Donnerstag, 28.11.2013. Eifel. Auf meinen Reisen durch „Neuland“ stieß ich letztens auf die letzten überlebenden Edellinken, die so stramm und extrem links sind, dass sie sich dem rechten Rand in ihrem Verhalten schon sehr weit angenähert hatten: die Erde ist halt rund. Dort bemerkte ich offene und reumütige Selbstbekundungen, wann und wo man schon überall auf „Rechte“ gestoßen war ohne es zu merken. Es reichte schon, wenn man von Rechten zitiert wurde, um verdächtig zu werden. Ebenso schlimm waren die „VT-ler“, die „Verschwörungstheoretiker“ – offensichtlich böses Volk.
Nun – es steht jedem frei, sich den Anweisungen von Bush jun. zu fügen, macht hier ja die ganze „freie“ Presse – mich machte das dann doch betroffen, weil meine Überlegungen erst kürzlich an anderem Orte als „Lieblingsverschwörungstheorien“ vorgestellt wurden. Ich mir nicht bewusst, Theorien über Verschwörungen zu bilden: extra deshalb ziehe ich meine Informationen – sofern ohne großen Einsatz von Finanzmitteln möglich – aus den Leitmedien der deutschen Nachrichtenkultur – nur in der Deutung schließe ich mich ihnen nicht immer an. „Even the worst case“ sollte nicht nur für Firmen sondern auch für Gesellschaften gelten – und wirklich: man macht dann real weniger Fehler, wenn man sich zuvor damit auseinandersetzt, was denn alles schief gehen könnte – dies ist ein normales, strategisches Element einer jeden Unternehmung, damit man auf alles vorbereitet ist – und an sich noch keine Verschwörungstheorie.
Bohemian Grove zum Beispiel ist real – und keine Theorie. Auch die Bilderbergertreffen sind real. Beides Orte, die jeden Kartellamtsmitarbeiter hellhörig machen sollten: wunderbare Gelegenheiten, um gemeinsame Strategien zur Monopolisierung von Märkten zu besprechen – fast wöchentlich werden solche Fälle in den Medien auch aufgedeckt. Wird darüber hinaus noch mehr besprochen? Nach Quellenlage: ja. Man müßte sich darüber keine Gedanken machen, wenn nicht … ja, wenn nicht historische Fakten zur Wachsamkeit mahnten. Die grundlos vorausgeschickten Annahmen, dass alle Politiker und Wirtschaftsbosse selbstlose Humanisten sind, entbahrt jeder Grundlage – auch wenn alle Leitmedien dies tagaus tagein predigen …. um eigene Karrierechancen nicht zu verspielen, Anzeigenkunden nicht zu verprellen und sich bei Parteien nicht unbeliebt zu machen.
Bevor nun die Gemüter hochkochen, weil ich zwei „kritische“ Ortsbegriffe ins Spiel gebracht habe, ein Blick in die Wissenschaft.
Bei Grenzwissenschaften-aktuell finden wir derzeit die Vorstellung einer wissenschaftlichen Arbeit über Verschwörungstheorien, das Werk „Konspiration“ der Soziologen Andreas Anton, Michael Schetsche und Michael K. Walter.
Basierend auf diesem Verständnis sprechen sich die Autoren denn auch gegen eine pauschale Abwertung des Verschwörungsdenkens und insbesondere die damit vielfach einhergehende „Pathologisierung“ der Protagonisten solcher Deutungen aus. Namentlich die bis heute die öffentliche und auch die wissenschaftliche Debatte dominierende, vorsätzlich diskreditierende These ‚kognitiver Defizite‘ bei den Anhängern von Verschwörungstheorien wird dem modernen Verschwörungsdenken weder wissenschaftlich noch gesellschaftspolitisch gerecht.
Das ist die erste bemerkenswerte Erkenntnis: es geht um „Pathologisierung“ kritischen Denkens. Wer Fragen stellt, ist krank.
