Bürgerschaftswahlen

This tag is associated with 1 posts

Hamburger Bürgerschaftswahl, Hartz IV, Nine-Eleven und die Revolutionen in China und den USA

Hartz IV wird eine Zäsur bringen … habe ich früher meinen Arbeitskollegen gesagt, alles gestandene „Leistungsträger“. Alle haben das verstanden. Alle fanden es ungerecht, brutal, destruktiv für Motivation und Identifikation mit dem Gemeinwesen Deutschland. Da aber alle die Taschen voller Geld hatten, war keiner bereit, sich zur Rettung der Republik weit aus dem Fenster zu hängen … die Firma hätte umgehend sanktioniert, der Betriebsrat hätte zugestimmt, da die Arbeitsverträge ein gewisses professionelles Auftreten in der Öffentlichkeit forderten – was ja auch entsprechend honoriert wurde. Da wären sogar Bundestagsabgeordnete neidisch geworden ob der Ausstattung, die man sich vom Geld der Krankenversicherten leisten konnte.

Dabei ist Hartz IV ein historischer Moment, der alle angeht. Hier wird die Frage entschieden: wie geht man mit jenen Menschen um, die man durch Maschinen ersetzt hat, eine Frage, die sich laut Focus nun auch China aktuell stellen muß:

Roboter ersetzen Wanderarbeiter. Dennoch herrscht Fachkräftemangel im Milliardenstaat China. Die rote Industrialisierung beginnt.

Wir kennen dieses Phänomen seit vierzig Jahren.  Wir wissen, das die Maschinen Arbeitskraft in Massen freisetzen, die nicht mehr gebraucht wird. Hier ist ein historischer Moment gewesen, den Weg zur Demokratie mutig weiter zu beschreiten.

Wir waren lieber feige und haben die freigesetzten Arbeitskräfte kriminalisiert, ihnen frech und unfair unterstellt, die Massenarbeitslosigkeit sei einfach nur ihre Schuld, weil sie faul, versoffen und gefrässig sind. Wir schufen eine Arbeitspolizei, die die Kriminellen bestraft, ihre Grundrechte beschneidet und sie zur Not in den Hungertod schickt – schlichtweg amerikanische Verhältnisse, möchte man sagen.

Das war die äußerst bequeme Privatisierung  der Globalisierungsfolgen. Erst reiße ich Dein Haus ein, dann verklage ich Dich wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses und mache Obdachlosigkeit zum Verbrechen – so lautet in etwa das Prinzip, ein Prinzip, das in der amerikanischen Raubkultur schon lange gültig ist.

Und es geht hier ganz speziell um den Einfluss gewisser „Think Tanks“ – nicht um die „böse“ US-Kultur an sich. So kommt man von Hartz IV zur Hamburger Bürgerschaftswahl, wo wieder einmal eine personelle Besonderheit greift, wie WiSoPo ausführt:

Was hat der Aufenthalt von Scholz bei der Bilderberg-Konferenz 2010 nun mit dem Wahlsieg der SPD in Hamburg zu tun?
Ein Blick in die jüngere Geschichte dieser Konferenzen gibt Aufschluss darüber, wie eng politischer Erfolg mit einer Teilnahme an diesen Treffen verbunden ist:

Guido Westerwelle nahm 2007 an dieser Konferenz teil, zwei Jahre später ist er Vize-Kanzler.
Angela Merkel nahm 2005 an der Konferenz teil, im selben Jahr wird sie Kanzlerin.
Helmut Kohl nahm 1980 und 1982 an der Konferenz teil, 1982 wird er Kanzler.
Helmut Schmidt nahm 1973 an der Konferenz teil, 1974 wird er Kanzler.

Das die politische Karriere des Herrn Scholz mit dem Ende seiner Arbeit als Bundesminister ebenfalls zu Ende geht, erschien mit seiner Teilnahme an der Konferenz 2010 absurd. Insofern überrascht es doch kaum, dass er ein neues Betätigungsfeld auf politischer Ebene gefunden hat.

Schon wieder wird es unheimlich, schon wieder taucht jenes Netzwerk der superreichen Amerikaner auf, die auf undurchschaubaren Konferenzen geheime Dinge mit unseren Politikern besprechen, die daraufhin erstmal richtig Karriere machen und unheimliche Entscheidungen treffen.  Das ist in etwa so unheimlich wie die Revolutionswelle, die momentan all jene Staaten heimsucht, die den USA geostrategisch im Weg standen und deren Diktatoren den Höhepunkt ihrer Nützlichkeit lange hinter sich gebracht haben. Nun erreicht die Welle auch den neuen Erzfeind China, der in den letzten Monaten immer bedrohlicher geworden ist, hier zitiert bei breakfastpaper:

Die Massenproteste und Unruhen in der Arabischen Welt haben bereit jetzt eine ganze Region verändert. Das hat nun auch chinesische Aktivisten ermutigt, in ihrem eigenen Land für mehr Gerechtigkeit und Freiheit zu kämpfen.

