Bruttoinlandsprodukt

This tag is associated with 2 posts

Auffälliges Schweigen über Schweden

Hier ein Bericht von Henning Rosenbusch

NachDenkSeiten-Podcast

Obwohl die Erfahrung in Schweden und ein Vergleich der politischen Corona-Maßnahmen dort und hierzulande wichtig und nützlich für die eigenen Entscheidungen wäre, wird in Deutschland kaum über die dortige Entwicklung berichtet. Man muss den Eindruck gewinnen, dass auch die politisch Verantwortlichen hierzulande die schwedischen Erfahrungen nicht ernsthaft prüfen. Im Anhang finden Sie einen Deutschlandfunk-Bericht vom 28. Oktober und einen Beitrag von Capital vom Juli. Ansonsten wurde hierzulande weitgehend gegen Schweden polemisiert oder eben verschwiegen. Aus diesem Grund sind wir dankbar dafür, dass der deutsche Journalist und Fotograf Henning Rosenbusch angeboten hat, für die NachDenkSeiten aus Schweden zu berichten. Wir beginnen heute mit einem umfassenden Artikel zur Situation und setzen die Berichterstattung dann später fort.

Aufschwunglügen August 2010 … und das leise Sterben Griechenlands

Der Aufschwung ist da. Heute morgen war es klar: wir sind wieder wer.  Aus allen medialen Ecken tönt er einem entgegen, so aus dem Handelsblatt:

Höchstes Wirtschaftswachstum seit Jahrzehnten

Die deutsche Wirtschaft startet durch. Das Bruttoinlandsprodukt ist im zweiten Quartal um 2,2 Prozent gestiegen und damit so stark wie seit 1987 nicht mehr. Analysten hatten kaum mit der Hälfte gerechnet. Das Wort „Krise“ rückt immer weiter in den Hintergrund, Wirtschaftsminister Brüderle spricht von einem „Aufschwung XL“.

„Die Dynamik der Investitionen und des Außenhandels hatten dabei den größten Anteil“, schrieben die Statistiker. „Aber auch die privaten und staatlichen Konsumausgaben trugen zum Wachstum bei.“

Belege für diesen Aufschwung? Fehlanzeige.  Das es nicht mehr so katastrophal werden wird wie 2009 war allen klar – auch den Versicherern wie der Allianztochter Euler Hermes:

Beim wichtigsten Handelspartner der Schweiz spiegelt sich die vorsichtige konjunkturelle Erholung der
Wirtschaft auch in der Entwicklung der Firmeninsolvenzen wider. Nach dem dramatischen Anstieg 2009
(+12%) steigt die Zahl der Insolvenzen in diesem Jahr nur noch leicht um 1.3% auf 33’100 Unternehmen.
Erst für 2011 rechnen die Experten von Euler Hermes mit einer deutlichen Trendumkehr bei den Firmeninsolvenzen.
Dann wird die Zahl voraussichtlich um 5.4% auf 31‘300 sinken. Trotzdem wird das Niveau von
vor der Krise, als die Anzahl der Pleiten bei unter 30‘000 lag, im nächsten Jahr noch nicht erreicht werden.

Beim wichtigsten Handelspartner der Schweiz spiegelt sich die vorsichtige konjunkturelle Erholung derWirtschaft auch in der Entwicklung der Firmeninsolvenzen wider. Nach dem dramatischen Anstieg 2009(+12%) steigt die Zahl der Insolvenzen in diesem Jahr nur noch leicht um 1.3% auf 33’100 Unternehmen.Erst für 2011 rechnen die Experten von Euler Hermes mit einer deutlichen Trendumkehr bei den Firmeninsolvenzen.Dann wird die Zahl voraussichtlich um 5.4% auf 31‘300 sinken. Trotzdem wird das Niveau vonvor der Krise, als die Anzahl der Pleiten bei unter 30‘000 lag, im nächsten Jahr noch nicht erreicht werden.

Das hört sich nicht gerade nach Aufschwung XL an, aber Brüderle trinkt ja gerne mal einen, da kann man schon mal doppelt sehen. Auch bei den Privaten sehe ich nicht gerade den großen Aufschwung:

Privatinsolvenzen werden in Deutschland immer häufiger angemeldet. Es wird prognostiziert, dass in Deutschland im Jahr 2010 ein neuer Höchststand erreicht werden kann. Bereits in den Monaten Januar bis März inklusive haben 34.710 Menschen in Deutschland eine Insolvenz angemeldet. Im Vergleich zum Jahr 2009 bedeutet dies einen Anstieg der Insolvenzen um genau 14 Prozent.

