Das Dschungelcamp kehrt auf die Mattscheibe zurück. Dafür werden die Tripple-Z-Promis in den eigens dafür errichteten Regenwald verfrachtet. Schon im Vorfeld der Sendung lieferten sich weibliche Kandidatinnen einen Zeckenkrieg, der sich bereits jetzt viral in den Medien verbreitet. Die männlichen Teilnehmer halten sich bis jetzt bedeckt, was Meinung, Erscheinung und Hirnleistung angeht. Sie wollen die weiblichen Artgenossen nicht schon im Vorfeld verscheuchen.
Unter den mitwirkenden Insekten herrscht geteilte Meinung. Einerseits sind sie die Stars der Sendung, werden aber mit Knebelverträgen zu Statisten degradiert. Aus diesem Grund haben sich verschiedenen Vertreter der Krabbelspezies zusammen getan und eine Gegenbewegung gegründet, um auf die unfairen, teils rassistischen Bedingungen dieser Produktion hinzuweisen. Die betroffenen Insektenarten besassen bisher keine Lobby und stehen den Medien, aufgrund vergangener Erfahrungen eher skeptisch gegenüber. Nach unzähligen Verhandlungen mit Hilfe von Mittelskäfern konnte die Rädelsführer der vielbeinigen Spezies zu einen Interview bewegt werden. Unser Reporter begab sich daher auf eine Reise in den tiefsten Dschungel. Sie gestaltete sich als sehr gefährlich und tückisch, denn er musste aufpassen, nicht versehentlich auf einen Funktionär oder Interview-Partner zu treten. Nach stundenlangem Fussmarsch erreichte er, bewacht von unzähligen Anhängern der Krabbelfraktion das Basis-Camp der Oppositionellen.
Dort bot sich ihm ein Bild des Grauens. Kinderinsekten, die im Schlamm spielten oder an der sterbenden Verwandtschaft knabberten, überall herumliegende, ausgeschlürfte Chitinpanzer, die einzig noch zum Versteckspielen für den Nachwuchs dienten.
Unser Reporter musste zuerst die kommende Nacht abwarten, bis die Führer aus ihren Löchern gekrochen kamen. Bis dahin konnte er sich in Geduld üben und musste äusserst vorsichtig agieren, da er von bis an die Zähne bewaffneten Verteidigungstruppen bewacht wurde.
Nach Einbruch der Dunkelheit kam Bewegung in die unzähligen Beine. Unser Reporter wurde zu einer Stelle unweit des Camps gebracht, wo der Pressesprecher in Form eines Mehlwurmes bereits auf ihn wartete. Zu seiner Überraschung sah er ein PEGIDA-Plakat. Aber dazu später mehr. Nach einer Weile des Wartens und argwöhnischen Bemusterung, erlaubte ihm die Führung, seine Fragen zu stellen.
Sie haben sich, aufgrund vergangener Erfahrungen mit dem Dschungelcamp, zusammengeschlossen. Was bezwecken Sie mit dieser Aktion?
Die ganze Show ist eine Farce. Das sieht man bereits daran, dass wir als Spezies gar nicht im Dschungel beheimatet sind und gegen unseren Willen hierher verfrachtet wurden. Schon beim Transport waren unzählige Opfer zu beklagen. Das wurmt uns sehr!
Sie haben die Verantwortlichen mit diesem Vorwurf konfrontiert. Was erhielten Sie als Antwort?
Alle die reklamierten wurden kurzerhand in einen Mixer geworfen und zu einer Dschungelprüfung verarbeitet.
Das ist wirklich uninsektlich. Wurde in den Verträgen nicht auf eventuelle Verluste hingewiesen?
Nein, mit keiner Milbe. Sie versprachen uns eine Hauptrolle in der Sendung. Dass dies als Püree gedacht war, sagte man uns nicht.
Andere Vertreter diverser Krabbelspezies machten ebenfalls fragwürdige Erfahrungen. Können Sie uns davon berichten?
Viele wurden einfach von den Kandidaten zu Tode getrampelt, teils absichtlich teils aus Gleichgültigkeit. Die Überlebenden durften nicht mehr zu ihren Artgenossen zurück, sondern wurden bei lebendigem Leibe entsorgt.
Wie haben Sie darauf reagiert?
Einige von uns suchten den Dialog mit den Verantwortlichen der Show. Das einzige Argument welches wir zu hören bekamen, war eine Fliegenklatsche.
Das ist eine sehr einseitige Kommunikationsmethode. Habe Sie noch andere Möglichkeiten versucht, um sich Gehör zu verschaffen?
Natürlich, unsere PR-Abteilung entwickelte eine Parole, die auf diese Missstände hinweisen sollte, die aber von einer abendländischen Gruppierung für ihre Zecke missbraucht wurde.
Welche Parole war das?
Sie lautet PEGIDA. Das heisst, persönliche Eigenständigkeit gesellschaftlicher Insekten Deutschlands und Australiens.
In Deutschland wird diese Parole von einer anderen Gruppierung verwendet. Wie kam es zu dieser Diebstahl ihrer PR-Idee?
Wir vermuten von ein paar extremistischen Zecken. Sie haben keine soziale Verantwortung, vermehren sich explosionsartig und saugen alles aus, was sich nicht wehren kann. Wir distanzieren uns ausdrücklich von deren Verhalten und können dies nicht gutheissen.
Nachdem ihre PR-Aktion zeckentfremdet wurde, welche Möglichkeiten sehen Sie noch, um ihren Anliegen Gehör zu verschaffen?
Wir müssen alle Insekten informieren, für was sie eigentlich herhalten müssen und das erreichen wir nur mit einer medialen Omnipräsenz. Deshalb haben wir auch zu diesem Interview ja gesagt.
Wie gestaltet sich die weitere Zusammenarbeit mit den Dschungelcamp-Verantwortlichen?
Nun, da wir schon mal hier sind, werden wir uns an die vertraglichen Verpflichtungen halten und uns als Ekelfaktor gewissenhaft in die Sendung einbringen.
Haben Sie nicht Angst, dass weitere Artgenossen ihr Leben für diese Produktion hergeben müssen?
Die Gefahr besteht, doch unsere verdeckten Aktionen werden eine entsprechende Antwort auf die insektenunwürdigen Bedingungen sein.
Wie sehen solche Aktionen aus?
