Chemnitz

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Chemnitz – der stille Triumph der grausamen Tyrannei des Kapitalismus

Chemnitz - der stille Triumph der grausamen Tyrannei des Kapitalismus

Sonntag, 9.9.2018. Eifel. Gelegentlich muss man mal sagen: das war es jetzt mit unserer demokratischen Zivilgesellschaft. Wir haben einen Kurs eingeschlagen, der Menschen anders sieht als die Gründungsväter der Bundesrepublik es gesehen haben: streng orientiert an der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte. Wann wir diesen Kurs verlassen haben? Kann ich nicht genau sagen, denn die Entscheidung dazu kam „von oben“, von so weit oben, dass man von unten gar nicht erkennen kann, wer da so alles wirkt. Es ist auch im Prinzip egal, welche Personen sich dafür hergeben, sich in den Dienst unmenschlicher Prinzipien zu stellen, viel wichtiger scheint mir die Bestimmung der Prinzipien selbst zu sein – die in unseren Zeiten gar nicht schwer fällt. Sie werden ja offen diskutiert – sagen wir mal: relativ offen – und sind in aller Munde, bestimmen unseren Alltag bis ins kleinste Detail.

Das erste Prinzip, dem wir uns unterworfen haben, ist das Prinzip der Erklärung der allgemeinen Menschenrechte – mal in richtig großer Wurf in der Geschichte der Menschheit. Sie können gerne mal die Präambel und alle 30 Artikel nachlesen (siehe Amnesty), ich möchte hier nicht alle zitieren. Der erste, der Ihnen wohl auffallen wird, ist Artikel 17.2: „Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden“. Diskutieren Sie doch mal diesen Artikel mit 14 Millionen Mitmenschen, die in den letzten 10 Jahren durch staatliche Gewalt via Hartz IV ihres Eigentums beraubt worden sind, vielleicht finden Sie sogar einen Fall, in dem ein verharzter Mensch sein Heim durch Zwangsversteigerung verlor – und es durch einen Jobcentermitarbeiter günstigst erworben wurde. Denkbar ist das, Angestellte im öffentlichen Dienst sind ja hoch kreditwürdig.

Führt uns direkt zu Artikel 1:

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.“

Diskutieren Sie den Satz mal mit einem Jobcentermitarbeiter, er müsste ja sofort kündigen, denn: der Geist der Brüderlichkeit ist ihm streng untersagt, sonst könnte er seinen Job ja gar nicht machen. Sie können in dem Gespräch auch gerne mal Artikel 22 zitieren:

„Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuss der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.“

Schätze mal – es wird bei den Frühstückspausen der Agentur großes Gelächter geben, wenn man diesen Satz anbringt. Sie werden sich sicherlich schon lange gefragt haben, warum ich mich vehement gegen atheistische und antitheistische Dogmen des Materialismus wende, obwohl ich selbst kein Mitglied einer Religionsgemeinschaft bin – das ist so eine kleine Nebenwirkung der akademischen Ausbildung, bei der man nach langen Mühen erkennt: lediglich Gott (wie immer Sie den auch nennen mögen) ist der letzte Urgrund, auf den sich Würde berufen kann, ohne diese Vorstellung kann man gar nicht verstehen, warum „Würde“ unantastbar sein soll. Im großen Schachspiel um die Macht in der Welt ist die Eliminierung des Gedankens an den Großen Geist, der Vater/Mutter, Schöpfer und Hüter aller kleinen Geister ist deshalb ein ganz wichtiger Schachzug.

Lesen Sie sich da ruhig mal ein: es gibt auch ein Recht auf Wohlfahrt, ein Recht auf Faulheit (also: bezahlten Urlaub), ein Recht auf gleichen Lohn – ich denke, Sie werden überrascht sein, was man da sonst noch alles findet. Ebenso werden Sie überrascht sein, wie viel davon im Laufe der Jahrzehnte schon zerbröckelt ist, wie viele Überzeugungen im Laufe der Zeit unterhöhlt und untergraben worden sind … und wie wenig die Menschen noch darüber reden.

Wer mag, mag die Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte auch religiös erhöhen: so kann das Gebot der Nächstenliebe in Gesetzesform aussehen. Es ist die Kultur der Menschlichkeit, des Mitleids (ja: und wirklich des schmerzhaften Mit-Leidens und nicht des distanzierteren aber heute gern gepredigten „Mitfühlens“, das nur dabei hilft, die Gefühle des anderen zu verstehen, aber keinen Anteil mehr an seinem Leiden nimmt – noch etwas daran ändern mag).

