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Wie Werte die Welt verändern … und die Wirtschaft.

eifelphilosoph_200

eifelphilosoph_200Dienstag, 14.10.2014. Eifel. Sieht schlimm aus in der Welt, oder? Schreibe ja oft genug darüber. Über Krieg will ich gar nicht reden, dass habe ich mit Blick auf die Ukraine schon oft genug getan – und inzwischen begreifen ja auch genug Menschen, dass wir da unnötigerweise dicht an einem finsteren Abgrund entlang schrammen. Ich schaue alleine auf die Wirtschaft … und erschaudere ob der Summen, die der Euroraum braucht, um wirtschaftlich wieder in Fahrt zu kommen. „Ein- bis zwei Billionen“ (also 10-20% der Gesamtwirtschaftsleistung des Raumes) braucht die Eurowirtschaft, erläutert Wolfgang Münchau im Spiegel. Ich breche das gleich wieder auf die Bürger herunter und sehe, dass Rentnerinnen mit einem Gesamteinkommen von 400 Euro auf einmal 80 Euro zur Rettung des Wirtschaftsraumes auftreiben sollen. Arbeitslosen geht es ähnlich … allerdings zahlt man denen noch Miete, Heizung und Wasser. Oder der Niedrigöhner mit seinen 800 Euro – zahlt erstmal 160 Euro für die Rettung Europas – zusätzlich zu allen anderen Zahlungen, die er sowieso schon leistet.

Wahnsinn, oder? Das alles entwickelt sich so Aufgrund eines einzigen Wertes: des Ego. Frank Schirrmacher hat darüber vor seinem frühen Tod ein ganz dickes Buch drüber geschrieben – und nein, ich deute jetzt keine Verschwörungstheorie an, die darauf verweist, dass er beseitigt wurde, weil er den zentralen Motor der westlichen Kultur angegriffen hat: den Traum von der hemmungslosen Befriedigung aller von der Industrie künstlich hervorgerufener Bedürfnisse, einen Traum, den wir niemals bezahlen könnten.

Die Konzentration auf das Ego zerstörte letztendlich alles, was über Jahrhunderte aufgebaut wurde … letztlich sogar die Familie: auch wenn die nicht aufgrund der immensen Belastung auseinanderbrach, so rannten doch fortan Papa und Mama in der Arbeitswelt herum (zu immer niedrigeren Löhnen und immer längeren Arbeitszeiten), um noch halbwegs den von der Wirtschaft festgesetzten Bedürfniskanon herunterbeten zu können – zu Lasten der vernachlässigten Kinder.

Ein einziger Werteschwerpunkt zerstört eine ganze Volkswirtschaft auf einem Verbrauchsniveau, für das wir mehrere Planeten bräuchten – die wir leider nicht haben.

Ziemlich doof, oder?

Früher – galten andere Werte. Ja,  ich spreche hier jetzt von einem sehr idealisierten früher, weil ich ganz frech behaupte, dass wir dieses idealisierte „früher“ ganz einfach praktisch in der Zukunft leben können. Ich nehme einfach mal einen Wert heraus:

Vertrauen

Ein ziemlich fremder Wert, oder? Eigentlich schon ein Unwert, denn wer vertraut, ist blöde und wird über´s Ohr gehauen … ein Echo dieser Einstellung vernimmt man bei der Deutung des Begriffes durch Wikipedia – was ich hier mal wegen massiver Verfremdung durch die Ego-Perspektive nicht zitieren möchte. „Vertrauen“ ist das Gegenteil von „Misstrauen“ – jenes Misstrauen, dass durch den überkritischen Verstand in die Welt gekommen ist. Ja – dieser Verstand war (siehe z.B. Descartes) in der Lage, die Existenz der ganzen Welt in Frage zu stellen (was der Buddhismus schon vorher getan hatte) – wie soll man da noch Vertrauen. Und überhaupt: im Geschäftsleben lauern überall Gangster – siehe Lehman-Brothers.

Ja – das ist die Egokultur, da wird jeder zu jedermanns Feind – künstlich hochgezüchtet. Deshalb sitzen die Menschen dann so oft wir möglich hinter ihren verschlossenen Wohnungstüren und wagen sich nur noch via Bildschirm mit der Realität auseinander zu setzen. Man geht nicht mehr aus – es sei denn, im Rudel.

Wissen Sie, wie die Alternative aussah? Ich erinnere daran, wie die Wikinger mit Schiffen in der Größe von Beibooten den Atlantik überquert  haben. Sie stürzten sich in ein gigantisches Nichts … und bewältigten es. Das war „Vertrauen“ – angefüllt mit Misstrauen hätten die sich noch nichtmal zum Bootsbau zusammengefunden. Sie haben auch darauf vertraut, dass am nächsten Tag (trotz der Präsenz der allmächtigen Götter und der fürchterlichen Eisriesen, die sie zusätzlich ängstigten) wieder die Sonne aufging und nicht etwa das allgegenwärtige apokalpytische Ragnarök (der Untergang der Welt durch den Kampf der Götter gegen die Riesen) begann.

Das war Vertrauen – Vertrauen in die Stabilität der Welt, Vertrauen in die eigene Leistunsfähigkeit – und Vertrauen in die Vernunft der Mitmenschen, mit denen man zum Abenteuer aufbrach. Diese Vertrauen entsprang aber nicht einer „Vermutung“, sondern der sicheren Gewissheit, dass alles so läuft, wie es schon immer gelaufen ist. Hierzu bedarf es aber eines weiteren Wertes:

Verantwortung

Damit Vertrauen gelebt werden kann, muss sich jeder an seine eigene Verantwortung erinnern. Das ist schwer heute, denn der Begriff „Verantwortung“ wird in Politik und Wirtschaft leicht missbräuchlich verwendet. Gerne lastet man heute Menschen „Verantwortung“ auf, die sie gar nicht mehr tragen können: viele Arbeitslose können davon ein Lied singen. Mitte fünfzig werden sie auf einmal mit der Tatsache konfrontiert, dass die Firma, der sie dreißig Jahre lang treu gedient haben, sie nicht mehr haben möchte und sie in die „Selbstverantwortung“ entläßt. Angesichts des Bestrebens der Wirtschaft, bald alle Kassen zu automatisieren, dürfen bald sämliche Verkäufer in Deutschland diese Erfahrungen machen. Verantwortung heist, dass jemand in der Lage ist, zu erläutern, warum beim Erfinden der automatisierten Kassen niemand an die Verkäufer und Verkäuferinnen gedacht hat. Verantwortung heist, dass man sein Bestes gibt, dass in einen gesetzte Vertrauen auch zu erfüllen – und nicht beständig nach Möglichkeiten sucht, seinen Partner zu hintergehen: weder als Kapitän des Wikingerbootes, der einfach nur mal Wasserski fahren wollten, noch als Ruderer des Bootes, der sich auf Kosten seines Nachbarn schont.