Zuviel möchten wir nicht verraten, aber eines kann ich jetzt schon sagen. Wir Mehlwürmer haben eine Abmachung mit den Bandwurm-Rebellen. Wir stellen uns für die Prüfungen zur Verfügung, auch wenn einige dabei draufgehen, das sind für uns Märtyrer, und transportieren die Bandwurmeier unbemerkt in die Prüfungen. Wir sind quasi ein trojanisches Pferd. Wenn dann die Kandidaten sich in unseren Leibern suhlen oder gar als Drink verarbeitet geniessen müssen, haben wir gewonnen. Die Bandwurmbrigaden werden erst nach einer Weile aktiv, wenn die Show schon lange beendet ist und so kann man die Spur zu uns nicht mehr zurückverfolgen.
Das ist aber eine ziemlich perfide Taktik.
Das mag schon sein, aber die vielen Opfer, welche wir zu beklagen haben, lassen keine andere Möglichkeit mehr zu.
Wie sieht ihre Zukunft aus? Werden Sie an weiteren Staffeln des Dschungelcamps mitwirken?
Sollten die Bandwurmrebellen erfolgreich sein, wird sich das Problem von selber erledigen. Wir denken, dass sich keiner mehr in den künstlichen Dschungel verfrachten lässt, wenn er anschliessend unfreiwillig als Gebärstation für Millionen von Bandwürmern herhalten muss. Die bisherigen Kandidaten sollten mal ihren Stuhlgang checken lassen. Da wird es einige blasse Gesichter geben. (lacht)
Wir bedanken uns für das Gespräch und werden das Interview im originalen Wortlaut veröffentlichen.
Bitte gerne geschehen!
Nach diesem Gespräch verliess unser Reporter das Camp. Da es noch Nacht war, beleuchteten unzählige Glühwürmchen den Rückweg. Das bewies eindrücklich, wie die Insekten eigentlich sehr friedliche Tiere sind und dem Menschen nichts Böses anhaben wollen und für einen offenen Dialog bereit sind. Das kann man von den Machern des Dschungelcamps nicht behaupten. Sie veralbern den Zuschauer mit einem vermeintlichen „echten“ Dschungel, nötigen die Kandidaten sich der Lächerlichkeit Preis zu geben und verschmutzen das natürliche Umfeld mit Zivilisationsmüll. Der unkritische Zuschauer suhlt sich im Voyeurismus bis hin zum Fremdschäm-Schmerz. Fernsehen kann manchmal richtig weh tun. Aus diesem Grund beherzigt die Redaktion den Aufruf des Boykotts und appelliert an alle Medienkonsumenten, sich diesen Insektengenozid nicht anzusehen und die Verantwortlichen mit Klagen wegen Verunglimpfung des guten Geschmacks zu überhäufen.
Wir werden über die weitere Entwicklung in dieser Angelegenheit mit spitzer Feder berichten.
Freitag, 18.Januar 2013. Eifel. Es geht uns gut, oder? Uns als Gesellschaft, meine ich. Der DAX steigt unaufhörlich und unsere Wirtschaft bricht völlig zusammen: wir fühlen uns toll. Wir haben sogar die Muße, uns täglich auf Spiegel-Online Berichte über aktuelle Ereignisse in Fernsehformaten des Primatenfunks (man nennt das Format „Dschungelcamp“, eine Wiederholung des alten Circus in Rom mit Mitteln der Moderne) anzusehen, die gleichberechtigt neben anderen Meldungen stehen:
Die Krise auf dem europäischen Automarkt verschärft sich massiv. Die Zahl der Neuzulassungen ist im Dezember um 16,3 Prozent gefallen. Im gesamten Jahr 2012 wurden so wenige Fahrzeuge verkauft wie zuletzt 1995.
Automobilindustrie ist unser größter Industriezweig – eine von vier Säulen der Industriegesellschaft, siehe Statista:
Für die deutsche Industrieproduktion sind vier Industriezweige von besonders großer Bedeutung. Bei denUmsatzanteilen der größten Industriezweige in Deutschland im Jahr 2009 führte die Automobilindustrie mit insgesamt rund 18,7 Prozent. Dahinter folgte der Industriezweig Maschinenbau mit etwa 14,6 Prozent, die Elektroindustrie mit circa 13,3 Prozent und die Chemische Industrie mit knapp 10,4 Prozent Umsatzanteil. DerUmsatz im Verarbeitenden Gewerbe betrug in Deutschland im Jahr 2008 insgesamt knapp 1,36 Billionen und im Jahr 2009 rund 1,09 Billionen Euro.
Der Niedergang ist seit Jahren beobachtbar – die Aussichten sind so düster, das nur noch göttlicher Beistand helfen kann, siehe deutsche Wirtschaftsnachrichten:
„Für den europäischen Automarkt kann man nur beten!“, sagt der Chef von Volvo, Håkan Samuelsson.
Es drohen neue Verwerfungen in der Gesellschaft, die Industriegesellschaft selbst stirbt – und was unternimmt die Politik dagegen? Sie erhöht den Druck auf Arbeitslose. Deutschlands Antwort auf die Auflösung der Industriegesellschaft ist: Hartz IV.
So lächerlich hat sich Politik in der Geschichte selten gemacht – und selten hat sie sich so hilflos gezeigt. Welches Geld sollen wir ausgeben, wenn nicht das, das wir durch die Industrie generieren? Die gleiche Hilflosigkeit zeigt sich bei den Alternativen: so schön und vielversprechend die Visionen von einem Grundeinkommen auch sind – wir reden hier real über die Ausgestaltung eines Betriebskindergartens in einer insolventen Firma!
Schauen wir noch ein wenig über den Tellerrand, bevor wir zu den Lösungen kommen, die die Krankenkassen schon längst praktizieren:
Aktuell droht den Eigentümern des Adlon-Hotels ein Totalverlust, siehe Spiegel. Eins der teuersten und beliebtesten Hotels in Deutschland steht vor dem Aus, weil … das Haus einem Fonds gehört, der ausgeplündert wird. Fünfzig Prozent des Wertes sind schon futsch, der Rest folgt. Einige Anleger aber werden sich freuen.
Wie „Fonds“ „zocken“, sehen wir gerade bei dem Kampf um Herbalife (siehe Spiegel), dessen Ergebnis jetzt schon feststeht:
Fest steht nur eins: Ackman und Loeb können nicht beide gewinnen. Einer von ihnen wird eine Menge Geld verlieren – und Herbalife möglicherweise seinen Ruf und seine Zukunft.
Während man hier noch zufrieden lächelnd im Sessel sitzen bleiben kann, weil das ganze Gezeter als fernsehreifer Zeikampf dargestellt wird, bleibt einem das Lachen im Halse stecken, wenn man den größeren Rahmen betrachtet, siehe Handelsblatt:
Heute sind die Menschen an der Börse nur noch Kulisse, fürs Fernsehen und für die Fotografen. Der Handel wird beherrscht von Maschinen. Sie kaufen und verkaufen in Millisekunden, handeln selbstständig nach den Algorithmen, mit denen man sie gefüttert hat. Ein Mensch kommt da nicht mehr mit. An der Deutschen Börse steuert der sogenannte Hochfrequenzhandel nach Schätzungen knapp die Hälfte des Handelsvolumens bei, an den US-Börsen liegt der Anteil bei 70 Prozent.