Die Gegenkultur hat auch einen Begriff, den alle kennen, einen Begriff, den man ebenfalls kaum noch gebraucht und ihn mit vielen schönen anderen Namen auskleidet: das ist die Kultur des Kapitalismus, jene Kultur, die nur eins im Sinn hat: dass Geld sich ständig überall immer von selbst vermehre. In allen großen Religionen gab es deshalb auch ein Zinsverbot (der pure Horror für Kapitalisten: wie soll man denn ohne Zinsen und ohne eigene Arbeit reich werden?) – übrigens auch im Islam, der das heute noch lebt. Dies mag auch hinreichend den großen „Kampf der Kulturen“ erklären, der in den USA gepredigt wird: das Zinsmonster USA gegen den Zinsfeind Islam. Auch eine interessante Perspektive, oder?

Einige Zeit lang können Kapitalismus und Menschenrechte nebeneinander existieren, ohne das es Probleme gibt. Der Kapitalismus braucht auch die Demokratie als Staatsform der Allgemeinen Menschenrechte, denn gerade sie schützt ja sein angehäuftes Eigentum. Zeiten, wo wilde Räuberhorden oder verarmte Fürsten samt Raubrittern eine Gefahr für die Anhäufung von Vermögen darstellten, sind ja dank der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte und der gesamten Zivilisationsentwicklung vorbei. Darum versteckt sich auch der Kapitalismus gerne hinter den Mauern der Demokratie – obwohl er mit ihr irgendwann zwangsläufig aneinander geraten wird: wie soll man ordentlichen Gewinn machen, wenn alle ehrlichen Lohn bekommen? Wir soll man an der Spitze der Pyramide Milliarden sammeln (jener Ort ist sozusagen der Lottogewinn des Kapitalisten), wenn unten nicht reichlich gezahlt wird? Und schon die pyramidenartigen Unternehmensstrukturen mit ihren Herrschaftshierarchien sind dem Demokraten ein Dorn im Auge – man merkt selten in großen Unternehmen, dass dort der Geist der Brüderlichkeit im Miteinander regiert – und im Wettbewerb darf dieser Geist erst recht nicht herrschen, hier geht es um fressen und gefressen werden.

Da steht der Kapitalismus irgendwann vor einem Problem. Seine Götzen – die Konzerne – müssen ständig wachsen, um Gewinne abzuwerfen, deshalb fusionieren sie zum Schluss zu Megakonzernen, die die Güter der Welt beherrschen: Nahrungsmittel, Wasser, Land – ein Zustand, den sich überhaupt kein Staat gefallen lassen darf, weil er seinem Schutzauftrag elementar widerspricht.

Also fragt sich der Kapitalismus: was tun? Offen die Demokratie angreifen, die Welt in Chaos  und Anarchie versinken lassen? Das würde bedeuten, die Zivilisation in den Status der Barbarei zurücksinken zu lassen, wo jeder Räuberbande das geliebte eigene Landgut straflos ausplündern kann – oder es einfach besetzt und in Besitz nimmt. Daran kann sich der Kapitalist noch gut erinnern: alles Eigentum ist mal ursprünglich so geschaffen worden. Einfach mal den Adel fragen – wie sich „Elite“ früher  nannte.

Es gibt aber noch einen anderen Weg – und genau diesen hat der Kapitalismus beschritten: fördert man eine Kultur der Grausamkeit an Stelle einer Kultur der Nächstenliebe, so blockiert man automatisch die völlig Entfaltung der Allgemeinen Menschenrechte (die ja die freie Entfaltung der Persönlichkeit garantieren) und errichtet etwas anderes: eine Kultur der Angst, des Misstrauens, der Feigheit und der Gleichgültigkeit. Dies ist in den USA geschehen, wo gezielt mit viel Geld auf höchster geisteswissenschaftlicher Ebene eine neue Kultur gefördert wurde, nachzulesen bei Guido Giacomo Preparata: „Die Ideologie der Tyrannei“.  Ein absolut genialer Schachzug, der die christlichen Werte durch die Werte des Marquis de Sade ersetzt hat, ein Schachzug, der die Kultur der Nächstenliebe Schritt für Schritt in eine Kultur der sadistischen Grausamkeit verwandelt, in denen sich die Menschen nicht mehr im Geiste der Brüderlichkeit begegnen, sondern im Geist der Menschenfeindlichkeit. Wer hinter die Kulissen schaut – oder die geschichtliche Entwicklung der politischen Philosophie näher betrachtet hat – weiß, wozu das führen wird: da, wo der Mensch des Menschen Wolf ist, brauchen wir den König, den Kaiser, der mit harter Hand durchregiert und die Bestienhorden in die Schranken weist, nachzulesen bei Thomas Hobbes in seiner Schrift Leviathan.

