Donnerstag, 3. Januar 2013. Persönlich mag ich dieses Jahr schon jetzt nicht. Telefon kaputt, Wasserrohrbruch, Auto stottert und der Computer fährt nicht hoch. Sollte es also in den nächsten Monaten ein wenig ruhiger um mich werden: keine Sorge, ich spare nur für mehr Technik. Schlimmer noch ist die Augenwischerei bei der Bewältigung der amerikanischen Fiskalklippe: nichts ist bewältigt – und die Tatsache, das die Schulden der USA explodieren, wird klammheimlich unter den Tisch fallen gelassen. Am 7.7.2011 meldete die Welt eine Rekordverschuldung von 14 Billionen Dollar. 18 Monate später sind es 2000 Milliarden Dollar mehr, Tendenz: explodierend. Maßnahmen dagegen? Schuldenobergrenze erhöhen. Resultat: Aktienmärkte explodieren, weil jeder für sein bald wertloses Geld Firmenanteile kaufen will. Die lassen sich demnächst ganz toll in neue Währung umtauschen. Außerdem explodieren die Zahlen der Waffenverkäufe in den USA (siehe Spiegel), der einfache Bürger weiß, worauf er sich einstellen muss: Einkäufe ohne Kalaschnikow werden bald schwer werden. Mittendrin in dieser Weltkrise: die Bundesrepublik Deutschland, gehalten unter einer Käseglocke der Desinformation, die aktuell wieder groß tönt: KAUM NOCH ARBEITSLOSE IM LAND!
41,5 Millionen Menschen sollen in Deutschland aktuell beschäftigt sein (siehe Spiegel), die Zahl der Arbeitslosen sinkt auf 2,34 Millionen: ein HURRA dem deutschen Wirtschaftswunderland, wo an der Arbeitsfront alle mit anpacken, um den Märkten ein Sonderopfer zu bringen. Die Bundesanstalt für Arbeit selbst ist nicht so optimistisch wie der Spiegel – sie beziffert heute aktuell 2 988 219 Menschen als arbeitlos – bei 673 874 offenen Stellen. Das Handelsblatt wählt hier heute den goldenen Mittelweg und meldet einen blühenden Arbeitsmarkt: 2,84 Millionen Deutsche sind ohne Job. Ganz andere Daten hat das Bundesamt für Statistik (wir berichteten):
Bis 2005 war die Zahl der Personen in Normalarbeitsverhältnissen stetig gesunken. Seit dem Jahr 2006 ist wieder ein Anstieg zu verzeichnen, der 2011 besonders deutlich ausfiel. Dennoch lag im Jahr 2011 die Zahl der Normalbeschäftigten mit 23,67 Millionen noch niedriger als vor zehn Jahren (2001: 23,74 Millionen) und deutlich unter der von 1991 (26,83 Millionen).
Die Zahl der atypisch Beschäftigten war im Jahr 2011 ebenfalls höher als im Vorjahr und erreichte mit insgesamt 7,92 Millionen Personen einen neuen Höchststand. Mit einem Plus von gut 80 000 Personen stieg sie jedoch in deutlich geringerem Umfang als die Zahl der Normalbeschäftigten. Zu den atypisch Beschäftigten werden in Abgrenzung zum Normalarbeitsverhältnis Erwerbstätige in befristeten, geringfügigen und Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen mit weniger als 21 Wochenstunden sowie solche in Zeitarbeit gezählt.
Durch den stärkeren Anstieg der Anzahl der Normalbeschäftigten ging der Anteil der atypisch Beschäftigten an den Erwerbstätigen im Jahr 2011 leicht zurück und zwar von 22,4 % auf 22,1 %. Knapp zwei Drittel (66,2 %) der Erwerbstätigen befanden sich in einem Normalbeschäftigungsverhältnis. Die verbleibenden 11,7 % der Erwerbstätigen waren Selbstständige und unbezahlt mithelfende Familienangehörige.
Über Lügen mit Zahlen sind schon ganz Bücher geschrieben worden, eine Internetseite dazu gibt es auch. Die Richtlinie: wenn wir schon keine funktionierende Wirtschaft mehr haben, denn stellen wir das eben einfach so da, als hätten wir eine, geben Pressemitteilungen heraus, die einfach irgendwelche Behauptungen aufstellen, die der überbeschäftigte Bürger sowieso nicht nachvollziehen kann. Zur Not operieren wir eben mit Stellgrößen wie „unbezahlt mithelfende Familienangehörigen“ – denn das kann nahezu jeder sein … oft ist es aber die Ehefrau, die aus Steuergründen ein Scheinarbeitsverhältnis hat, das der Mann dann von der Steuer absetzen kann.