Die Kritik daran ist offensichtlich – und auch ohne Doktortitel in Mathematik zu verstehen:
Dirk Müller, der ehemalige Börsenhändler, kann das alles nicht nachvollziehen. „Was für einen Sinn ergibt es, eine Aktie für nur eine Nanosekunde zu halten?“, fragt er. Die Börse entferne sich immer mehr von ihrem eigentlichen Auftrag, nämlich Unternehmer, die eine Idee haben, zusammenzubringen mit Investoren, die Geld haben. „So entwickelt sich die Börse hin zum reinen Casino“, sagt Müller.
Die tanzen dort auf dem Vulkan, vernichten die Zukunftsfähigkeit der Firmen, die wir als Alternative zur Automobilindustrie dringend brauchen – und was macht die Politik?
Erstarrt angesichts der Marktmacht der Banken, die im Handelsblatt dargestellt wird:
Goldman Sachs verdreifacht im vierten Quartal den Gewinn fast. Das Nettoergebnis klettert auf 2,9 Milliarden Dollar. Im Vorjahreszeitraum war es eine Milliarde Dollar. Das Geldhaus verbucht im vierten Quartal Einnahmen von 9,24 Milliarden Dollar, während Analysten im Schnitt nur von 7,91 Milliarden ausgegangen waren. Im gesamten Jahr erzielt die Investmentbank einen Nettogewinn von rund 7,5 Milliarden Dollar und einen Umsatz von 34,2 Milliarden Dollar. Der Gewinn klettert um 68 Prozent. Die Bank übertrifft damit die Erwartungen der Analysten. Die Aktien legten um 1,9 Prozent zu.
Gewinnsteigerung um 68 %. Da kommt die Realwirtschaft nicht mit. Vorbei die Zeiten, wo man als Unternehmer dankbar war, wenn man 10 % Gewinn hatte, die Leute beschäftigen und die Kredite bezahlen konnte. Was aber geschieht mit den Menschen, die die Realwirtschaft nicht mehr versorgen kann, geschweige denn beschäftigen? Wer investiert eigentlich noch in bessere Infrastruktur, Bildung, neue Ideen, neue Produkte, eine Verbesserung der Lebensqualität oder schlichtweg in Zukunft und Fortschritt, wo doch Banken aus dem Nichts heraus Supergewinne einfahren? Wozu braucht man noch ein Hotel, wenn man doch mit Spekulationen um die Idee eines Hotels enorme Gewinne erzielen kann?
Vorsitzende von Kreissparkassen erhalten inzwischen Gehälter, von denen ein Bundeskanzler nur träumen kann (siehe Handelsblatt) – und das völlig ohne gesamtgesellschaftlichen Nutzen, ohne unternehmerisches Risiko und ohne persönliche Überarbeitung … von „Burn out“ bei der Kreissparkasse hört man selten, dafür hört man aber sofort Warnungen vor der „sozialistischen Gefahr“, wenn es um Preisfestsetzungen bei Mieten und Zinsen geht, siehe Handelsblatt, hier als „Leiche der Sozialisierung“ bezeichnet.
Währenddessen hat das „System“, das gerne als alternativlos bezeichnet wird, schon Methoden entwickelt, die anfallenden Probleme zu lösen. Die Jubelmeldungen über Absatzrekorde bei VW können Kenner der Wirtschaft nicht davon ablenken, das unser Staatsdampfer (oder Staatengemeinschaftsdampfer) mit dem Eisberg der Globalisierung zusammengestoßen ist – die Meldung, das einige Passagiere der ersten Klasse ganz oben auf dem Schiff noch trockene Füße haben, beruhigt niemanden, der noch alle fünf Sinne beisammen hat.
Und wie auch bei der Titanic erwischt es jene, die unten im Schiff wohnen, zuerst – und nicht nur jene 94-jährige Frau, die unlängst in Frankreich aus einem Altenheim herausgeschmissen wurde, weil ihre Rechnungen nicht bezahlt wurden (siehe Yahoo), sondern alle Armen in Deutschland, die de fakto von effektiver medizinischer Behandlung ausgeschlossen worden sind.
Ich habe da heute ein Informationsblatt einer Krankenkasse erhalten, das mich äußerst verwundert – und natürlich enthält es auch eine Rechnung. Ein Notarzt hatte mich mal wieder ins Krankenhaus eingewiesen und einen Rettungswagen angefordert.
Für diese Fahrt darf ich jetzt 10 Euro bezahlen … die „Leiche der Sozialisierung“ wird hier aber nicht kritisiert. Es gab noch mehr soziale Leichen:
Arzneimittel: mindesten 5 Euro pro Rezept.
Haushaltshilfe: 10 Euro pro Leistungstag
Soziotheraphie: 10 Euro pro Leistungstag
Häusliche Krankenpflege: 10 Euro pro Leistungstag
Heilmittel: 10 Euro pro Verordnung
Krankenhausbehandlung: 10 Euro pro Kalendertag
Anschlussrehabilitation: 10 Euro pro Kalendertag
Rehabilitation: 10 Euro pro Kalendertag.
Welch´ differenzierte und nachvollziehbare Preisgestaltung: hier wurde mit viel Mühe und Einsatz hochqualifizierter Experten ein fein ausgewogenes Zuzahlungssystem entwickelt, das eine weitere Expertenkommission sofort wieder begrenzte (siehe bmg).
Frage an mich: wofür bezahle ich eigentlich eine Krankenversicherung? Nun: um einige hundert Verwaltungen am Leben zu halten und vielen Vorständen ein sechsstelliges Jahreseinkommen zu sichern – das freilich nur ein Drittel der Bezüge eines Sparkassenchefs erreicht (siehe Krankenkassen.de).
Niemand wittert da irgendwelche sozialistischen Leichen … obwohl es doch gerade ein Zeichen des real existierenden Sozialismus war, das die Funktionäre ein klein wenig „gleicher“ als der Rest waren.
Die Leiche der Sozialisierung hat bei den Krankenkassen voll zugeschlagen … doch es erfolgt keine Kritik von Seiten der Hüter der Marktwirtschaft: sie kommen nur aus ihren Löchern, wenn Zinseinkünfte in Gefahr sind, dabei haben wir hier Sozialismus pur: einfach mal grundlos auf Allem 10 Euro mehr draufschlagen. Hier zeigt sich auch, wie sehr Politik inzwischen differenzieren kann: gar nicht mehr. „Überall einfach mal zehn Euro drauf!“ war die Devise: dümmer, bequemer und einfallsloser geht es kaum noch.
