezogen.
Zahlen, die nacktes Entsetzen auslösen sollten. Beziehen Jugendliche Hartz IV, werden natürlich auch die Daten der Eltern erfasst: man ist ja „Bedarfsgemeinschaft“, ebenso kommen die Partner ins Visier der Behörde – auch bei Geschiedenen. So kommt man leicht auf 42 Millionen Datensätze. Allein aber 15 Millionen Menschen, die – zumindest zeitweilig – von Hartz IV abhängig sind, zeigt das große Versagen des sterbenden Kapitalismus: „Vollbeschäftigung“ ist weit entfernt: von 40 Millionen arbeitenden Menschen haben 37 Prozent keinen ordentlichen Arbeitsplatz. Schauen wir mal zurück zu den Zeiten der großen Weltwirtschaftskrise … und bleiben bei Wikipedia, dessen Ruf nur dann besser wird, wenn man es öfter benutzt (siehe Wikipedia):
„Im Februar 1932 erreichte die Krise auf dem Arbeitsmarkt ihren Höhepunkt: Es standen 6.120.000 Arbeitslosen, also 16,3 % der Gesamtbevölkerung, nur 12 Mio. Beschäftigte gegenüber. Zu den Arbeitslosen könnte man auch noch die große Masse der schlecht bezahlten Kurzarbeiter und Angestellten zählen, aber auch die kurz vor dem Ruin stehenden Kleinunternehmer.“
Na – wird ihnen schon mulmig? Da wir eine Gesamtbevölkerung von 80 Millionen haben, übertreffen wir mit 15 Millionen Menschen in prekären Situationen die 16,3 % im Jahre 1932 – schon jetzt: wir sind bei 18,75 %.
Angefangen hatte es laut Bundeszentrale für politische Bildung ganz harmlos (siehe BpB):
„Im Winter 1929/30 gab es bereits mehr als drei Millionen Arbeitslose, die materiell weitaus schlechter abgesichert waren als heute. Es entstand ein Teufelskreis aus sich verringernder Kaufkraft, zurückgehender Nachfrage, sinkender Produktion und weiteren Entlassungen.“
Diesen Teufelskreis kennt der deutsche Einzelhandel auch: der „Tante-Emma-Laden“ ist nicht mehr finanzierbar – mit enormen Kosten für die Umwelt, der nächste Supermarkt muss erstmal erreicht werden.
Nur ein kleiner Ausflug in die Geschichte Deutschlands – und man weiß, wo der eingeschlagene Weg enden wird: am Ende das Kapitalismus steht alternativlos die Massenvernichtung unnützen Menschenmaterials: notfalls auch als Vernichtung durch Arbeit. Geht ganz einfach: beim Essen sparen, zum Arbeiten zwingen – der Erfolg stellt sich automatisch ein.
Das muss gerade uns Deutschen auch im Jahre 2015 klar sein, denn so harmlos wie es die „Bundesagentur für Arbeit“ darstellt (und obszönerweise sich selbst sogar in einer großen Weihnachtskartenaktion lobt – siehe gegen Hartz), ist das Terrorregime nicht. Abgesehen von einer enormen Zunahme psychischer Erkrankungen geht es Arbeitslosen (und ihren „unschuldigen“ Kindern) auch physisch an den Kragen … ganz nach dem Prinzip „Vernichtung durch Arbeit“ (siehe Heilpraxis.net):
„Mediziner schlagen Alarm: In Deutschland existiert ein „versteckter Hunger“. Betroffen sollen Millionen von Erwachsenen und Kindern sein. Der Grund: Die Hartz IV Regelleistungen reichen kaum aus, um sich aus Ernährungswissenschaftlicher Sicht vollwertig und ausreichend zu ernähren. Die Folgen sind vor allem für Kinder fatal: Wachstums- und Entwicklungsstörungen sowie zum Teil schwere Krankheiten können aus der Mangelernährung entstehen.“
Wem die Quelle zu unseriös ist, dem kann ich schnell helfen – mit einem Artikel im Tagesspiegel über „Grüne Woche“ in Berlin, zu der sich 70 Agrarminister aus aller Welt eingefunden hatten (siehe Tagesspiegel):
„Bei uns muss niemand hungern – dieser Satz stimmt so leider nicht. Zwar ist chronische Unterernährung in Deutschland heute äußerst selten, doch die Menschenrechtsorganisation FIAN hat beobachtet, dass immer mehr Menschen in Deutschland nicht in der Lage sind, sich „angemessen und in Würde zu ernähren“. Besonders betroffen sind Kinder aus Hartz-IV-Haushalten, Rentner und Flüchtlinge. Die Tafeln feiern in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen. Es ist ein trauriges Jubiläum. „Dabei geht es nicht nur darum, satt zu werden, sondern darum, gesund zu bleiben“, sagt Ernährungswissenschaftler Hans Konrad Biesalski von der Uni Hohenheim. „Viele Deutsche leiden unter verstecktem Hunger.“
Ja – am Ende des Kampfes gegen den Hunger ist der Hunger als Vernichtungsinstrument nach Deutschland zurückgekehrt … nur wird diese Wortwahl emsig vermieden, denn an den Enteignungen der Arbeitslosen verdienen viele Funktionsträger des Kapitalismus ganz gut: so manch ein Journalist, Beamter, Abgeordneter oder Manager hat mit der Ersteigerung von enteigneten Immobilien von Arbeitslosen super Geschäfte gemacht …. und alle möchten diese Geschäfte auch weiter machen. An den Juden hatte man dereinst auf diesem Wege auch gut verdient.
