Grausamkeit

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Chemnitz – der stille Triumph der grausamen Tyrannei des Kapitalismus

Chemnitz - der stille Triumph der grausamen Tyrannei des Kapitalismus

Sonntag, 9.9.2018. Eifel. Gelegentlich muss man mal sagen: das war es jetzt mit unserer demokratischen Zivilgesellschaft. Wir haben einen Kurs eingeschlagen, der Menschen anders sieht als die Gründungsväter der Bundesrepublik es gesehen haben: streng orientiert an der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte. Wann wir diesen Kurs verlassen haben? Kann ich nicht genau sagen, denn die Entscheidung dazu kam „von oben“, von so weit oben, dass man von unten gar nicht erkennen kann, wer da so alles wirkt. Es ist auch im Prinzip egal, welche Personen sich dafür hergeben, sich in den Dienst unmenschlicher Prinzipien zu stellen, viel wichtiger scheint mir die Bestimmung der Prinzipien selbst zu sein – die in unseren Zeiten gar nicht schwer fällt. Sie werden ja offen diskutiert – sagen wir mal: relativ offen – und sind in aller Munde, bestimmen unseren Alltag bis ins kleinste Detail.

Das erste Prinzip, dem wir uns unterworfen haben, ist das Prinzip der Erklärung der allgemeinen Menschenrechte – mal in richtig großer Wurf in der Geschichte der Menschheit. Sie können gerne mal die Präambel und alle 30 Artikel nachlesen (siehe Amnesty), ich möchte hier nicht alle zitieren. Der erste, der Ihnen wohl auffallen wird, ist Artikel 17.2: „Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden“. Diskutieren Sie doch mal diesen Artikel mit 14 Millionen Mitmenschen, die in den letzten 10 Jahren durch staatliche Gewalt via Hartz IV ihres Eigentums beraubt worden sind, vielleicht finden Sie sogar einen Fall, in dem ein verharzter Mensch sein Heim durch Zwangsversteigerung verlor – und es durch einen Jobcentermitarbeiter günstigst erworben wurde. Denkbar ist das, Angestellte im öffentlichen Dienst sind ja hoch kreditwürdig.

Führt uns direkt zu Artikel 1:

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.“

Diskutieren Sie den Satz mal mit einem Jobcentermitarbeiter, er müsste ja sofort kündigen, denn: der Geist der Brüderlichkeit ist ihm streng untersagt, sonst könnte er seinen Job ja gar nicht machen. Sie können in dem Gespräch auch gerne mal Artikel 22 zitieren:

„Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.“

Schätze mal – es wird bei den Frühstückspausen der Agentur großes Gelächter geben, wenn man diesen Satz anbringt. Sie werden sich sicherlich schon lange gefragt haben, warum ich mich vehement gegen atheistische und antitheistische Dogmen des Materialismus wende, obwohl ich selbst kein Mitglied einer Religionsgemeinschaft bin – das ist so eine kleine Nebenwirkung der akademischen Ausbildung, bei der man nach langen Mühen erkennt: lediglich Gott (wie immer Sie den auch nennen mögen) ist der letzte Urgrund, auf den sich Würde berufen kann, ohne diese Vorstellung kann man gar nicht verstehen, warum „Würde“ unantastbar sein soll. Im großen Schachspiel um die Macht in der Welt ist die Eliminierung des Gedankens an den Großen Geist, der Vater/Mutter, Schöpfer und Hüter aller kleinen Geister ist deshalb ein ganz wichtiger Schachzug.

Lesen Sie sich da ruhig mal ein: es gibt auch ein Recht auf Wohlfahrt, ein Recht auf Faulheit (also: bezahlten Urlaub), ein Recht auf gleichen Lohn – ich denke, Sie werden überrascht sein, was man da sonst noch alles findet. Ebenso werden Sie überrascht sein, wie viel davon im Laufe der Jahrzehnte schon zerbröckelt ist, wie viele Überzeugungen im Laufe der Zeit unterhöhlt und untergraben worden sind … und wie wenig die Menschen noch darüber reden.

Wer mag, mag die Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte auch religiös erhöhen: so kann das Gebot der Nächstenliebe in Gesetzesform aussehen. Es ist die Kultur der Menschlichkeit, des Mitleids (ja: und wirklich des schmerzhaften Mit-Leidens und nicht des distanzierteren aber heute gern gepredigten „Mitfühlens“, das nur dabei hilft, die Gefühle des anderen zu verstehen, aber keinen Anteil mehr an seinem Leiden nimmt – noch etwas daran ändern mag).

Die Gegenkultur hat auch einen Begriff, den alle kennen, einen Begriff, den man ebenfalls kaum noch gebraucht und ihn mit vielen schönen anderen Namen auskleidet: das ist die Kultur des Kapitalismus, jene Kultur, die nur eins im Sinn hat: dass Geld sich ständig überall immer von selbst vermehre. In allen großen Religionen gab es deshalb auch ein Zinsverbot (der pure Horror für Kapitalisten: wie soll man denn ohne Zinsen und ohne eigene Arbeit reich werden?) – übrigens auch im Islam, der das heute noch lebt. Dies mag auch hinreichend den großen „Kampf der Kulturen“ erklären, der in den USA gepredigt wird: das Zinsmonster USA gegen den Zinsfeind Islam. Auch eine interessante Perspektive, oder?

Einige Zeit lang können Kapitalismus und Menschenrechte nebeneinander existieren, ohne das es Probleme gibt. Der Kapitalismus braucht auch die Demokratie als Staatsform der Allgemeinen Menschenrechte, denn gerade sie schützt ja sein angehäuftes Eigentum. Zeiten, wo wilde Räuberhorden oder verarmte Fürsten samt Raubrittern eine Gefahr für die Anhäufung von Vermögen darstellten, sind ja dank der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte und der gesamten Zivilisationsentwicklung vorbei. Darum versteckt sich auch der Kapitalismus gerne hinter den Mauern der Demokratie – obwohl er mit ihr irgendwann zwangsläufig aneinander geraten wird: wie soll man ordentlichen Gewinn machen, wenn alle ehrlichen Lohn bekommen? Wir soll man an der Spitze der Pyramide Milliarden sammeln (jener Ort ist sozusagen der Lottogewinn des Kapitalisten), wenn unten nicht reichlich gezahlt wird? Und schon die pyramidenartigen Unternehmensstrukturen mit ihren Herrschaftshierarchien sind dem Demokraten ein Dorn im Auge – man merkt selten in großen Unternehmen, dass dort der Geist der Brüderlichkeit im Miteinander regiert – und im Wettbewerb darf dieser Geist erst recht nicht herrschen, hier geht es um fressen und gefressen werden.

Da steht der Kapitalismus irgendwann vor einem Problem. Seine Götzen – die Konzerne – müssen ständig wachsen, um Gewinne abzuwerfen, deshalb fusionieren sie zum Schluss zu Megakonzernen, die die Güter der Welt beherrschen: Nahrungsmittel, Wasser, Land – ein Zustand, den sich überhaupt kein Staat gefallen lassen darf, weil er seinem Schutzauftrag elementar widerspricht.

Also fragt sich der Kapitalismus: was tun? Offen die Demokratie angreifen, die Welt in Chaos  und Anarchie versinken lassen? Das würde bedeuten, die Zivilisation in den Status der Barbarei zurücksinken zu lassen, wo jeder Räuberbande das geliebte eigene Landgut straflos ausplündern kann – oder es einfach besetzt und in Besitz nimmt. Daran kann sich der Kapitalist noch gut erinnern: alles Eigentum ist mal ursprünglich so geschaffen worden. Einfach mal den Adel fragen – wie sich „Elite“ früher  nannte.