Der Regelsatz für Arme betrug zu dem Zeitpunkt 359 Euro. Hiervon sind sozialistische Preissteigerungen bei Strom und Telefon zu bezahlen, ebenso die Preissteigerungen bei Benzin (bzw. Transportkosten), Nahrungsmitteln und Kleidung. 10 Euro pro Kalendertag mehr wäre hier aber nie denkbar.
Wo bleibt hier die mahnende Stimme, die vor der Leiche der Sozialisierung warnt?
Und wer warnt davor, das die Sozialisierung von 68%-Gewinnen schon längst erfolgt – ohne das der Kunde ein Möglichkeit hat, dort einzugreifen?
Kriege ich eigentlich mein Geld zurück, wenn ich mit der ärztlichen Behandlung unzufrieden bin?
Kann ich Rechnungen an Arzt und Krankenhaus stellen, wenn die mich über Gebühr lange einbehalten haben und so meine Lebenszeit raubten?
Kann ich irgendwo sagen: „Nein, das ist mir zu teuer, dafür würde ich nur die Hälfte geben?“
Kriege ich Geld zurück, wenn das Medikament nicht wirkt … oder mir schlecht davon wird (an Schadensersatz will ich da gar nicht denken).
Kurzum: wirkt da irgendwo noch Marktwirtschaft?
Bin ich noch irgendwo frei – als Kunde?
Um beispielsweise zu sagen: „Nein, also für solch eine Gurkenstaat zahl ich keine Mehrwertsteuer mehr – die sollen erstmal was leisten für ihr Geld.“
Und den Flughafen in Berlin … sollen sie gefälligst selber zahlen.
Werden sie aber nicht, denn hier gilt das Prinzip des Sozialismus: wir stehen alle füreinander ein. Jedenfalls: wenn es um die Kosten geht.
Wenn es aber um Gewinnsteigerungen von 68 % geht … dann vergessen die Kriegsgewinnler gerne die Vorteile des Sozialismus – bzw. die Pflichten, die sich aus einer Solidargemeinschaft ergeben.
Wenn ihre Maschinen dem Markt einen solchen Gewinn abgerungen haben (mit Methoden, die kaum noch ein Mensch verstehen kann), dann werden sie auf einmal ganz schnell … Räuber.
Sie gleichen jenen entsetzlichen Gestalten, die dem Dorf die Ernte der Jahresarbeit aus dem Speicher stehlen … oder sie mithilfe von Gauklerstricks und Spielerkünsten darum betrügen.
Einige wenige Unternehmer wehren sich dagegen … und zeigen, was es heißt, in einer demokratischen christlich geprägten Sozialgemeinschaft zu leben:
Ein Bau-Unternehmen in Carlet (Provinz Valencia) hat heute dem Bürgermeisteramt 27 Wohnungen zur Verfügung gestellt. Darin sollen diejenigen Familien aus der Umgebung untergebracht werden, die durch Zwangsräumung ihre Behausung verloren hatten. Für eine symbolische Miete von monatlich 50 Euro werden die Appartements zunächst für zwei Jahre zur Verfügung stehen (siehe: Uhupardo).
Was wären wir für eine unschlagbare Sozialgemeinschaft, wenn wir uns alle so verhalten würden. Keine Krise könnte uns bezwingen, kein Staat uns mit „Sanktionen“ niederringen.
In Deutschland sind es Unternehmer, die mit Tauschplattformen den „Kapitalismus unterwandern“ wollen (siehe Spiegel): dabei unterwandern sie eigentlich einen herrschenden Preissteigerungssozialismus, in dem immer mehr Menschen für immer mehr Arbeit immer weniger Lohn bekommen, damit immer weniger Menschen mit immer weniger Arbeit immer mehr Geld erhalten.
Man denkt, man lebt in der alten DDR.
Auf einmal merkt man, woher die Kanzlerin ihre Visionen beziehen könnte.
Wie sind wir eigentlich dahingekommen?
Die Antwort ist ganz einfach: der Untergang unserer Industrie ist ihren Kapitänen bewusst – und in Zeiten der Not erinnert man sich gerne daran, das es noch den Staat gibt, der mit „Befehlspreisen“ (in Form von Mehrwertsteuer oder Zuzahlungen bei medizinischen Leistungen) für alles eigene Fehlverhalten gerade steht, damit die eigenen Wunschträume vom Superreichtum nicht im Nichts zerrinnen, siehe (um beim Beispiel Medizin zu bleiben)Finanzen.net:
Anfang Oktober wurde für Kassenärzte eine Erhöhung der Ärztehonorare von einer Milliarde Euro ab 2011 festgelegt. Da Bayern sich für eine weitere Anhebung ausgesprochen hatte, wurde dieser Betrag nun um weitere 120 Millionen Euro erhöht. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung hat dies heftig kritisiert. Die gesetzlich Krankenversicherten seien wieder einmal die Leidtragenden, da auf sie im nächsten Jahr Beitragserhöhungen zukommen werden. Der allgemeine Beitragssatz wird von 14,9 auf 15,5 Prozent erhöht und die Zusatzbeiträge dürfen künftig beliebig hoch sein. Laut dem Spitzenverband leeren sich somit die Geldbörsen der Versicherten, während die gut verdienenden niedergelassenen Ärzte immer mehr Geld erhalten. Die Honorare steigen allein in Thüringen um ganze 24,1 Prozent.
Wie erfolgreich die „behandeln“, wird nie diskutiert. Ist das Demokratie oder Marktwirtschaft? Fragt uns jemand, wieviel Zinsen wir für Geld zahlen wollen, das uns als Gemeinschaft eigentlich selbst gehört, weil wir dieses Tauschmittel für uns geschaffen haben – für uns, und nicht für Gaukler und deren Taschenspielertricks.
Was ist eigentlich alles schiefgegangen, das wir unsere Marktwirtschaft (samt Demokratie) zugunsten von etwas verloren haben, das wir längst als tot wähnten: den Sozialismus?
Und wie kann es eigentlich sein, das etwas, das als soziale Bewegung gestartet ist, in einen „Sozialismus“ ausartet, der Menschen genauso ausbeutet wie ein Industriebaron seine Leibeigenen?
Wann haben wir konkret unsere finanzielle Souveränität an Handelsmaschinen abgegeben, denen nun die ganze Weltwirtschaft auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist?