Ja – es werden kritische Stimmen gegen Hartz IV laut – und auch manch ein etabliertes Medium veröffentlicht sie (siehe Spiegel):
„Die Hartz-Reformen haben tatsächlich dazu beigetragen, die Arbeitslosigkeit in Deutschland zu verringern, gerade weil sie den Druck auf Arbeitslose erhöht haben.Um nicht in Hartz IV abzurutschen oder auch nur um der Gängelei vom Amt zu entkommen, sind Arbeitslose heute eher bereit, eine schlecht bezahlte oder sonstwie unattraktive Stelle anzunehmen.“
Darf ich nochmal daran erinnern, dass „Druck von oben“ „unten“ als Terror ankommt? Als enorme Beschneidung der Grundrechte, als widernatürlicher Eingriff in die Marktwirtschaft zuungunsten des „kleinen Mannes“, der sich zu Tode schuften soll – bei anhaltender Mangelernährung?
Hässlich, wenn man so der modernen Gegenwart die Maske vom Gesicht zieht, oder? Nun – wie im Dritten Reich profitieren auch Millionen von dem System … und wer davon profitiert (und das ist immer noch die Mehrheit) kann mit der Vernichtung von Juden gut leben – erst recht, wenn man durch deren Enteignung noch das eine oder andere Schäppchen machen kann.
Was nur vergessen wird: wir haben noch nicht 1942, sondern eher 1932. Noch existiert die Demokratie, noch steht die Sozialstaatsverpflichtung als grausamer Scherz im Grundgesetz. Das kann sich ganz leicht ändern, wenn US-Konzerne im Rahmen der geheimen Freihandelsabkommen den Sozialstaat als „Marktverzerrung“ wegklagen – am besten noch durch eigene Schiedsgerichte.
Ist die historische Verurteilung der Hartz-Gesetze zu hart? Ist sie ungerecht? Vielleicht sogar eine Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus?
Wer so argumentiert, demonstriert ein historisches Wissen weit unter Hauptschulniveau, versucht, ein Gutmenschenstammtisch-Blabla gesellschaftsfähig zu machen, dass die NS-Zeit selbst als „versehentlichen Ausrutscher“ entschuldigt, anstatt anzuerkennen, dass der Kapitalismus die Haupttriebfeder der geschichtlichen Entwicklung war, dessen Notwendigkeiten nur jemanden suchten, der sie umsetzen konnte, um sein Ende herauszuzögern. Es ist pure Feigheit, die so argumentiert – denn die Erkenntnis, dass die Gleise nach Auschwitz gerade wieder aufgebaut werden, würde zum Handeln zwingen … Handeln gegen eine sterbende Wirtschaftsform, von der wir alle – ja ALLE – abhängig sind. Zu grausam für die Nutznießer einer Spaßgesellschaft, die sich köstlich amüsiert, wenn ihre „B- und C-Promis“ wieder Würmer fressen müssen, ohne zu erkennen, dass diese Perversion menschlichen Seins sie schon ganz nahe an den Humor der alten Judenwitze heranbringt.