Widerstand gegen diese Käseglocke der Arbeitslosenlügen gibt es wenig. Hartz IV war von vielen gewollt, die leistungslose Lumpenelite der Republik stand wie ein Mann hinter jener Sozialreform, die bislang mehr Menschenleben gekostet hat als jede andere Sozialreform der Republik. Aber: was wäre das für eine Blamage, wenn sich herausstellen würde, das das ein großer Murks war? Auch noch so viel Druck bekommt aktuell 2,9 Millionen Arbeitslose nicht auf 600 000 Stellen – das merkt man als Normalbürger auf den ersten Blick. Aber: wenn man unvermeidbaren (und gelegentlich auch tödlichen) Druck auf Arbeitslose ausübt, hat man einen schönen Nebeneffekt: der Bürger ist auf einmal damit beschäftigt, bloß irgendwie diesem Druck auszuweichen.
Das gilt im Zeitalter des großen Zeitungssterbens auch und gerade für Journalisten, jene Berufsgruppe, die über dieses Land, das Grundgesetz und ihre Bürger real wachen sollen um jenen Missbrauch von Macht aufzudecken, der uns mit immer neuen Kostenexplosionen im öffentlichen Bereich überhaupt erst in die wirtschaftliche Katastrophe gebracht hat.
Einer dieser Journalisten ist Fabian Presler – ein Mensch aus Hessisch-Lichtenau. Er arbeitet in der Sendeleitung von Antenne Hessen, wo man einen erstaunlichen Selbstversuch unternommen hatte: man testete 100 Jobcenter persönlich. Die Ergebnisse waren … grauenerregend, siehe Tagesmeldungen:
100 Jobcenter wurden in ganz Deutschland unter die Lupe genommen und getestet. 84 der 100 Jobcenter sind negativ und zum Teil völlig überfordert aufgefallen. So reagierte man auf gereizte Situationen mit Ausbrüchen und Drohungen. Oftmals wollte man dem Probanden das gesamte Geld Streichen, wenn er sich nicht sofort beruhigen würde.
Auf Situationen in denen man traurig und verstört war, (zum Beispiel durch Angst die Existenz zu verlieren) reagierte man mit Unwissenheit oder Stress, da man nicht wusste, wie man die Person beruhigen solle.
Ausgefertigte “Eingliederungsverträge” wurden oftmals nur mit den Pflichten des arbeitslosen bestückt, jedoch nicht mit den Pflichten der Jobcenter.
16 von 100 getesteten Sachbearbeitern /Jobcenter gelangen ein gutes und sachliches Gespräch, auch innerhalb der gestellten Situationen. Dies ist jedoch eine ernüchternde Zahl!
Die Ergebnisse sind absolut erbärmlich: immerhin handelt es sich bei den Minderleistern um Menschen, die zu 100 % von unseren Beiträgen leben. Als Dank dafür reagieren sie mit Ausbrüchen, Drohungen, Inkompetenz und weit überwiegender Unsachlichkeit – man denkt, des Führers Sturmabteilungen sind wieder zurück.
Das Verblüffende: das Jobcenter in der Ecke von Hessisch-Lichtenau sieht auch so aus. In einer Jubelmeldung der Hessischen Allgemeinen Zeitung über das „Jobmobil für Arbeit“ finden wir ein Bild der Mitarbeiter der Jobcenter: die Frauen in schwarz-grau mit orangenem Halstuch, die Männer in schwarz-grau mit orangener Krawatte. Die neue Uniform für Jobcentermitarbeiter? Ach ja: das Jobmobil – eine einzigartige Erfindung der Jobcenter in den waldreichen Gebieten um den Wohnort der Frau Holle: da fährt ein Auto herum und hat in der Tat ECHTE JOBS für Arbeitslose … eine Leistung, die die nicht rollenden Jobcenter auch nach Jahren nicht hinbekommen.
Dafür schaffen die Jobcenter dort einiges – und können wohl als typisch gelten für die Murkserei der Jobcenter in ganz Deutschland, die alle das gleiche Problem haben: fünf Arbeitslose, die keiner will auf einen Arbeitsplatz zu bekommen, für den sie nicht qualifiziert sind.
Was macht man stattdessen?