Es gibt aber noch einen anderen Weg – und genau diesen hat der Kapitalismus beschritten: fördert man eine Kultur der Grausamkeit an Stelle einer Kultur der Nächstenliebe, so blockiert man automatisch die völlig Entfaltung der Allgemeinen Menschenrechte (die ja die freie Entfaltung der Persönlichkeit garantieren) und errichtet etwas anderes: eine Kultur der Angst, des Misstrauens, der Feigheit und der Gleichgültigkeit. Dies ist in den USA geschehen, wo gezielt mit viel Geld auf höchster geisteswissenschaftlicher Ebene eine neue Kultur gefördert wurde, nachzulesen bei Guido Giacomo Preparata: „Die Ideologie der Tyrannei“.  Ein absolut genialer Schachzug, der die christlichen Werte durch die Werte des Marquis de Sade ersetzt hat, ein Schachzug, der die Kultur der Nächstenliebe Schritt für Schritt in eine Kultur der sadistischen Grausamkeit verwandelt, in denen sich die Menschen nicht mehr im Geiste der Brüderlichkeit begegnen, sondern im Geist der Menschenfeindlichkeit. Wer hinter die Kulissen schaut – oder die geschichtliche Entwicklung der politischen Philosophie näher betrachtet hat – weiß, wozu das führen wird: da, wo der Mensch des Menschen Wolf ist, brauchen wir den König, den Kaiser, der mit harter Hand durchregiert und die Bestienhorden in die Schranken weist, nachzulesen bei Thomas Hobbes in seiner Schrift Leviathan.

Dieser Geist der Hobb´schen Philosophie durchzieht aktuell schon unseren ganzen Staatsapparat – ohne die Grundprinzipien der Demokratie groß antasten zu müssen. Je weiter das Prinzip „Der Mensch ist des Menschen Wolf“ in die Gesellschaft getragen wird, umso höher wird auch die Akzeptanz der „harten Hand“ der Elite sein: wir müssen uns ja schützen gegen die „Bösen“ – das wagt doch sicher niemand mehr in Frage zu stellen?

Natürlich müssen wir uns gegen das Böse schützen, gegen diesen Satz wird niemand erfolgreich angehen können – nur: wenn der Staat willkürlich bestimmt, wer denn gerade böse zu sein hat, wer denn gerade der Böse ist: dann sind wir in der Tyrannei angekommen. Das Dritte Reich war hier nur ein Vorbeben einer vollendeten Kultur der Grausamkeit, die unsere Zukunft darstellen wird – wenn nicht jene, die noch im Geiste der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte leben, die noch verstehen, warum Nächstenliebe und der durch sie initiierte Respekt vor dem Anderen die Wurzel aller Demokratie ist, sich ebenfalls zusammenschließen zum größten Werk, zu dem diese Zeit auffordert: die Rettung der Kultur vor dem Moloch Kapital.

Darum ist auch Kapitalismus generell „rechtsoffen“, ja sogar „rechtsverliebt“: seine Kommandostrukturen stammen ja gerade daher, Führerkulte werden da ganz offen gelebt und finden allgemeine Anerkennung, reichen bis tief in die Psyche hinein … kann jeder vor den Toren der Geschäfte beobachten, wenn ein neues „Apple-Produkt“ veröffentlicht wird und die Massen fanatisch danach gieren, Teil des Konzerns zu werden, in dem sie seine Produkte kaufen.

Die Kultur des Kapitals ist das genaue Gegenstück zur Kultur der Nächstenliebe, sie braucht ganz dringend (wie jeder Faschismus) den Untermenschen, der ausbeutbar ist – ohne das irgendwo ganz billig menschliche Arbeit verrichtet wird, häuft sich bei den Pharaonen an der Spitze der Organisationspyramiden rein gar nichts an – so mussten wir damit leben lernen, dass staatliche Angestellte anfingen, Menschen als „Parasiten“ zu begreifen, denen man das Essen verweigern darf, wenn sie nicht genug Rendite für die Pharaonen abwerfen – und wir durften überrascht feststellen, dass die Sozialdemokratie an vorderster Front war als es darum ging, den Sozialstaat kapitalkompatibel zu machen. Es wurde normal, dass der Mensch ein Produkt wurde, dass gefälligst selbst für die Optimierung seiner Verwertbarkeit verantwortlich ist – und wer seine Verwertbarkeit nicht schnell genug optimieren kann, wird eben flugs enteignet, seiner Lebensleistung beraubt und von Medien in breiter Front als „Minderleister“ aus der Gemeinschaft geworfen und der Verachtung preisgegeben.

Das ist jetzt schon unser Alltag. Der wird sich natürlich weiter verschärfen, die Mechanismen dazu hat Götz Aly in seinen Werken „Hitlers Volksstaat“ und (zusammen mit Susanne Heim) „Vordenker der Vernichtung“ detalliert beschrieben – man kann kaum empfehlen, sie zu lesen, denn es macht Angst, wie groß die Paralellen zur Gegenwart schon sind. Zwangsläufig – und das hört man ja schon immer wieder – wird Hartz IV dem Kapitalismus irgendwann zu teuer werden (so wie die Versorgung der KZ-Insassen zu teuer geworden war) und man wird neue Wege suchen, sich dieser „Ballastexistenzen“ zu entledigen – was selbst durch ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“ geschehen kann … wenn man es nur geschickt genug einfädelt. Führende Kapitalisten aus dem Silikon Valley sind gerade dabei, solche für das Kapital sehr interessante Entwürfe auszuhecken.

Das war jetzt eine lange Vorrede um über Chemnitz zu sprechen. Aber um zu verstehen, warum dieses Konzert der große Triumph der Tyrannei war, muss man halt auch den Kontext verstehen. Das Narrativ der Elite dazu war: große dunkle grausame Horden aus dem fernen Osten (mit dem Narrativ kann man im Westen immer Meinung machen, erinnert an die Flut von Hunnen und Mongolen, die Europa tyrannisierten – und an den ewig bösen Russen) erobern eine Stadt im Osten, nun gilt es für die Guten, dem entgegen zu treten. Eine schöne Geschichte, fürwahr. Wenn sie denn wahr gewesen wäre.

Hier mehren sich die Zweifel – und das hat das Potential, Chemnitz zum größten Debakel der freiheitlich-demokratischen Grundordnung werden zu lassen, ja, zum Fanal des Endes dieser Kultur – und zum absoluten Triumph der Kultur der Grausamkeit, zu dem alle Beteiligten mit besten Absichten beigetragen haben.

Erinnern wir uns daran: wir zivilisierte Menschen sind dazu aufgerufen, eine Kultur der Brüderlichkeit zu leben. Faschismus und Nationalsozialismus sind absolute Gegenpole dieser Kultur – aber halt nicht die einzigen. Kapitalismus und religiöser Fanatismus stehen da neben Himmler und Heydrich auf dem gleichen Podest. Erlauben wir uns aber, genauer hinzuschauen – wird es monströs gruselig, denn: die Progrome und Hetzjagden wegen denen der ganzen Aufruhr begann, gab es anscheinend gar nicht (siehe Verfassungschutzpräsident Maaßen in der Zeit  oder Ministerpräsident Kretschmer in der Berliner Zeitung). Das würde bedeuten: zum ersten Mal seit Adolf Hitler schafft es eine Regierung, auf Knopfdruck durch eine große Lüge fanatisierte Menschenmassen auf die Straße zu rufen. Das ist in der Theorie schon schlimm genug, mag aber noch harmlos ablaufen.

Ich kann und darf Ihnen aber nicht ersparen, wodurch diese Menschenmassen „unterhalten“ wurden:

„Boom Boom Boom, ich bring euch alle um“ – sangen die Massen freudig mit. „Selbstmördattentäter – ich sprenge eure Demo und es regnet Hackepeter“ – so tönte der Chor. „Ich ramme die Messerklinge in die Journalistenfresse“, „Trete deiner Frau in den Bauch und fresse die Fehlgeburt“, „die halbe Schule war querschnittsgelähmt von meinem Nackenklatschen“, „ist eine Frau nicht nackt, dann beschmeiß´ich sie mit Scheine, macht sie sich dann nackt, dann bewerf ich sie mit Steine“ … und die Masse gröhlte. Schauen Sie sich das Konzert gerne mal an – oder die Videos der Bänkelsänger der Grausamkeit, die ebenso vor Grausamkeit und Gewalt strotzen.

So weit sind wir schön. Früher hätte es für die Texte faule Eier gegeben (ja – wäre der erste der zum Aldi gegangen wäre und danach gefragt hätte) oder alte matschige Tomaten, heute gröhlen 70000 mit – unterstützt durch Empfehlung unseres Bundespräsidenten.

