Graswurzeljournalismus

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Wie der „Nachrichtenspiegel“ durch „Leitmedien“ zerstört wurde – in eigener Sache

eifelphilosoph_200

eifelphilosoph_200Montag, 29.9.2014. Guten Morgen lieber Leser! Wir schreiben ja selten in eigener Sache. Gelegentlich verabschieden wir uns mal, weil der Wind zu rauh wird, die Belastung zu groß, das Miteinander zu unterträglich. Nein – das betrifft nicht die beiden Motoren und Inhaber des Nachrichtenspiegels (Herrn Werner Menne und meine Wenigkeit), die funktionieren perfekt wie ein altes Ehepaar … das betraf eher permant dauernörgelnde Gastautoren, von denen uns manche rechtsextremen Mist unterschieben wollten. Wir müssen uns auch früher verabschieden als sich das Ende wirklich realisiert , denn wenn es erstmal da ist, sehen Sie hier nur noch „Error 404“.

Es gibt uns jetzt über vier Jahre – seit dem Juli 2010. Zuschauer zählen wir erst seit Ende 2011: 6841389 Zuschauer seit dem 09.12.2011 12:00 (glaube persönlich immer noch: da muss ein Irrtum vorliegen, kann aber sein, dass ich mich da irre). Vier Jahre lang kümmern wir uns um eine kritische Spiegelung systemtreuer Medien und wählen hierzu keinen journalistischen, sondern einen philosophischen Weg: dieser ist unangreifbarer und kommt unseren Ressourcen sehr entgegen. Wir sind Teil einer kritischen Gegenöffentlichkeit geworden, veröffentlichen so zuverlässig wie deutsche Leitmedien, alle zwei – drei Tage gibt es allein von mir neue und lange Gedankengänge zum Weltgeschehen, das ich manchmal sogar einfach mal so vorwegnehme, bis es andere merken.

Mir macht es nichts aus, im Prinzip könnte ich diese Gedanken auch in ein Tagebuch schreiben, um später mal ein Buch daraus zu machen: nur erlauben mir die Umstände, (meine Erkrankungen plus die Technik), andere Menschen an diesen Gedanken teilhaben zu lassen – mit erstaunlichem Erfolg: haben Sie schon mal gesehen, wie konstruktiv das Miteinander hier ist? Sie können zu jedem meiner Artikel bedenkenlos ALLE Leserkommentare lesen, sie ergänzen die Gedanken oft durch weitere Informationen, zusätzliche Sichtweisen oder persönliche Erfahrungen: das ist schon ein Miteinander, wie es an einer Universität herrschen soll – mich begeistert das immer wieder. Nur sehr selten (vielleicht zweimal im Monat) kommen Hassbriefchen an, nach dem Motto „ihr seid sowieso alle doof weil ihr nicht meiner Meinung seid“ – je weiter wir von der Meinung des Schreibers abweichen, umso größer ist der Hass. Manchmal haben diese Ergüsse aber auch überhaupt keinen Inhalt.

Es ist schön zu sehen, wie dieser Ort gewachsen ist (und weiter wächst), schön zu sehen, wie die Menschen hier miteinander an einer neuen Zukunft arbeiten.

Natürlich gibt es Irritationen – und manchmal verabschieden sich lieb gewonnene Menschen aus merkwürdigen Gründen. Einer war, dass ich eine kleine Rente bekomme: dass war für Menschen, die von Hartz IV leben, unerträglich – ich hatte nicht den richtigen Stallgeruch, war der Aufnahme in den Kreis der Hartz-Opfer nicht würdig genug, gehörte zu den anderen, den „Reichen“. Das ich aufgrund meines gesellschaftlichen Status niemals in den Genuss einer staatlichen Förderung kommen werde, niemals ein Stellenangebot erhalten werde sondern mit 45 Jahren schon auf den sozialen Sondermüll geschmissen wurde und einer sehr bitteren Altersarmut entgegengehe, wird nicht gesehen. Nun – mich rührt das auch nicht sonderlich an, ich merke immer häufiger, wie wenig ich eigentlich brauche – und das macht mich wirklich sehr reich.