In Demokratien gibt es solche Einstellungen nicht: sie braucht keine Fragen zu fürchten. Mehr bräuchte man zur Verteidigung der Aufklärungsversuche konspirativen Denkens nicht zu sagen, doch die Autoren gehen noch weiter:
Vielmehr – so das Fazit des Bandes – sind es vier Faktoren, die das heutige Verschwörungsdenken maßgeblich beeinflussen:
1. Das kulturell weitgehend anerkannte Wissen darüber, dass ganz reale politische, militärische oder wirtschaftliche Verschwörungen immer wieder den Gang unserer Geschichte beeinflusst haben.
2. Das – wie nicht zuletzt die aktuellen Abhöraffären zeigen – durchaus begründete Misstrauen von Teilen der Bevölkerung gegenüber Rechtschaffenheit und demokratischer Einstellung politischer, wirtschaftlicher und militärischer Machteliten.
3. Der Wunsch nach plausiblen Erklärungen für unerwartete Ereignisse in der Gesellschaftlich – insbesondere wenn die in regierungsamtlichen Erklärungen und in den Leitmedien angebotenen Deutungen wenig plausibel oder unvollständig erscheinen.
4. Die Möglichkeit via Internet gesellschaftspolitisch abweichend Überzeugungen sehr schnell und weitgehend unkontrolliert verbreiten zu können, was die kulturelle Sichtbarkeit auch solcher Ideen sicherstellt, die in traditionellen Massenmedien nicht zum Zug kommen.“
Punkt 1 ist der Wichtigste. Da es nachweislich in der Geschichte der Menschheit Konspirationen gab (die im Falle der italienischen Loge P2 den gesamten Staat unter ihre Kontrolle bringen wollten – und schon weitgehend gebracht hatten), können und müssen wir davon ausgehen, dass dies auch weiter so bleibt. Dies von vorn herein auszuschließen, ist reichlich naiv und eines kritischen Geistes unwürdig.
Hätte man uns letztes Jahr erzählt, das die NSA Deutschland abhört wie kaum ein anderes Land der Welt: wir hätten diesen fiktiven Botschafter gleich ausgelacht. Hätte man uns erzählt, dass harmlose deutsche Spaziergänger von der Polizei kontrolliert werden, weil sie der NSA zu Nahe rücken (siehe Spiegel) oder die NSA selbst direkt Gewalt gegen Medien anwenden, die über ihren Komplex berichten wollen (siehe Echo-online): wir wären (ganz im Sinne von George Bush jun.) entsetzt gewesen über diese Unterstellungen gegenüber unserem großen Bruder.
Heute wissen wir: es ist alles noch viel schlimmer.
Der große Bruder hört uns nicht nur ab, er hat uns auch auf die Liste seiner schlimmsten Feinde gesetzt.
Dürfen wir dafür eine Erklärung verlangen?
Natürlich.
Bekommen wir sie?
Nein.
Fragen wir uns warum?
Besser nicht … sonst droht Pathologisierung durch Pressevertreter.
Dabei ist das Thema hochbrisant: weltweit gebärdet sich die NSA wie dereinst die Gestapo in Deutschland – doch das findet man nur in ausgesprochen linken Publikationen wie dem Neuen Deutschland. Wer das Pech hat, von den NSA als „Terrorist“ klassifiziert zu werden, muss damit rechnen, von einer extrem anwachsenden Flotte von Roboterflugzeugen eliminiert zu werden. Noch ein Fakt, der vor dem 11.9.2001 nicht denkbar gewesen wäre und heute Alltag ist.
Doch es geht noch krasser. Natürlich werden wir darüber informiert, aber die Zusammenhänge werden von einer Flut unnützer Informationen über Promischeidungen, Talkshowrezensionen und Filmdiskussionen hinweggespült, dabei wären Schlagzeilen wie „DROHT EIN NEUER WELTKRIEG!“ aktuell durchaus angemessen. Leider kollidieren sie mit dem Deutungstabu, das unsere Presse beim Thema „USA“ und „Konspiration“ über uns verhängt hat und dadurch durchführt, dass diese extrem wichtigen Meldungen nur kurz aufblitzen, um danach sofort von Gemunkel über die große Koalition verdrängt zu werden.