Und warum reden wir eigentlich nicht mal darüber, ob es nicht noch Alternativen zu einer marktwirtschaftlichen Leiche gibt, die gerade von sozialistischen Leichen ausgeplündert wird? Immerhin: welche Zukunft für uns übrig bleibt, wenn sogar schon die Leichen Leichen plündern, können wir uns unschwer ausmalen.
Was wäre wenn wir einfach morgen einen neuen Versuch starten – einen Versuch, der nicht die Sozialisierung von Rendite in den Mittelpunkt staatlicher Aufmerksamkeit bringt, sondern einen ganz einfachen Begriff wie … GERECHTIGKEIT.
Jakob Augstein hat dafür schon mal im Spiegel geworben:
Warum werden die Reichen reicher und die Armen ärmer? Das ist eine Kinderfrage. Aber sie liegt am Grunde der Politik. Und wir sollten sie uns nicht ausreden lassen. Das drängendste Problem in Deutschland ist die wachsende Ungerechtigkeit und Ungleichheit in der Gesellschaft. Es ist ganz gleich, welche Statistik man zur Hand nimmt, die Ergebnisse weisen alle in die selbe Richtung: Die Republik hat sich verändert. Die Deutschen müssen sich fragen, in welcher Gesellschaft sie leben wollen. 2013 haben sie die Gelegenheit zu einer Antwort. Sie sollten das Jahr der Bundestagswahl zum Jahr der Gerechtigkeit machen.
Wo allerdings muss ich mein Kreuz machen, wenn ich Gerechtigkeit will?
Momentan kommt es mir so vor, als könnte ich nur entscheiden, welche sozialistische Leiche mehr von der marktwirtschaftlichen Leiche knabbern darf.
In meinen Augen ist das … eigentlich keine Wahl mehr.
Das ist „real existierender Sozialismus“ … mit kapitalistischen Parolen.
Und das kann man nur verstehen, wenn man sich dem Primatenfunk konsequent entzieht – kein Wunder, das für diese Formate überall Werbung gemacht wird.
Sonst würden mehr Menschen verstehen, das unsere Titanic keinen neuen Kapitän braucht (und erst recht keinen professionellen Hilfsreferenten): wir brauchen ein ganz nagelneues Schiff!
Dann können wir uns die Rettungsboote für die Reichen auch sparen.
Sonntag, 15.1.2012. Ein Tag der Ruhe, Entspannung und Besinnung. Jedenfalls … wenn man nicht in die Zeitung geguckt hat. Tut man sich das an, ist es vorbei mit der Ruhe, der Entspannung oder der Besinnung. Schlimmer wird es, wenn man ins Fernsehen schaut: vor laufender Kamera werden dort Menschen gequält, erniedrigt und zu unmenschlichen Akten gezwungen – siehe Welt:
Zuerst werden die beiden mit Mehlwürmern übergossen, bevor sie fetten, lebendigen Maden den Kopf abbeißen, sie aufessen und gequirltes Emu-Blut trinken müssen.
Man stelle sich vor, ein Entführer würde so etwas Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter antun. Hätten wir nicht Verständnis dafür, wenn man die Initiatoren der Veranstaltung nach einem gerechten Prozess standrechtlich erschießen würde? Immerhin – wer weiß, welche Degenerationen diese Entwicklung noch hervorruft, wenn man ihr kein Einhalt gebietet? Hier werden gerade die schlimmsten medialen Horrorphantasien der sechziger und siebziger Jahre Realität – doch niemand schon Anstoß daran zu nehmen. Trauen wir uns doch mal, einen Blick auf die Zusammenhänge zu nehmen – zum Beispiel bei anderen Horrorphantasien, die schon lange vorher Realität geworden sind.
Die ersten Konzentrationslager weltweit wurden von den Briten in Südafrika im sogenannten „Burenkrieg“ etabliert:
Da ein so operierender Gegner auf konventionelle Weise kaum zu fassen war, wandte Kitchener eine Strategie der „verbrannten Erde“ an: Die Farmen in den Guerillagebieten wurden zerstört und die Ernten vernichtet, um den Gegner auszuhungern. Rund 120.000 Farmbewohner, vor allem Frauen und Kinder, wurden in Konzentrationslagern interniert. Davon starben über 26.000 aufgrund katastrophaler Lebensbedingungen an Hunger und Krankheiten. Der Begriff „Konzentrationslager“ (englisch: Concentration Camp) wurde zum ersten Mal in diesem Krieg verwendet.
26000 Tote – vor allem Frauen und Kinder – der erste Massenmord in Konzentrationslagern geschah in Südafrika. Die Deutschen lernten schnell:
Als Konzentrationslager wurden, soweit heute bekannt, in Deutschland erstmals im März 1915 Internierungslager der zum Kruppkonzern gehörenden Friedrich-Albrecht-Hütte für polnische Arbeiter in Barmen und Elberfeld bezeichnet. Dem folgten zahlreiche Internierungslager und provisorische Gefängnisse für deportierte Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und politische „Schutzhäftlinge“ im Ersten Weltkrieg und in der frühen Nachkriegszeit.
Daraus wurde dann später ein richtiger Konzern – weil „Konzern“, jene unheimliche, machtvolle US-Konstruktion von Unternehmenszusammenballungen – gerade voll in Mode kam:
Die Konzentrationslager für Zivilpersonen (Abkürzung: KZ oder KL) wurden in der Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten von Organisationen derNSDAP errichtet. Es waren schließlich mehrere Tausend Konzentrations- und Nebenlager und sieben Vernichtungslager. Sie dienten der Ermordung von Millionen Menschen, der Unterdrückung politischer Gegner, der Ausbeutung durch Zwangsarbeit, medizinischen Menschenversuchen und der Internierung von Kriegsgefangenen. Das Lagersystem stellte ein wesentliches Element der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft dar.
Durch die Konzentrationslager wurde ein uraltes verbrecherisches Element der Menschheitsgeschichte gesellschaftsfähig, das wir eigentlich für ausgestorben hielten: die Sklaverei – die skrupellose wirtschaftliche Ausbeutung von Menschen zum Zwecke der Gewinnmaximierung – inklusive ihrer anschließenden kostengünstigen Entsorgung im Falle einer chronischen krankheits- oder altersbedingten Leistungsminderung. Merkt man langsam, wie kurz davor wir wieder sind, die ersten Lager zu bauen? Nun – wir bauen neue und andere Lager – erstmal. Zum Beispiel im Dschungel. Was Menschen dort angetan wird, kann man weiter oben lesen. Wie weit das früher ging, sieht kann man hier nachlesen:
An Inhaftierten wurden von Ärzten, wie Josef Mengele (Auschwitz), Robert Ritter (KZ Buchenwald) unter anderem medizinische Experimente vorgenommen, in deren Verlauf die Häftlinge meist qualvoll starben. Sie wurden beispielsweise mit Fleckfieber, Malaria- oder TBC-Erregern infiziert, um Impfstoffe zu testen, ihnen wurden Brandbombenverletzungen zugefügt und an ihnen erfolgten Salzwasserversuche.