Es gehen auch Menschen, weil ich nebenbei erwähnte, dass ich in einer Genossenschaft mitarbeite: man geht davon aus, dass wohlklingende Titel wohlklingende Münzen mit sich bringen. Weit gefehlt: wie leben im 21. Jahrhundert – wer das System verändern möchte, praktisch verändern, der muss selbst investieren, ohne mit ordentlichem „Cashflow“ zu rechnen. Hier ist Pionierarbeit gefragt, die keiner bezahlt – eher drohen Kosten. Diese Form von „Unternehmertum“ ist manchen Menschen aber auch so unheimlich – gerade jenen, deren Widerstand gegen die Verhältnisse sich in stereotypen Klagen über die böse Welt erschöpfen. Nun – ich will sie nicht verurteilen: sie haben sich noch nie als Schöpfer ihrer gesellschaftlichen Zustände erfahren dürfen, sind schon von klein auf auf Gehorsam und „gute Noten“ geprägt worden – wie soll da Widerstandsgeist erwachsen, der aus der Opferrolle herausführen kann?

Ja – und dann habe ich jetzt auch ein erstes Buch geschrieben, da muss ich ja jetzt so reich sein, den Nachrichtenspiegel allein finanzieren zu können. Nun – auch hier gibt es einen Irrtum: die Kostenkalkulation ist so gestaltet, dass der Gewinn sehr niedrig ist – wenn es überhaupt einen gibt. Das Buch ist erstmal eine Serviceleistung für treue Leser, Licht am Horizont sehen wir vielleicht erst in einigen Jahren – oder überhaupt nicht.

Jenseits der sich selbst gebärenden Mythen ist die nackte Wahrheit, dass die Initatoren des Nachrichtenspiegels unentgeldlich und ehrenamtlich arbeiten – mit hohem persönlichen Risiko.

Und das hat jetzt zugeschlagen:

Sie begehen Rufschädigung. Ich fordere Sie hiermit auf, umgehend Ihren Text
"Armut in Deutschland: Unfreiheit, Ungleichheit, Unbrüderlichkeit ...vom 24.
September 2014 zu korrigieren und den Namen Fachhochschule Köln daraus zu
entfernen. Die Fachhochschule Köln bildet keine PolizeianwärterInnen aus und
daher kann es in der Fachhochschule Köln auch nicht zu den von Ihnen
geschilderten Übergriff gegen eine Polizeianwärterin gekommen sein. 
Hakenkreuz, rechte Parolen und offener Rassismus trifft für die Fachhochschule
Köln ebenfalls nicht zu.

Ich erwarte zeitnah eine Rückmeldung, dass Sie den Text entfernen oder
korrigieren. Ansonsten behält sich die Hochschule vor, juristische Schritte
gegen Sie einzuleiten.

mit freundlichen Grüßen
Petra Schmidt-Bentum

Interessant: die Fachhochschule Köln liest den Nachrichtenspiegel. Freundlich: sie haben noch keine Abmahnung geschickt. Klar – liegt die erste Rechnung auf dem Tisch, können wir den Laden hier zumachen: unsere Bonität ist nicht so berauschend. Wir proben schon jetzt für die Altersarmut.

Was war aber der Anlaß dieses Schreibens? Ich hatte in dem oben genannten Artikel wortwörtlich meine alte Lieblingszeitung zitiert: die WAZ, die heute „Der Westen“ heißt. Was ich nicht getan habe: recherchiert, ob das auch stimmt.

So, wie wir aufgestellt sind, so, wie wir arbeiten, kann das auch nicht unser Job sein: dafür fehlen uns Menschen, Zeit, Material, Zugänge oder schlicht … GELD. Wir können eine kritische Reflexion der Nachrichtenflut der Leitmedien leisten bzw. uns nach unseren Möglichkeiten daran beteiligen, haben aber kaum Ressourcen, jede kleine Detailinformation auch noch auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen – erst recht nicht jene, die für den Fortgang der Erzählung unwichtig sind (wo genau die rechtslastigen Polizeianwärter ausgebildet werden, spielt hier nur eine sehr untergeordnete Rolle.

Nun – Sie können diese Zeilen noch lesen – weil Frau Petra Schmidt-Bentum vom Hochschulreferat Kommunikation und Marketing/Team Presse und Öffentlichkeitsarbeit nicht sofort eine kostenpflichtige Abmahnung geschickt hat. Natürlich haben wir auch umgehend reagiert: Rufmord ist nicht unser Ding.

