29.11.2011. Dienstag. Eifel. Autor? Hat Magen Darm-Grippe. Zeit zum Denken. Zum Beispiel über die Forderung, jetzt erstmal ein paar Banker zu hängen. Ich bin mir sicher, das ich momentan für eine solche Forderung einige Mitläufer finden würde. Leute hängen kommt immer gut an – nicht nur in Deutschland. International machen wir ja gerade mit Begeisterung alle „Bösen“ tot – Osama bin Laden, Gaddafi, 100000 „Terroristen“ – alle einfach mal so ohne Gerichtsverhandlung über den Haufen geknallt, von Bomben zerfetzt, von Napalm verbrannt. Was spräche also dagegen, die gleiche Prozedur auch im Inland anzuwenden? Ich meine – wir haben hier doch eine zunehmende Verrohung der politischen Landschaft: Nazikommandos marschieren ungehindert mordend und plündernd durch das Land, Polizisten reiten mit brutaler Gewalt Demonstranten nieder, Journalisten werden mit Pfefferspray gejagt: Deutschland feiert eine Orgie der Gewalt, siehe Spiegel:
„Der Hass und die Gewalt, die meinen Kolleginnen und Kollegen von einzelnen autonomen Gruppen entgegenschlugen, waren ohne Beispiel“, sagte der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut. Der Transport müsse ein politisches Nachspiel haben, forderte er. Es sei „bedrückend, dass sich auch Politiker und Bürgerinitiativen nicht eindeutig von dieser Gewalt distanziert“ hätten. Die gegen Polizisten eingesetzten Waffen würden immer brutaler.
Auch Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) kritisierte die seiner Einschätzung nach zunehmende Gewalt militanter Demonstranten am Rande des Castor-Transports. Beamte seien in „ziemlich brutaler Form“ attackiert worden. Das habe es in Castor-Zeiten „so noch nicht gegeben“. Etwa hundert Polizisten seien verletzt worden. 15 bis 20 seien außerdem dienstunfähig.
Also sollten wir auch Atomkraftgegner aufhängen … zumal ja diese ganze „Gegnerei“ nur eine kleine Minderheit betrifft, die Mehrheit hat ja jetzt gezeigt, auf welcher Seite sieh steht: Stuttgart 21 wird gebaut – und man zahlt auch gerne noch viel mehr dafür. Da hat wohl die Junge Union wieder einmal in einer konzertierten Aktion alle Altenheimbewohner und Russlanddeutschen zum Kreuzchenmachen mobilisiert.
Erstmal jedoch – zurück zu den Bankern. Die haben es doch wohl wirklich verdient, gehängt zu werden, oder? Die haben uns doch den ganzen Schlamassel eingebrockt – jedenfalls redet die Politik immer wieder gern darüber.
Bevor wir jedoch mit dem Strick losziehen, um noch mehr „Böses“ aus der Welt zu bringen, sollten wir einmal kurz innehalten.
Sicher – die Hedgefonds haben unser Land ziemlich ruiniert, die Heuschrecken haben viele Firmen ausgeschlachtet und sind für großflächige Vernichtung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze verantwortlich … aber würden wir wirklich einen Lehrer dafür bestrafen wollen, das er seinen Job besonders gut macht? Würden wir einen Busfahrer dafür bestrafen wollen, das er besonders gut Bus fährt – oder einen Bäcker, das er besonders gut backt?
Ein Banker soll Geld aus Geld machen – dafür hat man ihn von der Straße aufgelesen. Nein – wirklich. Manche dieser Manager haben absolut keine Ausbildung und kein Wissen darüber, was sie da eigentlich tun – können aber gut und schnell Knöpfe drücken.
Dafür, das er besonders gefährliche Knöpfe hat, ist der Banker vor Ort nicht verantwortlich. Das haben ganz andere so eingerichtet, siehe Deutschlandradio:
Die Befürchtung, ins Hintertreffen zu geraten, war auch in der SPD weit verbreitet. So gab der SPD-Banken- und Kapitalmarktexperte Hans-Martin Bury, einer der politischen Shootingstars in der Partei, 1998 eine klare Richtung vor. Bury war übrigens später Kanzleramtsminister unter Bundeskanzler Gerhard Schröder und anschließend Bankmanager und Vorstand bei Lehman-Brothers.
„Deutschland ist unverändert ein Aktien-Entwicklungsland. Wenn wir nicht schleunigst beginnen, die Rahmenbedingungen internationalem Standard anzupassen, dann wächst die Gefahr, dass es dem Finanzplatz Frankfurt bald ebenso ergeht wie dem dortigen Fußballverein.“
Wie man sieht: die Banken konnten besonders großzügig zu Politikern sein, die ihnen den Weg zum deutschen Geld ebneten. Fortan konnten also auch in Deutschland die Lehman-Ramsch-Papiere verkauft werden – was vielen Leuten ihre Lebensarbeitsleistung gekostet hatte. Wir wollen aber nicht vergessen, das es da einen Mann gab, der sich besonders aus dem Fenster gelehnt hatte:
Im November 2001 stellte der damalige Bundesfinanzminister Hans Eichel von der SPD dann den Entwurf für das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz im Bundestag vor. Ziel des Vorhabens waren die Modernisierung und Förderung des Finanzplatzes Deutschland.
Zwei Jahre später – im Jahr 2003 – ließ die rot-grüne Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder die heute so verachteten Hedgefonds, die „Heuschrecken“, an den deutschen Kapitalmärkten zu.