Da hätten viele Deutsche sicher gerne an den Bildschirmen gesessen und zugeschaut, oder? Machen sie ja heute auch wieder. Liest man Stéphane Hessels Schrift „Empört Euch“, so findet man gerade diesen Tatbestand ausgeführt – anlässlich einer Kundgebung zum 60. Jahrestag der Verkündigung des Programms des Nationalen Widerstandsrates, auf das ich kürzlich schon hinwies:
„Der Nazismus ist besiegt worden dank dem Opfer unserer Brüder und Schwestern in der Résistance und der im Kampf gegen die faschistische Barbarei verbündeten Nationen. Doch die Bedrohung ist nicht vollständig gebannt, und unser Zorn über die Ungerechtigkeit nicht gewichen“.
Nein, die Bedrohung ist nicht ganz gebannt. Und so rufen wir weiterhin auf zu einem „wirklich friedlichen Aufstand gegen die Massenkommunikationsmittel, die unserer Jugend keine andere Perspektive bieten als den Massenkonsum, die Verachtung der Schwächsten, den allgemeinen Gedächtnisschwund und die maßlose Konkurrenz aller gegen alle“.
(Hessel, Empört Euch, Ullstein 2010, Seite 21)
Hessel weiß, wovon er spricht. Er ist in Buchenwald nur knapp der Vernichtung entkommen. Sicher – unsere Häftlinge sind freiwillig dort drin … noch. Das ist aber auch die neue Dimension des Horrors im 21. Jahrhundert: dank der allgegenwärtigen Massenkommunikationsmittel konnte eine großflächige Umerziehung der Bürger zu masochistischen Leidenssklaven erfolgen, die enormen Spaß am gequält werden haben.
Wir sind ja dazu erzogen worden, zu Glauben, das sei alles Zufall, Schicksal oder der unabwendbare Lauf der Dinge – übersehen aber dabei, das es eine hochintelligente, geschichtlich gebildete Gruppe mit unvorstellbarer Finanzkraft gibt, die über all die Erfahrungen aus historischen Gegebenheiten bewußt verfügt und deren Ergebnisse gezielt anwendet – so wie die US-Raumfahrt die Ergebnisse der KZ-Menschenversuche auch dankbar verwertet hatte. Niemand wäre wirklich auf die Idee gekommen, diese durch äußerste Unmenschlichkeit gewonnenen Daten zusammen mit ihren Opfern zu begraben. „Der Zweck heiligt die Mittel“ – das sagt uns „die Wissenschaft“ oft genug.
Gerade heute kann man die Täter bei der Arbeit beobachten.
„Finanztransaktionssteuer“ ist ja ein lang gehegter Wunsch von Attac, sollte ja jetzt in Frankreich mal eingeführt werden. Was machen die Täter, die sich gerne hinter dem neutralen Begriff „die Märkte“ verbergen – was in etwas sprachlich bzw. inhaltlich so korrekt ist, als würden wir die Bewohnern eines Landes als „die Mägen“ bezeichnen? Sie demontieren den französischen Präsidenten:
Frankreich ohne das dreifache A: Der Verlust der Bestnote durch die Rating-Agentur Standard & Poor’s ist nicht nur ein weiterer Rückschlag für Europas zweitgrößte Volkswirtschaft: Die Horrornachricht aus London könnte auch für Staatschef Sarkozy wenige Monate vor der Wahl zum Verhängnis werden.
Erinnert in etwas an Deutschland Ende Anfang der dreissiger Jahre: wer den Führer kritisiert, bekommt Besuch von der SA – nur diesmal läuft das globaler. Wer nicht nur auf das Ekelcamp schaut (und sich insgeheim davor fürchtet, was er selbst für eine Figur machen würde, wenn man ihn dort hineinsteckte), hat mitbekommen, das die Schutzstaffel (SS) des Neoliberalismus (eine amerikanische Form des Nationalsozialismus, der Wohlstand, Freiheit und Sicherheit für alle … Millionäre … verspricht im Kampf gegen die böse kommunistische Welt, die es wagen würde, sogar Apple die Kinderarbeit zu verbieten, obwohl der Konzern doch so toll ist und man gerade an Kinderarbeit so fein verdienen kann) –die Ratingagenturen – auch die Merkel im Visier hat – und ganz Deutschland ebenso.
Kaum hat Angela Merkel gedroht, gegen den Ratingterror vorzugehen (ist wohl bald wieder Wahl im Lande), steht schon die SS vor der Tür:
Der Rundumschlag des Ratingriesen Standard & Poor’s setzt Europa unter Druck. Denn auch die Bestnote des bisherigen Schirms EFSF ist bedroht. Die Deutsche Bank stellt sich schon auf das Schlimmste ein.
Klassisches Dramadreieck: Angela Merkel, die böse Täterin, Standard & Poors – das arme Opfer, die Deutsche Bank: die Retterin in der Not. „Ein nicht zu überhörender Warnschuss für Deutschland“ zeigt uns, das wir uns mitten im Krieg befinden – und uns besser nicht einmischen. Diese Passivität, die uns eine gewaltige Mitschuld an der Zerstörung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage von Milliarden von Menschen gibt, wird uns nach Kräften versüßt: der Stubenhocker wird das neue Standardmodell. So wird Isolationshaft erträglich.
„Rating“ verpaßt Ländern eine Nummer. Das kennen wir schon.
Bei der Aufnahme in ein KZ wurde den Häftlingen nicht nur das Haar und die Privatkleidung genommen, sondern auch der Name. Sie erhielten eine in jedem „Transport“ fortlaufende Nummer, die in Auschwitz auch eintätowiert wurde. Damit zählten sie zum Bestand des KZ und konnten „verwaltet“ werden. Ab sofort waren sie im Lager nur noch eine Nummer:
„Wenn man es mit einem SS-Mann zu tun hatte, musste man als erstes die Mütze herunterreißen, und seine Nummer laut und deutlich, natürlich auf deutsch, angeben. Ich beginne zu begreifen, welches Glück im Unglück ich habe, fließend Deutsch zu sprechen. Die meisten griechischen und italienischen Juden verstehen keinen Befehl und können nicht einmal ihre Nummer aussprechen. Natürlich können sie auch keine deutschen Lieder singen, die wir, wie zum Hohn, beim Hin- und Rückmarsch von der Arbeit auch noch zum Besten geben müssen. Das ist ausreichend, um brutal geschlagen, manchmal auch totgeschlagen zu werden.“
Man merkt: im KZ war es lustig wie im Dschungelcamp. Die haben dort sogar freiwillig gesungen. Wir Deutschen haben jetzt auch schon alle unsere Nummern bekommen – dafür hat die Schufa gesorgt. Dazu haben wir noch Steuernummern und Telefonnummern – damit man auch immer weiß, was wir wann wo machen.