Sehr geehrte Frau Schmidt-Bentum,

offensichtlich ist der Fehler der WAZ und der DPA unterlaufen, die keinen
Unterschied zwischen der "Fachhochschule Köln" und der "Fachhochschule für
öffentliche Verwaltung Gelsenkirchen, Standort Köln" machen. Wir - bzw. der
Autor des Artikels, sind davon ausgegangen, daß eine großen Zeitung und evtl.
auch die Deutschen Presseagentur als Originalquelle, etwas sorgfältiger
recherchieren und haben nur einen bestehenden Artikel zitiert.
 
Der Fehler ist bei uns korrigiert, bitte wenden Sie sich nun an die Quelle:
http://www.derwesten.de/politik/nazi-skandal-bei-der-polizei-30-anwaerter-geben-handys-ab-id9810903.html.


Wir danken Ihnen für den Hinweis.

Ich hoffe, daß Sie sich trotzdem mit der Intention des Artikels identifizieren
können und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Werner Menne
Redaktion nachrichtenspiegel.de

In der Tat bin ich davon ausgegangen, dass ich der alten WAZ trauen darf. In der Tat möchte ich die Fachhochschule Köln persönlich um Entschuldigung bitten für diese – ungewollte – Verbreitung einer Falschinformation. So etwas sollte nicht vorkommen – nicht bei uns, die wir einer gewissen ethischen Verpflichtung unterliegen, aber erst recht nicht bei Menschen, die fürstlich dafür bezahlt werden, dass sie solche Informationen in der Öffentlichkeit verbreiten. In der Tat möchte ich mich auch persönlich bei Frau Schmidt-Bentum bedanken, dass Sie nicht sofort kostenpflichtige Schritte eingeleitet hat – die uns an den Rand unserer Möglichkeiten gebracht hätten (obwohl viele scheinbar der Meinung sind, wir schwämmen in Geld).

Natürlich muss man ein Auge darauf haben, wie die aktuelle Situation der Medien ist: die Redaktionen der Leitmedien sind voller Volontäre und Praktikanten. Zählen Sie mal allein die Rechtschreibfehler jener Leute, die in einem ruhigen Büro arbeiten dürfen – mit Rechtschreibprogramm (während ich im tosenden Kinderlärm vor mich hintippte, gesegnet mit der Arbeitsbelastung eines – in seiner Beweglichkeit aus gesundheitlichen Gründen sehr eingeschränkten – allein erziehenden Vaters): ich finde da täglich peinliche Beispiele (bei mir auch – aber hier kenne ich auch die Umstände …. und halte die Fehler deshalb für verzeihlich). Fortlaufende Entlassungen in diesem Sektor (unlängst bei der altehrwürdigen FAZ angeküngt: 22 % der Gesamtbelegschaft wird entlassen, siehe Handelsblatt) machen sich irgendwann bei der Qualität bemerkbar, Zeitdruck ebenso.

Nur – wie sollen wir das als kleines Nachdenkmagazin ausgleichen? Ist es wirklich soweit, dass wir jede kleinste, zitierte Information selbst auf den Wahrheitsgehalt überprüfen müssen?

Dann müssen wir das Schreiben einstellen.

Ist schlichtweg nicht leistbar.

Nein, darüber wird auch nicht diskutiert, sobald wir uns diesem Anspruch auch noch stellen müssen, ist der Laden dicht.

Wir müssen schon genug in Frage stellen – und wie es aussieht wird es auch immer mehr. Ausnahmsweise möchte ich mal den Koop-Verlag zitieren:

Massenpanik bei den Massenmedien. Nirgendwo findet sich bislang auch nur eine einzige Rezension des äußerst brisanten neuen Bestsellers »Gekaufte Journalisten«, das nicht auf Vermutungen beruht, sondern sauber recherchiert belegt, wie es um die Meinungsfreiheit der deutschen Medien wirklich steht. Lesen Sie nachfolgend, was gerade hinter den Kulissen passiert. Und kopieren Sie diesen Artikel und posten Sie ihn in allen sozialen Netzwerken. Verstärken Sie den Druck auf jene, die nicht enttarnt werden wollen.

