Sonntag, 15.1.2012. Ein Tag der Ruhe, Entspannung und Besinnung. Jedenfalls … wenn man nicht in die Zeitung geguckt hat. Tut man sich das an, ist es vorbei mit der Ruhe, der Entspannung oder der Besinnung. Schlimmer wird es, wenn man ins Fernsehen schaut: vor laufender Kamera werden dort Menschen gequält, erniedrigt und zu unmenschlichen Akten gezwungen – siehe Welt:
Zuerst werden die beiden mit Mehlwürmern übergossen, bevor sie fetten, lebendigen Maden den Kopf abbeißen, sie aufessen und gequirltes Emu-Blut trinken müssen.
Man stelle sich vor, ein Entführer würde so etwas Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter antun. Hätten wir nicht Verständnis dafür, wenn man die Initiatoren der Veranstaltung nach einem gerechten Prozess standrechtlich erschießen würde? Immerhin – wer weiß, welche Degenerationen diese Entwicklung noch hervorruft, wenn man ihr kein Einhalt gebietet? Hier werden gerade die schlimmsten medialen Horrorphantasien der sechziger und siebziger Jahre Realität – doch niemand schon Anstoß daran zu nehmen. Trauen wir uns doch mal, einen Blick auf die Zusammenhänge zu nehmen – zum Beispiel bei anderen Horrorphantasien, die schon lange vorher Realität geworden sind.
Die ersten Konzentrationslager weltweit wurden von den Briten in Südafrika im sogenannten „Burenkrieg“ etabliert:
Da ein so operierender Gegner auf konventionelle Weise kaum zu fassen war, wandte Kitchener eine Strategie der „verbrannten Erde“ an: Die Farmen in den Guerillagebieten wurden zerstört und die Ernten vernichtet, um den Gegner auszuhungern. Rund 120.000 Farmbewohner, vor allem Frauen und Kinder, wurden in Konzentrationslagern interniert. Davon starben über 26.000 aufgrund katastrophaler Lebensbedingungen an Hunger und Krankheiten. Der Begriff „Konzentrationslager“ (englisch: Concentration Camp) wurde zum ersten Mal in diesem Krieg verwendet.
26000 Tote – vor allem Frauen und Kinder – der erste Massenmord in Konzentrationslagern geschah in Südafrika. Die Deutschen lernten schnell:
Als Konzentrationslager wurden, soweit heute bekannt, in Deutschland erstmals im März 1915 Internierungslager der zum Kruppkonzern gehörenden Friedrich-Albrecht-Hütte für polnische Arbeiter in Barmen und Elberfeld bezeichnet. Dem folgten zahlreiche Internierungslager und provisorische Gefängnisse für deportierte Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und politische „Schutzhäftlinge“ im Ersten Weltkrieg und in der frühen Nachkriegszeit.
Daraus wurde dann später ein richtiger Konzern – weil „Konzern“, jene unheimliche, machtvolle US-Konstruktion von Unternehmenszusammenballungen – gerade voll in Mode kam:
Die Konzentrationslager für Zivilpersonen (Abkürzung: KZ oder KL) wurden in der Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten von Organisationen derNSDAP errichtet. Es waren schließlich mehrere Tausend Konzentrations- und Nebenlager und sieben Vernichtungslager. Sie dienten der Ermordung von Millionen Menschen, der Unterdrückung politischer Gegner, der Ausbeutung durch Zwangsarbeit, medizinischen Menschenversuchen und der Internierung von Kriegsgefangenen. Das Lagersystem stellte ein wesentliches Element der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft dar.
Durch die Konzentrationslager wurde ein uraltes verbrecherisches Element der Menschheitsgeschichte gesellschaftsfähig, das wir eigentlich für ausgestorben hielten: die Sklaverei – die skrupellose wirtschaftliche Ausbeutung von Menschen zum Zwecke der Gewinnmaximierung – inklusive ihrer anschließenden kostengünstigen Entsorgung im Falle einer chronischen krankheits- oder altersbedingten Leistungsminderung. Merkt man langsam, wie kurz davor wir wieder sind, die ersten Lager zu bauen? Nun – wir bauen neue und andere Lager – erstmal. Zum Beispiel im Dschungel. Was Menschen dort angetan wird, kann man weiter oben lesen. Wie weit das früher ging, sieht kann man hier nachlesen:
An Inhaftierten wurden von Ärzten, wie Josef Mengele (Auschwitz), Robert Ritter (KZ Buchenwald) unter anderem medizinische Experimente vorgenommen, in deren Verlauf die Häftlinge meist qualvoll starben. Sie wurden beispielsweise mit Fleckfieber, Malaria- oder TBC-Erregern infiziert, um Impfstoffe zu testen, ihnen wurden Brandbombenverletzungen zugefügt und an ihnen erfolgten Salzwasserversuche.