Ein Aufruf im Internet zu einer “Jasmin-Revolution” brachte Demonstrationen in 13 Städten hervor. Hunderte gingen auf die Straße und protestierten gegen das kommunistische Regime, welches umgehend Maßnahmen einleitete: Die Proteste wurden in kurzer Zeit aufgelöst, Internet und SMS zensiert und auf das Wort “Jasmin” gefiltert (Quelle: dpa), Aktivisten festgenommen und unter Hausarrest gestellt.

„Ein Aufruf im Internet“ … jener Ort, von dem aus auch die anderen Revolten koordiniert und nacheinander gestartet wurden. Da kommt mir PNAC in den Sinn. Man erinnert sich kaum noch dran, aber die Welt ordnet sich gerade genau so, wie PNAC es wollte, siehe Wikipedia:

Das Project for the New American Century (PNAC), zu deutsch: Projekt für das neue amerikanische Jahrhundert, war eine US-amerikanische neokonservative Denkfabrik mit Sitz in Washington, D.C.. Es befand sich im selben Gebäude wie das American Enterprise Institute.

Es wurde im Frühjahr 1997 als nicht-kommerzielle Ausbildungsorganisation mit dem Ziel gegründet, für weltweite Führerschaft der Vereinigten Staaten zu werben. Das PNAC wurde im Jahr 2006 aufgelöst.[1] Die 2009 gegründete Foreign Policy Initiative ist als Nachfolgeorganisation des PNAC zu sehen.[2]

Wenn Diplomatie gescheitert sei, seien Militäraktionen ein akzeptables und nötiges Mittel (Carl von Clausewitz). Das PNAC befürwortet die weltweite Errichtung dauerhafter eigener Militärstützpunkte, um die USA weitestgehend unangreifbar zu machen. Als „Weltpolizist” (bzw. „Welt-Ordnungs-Hüter”) hätten die Vereinigten Staaten die Macht, in einer chaotischen „hobbesianischen” Welt für die Einhaltung von Recht und Gesetz gemäß den von den USA gesetzten Maßstäben zu sorgen – wenn es sein muss, auch ohne Absprache mit oder Rücksichtnahme auf Verbündete und andere supranationale Organisationen, Verträge und sonstige Rechtsverbindlichkeiten (Unilateralismus). Darin sehen alle Kritiker einen klaren geschichtlichen Rückfall hinter die mühselig errungenen Fortschritte im Völkerrecht seit dem Westfälischen Frieden.

Und diese Rückschritte im allgemeinen Rechtswesen gilt nicht nur für die Aussenpolitik, wie wsws berichtet, ist man mitlerweile auch innenpolitisch dabei, andere Methoden aufzuziehen:

Am Mittwoch demonstrierten ca. 30.000 Leute in Madison, der Hauptstadt des US-Bundesstaats Wisconsin, gegen die Angriffe von Gouverneur Scott Walker auf die Löhne und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

Unter anderem nimmt das Gesetz den Beschäftigten das Recht, mit dem Arbeitgeber über Fragen der Renten, Gesundheitsversorgung und Arbeitsbedingungen zu verhandeln. In Tarifverhandlungen dürfte es demnach nur noch um Entlohnung gehen, doch jede Steigerung müsste im Rahmen der durchschnittlichen jährlichen Preissteigerungsrate liegen. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes müssten fast doppelt so hohe Renten- und Krankenkassenbeiträge bezahlen wie bisher.

Neben diesen einschneidenden Maßnahmen hat Gouverneur Walker die Angestellten durch seine antidemokratischen Methoden erzürnt. Am 11. Februar gab er bekannt, dass er die Nationalgarde in Bereitschaft versetzt habe, um jeden Widerstand der Beschäftigten niederzuschlagen.

Nationalgarde im Einsatz gegen staatliche Angestellte … bekommt eigentlich noch jemand mit, das wir gerade im Sinne von PNAC die Schwelle zur Militärdiktatur in den USA überschritten haben? Eigentlich nicht verwunderlich angesichts der fortschreitenden Verrohung der us-amerikanischen Streitkräfte, die wir in den letzten Jahren im „Kampf gegen den Terror“ und deren ziviles Umfeld erleben durften.

Im Sinne von PNAC ist auch die Zerstörung demokratischer (und somit sozialer) Strukturen in den Bündnisländern, die Unterordnung der gesamten Gesellschaft unter Konzerndirektiven und die Privatisierung des gesamten öffentlichen Beschäftigungssektors, um möglichst viele Menschen unter direkte wirtschaftliche Kontrolle zu bekommen.