Für mich: der Gau der demokratischen Zivilkultur, das Ende jeder gesellschaftlichen Grundlage der demokratischen Zivilkultur – und der Anfang von etwas Neuem.

Besonders makaber: Anlass zu diesem Happening war ein Mord an einem jungen Antifaschisten. Oder Totschlag – darüber wird ja noch diskutiert. Und – soweit man heute sehen kann – eine krasse Lüge der politischen Elite, die solche Hasskonzerte nun schon auf Knopfdruck initiierten kann.

Meine ersten Gedanken zu dem Konzert waren: die IS ist in Deutschland angekommen. Ganz ohne Islam und arabischem Hintergrund – aber mit der gleichen grausamen Gedankenwelt. Noch singen sie nur, aber was wären, wenn die Elite zu dem Mob spricht und auf Sie zeigt – mit den Worten: „Der ist rechts“. Ab wenn werden die wohl anfangen, ihre Phantasien auszuleben?

Dabei war es mal so einfach, diese Geschichte von „rechts“ und „links“. „Rechts“ hatte den Großgrundbesitz und neigte zu Gewalt, „links“ hatte ein großes Herz und neigte zu Worten.

Heute ist „rechts“ – aus ganz einfachen Gründen, weil weithin durch die NS-Zeit als das absolut Böse bekannt – alles, was der Elite widerspricht … so als ob Elite jemals links war und Angela Merkel die Kommissarin der KPD im völlig sozialistischen Deutschland. Ob jemand wirklich Nazi ist – also ganztätig sadistische Träume vom Leben als allmächtiger Aufseher im Konzentrationslager träumt – oder nur ein verwirrter Mensch, der bei der Suche nach der Orientierung in die Irre gelaufen ist, wird nicht mehr diskutiert.

Überhaupt wird nicht diskutiert, denn das … führt in unheimliche Welten, die zeigen, dass es ohne Verfassungsschutz kaum Nazis (also: echte, die sich selbst dazu bekennen – nicht die, die willkürlich von anderen dazu ernannt werden) gäbe. Schauen Sie mal den Film „V-Mannland, Die Geschichte der Neonazis in Deutschland“ (ARD wohlgemerkt, nicht RTdeutsch) … und stellen sich die Frage, wieviel „V-Männer“ wohl in Chemnitz aktiv waren, um für die nötige Begleitmusik zu sorgen. Denke ich dann noch daran, dass man mir versichert hat, dass so ein Riesenkonzert in der kurzen Zeit gar nicht organisierbar gewesen sein soll und somit weit im Vorfeld geplant gewesen sein muss, dann erschauerts mich noch mehr. Über die NSU-Affäre, die verschwundenen Akten, die Tatsache, dass wir die nächsten 120 Jahre erstmal keine Details mehr erfahren werden (siehe Heise) oder die Tatsache, dass unangenehme Zeugen unnatürliche Tode sterben (siehe Heise), dürfen Sie auch mal nachdenken, bevor Sie sich eine Meinung über den „braunen Mob in Chemnitz“ machen.

Das Faschismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen ist, darüber brauchen wir nicht mehr zu diskutieren. Aber darüber, dass die ihn tragende Grausamkeit und Menschenfeindlichkeit wieder mehrheitsfähig ist, müssen wir dringend sprechen.

Ganz dringend.

Und auch: nicht nur sprechen, sondern dagegen anhandeln.

Das jedoch kann man nur erfolgreich angehen, wenn man sich von primitiven Weltbildern und noch primitiveren Parolen verabschiedet, aus denen momentan unser ganzer politischer Diskurs besteht.

(Heute leider aus technischen Gründen ohne Heile-Welt-Bild. Ist vielleicht auch gut so…denn das würde nicht passen, irgendwie….)

 

Wunderkinder am Catwalk – Wenn Heidi Klums Grau-Samen aufgehen …

In seinen Memorien berichtet der blinde Franzose Jacques Lusseyran davon, wie er an abendlichen Tanzveranstaltungen bei Frauen, die ihm seine Kameraden als besonders „geil“ beschrieben, im vis-à-vis beim Tanzen nur „Grausamkeit“ und Kälte wahrnahm. Hingegen erlebte er, der sich nicht auf seine Augen, dafür aber auf einen ausgeprägten inneren Sinn verlassen konnte, bei eher unscheinbaren bzw. unbeachteten Frauen oft wirkliche menschliche Schönheit.

Diesen inneren Sinn, den in Wirklichkeit nicht nur Blinde besitzen, haben wir in den letzten Jahren allerdings konsequent zugeschottert und asphaltiert. Was zählt, ist der narzisstische Glanz der Oberfläche, auch wenn das dahinterliegende menschliche Wesen bereits darbt wie in einem Kerker, der vor jeglichem Sonnenlicht abgeschottet ist.

Krankheit als Kult

In seinem Buch „Die Narzissmusfalle“ berichtet der Kriminalpsychiater Reinhard Haller über eine eklatante Zunahme narzisstischer Persönlichkeitsstörungen, die schließlich im Sadismus endeten. Das Heischen der Narzissten nach ständiger Aufmerksamkeit durch ihre Umgebung vergleicht Haller mit dem Durst eines infantilen Kindes nach Muttermilch:

„Die narzisstische Epidemie ist aus- und das Zeitalter des Narzissmus angebrochen. Der Narzissmus steht an der Schwelle von der problematischen und krankhaften Störung zur geltenden Lebensauffassung … auf Schritt und Tritt begegnen wir narzisstischen Persönlichkeiten, im Job, in der Politik, in der Partnerschaft, Narzissmus ist zum Mainstream, ist zum Kult geworden. Wir befinden uns in einer Zeit zwischenmenschlicher Verrohung.

… Zum vollen Störungsbild des Narzissmus kommt neben Egozentrik, Empfindlichkeit und Empathiemangel noch ein viertes E: Entwertung und Erniedrigung des anderen. Ist vor allem dieses Element vordergründig, schöpft eine Person vor allem daraus ihren Selbstwert und versucht sich selbst aufzuwerten, indem sie andere Menschen stets erniedrigt und klein macht, liegt die schlimmste Art, der bösartige Narzissmus vor.“ (Quelle: diepresse)

Obwohl nicht nur Kriminologen, Psychologen und Pädagogen Alarm schlagen, sondern auch groß angelegte wissenschaftliche Studien bei Kindern und Jugendlichen einen exponentiellen Anstieg von Narzissmus nachweisen (siehe huffingtonpost), so beeifrigt sich zumindest der Spiegel, kritische Stimmen umgehend zu entkräften. So etwa den Praxisbericht der Psychotherapeutin Martina Leibovici-Mühlberger, die in ihrem Buch „Wenn die Tyrannenkinder erwachsen werden“ nichts weniger auf uns zukommen sieht als eine gesellschaftliche Katastrophe: eine nächste Generation, auf die man schlicht nicht mehr zählen könne, da unsere (Nicht-)Erziehung immer mehr Tyrannen und lebensuntüchtige Narzissten hervorbringe, die am Einstieg ins Berufsleben scheiterten und damit ein Heer an zukünftigen Sozialfällen. Ein vom Spiegel konsultierter Experte gibt sich über die These der Psychotherapeutin empört: „Ich kenne keine tyrannischen Kinder, nur verzweifelte, aggressive oder verwahrloste. Das Wort tyrannisch ist schlimm.“ Man solle Eltern damit nicht Angst machen oder sie beschimpfen (siehe Spiegel). Wie gut, dass wir den Spiegel haben, Deutschlands „Sturmgeschütz der Demokratie“, das zwar nicht müde wird, eine russische Bedrohung herbeizukonstruieren, aber das von realen Abgründen nichts wissen will.

Wie ist es möglich, dass der Narzissmus heute obenauf ist? War Narzissmus doch bisher in praktischen allen philosophischen Schulen der Menschheitsgeschichte zutiefst geächtet, vielfach sogar als noch gefährlichere Krankheit als die Pest angesehen und musste ein Anwärter, der in eine solche Schule aufgenommen werden wollte, mitunter tödliche Prüfungen bestehen, um seinen Lehrern zu beweisen, dass er gewillt war, den lebenslangen Kampf  gegen diese der menschlichen Seele anhaftende Krankheit aufzunehmen und sich zu Wahrheit und Authentizität zu entwickeln, so ist heute alles upside down und geradewegs umgekehrt: junge Anwärter müssen vor einer Promi-Jury unter Beweis stellen, dass sie willig sind, ihre innere Wahrheit und Authentizität restlos unterm Deckel zu halten und sich ganz dem narzisstischen Glanz der Oberfläche preiszugeben.

