Sonntag, 18.11.2012. Eifel. Sonntag ist ja der philosophischste Tag der Woche, hier hat sogar Gott selbst geruht und sich Gedanken über seine Schöpfung gemacht. Er fand sie gut – auch wenn er mit dieser Meinung ziemlich alleine dasteht. Sonntag ist der Tag, wo man sich mal Gedanken über ganz andere Themen machen kann – oder wildere, mutigere Perspektiven annehmen darf. Das machen Menschen schon seit Jahrtausenden – früher nannte man sie Philosophen (ein Titel, den heute hauptsächlich diejenigen tragen, die die Biographien dieser Denker auswendig aufsagen können). Plato zum Beispiel war einer jener Denker (wobei hinter ihm eigentlich eher Sokrates stand, durch den altägyptische Mystik in das griechische Denken eingeflossen ist). Er hatte das bekannte Höhlengleichnis in das westliche Denken eingebracht, welches oft und gerne zitiert wird. Die Quintessenz dieses Gleichnisses – reinste Esoterik – ist einfach: die Welt, die uns unsere Sinne repräsentiert, ist nur ein schöner Schein, die Wirklichkeit steht als oberste Macht dahinter, bringt als Licht erstmal die Schatten der Welt in die Existenz und stellt das ABSOLUT GUTE da. Vierhundert Jahre später nannten die Christen das Gott. Nun ist Esoterik ja – wie Verschwörungstheorien, Ufos, paranormale Fähigkeiten, Nahtodeserfahrungen, Geistererscheinungen und Kommunismus ja ein Begriff, der im Kapitalismus – unserer herrschenden, „alternativlosen“ Kultur – mit einem großen Tabu belegt ist: darüber spricht man nicht, wenn man nicht für vogelfrei erklärt werden möchte. Ein ähnliches Tabu hat – nebenbei bemerkt – der Begriff Krieg, dabei befinden wir uns aktuell mitten drin, siehe Spiegel:
Die Nato plant einem Bericht zufolge den Einsatz von Luftabwehrraketen an der türkisch-syrischen Grenze – mit Unterstützung der Bundeswehr. Die Grünen warnen eindringlich davor, sich in den Konflikt einzumischen. Verteidigungsminister de Maizière spricht indes von Bündnissolidarität.
Das heißt konkret: der Bündnisfall ist eingetreten, die Nato bekennt sich dazu, das der Kriegsfall eingetreten ist – denn nur dann kann man sich auf die Notwendigkeit der Bündnissolidarität berufen. Wo ist der Aufschrei der sogenannten „linken Kampfpresse“ (ein ehedem rechtes Schmähwort, das heutzutage schon wie ein Lob klingt)? Wir sind im Krieg – einem Krieg, der sich ganz schnell zu einem Weltenbrand ausweiten kann, wenn man sich die Bündnisverflechtungen ansieht. Vor allem: wir kennen das schon. 1914 jährt sich bald zum hundertsten Male – und wenn wir den Prozess nicht aufhalten, werden wir den hundertsten Geburtstag unter dem Klang von Luftschutzsirenen verbringen.
Nun ist jedoch Sonntag, und jeder hat sicher Verständnis dafür, das wir diesen Tag nicht mit politischem Einerlei verbringen wollen. Was interessiert uns schon wirklich der sich anbahnende Weltenbrand, wo wir doch ganz andere Probleme haben?
Aktuell haben wir ja hier auf die Notsituation hingewiesen, in der sich Holdger Platta befindet. Ich schätze ihn als Autor sehr, habe aber auch noch einen Artikel aus der Psychologie heute von 1997 in Erinnerung (hier aus Psiram): Das Böse ist gut. Ein sehr treffender Artikel, der äußerst bedenkliche Erscheinungen innerhalb der „esoterischen“ Bewegung des Westens beschreibt – und einen großen Denkfehler begeht. Sicher findet sich innerhalb der Esoterik faschistisches Gedankengut, ein erbärmlicher Führerkult und eine brandgefährliche fatalistische Philosophie. Im Umkehrschluss zu behaupten, deshalb sei Esoterik böse, ist aber in etwa so, als würden wir behaupten, Politik sein generell böse, weil Hitler ein böser Politiker war, Menschen seien böse, weil Haarmann aus Kindern Wurst gemacht hat, Medizin sei böse, weil Mengele ein Arzt war oder alles Geld sei falsch, weil es Falschgeld gibt.