Ich möchte dazu mal Matthias Kaufmann vom Spiegel zitieren, der einen bemerkenswert kritischen Artikel zu Hartz IV geschrieben hat (siehe Spiegel):
„Im Rückblick erstaunt die Selbstverständlichkeit, mit der die Erwerbslosen als dreiste Kostgänger des Sozialstaates dargestellt wurden. Kanzler Schröder selbst produzierte 2001 geschickt ein Schlagwort: „Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft.“ Auf den Arbeitsämtern, fügte Schröder an, solle öfter von den Sanktionsmöglichkeiten Gebrauch gemacht werden, wenn jemand sich nicht richtig um einen Job bemühe.
Schröder sagte nicht platt: Die sind alle faul. Aber er gab zu verstehen, dass er Faulheit beim Thema Arbeitslosigkeit für ein zentrales Problem hält. Der Ton in der Debatte war gesetzt.
Und er wurde schriller. Das spiegelt sich in den Zeitungen der Zeit wider. Am aggressivsten las sich die „Bild“, sie schrieb immer öfter schlicht von den „Faulen“, vom „ausgeplünderten Sozialstaat“ und von „Schnorrern“, denen der „Fahnder vom Amt“ auf die Pelle rücken müsse. Selbst ein „Bild“-Artikel, in dem berichtet wurde, dass nur 2,4 Prozent der Arbeitslosen heimlich dazuverdienen, wurde überschrieben: „So schamlos zocken Sozial-Betrüger ab“.“
Diese Entwicklung bedeutet das Ende der Demokratie in Deutschland – und den Anfang eines Terrorstaates, der jene Menschen drangsalierte, entrechtete und enteignete, die für den Kapitalismus nicht mehr profitabel genug waren.
War es wirklich Gerhard Schröder? Ich denke: hier wird ein Ex-Kanzler abgeschossen, der gerade zu putinfreundlich geworden ist. Bis heute herrscht wenig Klarheit darüber, wieso die von Peter Hartz geforderten Regelsätze von 500 Euro so drastisch gekürzt wurden, dass sie nur noch zur Mangelernährung reichten und ausreichende Bildung nicht mehr möglich machten. Erschreckend trotzdem die Erkenntnis, wie sich vor zehn Jahren blitzartig eine Allianz von Menschenjägern gebildet hat, die genau wussten, wer Schuld war am Untergang des Kapitalismus: der arbeitslose Mauerer mit Rückenproblemen, den jenseits der magischen „vierzig“ keiner mehr einstellen wollte, weil man – betriebswirtschaftlich folgerichtig gedacht – die Ausfalltage durch Krankheit fürchtete.
200 Euro mehr im Monat – so der heutige Satz bei adäquaten Steigerungen – und Arbeitslose könnten sich wenigstens zu Vorstellungsgespräche angemessen kleiden … aber das war ja nicht gewollt. Man musste Millionen von Menschen opfern, um den Reichtum der anderen zu sichern: eine Wirtschaft betrieb Kannibalismus.
Darf man so etwas nicht zurecht „Terror“ nennen? Einen Terror, der in den letzten zehn Jahren mehr Menschen das Leben gekostet hat als jede Form des Islamismus?
Doch dagegen geht niemand auf die Straße – denn hier droht, wirkliche, echte Gefahr. Man würde sich mit „Mächten und Gewalten“ anlegen, die eine wirkliche, echte Gefahr darstellen und aktuell Millionen von Deutschen (darunter auch 1,6 Millionen Kinder) bewusst und absichtlich einer Vernichtung durch Mangelernährung zuführen … mein Vater hätte gewusst, dass es das schon mal gegeben hatte.
Damals nannte man die Vernichtung „Umsiedlung“. Heute „Fördern und Fordern“.
Damals waren die Opfer „Juden“. Heute „Faule“.
Die Definition von „faul“ kann ich Ihnen gerne sagen: Faul ist jeder, dessen Kapital nicht genug Zinsen abwirft, um Staat und Arbeitgebern nicht auf der Tasche liegen zu müssen.
Und – aus rein betriebswirtschaftlicher Logik heraus – müssen „Faule“ von der „Pay Roll“ verschwinden. Nur so kann der Kapitalismus seine Krisen überwinden.
Und das ist auch der eigentliche Grund, warum man Pegida fürchtet: aus 1932 kann ganz schnell 1933 werden: was Unruhe im Kreis der Absahner und Terrorgewinnler erzeugt. Ganz schnell könnte man selbst von neuen Funktionseliten verdrängt werden … das darf nicht geschehen, denn dann könnte man ganz schnell selbst „faul“ sein.