Merkt man, warum Buchenwaldhäftlinge sich vor Massenkommunikationsmitteln fürchten?
Im Hintergrund sehen wir den Nationalsozialismus der Neuzeit wirken: den Neoliberalismus der achtziger Jahre.
Der Linguist Noam Chomsky veröffentlichte 1998 Profit over People – Neoliberalism and Global Order. Er vertritt darin, der Neoliberalismus habe seit Ronald Reagan und Margaret Thatcher weltweite Hegemonie erlangt. Dies habe zur Privilegierung weniger Reicher auf Kosten der großen Mehrheit geführt. Große Konzerne und Kartelle beherrschten das politische Geschehen in den USA. Der freie Markt bringe somit nicht im geringsten eine Wettbewerbsordnung hervor. Durch den politischen Einfluss großer Unternehmen auf die US-amerikanischen Parteien werde dauerhaft die Demokratie untergraben. Die US-Regierungen hätten dazu durch Subventionen und Importzölle beigetragen. Ein typisches Beispiel der Unterstützung von Großkonzernen durch die Regierung sei die Welthandelsorganisation.
Da bringt uns das 21. Jahrhundert eine Neuauflage der nationalsozialistischen Weltanschauung (nur wird der Arier hier durch den Millionär ersetzt, der selbst dann noch heiliger Herrenmensch ist, wenn er sein Vermögen mit Menschenhandel, Drogen, Waffen, Prostitution und Kinderarbeit gemacht hat), es werden ganze Völker in Häftlinge verwandelt, die den neuen Herren ihre „Reformen“ liefern müssen wie dereinst die besetzten Länder die „Reformen“ der Nationalsozialisten durchsetzen mußten – und wir verkriechen uns ängstlich hinter dem Bildschirm.
Verständlich – bei den Aussichten.
In den USA fängt man übrigens jetzt gerade an, gegen die bezahlten Experten – „Ökonomen“ genannt – vorzugehen. Ihre Gutachten kann man kaufen wie Bier und Zigaretten. Leider weiß man nicht, wer alles gerade von wem gekauft wurde, man merkt nur, das da in der Tat etwas nicht ganz sauber lief – weshalb wir alle Gutachten und Meinungen der sogenannten „Wirtschaftsweisen“ erstmal auf dem Dachboden lagern sollten – sicherheitshalber.
Stattdessen sollten wir uns eher mit dem langsamen Umbau der westlichen Welt in ein gigantisches Arbeits- und Vernichtungslager beschäftigen. Findet ja eigentlich tagtäglich direkt vor unserer Nase statt – und wir nehmen es ganz bewußt wahr … wie die hoch geschätzte weise Frau Sybille:
Bestehen wir auf Heizung und Kleinwagen, müssen wir arbeiten, immer mehr, weil es gilt, sich gegen sieben Milliarden zu behaupten, die auch eine Heizung und einen Kleinwagen wollen. Und das macht krank, egal, wie wir es nennen, denn das Leben ist eine Demütigung, der man nur mit geisteskrankem Optimismus oder einer gepflegten Trauer begegnen kann.
Und deshalb schauen wir uns gerne an, wie andere Maden fressen müssen: das erleichtert unser eigenes Elend … unser Burn Out, die vornehme Umschreibung von:
SCHNAUZE VOLL!
Selten finde ich mal was authentisch Menschliches in den Nachrichten. Heute war es so weit, bei Spon:
Weniger trinken. Aber wer soll denn zehn Grad Minus und einen bleigrauen Himmel ohne einen gepflegten Rausch ertragen? Vorsätze. Die Hoffnung der Müden, der Zahnräder des Kapitalismus, der Basis des Staates, dass sich das Schicksal mit einem Mantra der Besserung zum Guten wenden würde. Vorsätze, der Pakt mit dem Universum. Ich werde abnehmen, mich disziplinieren, ich werde den Iron Man mitmachen, und dann musst du, Schicksal, mich belohnen. Mit einem Leben das sich nicht anfühlt wie Beutelsuppe schmeckt. Ein kleiner Deal, komm schon!
Landauf landab begegnet mir seit Jahrzehnten diese Typus Mensch, der in Deutschland die Mehrheit bildet … die schweigende Mehrheit, wenn man so will. Ihnen geht es gut, sie haben viel Geld, sie haben alles richtig gemacht. Zweierbeziehung mit doppeltem Einkommen, keine Kinder, leistungsorientiert, das ganze Leben bis in den letzten Winkel so durchorganisiert, das man allen Ansprüchen der Werbebranche und der Medien an ein vorzeigbares Leben genügt: Sport, Urlaub, Geräteausstattung – alles vom Feinsten (oder drei Klassen drunter, wenn die Jobs zu wenig abwerfen – da zählt dann „dabei sein ist alles!“).
Aber wenn man dann fertig ist mit allem, merkt man schnell: man ist betrogen worden. Es ist kein Leben in der modernen Arbeitsameisenkultur. Der einzige Ort, wo noch Leben ist, ist in jenem Elektrofenster, durch das wir tagtäglich neue Botschaften bekommen: was wir dieses Jahr essen sollen, welche Autos wir kaufen müssen, wie wir uns kleiden müssen und welche Trendfarbe in unsere Wohnung muß.
Um uns herum … wird die Welt immer dunkler. Verbrecher kommen an die Macht. Meistens Verbrecher in Maßanzügen, der Typus mit Augenklappe und Hakenhand ist gerade nicht modern.
Damit wir aber beim Verzehr unserer dioxinverseuchten Fertignahrung nicht auf die Idee kommen, den Tunesier zu machen, sorgt der Staat dafür, das wir nur noch die „guten“ Informationen bekommen, die wirklich bedrohlichen … muß man selber suchen. Leider findet man sie auch, zum Beispiel im Handelsblatt:
Die Mafia sitzt in Köln, Hamburg, Mannheim und Nürnberg. Die neapolitanische Camorra in Berlin, Düsseldorf, Dresden, Frankfurt und München. Die Hochburg der kalabresischen ’Ndrangheta ist in Duisburg, dort, wo im August 2007 vor dem Restaurant „Da Bruno“ sechs Italiener bei einer Fehde zweier Clans aus San Luca erschossen wurden.