Wir akzeptieren solche Artikel aber klaglos, weil der Kult des Kapitalismus (und sein verzerrtes Spiegelbild: der Staatsmonopolkapitalismus, heute auch gerne Kommunismus genannt) dies fordert. Es ist immer leicht, auf Menschen einzudreschen, die nach der Begegnung mit der Wahrheit etwas desorientiert in der Alltagswelt herumlaufen – aber davor hatte schon Plato gewarnt:
So verhält es sich auch mit der Seele einer Person, die nach einem Übergang in einen anderen Erfahrungsbereich verwirrt ist und etwas nicht erkennen kann. Der Betreffende sollte nicht ausgelacht werden. Es kommt darauf an, ob er aus dem Licht der Wirklichkeitserkenntnis kommt und sich nun von ungewohnter Finsternis umhüllt findet oder ob er aus relativer Unwissenheit in einen Bereich größerer Klarheit, die ihn nun blendet, vorgedrungen ist. Diese beiden gegensätzlichen Ursachen können die gleiche Wirkung hervorrufen, was für die Einschätzung der jeweiligen Situation von grundlegender Bedeutung ist.
Ein Warnung, die 2500 Jahre alt ist und heute auf die Spitze getrieben wird: unsere Wahrheitssucher landen ganz schnell in der Psychiatrie – wo viele von ihnen möglicherweise gar nicht hingehören. Viele, die dort landen, haben nur einen anderen Zugang zur Wahrheit, eine andere Perspektive der Welt, ein anderes Interpretationssystem der Wahrheit – und dies ist noch viel älter als die gesamte Philosophie. Ich spreche hier vom „Schamanismus“ (auch so ein verwestliches und verwurstetes Wort), von jenen Menschen, deren Art der Welterfahrung sie früher zu Sehern, Orakeln, Schamanen, Medizinmännern, Zauberern, Philosophen, oder Mathematikern gemacht hatte. Mathematiker? Ja, anders als gerne öffentlich verbreitet galt die Mathematik als esoterische Wissenschaft, für die Pythagoreer war die Zahl der Urgrund des Seins, das Universum voller mathematisch erfassbarer Harmonie, die selbst schon den Beweis für die Existenz des Göttlichen lieferte und – nebenbei – die Unsterblichkeit der Seele bewiesen. Ähnliche Beobachtungen machen Mathematiker auch heutzutage, allerdings ist mir eine entsprechende Studie, die anfang der achtziger Jahre an der Ruhruniversität Bochum gemacht wurde, nicht mehr zugänglich.
Heute sperren wir diese Menschen fort und betäuben sie mit Medikamenten. Und auf jeden Fall werden sie ausgelacht – wie schon seit Jahrtausenden. Was dabei ausgelacht wird, ist – welch Wunder – die Wissenschaft selber. Niemand geringeres als Aristoteles selbst, der die Esoterik als streng wissenschaftlichen philosophischen Unterricht von jenen Lehren abgrenzte, die eher – weil sehr einfach geschrieben – für die Öffentlichkeit gedacht waren. Dies kann bis heute gelten – in einer Kultur, die sich auf den Satz des Pythagoras beruft, ihn jeden seiner Bürger auswendig lernen lässt, aber die damit verbundene Seelenlehre ohne jede wissenschaftliche Prüfung und ohne jeden philosophischen Diskurs mit einem Tabu belegt und somit im Sinne des platonischen Höhlengleichnisses per Diktat bestimmt, das wir uns nur noch um die wesentlich unbedeutendere Schattenwelt zu kümmern haben.
Wer waren die ersten Menschen, die sich gegen den Kult des Bohemian Grove wandten?
Zauberer. Leider funktioniert der Link in jenem alten Artikel nicht mehr, was sehr bedauerlich ist, da hier eine Fassung bzw. ein Zusammenschnitt der Erfahrungen des Alex Jones im Zusammenhang mit dem Bohemian Grove zu sehen war, die ich heute in der Art nicht mehr finde – vielleicht auch, weil Jones die dort zu sehenden Menschen als „Spinner“ abtat. Kundiges Auge erkannte ihre Symbole, Rituale, Segenssprüche und Gesänge gleich – es war eine sehr große Gruppe aus dem Bereich des westliche Wicca/Paganismusspektrum (von denen einige sich danach aufmachten, gegen den nächsten G 8 Gipfel zu demonstrieren). Schon lange vor Alex Jones haben gerade sie sich aufgemacht, mit aller ihnen zu Gebote stehenden Macht (wie real die wirklich ist, sei dahingestellt) gegen einen Ort anzugehen, der ihnen als einer der düstersten Orte der Menschheitsgeschichte vorkommt.
