Samstag, 8.2.1014. Eifel. Es ist ein seltsamer Tag. Der Kopf ist noch voller Gedanken – und dabei habe ich eine Kleinigkeit vollkommen übersehen, beiseite gelegt und weitergeleitet. Erst Tage später fiel mir ein: oh – das wäre aber wichtig für viele – jedenfalls viele „politische Blogger“. Die Berufsbezeichnung „Blogger“ – das sei vorhergeschickt – mag ich allerdings inzwischen überhaupt nicht mehr. Nicht nur, weil es ein abwertender politischer Kampfbegriff der Bezahlmedien geworden ist, sondern weil er schlichtweg „dumm“ ist.
Ein Beispiel?
Gut. Nehmen wir mal an, ich würde Ihnen von den Holzern erzählen, Beispiel dafür nennen, wie unseriös Holzer arbeiten, das Holzer sozial anders sind als andere und sich hauptsächlich mit holzen beschäftigen – Sie würden nicht wissen, wovon ich rede, mir aber nach einer Weile folgen, ganz allein deshalb, weil die Holzer Kinderpornographie bringen, nationalsozialistische Gedankengut verbreiten und Falschmeldungen am laufenden Band produzieren … um Aufmerksamkeit zu bekommen, weil sie für entsprechene Darstellungen direkt bezahlt werden oder weil ihre heimliche Zustimmung zum allumfassenden Wahn der Gegenwart Bedingung für den Fortbestand des Arbeitsvertrages ist.
Dabei sind „Holzer“ nur Menschen, die ihre Meinung auf Papier (also: Holz) schreiben. Sie sind so vielfältig wie die Menschheit selbst, haben nur die Neigung, den Hang, die Sucht oder das Talent Worte so sinnvoll aneinander zu reihen, dass es dem Geist eine Freude ist, sie zu lesen. Das „Holzer“ in irgend einer Form anders als „Blogger“ sind, ist vollkommener Mumpitz – das Medium, auf dem veröffentlicht wird, ist anders – und der Blogger ist im Prinzip unabhängiger von Geldgebern, deren Meinung er vervielfältigen muss … das ist alles.
Natürlich braucht unsere Umwelt einen Sprachcode, damit man einen Menschen einsortieren kann. Dieser Anforderung musste ich mich auch persönlich stellen, als ich ohne großes Ziel oder Motivation anfing, Worte ins Netz zu stellen – dabei habe ich den Fehler gemacht, mich einfach als „Blogger“ bezeichnen zu lassen, weil mir die Bezeichnung eigentlich völlig egal ist: die Botschaft ist es, um die es geht, die Perspektive, die im öffentlichen Dialog der Meinungsbildner nicht mehr abgebildet wird … wie man denjenigen nennt, der die Worte macht, ist dabei höchst unbedeutend, ebenso wie seine Person, sein Lebenslauf oder seine familiären Verhältnisse.
Nun – ich kann es mir leicht machen: ich habe da noch einen Philosophen in der Kiste für Berufsausbildungen – und der hängt demnächst auch offen an der Eingangstür – zwar nur ein Eifelphilosoph, aber die Eifel hat halt auch ein Recht auf Weisheitsliebe.
Was aber mit denen, die sich nicht auf ihren akademischen Loorbeeren ausruhen können, die nicht Artikel für Printmedien schreiben können, jene, die glauben, sie müßten die ganze Familie einspannen, um gelesen zu werden?
Die sehen die Welt eher so wie die Initiatoren des Webprojektes „Ausguck“ … das mir auf den ersten Blick schon mal gut gefällt:
Ein Blog definiert sich dadurch, dass er allermeistens nicht gelesen wird. Wenn man sich nicht als Person an exponierter Stelle befindet, die irgendwelche Mitmenschen dazu bewegt, der eigenen Schreibe Aufmerksamkeit widmen meinen zu müssen, bleibt ein Blogger fast immer zuverlässig mit sich allein. Versuche, der Insel zu entkommen und ein Blog bekannter zu machen, sind zum Beispiel das Einbinden “unentbehrlicher” bzw. brisanter Information oder die Wahl eines ungewöhnlichen Tonfalls bei der Ansprache des Lesers. Möglich ist auch, per Bilderflut ein Blog zu erstellen, das eigentlich eher geschaut als gelesen wird.
Das kann sehr hübsch gemacht sein und hat so was Offenes und Entspanntes- und interessiert bis auf genötigte Familienmitglieder wieder keine Sau.