Da hätten viele Deutsche sicher gerne an den Bildschirmen gesessen und zugeschaut, oder? Machen sie ja heute auch wieder. Liest man Stéphane Hessels Schrift „Empört Euch“, so findet man gerade diesen Tatbestand ausgeführt – anlässlich einer Kundgebung zum 60. Jahrestag der Verkündigung des Programms des Nationalen Widerstandsrates, auf das ich kürzlich schon hinwies:
„Der Nazismus ist besiegt worden dank dem Opfer unserer Brüder und Schwestern in der Résistance und der im Kampf gegen die faschistische Barbarei verbündeten Nationen. Doch die Bedrohung ist nicht vollständig gebannt, und unser Zorn über die Ungerechtigkeit nicht gewichen“.
Nein, die Bedrohung ist nicht ganz gebannt. Und so rufen wir weiterhin auf zu einem „wirklich friedlichen Aufstand gegen die Massenkommunikationsmittel, die unserer Jugend keine andere Perspektive bieten als den Massenkonsum, die Verachtung der Schwächsten, den allgemeinen Gedächtnisschwund und die maßlose Konkurrenz aller gegen alle“.
(Hessel, Empört Euch, Ullstein 2010, Seite 21)
Hessel weiß, wovon er spricht. Er ist in Buchenwald nur knapp der Vernichtung entkommen. Sicher – unsere Häftlinge sind freiwillig dort drin … noch. Das ist aber auch die neue Dimension des Horrors im 21. Jahrhundert: dank der allgegenwärtigen Massenkommunikationsmittel konnte eine großflächige Umerziehung der Bürger zu masochistischen Leidenssklaven erfolgen, die enormen Spaß am gequält werden haben.
Wir sind ja dazu erzogen worden, zu Glauben, das sei alles Zufall, Schicksal oder der unabwendbare Lauf der Dinge – übersehen aber dabei, das es eine hochintelligente, geschichtlich gebildete Gruppe mit unvorstellbarer Finanzkraft gibt, die über all die Erfahrungen aus historischen Gegebenheiten bewußt verfügt und deren Ergebnisse gezielt anwendet – so wie die US-Raumfahrt die Ergebnisse der KZ-Menschenversuche auch dankbar verwertet hatte. Niemand wäre wirklich auf die Idee gekommen, diese durch äußerste Unmenschlichkeit gewonnenen Daten zusammen mit ihren Opfern zu begraben. „Der Zweck heiligt die Mittel“ – das sagt uns „die Wissenschaft“ oft genug.
Gerade heute kann man die Täter bei der Arbeit beobachten.
„Finanztransaktionssteuer“ ist ja ein lang gehegter Wunsch von Attac, sollte ja jetzt in Frankreich mal eingeführt werden. Was machen die Täter, die sich gerne hinter dem neutralen Begriff „die Märkte“ verbergen – was in etwas sprachlich bzw. inhaltlich so korrekt ist, als würden wir die Bewohnern eines Landes als „die Mägen“ bezeichnen? Sie demontieren den französischen Präsidenten:
Frankreich ohne das dreifache A: Der Verlust der Bestnote durch die Rating-Agentur Standard & Poor’s ist nicht nur ein weiterer Rückschlag für Europas zweitgrößte Volkswirtschaft: Die Horrornachricht aus London könnte auch für Staatschef Sarkozy wenige Monate vor der Wahl zum Verhängnis werden.
Erinnert in etwas an Deutschland Ende Anfang der dreissiger Jahre: wer den Führer kritisiert, bekommt Besuch von der SA – nur diesmal läuft das globaler. Wer nicht nur auf das Ekelcamp schaut (und sich insgeheim davor fürchtet, was er selbst für eine Figur machen würde, wenn man ihn dort hineinsteckte), hat mitbekommen, das die Schutzstaffel (SS) des Neoliberalismus (eine amerikanische Form des Nationalsozialismus, der Wohlstand, Freiheit und Sicherheit für alle … Millionäre … verspricht im Kampf gegen die böse kommunistische Welt, die es wagen würde, sogar Apple die Kinderarbeit zu verbieten, obwohl der Konzern doch so toll ist und man gerade an Kinderarbeit so fein verdienen kann) –die Ratingagenturen – auch die Merkel im Visier hat – und ganz Deutschland ebenso.