Vielleicht haben sie Alfred Schütze gelesen, einen Anthroposophen, der 1951 das Werk „Das Rätsel des Bösen und die Erscheinung des Antichristen“ veröffentlicht hat und dort zu erkennen gab, das er mit einem Tempel des Antichristen auf Erden im Reich der falschen Christen aus dem Westen rechnete. Meine Ausgabe ist von 1982, Fischer Verlag – und ich möchte mal ein paar Sätze dieses „Esoterikers“ zitieren, geschrieben frisch aus den Erlebnissen des letzten großen Krieges heraus:
Was wir erlebt haben – die Blutorgien, den kalt-zynischen Zerstörungswahnsinn und menschenmordenen Geschehnisse und Folgen des Krieges – ist in seiner Furchtbarkeit überhaupt nur zu begreifen als Ergebnis von solch zeitweiligen Eingriffen ahrimanischen Wesens in dafür vorbereitete Menschen. Und doch kann das alles nur als Artefakt zu noch stärkeren dämonischen Attacken gewertet werden, deren Kulminationspunkt die Erscheinung des Antichrist werden wird.
Schütze bezieht sich auf biblische Bilder von dem „Greuel der Verwüstung“ … unter dem er „wirkliche schwarze Magie“ versteht, die weit entfernt ist von dem, was wir heute darunter von der bunten Presse serviert bekommen.
Wirkliche schwarze Magie, die es auf der Erde vorläufig wohl nur in geringem Umfang gibt, hat das Ziel, die unmittelbare Anwendung ahrimanischer Mächte durch kultusartige Verrichtungen herbeizuführen.
Im Jahre 2012 erleben wir das, was Schütze 1951 „ahrimanisch“ nannte, als dominante Philosophie, jener kalte und zynische Geisteszustand, den unsere Kultur als höchstes Gut feiert und der als Qualitätsmerkmal einer „aufgeklärten Leistungselite“ gilt, begegnet uns in Politik, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft jeden Tag – mit entsprechenden Folgen – und im Bohemian Grove haben wir (aus der Sicht eines Anthroposophen, jener Denkrichtung, der wir die von uns hochgeschätzten Walldorfschulen zu verdanken haben) jenen Ort der „kultusartigen Verrichtung“, vor dem Schütze gewarnt hat.
Deshalb wenden sich Schamanen, Geistheiler, Zauberer, Medizinmänner aller Kulturen gegen diesen Ort, während die „ahrimanische“ Kultur ihn völlig ignoriert – oder gibt es jetzt nach vielen Jahren der unbeantworteten Fragen über diesen Ort jetzt vielleicht endlich unabhängige Untersuchungen über den Kult, der dort betrieben wird? Nein – er wird von der Presse weiträumig gemieden … in etwas ebenso weiträumig wie aktuell die Tatsache, das sich Deutschland in einem heißen Krieg mit Syrien befindet.
Natürlich ist es leicht, sich über diese „Esoteriker“ lustig zu machen, jene Menschen, die nach Aristoteles nichts anderes tun, als „streng wissenschaftlichen philosophischen Unterricht zu praktizieren“. Das Lachen bleibt einem am Vorabend des neuen Weltkrieges jedoch schnell im Halse stecken – und es ist nicht nur der Krieg, der für die im Grove versammelte männliche Machtelite des Westens steht. Nebenbei – fernab von Schützes Alltagserfahrungen – steht die Kultur des Westens für eine Kultur des Todes, wenn man eine nüchterne Bilanz ihrer Wirkungen auf die Menschheit zieht. Keine Kultur zuvor hat so sehr in die Bedingungen menschlichen Überlebens eingegriffen, keine Kultur zuvor hat soviel Gift in die Welt gebracht wie unsere, den Krieg so sehr perfektioniert wie unsere oder eine Wirtschaft ins Leben gerufen, die unser gesamtes Überleben in Frage stellt, wenn wir nicht schnell neue Planeten erhalten, die uns die verbrauchten Ressourcen nachliefern.
Urteilen wir aus der Sicht eines griechischen Philosophen, eines jenen Menschen, der von sich behauptet, das Licht des absolut Guten wahrgenommen zu haben, so kann man nur zu dem Urteil kommen, das jene Kultur, die ihre „Esoteriker“ gnadenlos verfolgt, einfach nur teuflisch zu nennen ist – wobei wir die reale Existenz eines Teufels gar nicht zu behaupten brauchen … es reicht eine nüchternde Betrachtung der gelebten Werte, Werte, die umso zerstörerischer in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft wirken, je intensiver sie gelebt werden.
