Der Aufschwung fetzt uns ja gerade nur so um die Ohren, das es kracht. Besonders kracht es bei den Schuldnerberatungen, den Insolvenzgerichten und den Inkassounternehmen. Wir wissen ja alle, das das nicht sein kann, es muß sich also bei dieser Beobachtung um eine kollektive aufschwunggefährdende Massenpsychose handeln. Ein Wunder, das dafür noch nicht harte Strafen verhängt worden sind:
Damit könnte es dieses Jahr noch mehr Verbraucher treffen als im bisherigen Rekordjahr 2007. Damals mussten 137.000 Personen ihre Zahlungsunfähigkeit erklären. In den ersten sechs Monaten habe es fast 69.500 Fälle gegeben, teilte der Finanzdienstleister mit – ein Zuwachs von knapp 13 Prozent. Hauptursache sei unter anderem Arbeitslosigkeit, die krisenbedingt noch immer hoch sei, sagte ein Bürgel-Sprecher.
Quelle: Spiegel-online
Das es sich bei dieser Studie des Finanzdienstleisters Bürgel um eine krasse Fälschung und unverschämte Lüge handelt, ist jedem aufrechten Bürger gleich offensichtlich: wir haben Jobwunder und die sprechen von unverschämt von Arbeitslosigkeit und sogar – das schlägt dem Faß den Boden aus – von KRISE. Die haben wohl die Aufschwungberichte der Medien nicht gelesen.
Leider machen auch andere Unternehmen die unangenehme Erfahrung, das arbeitslose Verbraucher, die in die Privatinsolvenz rutschen, nicht mehr bezahlen:
Deutsche Unternehmen müssen laut einer Studie in diesem Jahr durchschnittlich 2,8 Prozent ihrer Forderungen abschreiben. 2009 waren es danach 2,1 Prozent nicht bezahlter Rechnungen. Der Anteil der Zahlungsausfälle in 2010 liege bei Geschäftskunden (2,8 Prozent) und Privatkunden (2,6 Prozent) fast auf gleichem Niveau. Für die Studie „Europäische Zahlungsgewohnheiten“ hat die internationale EOS Gruppe gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Ipsos nach eigenen Angaben 2200 Unternehmen in zehn europäischen Ländern zu den Zahlungsgewohnheiten befragt.
Damit liegen die Zahlungsausfälle höher als der Aufschwung, was praktisch heißt: wir haben zwar volle Auftragsbücher und die Leute kaufen unsere Waren, sie bezahlen aber nicht mehr. Besonders schlimm sind die Firmen, denen es ja angeblich noch besser geht:
Besonders stark von Forderungsausfällen betroffen sind laut Studie süddeutsche Unternehmen mit Geschäftskunden. Hier fielen 4,2 Prozent der Forderungen aus.
Quelle: Welt
Da wir ja Aufschwung und Jobwunder haben, können wir aber auch diese sehr beunruhigenden Berichte in das Reich der Phantasie verweisen. Es bleibt ein Rätsel, wie diese aufschwunghemmenden Nachrichten überhaupt die Schreibtische verantwortungsbewußter Redakteure passieren konnten.
Da lieben wir doch die Nachrichten vom Handelsblatt:
Nach Ansicht des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) sind die Verbraucher die Verlierer des Kompromisses. Die Atomlobby habe sich „mit ihren dreisten Forderungen auf ganzer Linie durchgesetzt“. Der Bundesverband WindEnergie sprach von einer „Rolle rückwärts zur Energietechnologie von gestern“. Kernkraftwerke würden noch Jahrzehnte „die Stromnetze verstopfen“ und so den möglichen Ausbau der Windenergie blockieren.