Kaum hat Angela Merkel gedroht, gegen den Ratingterror vorzugehen (ist wohl bald wieder Wahl im Lande), steht schon die SS vor der Tür:
Der Rundumschlag des Ratingriesen Standard & Poor’s setzt Europa unter Druck. Denn auch die Bestnote des bisherigen Schirms EFSF ist bedroht. Die Deutsche Bank stellt sich schon auf das Schlimmste ein.
Klassisches Dramadreieck: Angela Merkel, die böse Täterin, Standard & Poors – das arme Opfer, die Deutsche Bank: die Retterin in der Not. „Ein nicht zu überhörender Warnschuss für Deutschland“ zeigt uns, das wir uns mitten im Krieg befinden – und uns besser nicht einmischen. Diese Passivität, die uns eine gewaltige Mitschuld an der Zerstörung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage von Milliarden von Menschen gibt, wird uns nach Kräften versüßt: der Stubenhocker wird das neue Standardmodell. So wird Isolationshaft erträglich.
„Rating“ verpaßt Ländern eine Nummer. Das kennen wir schon.
Bei der Aufnahme in ein KZ wurde den Häftlingen nicht nur das Haar und die Privatkleidung genommen, sondern auch der Name. Sie erhielten eine in jedem „Transport“ fortlaufende Nummer, die in Auschwitz auch eintätowiert wurde. Damit zählten sie zum Bestand des KZ und konnten „verwaltet“ werden. Ab sofort waren sie im Lager nur noch eine Nummer:
„Wenn man es mit einem SS-Mann zu tun hatte, musste man als erstes die Mütze herunterreißen, und seine Nummer laut und deutlich, natürlich auf deutsch, angeben. Ich beginne zu begreifen, welches Glück im Unglück ich habe, fließend Deutsch zu sprechen. Die meisten griechischen und italienischen Juden verstehen keinen Befehl und können nicht einmal ihre Nummer aussprechen. Natürlich können sie auch keine deutschen Lieder singen, die wir, wie zum Hohn, beim Hin- und Rückmarsch von der Arbeit auch noch zum Besten geben müssen. Das ist ausreichend, um brutal geschlagen, manchmal auch totgeschlagen zu werden.“
Man merkt: im KZ war es lustig wie im Dschungelcamp. Die haben dort sogar freiwillig gesungen. Wir Deutschen haben jetzt auch schon alle unsere Nummern bekommen – dafür hat die Schufa gesorgt. Dazu haben wir noch Steuernummern und Telefonnummern – damit man auch immer weiß, was wir wann wo machen.
Merkt man, warum Buchenwaldhäftlinge sich vor Massenkommunikationsmitteln fürchten?
Im Hintergrund sehen wir den Nationalsozialismus der Neuzeit wirken: den Neoliberalismus der achtziger Jahre.
Der Linguist Noam Chomsky veröffentlichte 1998 Profit over People – Neoliberalism and Global Order. Er vertritt darin, der Neoliberalismus habe seit Ronald Reagan und Margaret Thatcher weltweite Hegemonie erlangt. Dies habe zur Privilegierung weniger Reicher auf Kosten der großen Mehrheit geführt. Große Konzerne und Kartelle beherrschten das politische Geschehen in den USA. Der freie Markt bringe somit nicht im geringsten eine Wettbewerbsordnung hervor. Durch den politischen Einfluss großer Unternehmen auf die US-amerikanischen Parteien werde dauerhaft die Demokratie untergraben. Die US-Regierungen hätten dazu durch Subventionen und Importzölle beigetragen. Ein typisches Beispiel der Unterstützung von Großkonzernen durch die Regierung sei die Welthandelsorganisation.
Da bringt uns das 21. Jahrhundert eine Neuauflage der nationalsozialistischen Weltanschauung (nur wird der Arier hier durch den Millionär ersetzt, der selbst dann noch heiliger Herrenmensch ist, wenn er sein Vermögen mit Menschenhandel, Drogen, Waffen, Prostitution und Kinderarbeit gemacht hat), es werden ganze Völker in Häftlinge verwandelt, die den neuen Herren ihre „Reformen“ liefern müssen wie dereinst die besetzten Länder die „Reformen“ der Nationalsozialisten durchsetzen mußten – und wir verkriechen uns ängstlich hinter dem Bildschirm.