Steuergeldkonfetti – wie üblich. Eine beliebte Methode aus jenen Zeiten, in denen das Geld im Lande noch reichlich sprudelte. Das Jobcenter Witzenhausen hat sich da etwas besonders Schönes ausgedacht, siehe HNA:
„Andiamo“ begleitete 121 Frauen aus dem Werra-Meißner-Kreis in den vergangenen drei Jahren bei genau diesen Fragen. Das Projekt ist Teil des Bundesprogramms für „Gute Arbeit für Alleinerziehende“ und soll arbeitslose Single-Eltern wieder in den Beruf bringen.
Die arbeitslosen Damen posieren Stolz vor großformatigen Postern, auf denen sie selbst in ansprechenden Kostümen zu sehen sind: das hat sicher Spaß gemacht – vor allem konnte man für die teilnehmenden Arbeitslosen nochmal ein Dutzend andere Menschen beschäftigen. Was kostet das?
Andiamo lief parallel in Witzenhausen und Eschwege und wurde vom Staat mit einer Millionen Euro gefördert. Regional kamen noch zirka 250 000 Euro vom Jobcenter hinzu.
Macht 10330 Euro pro Frau.
Damit die ein Selbstbild haben.
Der Regelsatz dieser Frauen beträgt aktuell 382 Euro monatlich – nur mal so zum Vergleich. Auf das Photo verzichtet, das Geld direkt dort ausbezahlt, wo es gebraucht wird … was hätte man da Not lindern und die Schicksale der Kinder der alleinerziehenden Mütter positiv beeinflussen können … aber die Jobcentermitarbeiter wären dann halt nicht so schön beschäftigt gewesen, die Statistiken nicht so wirkungsvoll entlastet. Ja – die Frauen waren ja in einer „Maßnahme“. Dort versteckt man ebenfalls immer gerne ein paar Arbeitslosenkolonnen.
Die Bewertung des Jobcenters Witzenhausen bei Sozialhilfe 24 ist auch gleich eine dementsprechende Katastrophe: unfreundlich, inkompetent, langsam, schlecht erreichbar, pingelig – die Noten liegen unter „4“, bei der Bearbeitung von Beschwerden sogar unter „5“. Aber: man ist schnell wieder draußen und das Gebäude scheint auch ansprechend zu sein. Sich selbst gegenüber scheinen die Mitarbeiter des Jobcenters aber wesentlich großzügiger zu sein: sie haben mehr Feiertage als der Rest Deutschlands. Einem Pressedisplay entnehme ich, das das Jobcenter Witzenhausen an den „Feiertagen“ 24. Dezember und 31. Dezember geschlossen ist … einfach mal bei Aldi, Lidl oder Rewe nachfragen: diese Luxusfeiertage gibt es dort nicht.
Dafür hat das Jobcenter dort andere Zahlen, mit denen es sich brüstet, siehe HNA:
Mehr als doppelt so stark wie im Bundesschnitt sind die Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger im Werra-Meißner-Kreis gestiegen. Registrierte und ahndete das Jobcenter Werra-Meißner im Jahr 2010 noch 1168 Verstöße, waren es im vorigen Jahr bereits 1451.
Dort wird „hart durchgegriffen“, wohl ganz im Sinne des schon mal als „Wadenbeisser der CDU“ bezeichneten Bürgermeisters, der auch einen Vertreter im Beirat des Jobcenters hat. Nun gibt es ja für Sanktionen zweierlei Gründe: entweder ist der Arbeitslose nicht kooperativ – oder der Mitarbeiter inkompetent. Bei einer Inkompetenzquote der Jobcentermitarbeiter von 84 Prozent sollte das nicht weiter verwundern.