Versau‘ mir nicht die Show!

Wer zu wenig Sexappeal hat und nicht so wie Heidi Klum bereit ist, schon wenige Tage nach der Entbindung wieder ein Unterhosenshooting zu machen und lasziv die Beine zu spreizen, der ist draußen. In unzähligen Castingshows wird dem jungen Publikum breitenwirksam gezeigt, was denjenigen erwartet, der nicht alles gibt und den Joopbohlenklumshoot nicht schluckt: Er/sie kann einpacken und nach Hause gehen. Ausrangiert am Subprime-Markt, kann er/sie sich dann ins Katzenfutter faschieren lassen oder findet allenfalls noch eine Rolle als Statistin bei Stirb Langsam–Episode 4 („Hartz IV“).  So wie die junge Aminata, der während eines Castings am Laufsteg plötzlich dämmert, bei was für einer seelenlosen Kacke sie da eigentlich mitmacht und sich das gequälte menschliche Wesen hinter der glitzernden Fassade plötzlich in Form von Tränen Raum verschafft (siehe GNTM – Minute 2:00) – worauf die verdutzten Juroren zunächst mit geheucheltem Mitgefühl, dann aber sogleich mit handfester Empörung reagieren (Wolfgang Joop, die Faust ballend: „Damit hättest du mir jetzt meine Show versaut!“)

Mancher mag sich über solche TV-Formate amüsieren und sie eben als Entertainment abtun. Die grauen Samen der von Lusseyran verorteten Grausamkeit bzw. die daraus ersprießenden Disteln werden allerdings auch für sie Früchte tragen. Denn die Saat, die von einer perfektionierten Entertainment-Maschinerie in den letzten Jahren eifrig gegossen, mit Kunstdünger gedüngt und mit Glyphosat sortenrein gehalten wurde, beginnt nun millionenfach aufzusprießen. Über unsere Massenmedien breitenwirksam in die Herzen gestreut, ist jetzt eine ganze Generation bereit für „Roundup ready“ und das finale Blitzlichtgewitter-Shooting am Catwalk der digitalen Transformation.

Abgeschminkt

Allerdings werden die wenigsten der jungen Menschen, die gerade von Klum & Co. gecastet werden oder diese Ausbildung per Fernlehrgang am Flachbildschirm mitvollziehen, ein Rennen als Topmodel – oder als Gutverdiener im Großraumbüro – machen, so wie sich das derzeit viele Mode- und MINT-Studenten ausmalen und es ihnen in bewegten Bildern schmackhaft gemacht wird (siehe „Mercedes neue „Grow up“-Kampagne und Chomskys Dressur zu Habsucht, Passivität und Unterwerfung“). Die meisten werden auf den Boden der Realität zurückgeschmettert werden und unterbezahlte Hilfsdienste verrichten. Viele werden in unserer überalternden Gesellschaft auch in sozialen und Pflege-Berufen landen, wo sie uns dann mit ihren „Round up ready“-Qualitäten beglücken werden. Freudestrahlende und grinsekatzige Zeiten werden also anbrechen, wenn von Dieter Bohlen zu Egomanen gecastete Krankenpfleger und Ärzte unsere Altenpflege übernehmen und von Heidi Klum zu narzisstischen Erbsenprinzessinen gecoachten Lehrerinnen und Kindergärtnerinnen die Erziehung unserer Kinder in die Hände gegeben wird. Schon jetzt wird immer öfter darüber berichtet, wie Krankenpfleger es leid sind, unschmucke hilfsbedürftige Alte zu pflegen. Um sich diese unleidliche Arbeit vom Hals schaffen, kommen sie schon mal auf die Idee, dem Abgang der Alten nachzuhelfen (siehe swr). Oder der jüngste Fall des Krankenpflegers Nils H., der Intensivpatienten zum Herzversagen gebracht hat, um sie anschließend wiederzubeleben – und damit die Anerkennung seiner Kollegen zu erheischen. Mindestens 106 Menschen überlebten diese narzisstische Selbstinszenierung nicht (siehe Spiegel).

Zumindest wer das Glück hat, bei einer Krankenpflegerin zu landen, die in die Schule von Wolfgang Joop gegangen ist, der braucht diese Angst nicht zu haben. Ungezogenen Laufmädchen, die Joops Label durchlaufen, das er ganz unbescheiden „WUNDERKIND“ nennt,  zieht er unbarmherzig die Löffel zurecht. Auch wenn der Maestro im u.a. Video darüber flucht, dass er in seinem Pariser Wunderladen eine „Erziehungsanstalt abgeben muss“, den verzogenen jungen Frauen in ihrer bisherigen Schulausbildung also scheinbar noch nichts Ordentliches beigebracht wurde, Wolfang Joop macht es nicht so wie das Gros der heutigen Pädagogen und kapituliert einfach, sondern er biegt zurecht, was noch zu retten ist und schminkt ihnen ihre Verzogenheit wieder ab. Eine kurz vor der Erfüllung ihrer Träume am Pariser Wunderkind-Laufsteg stehende junge Dame, die sich nicht abschminken wollte, schickt er gnadenlos wieder nach Hause (siehe Youtube Minute 6:38 – 9:00), auch durch Tränen und späte Reue lässt sich der strenge Schulmeister nicht erweichen. Da nützt es auch nichts, dass sich der Engel, dem er nun die Tür weist, noch kurz zuvor ganz zu Füßen des Modegotts bzw. sich ihm in rosa Unterhose um den Hals gelegt hat (siehe Youtube).

Aber was soll’s, warum an einem Programm herumkritteln, das doch einfach nur zu unser aller Beglückung angesagt ist? Sogar altbackene Politiker wie Altbundespräsident Joachim Gauck, die selbst aus undatierbaren fossilen Zeiten stammen, haben kein Problem mit der postmodernen Glüxsucht und der Lust am narzisstischen Schein, sondern finden diese prima. „Die jungen Menschen in Deutschland sind einfach glückssüchtig“, meinte Gauck verklärt lächelnd.

Angesichts der rosigen Zeiten, die uns also bevorstehen, wäre es nun wirklich an der Zeit, dass all die sauertöpfischen Crash-Propheten und Verschwörungstheoretiker endlich einpacken … das Paradies der digitalen Gesellschaftstransformation und des Axolotl-Bürgers naht. Wer in diesem Paradies Dantes Eishölle zu erkennen vermeint und nicht bereit ist, sich seine Individualität abzuschminken und eine „weiße Leinwand“ für die Chefdesigner abzugeben (Joop im o.a. Video), hat am Wunderkind-Laufsteg nichts verloren.

Epilog zum Thema Narzissmus: siehe Endzeitpoesie 4.0

 


Fotos:
(li.) Dieter Bohlen / Blecmen / English Wikipedia / CC BY-SA 3.0
(mi.) Heidi Klum / Hytok / flickr / CC BY
(re.) Wolfgang Joop / StagiaireMGIMO / Wikipedia / CC BY-SA 4.0  

Die Grausamkeit der Frauen – über verlorene Jungfräulichkeit und blinde Widerstandskämpfer

Die Grausamkeit der Frauen – über verlorene Jungfräulichkeit und blinde Widerstandskämpfer

(CC BY Parkwaechter 2017)

Obwohl ich mich durch tägliches Lesen in der Lügen-, pardon, in der Katzenstreupresse (siehe „Die Götterdämmerung der Lügenpresse“) für einigermaßen abgebrüht halte, hat mich vor Kurzem das nackte Grauen kalt erwischt. Immer noch ganz benommen, suche ich taumelnd nach Halt … wenn ich abends einschlafe, dreht sich vor meinen Augen ein Bilderkarussell, das mich am Menschen und an der Zukunft für unsere Kinder ernsthaft zweifeln lässt.