Da wir gerade auf einem Boot sind … da gibt es noch einen weiteren Wert:

Beständigkeit

Egal, was man nun in Angriff nimmt: die Fahrt in einer Nussschale über den stürmischen Atlantik, die Rodung eines Felds zum Weizenanbau oder die Spezialisierung auf den Beruf des Schäfers – Beständigkeit ist ein wichtiger Wert, um zum Ziel zu kommen. Wir brauchen Vertrauen, um das Ziel realisieren zu können, wir brauchen Verantwortung, um die Genossen auf das gemeinsame Ziel verpflichten zu können – und Beständigkeit, um es erreichen zu können. Zwischendurch auf die Idee zu kommen „ich würde aber jetzt doch lieber nach Afrika“ – ja, das geht dann nicht. Aber was rede ich von Wikingern: jeder Familienvater und jede Mutter (und vor allem: JEDES KIND) schätzt diesen Wert, weshalb viele gerne Beamte werden. Familien brauchen – wie alle anderen Firmen auch – Planungssicherheit und die resuliert aus der Beständigkeit zentraler Umwelfaktoren, in denen das eigene System eingebettet ist – und hier ist nicht nur die Ökologie gemeint, sondern auch die Ökonomie. Beständigkeit ist ein wichtiges Element, damit man seiner Verantwortung nachkommen kann und dem Vertrauen, das in einem gesetzt wurde, gerecht werden kann.

Ach ja – gerecht.

Gleichwertigkeit

Ein Wert, der oft unterschätzt wird. Für uns Demokraten ist das selbstverständlich … aber wie demokratisch sind eigentlich unsere Firmen? Bleiben wir einfach bei unserem Schiff, unsere Nussschale von wahnsinnigen Wikingern. Ja, vorne steht Olaf der Starke auf dem Weg in einen ungewissen Zukunft … doch seine Mitreisenden sind nicht weniger Wert als er. Sie haben andere Funktionen (rudern, während er die Sterne beobachtet, um den Kurs zu bestimmen), aber sind gleichwertig. Ohne dieses Gleichwertigkeit – kein Vertrauen, keine Verantwortung, keine Beständigkeit.  Ohne diese Gleichwertigkeit … könnte Olaf der Starke sich auch schnell auf einer einsamen Insel wiederfinden – oder allein im Atlantik, weil die anderen kurz vergessen haben, dass auch er den gleichen Wert wir alle anderen hat. Nun haben wir vier Werte … und einen ganz wichtigen fast vergessen.

Austausch

Um Vertrauen leben zu können, brauchen wir beständigen Austausch auf allen nur erdenklichen Ebenen. Olaf der Starke ist gehalten, beständig zu erläutern, was er hinter dem Horizont vermutet, zu zeigen, wie beständig der Kurs die letzten Monate war, wie sehr er in die Mannschaft vertraut. Aber – hier verlassen wir mal das isolierte Schiff – Austausch ist ein zentrales Element der ganzen Schöpfung, „Austausch“ läßt den menschlichen Körper überhaupt lebendig werden, Austausch als „Handel“ ist DIE Grundlage allen produktiven Reichtums. Wir lernen zwar regelmäßig alle Kriege der Menschheitsgeschichte auswendig – es waren aber nicht die Kriege, die den Wohlstand gebracht haben, es waren die Händler, die im Austausch der Überschussproduktion der Menschheit einen enormen Reichtum bescherten. Und auch Olaf hat diesen Austausch im Sinn, wenn er ferne Länder aufsucht, um dort mit Gewinn zu handeln (dass Wikinger in erster Linie Händler waren, wird in der profanen Geschichtsschreibung ebenfalls weniger berücksichtigt): um Äxte aus Eisen gegen Gold zu tauschen … Gold, dass nur Sinn macht, wenn es eine Heimat gibt, in die man vertrauensvoll zurückkehren kann, um dort erfolgreich handeln zu können. Haut dort Erik der Grausame den Olaf einfach um und nimmt ihm das Gold weg … wird niemand jemals mehr aufs Meer hinausfahren. Bringt Olaf aber nur Katzengold aus der Eifel zum Tausch, werden die daraus folgenden Turbulenzen ebenfalls den produktiven Schiffsverkehr zum Erliegen bringen.

Wir merken: ein Wert fehlt noch, um den Kanon rund zu machen:

Zusammenarbeit

Ja – ich weiß: wir predigen andere Werte in der modernen Welt. Der heldenhafte Einzelkämpfer (in verschiedenen Versionen immer von einem Herrn Schwarzenegger auf die Leinwand gebracht) ist das momentane Vorbild des selbstverliebten, in omnipotenten Fantasien schwelgenden Egomanen. Aber wie haben wir damals das Mammut erlegt? Durch Zusammenarbeit. Wie haben wir viele Jahrtausende lang alle Probleme der Menschheit aus dem Wege geräumt? Durch Zusammenarbeit – und nicht dadurch, dass alle in ihren eigenen Zelten sitzen und ins Feuer starren (das war die früheste Version von TV – allerdings eine, die das Denken und die Fantasie anregten). Was wäre denn, wenn wir – angesichts der gewaltigen Probleme der Menschheit – mal nicht darauf vertrauen, dass Conan der Barbar alles mit einem Faustschlag löst, sondern wir mal wieder zur Zusammenarbeit finden – politisch, wirtschaftlich, ökologisch und gesellschaftlich?