Und da kommt jetzt wieder Fabian Presler von Radio Hessen ins Gespräch, denn der beobachtete Ungeheuerliches, siehe Antenne Hessen:
Das Jobcenter ist ein Ort an dem man nicht gerne hingehen möchte. In Witzenhausen ist es für einige sogar eine Tortur! Dafür verantwortlich ist eine Sachbearbeiterin der Behörde, die Willkürlich handelt und dabei ohne Rücksicht auf Verluste, gegen ihre Kunden vor geht. Die Eingliederung in Arbeit wird nicht ermöglicht und mit Sanktionen wird um sich geschmissen! Als teils hysterisch und aber auch zu keiner Übereinkunft zugänglich, ist die Mitarbeiterin bekannt. Laut Angaben von Hilfesuchenden Kunden, wird immer wieder erwähnt, dass sie “Schwierigkeiten” haben würden. “Das Sperren und die Ausgabe von Sanktionen, ist nur eine absolut, letzte Variante, um eine fehlende Mitarbeit zu bestrafen, aber nicht um Menschen, die sowieso am Existenzminimum sind, willkürlich zu behandeln!” So die Aussage eines Experten zu den Vorfällen. “Auch das Jobcenter hat sich an Richtlinien zu halten und sollte erkennen, dass es sich hier um Menschen handelt, deren Existenz zum Monatsende am Abgrund steht!” – Führt er fort…
Immer wieder wird von Übergriffen auf Mitarbeiter der Jobcenter berichtet, wofür oftmals auch die falsche Behandlung der gemeldeten Personen ein Grund darstellt. Bei einem Testgespräch, mit einem unserer Mitarbeiter, erwies sich die Mitarbeiterin der Behörde, als äußerst unzugänglich und lies uns nicht mal ausreden. Es werden offen mit Sanktionen herumgespielt und Gelder bis auf den buchstäblich letzten Cent gekürzt!
So war Demokratie nie gedacht gewesen. In der Tat sind wir vor zweihundert Jahren dafür auf die Straße gegangen und haben dem Adel die Köpfe abgeschlagen, damit nie wieder ein Mensch im normalen Alltag mit Leib und Leben von einem anderen Landsmann abhängig und in seinem Überleben völlig der Willkür eines anderen ausgeliefert ist.
SPD und Grüne sahen das anders – eine altbekannte Geschichte.
In Witzenau wurde das sogar noch grausamer praktiziert, nochmal Antenne Hessen:
Ein weiterer Fall ist bekannt, wo man von einem hochschwangeren Teenager verlangt, trotz Mutterschutz einer Arbeit nachzugehen. Da dies durch die Schwangerschaft nicht möglich ist, sanktioniert Frau S. den 16-Jahre jungen Teenie mit 30% der Leitungen. Eine Katastrophe für die werdende Mutter.
Erbärmlich, oder? Völlig erbärmlich überhaupt nur daran zu denken, so einem hilflosen Mädchen so etwas in einer solchen Situation anzutun – vom Kind mal ganz zu schweigen.
Der Leser fragt sich: was ist da los in Witzenhausen und Umgebung, wo doppelt so viele Arbeitslose sanktioniert werden wie im Rest Deutschlands? Sind die Hessen etwa richtig arbeitsfaule Schweine – vor allem die im Werra-Meißner-Kreis? Oder sind die schwarz-grau gekleideten Brigadiere der Jobcenter mit ihren orangenen Accessoirs vielleicht anderen Grundsätzen verpflichtet als denen jenes Landes, dessen Geld sie so großzügig ausgeben?
Der Steuerzahler erhoffte sich Aufklärung.
Nun gut, die Hoffnung hat man eigentlich angesichts des Normalzustandes der Bezahlmedien schon aufgegeben, aber immerhin hatte sich Fabian Presler von Antenne Hessen mutig vorgewagt und man konnte auf weitere Informationen hoffen.
Allerdings …. hatte man da die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Die Wahrheit über die Arbeitslosen in Deutschland und ihre Behandlung ist ein Geheimnis – und so soll es auch bleiben. Aktuell haben Antenne Hessen und Herr Fabian Presler eine Klage vorliegen:
Nach dem Bericht “Willkür auf dem Jobcenter Witzenhausen” reagiert dieses nun und setzt ihre Rechtsanwälte in Kontakt. Eine Unterlassungsanordnung in Höhe von 25.000,00 EUR soll gegen die Antenne Mediengesellschaft und den Journalisten Fabian Presler erwirkt werden. Als Grund für die Unterlassung wird die angebliche Identifizierbarkeit der Jobcenter-Mitarbeiterin betitelt.
Personenschutz und Datenschutz sind wichtig in diesem Land – keine Frage. Aber wie viele Missstände in diesem Land können wir eigentlich noch aufklären, wenn wir die Namen der Täter nicht nennen dürfen, sondern auch noch das Beste tun müssen, damit die auf gar keinen Fall identifizierbar sind? Was hier viel eher als Missstand ins Auge springt – auch ohne Zutun von Antenne Hessen: eine privat uniformierte Truppe von Staatsdienern mit Sonderfeiertagen erzielt dort Sanktionsergebnisse, mit doppelt so schnell gestiegen sind wie im Bundesdurchschnitt. Über die Hintergründe wäre ich gerne informiert.