Wenn ich jetzt erzähle, was mir widerfahren ist, wird man mich auslachen, aber sei’s drum. Also: Nach dem Lesen eines bewegenden Artikels des Eifelphilosophen (“Die Vernichtung des sensiblen Mannes“) gab ein geschätzter Leser den Hinweis auf den „Butchelor“, meinte damit die unsägliche Fleischbeschaushow „The Bachelor“. Obwohl ich dieses Format bisher eisern verweigert hatte, dachte ich mir: So, nun ist’s aber an der Zeit, dass du dir da auch mal einen Eindruck in bewegten Bildern machst, um über diejenige Show mitreden zu können, die sogar „Deutschland sucht den Superstar“ an medialer Reichweite übertroffen hat und die einer ganzen Generation als Lifestyle-Rolemodel präsentiert wird. Mir schwante bereits Übles, immerhin hat sogar der Spiegel, die „Bildzeitung für Abiturenten“ (Volker Pispers), den Bachelor für das „Zelebrieren von Dekadenz, Oberflächlichkeit und Beklopptheit“ kritisiert. Nach Ansicht der Süddeutschen hat sich der Bachelor „von Folge zu Folge mehr und mehr als seelenloses Psychowrack erwiesen“ und wirke „emotional verarmt, sexuell verelendet und moralisch verwahrlost“.

Trotz dieser Vorwarnungen war ich als nicht-fernsehender Mensch, also als Mann hinterm Mond, über das, was ich zu sehen bekam, dann doch einigermaßen sprachlos. Jedenfalls kann ich nun dem nachfühlen, was auch der Eifelphilosoph gemeint hat, als er nach mehreren Jahren Fernsehabstinenz zum ersten Mal wieder den Kübel eingeschaltet hat: „Das gibt’s doch gar nicht“, sei noch das Geringste gewesen, was er sich angesichts der ihm entgegenkommenden Bilderflut gedacht habe.

Als ich in die Suchmaschine „Bachelor“ eingab, wunderte ich mich zunächst, dass mir „Die Bachelorette“ , also das Femininum zu „Der Bachelor“, als Suchvorschläge ausgegeben wurde. Den Vorwurf, eine frauenverachtende Sendung zu produzieren (Udo Jürgens bezeichnete das Buhlen von 20 paarungswilligen Weibchen um ein männliches Alphatier als „abstoßend und nuttig“), wischte der damalige RTL-Chef Gerhard Zeiler mit der Ankündigung weg, das ganze Spiel auch umgekehrt aufzuzäumen und die Frauen gleichziehen zu lassen. Gesagt, getan, durfte im Spin-off „Die Bachelorette“ fortan ein 25 Köpfe starkes Mannswolfrudel um eine giraffenbeinige Schönheit buhlen. Und in der Tat: Die „Bachelorettes“ zeigen, dass Barbie das Puppenspiel mit den Emotionen genauso beherrscht wie Ken.

Als ich die Bachelorette Zaklina betrachtete (siehe unten), wie sie am Balkon einer mondänen Villa mit lasziv-abgeklärtem Blick nach unten auf den Parkplatz blickt, um sich zu entscheiden, welchem der  dort versammelten Verehrer sie als nächstes den Laufpass geben soll, musste ich an eine Schilderung des französischen Philosophen Jacques Lusseyran denken (seine Autobiographie „Das wiedergefundene Licht“ ist eines der bemerkenswertesten Bücher, das ich kenne und von dem man auch als Normalsichtiger ein ganz neues Wahrnehmen der Welt lernen kann). In jungen Jahren erblindet, entdeckte Lusseyran seine Fähigkeit, trotzdem zu „sehen“, und zwar in intuitiven Farben. Die französische Widerstandsbewegung machte sich seine besondere Fähigkeit zunutze, um „in einer Zeit, in der jedes Treffen unter Menschen eine Begegnung auf Leben und Tod war und man schnell erkennen musste, ob man einen Freund oder Feind vor sich hatte“,  NS-Spitzel zielsicher zu identifizieren: neue Mitglieder der Resistance wurden in einem abgedunkelten Zimmer zu „dem Blinden“ geführt, wie man ihn nannte. Lusseyran betrachtete dort die Farben, die von der jeweiligen Person ausgingen und konnte mit  unfehlbarer Sicherheit sagen, ob bei neu rekrutierten Mitstreitern ehrliche oder unlautere Motive vorlagen.

Bemerkenswert fand ich insbesondere eine Aussage Lusseyrans über die Frauen (was vice versa für Männer genauso gilt). Von abendlichen Tanzveranstaltungen erzählt er, dass er ausgerechnet bei denjenigen Frauen, die ihm seine Kameraden als besonders schön und begehrenswert schilderten, im vis-à-vis beim Tanzen meist „Grausamkeit“ und Kälte wahrnahm, während er bei eher unscheinbaren bzw. unbeachteten Frauen oft wunderbar harmonische Farben sah, die er als wirkliche menschliche Schönheit empfand.

So nebenbei ein Tip eines 40+-Althasen an die Youngsters unter unseren Lesern: Auch ohne hellsehend zu sein wie Lusseyran kann man insbesondere an kleinen Details wie etwa den Mundwinkeln, der Gestik der Lippen oder der Bewegung der Augenlider einer Frau ersehen, welcher Geist sie beseelt (nicht umsonst betreiben Frauen einen beträchtlichen Aufwand, um gerade diese Gesichtspartien intensiv zu beschminken) – wer sich hierfür etwas sein Auge schult und sich nicht bloß von Wespentaillen und Gazellenschenkeln ablenken läst, der mag sich dadurch in seinem Leben fatalen Schiffbruch und ein übles Schicksal ersparen (in neoliberalen Zeiten ist nicht mehr gewährleistet, dass man einen Schiffbruch auf hoher See überlebt – eigentlich also verdammt schlechte Zeiten, um in Beziehungsangelegenheiten russisches Roulette zu spielen, so wie das von unseren Medien heute flächendeckend propagiert wird).

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Was hätte Lusseyran wohl über die Bachelorette Zaklina gesagt, die im oben ersichtlichen Video von der gesamten Männermannschaft angeschmachtet wird? – Ich mag zwar kein Maßstab sein, aber ich für meinen Teil habe eine Gänsehaut bekommen. Auch wenn eine andere als ‚Traumfrau‘ gehandelte Bachelorette-Kollegin namens Frieda auf ihrer Pinwand die Fotos der ihr dargebotenen männlichen Opferstiere seziert (siehe YouTube), wird mir innerlich nicht wärmer, sondern ich taste hilfesuchend nach meiner neben dem Bildschirm stehenden Kamillenteetasse und versuche von dieser etwas Restwärme zu erheischen.

Insbesondere hat mir der in Zalinkas Krallen geratene Opferstier Simon leid getan. Simon, ein vergleichsweise naiver und liebenswürdiger 24jähriger Mann (siehe YouTube), der im Gegensatz  zu seinen abgebrühten Mitbuhlern (siehe YouTube) in seinem Leben bisher noch nie eine Freundin gehabt hat, gerät in die Fänge der rothaarigen Femme fatale, die es als besonderen Leckerbissen ansieht, sich den jungen Mann als Aperitif einzuverleiben. Unverdorbene Jungfräulichkeit bekommt man ja in heutiger Zeit nicht alle Tage serviert. Geschäftsmänner aus Hongkong ziehen für solche Angebote schon mal 2,3 Millionen Euro aus der Hosentasche (siehe Focus), warum sollte es also eine Frau in Zeiten des Gender verschmähen, eine solch seltene Okkasion gratis konsumieren zu können?

Simon gibt sich also der Bachelorette hin, auf einer romantischen Dschunke an Thailands Küste wiegt er sich mit ihr fast schon im 7. Himmel (siehe YouTube), die Kameras folgen dem Paar noch bis zum Fallen der ersten Hüllen ins Schlafzimmer. In einem nachfolgenden Interview schildert Simon mit naivem Gutglauben, dass er in Zaklina nun seine Seelenpartnerin gefunden habe und sein Herz fortan ganz für seine Angebetete schlage. Bachelorette Zaklina gibt sich indes jedoch wesentlich professioneller (siehe YouTube): Zwar attestiert sie Simon, dass er ein ungewöhnlich sensibler Mann sei – was, wie der Eifelphilosoph zuletzt berichtete, heute an Seltenheit fast schon der Begegnung mit einem Einhorn gleichkommt -, die Medusa behält sich jedoch vor, noch herauszufinden, ob Simon auch eine ausreichend „wilde und leidenschaftliche Seite“  vorzuweisen habe.