Warum also bloggen? Warum in relativ hochtechnisierter Form etwas herstellen, das mutmaßlich zuverlässiger unter Dach und Fach bleiben wird als seinerzeit ein Tagebuch mit Messingschlösschen, das die Geschwister einem klauten… um vom nächsten Klettergerät herab Liebesgeschichten in die Gegend zu grölen?
Weil jeder Mensch tatsächlich etwas zu denken und zu sagen hat und damit verstanden werden möchte. Deshalb murkeln wir uns durch unsere Selbstansprüche und Ängste und durch unser Lampenfieber in Anbetracht der Möglichkeit, gegen jede Wahrscheinlichkeit doch mal gelesen und vom Leser zur Verantwortung gezogen zu werden. Wir wünschen Mehrwert und riskieren Langeweile. Wir exponieren uns emotional und riskieren Spott. Wir engagieren uns und riskieren Desinteresse an Dingen, an denen uns viel liegt.
Das alles ist wundervoll herausfordernd. Lasst uns loslegen.
Hätte ich Zeit, würde ich glatt mitmachen – aber Zeit habe ich gerade nicht.
Natürlich verstehe ich die Ablehnung des offiziellen Journalismus gegen die unliebsame Konkurrenz aus dem Nichts, die sorgsam gewachsene Pfründe in Gefahr bringt und die Fleischtöpfe der schreibenden Zunft belagert: wie soll man denn seine Pferdezucht weiter bezahlen, wenn nicht als Chefredakteur des „Spiegel“? Und während die „Blogger“ („Online-Journalisten“ war hier mein erster Versuch, den politischen Kampfbegriff durch eine seriöse und neutrale Beschreibung der reinen Tätigkeit zu ersetzen) sich noch Gedanken darüber machen, wie sie ihre Oma dazu kriegen, die eigenen Worte in der Elektrozeitung zu lesen, sehen Journalisten schon, dass die gesamte Jugend sich von ihnen verabschiedet und im Internet die Zukunft sieht.
Ja – sie sehen die Warnsignale der Statistik: die Zeit, die der Deutsche vor dem Fernseher hängt, nimmt ab (siehe: Statista): letztes Jahr waren es nur noch (unglaubliche!!) 221 Minuten JEDEN TAG. Das sind zwei Spielfilme und eine Folge einer Serie … AM TAG. Alles gefüllt von bezahlten Journalisten, die die Meinung ihrer Auftraggeber in Politik und Wirtschaft verbreiten. Verantwortlich für den Rückgang ist die Jugend: zwischen 14 und 29 Jahren nimmt die Sehdauer signifikant ab: man informiert sich lieber durch das Internet.
Das ist die Zukunft: die Menschen machen ihre Nachrichten selber. Vorbei die Zeiten, wo Wirtschaft, Kirche und Politik über „Journalistenschulen“ den journalistischen Nachwuchs jahrelang unter Laborbedingungen beobachten (mehr dazu auf Neopresse: Journalismus als professionelle Auftragslüge), um für sich die passendsten Charaktere und Weltanschauungen herauszufiltern, die dem Volk dann eine allen Mächtigen genehme Meinung präsentieren, der unbedingt zu folgen ist: beim Essen, Trinken, Reisen, beim Hausbau und der Wohnungseinrichtung, beim Sport, der Gesundheitspflege, beim Geschlechtsverkehr sowie bei der Geldanlage.
Nebenbei bemerkt: wie viele „Führer für jeden Lebensbereich“ hier inzwischen bewusst und gezielt installiert worden sind, fällt niemandem auf – ruft man aber auf, ein paar (oder wenigstens EINEN) Rebellenführer zu installieren, ist der Aufschrei aus dem Volke groß: „nie wieder ein Führer in Deutschland“ – aber die allen Journalisten und Politikern bekannte „Schweigespirale“ wird intensiv gelebt … und führt dazu, dass das Lügenbild vom Arbeitslosen als „faulem Sozialschmarotzer“- obwohl in einem 80 Millionen-Volk inzwischen 42 Millionen Menschen beim Jobcenter registriert sind – weiter fleißig die öffentlichen Meinung penetriert, während gleichzeitig immer verstärkter die große Kriegstrommel gerührt wird.
Man sieht: den „Ver-Führern“ folgt man immer noch gerne, täglich 221 Minuten lang.