Dieser Geist der Hobb´schen Philosophie durchzieht aktuell schon unseren ganzen Staatsapparat – ohne die Grundprinzipien der Demokratie groß antasten zu müssen. Je weiter das Prinzip „Der Mensch ist des Menschen Wolf“ in die Gesellschaft getragen wird, umso höher wird auch die Akzeptanz der „harten Hand“ der Elite sein: wir müssen uns ja schützen gegen die „Bösen“ – das wagt doch sicher niemand mehr in Frage zu stellen?

Natürlich müssen wir uns gegen das Böse schützen, gegen diesen Satz wird niemand erfolgreich angehen können – nur: wenn der Staat willkürlich bestimmt, wer denn gerade böse zu sein hat, wer denn gerade der Böse ist: dann sind wir in der Tyrannei angekommen. Das Dritte Reich war hier nur ein Vorbeben einer vollendeten Kultur der Grausamkeit, die unsere Zukunft darstellen wird – wenn nicht jene, die noch im Geiste der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte leben, die noch verstehen, warum Nächstenliebe und der durch sie initiierte Respekt vor dem Anderen die Wurzel aller Demokratie ist, sich ebenfalls zusammenschließen zum größten Werk, zu dem diese Zeit auffordert: die Rettung der Kultur vor dem Moloch Kapital.

Darum ist auch Kapitalismus generell „rechtsoffen“, ja sogar „rechtsverliebt“: seine Kommandostrukturen stammen ja gerade daher, Führerkulte werden da ganz offen gelebt und finden allgemeine Anerkennung, reichen bis tief in die Psyche hinein … kann jeder vor den Toren der Geschäfte beobachten, wenn ein neues „Apple-Produkt“ veröffentlicht wird und die Massen fanatisch danach gieren, Teil des Konzerns zu werden, in dem sie seine Produkte kaufen.

Die Kultur des Kapitals ist das genaue Gegenstück zur Kultur der Nächstenliebe, sie braucht ganz dringend (wie jeder Faschismus) den Untermenschen, der ausbeutbar ist – ohne das irgendwo ganz billig menschliche Arbeit verrichtet wird, häuft sich bei den Pharaonen an der Spitze der Organisationspyramiden rein gar nichts an – so mussten wir damit leben lernen, dass staatliche Angestellte anfingen, Menschen als „Parasiten“ zu begreifen, denen man das Essen verweigern darf, wenn sie nicht genug Rendite für die Pharaonen abwerfen – und wir durften überrascht feststellen, dass die Sozialdemokratie an vorderster Front war als es darum ging, den Sozialstaat kapitalkompatibel zu machen. Es wurde normal, dass der Mensch ein Produkt wurde, dass gefälligst selbst für die Optimierung seiner Verwertbarkeit verantwortlich ist – und wer seine Verwertbarkeit nicht schnell genug optimieren kann, wird eben flugs enteignet, seiner Lebensleistung beraubt und von Medien in breiter Front als „Minderleister“ aus der Gemeinschaft geworfen und der Verachtung preisgegeben.

Das ist jetzt schon unser Alltag. Der wird sich natürlich weiter verschärfen, die Mechanismen dazu hat Götz Aly in seinen Werken „Hitlers Volksstaat“ und (zusammen mit Susanne Heim) „Vordenker der Vernichtung“ detalliert beschrieben – man kann kaum empfehlen, sie zu lesen, denn es macht Angst, wie groß die Paralellen zur Gegenwart schon sind. Zwangsläufig – und das hört man ja schon immer wieder – wird Hartz IV dem Kapitalismus irgendwann zu teuer werden (so wie die Versorgung der KZ-Insassen zu teuer geworden war) und man wird neue Wege suchen, sich dieser „Ballastexistenzen“ zu entledigen – was selbst durch ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“ geschehen kann … wenn man es nur geschickt genug einfädelt. Führende Kapitalisten aus dem Silikon Valley sind gerade dabei, solche für das Kapital sehr interessante Entwürfe auszuhecken.