Diese Erwartung der Bachelorette sollte Simon dann auch zum Verhängnis werden. Denn in dieser Hinsicht konnte Simons Mitbewerber am freien Fleischmarkt, der stramme Michel, anscheinend einen höheren Score erzielen (siehe YouTube), obwohl letzterer von seinen Kommilitonen als gefühlskalt und als Pokerface charakterisiert wurde. Gemäß den eisernen Gesetzen der unsichtbaren Hand des darwinistischen Marktes war daher die Entscheidung der Bachelorette vorprogrammiert: Obwohl der sensible Simon bis zum Schluss in banger Erwartungshoffnung verblieb, musste sie ihm angesichts des strammen Michels bei Sonnenuntergang am Meer schließlich das Herz brechen und ihm den Laufpass geben. Was bleibt, ist ein perfekter, schmalztriefender Werbespot für den neoliberalen „survival of the fittest“: Ein bis über die Ohren grinsender Winner, der die Beute einkassiert und ein in Tränen aufgelöster Looser, der schauen kann, wo er bleibt und um den sich niemand mehr schert, während die Winner die Korken knallen lassen.

Dass der strahlende ‚Winner‘ nach wenigen Wochen ebenfalls ausrangiert wird und Platz für einen noch tolleren Hecht machen muss, wird tunlichst verschwiegen – auch, wieviele Scherbenkinder in solchen auf bloßen Sexappeal aufgebauten Sandburgen aufwachsen müssen.

–  f i n  –

Demnächst im Nachrichtenspiegel:

Teil 2: Die Grausamkeit der Männer – Wenn der Butchelor das Fleischmesser auspackt …

zum Thema passend siehe auch: „5000 Politiker-Penisse online – über Ashley Madison, das größte Tabu und die Anleitung zu Glück und Unglück“

—–

Epilog / Requiem für Simon:

„Gehe nicht oh Gregor, gehe nicht zum Abendtanz…
(ukrainisches Volkslied aus dem 17. Jahrhundert):

Text (Marusai Churai):

Gehe nicht, oh Gregor, gehe nicht zum Abendtanze.
Zauberische Mädchen folgen deinen Schritten dort.
Weiße Hand, wie Schnee braut dir Tee aus Zauberkräutern.
Trübt den Spiegel deiner Seele, wie der Wind den See

Dort ist auch die eine mit den schwarzen Augenbraun.
Glaube uns, oh Gregor, das ist eine Zauberin.
Ihre schmale Hand braut dir Tee aus Zauberkräutern.
Legt sich über deine Seele, wie der Herbst auf’s Land

Sonntag früh beim Glockenläuten grub sie aus das Kraut.
Schnitt es Montag, alle Sünden hexte sie hinein.
Holt‘ es Dienstag vor, kochte Zaubertrank aus Kräutern,
Mittwoch Nacht beim Reigentanze gab sie ihn Gregor.

Und am Tag darauf, am Tage war Greschenko tot.
Freitag kam voll Leid und Klage und beim Abendrot
trug man ihn zur Ruh, an der Grenze an der Straße.
Viele frommen Leute kamen, viele sahen zu.

Viele Knaben, viele Burschen, klagten um Gregor.
Böse Hexe, Zauberhexe, schwarze Zauberfrau.
Deine Augenbraun werden keinen mehr betören,
niemals wird ein zweiter Gregor deinen Künsten traun.

Die grausame Lüge der „freien Wahl“

Die grausame Lüge der "freien Wahl"

Dienstag, 24.6.2014, Eifel. Wir sind frei, ja? Ich meine: wir haben die Wahl, oder? Jedenfalls wird uns das gepredigt. Kolonnen von esoterisch angehauchten und philosophisch ungebildeten „Trainern“ und „Coaches“ hämmern uns dies ein. Wir hören das gerne. Warum? Es gibt uns ein Gefühl der MACHT. Wir haben ja die Wahl, wir sind SELBST verantwortlich für unser Schicksal. Hört sich ja auch gut an. Frei und stark. Vorbei die Zeiten wo die Ikonen der linken Philosophie von einem „in-die-Welt-geworfen-werden“ sprechen durften und klar war, dass man eigentlich was an den Verhältnissen ändern muss, in denen der Mensch eingebettet ist.

Der moderne Mensch jedoch – ist Gott. Endlich Gott geworden. Jedenfalls … hält er sich dafür.

Das ist neu. Sehr neu. Früher – als es noch keine Coaches und Trainer gab – flochten noch Nornen und Moiren an den Fäden des Schicksals, das als unentrinnbar empfunden wurde, Sokrates, der große Urgeist der Philosopie, hat uns durch seinen Schüler Platon mitteilen lassen, dass das ganze Leben vorbestimmt sei – anders konnte man sich das Chaos nicht erklären. Dem animistischen Modell, dass böse Geister in einer perfekten Welt für Unheil sorgen, wollte man sich nicht anschließen – man war Städter geworden und stolz darauf.

Freiheit … ja … Freiheit erträumte man sich später erst wieder – nach Imperialismus und Feudalismus. Zuvor regierte die Angst: Missernten rotteten ganze Landstriche auch. Die Pest besorgte den Rest. Was überlebte, schuftete als Leibeigener für den „Herrn“. Was man aber hatte: keinen Krebs. Nach einem dreissigjährigen Krieg war aber ein Befreiungsschlag unabwendbar – in ganz Europa begann es zu gären. Das ein Gott dies Drama ersonnen haben sollte, glaubten immer weniger – vor allem jene nicht, die wussten, wovon sie redeten. Das Kirche sich zum Instrument der Herrschenden hat machen lassen, wurde immer deutlicher, dass hier Weltbilder zu Unrecht im Auftrag des Adels verbreitet wurden, wurde immer klarer.

Es war die Rede vom Auszug des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit … damit war aber die Menschheit an sich gemeint, nicht das Individuum. Niemand wäre auf die Idee gekommen, zum Köhler in den Wald zu gehen und ihm zu sagen, er solle jetzt mal frei werden – und sich nicht mehr so dämlich anstellen.

Legt man Kant zugrunde, scheint es logisch zu sein, dass wir jetzt endlich frei sind. Die Kirche ist wieder im Dorf, der Adel scheint fort, die Pest ist ausgerottet, Kriege scheinen der Vergangenheit anzugehören: das Paradies scheint nah!

Endlich sind wir FREI und HABEN DIE WAHL – jeden morgen!

Mal abgesehen von … der Notwendigkeit des Trinkens. Des Essens. Der Wärme.

Ja – unser „Freiheit der Wahl-Philosophie“ funktioniert erst im Wohlstand. Vorher kann man das keinem verkaufen. Vorher ist „Freiheit“ auch ein sehr untergeordneter Wert. Durst, Hunger und Kälte zwingen den Unachtsamen schnell in die Knie. So etwas erlebt man nicht in den Etagenwohnungen mit fließend Wasser, Heizung und Kühlschrank. Darum gibt es ja auch „soziale Menschenrechte“ – dem Joch des Körpers muss man schon entkommen können, die Wahl beginnt erst nach dem Schlafen, dem Essen und dem Trinken … es sei denn, man will den frühen Tod.

Gehen wir einfach mal hinein in dieses tolle, moderne Leben der Wahlfreiheit. Ziehen Sie einfach hinaus in die Welt, stecken sich ihren Claim ab und beginnen Sie mit dem Aufbau ihrer Existenz, leben Sie den amerikanischen Traum!

Scheitert in Deutschland daran, dass alles Land schon vergeben ist. Kleinere Parzellen werden zwar noch gehandelt, aber da gibt es hohe Nutzungsauflagen – und Steuern, die man bezahlen muss. Landwirte können nur noch als Großindustrielle überleben, ansonsten werden sie von Steuern und Strompreisen aufgefressen. Ach ja – Trinken ist noch umsonst, aber Essen und vor allem Wärme sind sehr teuer. Im Wald zelten ist verboten, jagen dürfen dort nur die Reichen – wie früher. Sie brauchen also eine „Unterkunft“, die oft von vielen gewählte Freiheit der Eremitage gibt es in diesem Land nicht mehr.