Dieses Umfeld muss man berücksichtigen, wenn man folgende Nachricht liest, die mich letzte Woche erreicht hat:
Sehr geehrte Damen und Herren, > > liebe Kolleginnen und Kollegen, > > > > wir möchten Sie gerne zu einem Hintergrundgespräch zum > NSA-Untersuchungsausschuss und zur Frage der Minderheitenrechte im > Deutschen Bundestag mit Britta Haßelmann, Erste Parlamentarische > Geschäftsführerin, und Hans-Christian Ströbele MdB einladen. >
Eingeladen war ich als „Eifelphilosoph“ im Rahmen einer allgemeinden Einladung an die gesamte Presse. Hätte ich mich angemeldet, hätte ich über das Gespräch berichten können.
Leider … zahlen meine Leser nicht für die Artikel im Nachrichtenspiegel.
Leider … musste ich an dem Tag auch arbeiten.
Leider … macht mein Rücken eine Spontanreise nach Berlin nicht mehr so leicht mit – und in meinem persönlichen Budget sind die Reisespesen auch nicht so leicht abbildbar. Kostet nämlich nicht wenig, dieses „reisen“.
Deshalb konnte ich nicht an dem Event teilnehmen, konnte nicht die Kreise der akreditierten Journalisten verunsichern und auf politischem Parkett eine ansonsten ungewohnte Meinung vertreten, unliebsame Wahrheiten verbreiten oder Fragen stellen, die man schon immer gerne beantwortet haben wollte.
Es geht aber nicht um mich – sondern um die Akzeptanz der vielgescholtenen „Bloggerei“ … und das fiel mir halt erst Tage später auf.
Ich weiß nicht, wie oft es geschieht, dass der „politische Blogger“ gleichrangig mit der nationalen Presse behandelt wird, ich weiß aber, dass über die Qualität unserer Arbeit, über unsere gesellschaftliche Akzeptanz nur eine Instanz entscheidet: der Leser. Hat er einen Gewinn durch die Lektüre, war der Job gut.
Und auch wenn die bezahlten Journalisten nun um ihre Pferdezucht bangen – oder um die vielfältigen Vergünstigungen, die der „Presserabbat“ ihnen gewährte (allein 1154 Angebote, sich den Journalismus gefügig zu kaufen, gibt es bei Pressekonditionen, laut Ver.di hat VW sogar eine eigene „Vertriebstabteilung für Medienprofis“), dreht sich der Wind gerade … der unbestechliche, unabhängige Schreiber gewinnt an Einfluss, auch wenn er selber glaubt, nur für die Oma zu schreiben.
Und – nüchtern betrachtet – gibt es keinerlei Grund, Holzmedien als „gut“ und Elektromedien als „schlecht“ darzustellen … es sei denn, man fürchtet um seine Presserabatte.
Insofern – sollte ich diese Einladung nicht für mich behalten (halte aber den Termin – wie versprochen – geheim). Es wäre schön, wenn der Nachrichtenspiegel sich konstruktiv weiterentwickelt hätte und wir – wie angedacht – nun einen Bloggerkollegen in Berlin sitzen hätten, der für uns als „Bloggergemeinschaft“ (oder als Kollektiv der „Online-Journalisten“) an dem Event hätte teilnehmen können um „Flagge zu zeigen“ … doch die Zeit ist wohl noch nicht reif für solche Entwicklungen, die Notwendigkeit der Selbstorganisation des „Graswurzeljounalismus“ noch nicht flächendeckend angekommen.
Dabei bräuchte das Volk, der Staat und die Bürger gerade eine unabhängige Alternative zu den wohlgefütterten Fleischtopfschreibern, die – aktuellen Umfragen gemäß – ihre Wandlung zum Pressesprecher der Reichen, Mächtigen und Schönen vollenden – siehe Wikipedia:
Das Rollenselbstbild, wie die Akteure im Journalismus ihre Aufgabe in der Gesellschaft sehen, hat sich gemäß zweier repräsentativer Journalistenbefragungen von 1993 und 2005 in Deutschland ebenfalls gewandelt: Die Ambitionen von Kritik und Kontrolle haben abgenommen, es dominieren die reinen Informationsjournalisten und News-Manager.
Der Anteil der Journalisten, die „Kritik an Missständen üben“ als Ziel angeben, ist von 63 Prozent auf 57 Prozent gesunken. Der Anteil der Journalisten, die „sich einsetzen für die Benachteiligten in der Bevölkerung“ ist von 43 auf 29 Prozent gesunken und der Anteil jener, „die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kontrollieren“ von 37 auf 24 Prozent.