Das war jetzt eine lange Vorrede um über Chemnitz zu sprechen. Aber um zu verstehen, warum dieses Konzert der große Triumph der Tyrannei war, muss man halt auch den Kontext verstehen. Das Narrativ der Elite dazu war: große dunkle grausame Horden aus dem fernen Osten (mit dem Narrativ kann man im Westen immer Meinung machen, erinnert an die Flut von Hunnen und Mongolen, die Europa tyrannisierten – und an den ewig bösen Russen) erobern eine Stadt im Osten, nun gilt es für die Guten, dem entgegen zu treten. Eine schöne Geschichte, fürwahr. Wenn sie denn wahr gewesen wäre.

Hier mehren sich die Zweifel – und das hat das Potential, Chemnitz zum größten Debakel der freiheitlich-demokratischen Grundordnung werden zu lassen, ja, zum Fanal des Endes dieser Kultur – und zum absoluten Triumph der Kultur der Grausamkeit, zu dem alle Beteiligten mit besten Absichten beigetragen haben.

Erinnern wir uns daran: wir zivilisierte Menschen sind dazu aufgerufen, eine Kultur der Brüderlichkeit zu leben. Faschismus und Nationalsozialismus sind absolute Gegenpole dieser Kultur – aber halt nicht die einzigen. Kapitalismus und religiöser Fanatismus stehen da neben Himmler und Heydrich auf dem gleichen Podest. Erlauben wir uns aber, genauer hinzuschauen – wird es monströs gruselig, denn: die Progrome und Hetzjagden wegen denen der ganzen Aufruhr begann, gab es anscheinend gar nicht (siehe Verfassungschutzpräsident Maaßen in der Zeit  oder Ministerpräsident Kretschmer in der Berliner Zeitung). Das würde bedeuten: zum ersten Mal seit Adolf Hitler schafft es eine Regierung, auf Knopfdruck durch eine große Lüge fanatisierte Menschenmassen auf die Straße zu rufen. Das ist in der Theorie schon schlimm genug, mag aber noch harmlos ablaufen.

Ich kann und darf Ihnen aber nicht ersparen, wodurch diese Menschenmassen „unterhalten“ wurden:

„Boom Boom Boom, ich bring euch alle um“ – sangen die Massen freudig mit. „Selbstmördattentäter – ich sprenge eure Demo und es regnet Hackepeter“ – so tönte der Chor. „Ich ramme die Messerklinge in die Journalistenfresse“, „Trete deiner Frau in den Bauch und fresse die Fehlgeburt“, „die halbe Schule war querschnittsgelähmt von meinem Nackenklatschen“, „ist eine Frau nicht nackt, dann beschmeiß´ich sie mit Scheine, macht sie sich dann nackt, dann bewerf ich sie mit Steine“ … und die Masse gröhlte. Schauen Sie sich das Konzert gerne mal an – oder die Videos der Bänkelsänger der Grausamkeit, die ebenso vor Grausamkeit und Gewalt strotzen.

So weit sind wir schön. Früher hätte es für die Texte faule Eier gegeben (ja – wäre der erste der zum Aldi gegangen wäre und danach gefragt hätte) oder alte matschige Tomaten, heute gröhlen 70000 mit – unterstützt durch Empfehlung unseres Bundespräsidenten.

Für mich: der Gau der demokratischen Zivilkultur, das Ende jeder gesellschaftlichen Grundlage der demokratischen Zivilkultur – und der Anfang von etwas Neuem.

Besonders makaber: Anlass zu diesem Happening war ein Mord an einem jungen Antifaschisten. Oder Totschlag – darüber wird ja noch diskutiert. Und – soweit man heute sehen kann – eine krasse Lüge der politischen Elite, die solche Hasskonzerte nun schon auf Knopfdruck initiierten kann.

Meine ersten Gedanken zu dem Konzert waren: die IS ist in Deutschland angekommen. Ganz ohne Islam und arabischem Hintergrund – aber mit der gleichen grausamen Gedankenwelt. Noch singen sie nur, aber was wären, wenn die Elite zu dem Mob spricht und auf Sie zeigt – mit den Worten: „Der ist rechts“. Ab wenn werden die wohl anfangen, ihre Phantasien auszuleben?