Tja – hätte mich nicht einer unsere kooperativen Leser darauf hingewiesen – ich hätte das auch nicht bemerkt. Ich möchte hier auch dem Wunsch des Koop-Verlages nachgeben und etwas Reklame machen:

Der Journalist Udo Ulfkotte schämt sich heute dafür, dass er 17 Jahre für die Frankfurter Allgemeine Zeitung gearbeitet hat. Bevor der Autor die geheimen Netzwerke der Macht enthüllt, übt er konsequent Selbstkritik. Er dokumentiert hier zum ersten Mal, wie er für seine Berichterstattung in der FAZ geschmiert und die Korruption gefördert wurde. Und er enthüllt, warum Meinungsführer tendenziös berichten und wie der verlängerte Arm der NATO-Pressestelle Kriege medial vorbereitet. Wie selbstverständlich wurde auch der Autor in die Netzwerke amerikanischer Eliteorganisationen aufgenommen, erhielt im Gegenzug für positive Berichterstattung in den USA sogar eine Ehrenbürgerurkunde.

In diesem Buch erfahren Sie, in welchen Lobbyorganisationen welche Journalisten vertreten sind. Der Autor nennt Hunderte Namen und blickt auch hinter die Kulissen jener Organisationen, welche unsere Medien propagandistisch einseitig beeinflussen, etwa: Atlantik-Brücke, Trilaterale Kommission, German Marshall Fund, American Council on Germany, American Academy, Aspen Institute und Institut für Europäische Politik. Enthüllt werden zudem die geheimdienstlichen Hintergründe zu Lobbygruppen, die Propagandatechniken und die Formulare, mit denen man etwa bei der US-Botschaft Fördergelder für Projekte zur gezielten Beeinflussung der öffentlichen Meinung in Deutschland abrufen kann.

Können Sie sich vorstellen, dass Geheimdienstmitarbeiter in Redaktionen Texte verfassen, welche dann im redaktionellen Teil unter den Namen bekannter Journalisten veröffentlicht werden? Wissen Sie, welche Journalisten welcher Medien für ihre Berichterstattung geschmiert wurden? Und haben Sie eine ungefähre Vorstellung davon, wie renommierte »Journalistenpreise« vergeben werden? Da geht es im Hintergrund zu wie bei den einstigen Ehrungen der »Helden der Arbeit« in der früheren DDR – da wird Propagandaarbeit ausgezeichnet.

Also …. JA – ich kann mir das vorstellen. Ich kann mir sogar die seltsame Gleichschaltung der Leitmedien bei den Themen Arbeitslose, Ukraine oder US-Kriege kaum noch anders vorstellen – insofern finde ich es schön, dass sich mal ein Insider mit Fakten herausgetraut hat.

Aber – darf ich das hier überhaupt zitieren? Droht hier nicht die nächste Abmahnungsgefahr … gerade seitens der „Leitmedien“, die schon die Existenz dieses Buches ignorieren? Haben wir nicht morgen eine Unterlasssungsklage der Atlantik-Brücke am Hals, weil das Zitat andeutet, sie könnten Journalisten geschmiert haben?

Warum das lange Koop-Zitat?

Weil es jenen Hintergrund journalistischen Treibens beschreibt, den wir hier lange ahnen und der für uns Grund und Anlass ist, weiter zu arbeiten: mit den Mitteln, die wir haben – dem Denken, den Fragen die sich daraus ergeben und den Schlussfolgerungen, die daraus möglich sind. Bis die Bücher soviel einbringen, dass wir die Erträge einer (erstmal kostenintensiven) Stiftung zuführen können, um damit den Webauftritt erhalten zu können, wird es noch eine Zeit lang dauern. Solange machen wir noch ein wenig Werbung dafür, ja?

 

Und bis dahin tanzen wir weiterhin auf einem Vulkan, der jederzeit ausbrechen kann. Und ich finde, dass sollte mal gesagt werden: stellvertretend auch für die anderen, die dieses Nachdenkmagazin mit Leben füllen.

 

 

 

Nachrichtenspiegel-online, der Eifelphilosoph und das Fernsehen: über Blogger und Journalisten

Ich bin – persönlich – gerührt und dankbar für die Einladung von  Medienvertretern, persönlich im Fernsehen auftreten zu sollen … erst recht wenn es der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist.  Dankbar vor allem, weil es mich dazu genötigt hat, mir wieder einmal grundsätzliche Gedanken zu machen über unser Bloggermagazin und welche Stellung wir eigentlich in der Welt einnehmen sollten.