Natürlich gibt ihnen der Staat etwas Geld, damit sie überhaupt überleben können. Jahrzehntelang war das auch selbstverständlich: man kann nicht gleichzeitig den Zugang zu allen natürlichen Ressourcen verbauen UND vom Menschen gelebte Freiheit verlangen – das ist geradezu pervers. Ein Sartre hätte das noch verstanden, im degenerierten Wunderland des Neoliberalismus ist das ein völlig fremder Gedankengang geworden: „Sozialromantik“ pur. Ja – das natürlich Existenzrecht des Menschen, sein Anspruch auf die existentiellen Güter des Planeten, die VÖLLIG UMSONST geliefert werden, gilt nicht mehr, ist dumme Träumerei: die Raubgesellschaft teilt die Menschheit wieder in Adel und Pöbel – und alle klatschen, weil: man hat ja die FREIE WAHL.

Zehn Jahre lang „schult“ der Staat die junge Generation. Früher gab es da klare Erziehungsziele: „Selbstverwirklichung in sozialer Verantwortung“ – man roch Werte wie „Demokratie“, „Gemeinschaft“, „Freiheit“, „Respekt“. Heute ist das anders. Der adelige Wehrmachtsoffizier Hartmut von Henting (der sich im Falle des Kindesmissbrauches an der Odenwaldschule ordentlich daneben benommen hatte) wird momentan in Ausbildungsseminaren für Lehrer zitiert. Ob das so ganz in seinem Sinne ist, mag ich nicht beurteilen, aber die Zitate können auch für sich sprechen, siehe „Studienseminar Koblenz„:

Da Pädagogen keine Menschen „machen“ und ihnen die Verbesserung der Welt weder aufgetragen noch möglich ist, müssen sie sich auch nicht mit Entwürfen einer anderen oder besseren gesellschaftlichen Ordnung abgeben. Sie haben den Auftrag, den jungen Menschen in die gewordene teils gewollte, teils ungewollte Kultur einzuführen, so dass er in ihr bestehen kann und sie nicht behindert oder beschädigt oder zerstört.

Zur Erläuterung: In „Studienseminaren“ werden Lehrer „erzogen“, die frisch von der Universität kommen. Das obige Zitat ist Satz drei in dem Vortrag und definiert so nebenbei die Auslegung der übrigen Sätze … unter denen wir ganz weit hinten auch noch die Schulgesetzgebung und die „Selbstverwirklichung in sozialer Verantwortung“ finden.

Das „Pädagogik“ eigentlich nur Sinn macht, wenn sie Menschen „macht“, dass die Investition des Steuerzahlers in „Schule“ einzig und allein der fortschreitenden Verbesserung der Welt durch Schulung der nächsten Generation gilt und sonst kaum zu verantworten ist, ist in Vergessenheit geraten. Der Mensch soll kritiklos in eine bestehende, offen als dysfunktional erklärte Kultur eingeführt werden – und zwar so, dass er sie nicht behindert, beschädigt oder zerstört: das ist ein Leitsatz für Arbeitsameisen.

Freie Wahl? Nicht gewünscht. Wollen Eltern sich diesem System entziehen, reagiert der Staat mit exekutiver Gewalt: die Bildung von alternativen Gesellschaften wird mit Waffengewalt unterbunden (siehe gestrigen Artikel) – obwohl man (wie Schopenhauer schon vermutete) eigentlich weiß, dass unterschiedliche Gesellschaftsmodelle im Nebeneinander ohne weiteres sehr fruchtbar sein können … und vor allem die Wahl überhaupt erst möglich machen!

Nach der Schule wird die Freiheit erstmal von Rechnungen diktiert – und das bleibt so bis ans Lebensende. Rechnungen für Wärme, Speise und Trank. Das gibt es nicht mehr „einfach so“, das gibt es „von jemandem“, „dem das gehört“. So unfrei war noch nie eine Gesellschaft vor uns …. doch diese Unfreiheit bemerkt man erst, wenn man aus der Konsumkultur vollständig heraustritt, sich in jene aussterbenden Kulturen begibt, die  – noch – anders leben können, drei Stunden am Tag arbeiten und 21 Stunden Spaß und Schlaf haben, indigene Kulturen, die uns vorleben, wie die Welt seit Anbeginn der Zeiten angedacht war … oder wie wir sie als Menschheit vorgefunden haben: mit sehr wenig sinnvoller und nicht entfremdeter Arbeit beherrschbar.

„Entfremdete Arbeit“? Inzwischen ein unbekanntes Wort. 99 % der Tätigkeiten in unserer Gesellschaft sind „entfremdet“, sogar Pflegetätigkeiten werden durch die Stopuhr so reglementiert, dass keine humane Beziehung zur Tätigkeit mehr aufkommt, „Dienstleistung“ ist da Zauberwort … und wieviel Freiheit in „Dienst“ ist, kann sich eigentlich jeder selbst denken. „Freiheit“ – ist Herrschaft. Auch Herrschaft über das eigene Leben. Was will ich anziehen? Was essen? Wie wohnen? Wie lang möchte ich meine Haare wachsen lassen, wie wild soll mein Bart sein, wie außerordentlich meine Kleidung?

Rektoren in Sonderschulen höre ich klagen, dass gerade jene Kinder bei ihnen landen, die den ausufernden Konformismus nicht mehr ertragen oder ihm entsprechen können. Ein Gegenbeispiel? Gehen sie mal auf ein Fest der „Rainbow Family„, auf ein „Gathering“ – und schauen sich an, wie frei dort die Mode ist: jeder zieht an, was ihm gefällt. Jeder ist ok mit dem, was er an hat – Schulungen in „Ich bin ok, Du bist ok“ braucht man dort nicht … das ist allgemeiner Grundkonsens. Gut, Alkohol und Nikotin sind dort nicht erwünscht, auch Waffen und raffinierten Zucker sieht man dort nicht gern – aber Heiterkeit, Gesang und gute Laune sind dafür gern gesehen. Schauen Sie sich die Reste der Hippiekultur an … und dann einfach mal Ruckzuck hinein ins konforme Gewühl einer deutschen Einkaufspassage: erkennen Sie den Unterschied?

Freiheit? Freie Wahl?

Gönnen Sie sich doch einfach mal eine ganz besondere Freiheit, die Freiheit auf körperliche Unversehrtheit, ein gewichtiges, naturgegebenes Menschenrecht: schneiden Sie sich nicht mehr die Haare. Denken Sie daran: lange Haare bei Männern sind Zeichen des Königtums (siehe Christus), nur der Sklave ist zur Schur verpflichtet. Ach – ist gar nicht mehr bekannt? In Haaren liegt Zaubermacht – alte biblische Geschichte. Auch die Germanen, Kelten, Franken und Wikinger sahen dass so. Die Indianer erst recht … und nach einem Märchen bei Sott.net (Wissenschaft des Geistes, „Die Wahrheit über Haare und warum Indianer ihr Haar lang trugen“) brauchen Menschen diese langen Haare, die wie Antennen die Wahrnehmung verfeinern.

Gut, ich möchte sie nicht überfordern. Bleiben wir bei der zweiten Haut des Menschen – der Kleidung. Sie sind frei – also: ziehen Sie doch morgen mal an was sie wollen! Fesch sehen zum Beispiel die Uniformen napoleonischer Husaren aus. Klassisch ist die gediegene Toga – über Jahrtausende hinweg ein Vorbild für Stil und Eleganz. Oder einfach mal … gar nichts, außer Tatoo – und vielleicht ein winziges Schürzchen. Ist ebenfalls seit Jahrtausenden der Hit. 5000 Jahre Kleidungsgeschichte stehen uns zur freien Verfügung! Aber was sehe ich in den Supermärkten der Stadt? Na?

Einfach mal selber schauen.

Freie Wahl der Nahrung? Es sind eine Hand voll Konzerne, die unsere Nahrungsversorung kontrollieren. Was an Zusatzstoffen drin ist, was sie bewirken, weiß kein Mensch. Als „Insider“ kann ich Ihnen sagen: das gilt auch für die Zusatzstoffe in Medikamenten – habe ich gelernt bei Dr. med. Arno Heinen. Was an Giften in Nahrung, Wasser und Luft seit der Geburt wirkt, merken wir an den rapide ansteigenden Krebsraten – und an dem rapiden Anstieg aller möglichen Arten von Krankheit.