Dabei war es mal so einfach, diese Geschichte von „rechts“ und „links“. „Rechts“ hatte den Großgrundbesitz und neigte zu Gewalt, „links“ hatte ein großes Herz und neigte zu Worten.

Heute ist „rechts“ – aus ganz einfachen Gründen, weil weithin durch die NS-Zeit als das absolut Böse bekannt – alles, was der Elite widerspricht … so als ob Elite jemals links war und Angela Merkel die Kommissarin der KPD im völlig sozialistischen Deutschland. Ob jemand wirklich Nazi ist – also ganztätig sadistische Träume vom Leben als allmächtiger Aufseher im Konzentrationslager träumt – oder nur ein verwirrter Mensch, der bei der Suche nach der Orientierung in die Irre gelaufen ist, wird nicht mehr diskutiert.

Überhaupt wird nicht diskutiert, denn das … führt in unheimliche Welten, die zeigen, dass es ohne Verfassungsschutz kaum Nazis (also: echte, die sich selbst dazu bekennen – nicht die, die willkürlich von anderen dazu ernannt werden) gäbe. Schauen Sie mal den Film „V-Mannland, Die Geschichte der Neonazis in Deutschland“ (ARD wohlgemerkt, nicht RTdeutsch) … und stellen sich die Frage, wieviel „V-Männer“ wohl in Chemnitz aktiv waren, um für die nötige Begleitmusik zu sorgen. Denke ich dann noch daran, dass man mir versichert hat, dass so ein Riesenkonzert in der kurzen Zeit gar nicht organisierbar gewesen sein soll und somit weit im Vorfeld geplant gewesen sein muss, dann erschauerts mich noch mehr. Über die NSU-Affäre, die verschwundenen Akten, die Tatsache, dass wir die nächsten 120 Jahre erstmal keine Details mehr erfahren werden (siehe Heise) oder die Tatsache, dass unangenehme Zeugen unnatürliche Tode sterben (siehe Heise), dürfen Sie auch mal nachdenken, bevor Sie sich eine Meinung über den „braunen Mob in Chemnitz“ machen.

Das Faschismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen ist, darüber brauchen wir nicht mehr zu diskutieren. Aber darüber, dass die ihn tragende Grausamkeit und Menschenfeindlichkeit wieder mehrheitsfähig ist, müssen wir dringend sprechen.

Ganz dringend.

Und auch: nicht nur sprechen, sondern dagegen anhandeln.

Das jedoch kann man nur erfolgreich angehen, wenn man sich von primitiven Weltbildern und noch primitiveren Parolen verabschiedet, aus denen momentan unser ganzer politischer Diskurs besteht.

(Heute leider aus technischen Gründen ohne Heile-Welt-Bild. Ist vielleicht auch gut so…denn das würde nicht passen, irgendwie….)

 

Wenn sich „Pimmel mit Ohren“ „zusammenrotten“

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Während wir uns gerade gegenseitig anbrüllen und uns – virtuelle und reale – Flaschen an die Köpfe werfen, wer denn der größere Menschenfeind und „rechts-/linksversiffte Idiot“ ist, kann die neoliberale Agenda weiterhin ungestört voranschreiten.

Dass diese jeder Nachhaltigkeit spottende Agenda nach 2008 eigentlich bereits moralisch bankrott und ohne Unterhosen vor uns gestanden hat, geht nun im allgemeinen Trubel unter. Die Global Player können sich an die Verwertung der letzten noch verbliebenen Umwelt- und Humanressourcen heranmachen. Der abgehängte Pöbel (von Leitjournalisten wie Jakob Augstein in einem jüngsten Spiegel-Artikel als „Pimmel mit Ohren“ und als „Fleisch gewordenes Rülpsen und Tölpeln“  bezeichnet) reibt sich in Demonstrationen und Gegendemonstrationen selbst auf und stellt daher für das Großkapital keine Bedrohung mehr dar. Man kann sogar  mit unverhohlener Verachtung auf diesen Pöbel hinspucken. Denn egal wie die Wahlen auch ausgehen, die Regierungsmehrheit der „Partei des Business“ (Noam Chomsky)  ist gesichert.