Anfangen sollten wir mit … Wirtschaft. Das machen wir auch, wenn wir versehentlich auf einer einsamen Insel stranden. Erstmal sorgen wir für Wärme und Obdach, dann für Wasser – und letztlich auch für Nahrung. Dazu brauchen jene, die Wasser holen, dass Vertrauen auf die anderen, die währenddessen für Obdach sorgen – während die beiden wiederum auf jene vertrauen, die für Nahrung sorgen.

Warum tun wir nicht einfach so, als wären wir schon gestrandet? Als wäre die Wirtschaft schon zusammengebrochen?

Wolfgang Münchau will Billionen … und ich prophezeie, dass die auch nicht ausreichen werden. Wir müssen das System hinterfragen, dass den Einsatz dieser Unsummen nötig macht – unser Schiff hat ein Loch. Wir werden es nicht mit immer schnelleren Ruderbewegungen stopfen.

Bevor wir uns jedoch in Bewegung setzen, um der egomanen Weltuntergangsbewegung Widerstand entgegen zu setzen, sollten wir uns an die Werte erinnern, die seit Jahrtausenden für jeden Siedler einer arbeitsteiligen Gesellschaft so selbstverständlich waren, dass kaum drüber geredet werden brauchte (obwohl man diese Werte zur Sicherheit als göttliche Gebote setzte … mehr oder weniger weltweit, doch das ist ein anderes Thema).

Nun wissen Sie, was uns in sichere, blühende Zukünfte führen kann: VVBGAZ. Jedenfalls – wenn wir nur egoman die Zukunft Deutschlands im Auge haben. International hört sich das anders an:

Trust/Vertrauen + Responsibility/Verantwortung + Endurance/Beständigkeit + Equivalence/Gleichwertigkeit + Exchange/Austausch + Cooperation/Zusammenarbeit.

TREEEC.

Hört sich besser an.

Versteht man weltweit … wie man auch die unabänderliche Gültigkeit dieser Werte anerkennen wird, die selbstverständlich für jede Dorfgemeinschaft sind … und jedes Wikingerboot.

Also … bleiben wir nun mit unserer Stammesgemeinschaft in der Höhle sitzen, starren auf die Schatten an der Wand und fürchten das Brüllen des ökonomischen, ökologischen oder politischen Ungeheuers vor der Tür … oder gehen wir zusammen als Team hinaus und erlegen das Vieh?

Und keine Sorge: Menschenleben sind dabei nicht in Gefahr. Vor der Tür lauern nur degenerierte unproduktive Werte, die verschwinden, wenn man nicht mehr an sie glaubt: Misstrauen, Verantwortungslosigkeit, Unbeständigkeit, zunehmende Ungleichheit, Wagenburgmentalität und der „Krieg aller gegen alle“ … der (streng nach Hobbes) uns wieder ganz direkt in die Zeiten der absoluten Monarchie zurückführen wird. Kein vernunftbegabtes Wesen würde sich nach einer Phase der ruhigen Besinnung für diese Unwerte sein Leben riskieren.

Für die anderen schon.

Und jetzt stelle man sich mal vor, wie der Handel die Welt verändern könnte (und die Lebensqualität aller Menschen), wenn diese Werte Grundlage jedes Wirtschaftens werden.

Da würde es nur noch Gewinner geben.

Schön, oder?

Jedenfalls besser als jetzt, wo 99 Prozent auf ganzer Front verlieren – so sehr, dass die ganze Menschheit kaum noch Zukunft sieht.

PS: auch heute gilt: eine abschließende Kontrolle der Rechtschreibung war mir aus zeitlichen Gründen nicht möglich. Wer hier mithelfen möchte – im Sinne von Vertrauen, Verantwortung, Beständigkeit, Gleichwertigkeit, Austausch und Zusammenarbeit ist herzlich eingeladen, sich zu beteiligen.

Band 1 - Die Herrscher der Welt und ihre Widersacher - Reiner Dammann

„Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht!“ – Gedanken zum Weltkrieg und seinen geistigen Ursachen

eifelphilosoph_200

eifelphilosoph_200Freitag, 19.9.2014. Eifel. Das ein Krieg in der Gesellschaft läuft, ist Ihnen klar, oder? Nein, ich meine nicht den Krieg links gegen rechts, der eigentlich nur unserer Unterhaltung und Ablenkung dient. „Linke“ und „Rechte“ wurden durch kalte Soziopathen ersetzt, Wahlkämpfe drehen sich in erster Linie nur um die eine Frage: wer steht beim Krieg gegen „die da unten“ vorne an der Front, wer darf in der Etappe ausruhen. Ja – ich ziele erstmal auf den Krieg „Reich“ gegen „Arm“ ab, wobei es hier nur um einen begrenzten Reichtum gilt: den Reichtum an Geld. Freude, Liebe, Glück, Freiheit, Seelenruhe werden in diese Gleichung nicht mit aufgenommen, was schade ist: am Ende des Reichtums erleben sich reiche Wesen als arme Socken.

Noch nie gehört? Noch keinen Milliardär gesprochen? Ach – ich bitte Sie: wir leben in der Zeit der größten Tratsch- und Klatschblase der Menschheitsgeschichte, dem Internet. Da liegen arme Milliardäre an jeder Ecke herum. Hören wir dazu Dennis Gastmann, der ein ethnologisches Werk über die Superreichen geschrieben hat und weiß, wonach sie sich sehnen (siehe Karriere.de):

Nach Liebe und einem offenen Ohr. Das klingt kitschig, aber einige meiner Interviews mit Vermögenden verliefen wie Therapiesitzungen. Ich versuchte, den Menschen zuzuhören und vertraute ihnen Intimes aus meinem Leben an. Dafür bekam ich auch etwas zurück.

Nicht nur das – es gibt sogar eine Krankheit, die durch Geld verursacht wird, dass „Sudden Wealth Syndrom“:

Schnelles Geld kann angeblich zu Depressionen, Schuldgefühlen und Paranoia führen. Die Betroffenen fürchten, alles wieder zu verspielen, und fühlen sich verfolgt: von Freunden, von ihrer Familie, von der ganzen Welt. Ihr halbes Leben haben sie sich gewünscht, mehr Zeit mit Frau und Kindern zu verbringen, doch jetzt isolieren sie sich und alles ist viel schlimmer als zuvor.