Gehen wir weiter. „Freie Wahl“ wird gesucht. Gehen wir über zur Dritten Sphäre räumlicher Existenz: dem Wohnraum. Es gibt hunderttausend spannende, kreative, lebendige und beflügelnde architektonische Entwürfe für Wohnraum – vom Baumhaus über den Zigeunerwagen bis hin zum Traumschloß … jetzt lassen Sie ihrer Phantasie mal freien Lauf und denken sich ihr eigenes Traumhaus aus! Gut – Sie haben gar kein Grundstück. Das ist doof – aber das ignorieren wir mal. Sie haben auch kein Geld – das ignorieren wir auch mal … sie scheitern nämlich schon an den Bauvorschriften. Jedenfalls in Deutschland – in den USA sieht das noch anders aus.

Was bleibt übrig von der freien Wahl?

Die Pippi-Langstumpf-Methode: ich denke mir die Welt, wie sie mir gefällt. „Neuro-linguistische Programmierung“ ist hier das Zauberwort, die Techniken sind aber schon im klassischen Wohlstandssatanismus bekannt und wurden intensiv im Kommunismus und Nationalsozialismus angewandt: man wiederholt eine Botschaft so lange und kritiklos, bis sie das ganze Bewusstsein erfüllt: „Ich bin glücklich, mir geht es gut, ich bin frei!“. Tag für Tag, Stunde für Stunde, Minute für Minute – ein religiöses Mantra. Mönche kennen so etwas auch, die Technik ist in Wirklichkeit tausende von Jahren alt und dient der Konzentration auf Gott … bzw. der gezielten Konditionierung des Denkens an sich. Mit „Freiheit“ hat dies nichts zu tun – eher mit der Erzeugung von biologischen Robotern.

Das kann übrigens Glücksgefühle produzieren – keine Frage.

Gleichzeitig erzeugt es aber eine völlige Ignoranz von allem, was dem Mantra entgegensteht: wie im Wahn wird „Realität“ ausgeblendet … jene Realität, die gerade uns moderne Menschen einen schauerlichen Rahmen vorgibt: Massenvernichtungswaffen, Massenvernichtungslager, Massenverblödungsmedien. Aus Mitleid wird alternativlos „Sozialromantik“: der so konditionierte Mensch braucht diese Sicht, weil er durch die Konditionierung den Anderen schon gar nicht mehr sehen kann … geschweige denn mit ihm leiden – oder ihm helfen. Er wird nicht nur von „Arbeit“ entfremdet, sondern in der nächsten Stufe sogar von der Menschlichkeit selbst. Einbildung durch einhämmern von Glaubenssätzen („mir geht es gut, ich fühl mich wohl, ich bin soooo frei!“) ersetzt Bildung. Was sagt man dazu im Lehrerseminar: „Maßstab ist weniger ein definierter Moralkodex, sondern Kriterien des Miteinander-Auskommens“.

Oder: konfliktscheue Anpassung an das, was man so vorfindet, in das man – nach Sartre – so „hineingeworfen“ wurde.

Haare, Kleidung, Wohnung … hatten wir schon. Alles streng genormt und vorgegeben. Jetzt kommen wir … zum DENKEN.

Wie frei sind Sie im Denken?

So unfrei wie nie zuvor. Die Gedanken sind nicht mehr frei – und äußern darf man sie schon gar nicht mehr. Erzählen Sie doch einfach mal Ihrem Nachbarn vor Ihrer UFO-Sichtung letzter Woche! Keine Scheu: solche Beobachtung begleiten die ganze Geschichte der bekannten Menschheit. Oder davon, wie sie Christus getroffen haben! Buddha geht auch! Oder wie sie dem grenzenlosen Nichts in der ZEN-Meditation begegnet sind – und seine Liebe gespürt haben!

Schon Angst bekommen? Noch Bombergeneral Harris hang dem uralten Feenglauben der britischen Inseln an – ist noch nicht so lange her, dass das Bestandteil normaler Alltagskultur war.

Gehen Sie mal zu Ihrem Nachbarn und erzählen Sie ihm, dass Sie an der Verschwörungstherorie der US-Regierung zu den Anschlägen vom 11.9.2001 zweifeln, wonach Osama und seine 19 Räuber die gesamte Verteidigung der mächtigsten Nation der Erde mit Teppichmessern unterwandert haben … und gerade der Ausweis des Hauptverdächtigen eine Explosion überstand, die ein gigantisches Hochhaus zum Einsturz brachte. Zufällig landete gerade dieser Ausweis vor den Füßen eines Regierungsbeamten – um nur eine von hundert Ungereimtheiten dieses Anschlags zu nennen, dessen offizielle Erklärung wir schon aus rein wissenschaftlicher Sicht ablehen müssen: zu viele Hypothesen.

Kommt jetzt langsam Panik auf? Gehen Sie mit dieser Geschichte mal auf den Marktplatz und erzählen sie vor vielen Leuten – dies ist ein freies Land, Rede und Denken sind frei! Na – noch Freiwillige übrig für diese Experiment?

Ja – ein paar. Die lassen gerade als „Montagsdemos“ den Hass von Rechts und Links über sich ergehen, weil sie … nonkonforme Gedanken äußern. Ja – das ist der kleinste gemeinsame ideologische Nenner der sogenannten „Spinner“ – sie äußern nonkonforme Gedanken. Nicht alle sind von hinreichender Qualität …. aber nonkonforme Gedanken haben in der Regel weder soviel Zeit zu wachsen, noch einen ganzen Planungsstab, der sie ausformuliert.

Zwang und Konformismus bis ins Innerste hinein: aber wir tanzen dazu mit dem fröhlichen Lied der Freiheit auf den Lippen … eine Lied, dass wir auch den Insassen von Auschwitz, den Opfern von Hiroshima oder den Toten von nine-eleven vorsingen: ihr hattet die FREIE WAHL.

Das ist schön bequem …. denn dadurch sind sie nicht nut tot (oder im Elend), sondern auch noch selbst Schuld, d.h.: man kann diese Opfer zurecht völlig vergessen … und ist dadurch mit einem Schlag auch die Notleidenden der eigenen Kultur los.

Was für ein Paradies …. für Egomanen und Soziopathen.

Gut, dass allein schon Elternschaft vor diesem Wahn schützt … da wird man schnell mit allen Normen konfrontiert, die von einem erwartet werden – und deren Nichterfüllung sofortige Konsequenzen hat … bis hin zum Kindesentzug.

Schade nur, dass immer wenige Menschen Eltern werden … in dieser ach so freien Welt. Aber das ist eine Bedingung, um den Wahn von der freien Wahl noch leben zu können.

Krank, arm, alt, einsam? Liegt im Rahmen der „Tun-Ergehens“-Philosophie des nordamerikanischen Protestantismus allein im Bereich der Selbstverantwortung des Individuums! Der „gute“ Mensch ist ewig reich, ewig gesund, ewig jung und immer überall hoch beliebt … bis die Realität ihn einholt und er merkt, dass er doch kein Gott war.

So bleibt am Ende ziemlich wenig Freiheit übrig … und ich habe noch nicht einmal angefangen, über die Zwänge der Seele zu spreche, über familiäre Muster, die sich Wege bahnen, über archaische Instinkte, die nach Herrschaft gieren – und über dunkle Gefühle, die sich Bahn brechen wollen.

Aber wir wollen heute die Selbstherrlichkeit der Wohlstandsblasen nicht zu tief erschüttern, ihr träumerischer Wahn vom völlig selbstbestimmten, freien Leben ist ja sowieso nur für ein Prozent der Menschheit lebbar: für Reiche.

Und davon hat Deutschland immer mehr, die sich gerne aus der Verantwortung für ihre Mitmenschen stehlen wollen, nachdem sie deren Leistung gerne mitgenommen haben: dazu ist die Lüge der „freien Wahl“ allerdings sehr nützlich.

Nur – den „Verlierern“ gegenüber ist sie sehr grausam, gemein, hinterhältig …. und zudem zutiefst FALSCH.

 

 

 

 

 

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