Heute beginnt ja der Karneval mit seinen heftigeren Erscheinungen, ein fürchterlich wildes Fest, zu dem der carrus navalis wie schon seit Jahrhunderten durchs Land gezogen wird. Anders als zu früheren Zeiten werden jedoch links und rechts des Weges keine ausschweifenden Feste zu Ehren der Göttin Nerthus gefeiert, nein, man besäuft sich einfach nur. Es ist auch nicht mehr das Fest des Aufstandes gegen die Mächtigen, es ist eher das Fest, an dem die Mächtigen feiern, das es keine andere Form von Aufstand mehr gibt als das die Leute einmal im Jahr besoffen auf den Bürgersteig pinkeln.
Dabei gäbe es schon Grund genug, sich aufzuregen, zum Beispiel über die Regierung. Der Guttenberg zum Beispiel hat ja seinen Rücktritt mit Bedacht gewählt. Wäre er nur einen Tag früher zurückgetreten, wäre ihm laut „Der Westen“ einiges entgangen:
Wäre Karl-Theodor zu Guttenberg nur einen Tag früher zurückgetreten, wären ihm 14.000 Euro durch die Lappen gegangen. Weil er Bundestags-Abgeordneter war, bekommt er eine Pension von 1822 Euro monatlich.
So wird man Millionär – einfach keine Gelegenheit außer Acht lassen, seine wahren Charakter noch einmal in aller Öffentlichkeit zu demonstrieren und seinen Ruf vollkommen zu ruinieren: aber was soll´s, ist ja sowieso nur das Deppenvolk, das sich daran stört.
Stören sollte sich das Deppenvolk auch an der Bewältigung der Bankenkrise durch derartige Elitepolitiker. Hier ist sogar der Focus empört – ein Blatt, bei dem man ja sonst kaum Artikel zwischen den Anzeigen findet, sieht in Zukunft wenig Grund zum Schunkeln:
Banken, die zu groß sind, um sie pleite gehen zu lassen, waren der Grund für milliardenschwere Rettungsaktionen in der Finanzkrise. Von solchen Instituten gibt es heute mehr als je zuvor. Die Regulierung hinkt hinterher.
Das riecht nach noch viel größeren Rettungspaketen und nach dem ganz großen Wurf der Lumpenelite. Da kann man doch noch mal richtig auf Kosten der Allgemeinheit absahnen und – wenn es gut geht – seine bisherigen Kontostände einfach nochmal verdoppeln – zum Beispiel, in dem man in Strafanstalten investiert. Soll in Zukunft ein Riesengeschäft werden, wenn man dem Tagesanzeiger glauben darf:
Sträflinge als Rendite-Objekte – Mit sogenannten Social Bonds können Investoren in Sozialprojekte investieren. Es lockt eine Rendite von mehr als 13 Prozent. Auch US-Präsident Barack Obama hat Witterung aufgenommen.
Eine Rendite von 13 Prozent … das verspricht ein gutes Geschäft zu werden. Da muß man schon dafür sorgen, das genug „Rohstoff“ für die Gefängnisse nicht ausgeht.
Wie man das schafft?
Durch den üblichen Sozialismus, der inzwischen sogar ganz offen in den USA gelebt wird, jenem Land, dem Guttenberg so verbunden ist und das für uns alle Vorbild war. So berichtet Uweness:
Eigentlich sollte es dabei um das 3,3 Billionen US-Dollar schwere Rettungspaket als Anleihen und Bürgschaften für die Banken und die Wirtschaft gehen, doch unversehens geriet die Rede zu einer Generalabrechnung mit einem System, dessen Klassencharakter sich in den vergangenen 40 Jahren massiv verstärkte, was etwa in der Vermögensverteilung seinen deutlichsten Niederschlag findet und von Bernie Sanders angeprangert wurde, so etwa auch als Kurzbotschaft via Twitter: „It appears that we are very much a country in which we practice socialism for the rich and rugged capitalism for everyone else“ Sanders kritisierte den Krieg der Finanzelite gegen die Mittelklasse, etwa in Gestalt ihrer massiven Kampagnen gegen die Gesundheitsreform Obamas, die unter diesem Druck nur halbherzig ausfallen konnte und nun gar ganz revidiert werden soll. Auf Grund des direkten Zugriffs der Wall Street auf die Politik kommt Sanders zu dem Schluss, dass die viel zitierten Bananenrepubliken heutzutage nicht in Lateinamerika angesiedelt seien, sondern gerade auch im Norden des Kontinents.
