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Tod in der Nachbarschaft

Montag der 28.1.2013, 17 Uhr 30. Ich sass am PC und verfolgte das Weltgeschehen im Internet. Plötzlich ertönten 7-8 Schüsse. Zuerst glaubte ich, dass jemand im Estrich ein paar Silvesterböller gefunden hatte und seinen pyromanischen Neigungen freien Lauf liess. Nur, die Knaller klangen alle gleich und in sehr kurzen Abständen. Feuerwerk hört sich anders an.

Ein paar Minuten später erschien mit lauter Sirene ein Polizeiwagen – und der hielt direkt neben unserem Haus. Ich ging zum Fenster und sah eine Handvoll Leute rumstehen, diskutieren. Einzelne rannten. Jetzt wurde es mir langsam mulmig. Nach ein paar weiteren Minuten vernahm ich das Geräusch eines Hubschraubers, der in einem beeindruckenden Landemanöver zwischen den Häusern landete. Spätestens jetzt rasteten unsere Hunde vollends aus.  Was dann folgte, erinnerte mich an etliche Hollywood-Streifen. Feuerwehr, Krankenautos, noch mehr Polizei, Blitzlichtgewitter und Stimmengewirr. Jetzt war Klarheit. Wegen Feuerwerk wird nicht so ein Aufstand gemacht. Es waren Schüsse.

Laut Pressemitteilungen und Zeugenaussagen ereignete sich folgendes:

Um 17 Uhr 30 war ein älteres Ehepaar auf dem Nachhause-Weg. Sie kamen vom Einkaufen. Ein Mann (41) stieg aus dem Auto und schoss beide aus kurzer Distanz nieder. Darauf stieg er wieder in sein Fahrzeug und fuhr ruhig weg. Der Mann des Ehepaars verschied noch am Ort,  später erlag seine Frau im Spital ihren schweren Verletzungen. Der Täter flüchtete auf die nahegelegene Autobahn, wo er kurz darauf sein Fahrzeug auf dem Pannenstreifen stehen liess. Mit einem Grossaufgebot fahndete die Polizei nach dem Mörder und fasste ihn später in einem Nachbarort.

Es ist manchmal wirklich schwierig, das Gute im Menschen zu sehen/ daran zu glauben. Er liefert leider immer wieder Beispiele, die das Gegenteil beweisen. Ich kenne die Hintergründe der Tat nicht, doch es gibt für mich keine Rechtfertigung für Mord. Die geistige Obsoleszenz hat hier wieder mit ihrer ganzen Brutalität zugeschlagen. Ich denke an die Hinterbliebenen, die gewaltsam in Trauer und Verlust gerissen wurden, ich denke an unser Quartier, dass bis jetzt ein friedlicher Ort war,  ich denke an den Täter, was es alles gebraucht hat, bis er so handeln konnte, ich denke an die Familie/Angehörige/Bekannte des Täters, deren Welt aus den Angeln gehoben wird/wurde . Die meisten dieser Gedanken werden offene Kreise bleiben und nicht beantwortet, geschlossen, geschweige denn gerechtfertigt werden können.

Und bei mir klopfen schon wieder während des Schreibens die Alltagsverpflichtungen an die Türe. Sie nehmen keine Rücksicht auf tragische Ereignisse. Sie wollen erfüllt werden mit ihren Normen und vermeintlichen Wichtigkeiten, die neben der jetzt erlebten Tragödie sowas von banal und unwichtig erscheinen.

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