Provokant könnte man sagen: unsere Gesellschaft glaubt zwar nicht an den Antichristen … aber sie dient ihm auf allen Ebenen perfekt und mit Inbrunst, was entsprechende historische Realitäten nach sich ziehen wird.
Aus dieser Perspektive heraus ist es überhaupt nicht verwunderlich, das sich ein John Perkins dem Schamanismus zuwendet. Er, der die Installation des neuen Imperiums persönlich vorangetrieben hat, bevor er vom Saulus zum Paulus wurde, ist nicht Kommunist geworden, nicht Sozialist oder Sozialdemokrat – in vorderster Front kümmert er sich um das Überleben der indigenen Völker des Amazonas … und ihrer schamanischen Kultur. Unter der Webseite „Dreamchange.org“ findet man reinsten esoterischen Zauberkram – und unter seiner Liste der „wakeful Organisations“ zentrale Akteure jener Wicca-Kultur, die schon gegen den Bohemian Grove demonstrierte, als er für Alex Jones noch nur ein Mythos war.
Da schließt sich der Kreis wieder – und offenbart uns die viel gescholtene „Esoterik“ als letzten Widerstand gegen eine Kultur des Todes, die für unsere Gesellschaft „alternativlos“ geworden ist – selbst am Vorabend eines globalen Weltenbrandes, nach einer nicht enden wollenden Wirtschafts- und Umweltkrise und zunehmender Verarmung der westlichen Bevölkerung inmitten eines nie dagewesenen Reichtums.
Nun versteht man vielleicht auch eher, warum all jene Themen von unserer Gesellschaft tabuisiert werden, die über den Kreis der Kultur des Todes hinausreichen – obwohl wir Pythagoras in seiner Mathematik kritiklos folgen und den Waldorfschulen gedankenlos unsere Kinder anvertrauen. Ob nun die Existenz außerirdischer Intelligenzen oder die Existenz einer unsterblichen menschlichen Seele: alles, was die Macht einer Kultur des Todes in Frage stellen könnte, ist verboten.
Und so wird sie alternativlos – doch so weit denken nur wenige, die gegen die „Esoterik“ argumentieren, ohne zu vergegenwärtigen, aus welcher Perspektive sie dies tun: es ist die Perspektive jener kalten und zynischen Kultur, die von Nächstenliebe nichts hält – aber ungebremsten Egoismus vergöttert.
Wahrscheinlich brauchen wir wieder die Erfahrung des globalen Weltenbrandes um zu verstehen, warum im Schützengraben keine Atheisten existieren – und vielleicht werden wir dann wieder zu urchristlichen Vorstellungen zurückkehren, Vorstellungen, die für uns völlig esoterisch sind: das der Begriff „Gott“ für das Leben selbst steht, für alles Lebendige und seine Ausdrucksformen, für jene Kraft, die der toten Materie Lebendigkeit verleiht – jene Lebendigkeit, die sie im Tode wieder verliert
Und ich persönlich hoffe sehr, das jene breite Front von Esoterikern, Sehern und Weltreligionen irren, die einen „zweiten Tod“ für jene Seelen prognostizieren, die mit ihrer nachtodlichen Existenz nicht klarkommen und jede Hilfe von außen verweigern: ihnen droht als Seele die endgültige Auslöschung als Folge eines festen, ideologisch zementierten materialistischen Glaubens.
Sollten die nämlich Recht behalten, dann wird unsere Kultur des Todes zum größten Holocaust der Weltgeschichte … mit Folgen, die man nur außerordentlich teuflisch nennen kann: die völlige Vernichtung von Milliarden bewußter Seelen: Themen, wie wir nur noch als Horrorroman begreifen können, obwohl sie aus der Sicht der Religionswissenschaft für die absolute Mehrheit der Menschheit erlebbare „Wahrheit“ darstellen.
PS: zwei Worte noch zum Abschluss.
1. Den Aufruf für Holdger haben wir auf ausdrücklichem Wunsch von ihm selbst gelöscht. Er selbst hatte da große Bedenken.