Quelle: Kredit-Engel

Firmen pleite, Privatleute pleite – was noch? Ach ja, der Einzelhandel.

Die Umsätze sinken beständig. Nimmt man 2005 als Referenzjahr (das Jahr mit dem höchsten Einzelhandelsumsätzen, die es bis dato gegeben hat) so liegen wir jetzt aktuell 5% niedriger und damit unter dem Niveau von 2003

Quelle: Statistisches Bundesamt

Man sieht: das geht nach unten, nicht nach oben.  Es lohnt sich auch bei dem Export mal genauer hinzuschauen, an wen wir eigentlich verkaufen (in Millionen Euro):

Nummer 1:  Frankreich 81 941,1

Nummer 2: Niederlande 54 142,2

Nummer 3: USA 53 834,6

Auf Platz 8, hinter Belgien: China 36 459,9

Wir verkaufen nur einen Bruchteil unserer Waren nach China.  Österreich, Italien, Großbritannien … dort sitzen ebenfalls noch mehr Kunden als in China. Aber: wir kaufen viel aus China….weil es da so billig ist:

Nummer 2: China 55 447,5

Mehr allerdings kaufen wir aus Holland:

Nummer 1: Niederlande 58 044,2

Quelle: Statistisches Bundesamt

Wir sehen also: China bekommt von uns vor allen Dingen eins: BARGELD für RAMSCH.  Wir kriegen 36 Milliarden von den Chinesen für einige Güter, die von uns 55 Milliarden für Kinderspielzeug.  Das ist … ein Minusgeschäft.

Wieviel Schoppen Weißen muß man wohl getrunken haben, um in diesen Rahmendaten einen „Aufschwung XL“ zu sehen? Und wie oft will man uns noch die China-Lüge erzählen? Wenn wir Belgien als Kunden verlieren, sind die Einbrüche für uns katastrophaler, als wenn wir China als Kunden verlieren. Aber als Geschäft, wo man billig einkaufen kann, ist China der Tedi-Markt der Nation…mit entsprechenden Folgen für unseren Einzelhandel und unseren Arbeitsmarkt.

Generell … verkaufen wir aber wieder mehr ans Ausland.  Aber der vom Handelsblatt beschworene Aufschwung in China und den Schwellenländern interessiert uns nicht, wir verkaufen so gut wie nichts nach China:

Deutschlands wichtigste Handelspartner 2009

Rund drei Viertel der Ausfuhren von Waren „Made in Germany“ wurden in europäische Länder geliefert. Der Anteil der Waren, die in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gingen, betrug 63%. Zweitwichtigster Absatzmarkt deutscher Waren im Jahr 2009 war Asien mit einem Anteil von rund 14% vor Amerika mit einem Anteil von rund 10%. Auf Afrika und Australien / Ozeanien entfielen nur geringe Anteile an den deutschen Exporten (2% beziehungsweise 1%).

Quelle: Statistisches Bundesamt

Besser sieht es übrigens bei dem Handel mit Griechenland aus: die kaufen bei uns für 6,6 Milliarden, wir bei denen für 1,8 Milliaren: da bleibt ein sattes Plus für Deutschland übrig, weshalb es den Griechen langsam richtig schlecht geht, wie das Handelsblatt schreibt:

Die Arbeitslosigkeit steigt gleichzeitig in Rekordgeschwindigkeit. 602 185 Griechen waren im Mai offiziell arbeitslos – 43 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Damit wurde der höchste Stand seit Beginn der monatlichen Statistik 2004 erreicht. Die Arbeitslosenquote sprang von 8,5 auf zwölf Prozent nach oben. Die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds (IWF) befürchten, dass sich die Quote wegen der schwersten Rezession seit 40 Jahren in Richtung 15 Prozent bewegen wird.

Und deshalb können die Griechen ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen, die bei uns im BIP noch als „Forderungen“ in der Bilanz für ein sattes Plus sorgen, wie der Welt zu entnehmen ist.