Umgekehrt stieg der Anteil der Journalisten, die „möglichst neutral und präzise informieren“ wollen von 74 auf 89 Prozent. Der Anteil der Journalisten, der „komplexe Sachverhalte erklären und vermitteln“ wollen, stieg von 74 auf 80 Prozent und jener, welche „die Realität genau so abbilden wollen, wie sie ist“, von 66 auf 74 Prozent.
Die Realität so abbilden, wie sie ist, ist unmöglich. Das lernt man in der Philosophie. Aber sie so abzubilden, wie die Sponsoren sie gerne hätten: das geht, wenn man auf die Kontrollfunktion verzichtet und die Opfer der Mächtigen sich selbst überlässt.
Wer das versteht – bekommt Rabatte.
Was aber die Politik versteht, ist: die Rabattsauger und Worthuren verlieren beständig mehr an Glaubwürdigkeit. Darum lädt man jetzt auch die ein, die unabhängig vom Geld Meinungen publizieren … und so Meinungen bilden. Eine wichtige – und tröstliche – Information für all´ jene, die meinen: „das bringt ja sowieso nichts“.
Es bringt viel mehr als ihr glaubt … wenn ihr nicht aufgebt – und einen Heidenspaß daran habt, den David in einer Welt von Goliaths zu geben.
Und außerdem: die vierte Macht steht gerade günstig zum Verkauf. „Journalisten“ wollen sie nicht mehr ausüben … da braucht es freiwillige Helfer aus der Bevölkerung, die hier einspringen. Kostet inzwischen – dank Elektromedien – auch nicht mehr soviel, dass man unbedingt einen Sponsor braucht, der Totholz bezahlt.
Bäume mögen das.
5. September 2013. Eifel. Ein wunderschöner Sonnentag erwartet uns heute. Viel zu schön, um arbeiten zu gehen. In England hatte man dafür mal Verständnis: ging die Sonne in London auf, durften die Menschen ihre Arbeitsplätze verlassen. Sonne ist selten in der Hauptstadt britischen Nebels – und man pflegt gerne auch Menschliches. In der Berliner Republik hingegen erfährt man in erster Linie davon, dass es für Arbeitnehmer kein Hitzefrei gibt. Hier herrscht ein Arbeitsgeist wie in einem Arbeitslager: Arbeit ist Zwang, Pflicht, Strafe, Lebenssinn, Existenzzweck. Wer diesen nicht erfüllt, ist ein Parasit. Ekelerregend, oder? Außer man gehört zur Leistungselite – die darf sich millionenschwer bereichern, ohne auch nur einen Finger zu krümmen. Ich empfehle hierzu einfach mal die Arbeit über die Dimension der Parteienfinanzierung in Deutschland: „Die Elefantenmacher„. Wer das liest, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus – da fließt Bakschisch in Strömen in die Tasche gehorsamer Politiker … aber das will in Deutschland niemand wahr haben. Dies Diskrepanz zwischen einer durch und durch kriminellen, skrupel- und gewissenlosen Oberschicht (1%) und einer Unterschicht (99%), die immer mehr nach dem Motto „Panem et circenses“ (Brot und Spiele, heute: Bier und Fussball) lebt, führte zu einer informellen und informativen Gegenkultur, der bewusst ist, was es bedeutet, wenn ein Kanzler nach sechzehn Regierungsjahren seinem Ehrenwort mehr Bedeutung zumisst als dem Gesetz: es gibt Mächte in Deutschland, die können sogar einen Bundeskanzler dirigieren, weshalb das Ergebnis der Wahl heute schon feststeht (siehe Eifelphilosoph bei Neopresse). Doch anstatt Aufklärung zu betreiben, treiben wir 15 Jahre nach diesem GAU immer noch im Dunkeln – was die Leistungsfähigkeit der deutschen Medienkultur deutlich zur Schau stellt.
Diese informative Gegenkultur arbeitet unter katastrophalen Bedingungen: kein Geld, kein Personal, keine Ressourcen, alles muss mühsam per Gedankenarbeit erschlossen werden. Das alles ist nur möglich dank des Internets, welches die Kosten für die Veröffentlichung von Meinung drastisch reduziert hat: das Monopol der Oberschicht, der Unterschicht durch qualifizierte Schreiber ihre Meinung zu sagen, war gebrochen. Gleichzeitig verfügt jeder Leser und jeder Autor dank Internet über eine Bibliothek, die ihresgleichen sucht – wenn man diszipliniert arbeitet und nicht gleich jeder Sensationsmeldung hinterherläuft, ist hier wissenschaftliches Arbeiten auf höchstem Niveau möglich (was aber dann erstmal ohne Aufbereitung nur wenig Leserzahlen bringt).