2. Ein dringender Rat: Finger weg von „Esoterik“. Was unsere kalte und zynische Leistungselite dort in die Bücherregale hinstellt, ist größter, gemeingefährlicher Mumpitz (oder auch: finsterste, schwarze Magie, wenn man das so sehen will) den ich hier auf keinen Fall verteidigen möchte. Aristoteles konnte aber damals auch noch nicht wissen, das man das Wort mal als Aufkleber für exoterischen Unsinn verwenden würde – aber dem Teufel, dem großen Lügner und Blender, ist ja alles zuzutrauen, oder?
Dienstag, 6.11.2012. Eifel. Heute wird in den USA gewählt, habe ich gehört. Der Sieger steht von vornherein fest: das ganz große Geld. Wir wissen das schon längst. Wir haben nämlich alle John Perkins gelesen – Bekenntnisse eines Economic hit man. Sicherlich eins der wichtigsten Bücher, das Bürger eines demokratischen Rechtsstaates schon in der Schule lesen sollten, damit sie wissen, auf welche Welt sie treffen (zitiert nach let´s make money, einem Film, der jährlich zu Weihnachten in allen Klassen der Oberstufe aufgeführt werden sollte):
Die Spezies der Economic Hit Men (Wirtschaftskiller) ist ein Produkt unserer Zeit, in der Kriege gegen andere Länder mehr oder weniger ersetzt wurden durch den Wirtschaftsimperialismus von Großkonzernen. Sie sind hoch intelligente, hoch bezahlte Profis, die weltweit Länder um Zigmilliarden betrügen. Sie schleusen Weltbank-, Regierungsgelder und ‚Entwicklungskredite’ in die Taschen einiger Großkonzerne und reicher Familien, die über die natürlichen Ressourcen verfügen. Zu ihrem Instrumentarium gehören gezinkte Wirtschafts- und Finanzprognosen, Wahlmanipulationen, Schmiergelder, Erpressung, Sex und Morde. Sie treiben ein Spiel, das so alt ist wie Macht und Herrschaft; doch im Zeitalter der Globalisierung hat es eine neue und bedrohliche Dimension angenommen.
Sie treiben jenes Spiel, von dem wir nichts wissen dürfen, obwohl es uns doch betrifft. Sie sind das Öl im Getriebe der globalisierten Welt, sie sind die Terroristen, Selbstmordattentäter und Bombenleger der Sieger, sie dirigieren Politik, wirtschaftlichen Erfolg und gesellschaftliche Prozesse. Solange sie unterwegs sind, sind unsere Wahlen nur eine Farce. Sie sind auch der Grund, weshalb die Welt der Mächtigen vor „Verschwörungstheorien“ so eine panische Angst hat – würde man sie nicht zum TABU erklären, so würden emsige Forscher in allen Wirtschaftsangelegenheiten sowie jeglichen politischen Strömungen ihre Spuren erkennen … und man würde feststellen, das hinter den Fassaden von „Demokratie“ Entscheidungen getroffen werden, die alternativlos sind.
Ein Beispiel dazu?
Gern.
Aktuell lauert die Finanzwelt wieder auf einen ganz großen Coup, siehe Handelsblatt. Warren Buffet hat 47,8 Milliarden Dollar eingesammelt: Geld, das die Reichen zuviel haben. Sie haben es deshalb zuviel, weil der Staat die Banken mit billigstem Geld überschüttet hat, das diese wieder zu außerordentlich günstigen Konditionen an ihre besten Freunde ausgeliehen haben. Warrens Aufgabe ist es jetzt, diese billige Geld jemand anderem aufzudrücken – und zwar zu Spitzenpreisen. Dafür kauft er Aktien (was nicht ganz so der Bringer ist) oder … ein ganzes Unternehmen. Diesmal ein ganz Großes.
Hat er das Unternehmen dann gekauft, muss dieses ganz schnell Gewinn abwerfen. Das macht man am Besten durch Massenentlassungen, in den USA geht das seit den 90´er Jahren so. Nichts kann die Bilanzen schneller glänzen lassen als ein kräftiger Schlag mit der Entlassungsaxt. Das würde natürlich den Staat stören … wenn nicht die Economic Hit Man dafür gesorgt hätten, das der Widerstand im Keim erstickt wird. Das geht gut mit Geld. Die politische Kaste ist inzwischen darauf gedrillt, das sie beständig von viel Geld umflossen wird. Wer sich zum Beispiel gefragt hat, wie denn der Gauck seinen Lebensunterhalt finanziert, der erfährt aktuell, das der auch – wie der Kanzlerkandidat der SPD – 25000 Euro von den Bochumer Stadtwerken bekommen hat (siehe Spiegel). Wenn die Wirtschaftskiller das Geld nicht selber mitbringen, so bringen sie eben Ideen, wie man es von der Masse wiederbekommen kann: Preiserhöhungen bei Strom (siehe Welt) oder KFZ-Versicherungen (ebenfalls Welt) sichern den stetigen Strom des Bakschisch, um die politische Kaste regelmäßig mit kleinen Zuckerchen versorgen zu können.