Das Investmentmodernisierungsgesetz war ein wichtiger Schritt bei der Deregulierung des deutschen Finanzmarktes. Selbst das „Manager Magazin“ sprach damals allerdings bereits von einem Spiel mit dem Feuer.
Und im gleichen Jahr legte Finanzminister Hans Eichel einen Finanzmarktförderplan vor. Damit wollte er schrittweise moderne Anlageinstrumente einführen und Geldhäusern den Umgang mit Kreditrisiken erleichtern. Risiken und Forderungen sollten leichter als Wertpapiere am Kapitalmarkt gebündelt, verbrieft und in handelbare Anleihen umgewandelt werden können. Der deutsche Finanzplatz sei reif genug, um mit alternativen Anlageinstrumenten umgehen zu können, resümierte Eichel.
Ja, genau der Eichel, der mit 7100 Euro Rente nicht zufrieden war und nochmal 9640 Euro oben drauf wollte. Soll sich der Staat doch nur weiter verschulden, sollen die doch bei den Arbeitslosenkindern noch weiter das Essensgeld kürzen (eine Handvoll Reis am Tag reicht doch den chinesischen Wanderarbeitern auch), Hauptsache, der Eichel wird reich. Vielleicht so reich wie sein Deregulierungskanzler Schröder, der ja auch seine Million von dem Herrn Maschmeyer bekommen hat, welcher selber wiederum an rot-grünen Finanzprodukten sehr gut verdiente:
Die Zuwendungen an Gerhard Schröder erweisen sich rückblickend als gute Investition für Carsten Maschmeyer. Einige Jahre nach dem Wahlsieg von 1998 wird es die Schröder-Regierung sein, die der Finanzdienstleisterbranche mit der Einführung der staatlich geförderten Riester-Rente ein Milliardengeschäft beschert. Der Erfinder dieser privatisierten Altersvorsorge, Arbeitsminister a.D. Walter Riester, zieht daraufhin nicht nur als gut bezahlter Werber für die Riester-Rente durch die Lande, sondern steht auch dem Vertreiber der Riester-Rente, Maschmeyers AWD, zu Diensten: Auf werbewirksamen Fotos posiert Riester mit AWD-Vertretern (s. rechts), mit denen diese später auf Kundenfang gehen
Solche echten Männerfreundschaften sind doch was Schönes, oder? Gibt auch ganz viele davon – wie das Handelsblatt gerade verrät: „die grossen Auftritte der Entscheider“ sind immer einen Artikel wert … noch wertvoller wäre es, zu sehen, wie wir alle diese luxuriösen Auftritte finanzieren.
Manche sind ja wirklich schon zu frech und haben diesen Schröder angezeigt – jedenfalls hatte Attac ihn mal vor ein Tribunal gezerrt – symbolisch, wohlgemerkt. Der hat aber so viele Freunde und so viel Geld, das der das gar nicht bemerkt hat.
Ja, der Herr Schröder ist beliebt in der Welt. Kaum war Angela Merkel Kanzler und er nicht, durfte der Deregulierer deutscher Finanzmärkte für eine Investmentbank als Berater tätig werden – siehe FAZ. Wieviel diese Bank an der Deregulierung des deutschen Anlagemarkte verdient hat, konnte ich nicht mehr in Erfahrung bringen – mir war schon schlecht wegen der Magen-Darm-Grippe und der Riesterrente, da wollte ich nichts riskieren.
Was ich aber riskiert habe ist einen Blick auf die Frankfurter Familie Rothschild – und ein Motto auf ihrer Webseite:
THE STRENGTH WHICH LIES IN UNITY.
Übersetzt etwa: die Kraft, die in der Einheit liegt.
Welche Kraft die Einheit von Politik und Bankgewerbe entfalten kann, erleben wir momentan an den nicht enden wollenden Krisen, die ganz Europa immer ärmer machen.
Moment?
Ganz Europa?
Nein. Eine kleine Schicht von Entscheidern – untereinander gut vernetzt – verdient sich dumm und dämlich. Und was diese Entscheider machen, ist auch politisch unheimlich. Ist es Zufall, das Hartz-Kanzler Schröder seine Partei in ihren Grundwerten so verraten hat, wie es Angela Merkel jetzt bei ihrer Partei macht? Das Schröder beim Wallstreet-Giganten Rothschild so gut im Kurs steht wie Merkel bei den radikalen Republikanern um Bush?
Wollen wir nicht weiter drüber nachdenken … wir geraten in Tabuzonen.
Banker hängen … wollen wir natürlich auch nicht – wir sind doch nicht die Nato. Wir leben korrekt und halten uns an bestehende Rechtsprinzipien. 200 000 von ihnen werden sowieso gerade weltweit in die Wüste geschickt: sie haben ihre Arbeit getan.
Wenn aber demnächst wieder ein Politiker gegen Banker wettert, sollten wir uns daran erinnern, das die niemals unser Tafelsilber hätten herausräumen können, wenn nicht andere ihnen die Türen weit aufgemacht hätten.
Und die anderen machen die Türen momentan immer weiter auf, siehe Handelsblatt und Schäubles wundersame Geldvermehrung, auf die die Ratingagenturen nicht sonderlich euphorisch reagieren:
Die Ratingagentur Moody’s erklärte, die Eskalation der Schuldenkrise und die Finanzierungsprobleme der Banken bedrohten inzwischen die Bonität aller europäischer Länder.
Warum das alles so läuft wie es läuft?
Na, einfach immer an Rothschild denken: THE STRENGTH WHICH LIES IN UNITY.