Diese Gegenkultur, erwachsen aus den ersten privaten Blogs, stellt inzwischen eine ernst zu nehmende Gefahr dar, weshalb man sie genauer unter die Lupe nehmen möchte. Man schätzt, dass schon 33% der Bürger bei der politischen Meinungsbildung auf freie Medien zurückgreifen: diese Menschen entziehen sich bewusst der Meinungsbildung durch eine Oberschicht, die auch Kanzler dazu bringen kann, ihr „Ehrenwort“ höher zu schätzen als den Souverän des Landes: den Bürger.
Aus dieser Perspektive heraus haben wir eine Warnung herausgeschickt und vor der Teilnahme an einer Studie gewarnt, die die politische Macht der informellen informativen Medien ausleuchten soll, um „Zensur“ und „Gegenmaßnahmen“ gezielt einsetzen zu können – was im Umfeld der Studie schon von nicht genannten Politikern (= Oberschicht) geäußert wurde.
Diese Warnung hat nur ein paar tausend Leser erreicht … aber unter anderem auch die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, die sich jetzt bei uns gemeldet hat. Wie es üblich ist, möchten wir diese Gegendarstellung hier veröffentlichen – und kommentieren.
Sehr geehrter Herr XXX,
meine studentische Hilfskraft informierte mich über Ihre deutliche Ablehnung gegenüber einer Weiterverbreitung der Einladung zu unserer Studie zur Bundestagswahl. Bitte sehen Sie es mir nach, dass ich Ihnen erst heute schreibe, aber die Vorbereitung der Studie und auch andere Tätigkeiten hinderten mich an einer früheren Rückmeldung.
Wir freuen uns trotzdem sehr über diese höfliche, nicht erwartete Geste.
Der Gegenwind der unserer Studie durch Ihren Post vom 21.08 entgegen bläst ist gewaltig.
Es ist nie erfreulich, zu lesen, dass die eigene Arbeit die Arbeit anderer Menschen behindert – doch diesmal war dieser Schritt unausweichlich. Insofern freuen wir uns, dass unser Post trotz durchschnittlicher Leserzahlen offenbar größeren Einfluss genommen hat. Das war in der Tat beabsichtigt.
Ich hätte nicht gedacht, dass unsere Forschung dazu in der Lage wäre.
Nun – Ihre Forschung ist nicht gerade als „politisch neutral“ zu bewerten – vor allem nicht, wenn gewisse Kreise schon im Vorfeld angekündigt haben, dass Gegenmaßnahmen bis hin zur Zensur zu erwarten sind.
Sicher könnte ich jetzt versuchen, das Verständnis unserer Forschung zu korrigieren, was auch an vielen Stellen Ihrer Auslassungen notwendig wäre.
Nun – unsere Auslassungen sind nicht perfekt. Wir haben auch gar nicht den Anspruch an Perfektion, dies geben unsere Ressourcen gar nicht her. Unsere Perspektive ist aber auch eine andere: wir sehen Ihre Forschung in einem gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang: etwas, was „Wissenschaft“ meines Erachtens nach viel zu selten macht.
Ich will nur zwei Beispiele herausgreifen, die aus meiner Sicht eine Richtigstellung bedürfen.
Wir helfen gerne dabei, diese Richtigstellung im Adressatenkreis zu verbreiten.
Sie schrieben „“Urteilsunsicherheiten” durch Blogkonsum meint: wie sehr Herrschaftsmeinung erfolgreich hinterfragt wurde….“Artikulationsbereitschaft” zeigt den Grad der Aufwiegelungsmöglichkeit der Massen.“ Mit Urteilssicherheit verstehen wir eigentlich nur die Sicherheit, mit der Menschen in der Lage sind, die öffentliche Meinung wahrzunehmen.
Es war uns klar, dass Sie das damit meinten. Wir meinen das auch. Wir aber haben eine andere Perspektive – und betten Ihre Arbeit gerne in einen größeren Zusammenhang ein. Die „öffentliche Meinung“ ist – auf der Basis der Theorie der Schweigespirale – jene Meinung, die von einem kleinen Kreis von Meinungsbildnern geprägt ist. Unserer Meinung nach hat dieser Kreis vollkommen versagt (siehe unter anderem: Parteispendenskandal), weshalb wir begründete Gegenmeinungen formulieren. Diese begründeten Gegenmeinungen erreichen irgendwann einen Grad der Relevanz, dass sie in der Lage sind, bestehende Urteilssicherheit ins Wanken zu bringen: nichts weiter ist gemeint mit der Aussage, dass Herrschaftsmeinung erfolgreich hinterfragt wird.