Die braucht man nämlich, diese Kaste, denn das System der Geldmultiplizierung hat einen Haken: man hat zwar auf der einen Seite enorme Gewinne … aber in den Betrieben fehlen die Leute, die die Arbeit machen. Gut, oft kann man den ganzen Laden dicht machen und die Produktion ins Ausland verlagern, aber wenn man den Stempel „Wertarbeit“ haben möchte, dann belässt man die Kirche lieber im Dorf – und übergibt den Job den Wirtschaftskillern, denn die haben Mittel und Möglichkeiten, entsprechende Lösungen durchzudrücken.
Die Lösung des Problems war einfach: damit die deregulierten Kapitalmärkte sich wie ein Orkan durch die Realwirtschaft fräsen konnten, brauchte man einfach nur Menschen, die möglichst umsonst die Arbeit der Entlassenen machen: die Idee der Leiharbeit war geboren, die von ihren Schöpfern noch heute gefeiert wird, weil die Hälfte der Leiharbeiter nach zwei Jahren einen festen Job gefunden hat – oft allerdings bei einer kleinen Firma (siehe Handelsblatt). Der Haken: zwei Jahre lang arbeiten die deutlich billiger – was kein Politiker gut finden dürfte, denn: die zahlen dann auch viel weniger in die Versicherungen ein. Aber dafür gibt es ja diese obszön hohen Honorare für Vorträge.
So macht Warren Buffet mit Geld des amerikanischen Steuerzahlers Geld auf Kosten des deutschen Steuerzahlers, der letztlich für all die Zahlungsausfälle durch Leiharbeit aufkommen muss.
Toller Trick, oder? Hätte wir Bürger auch solche Wirtschaftskiller – wir hätten Ruckzuck unseren Sozialstaat wieder und könnten unsere Demokratie retten, jene Demokratie, die – wie Carl Amery in einem Brief an Horst Köhler schrieb – inzwischen nur noch die Musik bestimmt, die beim Untergang der Titanic gespielt wird.
Schauen wir doch zurück nach Amerika, dem Mutterland der Demokratie und der Lokomotive der Weltwirtschaft, jenem Land, das sich gerade mit 5,8 Milliarden Dollar den teuersten Wahlkampf aller Zeiten geleistet hat (siehe Welt). Hier fallen immer mehr Leute immer schneller aus der Mittelschicht in die Unterschicht (siehe Spiegel), nach Selbsteinschätzung der Bürger waren es 2008 noch 25 %, die sich zur Unterschicht zählten, während es 2012 schon 33 % sind – mit Spitzenwerten von 39 % bei den Jugendlichen.
Die Welt sieht heute „schockierende Zahlen“, nach denen Amerika auf „Dritte Welt -Niveau“ sinkt. Sie zitiert dazu den Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz, der 99 % der Amerikaner in der Sklaverei sieht:
Die Zahlen, die Stiglitz anführt, sind schockierend. Einem Prozent der Amerikaner gehört mehr als ein Drittel des nationalen Gesamtvermögens. Das Durchschnittseinkommen dieser Gruppe betrug 2007 nach Steuern 1,3 Millionen, das der unteren 20 Prozent 17.800 Dollar. Die obersten 0,1 Prozent der Amerikaner streichen alle anderthalb Tage soviel ein, wie die unteren 90 Prozent in einem Jahr verdienen.
Allein die sechs Erben des Wal-Mart-Supermarkt-Imperiums verfügen über ein Vermögen von 69,7 Milliarden Dollar; das entspricht dem Gesamtvermögen der unteren 30 Prozent. Bei dem reichsten Hundertstel kamen in den Boom-Jahren vor der Krise 65 Prozent des Zuwachses beim Volkseinkommen an; seit der Krise 93 Prozent. Während diejenigen, die sich für die Mittelschicht hielten, in der Großen Rezession ihre Häuser und ihre Ersparnisse verloren, geht es den Leuten, die für die Misswirtschaft verantwortlich waren, blendend.
Liest man den Artikel weiter, erfährt man, das Stiglitz die gezielte und absichtliche Vernichtung aller Marktgesetze anprangert. Wenn man sich nun fragt, wie das nur bewerkstelligt wurde, so braucht man nur John Perkins lesen: die Antwort steht dort in großen Lettern.