Angesichts des mittlerweile in den Medien verwendeten Vokabulars frägt man sich, was die nächste Eskalationsstufe sein wird: Bei Menschen, die gegen die – im Übrigen sogar nach Ansicht höchstrangiger Verfassungsrichter undemokratische und nicht-legitimierte – Politik der Bundeskanzlerin demonstrieren, sieht man „Zusammenrottungen“ und „Mob“, gefolgt von Forderungen, „hart vorzugehen“ und mit so etwas Schluss zu machen. Fehlt nur noch die Forderung nach der Fliegenklatsche, um diese lärmenden, in einer marktkonformen Demokratie Merkel’scher Prägung offensichtlich nicht mehr brauchbaren Humanressourcen zu beseitigen. Geht ganz einfach: Einfach mal den Bürgern einer ganzen Stadt bzw. einem Bundesland den „Rechts“-Stempel aufdrücken, und die Müllabfuhr weiß, was sie zu tun hat.

Nun, die Professionalität, mit der man uns heute nach Belieben spalten und gängeln kann (siehe dazu von Edward Snowden geleakte Folien zum Thema „Things that pull a group apart“ /Wie man eine Gruppe spalten kann ), nötigt einem sogar als Skeptiker des herrschenden Systems durchaus Respekt ab.

Einhergehend mit diesem „Covert Social Engineering“  findet eine vom UN Menschenrechtskommissariat unbemerkte, aber gleichwohl umfassende ethnische Säuberung statt. Der Journalist Wolf Reiser bezeichnet sie als „Das große Desinfizieren“. An Blockwarten und nützlichen Idioten, die das Brennholz der Scheiterhaufen herbeischaffen, mangelt es auch heute nicht (siehe „Die neue Aluhut-Inquisition und neoliberale Arschlöcher wie mich“). Viele virtuelle Widerstandskämpfer, die auf den transatlantischen Monokulturfeldern der täglichen Besprühung durch Roundup Ready bisher standgehalten haben, geben gerade auf und streifen die Segel ein. So vor wenigen Tagen auch die Propagandaschau, der von vielen geschätzte „Watchblog für Desinformation“ (siehe Nachruf), der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Techniken der Meinungsmache, Manipulation und Verhetzung unserer Leitmedien (siehe Update des DIN-ISO-zertifizierten Medien-Netzwerks Sept. 2018) zu demaskieren.

Durch die Streckfolter mürbe gemacht, geben derzeit auch viele andere Ketzer auf. Schon vor einigen Wochen hat der Liedermacher Florian Kirner im Namen aller anderen Verschwörungstheoretiker die formelle Kapitulation vor der herrschenden Lehre erklärt (siehe „Wir schwören ab“). Mit dem glühenden Eisen der Neo-Inquisition im Fleisch leistet er Abbitte:

„Wir bitten Euch — nehmt uns wieder auf! Wir lassen der Geschichte ab sofort ihren Lauf.
Wir kehren zurück als verlorener Sohn. Niemals überschreiten wir den Rubikon.
Wir schwören ab!“


Nachsatz:

Diese Zeilen sollen natürlich nicht das Gläschen sein, das das kollektive Fass der Depression nun zum Überlaufen bzw. auch uns zum „Abschwören“ bringt. Obwohl „Abschwören“ eigentlich unverzichtbar und sogar das Gebot der Stunde ist – allerdings in die richtige Richtung gerichtet. Die Ambitionen der herrschenden Lehre und ihrer medialen Claqueure sind nämlich noch niemals in ihrer ganzen Nacktheit, Destruktivität und ihrem dreisten Manipulationsgebahren vor uns gestanden. Wer jetzt gegenüber dieser menschenverachtenden Lehre nicht abschwört, sondern aus vermeintlicher Bequemlichkeit weiter im Zug Richtung Grand Canyon sitzen bleibt, der geht nichts weniger entgegen als seiner geistigen Vermorschung. Wer hingegen abspringt und eine andere, selbstbestimmte Richtung einschlägt, der kann sich zumindest individuell seine Würde und damit seine geistige Gesundheit bewahren, egal welche äußeren kollektiven Verwerfungen, denen wir sowieso nicht entrinnen können, auch kommen mögen.  