Mit Artikulationsbereitschaft meinen wir die hypothetische Bereitschaft, sich in der Öffentlichkeit mit einer konträren Meinung zu äußern.
Wir auch. Die Bereitschaft zur Artikulation von Gegenmeinungen (dem Durchbruch der Schweigespirale, sozusagen) zeigt aber gleichzeitig auch, wie groß der Einfluss freier Onlinemedien auf die Bevölkerung ist – kurz gesagt: wie sehr sie Volk gegen Herrschaftsmeinung aufwiegeln können.
Wir halten die Artikulationsbereitschaft normativ gesehen für sehr wichtig.
Wir auch. Umso wichtiger ist es, dass es Alternativen zur parteipolitisch dominierten Einheitsmeinung gibt, die dem Menschen Sicherheit gibt, sich jenseits der Schweigespirale zu artikulieren.
Demokratien, in denen die – häufig kritische Meinungen – nicht ausgesprochen würden, müssten Gefahr laufen, politische Probleme nicht rational und von mehreren Perspektiven geleitet zu lösen und alle gesellschaftlichen Gruppen am Lösungsprozess integriert zu haben. Um es mal ganz deutlich zu machen: Ein kritischer Diskurs von sozial relevanten Themen ist für unsere Gesellschaft unabdinglich und unsere Forschung soll nicht dazu beitragen „kritische Massen“ zu identifizieren um deren Eindämmung politisch vorzubereiten.
Nun – diese Absicht würden wir auch niemandem unterstellen wollen. Nur sehen wir „Wissenschaft und Forschung“ bei weitem nicht mehr so neutral oder positiv an. Die Identifizierung der kritischen Massen erfolgt auch nur als Nebenwirkung. Der Grund für dieses Vorhaben ist aber klar erkennbar: die kleinen, armen, freien Medien erreichen einen stetig größeren Einfluss, der sich der Beherrschbarkeit durch Wirtschaft und Partei entzieht.
Ich kann Ihnen versichern, dass unsere Forschung nicht von den Interessen Dritter geleitet ist.
Ich kann Ihnen versichern, dass Ihre Forschung für Dritte von höchstem Interesse ist.
Wir arbeiten unabhängig und ohne Deutungsvorgaben Anderer.
Das wollen wir gar nicht in Zweifel stellen. Wir schauen nur mehr auf die langfristige Wirkung einer solchen Studie – und den Nutzen einer solchen Studie einfährt. Für uns kleinen Blogger ist das ziemlich egal – für Menschen, denen die Deutungshoheit über die Schweigespirale wichtig ist, aber nicht.
Unser Forschungsgegenstand ist der Mensch – und daneben auch die Medien. In Zeiten einer großen Sensibilisierung für Datenschutz – maßgeblich bedingt durch die Ausspähpraktiken internationaler Geheimdienste – kann ich gut nachvollziehen, dass gerade jetzt das Thema in ihrem Blog kritisch hinterfragt wird. Hier kann ich nur deutlich machen: Informationen, die der Identifikation unserer Befragten dienen werden nicht öffentlich gemacht. Da unterscheiden wir uns übrigens nicht von dem übergroßen Teil mir bekannter wissenschaftlicher Forschung.
Wir interessieren uns weniger für die sicherlich bedeutsame Sphäre des Datenschutzes. Der Autor dieser Zeilen ist sich bewusst, dass jeder seiner Worte gespeichert, analysiert und gedeutet wird: das gebietet allein das Dogma des „Kampfes gegen den Terrorismus“. Immerhin könnte sich hinter jeder gesellschaftskritischen Äußerung ein Moslem verbergen. Ausschließen kann man das nicht. Oft genug sind auch Rechtsradikale (mit erschreckender Entschlossenheit bezüglich der völligen Vernichtung des jüdischen Volkes) Urheber harscher Kritik, weshalb man eine kritische Durchleuchtung der Bloggerszene seitens der Geheimdienste als Demokrat sogar begrüßen muss.
Es ist auch nicht die Sorge um den Umgang mit Daten, die uns umtreibt, dringlich vor der Teilnahme an dieser Studie zu warnen, sondern die Sorge um das, was kommen wird, wenn der Politik bewusst wird, dass sich inzwischen schon 33% der Wähler von der Deutungshoheit der „Leitmedien“ verabschiedet haben und sich so der direkten Einflussnahme durch entsprechende Kreise entziehen. Wir sind uns bewusst, wie schwach unsere Position im gesamtgesellschaftlichem Kontext ist, wie angreifbar wir mangels finanzieller Ressourcen sind – und wie wichtig unser Beitrag bei der politischen Meinungsbildung ist. Es freut uns zu sehen, dass dieser Beitrag auch von Ihrer Seite aus geschätzt wird.