Der Jahresumsatz der drei Mafia-Organisationen liegt zwischen 120 und 180 Milliarden Euro, und der Gewinn wird auf 70 bis 80 Milliarden Euro geschätzt.
„Die Mafia hat genug Kapital und investiert in angeschlagene Finanzsektoren. Auf diese Weise wird die Wirtschaft immer mehr verschmutzt.“
Hört sich sehr bedrohlich an, oder? Wir wissen es auch schon länger und die Gefahr für die Zivilgesellschaft (also für uns alle, ob reich oder arm, gesund oder krank, dick oder dünn, alt oder jung) ist immens. Was geschieht mit dem Buch, das detalliert den Einfluß in Deutschland beschreibt? Wir vom Markt genommen.
„Ich habe ein Buch geschrieben gegen die Scheinheiligkeit derer, die die Mafia nicht sehen, bis die eigenen Straßen voller Blut sind, wie es in Duisburg geschehen ist“, sagt Forgione. „Dass mein Buch eingezogen worden ist, bestätigt, dass in Deutschland die Scheinheiligkeit siegt“, ergänzt er verbittert.
Der Autor ist Soziologe und Hochschullehrer, Vorsitzender der Antimafia-Kommission des italienischen Abgeordnetenhauses während der Regierung Prodi, sein Buch es eine reine seriöse Faktensammlung … aber bei den Renditen und den Kapitalmengen, die die Mafia als Großkonzern mitlerweile bewegt, ist ihre Macht so groß, das sie bestimmen kann was Fakten sind oder auch nicht. Es gibt sicher genug Leute, die für einen Umschlag voller Bargeld ein Auge zudrücken – immerhin sind wir eine Leistungsgesellschaft geworden, die sich für guten Lohn so ziemlich alles leistet.
Vor dem Hintergrund erklärt sich der unglaubliche Erfolg der wahrhaft spätrömischen Dekadenz, der Triumphzug der medialen Unmenschlichkeit und die Etablierung der neuen Gladiatorenarena. Wo früher Christen von Löwen gefressen wurden, werden heute „B-Promis“ (an und für sich schon ein in mehrdeutiger Hinsicht faschistoider Terminus) der Öffentlichkeit vorgeführt: das „Dschungelcamp“ feiert unaufhaltsam seinen Triumph. Die „Welt“ klärt uns über die Motivation der Teilnehmer detalliert auf:
Ruhm ist vergänglich, und das ist für viele Prominente, deren Zeit im Dauerrampenlicht vorbei ist, eine bittere Erfahrung. Die Stille nach dem Applaus schmerzt, und die Ebbe auf dem Bankkonto tut ein Übriges, so dass manche Ex-Stars bereit sind, sich buchstäblich zum Affen zu machen, um endlich wieder zurück vor die Kameras zu dürfen.
Alles eitle Versager auf der Flucht vor der ARGE – das habe ich hoffentlich so richtig übersetzt? Thomas Gottschalk hat uns ja schon gezeigt, das der öffentlich-rechtliche Rundfunk schon bereit ist, für die Quote über Leichen zu gehen, RTL peilt vorher noch die gezielte Erniedrigung und Demütigung an, die umso schlimmer wirkt, weil die Menschen es freiwillig tun:
Kotzfruchtsaft mit Mehlwürmern, lebendige Flusskrebse, Wasserspinnen, Stabheuschrecken und Rhinozeros-Kakerlaken …. das ganze erinnert an das „Ekeltraining“ satanischer Sekten.
Wie lange wird es wohl noch dauern, bis RTL Arbeitslose durch Kampfhunde zerfleischen läßt oder Migranten den Krokodilen zum Fraß vorwirft? Zehn Jahre? Oder nur zwei?
Wie schön wäre es, wenn wir eine Gemeinschaft hätten, die dafür sorgt, das niemand es nötig hat, sich derart zu verkaufen, das niemand es nötig hat, das Leben als dröge Tütensuppe zu empfinden, das niemand es nötig hat, sich der Mafia anzudienen. Das ist ein ganz einfaches kulturelles Argument für ein bedingungsloses Grundeinkommen: es rettet die Zivilisation vor den Entartungen der spätrömischen Dekadenz, die ganz sicher nicht ihren Ursprung in Haushalten von Langzeitarbeitslosen hat.
Dabei … haben wir die Gemeinschaft eigentlich schon. Wir leben mitten drin … und lassen sie gerade sterben, lassen zu, das sie von einer degenerierten Raubwirtschaft ausgeblutet wird. Darum wird es Zeit, den Spieß umzudrehen: Deutschland ist unser Land, nicht das Land von Porsche, Siemens, Roland Berger oder den Parteien.
Wenn die also weiterhin hier ihre Geschäfte machen wollen, dann … brauchen wir ein bedingungsloses Grundeinkommen. Das ist die Minimalforderung, die man stellen muß – und unsere Wirtschaft sollte doch wohl in der Lage sein, so etwas hinzukriegen, oder? Immerhin kann man ja ganz gut Millionär in diesem Land werden, wo sogar die Linken Porsche fahren. So eine stabile zuverlässige Planungsgrundlage für Jedermann ist Grundlage eines jeden Geschäftes, der „Cash Flow“ muß gesichert sein … weshalb ich davon ausgehe, das die Wirtschaft an sich Verständnis dafür hat. Immerhin brauchen die ja auch Geld zum Leben.
Allerdings wird man mit Gegenwind von Seiten der Arenabetreiber rechnen müssen … und mit Gegenwind all jener asozialen Elemente, die von der momentanen Mangel- und Notsituation enorm profitieren, weil sie Menschen total billig einkaufen können. Aber besser Gegenwind … als Madenfrass. Und den haben die für uns alle vorgesehen … denn wenn die „B-Promis“ das schon können, dann kann man unseren Arbeitslosen auch zumuten, der UN-Empfehlung von gesteigertem Insektenverzehr zu folgen, hier aus news.orf:
Geht es nach dem für die UNO-Welternährungsorganisation (FAO) tätigen Experten Arnold van Huis, sollen künftig auch in den westlichen Industrienationen Insekten verstärkt auf den Speiseplänen zu finden sein. Angesichts der sprunghaft steigenden Weltbevölkerung stehe laut einer aktuellen Studie demnach außer Frage, dass es künftig ressourcenfreundlichere Alternativen zu Fleisch geben müsse.
Ob das Dschungelcamp auch Fördergelder der FAO bekommt?