Wer kein schnelles Geld bekommt, sondern Erbe von altem Geld ist, wird von diesem gefressen, sein Leben wird geraubt. Superyachten, Hotelketten, Konzernwelten – das kann man alles haben, wenn man sich fügt. Einfügt, sozusagen. Sich aufgibt, seine Hoffnungen, Träume und Wünsche im Keller der Supervilla vergräbt, um als Funktionselement des Kapitals zu leben.

Ich weiß, ich gehe jetzt ein Risiko ein: nachdem „Versteher“ auch ein Schimpfwort geworden ist (siehe „Putinversteher“, „Frauenversteher“, „Moslemversteher“), werde ich wohl bald als „Reichenversteher“ auf den Scheiterhaufen der Armen landen, aber das ist Berufsrisiko: der Philosoph soll nun mal Arzt der Seele sein – und die Seele von Reichen ist da nicht weniger Wert als die Seele von Armen. Zudem ist „verstehen“ die hohe Kunst der Philosohie, ihr eigentlicher Lebenszweck, ja, sogar die ganze Geisteswissenschaft dreht sich nur um ein Ziel: den Menschen zu verstehen bevor er den Planeten völlig vernichtet.

Ja, kümmern Sie sich doch einfach mal um die Dimensionen der Hermeneutik, die sich anschickte, auf wunderbare Weise Frieden in die Welt zu bringen, in dem man den Feind verstand, bevor man ihn erschoss: eine Grundlage für jeden Diskussion. Kurz nachdem Dilthey diesen Prozess angestoßen hatte, fing man den ersten Weltkrieg an – drei Jahre nach Diltheys Tod. Was hätten wir für eine große, friedliche, kooperative Zivilistion werden können, wenn wir auf Dilthey anstatt auf den Kaiser gehört hätten. Wir hätten heute Hermeneutiker in die Ukraine geschickt, die die Genese des Konfliktes analysieren und konkrete, friedliche Lösungen anbieten können, die für beide Seiten einen Gewinn darstellen! Übrigens ist diese Art der Problembewältigung die Grundlage jeder Marktwirtschaft und des gesamten Handels, der so über Jahrtausende den Reichtum der Welt gemehrt hat: durch fairen Tausch und faire Geschäfte.

Haben Sie schon mal so über Handel nachgedacht? Nein? Schauen Sie mal in Ihren Kühlschrank: was sie dort sehen, ist das Ergebnis einer Philosophie, das Ergebnis von angewandter Hermeneutik – nur versteht das heute kaum noch einer. Da liegen Kiwis aus Neuseeland, Butter aus Irland, Joghurt aus Griechenland und ein Steak aus Argentinien, weil Menschen über Länder- und Kontinentgrenzen hinweg MITEINANDER gearbeitet haben, sie haben ihre gegenseitigen Bedürfnisse VERSTANDEN und Geschäfte ausgehandelt, die für beide Seiten einen Gewinn darstellen.

Schon erstaunlich, welche Dimensionen Philosophie erreichen kann, wenn man sie praktisch anwendet, oder? Nur leider lernen wir das nicht mehr in den Schulen und Universitäten, wir lernen nichts über die produktive, friedensstiftende Kraft des Verstehens und die daraus stringend folgenden Segnungen des Handels – dafür lernen wir die Geschichte als lückenlose Abfolge von Schlachten und Gemetzeln kennen, die im historischen Alltag der Menschen einen erstaunlich geringen Stellenwert haben … wenn man genau hinschauen würde: die Phasen des Friedens waren immer größer als die Phasen des Krieges – sie interessieren nur nicht so.

Nun – versprochen war ja, dass wir uns um den Krieg kümmern wollten, der um uns herum tobt … und manch einer wird sich wundern, welch´ lange Vorrede den Gedanken vorausgeht – und wohin uns diese Vorrede geführt hat. Der Krieg, um den es mir geht, ist viel heißer als die Kriege, die sonst unseren Alltag beherrschen, er wird jeden Tag geführt – und hat schreckliche, tödliche, vernichtende Folgen … und fängt mit einem einzigen, harmlosen Satz an:

WENN JEDER AN SICH DENKT, IST AN ALLE GEDACHT.

Sicher schon mal gehört, den Satz? Ein Freund hatte mich gestern gebeten, mal ein paar Worte dazu zu verlieren.

Im Juli stand er mal im Stern, es gab eine Bertelsmannstudie, die die große Solidargemeinschaft im Westen Deutschlands lobte … und ein wenig abfällig auf den „Ossi“ blickte, der sich so wenig nach „westlichen Standards“ richten wollte. Holger Witzel studierte diese Studie genau – und kam  zu erstaunlichen Erkenntnissen:

„Vertrauen“ war auch in „gesellschaftliche und politische Institutionen“ gefragt – mit anderen Worten: Um die führende Rolle des Kapitals und seiner Parteien. Es mag skurril wirken, aber 61 Prozent der Hamburger empfinden die „Verteilung der Güter in der Gesellschaft“ trotzdem „als gerecht“. In Sachsen-Anhalt nur 22 Prozent – aber schließlich wurde ihr Volkseigentum ja nicht mal unter allen Westdeutschen gerecht verteilt.

Spannend auch parallele Beobachtungen dazu:

Insgesamt scheint sich der im Westen bei der „Gemeinwohlorientierung“ eher am Wohl der Gemeinen zu orientieren. Wie anders soll man erklären, dass ausgerechnet Hamburg mit 14 vorsätzlichen Körperverletzungen pro 1000 Strafmündigen und Jahr – gegenüber vier in Sachsen – am Ende Bundes-Sieger im Zusammenhalten wurde?

Unangenehme Wahrheiten gibt es auch dazu:

In der DDR hieß das: „Arbeite mit, plane mit, regiere mit!“ Arbeiten dürfen manche Ostler zwar noch – geplant und regiert wird aber auch bei ihnen von Westdeutschen. Und ja, die halten zusammen.

Die DDR scheint von Demokratie und ihrem alten Ziel „Selbstverwirklichung in sozialer Verantwortung“ noch viel Respekt gehabt zu haben.