Wir betten ihn aber nicht in ein neutrales Umfeld, sondern in eine gesellschaftspolitische Realität, die geprägt ist durch das Wissen von Souveränen hinter dem Souverän, siehe Bundesdrucksache 14/9300
“Der Ausschuss hat grundlegende Zweifel, dass die deutschen Geldspender Dr. Kohls tatsächlich existieren und Dr. Kohl jemals sein Ehrenwort gegenüber Geldgebern abgab. Nach Überzeugung des Ausschusses ist es sogar wahrscheinlicher, dass Dr. Kohl diese Spender frei erfunden hat, um im Wege dieser Legende weiteren Fragen des Ausschusses oder der Öffentlichkeit nach der wahren Herkunft der Gelder zu begegnen. Indem Dr. Kohl in Kauf genommen hat und weiter in Kauf nimmt, dass durch das Verschweigen seiner Geldgeber sein persönliches Ansehen und seine Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit Schaden nehmen und seiner Partei erheblicher finanzieller und politischer Schaden entsteht, ist davon auszugehen, dass der Ansehensverlust für ihn und der Schaden für seine Partei erheblich größer sein muss, wenn Ausschuss und Öffentlichkeit die wahre Herkunft der Millionenbeträge erfahren. Diese Überlegung führt zu berechtigten Spekulationen über Namen der Spender, Grund und Herkunft der Zahlungen”
Diese „berechtigen Spekulationen“ stellen die alternativen Medien an und sind sich dabei bewusst, dass sie sich dabei nicht nur Freunde machen. „Dort oben“(1%) herrscht ein anderes Verständnis von Rechtsstaatlichkeit als hier unten (99%) – hierzu verweise ich stellvertretend auf die Aussage von Dr. Klenk, die hinreichend das Umfeld demonstriert in dem wir uns bewegen:
Der ehemalige Chef der Rechtsabteilung von Thyssen, Dr. Hans Joachim Klenk, wies als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss auf die Alltäglichkeit von Korruption hin: „Wir unterhalten uns ja hier nicht zwischen Jungfrauen. Ich denke einmal, das ist ein Thema, das jedem verständigen Deutschen geläufig sein müsste“ (Vernehmung Dr. Klenk, 12. Oktober 2000, S. 6).
Wir halten uns für verständige Deutsche, wollen nicht als Jungfrauen erscheinen, obwohl uns das Geld zur „politischen Landschaftspflege“ fehlt. Da wir uns nicht als Jungfrauen verstehen, sehen wir auch die Dimensionen, die das Ergebnis Ihrer Studie erreichen kann, und welchen Gegenwind interessierter Kreise dies entfachen könnte.
Diesen Waldbrand halten wir gerne gleich bei der Entstehung auf, bevor er unkontrollierbare Ausmaße erreicht.
Mit freundlichen Grüßen,
Pablo Porten-Cheé
Pablo Porten-Cheé, M.A.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Kommunikations- und Medienwissenschaft III
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Mit freundlichen Grüßen zurück: Reiner August Dammann, freier Eifelphilosoph, Redakteur Nachrichtenspiegel (oder Chefredakteur? Stehe irgendwo als Hauptverantwortlicher für den Inhalt)
Wir warnen wiederholt eindringlich vor der Teilnahme an dieser Studie.
… timeo danaos et dona ferentes.
ich fürchte die danaer, auch wenn sie geschenke bringen. und die geschenke kommen reichlich. etwas über vier millionen euro lässt die europäische union derzeit springen, um eine software zu entwickeln, die blogs einfach und schnell archiviert.
und laut eigenwerbung auf der deutsch-englischen cordis-seite profitieren alle davon. nämlich:
Eine Vielzahl von Parteien aus dem Projekt, darunter Bibliotheken und Informationszentren, Museen, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Blogger profitieren.
na, das ist doch super. alle profitieren. das ist soooo super, das da ein paar profiteure… offenbar einfach vergessen wurden. profiteure wie z.b. nachrichten- und geheimdienste. oder polizeien. politische polizeien fallen mir da ganz spontan ein. die europäische zentralregierung investiert über vier millionen euro dafür, das tante-gerdas-kochrezepte.blog der nachwelt erhalten bleibt!? mal hand auf´s herz: das glaubt doch keiner hier? oder doch?