In Wirklichkeit ist das kollektive Politgeschehen, über das sich jeder gesund denkende Mensch wohl nur noch die Haare raufen kann, hoffnungslos dem Untergang geweiht. Um nicht von diesem Strudel des Niedergangs verschlungen zu werden, tut man gut daran, eine ganz andere Strömungsrichtung einzunehmen: Indem man nicht mehr die geringste Erwartung an das zerfallende, dem Irrwahn zentralistisch-globalistischer Machtakkumulation verfallene System  hegt und ihm innerlich jedwede Autorität aberkennt. Stattdessen man sich um eine souveräne, individuelle Position im Leben bemüht. Sich den von Prof. Mausfeld als „Mentalvergiftung“ bezeichneten medialen Direktiven verweigert und die Literatur, die man sich zuführt, genauso bewusst auswählt wie das tägliche Essen. Wenn einem der Ober eines Lokals Gammelfleisch oder eine verschimmelte Pizza serviert, dann wird man ihm ja auch zu verstehen geben, dass er sich diese sonstwo hinstecken kann, aber man gewiss nicht so dumm sein werde, sie zu verspeisen, selbst wenn sie gratis sind (so wie die Online-Formate der deutschen Leitmedien, die nach dem Auflagenschwund ihrer Papierausgaben im Netz weiterhin die Meinungshoheit beanspruchen).

Hat man diese Emanzipation gegenüber der herrschenden Meinungs-/Manipulationsmaschinerie bewerkstelligt, dann wird man im kleinen Kreis unendlich viel Sinnvolles, Notwendiges – und damit selbst in der größten Tragik unweigerlich einhergehend sogar: Glücklich-Machendes – erfahren. Man darf dabei nur nicht den Fehler begehen, dieses Umschwenken auf individuelles Leben nur auf die eigene Person zu verstehen. Dann wären wir ja geradewegs in diejenige Falle gegangen, in der man uns haben möchte, um uns als Solidargemeinschaft zu marginalisieren: dass jeder „abschaltet“ und sich nur noch in sein Biedermeier-Privatleben zurückzieht. Nein, das ist natürlich nicht gemeint. Gelungene Entfaltung des individuellen Lebens ist immer intentional auf das Du bzw. auf die die Mitmenschen und die Natur bezogen.

Wenn wir diese Mitmenschen und unsere Umwelt wohlwollend im Auge behalten (wenn jemand vom System ausgebootet wurde – ein Schicksal, das demnächst noch sehr viel mehr Menschen bevorsteht als schon bisher:  Auf keinen Fall Raum für Selbstvorwürfe geben, sondern sich möglichst schnell mit anderen Menschen zusammentun bzw. sich mit Gleichgesinnten vernetzen – es warten jede Menge ganz neue, bereichernde Kontakte und Lebensperspektiven, auch abseits des vermeintlichen „Wohlstands“ und der bürgerlichen Lohnabhängigkeit), dann werden wir irgendwann auch wieder alle Risse und Spaltungen überwinden und bei aller Verschiedenheit den gemeinsamen Nenner der Wertschätzung der unverbrüchlichen Individualität und Würde des Anderen finden.

Und gegen den medialen Strom bzw. die Direktive des Hasses stellt man sich auch bereits in sehr wirkungsvoller Weise, indem man sogar in den scheinbar unleidlichsten Zeitgenossen, die einem auf der Straße begegnen, das Positive und den menschlichen Kern sucht. Wenn man in ruhigem Ambiente mit solchen Menschen in den Dialog geht, wird man sehr schnell auf diesen menschlichen Kern stoßen, selbst bei denjenigen, die der Qualitätsjournalist Augstein nur als „Pimmel mit Ohren“ ansieht. Augsteins „Pimmel“ sind oft gequälte, durch soziale Kälte traumatisierte, mitunter irregeleitete, aber in wesentlichen Bereichen herzensgute Menschen, denen bisher nur niemand konstruktive Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe angeboten hat und die nun Gefahr laufen, ins Destruktive abzurutschen. Sie brauchen unsere Hand, nicht einen weiteren Tritt mit dem schwarzen Lackschuh.

Fjodor  Dostojewskij hat es in seinem „Traum eines lächerlichen Menschen“ auf poetische Weise ausgedrückt:  

„Ich ging unter ihnen umher, händeringend und klagend, aber ich liebte sie vielleicht noch mehr als damals, da auf ihren Gesichtern noch nicht das Leiden lag, als sie noch unschuldig und wunderschön waren. Ich gewann ihre durch sie entweihte Erde noch mehr lieb als früher, da sie noch ein Paradies war, und nur deshalb, weil auf ihr das Leid erschienen war. Ach, ich liebte stets Leid und Gram, aber nur für mich, für mich allein; doch um sie weinte ich, da sie mich dauerten. Ich streckte ihnen meine Arme entgegen …“

 

Foto: „Freundschaft der Dickhäuter“ / pixabay / CC0

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