Und – Hoppla: wir sind schon mitten drin im Krieg … im Krieg der Systeme um den Inhalt unserer Köpfe. Der Krieg tobt jeden Tag – und vor allem mit Hilfe platter Sprüche. Er wurde gezielt geplant – von Militärs und Wissenschaftlern – um einen Homo Oeconomicus zu züchten, das nützliche Subjekt des Kapitalismus, einen Homunkulus, der die gesamte westliche Hemisphäre bevölkert. Gerade deshalb ist der Blick auf Deutschland interessant: hier traf er nämlich mit dem zur Solidarität verpflichteten Menschen aus den „Neuen Bundesländern“ zusammen und entlarvte sich als unangenehmer Zeitgenosse:

Der homo eoconomicus ist ein Soziopath – so Lynn A. Stout, „Juristen an der Cornell-Universität, Expertin für Corporate Governance und Finanzmarktregulierung“ (siehe Frank Schirrmacher, Ego, Karl Blessing Verlag 2013, Seite 29).

Die Ursache es Ost-West-Konfliktes: der Homo Sapiens trifft auf den Psychopathen und wird vernichtet wie dereinst der Neandertaler.

Erschreckend, oder?

Ein Satz, den jeder schon einmal gehört hat – und ein Satz, den viele schon oft ausgesprochen haben, ohne darüber nachzudenken, entpuppt sich schon bei oberflächlicher Betrachtung als Propagandainstrument eines (abgeschlossenen) Krieges von Wirtschaftssystemen … und ist noch sehr viel mehr.

Wissen Sie, was Sie in dem Moment tun, wenn Sie diesen Satz öffentlich aussprechen, wenn Sie – meist im Rahmen sozialer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Problembewältigung – Menschen mit der Erkenntnis konfrontieren, dass an alle gedacht ist, wenn nur jeder an sich selbst denken würde?

Sie töten den homo sapiens in sich – im Namen eines Kunstgeschöpfes von Militär und Wissenschaft (jedenfalls ist das die Quintessenz der Überlegungen des Frank Schirrmacher im oben erwähnten Buch „Ego“).

Sie führen Krieg gegen sich selbst – und im Weiteren gegen ihre Art, gegen ihre Gesellschaft, gegen ihre Wirtschaft und gegen den ganzen Planeten … ein Krieg, der wesentlich folgenreicher ist als der Krieg arm gegen reich, der nur eine kleine Ausprägung des Krieges zur Ausrottung des Homo Sapiens ist.

Schauen Sie sich die Geschichte der Menschheit an: erfolgreich waren wir da, wo wir zusammengearbeitet haben. „Wo jeder an den anderen denkt, ist nichts mehr unmöglich“ – war die Devise bei der Jagd auf den Höhlenbären, bei der Gründung von Stämmen, Städten und Staaten. Erst das Zusammenlegen der Kräfte es Einzelnen, die Verbindung einzelner zu einem größeren Ganzen, das mehr ist als die Summe seiner Teile hat den Menschen (den „nackten Affen“) zum Herrscher des Planeten gemacht. So haben wir die Tiefen der Ozeane erreicht, haben die Lüfte erobert, sind zu den Sternen geflogen und haben die Grundfesten der Schöpfung erschüttert.

Sicher, wir haben die Wissenschaftler, die ebenfalls einen Feldzug gegen den Homo Sapiens führen – mit Argumenten, die an Stumpfsinn nicht zu übertreffen sind (siehe Focus):

Aus evolutionsbiologischer Sicht ist Egoismus das Grundprinzip schlechthin. „Wer egoistisch ist, kann sich besser durchsetzen“, erklärt der Evolutionsbiologe Josef Reichholf, Abteilungsleiter der Zoologischen Staatssammlung und Professor an beiden Münchner Universitäten: „Das egoistische Grundprinzip gilt für jedes Lebewesen, egal ob Bakterium, Baum oder Mensch.“

Stumpfsinn? Nun ja – ich bleibe streng bei der Biologie, schaue nur als Hermeneutiker und Philosoph. Wir kennen in der Biologie die Erscheinungsformen des Satzes „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“, Erscheinungsformen des Egoismus. Sie sind uns allen bekannt und töten jährlich Millionen von Menschen, manche meinen, es nimmt sogar ständig zu.

Wir nennen es Krebs.

Ja – so ist es, wenn biologische Einheiten machen was sie wollen, nur an sich denken und nicht an ihre Umgebung. Ja, diese „entarteten“, „soziopathischen“ Zellen setzen sich besser durch. sie „verwirklichen sich selbst“ – mit verheerenden Folgen, wenn zum Beispiel eine Zelle im Gehirn beschließt, dass sie ab heute lieber Magensäure produzieren möchte und ihre Umgebung verdaut.

Erschreckend, wenn man es so sieht, oder?

Krebs als Konsequenz der Realisation des homo oeconomicus – passt irgendwie zu Themen wie Finanzkrise, Steuerhinterziehung, Steuerverschwendung, Missmanagment, Betrug, Kriminalität, Diktatur, Terror und Weltkrieg.

Ja – all das wird aus diesem einzigen Satz geboren: „Wenn jeder an sich selbst denkt, wird an alle gedacht„.

Denken Sie bitte daran, wenn Sie ihn das nächste Mal aufsagen, um sich aus ihrer Verantwortung als Mensch zu stehlen. Ja – nichts anderes wollen sie doch, seien wir doch mal ehrlich: ihrer eigenen Bequemlichkeit huldigen, dem „Inneren Schweinehund“ einen eigenen Altar bauen und ihm ganztätig huldigen.

Ich merke nun: Sie sind empört – und immer noch vom Gegenteil überzeugt. Immerhin funktioniert der Satz doch! Außerdem verdienen tausende von „Business-Trainern“ ihr Geld damit (siehe zum Beispiel den Artikel über „Positiven Egoismus“ … eine Art gutmütiger Krebs, der im Hirn trotzdem tödlich sein kann … bei Evidero oder die esoterische Version mit einem extrem hinkenden weil einfach nur aufgrund der Einengung der Perspektive funktionierendem Bergsteigerbeispiel bei Leben-ohne-Limit).

Doch wofür bezahlen Sie diese Leute wirklich? Was machen die konkret?

Sie bezahlen sie dafür, dass sie klatschen, wenn Sie Ihren Kult um ihren „inneren Schweinehund“ zelebrieren, ihn anbeten, huldigen, verehren … anstatt ihn einfach zu verjagen.