Geht es den Konzernen gut, geht es auch der Wirtschaft gut und wir kriegen schöne Statistiken. Was interessiert uns da der „Verbraucher“. Überhaupt … was ist das eigentlich für ein moralisch minderwertiges Wesen: „der Verbraucher“? Wie der sich schon anhört: ein Schmarotzer in Person. Während die edle Elite produziert, nimmt er sich die Frechheit heraus, einfach zu verbrauchen, was diese erschaffen haben. Man muß sich da wirklich mal überleben, wieviele Verbraucher sich so ein Land noch leisten kann. Amerika macht das jetzt ja mal konsequent vor, die entsorgen ihre Verbraucher frühzeitig. Das Handelsblatt berichtet von einem:
Paul Berardino ist kein typischer Arbeitsloser. Der 46-Jährige New Yorker ist studierter Politikwissenschaftler, Vertriebsmanager, Medienexperte, Buchautor. Als am 11. September 2001 in Downtown Manhattan zwei Flugzeuge ins World Trade Center krachen, arbeitet er im Gebäude schräg gegenüber für Thomson Financial – und kommt mit dem Schrecken davon.
Der eigentliche Anschlag auf Berardinos Leben folgt sechs Jahre später. Investcorp., eine Private-Equity-Firma mit Sitz in Bahrein, übernimmt die Sparte Thomson Media und setzt den Vertriebsmann aus Manhattan vor die Tür: „Ohne Vorwarnung, ohne einen Cent Abfindung, eiskalt“, schimpft Berardino. Fortan schickt er pausenlos Bewerbungen, doch nachdem im September 2008 die Investmentbank Lehman Brothers zusammenbricht, kommt von all den Arbeitgebern, die er anschreibt, kaum mehr eine Notiz: „Die meisten“, sagt er mit rauer Stimme, „schicken nicht mal eine Absage.“ Aus Berardino, dem Multitalent, wird einer von vielen Millionen Langzeitarbeitslosen in den USA.
Solche Geschichten hört man nicht gerne, wenn man in Deutschland wohl situierte Grünenwähler ist. Doch haben die gleichen Strukturen, die uns den „Energiekompromis“ aufgezwungen haben, den amerikanischen Verhältnissen mit der Agenda 2010 schon mal die Tür geöffnet, auch wenn bei uns die Folgen nicht so drastisch sind:
„99ers“ werden sie im Volksmund genannt, weil sie die maximale Dauer der Arbeitslosenunterstützung von 99 Wochen überschritten haben. Unter ihnen sind Millionen Menschen, die erst ihren Job verloren haben, dann ihr Haus. Die in ihren schlimmsten Träumen nicht daran dachten, dass sie einmal so abstürzen könnten. Die nun ihr letztes Hab und Gut auf Flohmärkten verscherbeln und bei Verwandten oder Freunden Übernachtungsmöglichkeiten anfragen. Wenn nicht, schlafen sie im Auto. Ein Teil der amerikanischen Mittelklasse, einst Grundstein des reichsten Landes der Erde, verabschiedet sich in die Obdachlosigkeit.
Nun, wenn die neue Reform der Hartz-IV-Gesetze steht und die Kommunen über den Wohnraum entscheiden, dann werden wohl … auch bei uns sich zunehmen Arbeitslose in die Obdachlosigkeit verabschieden. Aber was interessiert das schon die Politik – die geht ganz andere Wege, zunehmend fern vom Bürger und seinen Interessen.
Eine Kleinstadt im US-Staat Michigan hat aus Kostengründen ihre kommunale Polizei abgeschafft. Clarkstown hatte bislang einen Polizeichef, einen Vollzeit- und acht Teilzeitbeamte, die in dem Ort nach dem Rechten sahen. Es ist nicht der erste Fall in den USA.
Quelle: Handelsblatt
Das Gewaltmonopol ist eine der Grundlagen staatlicher Souveränität. Die Bürger verzichten auf Schußwaffengebrauch und vertrauen darauf, das der Staat notfalls schießt. Polizei und Militär bilden die ausführenden Organe des staatlichen Gewaltmonopols – wo sie abgeschafft oder privatisiert werden, ist der demokratische Rechtsstaat am Ende:
Blackwater hat nach Informationen der «New York Times» 31 Firmen gegründet. Mehrere davon waren in Steueroasen angesiedelt. Unter neuen Namen hatte die US-Söldnerfirma Grosses vor.