Was ich meine?
Nun – ausnahmsweise nicht den laufenden Weltkrieg reich gegen arm, der sich täglich schlechter verbergen läßt, sondern den heißen, atomaren Weltkrieg, der den Krieg reich gegen arm vertuschen soll, was laut Konfliktforscher Werner Ruf dringend notwendig ist (siehe Heise):
Werner Ruf: Wir beobachten derzeit, dass „die Verdammten dieser Erde“, wie Frantz Fanon sie vor sechzig Jahren nannte, aufstehen, protestieren und nicht mehr bereit sind, sich mit ihren elenden Lebensbedingungen abzufinden. Wir beobachten, wie Menschen, denen ihr Leben nichts mehr wert ist, diesem in Selbstmorden ein Ende setzen, es – zum weit größeren Teil – auf der Flucht, etwa über das Mittelmeer, aufs Spiel setzen oder Risiken bei Massendemonstrationen gegen die elenden Verhältnisse, denen sie ausgesetzt sind, eingehen, ganz einfach, weil ihnen ihr Leben ohne Perspektive ohnehin als sinnlos erscheint.
Was wäre angesichts dieser auch in Europa beobachtbaren Entwicklung sinnvoller – neben dem Aufbau einer automatisierten Drohnenarmada und eines weltumspannenden allumfassenden Spitzelnetzes – als ein kleiner heißer Krieg mit … sagen wir mal … China? Wäre doch das ideale Instrument, die Massen mal wieder zu disziplinieren, bevor die noch mehr Freiheit und Wohlstand fordern, oder?
Zu unvorstellbar?
Unsere Medien arbeiten schon daran, den Chinesen an sich zum Unmenschen zu machen … wir werden uns an diese Artikel aber erst erinnern, wenn der begrenzte nukleare Schlagabtausch beginnt: diese Ungeheuer nehmen doch tatsächlich den Babys die Muttermilch weg, um sie selbst zu trinken (siehe Stern): so etwas gehört bestraft.
Dieser atomare Schlagabtausch wird gerade offen riskiert – und manche erkennen deutlich, in welcher Gefahr wir gerade schweben, siehe Spiegel:
„Ich fürchte ein Sarajevo, Version 21. Jahrhundert“, sagt die Politikprofessorin Anne-Marie Slaughter, als sie an diesem Dienstag die Nachricht von den zwei US-Bombern hört, die sich chinesischen Vorgaben widersetzten. Slaughter gehörte zum Planungsstab von Ex-US-Außenministerin Hillary Clinton, sie kennt sich aus mit internationalen Krisen.
In der Tat eine brisante Entwicklung bei dem Streit um ein paar unbewohnte Inseln. China dehnt seine Lufthoheit aus – die USA verletzen sie – gezielt und gewollt. Es waren zwei unbewaffnete, veraltete B 52 – kein großer Verlust, wären sie abgeschossen worden.
Das Eindringen militärischer Maschinen in den Luftraum anderer Nationen ist ein kriegerischer Akt – der leicht schief gehen kann, wenn der Gegner sich (anders als Lybien, Syrien, der Irak oder der Jemen – um nur ein paar Ausrutscher zu nennen) wehren kann.
Es war ein bewusster Akt, diese Maschinen los zu schicken – Bomber, die für chinesische Schiffe in jenem Gebiet sehr gefährlich hätten werden können: wären die chinesischen Kapitäne genaus so nervös wie die NSA rund um den Daggerkomplex: wie leicht hätte man einen falschen Knopf drücken können, weil man die Flugmanöver der Bomber falsch gedeutet hat. Jede B 52 kann theoretisch eine ganze Flotte ausradieren – und da kamen gleich zwei davon.
Ein schwerer Moment für einen chinesischen Admiral, der in erster Linie für das Überleben seiner Mannschaft verantwortlich ist. Andere hätten sofort geschossen.