Natürlich funktioniert der Satz. Nur auf sich selbst bezogen funktioniert jede Krebszellen hervorragend – nur die langfristige Überlebenschance des Körpers sinkt, je mehr Zellen sich aus dem Verbund ausgliedern und eigene Wege gehen.

Hätten Sie jetzt nicht gedacht, dass Sie durch Sprücheklopfen direkt persönlich Schuld sind an der Staatsverschuldung, oder?

Der Egoist ist seit Jahrtausenden die Krebszelle der Gemeinschaft, vernichtet Familien, Stämme, Dörfer, Städte, Länder und ganze Imperien. Das ist der Krieg, von dem ich sprach, und er findet genau jetzt statt: in ihrem Kopf. Tausend Stimmen fordern dort die Vorherrschaft über Werte … und ich hoffe, ich bin jetzt eine davon, die Ihnen klar macht, worum es geht: um einen Menschen zu verstehen, muss man nicht nur NUR an ihn denken, sondern sogar GENAU WIE ER … und das eigene Ego völlig ablegen.

Die Alternative dazu ist der „Krieg aller gegen alle“, der einen nützlichen Nebeneffekt hat: er fordert eine straffe Führung, wie Hobbes nahelegte, sogar durch einen allmächtigen König.

Wer könnte wohl daran ein Interesse haben … und wollen Sie sich wirklich daran beteiligen???

 

 

 

 

Der Tod der Liebe

eifelphilosoph_200

eifelphilosoph_200

Dienstag, 15.7.2014. Eifel.  Es gibt Dinge, über die wir kaum reden – als Gesellschaft. Wir ignorieren sie völlig. Anderen Themen wird große Aufmerksamkeit geschenkt: Dingen wie Krieg, Fussball, Aktien, Politik. All´ dies wäre aber wahrscheinlich nicht nötig, wenn wir uns auf Themen konzentrieren, die langweilig erscheinen, aber große elementare Veränderungen in unserem Alltag mit sich bringen würden.

Ich möchte dazu mal etwas weiter ausholen. Vor zwanzig Jahren habe ich die Regionalleiter eines Pharmakonzerns, der sich selbst als der erfolgreichste Konzern auf deutschem Boden darstellte, in „modernen Führungs- und Kommunikationstechniken“ unterrichtet. Viele spannende Dinge gab es dort zu erforschen: Transaktionsanalyse, neurolinguistische Programmierung, Grundlagen der Kommunikation – all´ jene Werkzeuge, mit dem die Drückerkolonnen der Pharmaindustrie die deutsche Ärzteschaft unter Kontrolle halten wollten. Viele Themen musste ich mir selbst erst erarbeiten, bei anderen Themen halfen zusätzliche Seminare, die Wissen kompakt vermitteln konnten. Am Ende jener Phase wurde mir klar, wie man ein optimales Kommunikationsverhalten leisten kann: in dem man seinen Nächsten liebt.

Das hatte mich selbst verblüfft – aber die Quintessenz ist: liebt man seinen Nächsten (am Besten so, wie sich selbst) ist die Kommunikationsebene am saubersten – und gute, für beide Seiten erfolgreiche Geschäfte können abgeschlossen werden. Nun – da sind wir schon beim Thema Handel – ein Thema, das ebenfalls in seiner Bedeutung völlig unterschätzt wird: dem Handel haben wir Wohlstand und Zivilisation zu verdanken, weniger den Kriegen – wir schreiben aber keine Geschichte aus der Sicht des Handels, für den Krieg immer ein störendes Moment ist. Für heute wollen wir aber bei der Liebe bleiben, denn ich höre schon großes Geschrei ob meiner Aussagen – Millionen stehen Schlange und klagen über Streitigkeiten in der Ehe.

Ich weiß nun trotz meiner 54 Jahre Lebenserfahrung immer noch nicht, ob eigentlich die Ehe generell eine funktionierende Form der Gemeinschaftsbildung sein kann – ich arbeite aber noch an diesem Thema – aber sie kann für Kinder ein sinnvolles Nest darstellen. Ehe und Liebe gleichzusetzen, wäre in etwa so. als würde man Kirche und Gott gleichsetzen. Ehe wäre ideal, wenn sie auch der Hort der Liebe wäre – ist sie aber nicht. Das liegt nicht an der Liebe, sondern an der Unklarheit der Gefühlslage der Mitstreiter.

Nur allzu oft sind Ehen (oder Beziehungen generell) Raub- und Schutzbeziehungen. Da raubt zum Beispiel Partner A Partner B alles, was er von ihm zum Überleben braucht – Geld, Zeit, Zuwendung, Sicherheit, Aufmerksamkeit, Arbeitskraft – bis die Ressourcen erschöpft sind. Sind die Raubgüter ausgebeutet, wird man sehen, wie schnell ein Gefühl der „Verliebtheit“ sich auf ein neues Objekt der Begierde richtet, das der reine Wille als ideales Opfer für den nächsten Raubzug ausgemacht hat. Natürlich gibt es in solchen Beziehungen Streit, weil es asymmetrische Beziehungen sind. Manchmal sind es auch reine Schutzbeziehungen zweier Seelen, die Angst vor der bösen Welt haben – oder Angst davor, sich dem Leben allein stellen zu müssen.

Mag sein, dass die Ehe zwischen Liebenden wirklich ein wunderschöner Garten sein kann, wie es Friedrich Nietzsche mal ausgedrückt hatte – aber ich sehe auch viele Frauen, die in langjährigen Ehen ersticken und eingehen … bis nur noch Leichen übrig bleiben. Das gibt mir zu denken – aber bleiben wir bei der Liebe.

Ist Ihnen übrigens auch so mulmig zumute, wenn über Liebe geredet wird? Nun – denen, die dabei gleich an Sex denken, wahrscheinlich nicht. Nur: Sex geht auch ganz ohne Liebe, das zeigen erfolgreich durchgeführte Vergewaltigungen oder die Arbeit der Prostituierten. Liebe hingegen – geht auch ganz ohne Sex.

Ist überraschend?