Alleine die CIA hat Blackwater und seinen Töchtern seit 2001 Aufträge für 600 Millionen Dollar erteilt. Darunter ist ein neuer Auftrag über 100 Millionen Dollar für Einsätze in Afghanistan.
Quelle: Basler Zeitung
Wen wunderts? Niemanden. Die USA werden für die wirklichen Machthaber dieser Welt immer uninteressanter. Sie haben Bürgerrechte, eine häßliche Justiz, die viel Schadensersatz fordert und einen ständig steigenden Widerstand gegen die Macht der Konzerne – auf kommunaler Basis. Entzieht man der kommunalen Basis aber die wirtschaftliche Basis, kann man (theoretisch) mit Blackwater ganze Staaten beherrschen, ohne sich um die lästigen Verbraucher kümmern zu müssen.
Für die Konzernwolken, die unseren Planeten belagern, gibt es ein anderes Land, dessen politische Kultur derjenigen entspricht, die sie auch in ihren Unternehmen pflegen:
Nicht weit entfernt von Peking fliesst ein schwarzer Fluss ins Gelbe Meer. Das Meer heisst nur so; der Fluss aber ist wirklich schwarz. «Er ist total verdreckt, weil die Fabriken dort ihre Abwässer völlig ungeklärt in den Fluss leiten», sagt der chinesische Umweltfotograf Lu Guang. Die Rede ist vom Ziya-Fluss, der sich rund 130 Kilometer Luftlinie von Peking entfernt wie eine Kloake ins Meer entleert.
Nun gibt es in China ein Umweltministerium, es gibt Umweltgesetze, die mit Geldstrafen drohen, und es gibt eine Parteiführung, die immer häufiger die Worte «Umweltschutz» und «Nachhaltigkeit» im Munde führt. Wie kann dann gleichzeitig ein natürlicher Wasserlauf so zugerichtet werden? Fotograf Lu machte kürzlich eine Entdeckung. «Mehr als 100 Firmen hatten zusammengelegt und ein 15 Kilometer langes Rohr verlegt.» Ihr Dreck fliesst noch immer ungeklärt in den Fluss. Aber man sieht es nicht mehr, und es lässt sich auch nicht mehr fotografieren.
Quelle: Basler Zeitung
Die verstehen, wie man Politik macht, diese Chinesen. Einfach mal eine Röhre bauen, um die Umwelt weiter zu vernichten: da findet man gleich hundert Firmen, die sich daran beteiligen. So werden Konzerne geboren. Das imponiert auch in den USA. Ein neues Land der unbegrenzten Möglichkeiten zieht die Räuberhorden an, die einst aus Europa nach Amerika auswanderten um dort ihr neues Imperium zu errichten, während die Regierung Merkel noch in den Traumlanden von Aufschwung und Wohlstand dümpelt.
Nur sieht die Realität anders aus:
Auch nach den jetzt von Eurostat veröffentlichten Juli-Werten rangiert Deutschland weit unten bei der Einzelhandelsentwicklung seit dem Jahr 2005. Zwar hat es die letzten Positionen an drei andere Länder abtreten müssen, zwei davon unter den angeschlagenen Euro-Süd-Ländern, doch bleibt der Abstand zu den normal konsumierenden Ländern, wie Großbritannien, Frankreich, Schweden und Österreich sehr groß (Abb. 15169). Während letztere zwischen 12 % und 14 % zugelegt haben, ist der deutsche Einzelhandelsumsatz seit 2005 um 2 % gefallen.
Quelle: Jahnke.net
Die zahlen nicht nur nicht mehr, die Deutschen, die kaufen auch nichts. Aber Aufschwung gibt es trotzdem. China zieht uns mit.
Heil China.
Alles wird gut.
Und wenn man jetzt noch die Bundeswehr zur Freiwilligenarmee macht und nur noch „seine“ Leute aufnimmt, ist man für die Zukunft auch gut gerüstet, wenn auch die Verbraucher in Deutschland merken, das sie so heißen, weil sie nur noch verbraucht werden und völlig überflüssig sind, wenn sie verbraucht wurden.
Aber vielleicht hilft uns dann ja eine Blackwatertochter mit chinesischen Todesbussen.