Wir dürfen natürlich nicht mehr in diese Richtung denken, weshalb die internationale Politik sich weiter hemmungslos im Interesse von PNAC entwickelt – und entwickeln muß, das die Wirtschaft des Landes am Ende ist. Ein interessantes Detail möchte ich aber dann doch nochmal erwähnen, gefunden bei Arbeiterfotografie.de:

Hier erinnert Ex-Minister Meacher an einen Präzedenzfall aus der US-amerikanischen Geschichte: »Das Nationalarchiv der USA hat enthüllt, dass Präsident Roosevelt in Bezug auf Pearl Harbor am 7. 12. 1941 genau diese Taktik angewandt hat. Warnungen über den bevorstehenden Angriff waren rechtzeitig eingegangen. Die anschließende nationale Entrüstung (über den japanischen Angriff) überzeugte eine widerwillige amerikanische Öffentlichkeit von der Notwendigkeit, sich am Zweiten Weltkrieg zu beteiligen«, schreibt Meacher und schlägt dann den Bogen zum 11. September und der PNAC-Gang: »In der PNAC-Blaupause vom September 2000, in der die Umwandlung der USA in die dominierende Macht von Morgen beschrieben wird, steht zu lesen, dass dieser Prozess ein langwieriger sein wird, es sei denn, es gäbe ein katastrophales und katalysierendes Ereignis – wie ein neues Pearl Harbor« zitiert Mr. Meacher und erklärt, dass erst vor diesem Hintergrund die vielen offenen Fragen und Widersprüche um den 11. September einen Sinn ergäben.

Ein wunderbarer Zufall hatte den Denkern von PNAC jenes Ereignis beschert. Zufällig kamen die Täter auch aus jenem Bereich, den man zuvor schon für den „Kampf der Kulturen“ vorgesehen hatte – und nebenbei konnte man auch … mit krassen Lügen und völlig am Völkerrecht vorbei … den  nützlichen alten Waffenkameraden Saddam Hussein um seine Ölquellen bringen.

Sowas regt zum Nachdenken an. Auch wenn die öffentlichen Verschwörungstabus dies effektiv verhindern, bleibt eine gewisse Skepsis übrig, wie Rainer Rupp in Ossietzky ausführt:

So ist zum Beispiel die Hälfte der Befragten davon überzeugt, daß die deutsche Bundesregierung kriminell ist, ebenso wie der Bundesnachrichtendienst. Über 56 Prozent der Befragten gehen davon aus, daß deutsche Geheimdienste bei den noch nicht aufgeklärten Terrorakten der RAF in der BRD der 1970er und 1980er Jahre ihre Finger im Spiel hatten. Nur 36 Prozent glauben an die Unschuld der Dienste. Auf die Frage, ob die US-Regierung der Weltöffentlichkeit die ganze Wahrheit über die Anschläge des 11. September 2001 gesagt hat, antworteten sogar 89,5 Prozent mit »Nein« und nur 9,2 Prozent mit »Ja«.

Das ist die Überzeugung des Volkes – und so kommt man von der Hamburger Bürgerschaftswahl direkt zu den Unruhen in der arabischen Welt, nine-eleven und Hartz IV. Alles Erscheinungen, die ein neues amerikanisches Jahrhundert einläuten, ein Jahrhundert, das zur Not mit Waffengewalt durchgedrückt wird, für das man auch locker mal ein paar Tausend eigene Leute über die Klinge springen lassen kann … Krieg kostet halt auch mal Leben auf der eigenen Seite. So gesehen kam man – angesichts des Erfolges – eigentlich noch ganz gut davon.

Und wer nun meint: „Ok, ich bin nicht arbeitslos, kein Ausländer, keine Frau, kein Rentner, kein Beamter oder staatlicher Angestellter, mir geht´s gut bei McDonalds“ der kann sich anschauen, was dieses System aus seinen Kindern macht, gefunden bei B.N.D.-Net:

Die Perfektionierung tobt schon in der Kindheit heftig – es ist der Traum vom sozialen Aufstieg. Jedes vierte Kind bis acht Jahre wird mittlerweile zur Fördertherapie geschickt. Nach dem vollen Schultag gehen sie zum Hockey, zum Tennis, zum Segeln, zur Musikschule. Manchmal haben Kinder an einem Nachmittag zwei bis drei Programmpunkte zu absolvieren. Der gesamte Komplex zwischen Geburt und Abitur ist zu einer Mischung aus Wettrüsten und Leistungsschau geworden. Schlimme Krisen drohen für die Eltern, wenn ihr Kind später als andere krabbelt. Dem Druck halten nicht alle Kinder stand. Zunehmend bedürfen schon Grundschüler therapeutischer Behandlung. Erst sind es Bauchschmerzen, später folgt die Leistungsblockade bis hin zur Depression. Bis zu zehn Prozent der 12- bis 17-jährigen haben oder hatten Depressionen. Die Kinder stehen unter Druck: Einfach nur spielen – ist das heute überhaupt noch möglich?

So regiert PNAC über Hartz IV direkt in die Kindheit hinein – ganz einfach und kostengünstig durch die Implementierung von nagelneuen Prinzipien und einer Arbeitspolizei, die Fehlverhalten sanktioniert. Sowas ist billig, effektiv und renditeträchtig. Aber das sind ja gerade die Chancen einer globalisierten Welt: man kann oben was hineingießen und erreicht in der Tat die Grundschulen der Eifel in den hintersten Wäldern.

Damit das funktioniert, muß man nur ein paar Politiker … einladen … die dann zufällig auch immer wieder in Spitzenpositionen gelangen und entsprechende Gesetze verabschieden, die in eine alternativlose Zukunft führen.

Irgendwie scheint langsam der Zeitpunkt zu kommen, wo es heißt: „DIE oder WIR„.

Wie in jedem Western.


Die letzten 100 Artikel