Jetzt verstehe ich die Welt der Reichen ein wenig besser: das sind alles Sozialisten. Darum schimpfen die auch immer so über Sozialisten und Sozialromantiker: die wissen genau, das sie selbst welche sind – und wissen deshalb auch, wo das endet: eine kleine Gruppe von Räubern will dem Rest des Volkes ans Geld. Und weil sie von Allen nehmen, ist das dann sozial.
Darum verkaufen die ihr Land ja jetzt auch an die Kommunisten, die dereinst noch zum Reich des Bösen gehörten – lese ich jedenfalls im Spiegel:
Die USA haben bei China weitaus mehr Schulden als bislang angenommen. Die Volksrepublik halte US-Anleihen im Wert von 1,16 Billionen Dollar, gab das US-Finanzministerium am Montag (Ortszeit) bekannt. Das ist gut ein Drittel mehr als noch Mitte Februar veranschlagt.
Kein Wunder, das sich niemand darüber aufregt, das die Chinesen den USA ganz offen den Krieg erklären … den Wirtschaftskrieg erstmal – so würde ich jedenfalls die Ankündigung im Spiegel verstehen:
Die chinesische Notenbank überrascht mit einer spektakulären Ankündigung: Firmen der angehenden Supermacht können ihren kompletten Außenhandel künftig in Yuan abwickeln statt in Dollar. Peking rüttelt an Amerikas Anspruch, die Leitwährung zu stellen – mit gravierenden Folgen für die USA.
Da steht jemanden bald das Wasser bis zum Hals. Kein Wunder, das sich Obama für Social Bonds interessiert – er denkt einfach mal an seine persönliche Zukunft … und daran, was seine Wirtschaftspolitik aus seinem Land machen wird.
Während dort kräftig abgesahnt wird, lädt man bei uns den Müll ab. So berichtet Panorama:
Exxon: US-Konzern vergiftet Grundwasser in Norddeutschland
Uns als Bürger stört das nicht, gerade heute nicht. Es ist einer dieser Tage, wo man uns erlaubt, auf den Bürgersteig zu pinkeln. Dabei wollen wir nicht gestört werden, weshalb uns auch unsere explodierenden Atomkraftwerke egal sind, über die gestern DiePresse berichtete:
Ein altes bayerisches Atomkraftwerk sorgt in Österreich für Aufregung. Eigentlich hätte Isar1 heuer stillgelegt werden sollen. Aber nachdem Deutschland die AKW-Laufzeiten verlängert hat, wird dort noch mindestens acht Jahre lang Strom produziert. Der Reaktor gilt als veraltet. Schon vor Jahren hatte die österreichische Bundesregierung eine Studie über sein Risiko in Auftrag gegeben. Seit Juni 2010 ist sie fertig.
Dann kommen die „Islamisten“ nach hier und erschiessen die ISAF-Truppen, siehe hr:
Am Frankfurter Flughafen sind am Mittwoch zwei US-Soldaten erschossen worden, zwei weitere wurden schwer verletzt.
Als Antwort darauf wird die US-Luftwaffe wahrscheinlich den Rosenmontagszug in Köln bombadieren … jedenfalls, wenn sie mit der gleichen Logik vorgehen wie schon so oft in Afghanistan.
Insofern ist es wahrscheinlich schon gefährlich, die „stille Revolution“ wahrzunehmen, über die Muslim-Market berichtet:
Der Autor dieser Zeilen gehört sicherlich zu den Letzten, die an eine baldige Befreiung Deutschlands vom US-zionistischen Imperialismus glaubt. Aber möglicherweise gibt es doch ein höheres Vernunftpotential, als es nach Außen wirken mag bzw. von der Hofberichterstattung wiedergegeben wird, wobei zunehmend die Frage aufgeworfen kann, für welchen “Hof“ eigentlich jene Berichterstattung arbeitet. Möglicherweise ist der sogenannte Wutbürger gar nicht geprägt von “Wut“ sondern von Vernunft und sucht eine vernünftige Lösung für Deutschland und die Zukunft dieses Landes. Möglicherweise … und Hoffnungslosigkeit ist die größte Sünde im Islam. Und alle Hoffnung ist auf Gott ausgerichtet.
Und das macht Islamisten so gefährlich: die haben noch Hoffnung, die reden von Vernunft statt Wut und bringen damit den ganzen neuen Sozialismus in Gefahr, während wir beten müssen, das weder Gift, noch Atom, weder Banken noch Politiker uns zur Strecke bringen.
Also … was mich angeht: ich verstehe, warum man das nur noch besoffen oder religiös ertragen kann.