Trotz klammer Kassen in seiner Wirtschaftskrise will Griechenland immer noch 2,8 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für seine Armee und Waffenkäufe ausgeben – umgerechnet auf seine Bevölkerung Rüstungsrekord in Europa. Und so bietet etwa Rheinmetall Griechenland gerade 422 gebrauchte Marder-Schützenpanzer für 200 Millionen Euro an. Athen möchte auch rund 600 US-Panzer aussortieren, die teils noch in den 50-er Jahren gebaut wurden. Die Bundesregierung offeriert Athen aktuell etwa 160 Leopard-2-Panzer, wie ein Regierungssprecher bestätigt. KMW könnte im Fall ihres Kaufs durch Athen auf neue Modernisierungsaufträge hoffen

Für die deutsche Wirtschaft, den deutschen Staat und natürlich die Bundeswehr ein Riesengeschäft: das ganze Altmetall geht in Richtung Griechenland. Die haben zwar kein Geld für Munition, aber egal: Hauptsache, wir haben deren Euro:

Doch nach langen Verhandlungen und gestiegenen Kosten strichen die Griechen den Kostenpunkt Munition schließlich ganz aus den Verträgen. „Tatsache ist: Die 353 modernsten Leopard-2-Panzer der griechischen Armee haben bis heute keine Munition, was ihren Wert auf Null reduziert“, sagt er. „In den vergangenen acht Jahren hat es viele Anläufe gegeben, endlich ausreichend Munition für die Leopard-Panzer zu kaufen. Geklappt hat keiner.“

Die Munition für die Panzer können wir nämlich noch selber gebrauchen. Einiges davon verschießen wir gerade in Afghanistan. Die kaputten Panzer jedoch können die Griechen gerne haben:

Das Finanzministerium kann fällige Rechnungen nur mit Mühe bezahlen – oder auch nicht. Offiziell rechtfertigen die Griechen die schlechte Zahlungsmoral schließlich mit Mängeln der von KMW gelieferten Panzer. Tatsächlich werden bei Inspektionen ab Herbst 2008 bei 68 Leopard-2-Panzern Haarrisse an den Turmluken entdeckt. Fast alle sind bei HDS in Griechenland gebaut worden. Auch Subunternehmer Rheinmetall hat ein Problem: Bei 39 Leopard-Panzern werden Roststellen an Geschützrohren gefunden.

Für unsere Freunde in Griechenland hat das alles üble Folgen – wie ebenfalls die Welt berichtet:

Die schwere Wirtschaftskrise hat zu einer Pleitewelle im griechischen Einzelhandel geführt. In den vergangenen Monaten mussten fast 15 Prozent der Läden im Großraum Athen schließen, teilte am Montag der Einzelhändlerverband ESEE mit. Die Menschen hätten weniger Geld zum Ausgeben und viele Händler seien verschuldet, erklärte der Verband.

Die zahlen schon mal viel für unseren „Aufschwung“. Denn … das alles steckt in unserem BiP. Genau wie das hier:

Intendantinnen verdienen mehr als Präsident Wulff

Demnach erhielt Intendantin Monika Piel im vergangenen Jahr 308.000 Euro erfolgsunabhängiges Gehalt. Die fünf vom Rundfunkrat gewählten Direktoren bekamen zwischen 190.000 und 206.000 Euro. Die Zahlen veröffentlichte der WDR in seinem Geschäftsbericht 2009, worauf der Branchendienst „Funkkorrespondenz“ hinwies.

Quelle: Welt

Jetzt wissen wir, warum die GEZ-Gebühren nicht mehr ausreichen … nur, so eine richtig herausragende Leistung, die man im Ausland mit Gewinn verkaufen könnte, ist „Intendant sein“ ja nicht gerade. Ist aber auch Bestandteil des BPI. Und wir wissen auch, wohin die Kredite gehen, die wir den Griechen geben: die kommen in die Kassen deutscher Rüstungsunternehmen. Das garantieren wir alles mit unseren Steuergeldern.

Wir machen uns gerade mal wieder richtig beliebt in Europa.  Was, wenn die jetzt mal „kauft nicht bei Deutschen“ rufen? Das sähe ganz schlecht für uns aus.  Und wenn die erfahren, wie wir Geschäfte machen … dann könnten die alle richtig sauer werden.

Aber zumindest wir würden es bei dieser Nachrichtenlage wohl nie erfahren.

Deshalb verbleibe ich freundlich mit neudeutschen Gruß: AUFSCHWUNG!


Die letzten 100 Artikel