Wer nun glaubt, wir in Europa sind da ja noch sicher, der vergisst, wie groß der Einfluss der Wirtschaftskiller auch hier ist: die Agenda 2010 ist letztlich ihr Werk, das nötig war, um auch auf deutsche Steuergelder in steigendem Ausmaß zugreifen zu können – die Hauptakteure sind ja auch entsprechend belohnt worden. Aktuell dreht sich das Sozialabbaukarussel weiter, diesmal mit Frankreich als Kampfziel – auch dort sollen Lohnnebenkosten drastisch gesenkt werden (siehe Spiegel). Wir kennen dieses Lied schon, es wurde auch hier gesungen, das Ergebnis war Leiharbeit und Einnahmeeinbußen für die Krankenversicherung, die Rentenversicherung, die Pflegeversicherung und die Arbeitslosenversicherung. Welche Folgen das für die Menschen vor Ort hat, erwähnt heute die Welt:
Die Fakten sind erschreckend: Fast eine Viertelmillion Demenzkranker wird in Deutschland mit Psychopharmaka ruhiggestellt, um den überlasteten Pflegern weniger Arbeit zu verursachen; gut zahlende Heimbewohner werden zu Zehntausenden an die Betten gefesselt oder leiden Hunger und Durst; das Wundliegen wird zur Volkskrankheit.
Darüber kann auch nur ein Günther Jauch lächeln, weniger gut Betuchten fällt auf, dass das das Schicksal der „gut zahlenden“ Patienten ist: gefesselt und mit Drogen vollgepumpt hungrig und durstig in der eigenen Scheiße zu liegen – Hauptsache, die Rendite stimmt. Kann sich jemand vorstellen, was geschieht, wenn sich die Pflegefälle in Zukunft vervielfachen? Und was geschieht mit jenen, die weniger zahlen können?
Wir steuern hier auf Zustände zu, die uns den Tod durch wilde Tiere im Alter als äußerst begrüßenswert erscheinen lassen – und klugen Ratschluss göttlicher Weisheit. Ich denke, die Mehrheit der so gefolterten Alten wäre dankbar, wenn ein Rudel Wölfe ihrer erbärmlichen Qual ein schnelles Ende bereiten würde – oder wenn man sie einfach nach alter Indianerart im Schnee aussetzen würde – das alles ist weniger schmerzhaft als bei lebendigem Leibe von den eigenen Ausscheidungen verdaut und langsam wegen Hunger und Durst wahnsinnig zu werden.
Bedenkt man, das 99 % der bundesdeutschen Bevölkerung dieses Schicksal droht, weil irgendwann JEDER zum Pflegefall wird, dann sieht man, das wir auf eine Zukunft zusteuern, die dem Holocaust das Wasser reichen kann – aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen. Sogar der deutsche Bundestag und die Regierung arbeiten aktiv an dieser Entwicklung mit, in dem sogar sie die Rentenkasse durch Einsatz von Scheinselbständigen um die sowieso schon viel zu geringen Einnahmen betrügen (siehe Spiegel) oder durch Schönrechnerei von Privatisierungen den Staat entreichern (ebenfalls Spiegel).
Wir machen hier in Deutschland inzwischen die gleichen Erfahrungen wie andere Dritte-Welt-Länder: wo die Wirtschaftskiller aktiv sind, zerfällt die soziale Ordnung im großen Stil, Ethik, Moral und normaler menschlicher Anstand verschwinden aufgrund neuer „Anreizsysteme“ in der Bedeutungslosigkeit. Andererseits erreichen diese Killer richtige Wunder: so entsteht gerade im politisch geächteten Nordkorea das höchste Hotel der Welt, bezahlt von einer ägyptischen Telefonfirma, geleitet von der deutschen Kempinskigruppe, gedacht für chinesische Gäste (siehe Handelsblatt). Deutlicher kann man wohl nicht klar machen, wie bedeutungslos politische Mächte in unserer Zeit geworden sind – und das sie wirklich nur noch die Begleitmusik zum Untergang der Titanic stellen.
Welche Konsequenzen hat nun John Perkins selbst aus den Erkenntnissen seiner jahrelangen Tätigkeit gezogen? Er gründete die Organisation Dream Change, die nichts anderes im Sinne hat als die Erde zu retten, in dem sie die Menschen zu einem neuen globalen und individuellen Bewußtsein anleitet – inspiriert durch schamanische und indianische Kulturen. Seine Liste der „wakeful Organisiations“ zeigt eine große Bandbreite von „alternativen“ gesellschaftlichen Projekten und eine große Sympathie für schamanische Weltbilder.