Sinn des Nachrichtenspiegel-online ist, eine Reflexion von  Nachrichten vorzunehmen. Ich persönlich ziehe einen großen Nutzen aus „alternativen“ Medien. Ich folge nicht sklavisch den Verschwörungstheorien, die dort kursieren, nehme aber ihre Gedankenansätze interessiert wahr, weil ich mir über die Unfreiheit des klassischen Journalismus in der Welt der Korporatokratie im Klaren bin, nur halt nicht im jeden Moment berechnen kann, welche Rücksicht bei der Formulierung der Nachricht gerade genommen wurde oder in welche Richtung mich der Lotse gerne schicken würde. Ich selbst würde dort wohl auch nicht freier schreiben – weiß aber andererseits auch, das die Formulierung alternativer Positionen zur eigenen politischen Willensbildung wichtig ist.

Im Rahmen von Managerschulungen habe ich sogar mal die Nützlichkeit von „Tarotkarten“ und ihren Legesystemen in dieser Hinsicht herausgestellt … nicht, das die dort gelegten differenzierten Informationsmuster die Zukunft oder verborgene Wahrheiten enthüllen – aber sie fordern einen selbst zu einer deutlichen Stellungnahme heraus … zu einer deutlichen begründeten Absage zu den angedeuteten Tendenzen hinsichtlich der Entwicklung der Gesellschaft, des eigenen Lebens und der politischen Wirklichkeit oder aber zu einer begründeten Zustimmung.

Insofern bleibe ich auch relativ ungerührt durch Nachrichten, die weit über den Tellerrand hinausgehen, horche aber in diesem Bereich gerne hinein, weil UFO-Nazis in der Antarktis einen gedanklich genauso herausfordern wie die willkürlichen Legemuster von Tarotsystemen.

Geschult in den Gedankenwelten des Rationalismus (der angeblich die Grundlage unserer westlichen Zivilisation ist) kenne ich die Begrenztheit dieses Systems – das sich ansonsten als unbegrenzt wahrheitsfindend präsentiert – sehr gut, ebenso wie die Möglichkeit, dieses System jeder beliebigen Wahrheit unterzuordnen.

Rational kann ich die Existenz von Totengeistern in Bielefeld ebenso beweisen wie die Tatsache, das es diese Stadt gar nicht gibt.

„Verschwörungstheorien“ als solche spielen gerade mit dieser Schwäche des Rationalismus, der nämlich einfach als solcher wirklich alles beweisen kann – auch die UFO-Nazis in der Arktis, die ja nicht als empirische Beobachtung in den Geschichtenkreis der Welt getreten sind sondern als rationale Schlußfolgerung (mit großen Fehlern in der Beweisführung, nebenbei bemerkt – was bei „Nazi-Ufos“ nicht weiter verwundern sollte).

Darum ist der Leitfaden der Wirtschaft – „even the worsest case“ – (eine Frage, der man sich im Prinzip als Bürger bei jeder Kreditaufnahme stellen muß oder von der Bank gestellt kriegen sollte) auch im Nachrichtengeschäft sinnvoll angewendet, zumal der nachrichtenverzerrende Charakter resultierend aus der umfangreich nötigen Rücksichtnahmen bekannt ist und gerade jetzt durch Wikileaks besonders an die Oberfläche und ins Bewusstsein tritt – einfach  nur weil die umfängliche Rücksichtnahme  hier mal ausgelassen wurde.

Die Blogger, die sich hier in diesem Bloggermagazin versammelt haben, sind sich – so mein Eindruck – dieser Tatsache bewußt. Wir kennen uns kaum persönlich und waren weitgehend auch die Anonymität untereinander, wir sind mit Sicherheit politisch nicht einer Meinung noch eignen wir uns persönlich dazu, brüderlich grölend durch Innenstädte zu ziehen, aber wir haben eine erkennbare Gemeinsamkeit: eine kritische Distanz zu den Informationen des bezahlten Medienbetriebs.

Würden wir bereit stehen, im Fernsehen oder Zeitungen aufzutreten und in Folge persönlichen Kontakt zu den Menschen zu knüpfen, deren Nachrichten wir kritisch spiegeln, so würde das unsere Perspektive automatisch verzerren. Im Rahmen der Pharmaindustrie habe ich gelernt, das der persönliche Kontakt das entscheidende Instrument zur Manipulation von Ärzten ist – nicht nur die geschönte Botschaft. Aus diesen Gründen wäre für uns als Blogger der „Bundespresseball“ und ebenso alle anderen gesellschaftlich einbindenden (und in letzter Konsequenz verpflichtenden) Auftritte Gift für unseren Job, den wir nur dann gut machen können, wenn wir selber so weit draußen wie möglich bleiben. Insofern – um bei dem Beispiel zu bleiben – sind wir wie jene (selten anzutreffenden) Ärzte, die jeden Kontakt zu Pharmareferenten ablehnen, um ihre Unabhängigkeit absolut sicher zu stellen.