Wollen wir noch weiter fragen?
Warum riskiert man das? Warum bricht man offen Völkerrecht – wie beim Angriff auf Afghanistan, dem Irak oder dem Jemen? Warum missachtet man in seinen exterritorialen Foltergefängnissen die einfachsten Menschenrechte und schafft (wie in Guantanamo) absichtlich Zonen, in denen die US-Armee dafür garantiert, dass dort ohne Rücksicht auf Verluste gefoltert werden kann?
Nun – ich möchte an dieser Stelle keine Theorien darüber anstellen, wer wann wo und wozu den Befehl für den Bombereinsatz gegeben hat. Ich möchte nur festhalten, dass wir uns nach der Ansicht von Professor Slaughter am Rande eines Weltkrieges befinden, der uns ganz schnell persönlich treffen kann, wenn Russland sich im Kriegsverlauf an die Seite Chinas stellt.
Gemeinsame Manöver haben die schon durchgeführt.
Warum halten wir das eigentlich alles nur für großes Kino – wäre meine letzte und wichtigste Frage.
Warum „wichtigste“?
Weil das Verschwörungstabu Teil eines klar erkennbaren Umerziehungsprogrammes ist, welches im Rahmen des Krieges reich gegen arm läuft und lautet: „Verschwörungen gibt es nicht und die gesellschaftliche Elite ist edel, weise und gerecht: immer und überall, anderslautende Nachrichten kommen vom geisteskranken Feind, den man entschlossen bekämpfen muss“ – auch wenn er nur in der Nähe von Wiesbaden am NSA-Komplex spazieren gehen möchte.
„Bitte weitergehen, es gibt nichts zu sehen“ … so die Botschaft, die wir tagaus tagein hören. Eine Botschaft, die wir sonst nur im Zusammenhang mit Unfällen … oder Verbrechen hören, weshalb wir zurecht mutmaßen, dass etwas Übles geschieht, wenn wir diese Botschaft tagaus tagein auf allen Kanälen hören – und dann nebenbei erfahren, dass wir fast wieder ein neues Sarajevo hatten.
Fast nur – aber vielleicht klappts ja nächstes Mal.
Was man angesichts der Arbeit der Soziologen auch mal anerkennen muss: ohne das Internet, ohne die freiwilligen, selbstlosen Denker und Analytiker des politischen Geschehens, ohne die neu formierte Informationsbürgerwehr würden wir uns diese Fragen gar nicht stellen. Auch wenn ihre Schlussfolgerungen manchmal arg überzogen wirken, haben sie ihre „Krummheit“ oft nur einer politischen Wirklichkeit zu verdanken, die sich der gesunde Menschenverstand ohne die (zugegebenermaßen hanebüchene) Zuhilfenahme von reptiloiden Naziufos nicht mehr plausibel erklären kann.
Diese Auswüchse in der politischen Theorienbildung können Auswüchse eines kranken Geistes sein – oder logische Ableitungen einer beobachtbaren kranken Wirklichkeit.
Die Frage ist: können wir als Gesellschaft riskieren, völlig auszuschließen, dass vielleicht manche Elemente des militärisch-industriellen Komplexes an der Krankheit der Wirklichkeit Anteil haben – um die Rendite der Kapitalanleger zu sichern?
Schaut man allein, welche kriminellen Akte allein die Deutsche Bank zu verantworten hat, so würde ich von einer solch naiven Weltsicht dringend abraten, bevor die kranke Wirklichkeit sich mit Waffengewalt in unserem Alltag breit macht.
Und nur, weil Rechtsradikale Verschwörungstheorien gierig aufgreifen, weil sie nützlich zur Destabilisierung der demokratischen Zivilgesellschaft sind, heißt das nicht, das diese Theorien an sich rechtsradikal sind – sonst wäre jeder Hartz IV-Kritiker rechtsradikal, weil auch Rechtsradikale das Thema Hartz IV kritisch besetzen.