Man denke nur an die Liebe des Philosophen zur Weisheit … und Wahrheit. Oder an die Liebe der Musiker und Künstler zu ihren Werken, an die Liebe des Gärtners zu seinem Schrebergarten, an die Liebe von Eltern zu Kindern … und von den Kindern zu den Eltern – auch die Liebe christlicher und buddhistischer Mönche zum Hintergrund allen Transzendenten sei nicht unerwähnt, auch jene, die Gott für eine Einbildung halten, sollten erkennen können, dass es Menschen gibt, sie sich ihm in Liebe hingeben können.

Wir dürfen aber gerne noch weiter denken: an die Liebe zur Heimat. Das kann ein Staat sein (hier wird es aber schon sehr gefährlich, weil das Objekt der Liebe wie in einer Beziehung einen eigenen, oft feindlichen Willen hat), eine Dorfgemeinschaft, ein Straßenzug, eine Stadt – oder sogar der Betrieb. Ja – hier zeigt sich die Dimension der Liebe in ganz neuer Qualität … in der Qualität von Arbeitsleistung und Produkten. Dort, wo eine liebevolle Führung den Betrieb als Gemeinschaft versteht, die zu gegenseitigem Gewinn zu einem Abenteuer aufgebrochen ist, wird man sehen, wie sich das Problem der „inneren Kündigung“ (samt der daraus resultierenden Kosten) in Luft auflöst – dafür werden die Waren langlebiger, was wiederum den Kunden freut.

Ein Beispiel? Gut – nehmen wir die Automobilindustrie. Gönnen Sie sich mal den Luxus, zu einer Oldtimerrallye zu gehen: dort werden Sie viel Liebe entdecken können – nicht nur in der Pflege und Instandsetzung der alten Gefährte, sondern auch in der Konstruktion selbst: ein Individuum neben dem anderen, liebevoll gestaltet bis ins kleinste Detail. Mit dem Eindruck können Sie dann gerne ins nächste Autohaus gehen und mal schauen, was dort angeboten wird.

Liebe zur Arbeit kann wahre Wunder verbringen … trotzdem bleibt ein mulmiges Gefühl, denn: Liebe an und für sich ist schon längst „Sozialromantik“ geworden. Rauben, ausnutzen, ausbeuten – auch in Beziehungen – das ist unser Weg, der Weg der westlichen Barbaren, die sich in Deutschland gerade am Weltmeistergefühl beim Fussball sonnen.

Was wäre – diese freche Frage sei erlaubt – wenn wir Weltmeister der Liebe werden würden? Eine von Liebe geprägte Wirtschaft bräuchte keinen Sozialstaat, liebevolle Unternehmer würden von sich aus schauen, wo noch sinnvoll ein Arbeitsplatz eingerichtet werden kann, der allen im Betrieb nutzt … anstatt wie heute üblich einmal im Jahr zu schauen, wer alles noch weg kann, um pralle Geldbeutel von Investoren zu füllen … die wir uns im Übrigen lieber selbst füllen sollten, doch auch das ist ein anderes Thema mit Blick auf eine andere Form des gemeinsamen Wirtschaftens, die eher den Gewinn des Unternehmens als den Gewinn der Banken und Anleger (was oft dasselbe ist) im Blick hat.

Ist es mir nun gelungen, Ihnen aufzuzeigen, welche Dimensionen das kleine Wort „Liebe“ alles haben kann? Eine wunderbare, harmonische, lebens – und liebevolle Welt könnte gestaltet werden, in der jeder Tag ein Fest wäre – anstatt eine Qual.

Stattdessen aber stirbt die Liebe.

Der Soziologe Sven Hillenkamp hat darüber ein ganzes Buch geschrieben – über das Ende der Liebe. Konsumwahn und Effektivitätssucht (auch und gerade bei der Partnerwahl) zerstören die Fähigkeit zur Liebe generell: der „Lebensabschnittspartner“ wird zum Standardmodell … und als Ergebnis folgt: die reine Vernunftehe (siehe Perlentaucher). Klasse Aussichten, oder? Am Ende des sexuellen Rausches werden wir wohl wie die Japaner, siehe FAZ:

Die Japaner haben immer weniger Spaß am Sex. Wie eine Studie des Gesundheits- und Sozialministeriums zutage brachte, sind 35,1 Prozent der jungen Männer zwischen 16 und 19 Jahren nicht an Sex interessiert oder lehnen ihn sogar ausdrücklich ab. Das sind fast doppelt so viele wie bei der letzten Befragung 2008, als 17,5 Prozent ihr Desinteresse bekundeten. Noch dramatischer sehen die Zahlen bei Japanerinnen aus. Die Zahl der jungen Frauen, die keine Lust auf Sex haben, stieg von 46,9 Prozent im Jahr 2008 auf 58,5 Prozent. Kunio Kitamura von der Vereinigung für Familienplanung wertet vor allem die wachsende Zahl junger Männer, die kein Interesse an Frauen zeigen, als bedrohlich. Im Japanischen gibt es für sie schon ein eigenes Wort: „pflanzenfressende Männer“.

Junge Männer, die nicht an Sex interessiert sind? Ist das das Ende einer Gesellschaft, die im sexuellen Bereich alles ausprobiert hat? „Sex ohne Liebe erzeugt Ekel“ – so habe ich es mal nebenbei von einer konservativ-christlichen Autorin gehört … und durfte es im engeren Familienkreis selbst erfahren, wie die Sexualität eines jungen Mannes durch eine ältere Frau zerstört wurde – schon erstaunlich welche Erfahrungen man ohne die Dauerpredigten der „Verbrauchsideologie“ der Konsumgesellschaften machen kann – Erfahrungen, die am Beispiel Japans ein ganzes Volk betreffen.

Wir aber – wollten ja bei der Liebe bleiben … bzw. bei ihrem Tod. Das die Sexualität dem Tod der Liebe folgen wird … sollte uns jetzt nicht kümmern.

Wissen Sie, wer dafür verantwortlich ist?

Sie. Ganz allein SIE.

Liebe ist ein Gefühl, dass man hegen und pflegen kann. Sie kann sogar – welch´ Überraschung – in Zwangs- und Vernunftehen wachsen … auch wenn dies ein äußerst ungesunder Weg ist. Vergleichen Sie sie mit einer Blume, einem kleinen zarten Gewächs, dass Sonne, Boden und Wasser in fein abgestimmten Dosierungen braucht – so sehr muss man sich um das Gefühl kümmern.