Wer nun denkt, das dieser Wirtschaftskiller nun vollständig den Verstand verloren hat, hat nicht weit genug gedacht. Wer eine Bewußtseinsänderung will, braucht eine stabile Basis, die noch nicht von den perfekten in sich geschlossenen Weltbildern der Korporatokratie erreicht wurde und die bewiesen hat, das sie nachhaltig und harmonisch mit ihre Umwelt leben kann, um auch zukünftigen Generationen das Überleben zu sichern … und der eigenen qualvollen Vernichtung durch hochpreisige Altenheime zu entgehen.
Der Freiheitskampf, der John Perkins vorschwebt, der neue Unabhängigkeitskrieg, wie er ihn in seinem Werk „Weltmacht ohne Skrupel“ nennt, muss sich sehr radikal mit den Werten dieser Gesellschaft auseinandersetzen – und hier hat sich schon immer die Religion als gedanklicher Gegenpol zu den Mächten der Welt angeboten. Leider haben die westlichen Kirchen hier versagt, in dem sie den Neoliberalismus in ihren Reihen dankbar empfangen haben (mit enormen Gehaltszuwächsen bei den Kirchenoberen) – dabei wäre „liebe Deinen Nächsten“ schon eine hinreichenden Botschaft, um das Leben der menschlichen Gemeinschaft kooperativer, sozialer und umweltverträglicher zu gestalten. In Zeiten, in denen dem heiligstem Ort der Christenheit – der Grabeskirche in Jerusalem – die Schließung wegen unbezahlter Wasserrechnungen droht (siehe Spiegel), darf man wohl zurecht davon ausgehen, das die christlichen Kirchen andere Werte vertreten als die, die in ihren Lehren verbreitet werden.
Konsequent setzt Perkins nicht nur auf politische Hoffnungen, was bei seinen Erfahrungen kein Wunder ist: immerhin ist JEDER Politiker durch Wirtschaftskiller erreichbar – und wie oft haben wir uns schon über die Tatsache gewundert, wie bewußtseinsverändernd die Mitgliedschaft im Parlament sein kann.
„Wenn Sie versucht sind, einkaufen zu gehen, um den Stress abzubauen, sollten Sie lieber laufen gehen, meditieren, lesen oder eine andere Beschäftigung finden“ – so einer von vielen Ratschlägen des John Perkins (aus: Weltmacht ohne Skrupel, Seite 302). „Fahren Sie ein kleineres Auto, ziehen Sie in ein kleineres Haus, reduzieren Sie ihre Garderobe und allen materiellen Besitz„, empfiehlt er weiter als Ergebnis eines Bewußtseinswandels, der sowieso zwanghaft auf die meisten von uns zukommen wird, wenn in Deutschland die „Sparmaßnahmen“ so um sich greifen wie im übrigen Europa … jenem Europa, das inzwischen im Fokus der Wirtschaftskiller angekommen ist und leibhaftig erfährt, wie einem plötzlich die Souveränität über das eigene Leben aus der Hand genommen wird.
Andererseits – ist die Hinwendung zum Schamanismus vielleicht auch einfach der Erkenntnis geschuldet, das angesichts der Macht, Skrupellosigkeit, der kriminellen Energie und der organisatorischen Perfektion der Wirtschaftskiller nur noch beten hilft.
Wer die Erfahrungen von John Perkins visuell erleben möchte: die gibt es jetzt auch als Film (siehe 3sat).
Wer nun allerdings glaubt, das alles sei ein bedauerlicher Einzelfall, der mit der bundesdeutschen Wirklichkeit überhaupt nichts zu tun hat, der ist gut beraten, sich einmal gründlich mit der Arbeitsweise und den Auswirkungen von „Unternehmensberatungen“ zu beschäftigen, die unsere Leben in Deutschland gründlicher umgebaut haben als jede Wirtschaftskrise … und auch in Altenheimen den Pflegetakt mit der Stoppuhr vorgaben.
Und was wir von Indianern lernen können?
Nun – die sind so organisiert, das drei Stunden Erwerbsarbeit pro Tag ihre Ernährung sicher stellen – ganz ohne Maschinen. Wäre das nicht ein Ziel, für das man streiten kann – auch dann, wenn man vor den Konsequenzen für unser Alter die Augen erfolgreich verschließt?