ich weiß, es ist gesellschaftlich inzwischen nicht mehr obsolet direkt hinter einem baum hervorgesprungen zu kommen und „verschwörungstheorie, verschwörungstheorie!“ zu schreien, sobald etwas merkwürdig erscheint. aber: dieses ding ist merkwürdig.
deshalb nochmal: vier millionen euro dafür, blogs zu archivieren – ein internationales forschungsteam das sich diese gelder einsackt und eine europäische union, die sich bislang nun gewiß nicht als demokratisch profiliert hat und deren auswüchse, wie z.b. eingriffe in den privathaushalt eines jeden, fingerabdrücke einsammeln, totalüberwachung des bürgers etc. gewiss nichts gutes erahnen lassen – genau diese europäische union kommt jetzt daher und will das internet – und hier speziell blogs – „konservieren“ lassen. und das auch noch zufällig genau zu dem zeitpunkt, an dem auch dem letzten otto-normalbürger selbst über die morgendliche blöd-zeitung signalisiert wird, welche macht, welche kraft das internet hat – was durch einen einzigen, schwachsinnigen aufruf bei facebook erreicht werden kann.
irgendwie könnte ich da schwarze lkws vorfahren und kampfstiefel die treppe hinaufstampfen hören, hören wie türen eingetreten werden etc. pp. – aber… dazu müsste ich ja verschwörungstheorethiker sein. und alle guten blogger, die schreien ja jetzt hurra und füllen brav die fragebögen aus… wie man hier nachlesen kann… um den braven wissenschaftlern das „web-harvesting“ zu erleichtern. und es sind wirklich brave wissenschaftler…
lässt man die namentlich benannten akteure dieses projektes mal durch die suchmaschine rattern, so sind es allesamt harmlose, akademische eierköpfe, die man noch nicht einmal (schluchz!) in die nähe der bertelsmann stiftung rücken kann. auch die betreiber der recht bekannten blogplattform blog.de sind dabei.
ob und wie die resultate dieses projektes wirklich gegen blogger eingesetzt werden, vermag ich an dieser stelle natürlich nicht zu beurteilen. fakt ist jedoch, das momentan offenbar bestrebungen an den tag gelegt werden, ganzheitlich weblogs zu archivieren. archiviertes… kann sich aber bekanntermassen auch irgendwann gegen den archivierten richten.
Vor einigen Stunden verfasste ich auf meinem privaten blog den folgenden Eintrag und veröffentlichte diesen um 12.24 uhr:
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ohne vorankündigung wurden über 70.000 blogs eines us-amerikanischen internetdienstes über nacht geschlossen.
angeblich hätten sich anleitungen zum bombennbau und weitere al quaeda materialen auf den servern von blogetery.com befunden.
der webhost burstnet (also der serverbetreiber des bloganbieters) teilte lediglich mit, die schließung sei wegen urheberrechtsverletzungen erfolgt – in einer weiteren erklärung jedoch berief sich der firmensprecher auf eine aufforderung des fbi.
dies wurde jedoch seitens des sprechers des fbi,paul bresson, dementiert, der erklärte, das er nichts über laufende ermittlungen bekanntgeben dürfe, seitens des fbi jedoch keine aufforderungen zum schließen von internetseiten ergangen seien.
spekulationen über z.b. die anwendung des „patriot act“ um blogger mundtot zu machen können somit bislang nicht verifiziert werden, die sache bleibt jedoch insofern mehr als spannend, da man sich hierzulande ja sehr gerne den amerikanischen bruder zum vorbild nimmt.
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über einen anderen blogger war ich auf dieses thema aufmerksam gemacht worden, auch mein newsfeed der bbc brachte eine entsprechende meldung. warum ich jetzt hier diesen eintrag noch einmal bringe? nun, das ist schnell beantwortet.
bei der gesamten deutschen presse ist hierzu…
um nicht zu sagen, schweigen im walde. google ich „70000 blogs gesperrt usa“ kommen lediglich ein paar blogmeldungen (unter anderem meine) sowie ein oder zwei meldungenvon kleinen nachrichtenagenturen.
spiegel, focus, zeit, süddeutsche und wie sie alle heißen, berichten: NICHTS!
soviel zum thema aktualität der deuschen presse und ihrem intresse an bloggern. ist anscheinend toll, wenn lästige konkurrenz verschwindet – man lehnt sich gentlemanlike zurück – und schweigt.
in diesem sinne!