Verständlich – bei den Aussichten.
In den USA fängt man übrigens jetzt gerade an, gegen die bezahlten Experten – „Ökonomen“ genannt – vorzugehen. Ihre Gutachten kann man kaufen wie Bier und Zigaretten. Leider weiß man nicht, wer alles gerade von wem gekauft wurde, man merkt nur, das da in der Tat etwas nicht ganz sauber lief – weshalb wir alle Gutachten und Meinungen der sogenannten „Wirtschaftsweisen“ erstmal auf dem Dachboden lagern sollten – sicherheitshalber.
Stattdessen sollten wir uns eher mit dem langsamen Umbau der westlichen Welt in ein gigantisches Arbeits- und Vernichtungslager beschäftigen. Findet ja eigentlich tagtäglich direkt vor unserer Nase statt – und wir nehmen es ganz bewußt wahr … wie die hoch geschätzte weise Frau Sybille:
Bestehen wir auf Heizung und Kleinwagen, müssen wir arbeiten, immer mehr, weil es gilt, sich gegen sieben Milliarden zu behaupten, die auch eine Heizung und einen Kleinwagen wollen. Und das macht krank, egal, wie wir es nennen, denn das Leben ist eine Demütigung, der man nur mit geisteskrankem Optimismus oder einer gepflegten Trauer begegnen kann.
Und deshalb schauen wir uns gerne an, wie andere Maden fressen müssen: das erleichtert unser eigenes Elend … unser Burn Out, die vornehme Umschreibung von:
SCHNAUZE VOLL!
Bei Spiegel-online gibt es gerade ein interessantes Phänomen: man wundert sich über Deutschland:
Es macht keinen Spaß, diese Feststellung zu treffen: In Frankreich wurde ein Buch der Hoffnung zum Bestseller. In Deutschland ein Buch der Niedertracht. Wie kommt es, dass die deutsche Empörung etwas Böses hat und die französische etwas Befreiendes? Wie kommt es, dass die Franzosen Stéphane Hessel haben und wir Thilo Sarrazin?
Diese Frage haben sich im Prinzip schon viele gestellt. Sie ist schon älter. Wieso haben die Franzosen 1789 und die Deutschen 1933? Wieso wird man in Deutschland schon als Linker und Menschenrechtsfreund schief angesehen, wenn man nur der Meinung ist, das den Holocaustüberlebenden aus deutschen Landen keine antijüdischen und antiisraelischen Sprüche hinterhergeworfen werden sollten?
Die Frage an sich ist in Deutschland allerdings schon gefährlich. Ganz schnell wird man Antideutsch … und das ist auch laut Innenministerium NRW gefährlich:
Innerhalb des linksextremistischen Spektrums hat sich mit den „Antideutschen“ eine Strömung etabliert, die mit den traditionellen linken Grundüberzeugungen bricht. Ausgangspunkt der antideutschen Ideologie ist die uneingeschränkte Solidarität mit dem jüdischen Volk und dem israelischen Staat. Ihre Vertreter werfen der „deutschen Volksgemeinschaft“ und der übrigen Linken vor, offen oder latent antiamerikanisch und vor allem antisemitisch zu sein. Da von den Antideutschen „der Kampf Israels in der Tradition des Aufstands im Warschauer Ghetto“ und der jüdische Staat als Bollwerk gegen den „Islamfaschismus“ gesehen wird, befürworten sie alle Maßnahmen bis hin zum Krieg, die den Bestand des jüdischen Staates und den Schutz seiner jüdischen Bewohner sichern sollen.
Selbstverständlich sollte man nicht zum Krieg greifen, um den Bestand des jüdischen Staates und des jüdischen Volkes zu sichern. Krieg ist ja was Schlechtes, den kann man verlieren. Aber Juden ausrotten ginge ja auch ohne Krieg … wenn die endlich aufhören würden, sich zu wehren. „Antideutsch“ wird man ganz schnell, wenn man dem latenten Antisemitismus der Deutschen nicht folgen möchte … und der ist gewaltig, wie man einer bei der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichten Studie entnehmen kann:
Ein Merkmal indiziert die Wirksamkeit des transformierten Antisemitismus in besonderer Weise: Nur 11% aller Befragten der GMF-Umfrage des Jahres 2004 stimmten keiner der Facetten des transformierten Antisemitismus zu.