Und darum wird es einen „Eifelphilosophen“ nie im Fernsehen geben dürfen – würde man ihn dort sehen, wäre er sofort sinnlos.

„Wer zahlt, befiehlt“ … und wer mich einlädt, Flug, Unterkunft und Essen bezahlt, könnte auf die Idee kommen, mir Sichtweisen nahezulegen, die ihm selber nützen. Und ich als Mensch könnte – aus rein menschlichen Gründen – auf die Idee kommen, mich durch eine gewisse Gewogenheit dem edlen (und gutmeinenden) Spender gegenüber unkritischer zu verhalten.

Das darf nicht geschehen.

Aus den gleichen Gründen habe ich persönlich alle Kontakte zu Menschen einschlafen lassen, die im Medienbereich tätig sind – und achte auf begrenzte Anonymität, um nicht zufällig wiedergefunden zu werden. Die Rolle „Eifelphilosoph“ ist nicht kompatibel zu anderen Rollen – und sich absichtlich in Rollenkonflikte zu stürzen, bringt nur Magenschmerzen und keinen Nutzen.

Die geringen Kosten des Mediums Internet erlauben eine solche – arrogante – Haltung, die sich Menschen, die von dem Geschäft leben müssen, nicht leisten können. Letzteres darf – nebenbei bemerkt – aber nicht zu einer Verurteilung der Sold-Journalisten führen. Blogger – und andere „Graswurzel“- und „Bürgerjournalisten“ liefern nicht automatisch bessere Nachrichten. Sie können sich eine kritischere Distanz zu gelieferten Nachrichten erlauben, die dem journalistischen Söldner als Preis für die gute finanzielle Versorgung und den professionelleren Zugang zu Informationen abhanden gekommen ist.

Um sich diese kritische Distanz erlauben zu können, muß man diszipliniert Abstand wahren – von der Verführbarkeit durch Ruhm, Anerkennung, Ehre, Geld und „Quote“, denn das hat uns schon genug Unfug beschehrt – „wetten dass“?

Was dem Soldjournalisten vielleicht helfen könnte (und die Bloggerei nicht mehr als Bedrohung für den Job erscheinen läßt), ist die Vorstellung, das dieser Ort hier (wie andere auch) der Ort für unzensierte Leserbriefe ist – und somit ein Ort, an dem man authentischen Bürgern bei der Meinungsbildung zuschauen und sehen kann, was man mit seinen eigenen Nachrichten so anrichtet.

Insofern – sind wir eine logische Fortentwicklung der Nachrichtenwelt. Der reitende Barde wurde auch irgendwann überflüssig, als man vom Nachbarn durch die Zeitung erfahren konnte, was beim Fürsten nebenan so los war.  Der Barde selbst – der dadurch eine Festanstellung bekam, die ihm erlaubte, witterungsunabhängig zu arbeiten – war über die Entwicklung sicher nicht traurig. Hier … organisieren sich die Leser von Nachrichten – und ich möchte an dieser Stelle vor einer Entwicklung warnen, die sich mancherorts abzeichnet und in politischen Bloggern eine Konkurrenz sieht. Diese Entwicklung würde letztlich dazu führen, das man eine Zeitung noch kaufen (für sehr viel mehr Geld als bisher, wenn ich die Ansprüche des „Qualitätsjournalismus“ ernst nehme) aber auf gar keinen Fall mehr lesen soll – geschweige denn sich über das Gelesene Gedanken machen und darüber mit dem Nachbarn reden. In letzter Konsequenz … wäre dann auch der „Qualitätsjournalismus“ überflüssig und man könnte gewünschte Wahrheiten gleich durch das Innenministerium und die „Experten“ anordnen lassen, um ganz sicher zu gehen, das kein „geistiges Eigentum“ unrechtmäßig verteilt wird.

Wer das möchte … wird den Jugendmedienschutzstaatsvertrag als Waffe gegen die Leser mißbrauchen und so die demokratische Zivilgesellschaft weiter untergraben. Und er wird Wikileaks mit Gewalt ausrotten wollen … was ja – überraschenderweise (?) –  auch gerade passiert. Und weil das Folgen für alle hätte, findet man diesen Beitrag in der Kategorie „Politik“ und nicht in der Kategorie „Medien“.

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