Sicher – es gibt eine extrem feindliche Umwelt, die der Liebe nicht wohlgesonnen ist, weil die Liebe eine Gesellschaft bauen würde, die liebevoll auf den Mitmenschen schaut – anstatt mit den Augen eines Raubtieres. Liebe würde eine Gesellschaft aufbauen, in der die Raubtiere verschwinden würden – oder enge Reservate zugewiesen bekommen, wo sie ihre Soziopathie ausleben können. Sicher – es gibt viele Gründe, die man aufführen kann, um ein liebloses Leben zu rechtfertigen: aber  mal ehrlich – wieso sollte man das als Mensch tun? Definiert man sich wirklich nur noch als nutzloses Anhängsel der Verbrauchs- bzw. Vernichtungswirtschaft? Hat man zu sehr Angst, von „coolen Typen“ ausgelacht zu werden, wenn man sein Leben in den Dienst der Liebe stellt, um die drohende Dunkelheit zu verjagen?

Sicher: das entscheiden allein SIE. Kommen Sie mir nicht mit Sprüche wie „ich komme an meine Gefühle nicht mehr heran“. Lassen Sie sich behandeln, wenn es so sein sollte. Wo wirklich Liebe war – auch zwischen Menschen – kann man die alten Gefühle wieder zum wachsen bringen … wenn man WILL. Und dieser WILLE – ist IHR VERANTWORTUNGSBEREICH. Hier gilt weniger das Gefühl – denn dass kann wie eine Pflanze wieder zum Leben erweckt werden. Nicht nur in einer Beziehung – auch im gemeinschaftlichen Zusammenleben.

Warum wir so gezielt über die Liebe gesprochen haben, wollen Sie jetzt wissen? Warum wir diesen kleinen Aufsatz unter dem Titel „Politik“ veröffentlichen? Nun – wegen einer kleinen Meldung, die ich zugeschickt bekommen habe. Ich zitiere sie jetzt mal, weil sie genau hier und jetzt gut hereinpasst. Die Meldung stammt vom 10.7.2014 aus der Stimme Russlands:

Der US-Senat erörtert derzeit das Gesetz Nr. 2277 „Über die Vorbeugung einer Aggression seitens Russlands im Jahr 2014“, schreibt die Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ am Donnerstag.

Als eine Art Antwort darauf lässt sich Moskaus jüngste Entscheidung betrachten, seine strategischen Raketentruppen in höchste Einsatzbereitschaft zu versetzen. Es geht um insgesamt zehn Regimenter, die unter anderem mit mobilen Raketenkomplexen Topol, Topol-M und Jars gerüstet sind.

Das war vor fünf Tagen. Während wir hier friedlich zusammensitzen, braut sich die nukleare Vernichtung über unseren Köpfen zusammen: mit etwas mehr Sozialromantik wäre das nicht passiert. Zerbricht diese Gesellschaft nicht am Mangel an Sex (wie die in Japan), zerbricht sie am Überfluss an atomarer Waffengewalt.

Zu undenkbar?

Schon längst haben die USA ihre atomare Doktrin umgebaut – die Atombombe wurde Gefechtsfeldwaffe. Gerüchten zufolge wurden die ersten russischen Bürger auf russischem Boden durch ukrainische Granaten getötet – wenn es mehr ist als ein Gerücht, kann sich das schnell ausweiten – noch in den nächsten Tagen.

Huch – wo sind wir da jetzt gelandet?

Ganz einfach: bei den Resultaten einer lieblosen Weltgesellschaft. Dachten wir gerade noch, es ginge um albernen Beziehungskram, geht es jetzt um die Existenz Europas. Philosophie ist schon wunderbar, oder?

Verantwortlich dafür ist jeder Einzelne. Übernehmen Sie einfach mal Verantwortung für ihre Gefühle … Sie werden schnell merken, dass das wächst, worauf man seine Aufmerksamkeit richtet. Liebe zu Partnern wird oft nicht erwiedert – damit wird man leben müssen, aber Liebe ist selbst an sich schon ein wertvolles Gefühl – aber damit wir uns richtig verstehen: ich spreche nicht von „Verliebtheit“ … jenem Zustand, den die Sprache nicht umsonst die korrigierende Silbe „ver“ beigestellt hat – laufen ist ok, verlaufen nicht; recken ist ok, verrecken nicht; fahren ist ok, verfahren nicht. Hören wir den Duden dazu, was die Silbe -ver so mit Verben wie „lieben“ anstellt:

drückt in Bildungen mit Verben aus, dass eine Sache durch etwas (ein Tun) beseitigt, verbraucht wird, nicht mehr besteht

Und was predigen uns doch die Frauenzeitschriften das hohe Lied von der Verliebtheit … jenem Gefühl, das Liebe beseitigt, verbraucht und vernichtet.

Wird eigentlich Zeit, aus „Liebe“ ein Schul- und Universitätsfach zu machen – die Wirkungen könnten ähnlich sein wie die Ausformung der Ingenieurwissenschaften.

Bis es soweit ist, kann aber jeder für sich an seinen eigenen Liebesfähigkeiten arbeiten. Ist noch ein wenig Zeit, bis die Nuklearsprengköpfe detonieren. Vielleicht kriegen wir ja noch die Kurve.

Sie meinen, Sie kennen das Gefühl überhaupt nicht mehr? Dann …. bitte schnell zum Arzt gehen. Das Schicksal der ganzen Welt hängt davon ab.

 

 

 

 

Die Schattenseite des Freihandelsabkommen

Politiker auf beiden Seiten des Atlantiks bejubeln das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und den USA. Es sei Segen und Jobmotor. Doch da gibt es auch noch eine andere Seite: Tatsächlich droht der freie Handel nämlich zu Lasten von Umwelt- und Verbraucherschutz zu gehen. Die Privatisierung des Trinkwassers könnte dann doch noch kommen, ebenso Fracking oder Gen-Gemüse. Nur für Unternehmen gibt es ein Zuckerl: Sie könnten künftig klagen, wenn sie weniger Gewinne machen. Drohen uns dann Klagewellen wie in Amerika?

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