Besonders hoch ist die Zustimmung zur NS-vergleichenden Israelkritik: 68.4% der Befragten stimmten in 2004 der Aussage eher oder sogar voll und ganz zu, dass Israel einen „Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser“ führt, und 51, 2% der Befragten meinten: „Was der Staat Israel heute mit den Palästinensern macht, ist im Prinzip auch nichts anderes als das, was die Nazis im Dritten Reichen mit den Juden gemacht haben.“ 90% derjenigen, die eine Kritik an Israel äußern, die zwar hart ist, aber ohne antisemitische Untertöne auskommt, stimmen auch mindestens einer Facette des Antisemitismus zu.
Wir haben in diesem Land nur noch 11% Bürger, die es schaffen, sich komplett den Facetten des transfomierten, an die neuen Bedingungen angepaßten Antisemitismus zu entziehen … die anderen würden letztlich die Vernichtungslager wieder begrüßen, und sei es auch nur, um Rache zu nehmen für die Verbrechen an den Palästinensern (die man selbst im eigenen Land als „Ausländer“ natürlich danach vergasen würde).
Antisemitismus ist nun nicht nur für Juden tödlich … er legt sich auch wie ein Pesthauch auf alle anderen gesellschaftlichen Bereiche:
Empirisch lässt sich nachweisen, dass Personen, die antisemitischen Aussagen zustimmen, auch mit einer größeren Wahrscheinlichkeit dazu neigen, Muslime, Frauen, homosexuelle, behinderte und obdachlose Menschen, sowie Zuwanderer und ganz generell Neu-Hinzugekommene (im Vergleich zu Etablierten) abzuwerten.
Ich möchte noch den starken begründeten Verdacht hinzufügen, das auch „Arbeitslose“ bzw. „Hartzis“ in diese Abwertungen mit einbezogen werden müßten – aber zum Zeitpunkt der Studie war diese neue Jagdkategorie noch nicht geschaffen worden.
Stéphane Hessel wird bei Spiegel-Online wie folgt zitiert:
„diese Gesellschaft der rechtlosen Ausländer, der Abschiebungen und des Generalverdachts gegenüber den Einwanderern, (…) diese Gesellschaft, in der die Renten unsicher werden, der Sozialstaat abgebaut wird und die Medien in den Händen der Reichen liegen, alles Sachen, die wir niemals akzeptiert hätten, wenn wir die wahren Erben der Résistance wären“.
So etwas regt in Deutschland nur wenige auf. Der klägliche „heiße Herbst“ der Gewerkschaften, der in der Hoffnung auf mehr Lohn für jene endete, die noch Arbeit haben, zeigt, woher in diesem Land der Wind weht.
Die Märkische Allgemeine beschreibt Hessel wie folgt:
Stéphane Hessel studierte unter anderem bei Jean-Paul Sartre, schloss sich im Zweiten Weltkrieg Charles de Gaulles Widerstandsbewegung an, wurde 1944 von der Gestapo verhaftet, ins KZ Buchenwald deportiert, gefoltert und überlebte nur mit viel Glück. Nach 1945 wurde er Diplomat bei den UN und Botschafter Frankreichs in mehreren Ländern.
Hessel ist der einzige noch lebende Verfasser der allgemeinen Menschenrechtserklärung von 1948 und hat den Einsatz für Minderheiten zu seinem Lebensthema gemacht. Zuletzt griff er Frankreichs Präsidenten Sarkozy für seine Roma-Politik an. Diese ruhelose Empörung, die ihn antreibt, erhofft er sich auch von seinen Mitbürgern.
Ein Motiv zur Empörung sei wertvoll, schreibt er: „Wenn man sich über etwas empören kann, wie das bei mir mit dem Nationalsozialismus der Fall war, wird man stark und engagiert.“ Heute allerdings seien die Feindbilder nicht mehr so eindeutig. Hessel klagt die „Diktatur der internationalen Finanzmärkte“ an, die den Frieden und die Demokratie bedrohen und die sozialen Errungenschaften auffressen. Er beanstandet Krieg und Gewalt, die Kluft zwischen Reichen und Armen, die Zerstörung des Planeten. Hessels Kritik an Israels „Kriegsverbrechen“ gegen die Palästinenser haben ihm eine Klage und den Vorwurf des Antisemitismus eingebracht.