Auch soll die Antenne jegliche Behauptung zurück nehmen, dass es zu willkürlichen Sanktionen und anderen, beweisbaren Zwischenfällen gekommen sei. So sollen die Behauptungen zu dem Vorfall des hochschwangeren Teenagers zurückgezogen und jegliche Aussagen seitens des Medienunternehmens revidiert werden.
Lieber wäre mir, das Jobcenter Witzenhausen würde beweisen, das es eine solche Grausamkeit nicht gegeben hätte – aber das Prinzip kennen wir ja: Käseglocke Deutschland.
Das die Berichterstattung nachvollziehbar und angekündigt war, wurde von Seiten der angegriffenen Sachbearbeiterin nicht mitgeteilt. Vielmehr sieht sie sich “in ihrer Würde verletzt” und die Antenne, wie Presler haben eine “schwerwiegende Rechtsverletzung” begangen. Sowohl die Ehre und Würde der benannten Sachbearbeiterin und der Behörde sollen verletzt worden sein. Als Kläger gilt hier jedoch nicht das Jobcenter Witzenhausen, sondern das Jobcenter Eschwege, welches als übergeordnete Stelle fungiert. Das eigentliche Jobcenter gibt sich bedeckt und traf zu den Vorwürfen keine Aussagen.
Seltsam, das das übergeordnete Jobcenter hier deckend eingreift. Schön wäre es, wenn man mit gleicher Energie die Würde der Sanktionierten schützen würde und uns Bürgern mal über den Ursprung dieser eigenartigen Uniformen informieren könnte. Mich interessiert besonders das Schicksal des sechzehnjährigen Mädchens. Man sollte es im Auge behalten, um dem Kind später die Möglichkeit zu geben, eine Schadensersatzklage gegen die Behörde zu führen. So was können Kinder inzwischen. Ein Anzeige wegen Kindswohlgefährdung wäre jetzt ebenfalls angemessen – die kann ich von hier aber nicht führen.
Oder tragen das jetzt alle Arbeitslosendrückerkolonnen (ich nenne die mal so, weil das ja ihre Aufgabe ist: Druck machen. Wird nur allzu oft vergessen.)?
Aber wir können verstehen, warum hier eine so kleine Angelegenheit mit großem Steuergeldeinsatz niedergeklagt wird, wenn wir den Rahmen verstehen: die Käseglocke über den Finanzstandtort Deutschland muss dicht bleiben, damit die Märkte nicht schon Morgen die Konsequenz aus den Realitäten sehen – und deshalb dürfen wir nicht erfahren, was im Jobcenter Witzenhausen eigentlich los ist.
Unter gar keine Umständen darf in diesem Hornissennest herumgestochert werden.
Wir lösen keine Probleme mehr … wir erschießen einfach die Boten, die uns die Nachricht von Problemen bringen.
Das ist eine Frage das neuen Informationsprinzips in Deutschland, ein ganz zentrales Thema – hier gilt nach wie vor der Wunsch der Kanzlerin, über die Krise verhalten zu reden.
Eine Weile kann man damit ganz gut leben und sein Geld an der Börse vermehren.
Journalisten haben aber etwas anderes zu tun:
Wozu Journalismus? Journalismus muss Tabubrecher sein. Er verlässt die sichere Distanz und wendet sich menschlichen Schicksalen zu. So ermöglicht er Miterleiden und Miterleben und schafft Empathie. Aufklärung ist keine Buchstabenfrage. Auch Emotionen können Argumente sein.
Das meint jedenfalls Professor Ernst Elitz, Gründungsintendant des Deutschlandradios in der Süddeutschen.
Wäre schön, wenn das auch eine Behörde wie das Jobcenter Eschwege respektieren könnte, anstatt – mal wieder auf Kosten der Steuerzahler – zu versuchen, den Jounalismus mundtot zu machen oder niederzuklagen.
Aber … was wird denn dann nur aus den schönen Sonderfeiertagen, Maßnahmen und den schicken neuen Uniformen … wenn da alle drüber Bescheid wissen?
Und wenn die Inkompetenz erstmal bei allen bekannt ist, dann rollen sowieso erstmal wieder Köpfe.
Wird vielleicht auch Zeit dafür.
Wenn wir nämlich in die USA schauen, dann merken wir, das es höchste Zeit wird für eine Kultur der Wahrheit, eine Kultur der Gerechtigkeit und Ehrlichkeit – und das wir keinen Platz mehr haben für das übliche Steuergeldkonfetti, mit der Behörden ihre Hilflosigkeit und Inkompetenz vertuschen wollen … oder ihre heimlichen Hinrichtungen.