Man kann vermuten, das er weiß, wovon er spricht. Und ich schätze mal, das seine Kritik an den Kriegsverbrechen der Israelis wesentlich differenzierter ist, als die pauschalisierenden Propagandasprüche, die aus deutschem (auch „linkem“) Munde durchs Land hallen, und die auch zu erwarten wären, wenn ein Israeli auch nur falsch parkt.
Die Antwort auf die Frage des Spiegel-Autors Jakob Augstein ist einfach:
Dieses Land wird zum Land der Schande – schon wieder.
Deutschland hatte eine historische Chance. Kapitalismus und Kommunismus in einem Land vereint – aus den Erfahrungen hätte man einen „dritten Weg“ finden können, der diesmal nicht in nationalistischer Massenmörderei endet. Deutschland hätte die Chance gehabt, der demokratische Leutturm der Welt zu werden und so seine historisch Erblast für immer abzulegen.
Stattdessen … fangen wir wieder von vorne an. Transformiert natürlich – aus „Jude“ wird modern „Zionist“, aus „rassisch Minderwertigen“ werden „Bürger mit Migrationshintergrund“ – bei den Arbeitslosen neigt man aber mehr zur Beibehaltung des „Asozialen“, der sich schon in die DDR hinüberretten konnte, so als gäbe es das Problem der Arbeitsplatzvernichtung durch Maschinen nicht – und als könnte man aus der Arbeitsleistung der Maschinen unter keinen Umständen einen kulturellen Gewinn ziehen sondern wäre per göttlichem Dekret dazu verdammt, sie komplett in die Kassen der Reichen fließen zu lassen.
Wäre es nicht schön gewesen, wenn wir etwas anderes werden würden als wieder der uniformierte Abschaum der Menschheit, der nichts anderes im Sinn hat als tagtäglich nach „minderwertigem Leben“ zu suchen, das er drangsalieren kann? Aber was finde ich in den Medien? Entwicklungen, bei denen einem nur noch schlecht werden kann – hier in Der Westen:
Gehört das Militär in die Schule? Für Friedensaktivisten und einige Vertreter der politischen Linken ist diese Vorstellung unerträglich, für die Kindernothilfe gar ein „Verstoß gegen die Prinzipien der Kinderrechtskonvention“. Gestern stritten Freunde und Gegner der Bundeswehr im Landtag über den Kooperationsvertrag des Schulministeriums mit den Streitkräften. Den gibt es seit 2008; er war Vorlage für ähnliche Verträge in Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg.
Eine Ansicht einte gestern übrigens geladene Experten und Abgeordnete: Der Politikunterricht werde seit Jahren in NRW immer schlechter, er sei ein Stiefkind im Schulbetrieb. Schüler wüssten viel zu wenig über Politik.
Die Landesschülervertretung, die seit Jahren gegen den Kooperationsvertrag mit der Bundeswehr kämpft, war erst gar nicht eingeladen worden.
Dann sollten wir unseren Frauen auch sagen, das auf sie schlechte Zeiten zukommen. Es wird wieder Trümmer wegzuräumen geben. Zwischen uns und China ist kein unüberbrückbares Meer. Noch ein Schmankerl aus Karlsruhe, gefunden bei KA-News?
Wie der Spaß aussehen kann, beschreibt der Mein Parteibuch Zweitblog:
Press TV berichtete am heutigen Donnerstag unter Berufung auf Iran Newspaper on Network, dass amerikanische Besatzungssoldaten in der westafghanischen Provinz Farah Mädchen und Frauen in eine US-Basis verschleppt und dort mehrfach vergewaltigt haben. Eines der Mädchen starb einem medizinischen Bericht zufolge an Genitalverletzungen, die durch die Vergewaltigung hervorgerufen wurden.
Na, da können wir doch auch alte Wehrmachtstraditionen wieder aufleben lassen, nach Abu Ghuraib ist doch klar, das wir uns von dem Bürger in Uniform schon lange verabschiedet haben.
Für das Land, das sicher dereinst zurecht das Land der Dichter und Denker nannte, ist das eine absolute Schande. Darüber sollte man sich wenigstens nochmal empören dürfen, bevor wir unsere „Bündnisverpflichtungen“ in Korea, Pakistan, Russland, Iran und letztlich China wahrnehmen werden, um der „unsichtbaren Hand des Marktes“ die Weltherrschaft im Namen der Kapitalrendite zu verschaffen.